1909 / 56 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 06 Mar 1909 18:00:01 GMT) scan diff

wir hier die bestebende steuerliche Ungerechtigkeit beseltigen; die Ein- bringung elne 4 im Sinne der weiteren Forderung behalten wir uns vor. * wir damit alle Gewerbetrelbenden, nicht bloß die Filialinhaher treffen, wird jwar behauptet, aber dag muß sich ver⸗ meiden lassen. Ich bitte, den Antrag der Kommission für Sandel und Gewerbe zu überweisen.

Geheimer Qbersinan rat Dr. St ru k: Zu dem vorllegenden Inltiattv-· antrag hat die Regierung noch nicht Stellung genommen; ich beschränke mich auf eine Darstellung der heutigen Sachlage. Gg ist nicht richtig, daß die beiden bestebenden 86 notwendig zu einer Begũnstigung der Filialen führen müßten. Das Gewerbesteuergesetz ist auf dem Grund- satz der ein keitlichen Besteuerung aufgebaut; die Besteuerung erfolgt nach dem Maßstabe des Ertrageg. Es liegt auf der Hand, daß eg für den Gesamtsteuersatz ohne Einfluß ist, wo der Ertrag erjlelt wird. Anders liegt es bei der Zerlegung des Ertrages rücksichtl ich der Kom. munalhesteuerung. Da kann der Gewerbetreibende allerdings ein Interesse daran haben, 4 nach der Höhe der Gewerbesteuer * dem einzelnen Orte den Eitrag einer Filiale höher oder niedriger erscheinen zu lassen. Aber diese Maßnahmen oder Angaben des Gewerbetrelbenden sind für die Heranziehung selbst keineswegs maß⸗ gebend. Die Zerlegung des Steuersatzes volltteht sich keines. wegs allein durch Verhandlung der Steuerbehörde mit dem Steuerpflichtigen, sondern nach den Entscheidungen des Ober⸗ verwaltungegerichtg muß auch der betreffenden Gemelnde Gelegenheit zur Mitwirkung gegeben werden. Pag Oberverwaltungsgericht hat übrigeng nur ausgesprochen, daß besondere Gewerbesteuern unzulãfsig seien, sofern sie nur Filialen träfen, nicht etwa, daß befonder? Gewerbesteuern überhaupt, die auch Filialen treffen, nicht gestattet sind. Die Gemeinden haben es also noch heute in der Hand, durch besondere Gewerbesteuern den Verdacht, als ob es sich bloß um

kliglen handeln soll, ausjuschließen. Die Gewerbesteuer ist elne

ealsteuer, deshalb muß nach Merkmalen eurteilt werden. Ich habe den Eindruck, als verstehe man ei dach draußen unter einer gleichmäßigen! Besteuerung der Filialen eine derartige Besteuerung, daß dem augwäͤrtigen Gewerbetreibenden die Lust zur Errichtung einer Filiale vergehen müßte. Das würde etwa der Stimmung entsprechen, welche die Warenhaussteuer hervorgerufen hat. Eine solche Sondergewerbesteuer für Filialen hat man bei der Beratung des Waren haussteuergesetzes als schlechthin unzulaͤssi bezeichnet. Bel unserem Erlasse sind wir davon aus egangen, ö. Ne Voraussetzungen für eine solche Form der Steuer nicht gegeben sind. Auf einem anderen Blatt fleht eine etwaige Abänderung des Kom⸗ munalabgabengesetzes in der Richtung, daß die Steuer nach einem anderen He ff als dem des Ertrages erhoben wird. Diese Frage könnte wobl erwogen werden. Auch die Frage der Behandlung des Einkommens kann hier nicht allein für die Gewerbetrelbenden heraus⸗ gegriffen und für sich behandelt werden. Diese Fragen sind alle einer erneuten Erwägung wert; es kann aber nicht lediglich die Filialen; frage davon losgelsst werden; die eventuelle Neuregelung muß durchaus einheitlich erfolgen, da sie auch auf den Grundbesitz ufw. äbergreift. Mit der Verwertung der Zahlen, die der Antragsteller einander gegenübergestellt hat, soll man doch recht vorsichtig sein.

Abg. Fleuster . erklärt, daß das Zentrum 2 demselben Boden wie der Antragsteller ftehe und im großen und ganzen mit dem Antrage einverstanden sei. Es gehe nicht an, daß in manchen Gemeinden eine Filiale nur einen Ertrag von etwa 405 St abwerfe und dann gar nicht zur Gewerbesteuer erangezogen werden könne. Dadurch würden die übrigen Gewerbetreibenden des Ortes erheblich benachtelligt. Mit Kommisslonsberatung ist der Redner einverstanden.

Abg. Heine (nl.) spricht sich in gleichem Sinne aus und betont, daß der sonlale Gesichtspunkt nicht zu bergesfen sei; die ilialbetriebe seien nicht so wertvoll wie die selbständigen Betriebe. urch die ge⸗ rechte Heranziehung der Filialen würde den selbständigen Betrieben bie Konkurrenz nicht so erschwert.

ö Abg. Ecke rt (freikons.) erklärt, daß auch seine Freunde dem Antrage

smpathisch gegenüber ständen. Bedauerlicherweise habe noch kein Redner gegen den Antrag gesprochen, wahrscheinlich werde daz aber der Abg. Rosenow tun. Es bestehe nicht die Absicht, eine Ausnahme⸗ steuer für die Filialen zu schaffen. Aber ebenso wie bei den Warenhäusern müsse für ausgleichende Gerechtigkeit gesorgt werden.

