preußischen Landschaft hat insofern sehr nützlich gewirkt, als eg in der Provinz Ostpreußen überbaupt für die Kolonisation Stimmung ge⸗
macht hat. (Sehr richtig! rechts) Das erkenne ich voll an; aber die
weitere Agitation, die jetzt getrieben wird, wirkt meiner Ansicht nach schädlich und verwirrend, und ich bedauere, daß sie einen derartigen Um⸗ fang angenommen hat. Ich bedauere es auch, daß dabel immer behauptet worden ist, seitens der Königlichen Staatgregierung ware bisher vollständig planlos und ohne feste zentrale Leitung vorgegangen worden. Dabei treten nun aber auch noch die merkwürdigsten Widersprüche jutage. Einerseits wird gefordert, daß der Staat die ganje Koloni-= sation in der Monarchie jentral in der Hand behalte, anderselts wird gefordert, daß die einzelnen Kolonisationsgesellschaften möglichst selbständig dastehen. Ich glaube, der Staat hat gerade in der Bildung der Ostpreußischen Landgesellschaft, sowie sie jetzt zustande kommt, den richtigen Mittelweg gefunden. Daß der Staat ein lebhaftes Interesse daran hat, dahin zu wirken, daß die Kolonisation nach be⸗ stimmten Grundsätzen erfolgt, ist so klar, daß ich darüber kein Wort zu verlieren brauche.
Meine Herren, ich werde Ihnen bewelsen, daß der Staat nicht so planlos vorgegangen ist, wie immer behauptet wird. Es ist immer gesagt worden, es fehle die jentrale Leitung. Das hat man aus den Vorgängen geschlossen, die bei der alten ostpreußischen Landgesellschaft vorgekommen sind. Ich gebe zu, daß diese Vorgänge einen berechtigten Anlaß ju dieser Klage gegeben haben. Das landwirtschaftliche Ministerium hatte nicht die nötige Mitwirkung bet der ostpreußischen Landgesellschaft; die Hauptleitung lag in den Händen der Ministerien der Finanzen und des Innern. Darin aber, meine Herren, ist durch= aus Wandel geschaffen worden. Ich habe mit den beteiligten Herren Ministern ein Abkommen getroffen, wonach sie sich von dieser Mit- arbelt zurücktiehen und die Leitung wieder dahin kommt, wohin sie gehört: in das landwirtschaftliche Ministerium. (Bravo! rechts.)
Aber auch sonst, meine Herren, ist nicht planlos kolonisiert worden. Man ist weder planlos vorgegangen in bezug auf die Gegenden, wo kolonisiert werden soll, noch in bezug auf die Art, wie kolonisiert werden soll. Meine Herren, die Frage, wo wir kolonisieren wollen, ist bereits wiederholt erörtert worden. Wir wollen da kolonisieren, wo keine richtige Mischung von großem und kleinem Grundbesitz besteht; dort wollen wir Großgrundbesitz aufteilen. Aber ich betone, obgleich ich das schon wiederholt zuletzt im Landes oõkonomte⸗ kollegium gesagt habe, daß es der Königlichen Staatsregierung durchaus fern liegt, etwa den Großgrundbesitz zu dezimieren. Der Großgrundbesitz ist ganz besonders im Osten ein absolut notwendiges Element, das wir nicht entbehren können. (Sehr richtig!) Ich würde nie meine Zustimmung zu einer Kolonisation geben, die nach dieser Richtung hin ausarten würde. Aber es gibt viele Landegteile — 1. B. Vorpommern —, wo tatsächlich zu viel Großgrundbesitz ist, wo eine richtige Mischung hergestellt werden muß, und wo daher seitens der Königlichen Slaatreglerung eingegriffen werden soll.
Also in der Frage, wo kolonisiert werden soll, hat der Staat sich stets einen genügenden Einfluß gewahrt, auch bei den Privatgesell« schaften. Meine Herren, die Privatgesellschaften baben sich stets mit den politischen Behörden, mit den Landräten und Regierungepraͤsi⸗ denten, in Verbindung gehalten, und durch diese Behörden hat die Regierung sich stets ihren Ginfluß darauf bewahrt, daß nicht an falschen Stellen kolonisiert wird, daß nicht der Großgrundbesitz dort aufgeteilt wird, wo er bereits zu dünn gesät ist. Außerdem haben die Generalkommissionen nach dieser Richtung stets ein wachsames Aug e auf die Gesellschaften gehabt und haben nur da die Geselschaften unterstützt, wo sie diese Grundsaͤtze beobachtet haben. Und auch in Zukunft werden die Staatsbehörden Gelegen heit haben, durch diese Organe den nötigen Einfluß auf den Gang der Kolo nisation aus- zuüben, ganz abgesehen davon, daß die Staatgregierung bei den Ge⸗ sellschaften mit Kapital beteiligt ist, also einen direkten Einfluß auf die Geschäftsführung ausüben kann.
Meine Herren, es ist der Wunsch ausgesprochen worden, der Staat möge Domaͤnen für die Kolonisation zur Verfügung stellen, und es ist dabei besonders auf Neuvorpommern hingewiesen worden. Dort hat der Staat eine große Anzahl von Domänen im Laufe der Jahre schon verkauft, und ich habe schon in der Budgetkommission erklart, daß ich bereit bin, weitere für die innere Kolonisation geeignete Domänen zu verkaufen, soweit sie pachtfrei werden. Ich habe mich ferner bereit erklärt, mich mit den Ministern des Innern und des Kultut in Verbindung zu setzen, daß auch den Städten und der Uni⸗ versität erlaubt wird, Güter zur inneren Kolonisation herzugeben.