Abg. Rosen ow (fr. Volkep.): Wenn mein Vorredner meint, daß ich gegen den Antrag sprechen werde, so muß ich ihm eine Ent⸗ täuschung bereiten; wir sind immer für ausgleichende Gerechtigkeit eingetreten. Die Frage ist nur die, wo hier die ausgleichende Ge⸗ rechtigkeit zu suchen ist. Der Abg. Heine hat den Kern' der Frage ja verraten. Also das ist die Frage; Wie kann man den kleinen Gewerbe⸗ treibenden die Konkurrenz vom Halfe schaffen? Eg ist die alte rf Streitfrage, die die beteiligten Kreise feit Jahrzehnten beschäfstigi, die zur Warenhaugsteuer, zur Forderung der besonderen Staffelsteuer für Großmühlen usw. geführt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat ez den. Gemeinden unmöglich gemacht, besondere Gewerbesteuern für Filialen einzuführen. In der Kommission müssen wir untersuchen, ob und wie die bier widerstreitenden Interessen vereinigt werden können. Im Interesse einer wirklichen ausgleichenden Gerechtigkeit werden wir an der Lösung der Frage mitarbelien.

Abg. Dr. Bel l (Zentr.): Die steuerliche Gesetzgebung ist nicht dazu angetan, den kleinen Gewerbetreibenden die Konkurrenz vom Leibe zu halten; darin hat der Vorredner recht. Aber das .. der Anträge ebt auch gar nicht auf Fernhaltung der Konkurrenz, sondern auf Be⸗ ( . von Ungerechtigkeiten, und wenn damit gleichzeitig den kleinen Gewerbetreibenden aufgeholsfen wird, so ist das kein Unglück. Wo ein Wille ist, ist auch in Weg. Die Unterstützung der Staatsregierung wird uns bei unseren Bemühungen hoffentlich sicher sein. Durch die vorhandenen Unstimmigkeiten werden nicht nur die kleinen Gewerbetreiben⸗ den geschädigt, sondern auch die Kommunen haben darunter zu leiden. Die besten Geschäftgstraßen werden von den großen Geschäfts hãusern mit ihren Filialen in Anspruch genommen; sie sind in viel günftigerer dage und können diese Geschäftshäuser als Eigentum erwerben. Der kleine Geschäfttzmann muß deshalb in ungünstigerer Lage, unter ungünstigeren Bedingungen arbeiten. Das hat Nachteil auch für die Kommune wegen der Steuerfähigkeit. Daher kommt es, daß au den früheren

roßen Geschäftshäufern jetzt vel weniger Steuern erzielt werden alt

eren Angesichts der Schädigung der kleinen Gewerbetreibenden und der Steuern muß die Filialbesteuerung geändert werden, um dem Grundsatz der ausgleichenden Gerechtigkeit . zu werden. Hoffen wir, daß wir eine Lösung finden, die em? littelstand nützt!

Abg. Westermann (nl): Der Antrag will eine steuerliche Be⸗ borzugung beseltigen, es muß ein richtiger Weg gefunden werden. Die

iltalen haben auf dem Lande außerordentlich jugenommen. Ein affeegeschäst z. B., das auf dem Lande 300 Filialen hat, bat ein Ginkommen von I8 000 S6, wenn die Einnahmen aller Filialen usammengerechnet werden; jatfächlich wird die Kommunalsteuer der . aber nur von einem fingierten Ginkommen von 8400 M0 erhoben.

Der Antrag wird der Kommission für Handel und Gewerbe überwiesen.

Es folgt die Beratung des Antrages der Abgg. Hammer (kons.) u. Gen., die Regierung zu ersuchen, tunlich bald einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen eine aus⸗ reichende Vertretung des kleinen Kaufmanns—⸗ st andes ne, ., wird, und zwar in der Weise, daß bei den Handels kammern mit einzelnen vom Minister für 6 und Gewerbe zu bestimmenden Ausnahmen ein

leinhandel sausschuß gebildet wird „von Personen, deren Gewerbebetrieb nicht über den Umfang des Klein⸗ , und solchen Kaufleuten, die —— den eftimmungen hes Handelskammergeseßes oder durch die Wahlordnungen der Einzelnen Handelslammern vom Wahl⸗ recht zu lehteren ausgeschlossen find. ; r. (kons. j. Ich bin mit dem Verlauf der vorher⸗ ** batte sehr zufrieden. Nach der letzten Berufgzãhlung wir 1 895 506 werbebetriebe, von denen 1 265 159 eine

eigentliche gesetzliche . baben. Allerdings haben jetzt einzelne andelskammern den Zensus, der zur Wahl berechtigt, herunterge etzt. m Ministerlum besteht e die Ansicht, daß das, wag mein 1 will, sich auch auf dem Wege der Verfügungen erreichen ließe. Dem im Jahre 1907 von dem Abg. Trimborn eingebrachten Antra bezüglich der Detaillistenkammern standen wir zwar sympaithif 6 wir hielten aber nicht mit unferen Bedenken zurück, daß die usführung des Antrages auf große Schwierigkelten stoßen würde. Da der Abg. Trimborn mein hoher Vorsitzender in der Kom mission für ndel und Gewerbe ist, so halte ich meinen Antrag einfach für eine praltische Arbeit, die ich für meinen Vorsitzenden gemacht habe. Sollten die entscheldenden Faktoren sich direkt gegen die Ausführung meineg Antrages a lehnend verhalten, so muß irgend ein anderer Weg gesucht werden, um diesen rund 13 Milllon Gewerbetrelbenden eine gesetzliche Ver⸗ tretung zu schaffen; sie könnten dann eventuell den Handwerkskammern angegliedert werden, diese würden sie wahrscheinlich mit Freuden aufnehmen. Es war n,. meine Absicht, auch die Handlungz. ehilfen in diesen Kleinhande . hlneinzunehmen; diese haben ö aber dagegen auggesprochen. as Wahlverfahren muß mit üicksicht auf die Behörden und auf die Kosten einfach gestaltet werden. Wenn es sich bier um 1,3 Milllon Arbeiter handelte, so hätten sie schon längst eine Vertretung; für die Arbeitgeber ist es ja außer⸗ ordentlich schwer, Gesetze zu machen. ch würde mich außerordentlich freuen, wenn der Minister diesem Antrage gegenüber keine ab- lehnende Haltung einnehmen würbe. Ich glaube, daß der Antrag von keiner Seite direkt verworfen werden kann, es handelt sich nur darum, daß der Herr Muinister vielleicht glaubt, er könne dag allein durch Verfügungen erreichen; dag ist aber meiner Ansicht nach unmöglich.

Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:

Es entspricht dem Brauch und den Vorschriften der Verfassung, daß die Königliche Staatgzreglerung zu Initiativantrãgen des Hauseg keine Stellung nimmt. Noch viel weniger kann es ein einzelner Minister. Ich bin also nicht in der Lage, über die Stellung der Königlichen Staatsreglerung ju den Anträgen des Herrn Abg. Hammer mich hier irgendwie zu äußern. Ich glaube aber, ez wird die Debatte fördern, wenn ich über den augenblicklichen Stand der Verhãältnisse, über die Rechtslage und ihre Konsequenzen, über die Entwicklung, die die Dinge danach genommen haben, hier einen kurzen Aufschluß gebe. Nur so, meine Herren, bitte ich, meine Ausführungen aufzufassen; ich sage lediglich melne persönliche Meinung.

Meine Herren, ich halte es für berechtigt, wenn die große Schar der Kleinhandeltrelbenden, die vielleicht weniger von der Hochkonjunktur der letzten Jahre gehabt haben als irgend ein anderer, die auch sonst mit mancherlei wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, den Wunsch nach einer Vertretung haben, die ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Anschauungen und Forderungen ausjusprechen und an die zu⸗ ständigen Stellen des Staates zu bringen. Ein Bedürfnis nach einer derartigen Vertretung wird der Natur der Dinge nach am stärksten in den großen Städten auftreten in denen die Bedeutung des Groß. handels überwiegt.

Es ist unter diesen Umständen erklärlich, daß es gerade Hamburg und Bremen gewesen sind, die zuerst den Versuch gemacht haben, diese Frage praktisch zu lösen, beide nicht ohne Zweifel über den etwaigen Erfolg und beide heute noch zweifelhaft darüber, ob sie das voll erreichen werden, was von den Interessenten gewünscht wurde. (Sehr richtig) Man hat in Hamburg Detaillistenkammern, wenn ich mich dieses Ausdrucks bedienen darf, eingerichtet; aber man hat, weil man die Schwierigkeiten und die Konsequenzen einer Zwanggorganisation scheute, sich darauf beschränkt, den Eintritt in die Detaillisten kammer in das freie Ermessen des Ginzelnen zu stellen (aha! rechts), und das hat naturgemäß dahin geführt, daß in kurjer Zeit die Zahl der Wahlberechtigten stetig geringer geworden ist, und die Zeit wird eg erst lehren, ob auf diesem Wege dle Auf⸗ gabe überhaupt ju lösen sein wird oder nicht. Die Hamburger Kammer selbst sagt in einem Berichte, sie warne davor, das, was man unter ganz besonderen Verhältnissen in Hamburg getan und ver⸗ sucht habe, ohne weiterez auf andere Verhältnisse zu übertragen. (Sehr richtig! rechtd,. Abg. Dr. von List: Hört, hört h

Nun, meine Herren, kommt aber noch ein weiteres hinzu. Wenn es sich lediglich darum handelt, eine freie Organisation der Klein- handeltrelbenden ju schaffen, so bietet daju der F 81 der Gewerbe⸗ ordnung die Grundlage. Es ist an sich nach der Gewerbeordnung zu⸗ lässig, daß sich zu einer freien Innung auch andere Gewerbetreibende alg Handwerker jusammentun, und eine solche Kleinhandelsinnung würde also alle diejenigen Rechte haben, die sich aug dem § 81 und folgende für die Innungen ergeben. Wer also geneigt ist, auf dem Wege des freiwilligen Beitritts die Frage der Detaillistenkammern zu regeln, der ist jederreit in der Lage, das auf Grund des S SL der Gewerbeordnung ju tun, und ich sollte meinen, daß die ehrenhafte und altehrwürdige Bezelchnung der Innung den Kleinhandeltreibenden nicht hindern dürfte, diesen Weg zu beschreiten. (uruf rechts.) Ja, dann kann ich ihnen nicht helfen, Herr Hammer! (Heiterkeit. )

Aber, meine Herren, wie ist es in Bremen gelaufen? Man hat in Bremen den Versuch gemacht, die Detaillisten kammer al Zwangs⸗ organisation zu schaffen, und hat den Kreig der zu organisierenden Personen ähnlich gefaßt, wie es Herr Hammer in selnem Antrage getan hat, und man ist auch hier auf außerordentliche Schwierigkeiten gestoßen, weil die Begriffe, die hier in Frage kommen, außerordentlich flüssig sind, und well man naturgemäß die Schwierigkeit nicht hat umschiffen können, die sich darau ergibt, daß man neben Handwerka— kammern, neben Handelt kammern nun noch eine Detaillistenkammer schafft, alle drei als Zwanggorganisationen, denen eventuell dann der unglückliche Handwerker auch noch anzugebören verpflichtet ist, eine Einrichtung, die dahin führt, daß der Kampf nicht um die Seele, aber um die Steuer des Ginjelnen nicht mehr von jwel, sondern don drei Organisationen geführt wird.

Meine Herren, ich habe mich über diese Frage deswegen so eln⸗ gebend geäußert, weil ja dieselben Schwierigkeiten, die sich hier er⸗ geben haben, sich in gewissen Grenzen auch ergeben, wenn man den Anträgen des Herrn Abg. Hammer folgt. Auch hier wird man, wenn man einen Detalllistenausschuß bei der Kammer einrichtet ein Gedanke, den ich unter allen Umständen, wle ich wiederholt betone, der selbständigen Organisation vorztehen würde ) bei Schaffung einer Zwanggorganisation auf die Schwierigkeiten stoßen, die sich in Bremen ergeben haben. Wenn der Derr Abg. Hammer meint, daß die Schwierigkelt dadurch ausgeglichen ist, daß er die Wahlberechtigung auf die Veranlagung jur Gewerbefteuer resp. die Zugehörigkeit ju den beiden untersten Gewerbesteuerklassen beschränkt, so muß sch bemerken daß auch dieser Versuch, und jwar in Bayern, bereltg gemachl worden ist, und man da so sehr vor den Schwierigkeiten, einen solchen großen Wahlkswer ju schaffen, jurlckgeschreckt is daß man die Wahlberechtigung beschränkt bat auf diejenigen Kleingewerbe⸗

treibenden, die am Sitze der Handelskammer wohaen. melner Ansicht nach eine für unsere Verhältnisse hoch und mit der allgemeinen Gerechtigkeit unverenbare Konseguen richtig! links.) Sie ersehen aug alledem, daß die Frage s nicht ju lösen ist. (Sehr richtig! links.)