Die zweite Frage, auf die ich eingehen möchte, ist: Wie soll kolonisiert werden? Auch darüber sind wir unt vollstandig klar, und sind ganz planmäßig vorgegangen. Bisher haben wir iwei Arten von Kolonisation unterschieden, nämlich einmal die Bauernansiedlung und jweitens die Arbeiter⸗ ansiedlung. Die Bauernansiedlung soll ja, wie ich schon sagte, durch die Zentralgesellschaften erfolgen. Es ist dabei stete darauf gehalten worden, daß leistungsfähige Gemeinden gebildet werden, die mit Schule, Kirche und genügenden Gemeindedotationen auszustatten waren. Ferner ist darauf gehalten worden, daß die Stellen die rich. tige Größe haben; daß immer die richtige Mischung verschiedener Stellengrößen in jeder Gemeinde vorhanden ist. Dabei ist aber der Schwerpunkt darauf gelegt worden, daß auf der Mehrzabl der Bauern⸗ stellen der Besitzer mit seiner Familie die Bestellung des Grundstücks selber bewirken kann ohne fremde Arbeitskräfte, und ich glaube, dat wird auch für die Zukunft das richtige Ziel sein.
Ferner hat man die Stellen den Anstedlern melioriert und gut bestellt übergeben oder doch so, daß die Melioration gleich nach der Uebergabe vorgenommen wurde. Weiter ist darauf gehalten worden, daß sofort nach Bildung der Gemeinden Genossenschaften, und jwar Molkerei- Freditgenoffen⸗ schaften usw. gegründet wurden. Wir sind also durchaus pla nmaͤßig vorgegangen, und gerade von der Zentralstelle aut hat stets eine Fühlung mit sämtlichen kolonisierenden Ocganisationen bestanden, sowohl mit den Privatgesellschaften alt auch mit den General- kommisfionen.
In der Arbeiteransiedlung ist nach folgenden Grundsätzen ver⸗ fahren worden. Wenn irgend angangig, soll die Arbeiteransiedlung innerhalb von Gemeinden erfolgen. Wenn es nicht anders möglich ist, würde man auch natürlich in Guttbeztrken kolonisieren: aber daz Normale ist das nicht. Der Arbeiter gehört als selbstndiges Glied in die Gemeinde und muß sich als selbstãndiges Gemeinde mitglied fäblen, dag auch — wie das schon richtig betont worden ist — eventuell
moglichst
Ferner ist al Bedingung gestellt worden, daß die Arbeiter gan unabhängig von ihren Arbeitgebern bleiben, daß sie nicht nur eine Arbeitggelegenheit, sondern möglichst mebrere in der Nähe finden können, daß sie bejüglich der Hypotheken nur von den kolonlsterenden Gesellschaften abhängig sind, nicht aber von den Rentengutautgebern, von den Arbeitgebern.
Es wird ferner darauf geachtet, daß die Stellen stets die richtige Größe haben, und dabei ist nach folgendem Prinzip verfahren worden. Meine Herren, die Arbeiteranstedlung wird stets außer ordentlich teuer infolge der großen Kosten der Gebäude. Der Arbelter wohnt infolgedessen außerordentlich teuer; wir müssen ihm also eine Gelegenheit schaffen, aus der Stelle so viel herauszunehmen, daß er die höheren Mietskosten decken kann. Nach diesem Grundsatz muß die Größe der Stelle bemessen werden. Andererseits darf die Stelle aber auch nicht so groß sein, daß er einen erheblichen Teil seiner Arbeitszeit auf die Stelle berwenden muß; denn dann hört er auf⸗ Arbelter zu sein, er fehlt seinem Arbeitgeber gerade dann, wenn er am notwendigsten gebraucht wird. Er ist dann natürlich kein willkommener Arbelter. Also da muß stets die richtige Mittelstraße gefunden werden. Im allgemelnen wird man im Osten bis zu 6 Morgen gehen können; es wird sich das natürlich nach den Bodenverhältnissen richten. Bei besseren Böden werden 4 Morgen vollständig genügen; wo sich Gelegenheit bietet, hohe Kultur zu treiben, Gemüsebau und dergl., wie es in der Näbe von großen Städten der Fall ist, da genügt sogar schon ein Morgen.
Meine Herren, es ist dann siets darauf gehalten worden, daß die Arbeiter eine genügende Anzahlung leisten. Wenn die Anzahlung ja auch nur klein ju sein braucht — wir haben nicht mehr als 10 0,½ gefordert — so muß doch eine gewisse Anzahlung gelelstet werden, damit der Betreffende ein Interesse an der gekauften Stelle hat.
Meine Herren, unsere kolonisatorische Tätigkeit ist auch nicht so ganz ohne Erfolg gewesen, wie man dat aus den Aeußerungen, dle bisher bier gefallen sind, schließen könnte. Das möchte ich durch einige Zablen nachwelsen. Seit dem Jahre 1891 bis Ende 1997 sind rund 12 500 Rentengüter gegründet worden, davon sind 10 0/9 Arbeiter- stellen oder Stellen unter 24 ha; ich nehme an, daß das im allgemeinen Arbeiterstellen sind Im Jahre 1907 — von 1907 an datiert die Verfügung, daß auch kleinere Arbelterstellen big zu 4 Morgen herab als Rentengüter gebildet werden — sind 914 Rentengüter ge⸗ bildet, davon 255 Stellen unter 23 ha. Dag Verbältnis ist also nicht mehr 10: 11, sondern 4: 1, und dieses Verhältnis ist im Jahre 1808 noch günstiger geworden. Im Jahre 1908 sind 534 solche ganj kleinen Stellen gegründet worden, und jwar ist das Verhältnis von ländlichen und städtischen Arbeiterstellen, soweit ich babe feststellen können, 1: 1,5, während es im Jahre vorher noch 1:2 war. Meine Herren, ich glaube Ihnen also nachgewiesen zu haben, daß so planlos und so ohne jentrale Leitung bisher in der Kolonifation doch nicht vorgegangen worden ist, wie das immer in der Oeffentlichkeit be. hauptet worden ist.