Ich frage nun: wag kann denn etwa ohne elae . Regelung auf Grund det bestehenden Rechts erreicht Es ist ohne weiteres anjuerkennen, daß, obwohl gesey Handelgkammern die Interessen des gesamten Sandeh auch des Klein handels, ju vertreten haben, in einer Anzahl von Handelskammern der Kleinhandel nicht in hintes Maße jum Wort kommt. (Sehr richtig! rechts) Das liegt Art des Wahlrechts, es liegt daran, daß man die Wahlber an einen Zensus geknüpft hat, und daß man zum Tell noch gegangen ist und ein Klassenwahlsystem eingerichtet hat. It aber demgegenüber feststellen, daß dag, was ich eben al mogli in einzelnen Fällen bestehend hingestellt habe, lange nicht d bildet. Der Herr Abg. Hammer hat ja selbst gesagt, daß es Sandelt ln gibt, in denen Detalllistenausschüsse zur Befriedigung der Gen arbeiten. Ich möchte nur feststellen, daß die Zahl der Den der III. und IV. Gewerbesteuerklasse unter den Handelt mitgliedern im Jahre 1908 betragen hat: 50 oso und dar 3 Handelskammern, also eine viel stärkere Vertretung, alz . Abg. Hammer für seine Ausschüfse wünscht, denn r für die Minderkaufleute eine Anzahl von Sitzen die ein Orittel der Mitglieder der Handelskammer während in den dre Dandelekammern, die ich genannt über 50 , der Mitglieder diesen Gewerbesteuerklassen hören. In 6 Handelekammern beträgt die Beteiligung der Deta 3300 und darüber, in 11 Handelskammern 25 o/ und darih⸗ 13 Handelskammern 20 υάG und darüber, in 7 Handelskammern! und darüber, in 9 Handelskammern 100,9 und darüber und h übrigen 33 Handelskammern allerdings unter 1006

Nun fragt es sich: ist das ein immanenter Fehler des G liegt es in dem ganjen Aufbau des Gesetzes oder liegt es nur Organisation, die sich die einzelne Handelskammer gegeben bat! liegt nicht am Gesetz, sondern es liegt an der Organisatio⸗ sich die einzelnen Handele kammern gegeben haben. Wenn Wahlrecht an einen gewissen Zensus geknüpft ist, wenn mu Klassenwahlrecht einführt, kommt natürlich der Detalllist nicht i gleichen Maße jum Worte wie bei allgemeinem gleichen Wahl

Wenn man auf Grund des allgemeinen und direkten rechts wählt, liegt die Sache schon anderg. Nun haben einzelne Handelskammern von selbst ich habe die Ha kammern noch nicht angewiesen, wie Herr Hammer derartige Detaillistenausschüũsse einzurichten, sondern ich habe junächst einmal ju informieren versucht, wie die Sachen he einzelnen Handelskammern gebandbabt werden versucht, Detaillisten ju ihrem Rechte zu verhelfen, und jwar einmal in Weise, daß sie einen besonderen Detaillistenaus schuß gebildet h der alle dem Detaillistenstande angehörigen Vollkaufleute, die glieder der Handelskammer sind, umfaßt. Sie baben diese Detalll ausschüsse ferner in der Weise erweitert und ergänjt, daß sie aug Kreise der Vollkaufleute, die nicht Handels kammermitglieder und aus dem Kreise derjenigen Voll, und Minderkaufle die überhaupt ein Wahlrecht jur Kammer nicht eine entsprechende, jum Tell große Anjahl von Mitgliedern koo haben. Sie sind auch den Weg gegangen, daß sie diese Koorn nicht selbst vorgenommen haben, sondern daß sie vorhandenen sa Vereinigungen von Detalllisten das Recht gegeben haben, eine sprechende Anjahl von Mitgliedern in diesen Handel gkammeraat ju schicken. Man hat sogar den Versuch gemacht, den Hen Hammer als Norm hinstellen will: man hat die nicht zum Gin in die Handelskammer berufenen Gewerbesteuerjahler der dritten J vierten Gewerbesteuerklasse in direkten Wahlen Vertreter in Detaillistenausschũsse schicken lassen. Dieses Experiment hat erbt Schwierigkeiten bei der Durchführung gehabt, und es erscheint me haft, ob man nicht auch bier den Weg der indirekten Wahl schreiten wird. 1.

Nun, meine Herren, diese Ermittelungen sind nach meiner M

außerordentlich lehrreich, denn sie beweisen nach meiner Auffast daß man an sich in der Lage ist, nicht nur auf Grund

bestehenden Rechts die Ziele zu erreichen, die Herr Abg. Ham

erreicht sehen will, sondern sie jeigen auch, daß man

Grund des bestehenden Rechteg um die Schwierigkeiten herumkom kann, die sich unter allen Umständen der Durchführung auch det

trages Hammer in der Praxis entgegenftellen können, wie der z

den ich vorhin im Auge batte ich glaube, es war Koblenz

weist. Melne Herren, wir sind auf Grund des bestehenden Rech in der Lage, einmal in den Handelgkammern durch Statuten zusamm jufassen alle Vollkaufleute, die den beiden untersten Gewerbesten klassen angehören und dementsprechend zum Eintritt in die Handl kammer berufen sind. Wir sind aber auch in der Lage, die außerhe dieser Kategorie von Gewerbetreibenden stehenden Kleingewerbetrtlben in diese Ausschüsse hineinzubringen, sei es, daß man den Weg? Kooptation wählt, sei eg, daß man und das würde ich der gan Lage der Dinge nach für das jweckmäßigste halten im Wege? indirekten Wahlrechts Vertreter dieser Kategorie von Gewen treibenden dadurch in die Aueschüsse hineinbringt, daß man ja fast überall bestehenden freien Organisationen ein Wablrecht Meine Herren, habe ich einen derartigen Ausschuß konstrulert, dann auch in der Lage, diesen Aueschuß mit allen denjenigen Mat befugnissen augzurüsten, die Derr Abg. Hammer wünscht, da bin ich in der Lage anjuordnen, in jedem einzelnen Falle: ich wůnse daß hierüber der Detaillistenaus schuß gesondert gehört und mir! Beschluß vorgelegt wird. Damlt ist mir nach meiner Ansicht

Garantie gegeben, daß der Detaillistenausschuß auch zu War

kommt, daß er nicht vom Großhandel innerhalb der Kammer übt stimmt oder daß mir sein Votum gefärbt, verändert oder verkiün vorgelegt wird. Ich bin auch in der Lage, anzuordnen, daß, wenn Detaillistenausschuß dies verlangt, sein Votum mir vollständig b gelegt wird. Kurzum, melne Herren, in bin der Auffassung, daß a die Wünsche, die Herr Abg. Hammer hat, erreicht werden können Grund des bestehenden Gesetzes, allerdings, meine Herren, unter d Voraugsetzung, daß die Handelskammern bereit sind, einer Antegm meinerseltg, derartige Ausschüsse ju bilden, ju folgen. Zuruf d Abg. Hammer) Und, melne Herren, ich bin der Anficht, daß, w.

wan durch Gesetz den Handelskammern die Verpflichtung aufeil̃

es für sie

bat, die Interessen deg gesamten Handelstandeg ju vertreten ein nobilo offleium ist lsehr richtig! linke), in der freigebigften Weise alle diejenigen Wünsche zu erfüllen, die die Klein handelstreibenden hinsichtlich ihrer Vertretung haben. (Zuruf des Abg. Hammer.) Herr Hammer, Sle mögen es ja besser wissen als ich. (Heiterkeit. Widerspruch des Abg. Hammer.) Sie sagten, na, nal Ich konnte es nicht anders verstehen. (Heiterkeit) Aber, Herr Hammer, selbst wenn dag nun nicht der Fall sein sollte (Heiterkeit), wenn ich die Sache besser verstande, so liegt die Sache doch so: Die Materie ist im Wege der Gesetzgebung schwer zu lösen, weil die Ver⸗ hältnisse an den einzelnen Orten sehr verschieden liegen. Ich weiß ganz genau, daß sich der Durchführung einez Gesetzeg, wie es Herr Abg. Hammer wünscht, heute die größten Schwierigkelten in den Weg stellen würden, und ich würde es deshalb für falsch halten, einen Gesetzentwurf vorzulegen, so lange ich ohne einen solchen zum Ziele kommen kann. Wir machen in Preußen und in Deutschland viel zu viel Gesetze. (Sehr richtig) Die Kunst des Regierens ist, aus dem bestehenden Recht heraus das zu entwickeln und den örtlichen Bedürfnissen anjupassen, wag die wirtschaft⸗ lichen Verhältnisse im Laufe der Zelt erfordern. (Bravo h Meine Herren, Sie werden mir jugeben, daß ich unter Umständen von dem Herrn Abg. Hammer wohl eine gewisse Galgenfrist ver. langen kann. Nachdem ich die Sache jetzt übersehe und durch die Berichte der Handelskammern ortentiert bin über das, was geschehen ift und was geschehen kann, werde ich eine entsprechende Anregung an die Handelskammern ergehen lassen Herr Abg. Hammer ist inso⸗ fern von einer irrigen Voraussetzung ausgegangen, alt er annahm, daß diese Anregung schon ergangen wäre Wenn diese Anregung zu keinem praktischen Ergebnis führt, wird es Zeit sein zu prüfen, ob wir die Angelegenheit durch Gesetz regeln wollen. Dann werden wir wahrscheinlich auch besser alg heute übersehen können, was in dieses Gesetz hineingeschrieben werden soll. Meiner Ansicht nach könnte verständiger Weise in dieses Gesetz nicht mehr hineingeschrieben werden als eine generelle Vollmacht des Ministerz, die Einrichtung von Detaillistenausschüssen nach Maßgabe der oͤrtlichen Verhaͤltnisse anzu⸗ ordnen. Die Bedingungen, die man event. in dieses Gesetz hinein- schrelbt, würde ich heute nicht den Mut haben zu formulleren, da ich die Angelegenheit nicht genügend übersehe. Ich würde sie aber über⸗ sehen können, wenn die Versuche, durch freiwilliges Verhandeln zum Ziele ju gelangen, gescheitert sind, resp. wenn an einjelnen Orten und ich bin fest überjeugt, daß das der Fall sein wird meine An= regung ju einem Ergebnisse geführt hat und diese praktischen Ergeb- nisse für eine gesetzliche Regelung der Sache die Grundlage abgeben.

Ich hoffe, meine Herren, Sie haben aus melnen Ausführungen entnommen, daß ich in der Tendenz mit dem Herrn Abg. Hammer vollftändig einig bin, daß eine ausreichende und jweckentsprechende Vertretung der kleinen Handeltreibenden geschaffen werden muß. Sie werden aus meinen Ausführungen auch entnommen haben, daß ich entschlossen bin, mit allen Mitteln darauf hinzu⸗ wirken, daß wir das jetzt geltende Recht für die Schaffung einer solchen Vertretung voll außnutzen, und Sie werden aus meinen Ausführungen endlich die Bereitwilligkeit entnommen haben, eine gesetzliche Regelung dieser Angelegenheit dann in Erwägung zu ziehen, wenn ich mich davon überjeugt habe, daß das geltende Recht mir die nötige Handhabe zur Durchführung dieser Ziele nicht gibt. Bravo )