Meine Herren, ich komme nun ju dem Antrag Groeben. Ob durch eine solche Konferenz sehr viel erreicht werden wird, melne Herren, das möchte ich bezweifeln. Diejenigen, die in der Praxis steben, also die Kolonisattonsgesellschaften und die staatlichen Kolonisationsbehörden, die Generalkommissionen sind sich voll⸗ ständig klar, in welcher Weise sie bel der Weiterausbildung der Kolonisatlon vorgehen müffen, und ich kann auch sagen, daß die Zentralstelle darin mit ihnen durchaus übereinstimmt. Db die übrigen sogenannten Interessenten, die im allgemeinen nur Theoretiker sind, da sie selber praktisch in der Kolonisation noch nicht tätig gewesen sind, so viel Neues bringen werden, lasse ich dahingestellt. Wenn et aber der Wunsch dieseg hohen Hauses ist, bin ich gern bereit, eine solche Konferenz zusammenzuberufen; vielleicht dient sie dazu, um die großen noch bestehenden Differenzen etwas auszugleichen.
Meine Herren, die Aufgabe, die wir vor uns haben, ist jedenfall groß, und auch wenn wir sehr große Anstrengungen und sehr große finanzielle Aufwendungen machen, werden wir ver hãltnismãàßig langsam vorwärts kommen. Ich habe es schon bei früheren Gelegen. heiten als eine Jahrhundertarbeit bezeichnet, und es wird einer sehr langen mühevollen Arbeit bedürfen, ehe wir greifbare Erfolge erreichen.
Aber, meine Herren, wenn wir Erfolge erreichen wollen, besonders
in der Arbeiteransiedlung, dann brauchen wir vor allen Dingen die Unterstützung der Landwirte selber. Wenn wir in der Arbeiter ansiedlung bisher so wenig vorwärts gekommen sind, und wenn die großen Gesellschaften daran gescheitert sind, so liegt das daran, daß bisher das genügende Verständnis in den breiten landwirtschaftlichen Kreisen für diese große Aufgabe noch nicht vorhanden war. Meine Herren, es handelt sich bei dieser Sache um eine mühsame Kleinarbeit. Soll aus dieser Kleinarbeit ein großes Werk entsteben, dann müssen sich viele Kräfte daran beteiligen, und ich richte des halb zum Schluß an die landwirtschaftlichen Kreise, Groß. und Kleinbesitz, den dringenden Appell, sich an dieser Kleinarbeit zu beteiligen; denn nur dann werden wir den großen Zielen, die ung vorschweben, näher kommen. (Bravo! rechts)
Abg. Dr. Pachnicke (fr. Vgg) erklärt, daß die Stellung seiner Freunde jur inneren Kolonisatson sich noch niemals geandert habe. Die private Tätigkeit durch Gesellschaften dürfe auf diesem Gebiete nicht ausgeschlossen werden. Menschen sollten maßgebend sein, nicht die Formen. Die innere Kolonisation befördere Fe Lust des kleinen Mannes jur Viehhaltung; dadurch mache auch der Staat * Geschäft, es entnehe dadurch eine beffere Verteilung des Besitzes.
Prasident von Kröcher schlägt darauf um 4 Uhr vor, die Beratung abzubrechen und in einer Abendsitzung fortzusetzen, da das Hans den sog. Kontingentierungsplan bezüglich der Etate beratung bedauerlicher⸗ werse nicht eingebalten habe.
Abg. von Qua st (kons. zur Geschãfts ordnung) Heute abend tagt die Köhlbrandkommission. In bieser sind viele Mitglieder, die auch ein lebhaftes Interesse an der Beratung des landwirtschaftlichen Etat und der Hochwasserinterpellation baben. Es können wohl zwei Seelen in einem Menschen sein, aber ein Mensch kann nicht in zwei Sälen sein. Ich schlage deshalb vor, die Abendsitzung beute nicht statt⸗ finden zu lassen.
Abg. von Jappenheim (kons.). Wir können unt den Kontingen—
tierungeplan doch nicht durch jede Kommission durchbrechen la sen. Ich schlage vor, die Hochwasserinterpellation heute abend zu erledigen.
Nachdem Abg. von Quast (kons) seinen Vorschlag erneuert hat mit Hinweis darauf, daß die Negierungs⸗ vertreter zur Köhlbrandfrage und zu dem Hochwassernotstand dieselben seien, wird nach welterer Geschäͤ sordnungsdebatte über den Vorschlag des Präsidenten abgestimmt, am Abend
in der Gemeinde aufsteigen kann.
weiter zu tagen.
Bei der Abstimmung entscheidet sich das Haus mit gerin , ne für die Abhalltung einer he nr in i. ö Hochwasserinterpellation an erster Stelle beraten werden soll.
ö 3. KA / Uhr wird die Sitzung auf 71 Uhr Abende vertagt.
Abendsitzung vom 24. Februar, 71, Uhr.
n Besprechung stehen die Interpellation des Dr; Porsch (Zentr ): „Was gedenkt die Königliche Staatz: regierung für die durch die neuesten Hochwasser— katastrophen betroffenen Gegenden zu tun?“ und der Ant ag der Nationalliberalen, die Königliche Staatereglerung ju ersuchen, zur Hebung der jüngsten Hochwasserschäden, sowelt sie nach der oll s h ft lichen Lage der Betroffenen von diesen nicht getragen werden können Staats mittel durch Gewährung nicht rückzahl barer Nnter⸗ stützungen oder zinsfreler Varleben berc lfu li ffen
Minister des Innern von Moltke:
Die Königliche Staattzreglerung ist berelt, die Interpellallon sofort ju beantworten.
Abg. Tourneau (Zentr) begründet die Interpellation. Er gedenkt besonders det tatkräftigen Eingreifens deg Misttärg jum a, von Leben und Eigentum.
bg. Heine (nl.) befürwortet die Annahme des Antrags der Nationalliberalen. In vielen Gegenden würden Jahre vergehen, ebe die Schäden des letzten Hochwassers beseitigt sein werden. sei es Pflicht der Allgemeinheit, helfend einzugreifen. Gventuell sel
die Fraktion des Redners auch bereit, für verjingliche Parlchen eln. zutreten.