Abg. Trim born (Zentr.): Die Ausführungen des Ministers haben

ergeben, daß hier ein Gebiet vorliegt, auf dem Wandel geschaffen werden muß. Seitdem ich vor Jahren die erste Anregung zur Lösung dieser Frage gegeben habe, habe ich inzwischen doch die Ueberzeugung gewonnen, daß besondere Detaillistenkammern nicht geeignet snd;: ez wird dabei bleiben müssen, daß in den Handelskammern die großen Kaufleute zu den kleinen gehören und umgekehrt. Der Minister meinte, ez wäre ein nobile afficium der Handelskammer, dafür zu sorgen, daß auch die kleinen zandelsleute eine Vertretung hätten; ich bin aber der Meinung, daß ler eine klare gesetzliche Grundlage geschaffen werden muß. Ueber alle Einzelheiten werden wir ung in der Kommission verständigen können, denn vor allem muß festgestellt werden, wer wahlberechtigt sein soll zu diesen kleinen Handelauszschũssen.

Abg. Heine (nl.) erkennt an, daß der Kleinhandel mit Recht den Wunsch nach einer besseren Vertretung habe, und schließt sich dem Antrage auf Kommisstongberatung an.

Abg Eckert (frelkons.): Die Handelskammern haben die Bestimmung, die Gesamtinteressen des Handelsgewerbes ju vertreten. Wir sind daher mit dem Antrag einverstanden. Ez sind ja bereits bei einigen Handelskammern Ausschüsse für die Interessen des Kleinhandelg ge⸗ bildet, aber diese üben nur beratende Funktionen aus, es ist kein vollkommenes Verfahren, es muß erweltert werden? Schwierig⸗ keiten werden sich aber hauptsächlich aus der Frage ergeben, wer denn wablberechtigt sein soll. Bedauerlich ist die große Teilnahmlosigkeit der betreffenden Kreise selbst; bei der Wahl in der dritten Abteilung erscheinen oft nur zwei oder drei Wahlberechtigte. Würden die Detaillisten ihr Wahlrecht besser wahrnehmen, so könnte es heute schon anders sein. Die Fabrikanten der ersten und jweiten Abteilung nehmen durchaus die Interessen der Kleinkaufleute wahr, oft in geradezu rührender Weise. Ich beantrage ebenfalls Lom missionsberatung.

bg. Rosenow (fr. Volkęp): Ob die Bestrebungen der Inter⸗ essentenkreise, sich in Vertretungen zusammenzuschließen, nützlich sind, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls muß man diese Bestrebungen be⸗ rücksichtigen. Dem Abg. Trimborn muß ich den Vorwurf machen, daß er sein früheres Kind ausgesetzt und verleugnet hat und jetzt ein neueg Kind zur Welt gebracht bat. In Hamburg hat man mit den Kleinhandelskammern schlechte Erfahrungen gemacht. Es wird sogar davor gewarnt. Meine Freunde werden in der Kommission Leißig mitarbeiten, um trotz der etwa unbestimmten Wünsche den be⸗ teiligten Kreisen zu helfen.

Abg. Diet rich Thorn (fr. Volkzp): Ich glaube nicht, daß die Handelskammern für eine Einrichtung im Sinne deg Antrags Hammer zu haben sein werden. Auf die Ginjelheiten will ich hier nicht näher eingehen, wir werden ung darüber ja in der Kommission weiter unter⸗

halten kannen. Abg. Thurm (fr. 1 Wozu sollen wir noch eine zweite, eine Kleinbandelskammer errichten? Wir werden dadurch nur neue . hervorrufen. Ich glaube, der Kleinhandel wird sehr ut behandelt; in den Handelstagen wohnt ein Deputlerter vom Klein. kap der Sitzung bei. Wenn wir dem Antrage deg Verrn Hammer zustlmmen, belasten wir nur in unnötiger Weise die kleinen Inter- essenten. Die Handelskammer ist sehr wohl in der La e, sich mit dem leinhandel so in Verbindung zu setzen, daß af. Wünsche in genügender Weise Berücksichtigung an können. ĩ. i Trimborn Jen g en Vorwurf, daß ich mein Kind derne hi feen geh und verleugnet hätte, muß ich ganz entschieden . Ich habe vor zwei Jahren einen Antrag, betreffend ie Vertretung des Kleinhandelg, eingebracht. Nun ist es die Frage, ab, dag schon ein vollständiger natus Sder ein näascturus war. Ich will einmal annebmen, eg handelte sich um einen natus ich habe den Jungen in die Wel gesetzt und bet nun 33 bin und bereite dir dein Schicksal aber! er Junge hatte dag Glück, einen rern, in der Person des Abg. Hammer n sinden, der sich deg Kindeg fehr umsichtig angenommen hat.

Wag ich dabei verbrochen haben soll, das sehe ich wirklich nicht ein. Nun wendet man ein, durch melnen neuen Antrag verleugnete ich mein erstes Kind. Dieser Antrag ist aber ein Eventualantrag für den Fall, daß der Antrag Hammer abgelehnt wird; damit wärt also eine Ver⸗ leugnung des bigherigen Antrages in keiner Wesse gegeben. Im übrigen sollten wir uns hüten, hier im Parlamense ung so einen Meinunge⸗ wechsel vorjuwerfen. Ich erinnere nur an den Apostel Paulus, der einst ein Saulus war; solche Leute werden niemals autzsterben. Ich bitte also, nächstene meine parlamentarsschen Kinder etwas rũcksichtg.· voller zu behandeln.

Abg. Rosenow .. Volkep ): Der Abg. Trimborn gibt ja selbst zu, daß er J Kind hat fallen lassen, indem er es einfach in dle Welt hinaug⸗ schickte in der Hoffnung, daß eg vielleicht von selbst zu ihm zurück, kommen würde. Ich halte es für die Pflicht eines Vater, sich um seine Kinder ju kümmern. Ich wollte mit meinen Ausführungen nur den Effekt erzielen, daß man mit solchen Anträgen in Zukunft etwas vorsichtiger ist. Der Abg. Trimborn hat offenbar eingesehen, daß es mit feinem Antrag nicht geht, und kommt deshalb nun mit

dem neuen Antrag. Abg. Trimborn (Zentr.): In einem sind wir einig: Ich

habe zwei Kinder gejeugt; aber ich brauche mit dem jwelten Kinde doch nicht das erste zu verleugnen. Das zweite Kind sollte dem ersten die Wege ebnen, damit es blühe, wachse und gedeihe; man kann nie genug Kinder haben.