Minister des Innern von Moltke:
Meine Herren, bei den HDochw asserschäden, welche in dlesem Monat welte Gebiete des Vaterlande⸗ betroffen haben, sind im großen und ganjen jwel Gruppen zu unterscheiden, einmal die Schãden, welche durch das Anschwellen der kleinen Gebirgsbäche und Flüßchen in den Mittelgebirgen zwischen Rhein und Elbe verursacht sind, und zweitens die große Hoch wasserkatastrophe, die sich infolge von ig. versetzungen unterhalb Stendalsg an der Elbe, namentlich in der Alt. mark, zugetragen bat.
In den Talern der Mittelgebirgeflüsse ist das Vochwasser, wle schon der Herr Interpellant angeführt hat, durch das Zusammentreffen ganz außergewöhnlicher Witterungszustände verursacht worden. Ein scharfer Frost hatte in der jweiten Hälfte des Januar überall den fast schneelosen Boden big auf eine Tiefe von 40 big 50 em eln— gefroren. Es erfolgte darauf ein sebr starker Schneefall, der eine 25 bis 30 em bobe Schneedecke über den barten Boden legte. Ende Januar schlug die Witterung plötzlich um und stieg auf 5 Grad über Null. Außerdem ging ein ganz außergewöhnlich starker und warmer Regen nieder. Dieser Regen und die rasch auf— geschmoljenen Schneemassen konnten nirgends in den hart gefrorenen Untergrund eindringen, sondern flossen von demselben innerbalb ganz kurjer Zeit, zum Teil in wenigen Stunden, wie von nacktem Felt. boden oberflächlich ab. Die blerdurch angesammelte Flutwelle war demgemäß zwar durchweg elne ziemlich kurze, dafür aber eine außer ordentlich starke und reißende. Insbesondere in den kleineren Fluß⸗ tälern, in denen diese hohe Welle keinen genügenden Platz zu seitlicher Ausdehnung fand, stleg die Hoͤbe und Stärke der Wasserflut in einem überhaupt noch nicht dagewesenen Maße. Je weiter das Flußtal war und eine Ausdehnung der Wassermengen gestattete, desto geringer war natürlich auch die schädigende Wirkung.
Einen sehr günstigen Einfluß — und auch das ist schon gestreift worden — haben nach den vorliegenden Berichten die bestehenden Tal⸗ sperren gehabt (sehr richtig!); die von ibnen gesicherten Täler sind fast ganz von Schaden verschont geblieben; vielleicht liegt blerin ein Hinweis auf zukünftige Maßnabmen.
In den engeren Tälern der kleinen Flüsse und Selten Mässe sind nun vor allem diejenigen Anlagen in Mitleidenschaft gezogen, die den freien Fluß des Wassers einschränkten, also Wege und Brückenbauten, namentlich wenn die Wege sich auf Dämmen und dergleichen befanden. Am stärksten sind infolgedessen naturgemäß die Gemeinden und weitere Kommunalverbände geschädigt, welchen die Unterhaltung dleser Anlagen obliegt.
Großen Schaden hat die Staatgzeisenbahnverwaltung erlitten; ich gehe auf diesen Punkt nicht weiter ein, da ich annehme, daß der Herr Eisenbahnminister die Absicht hat, dem hohen Hause hierüber noch Mitteilung zu machen.
Neben den Wegen, Brücken und Uferschutzanlagen sind auch viele Mühlen und Wehre, die den Abfluß des Hochwassers hemmten, in Mitleidenschaft gejogen worden, auch sind in Privateigentum stebende einzelne Gebäude, die das Abflußprofil stark einengten, zerstort oder stark angegriffen worden.
An vielen Stellen drang die Hochwasserwelle in geschlofsene Ort⸗ schaften ein und setzte sie ganz oder jum Teil, in der Regel aber auch nur auf kürzere Zeit, unter Wasser, wodurch Gebäude und Mobiliar beschädigt und namentlich viele Vorräte in den Kellern, und jwar leider gerade bei den ärmeren Schichten der Bevölkerung, zerstört worden sind. Viehverluste sind dagegen hier erfreulicher Weise weniger vorgekommen, da es gelungen war, das Vieh zum größten Teil noch rechtzeitig in Sicherheit ju bringen. Einselne in⸗ duftrielle Anlagen haben einstwellen den Betrieb einstellen oder doch einschränken müssen.
Gin erheblicher Schaden ist in den engen Bergtälern welterhin dadurch entstanden, daß die mit starkem Gefälle herabstrmenden Bergbäche außer Steinen große Massen von Schotter und Schlamm und Geröll mit sich führten, und diese auf den von ihnen ůũberfluteten Aeckern und Wiesenflächen abluden. An einjelnen Stellen sind namentlich die Wiesen völlig mit einer bichten Stein⸗ und Geroͤll⸗ masse hoch bedeckt, während zum Teil der Mutterboden fort⸗ geschwemmt ist. Dieser schwer gutzumachende Schaden ist umso bedauerlicher, als es sich dabel meist um kleine Leute in armen Gebirgsgegenden handelt, bie zur Aufrechterhaltung ihres kleinen Viehstandes bieser Wiesen bringenb bedürfen. Auch ganze Ott⸗ schaften baben unter solchen Geröll, und Schlammassen schwer ju leiden gehabt. So ist fast der gesamte Ort Dausenau im Lahntal durch einen ihn durchfließenden, sonst kaum 1m hreiten Bach mlt einer Schlamm, und Gerllschlcht von 1 big 3 m Höhe bedeckt worden, welche bie Straßen und alle unteren Räume der Häuser vollständig anfüllt. Der Ort wirb jetzt, einem modernen Pompest vergleichbar, buchstäblich ausgegraben,
Leider ist im Verlauf bleser Ueberschwemmungen auch der Mer
Abg.