Damit schließt die Diskussion.

Im Schlußwort bemerkt

Abg. Hammer (kons.): Der Minister hat gesagt: Sie mögen das besser verstehen, . Hammer, ich selbst babe aber den Zwischenruf nicht gemacht. enn es nicht gelingen follte, den von mir vor

geschlagenen Weg zu beschreiten, so werden wir doch nicht dem Vor⸗ schlag, die Detaillistenkammer wieber auszugraben, folgen. M., .

Der Antrag wird an die Rommsssisn für Sande und Gewerbe verwiesen.

E Darauf geht das Haus zur Beratung des Etats der Handels- und Gew erbeverwaltung über.

Bei den Einnahmen referiert der Berichterstatter Abg. von Brandenstein (kons.) über die Kommissionsverhand⸗ lungen.

Zu den Einnahmen der Baugewerkschulen bemerkt

Abg. Felisch (kons.): Für das gewerbliche Schulwesen haben andere Staaten früher viel mehr Mittel ausgegeben als Preußen; namentlich I uns Oesterreich und Frankreich lange Jahre hindurch vor⸗

1

ildlich gewesen; aber alle diese Slaaten) haben wir in bezug auf das gewerbliche Unterrichtswesen jetzt erreicht, zum Teil sogar über⸗ troffen. Die Fer en, sollen die notwendige Ergänjung des all= gemeinen Schulunterrichts sein, aber sie follen auch dazu beitragen, das Gewerbe selbst zu fördern, und in dieser Hinsicht haben sie auch Ideale zu erfüllen. Die Ausbildung der Fachschul⸗ lehrer muß aber auf eine andere Grundlage gestellt werden, sie dürfen nicht Berufglehrer, sondern müssen lehrende Fach⸗ männer sein. Ich möchte den Minister um Auskunft bitten, ob nicht das Uebergewicht der rein akademischen Lehrer einen ungũnstigen Einfluß auf die Schüler ausübt, die aut der Praxis kommen und in die Praxis zurückgehen. Dag Baugewerbe ist das rößte industrielle Gewerbe in Deutschland, daher können wir in Fee gen mit nur 26 staatlichen Baugewerkschulen nicht auskommen; die Priwatschulen kommen weniger in Betracht, da jede Privatschule ein Erwerbg⸗ unternehmen ist. Auf den Baugewerkschulen muß besonders die beimische Bauweise im Vordergrund des Unterrichts stehen und die künftigen Baugewerkgmeister auch in der Innenarchitektur unterwiesen werden. Die Schüler müssen in den Schulen fo vorgebildet werden, daß sie in ihrer späteren Praxis nicht sündigen gegen den heiligen Geist ihrer Landschaft und des Volkes.

Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:

Meine Herren! Ich kann die Ausführungen des Herrn Abg. Felisch wohl verhältnismäßig kurz beantworten. Der Herr Abgeordnete bat ju meiner großen Freude anerkannt, daß die Entwicklung unserer Fachschulen eine gute ist, daß die Leistungen dieser Schulen die der Schulen in andern Landern nicht nur erreicht, sondern zum Teil sogar überflügelt haben, und ich bin ihm für diese Anerkennung, die ja auch durch seine Schlußworte hindurchgegangen ist, außer⸗ ordentlich dankbar.

Der Herr Abg. Felisch hat dann die Besorgnis ausgesprochen, daß bei der Qualität unserer Lehrer an den Baugewerkgschulen eine gewisse Akademisierung der Schulen drohe und daß unsere Bau⸗ gewerksschüler durch diese Art dez Unterrichts ungünstig beeinflußt werden könnten. Er hat hierüber eine Enquete gewüũnscht, aber ich alaube, soweit das nach Lage der Verhältnisse heute überhaupt möglich ist, diese Frage auch ohne Enquete beantworten ju können.

Unser Baugewerkeschulwesen ist, wie Herr Abg. Felisch ja selbst weiß, jahrjehntelang in der Entwicklung gewesen. Wir sind eigent⸗ lich erst mit den neuen Lebrplänen zu einem gewissen Abschluß ge⸗ kommen. Wir haben die Lehrer au den verschiedensten Berufen, wir haben akademisch gebildete Lehrer des verschiedensten Studienganges übernommen, und wir kommen erst jetzt allmählich dahin, den Unter⸗ richt zu vereinheitlichen. Nun wird ez jweifelloz richtig sein, daß namentlich die akademisch vorgebildeten Lehrer bisher leicht dazu ge⸗ kommen sind, die Art des Lernens an einer technischen Hochschule auf den Unterricht an den Baugewerkschulen zu übertragen. Daß das un⸗ erwünscht ist und vermieden werden muß, darüber sind wir unt klar, und eins der wesentlichen Ziele der neuen Lehrpläne geht eben dahin, durch einen völlig andern Aufbau des Unterrichts, diese Neigung, zu akademisch zu werden, zu unterbinden und eine mehr vraktische, den Verhältnissen und den Anforderungen der Baugewerktschüler an⸗ gemessene Lehrwelse einzuführen.

Ich möchte also dem Herrn Abg. Felisch empfeblen, junãchst mal abzuwarten, wie sich die neuen Lehrpläne bewähren, wir werden ung ja darüber in den Sitzungen des allgemeinen Beirats jum Landeg. gewerbeamt alle jwei Jahre äußern können, und ich werde nicht unter⸗ lassen, im gegebenen Moment auch in dem schriftlichen Bericht des Landeggewerbeamtes hierüber Auskunft ju geben. Eine Umfrage würde ich mit Rücksicht auf die ganz ungleichmäßige Entwicklung der Schulen, die ungleichmäßige Gestaltung unsereg bisherigen Lehr⸗ personals beute nicht für jweckmäßig und wenig erfolgversprechend halten.