lust einiger Menschenleben zu beklagen gewesen, und jwar hanbelt et
Da J
CGrhaltung im Haug und Nahrungsstande
e unberechtigten und
ang
uarchweg um Persönlichkeiten, die bei den Rettungsarbeiten geben in Nãchstenliebe und Opferwilligkeit mannhaft eingesetzt und
haben. Ehre sei ihrem Andenken! (Eebhafter Beffall. * hier überhaupt beftätigen, daß alle ö
den betroffenen Gebieten bereitwilligst und oft unter eigener Gefahr Leib und Leben sich in den Dienst des Rettunggwerkeg gestellt en. Insbesondere haben sich aber die freiwilligen Feuerwehren 6 dem feindlichen Element deg Wasserg gegenüber als treue Helfer
der Not hervorragend bewährt (Bravo h, und gerade von ihnen
gn einige Mltalleder in Erfüllung ihrer freiwillig übernommenen
ichen das Leben eingebüßt. Auch die Behzrtden haben überall
Schuldigkeit getan. Dag Militär, das an jahl reichen Stellen uz, entscheidende Hilfe und Rettung gebracht, hat sich in diesen gen den Dank der Bevölkerung erworben. (Sehr richtig h
Meine Herren, die angerichteten Schäden sind über elne große fahl der Flußiäler in dem Gebiet jzwischen Elbe und Rhein nicht gleicher Weise verteilt; ihre genaue Feststellung hat bei der Kürze Zelt noch nicht erfolgen können, da namentlich auch noch heute 1 Wiesen und Feldern Schnee, Eig und zum Teil Wasser steht.
Wag nun die von den Herren Interpellanten und Antragstellern an⸗ Hegte Frage der Einleitung einer Hilfgattion aus öffentlichen Mitteln
fft, so muß ein Teil der Schäden von vornherein freilich aus kiden. Es kann nicht Aufgabe und Ziel einer aus staatlichen und munalen Mitteln zu gewährenden Hilfe sein, jehweden Schaden, durch Naturereignisse angerichtet ist, zedwedem, der geschãdigt ist, nsagen versicherungsgemäß zu ersetzen. Die öffentliche Hilfe muß auf solche Fälle beschränken, in denen ein örtlicher Notfstand vor⸗ f, d. b, in denen entweder die Einwohner eines Beiirks an ihrem wateigentum in einer Weise geschäͤdigt sind, daß ihre wirtschaftliche
ten ohne Beihilfe aus z3ffentlichen Mitteln nicht aufrecht erhalten rden kann, oder in denen Gemeinden oder sonstige Verbände an In im oͤffentlichen Interesse hergestellten Anlagen Schädigungen Ftten haben, zu deren Wiederherstellung sie aus eigenen Mitteln ohne
e offentliche Beihilfe nicht genügend leistungsfähig sind. Die öffent- I Hilfe muß darauf gerichtet sein, in diesen Fällen zu bieten, was und zur Deckung der eigenen Mitteln nicht aufbringbaren Kosten der Wiederherstellungz— heiten unbedingt erforderlich ist. Ich glaube, diese stets festgehaltenen undsätze hier augdräcklich noch einmal heivorheben zu sollen, um unerfũllbaren Erwartungen aufkommen zu en.
Nach den mir vorliegenden Berichten der Provinjialbehzrden und H den Ermittlungen, die mein in das Lahntal und in den Koblenzer
zirk entsandter Kommissar eingejogen hat, sind aber die eben serten Voraugtsetzangen für eine Hilfe aus zffentlichen Mitteln
siglich einer ganjen Reihe hon Drtschaften und Wirtschaften des eichneten Gebiets tatsächlich gegeben.
Es ist in dem hier in Rede kenden Gebiet zwar nirgend ein ganze, weite Bezirke einheitlich um⸗ fender Notstand vorhanden, auch leidet in den einzelnen betroffenen schaften die Bevölkerung nicht unter einem augenblicklichen Mangel Nahrung, Wohnung oder Kleidung — soweit letzteres in einzelnen en jutraf, hat die freiwillige Liebes tätigkeit bereits in dankens—= fer Weise Abhilfe geschaffen —, es handelt sich vielmehr chweg um einjelne, durch ihre ungünstige Lage in den Fluß⸗ un der Hochwasserwelle besonders ausgesetzt gewesene Gemeinden und wesen. Dies trifft im befonderen zu in der Provinz Hessen⸗Nassau, nentlich im Lahngebiet, auf dem Westerwald und dem Niederlahn⸗ , in der Rheinprovinz insbesondere im Wiedbachtal und Siegtal, der Provinz Hannoder im Flußgebiet der Leine, in der Provinz chsen in den Kreisen Nordhausen und Heiligenftadt. In der vdinz Westfalen scheint ein eigentlicher Notstand mit Ausnahme vielleicht einigen wenigen Gemeinden erfreulicherweise nicht vor⸗ egen. Ich habe nun die Oberpräsidenten bejiehungsweis denten angewiesen, an der Hand eines das sich bei Hochwassenrschäden i als praktisch genauen Feststellungen über den Umfang der er⸗ sobald als möglich i machen. In besonderg atũrlich schon vorber die zur Be—⸗ g der ersten Not erforderlichen om Staate vorschuß⸗ se jar Verfügung gestellt, wie zum Beispiel bei der erwäbnten ischaft Da das auf telegraphische Si frapbisch erfolgt ist
— z 93 8* Fefabkren Uber dte G e — **
die Regierungtz⸗
* Schlesien id 1 — 1 1
wiesen hat, die derlichen Hilfe
enden TzJllen werden n menden Fallen werden !
Dausenau, (Bravo
aufzuklären, über die Gefahren, die ö der Durchfeuchtung der Wohnungen und aus der Verschlämmung
E Brunnen solchen de flegen. In dieser
l Katastrop hen 31 Folaer r . allt den ju ö
* e 6 e IAB ist dag Erforderliche veranlaßt.
1 volk. dolterung
* elieung er von mir behandelten
fse in dem örtlich zwar eng
Meine Herren, schlimmer als in den bi
swassergebieten liegen die Verhältn srenzten, aber dafür in seiner ganzen A swoffenen Deichbruchgebiet a heitlichen Bejtrk don Ketrrten. Ueber die GEntstehung und zerlau ie über die ju seiner Bebebung getroffenen Maßnahmen hat sich E Herr Landwirtschaftgminister — ju dessen Ressort die Deich— gelegenbeiten gebzren — vorbehal Hause Mitteilung ju kacen. Ich habe mich an Dit und der Größe 8 Schaden g Wenn Verluste an so ift dies allein
einen ganzen e Landes kalamitãt auf dieses Unglücks
two erw
wen
é .
mentlich aber den braden Pion u danken (lebhafteg Bravo) Tage und Nächte lang in und mit den Wogen und Gisschollen Hilsgzarbeit stehen. zen der Felder, der an Gebäuden,
gen, Dämmen, doraussichtlich
Schadens betrag
gen haben und noch jetzt in angestrengte ker Nie Vernichtung der Saaten, die S frlust an Vieh bobillen und Indentar, die Zerstoͤrung an d sidalbahnanlagen, Deichen und Geäben werden e webrere. Millionen Mark augmachenden eichen.
Ehn Notstand. der ein Gingreifen erforderlich macht, liegt hier er alem Zweifel dor. Die öffentliche dilfe wird auch bier nach er Feftftellung deg Schadeng — sowelt es fich alz erforderlich eit aach schon dorher — nach Maßgabe der hierfür seit Jahren wwebalttnen und n der Prarlg bewäbrten Grundsätze, wie ich bier ⸗ E waweng der Staatgreglerung jusagen kann (Brado ), zewabrt 1 Die Voraugsetzung für die Aufwendung staatlicher Nittel ift dunlich elne entsprechende Beteillgung der der an der Beseitigung drtlichen Notflnde in erster Line intereffierten weiteren Kom.
Hö dr on
Nꝛ2, ** 8 und Vorräten, die
munal verbände, der Provinz lsehr richtig h) und der Krelse, eine Be— teiligung, die auch bisher in allen Fällen von selten der betreffenden weiteren Rommunalverbande tatsachlich äbernommen worden ist. Die staatliche Hilfeleistung selbst geschieht teil in der Form, daß die Mittel unter quoten⸗ mäßiger Beteiligung der weiteren Kommunalverbände jur Deckung be— stimmter Ausgaben K fonds perdu jur Verfügung gestellt werden, teils in der Form langfristiger unverninglicher Darlehne unter Verzicht auf Rückiahlung eines Teils der Darlehnsbeträge. Die Gewährung von Mitteln æ fonds perdu unter quotenmäßiger Betelligung der Provinz und der Krelse erfolgt in der Regel zum Zwecke der völligen Deckung von Ausgaben für militärische und sonstige außerord-ntliche Hilfeleistungen, ju mit dem Hochwaffer in Zusammenhang stehenden sanitätren Zwecken wie Trocknung von Häusern, Wasserversorgungen, zur Beseitigung von Schäden, für welche ein Pflichtiger nicht vor— handen oder nicht zu erreichen ist, sowie jur Gewährung von Nahrung, Wohnung und Kleidung und von Beihilfen zur Beseitigung der Schäden an Mobilien, Gebäuden und Feldern, sowse zu Beihllfen an Unbemittelte, von denen wegen dauernder deistungsunfãhigkeit eine Wiedereinziehung auch im Laufe der Zeit nicht erwartet werden kann. Die Gewährung langfristiger zingloser Darlehne empfiehlt sich im allgemeinen schon um degwillen, well die Summen, welche im einzelnen Fall zur Verfügung gestellt werden können, größer gegriffen werden können als bei Bei— hilfen ohne Auflage der Rückgewähr. Derartige Darlehne sind zunächst am Platz für Gemeinden oder andere öffentliche Ver⸗ bände jum Zweck der Wiederherstellung von Wegen, Brücken und Anlagen, ju Uferschutzwerken usw. Sie empfehlen sich weiter für Private zum Zwecke der Beschaffung von Saatgut, zur Erneuerung des Viehstandes sowie ganz allgemein in allen Fällen, in denen die Betroffenen voraugssichtlich nicht dauernd leistunggunfãhig geworden sind, sondern nur zur Beseitigung erlittener Schaden für gewisfe Zeiten eines zinglosen Kapltalbetrages bedürfen.
Was die Form der Gewährung solcher Darlehne anlangt, so hat man bei den Notständen in Schlesien und in den oöstlichen Provinzen den Modus angewandt, daß der Staat und die Provinz die eigent⸗ lichen zinslosen Darlehne unter Verzicht auf Räückjsahlung gewisser Prozente deg Darlehnsbetrages an die einzelnen Kreise gab, die ihnen als alleinige Schuldner verhaftet blieben. Die Kreisver⸗ bände, die die örtlichen und persönlichen Verhältnifse am besten zu übersehen imstande sind, gaben dann ihrerseits Darlehne an die einzelnen Betroffenen welter. Im Hinblick auf das Risiko, welches die Kreise bei der Wiedereinziehung der von ihnen an Verbände oder Privatpersonen gegebenen Darlehne übernehmen, wird dann von ihnen eine weitere Beteiligung bei dieser Art der Hilfsaktion nicht gefordert. Verzinsliche Darlehne würden die Sache außerordentlich komplizieren. Eg bleibt ja unbenommen, sich ver⸗ zingliche Darlehne von den Kreisen geben zu lassen.
Diese Grundsäͤtze, meine Herren, haben sich in der Praxis durch— aus bewährt, und die Staatzregierung wird vorauzsichtlich auch bei dem jetzigen Notstande ihre Hllfgaktlon dementsprechend einrichten. Ob für die Flüssigmachung der erforderlichen Mittel dem Landtage eine besondere Kreditvorlage zugehen wird oder ob die Mittel in der Grwartung der nachträglichen Genehmigung beider Häuser des Land⸗ tags junächft außeretatzmäßig verausgabt werden, läßt sich im gegen⸗ wärtigen Stadium der Angelegenheit ebensowenig übersehen wie die Höhe des erforderlichen Gesamtbetrages.
Jedenfalla darf das hohe Haus sich versichert halten, daß seiteng der Königlichen Staatsregierung in Befolgung der von ihr in solchen ernsten Fragen stets festgehaltenen Grundsätze alles geschehen wird, was notwendig ist, um in Verbindung mit der stetg berelt gefundenen freiwilligen Liebestätigkeit, deren tatkräftiges Ginsetzen wir auch jetzt wieder freudig begrüßen können, in allen vom Hochwasser so schwer betroffenen Landesteilen die Leistunge fähigkeit der Gemeinden und die Erhaltung der Bevölkerung in Haug und Nahrungsstand sicher zu stellen. (Bravo!)
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim:
Meine Herren! Ich habe den ausführlichen Darlegungen det Herrn Ministerg des Innern, die sich ja auch auf die landwirtschaft⸗ lichen Schäden erstreckten, einige Worte hinzuzufügen.
Es liegen mir eine ganze Anjahl von Mitteilungen von Mello— rationsbaubeamten aus den verschiedensten Flußgebleten vor, wonach große Abschwemmungen von Ackerkrume, die gewissermaßen auf dem festgefrorenen Untergrund vollständig abgerutscht ist, und große Ver⸗ schotterungen und Verschlemmungen von Wiesen vorllegen. Wie groß die Schäden sind, läßt sich ja jetzt noch garnicht übersehen. Sämt⸗ liche Meliorationsbaubeamte erklären, daß heute noch keinerlei Ueber- sicht darüber gegeben werden kann. Das erklären sie aber alle, daß sich die Flußregulierungen gan außerordentlich bewährt haben. Ueberall, wo die Flüsse reguliert sind, haben die Uferbefestigungen ge⸗ balten, und hat eine derartige Verschlemmung und Verschotterung, wie sie an den nicht regulierten Flüssen eingetreten ist, nicht statt⸗ gefunden.
Ueber den Nutzen der Talsperren ist ja schon gesprochen worden. Die Talsperren baben gerade deshalb so günstig gewirkt, weil sie in⸗ folge des niedrigen Wasserstandes in diesem Jahre nicht voll waren. Die Talsperren im Westen dienen ja im allgemeinen nicht bazu, das O echwasser zurückjubalten, sondern sie dienen als Wasser⸗ und Kraft⸗ quellen für die Städte, waren aber in diesem Falle glücklicherweise leer und haben dadurch außerordentlich günstig wirken können.
Ich will nun noch einiges über den großen Dammbruch in der Wische mitteilen. Meine Herren, dag Eis hatte sich in der Elbe bei Niedrigwasserstand festgesetzt. Ez kam dann die große Hochflatwelle aus Böhmen mit schwerem Eisgang. Dieser Eig⸗ gang traf auf daz feststehende Elbeig, schob sich über und unter diese feststehende Decke und bildete da eine Stopfung. Sobald der Eig—= stand es nötig gemacht hatte, hatten die Eisbrechdampfer ihre Arbeit begonnen. Es haben 4 kleinere und 2 größere Eisbrechdampfer gearbeitet. Bei dem niedrigen Wasserstand konnten bie großen Gig⸗ brechdampfer juerst nicht arbeiten, sondern im allgemeinen nur die kleinen. Sle sind auch anfangs ganz gut vorwärtg gekommen und haben zeitweise bis zu 15 km den Tag aufgeeist. Je stärker und schwerer das Eis wurde, defto langsamer ging die Sache vorwärtg sodaß später jum Teil nur 4, 5, 6 kin pro Tag fertiggestellt werden konnten.
Injwischen brach dann, wie schon bekannt ist, der Deich im oberen Gebiet der Wische bei Berge, und das Wasser strömte nun in die 40000 ha
Schätzung ungefähr 35 000 ha unter Wasser kommen, wasserfrel bleiben werden nur die dicht an der Elbe gelegenen höheren Gebiete. Die ganje Wische hat nämlich ihre höchste Lage in der Nähe des Flusse. Dort sind in früheren Zeiten leichte Sandböden angeschwemmt worden und der ganze Boden ist dort erhöht worden, während die niedrigeren Telle in dem hintersten Ende, in dem am weitesten von der Elbe abliegenden Gebiet liegen. Dorthin ist nun das Wasser geströmt und hat innerhalb einiger Tage die ganze Wische unter Wasser gesetzt. Ueber die Schäden, die an Häusern, Vorräten usw. angerichtet worden sind, hat der Minister des Innern ja schon gesprochen. Eg handelt sich jetzt darum: wie groß werden die Schäden an Aeckern und Wiesen sein? Meine Herren, ich glaube, daß starke Verschlem⸗ mungen usw. nicht stattfinden werden, nur in dem tiefsten Tal geht der Strom mit einer gewissen Geschwindigkeit durch, und nur dort kann er solche Schäden anrichten. Auf der übrigen Fläche fließt das Wasser nur langsam, und da sind solche Schäden nicht zu erwarten. Wie die Wintersaaten sich halten werden, können wir heute noch nicht übersehen. Nach meiner Erfahrung — ich bin am Wasser groß geworden — werden, wenn es gelingt, das Wasser jetzt abzuführen, die Weijensaaten, wenn sie nicht vorher etwa durch den Frost gelitten haben, wahischeinlich nicht sehr stark gelitten haben. Ich glaube auch, daß die Roggensaaten wohl in der Lage sein werden, jetzt bei der großen Kälte das fließende Wasser, was ja immer nicht so schädlich wirkt wie das stagnierende, zu ertragen.
Die Frage ist aber: wird es gelingen, den Deich jetzt zu schließen? Meine Herren, ich habe bei meiner Anwesenheit in dem Ueber schwemmungsgebiet veranlaßt, daß die Provinzialbehörden sich sofort mit größeren Unternehmern in Verbindung setzten und mit ihnen an Ort und Stelle die Deichbrüche untersuchen, um feststellen zu können, ob ein Deichschluß gegenwärtig möglich wäre. Ez hat eine Besichtigung stattgefunden. Das Wasser ist aber, da die EGisbrechdampfer noch nicht bis an die Bruchstelle vorgedrungen sind, immer noch nicht so weit abgefallen, daß man sich ein anschauliches Bild davon machen kann, ob es möglich sein wird oder nicht. Die Eisbrechdampfer arbeiten gegenwärtig außerordentlich langsam. Sle sind gestern nur ein paar hundert Meter vorgedrungen. Von gestern Abend bis heute Mittag sind sie so gut wie gar nicht vorwärts gekommen. Sie sind an einen Gieblock gekommen, der bis ju 7 m Mächtigkeit hat, an den sie fast wirkungslog antennen. Es wird also, wenn dleser Gleblock sich noch sehr weit ausdehnt, was man ja noch nicht übersehen kann, noch einige Zeit dauern, bis sie an die Bruchstelle herankommen. Sobald sie an die Bruchstelle heran sind, werden sofort wahrscheinlich bis 2 m Wasser abfallen. Ich glaube, daß dann die Bruchstelle wasserfrei sein wird, ein Einfluß also nicht mehr statt⸗ finden wird, sobaß wir dann genau übersehen können, ob ein Schluß möglich ist.
Es soll, wenn es möglich ist, dann sofort mit allen Kräften darangegangen werden und versucht werden, die Bruchstelle bis zum Eintritt deg Frühjahrshochwassers zu schließen. Gelingt das, dann wird es möglich sein, den größten Teil der Wische im Frũhjabr zu bestellen; gelingt eg nicht, dann fürchte ich, werden wir mit den Ver⸗ lusten der Ernte für das folgende Jahr für das überschwemmte Gebiet der Wische rechnen müssen. Davon wird also der Schaden abhängen. Hoffen wir daher, daß eg gelingen wird, die Bruchstelle zu schlleßen. (Bravoh
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Meine Herren! Lassen Sie mich noch einige kurje Bemerkungen machen um weiteren Aufschluß über die Gründe zu geben, die zu der Katastrophe bei Berge geführt haben.
Alt die gewaltigen Wassermassen, die das ganze Strombett und die Vorländereien ausfüllten, an der Havelmündung erschienen, führte die Havel niedriges Wasser. Infolgedessen wurde ein großer Teil des Elbstroms abgelenkt in das Havelbett und drang dort bis ju 385 km aufwärts.
Die Folge dieser Ablenkung war eine sehr erhebliche Verminderung der Stromkraft der Elbe. Die weitere Folge war, daß sich in un⸗ mittelbarer Nähe der Havelmündung die Gieversetzung bildete, welche den Anlaß zu der schweren Katastrophe gab.
Der Elsbrecherdienst, dessen der Herr Landwirtschafteminister soeben Erwähnung getan hat, hat in diesem Winter bereits sehr früh eingesetzt; wiederholt haben die Eisbrecher von Harburg elbaufwärtg gehen müssen, und al diese Katastrophe sich vorbereitete, war die Flottille zur Stelle. (Bravo) Nachdem in anerkennenswerten Worten der Pioniere und deren Hilfgtätigkelt gedacht ist, möchte ich meinerseltz nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die Mann- schaften, die auf den Eigbrechern tätig sind, ebenfalls ganz außer— ordentliches geleistet haben (bravoh, vom frühesten Morgengrauen big in die späte Nacht. Sie haben bel dem Lichte der Scheinwerfer ge= arbeitet, und wenn sie zu später Stunde abrücken mußten, so geschah es lediglich deshalb, weil Gefahr für Schlffe und Mannschaften in der Nacht bestand. Die Fortschritte waren gute, zeltwelllg ganz außerordentliche bis in die letzten Tage. Ich bin selbst füngst bei den Eisbrechern gewesen und habe mit Befriedigung festgestellt, daß sie auch bei den schwierigsten Verhältnifsen vorwärtg dringen und die Schiffe sich bewährten. Erst seit gestern ist eine Stockung ein getreten, nicht eine vollständige Stockung. Gestern sind 300 m geleistet worden, und heute abend wird berichtet, daß die Eisbrecher, trotzdem sie auf eine Eigwand von 7 m Höhe gestoßen sind, immer noch 150 m vor sich gebracht haben. Eg sind noch ju überwinden etwa 4 big 5 km. Wenn man annehmen dürfte, was ich meineiselts nicht annehme, daß sie nur in gleichem Tempo vorwärts kämen, würde die Beseitigung der Eig. versetzung freilich noch eine Reihe von Tagen dauern. Aber wir haben im Laufe der letzten Tage beobachtet, daß nach sehr schweren Stauungen doch wieder erhebliche Erleichterungen eintreten. Wag den Hochwasserdienst an der Elbe betrifft, so darf ich bemerken: er hat gut funktioniert, dag gilt für die gesamten Ströme, sowelt sie meinem Ressort unterstehen.
Dle Katastrophe an der Elbe hat auch eine sehr empfindliche Störung im Elsenbahnverkehr jwischen Wlttenberge und Stendal herbeigeführt. Für die Verkehrginteressen ist Sorge getragen. Eg ist auch von melnem Ressort angeordnet worden, daß Liebergaben für die gesamten überschwemmten Gegenden frachtfrel befördert werden (bravo h, und heute abend ist bekanntgegeben, daß dagsenlige Vleb, welcheg aus den Ueberschwemmungegegenden in der Wischenlederung stammt, und zurzelt in unmittelbarster Nähe der Niederung eingestellt war, sofern es vorübergehend nach entlegeneren Gebieten überführt
große Wische ein. Es werden von den 40 000 ha nach meiner
werden sollte, um dort eingestellt u werden — daß diesen Vieh