Der Herr Abg. Felisch hat dann wie immer bel dieser Gelegen. heit darüber geklagt, daß noch immer nicht genug Baugewerkschulen beständen. Meine Herren., man wird dem Handelgministerlum den Vorwurf nicht machen können, daß eg bei Errichtung neuer Bau⸗ gewerkschulen ein langsameg Tempo elageschlagen hat. Erst der jetzt laufende Etat hat wieder elne oder zwel neue Schulen gebracht; es schweben augenblicklich Verhandlungen über die Errichtung einer Schule in Halle. Ich habe mich mit dem Herrn Finanzminister Über diese Schuler sallerdingg noch nicht geeinigt. Aber Sie werden versteben, daß auch ich bel dem flotten Tempo und der stetigen Entwicklung unserer Baugewerkschulen in elnem Jahre, dag unt so große finanzlelle Schwerlgkelten gebracht hat, meine Forderungen gurückgestellt habe

und warte, big bessere Jeiten und etwag mehr Gllbogenfreldelt kommen

wird. Ich kann in allgemeinen nur sestftellen, daß ich dem Herrn Finan mminifter ju großem Danke für die Freigebigkeit verpflichtet bta. mit der er den Etat meiner Verwaltung auch in dlesem schlechten Jahre 1909 auggestattet hat. Der Herr Abg. Felisch hat dann die Frage angeschnitten, ob es nicht zweckmäßig sei, in den Vororten von Berlin eine Baugewerkschule ju errichten. Dle Frage beschaftigt mein Mini⸗ sterlum mindestens so lange, wie ich Minister bin. Wir haben mit ver⸗ schiedenen Städten, Köpenick, Spandau, verhandelt; die Verhand- lungen haben zu keinem Ergebnis geführt. Ich kann nicht mehr tun, als die Errichtung solcher Schulen anregen und eine angemessene Beteiligung des Staaten in Aussicht stellen. Das ist geschehen.

Herr Abg. Felisch ist dann zurũckgekommen auf die Baugewerk⸗ schule in Berlin und hat die Verftaatlichung dieser Schule angeregt. Meine Herren, Sie wissen, daß ich die Verstaatlichung dieser Schule nicht erjwingen kann. Ich habe schon früher auszuführen die Ehre gehabt, daß die Verhandlungen mit dem Berliner Magiftrat ju einem Ergebnis nicht geführt haben.

Es ist dann, meine Herren, eine Reihe anderer Austellungen über die Berliner Schule gemacht worden, zunächst ist gefragt, ob die Errichtung einer fünften Klasse zu erwarten ist. Soweit meine Kenntnis reicht, liegt ein bejüglicher Bericht des Berliner Magistrata bor. Wie sich der Neubau gestalten wird, weiß ich auch beute noch nicht. Wir haben neulich in der Sitzung des Beirats davon ge⸗ sprochen; ein Bericht des Magistrats ist ung immer noch nicht zugegangen. Beijüglich dieser Schule bin ich nur mit geringen Machtbefugnissen gegenüber der Selbstverwaltung der Stadt Berlin ausgestattet. Das einige Mittel, das ich haben würde, würde eine Kündigung des staatlichen Beitrages sein, und diesen Weg ju beschreiten, habe ich nicht für angejeigt erachtet. Ich würde es auch für die ganze Entwicklung der Beziehungen meines Ministeriumz jum Magistrat von Berlin und für die Entwicklung des Baugewerkwesens in Berlin für falsch halten, wenn ich ju einem so weitgehenden Mittel griffe. Der Herr Vorredner hat dann angeführt, die Baugewerkschule möchte sich nach Möglichkeit der heimischen Bauwelse annehmen, und er hat die Forderung nach jwet Richtungen hin begründet. Meines Erachtens ich stehe darin mit Ihnen vollstäͤndig auf einem Standpunkt hat er mit recht beklagt, daß auf dem platten Lande die schznen alten malerischen Formen verschwinden und kahle, unschone Gehöfte erstehen, denen man ansieht, daß sie ohne jedes Kunstgefühl, lediglich unter dem Gesichts⸗ punkte der Sparsamkeit und Zweckmäßlgkelt, errichtet sind. Er hat eg ferner beklagt, daß sich namentlich in unseren kleinen Städten eine unschöne und nicht zu rechtfertigende Nachahmung der groß⸗ städtischen Bauwelse immer mehr breit macht. Der Herr Abgeordnete hat in beiden Punkten recht, und nicht nur ich, sondern auch die anderen in Betracht kommenden Ressortminister haben zuletzt durch einen Runderlaß im vorigen Jahre die Aufmerksamkeit aller in Betracht kommenden Behörden auf diese Sache gelenkt. Ich habe die Bau⸗ gewerkschule wiederholt darauf bingewlesen, daß die Neugestaltung der Lehrpläne die Möglichkeit biete, das Intereffe der Schüler für eine einfache, den 5rtlichen Verhãltnissen angemessene Bauweise, zu wecken. In neuerer Zeit sind die Baugewerk⸗ schulen hingewiesen auf die Werke des Herrn Schul ze Naumburg. und ich habe meinerseitz den Dr. Schwind rezheim mit Staatsmitteln ausgerüstet, der unsere nördlichen Probinzen ich glaube, darunter PDemmern bereist und über seine Reisen ein Buch herausgegeben haf dieses Buch wird den sämtlichen Fortbildungsschulen zum Teil auf Staatskosten zugestellt werden, jum Teil wird es den Schũlern zur Anschaffung empfohlen werden, da es billig ist. Nach dieser Richtung hin ist das Notwendige geschehen. Man muß sich auch hier vor einem Zuviel hüten; wir müssen ung hüten, daß wir ung hier nicht ebenso überschlagen, wie wir ed vor 25 Jahren getan haben: in elner ũber⸗ triebenen, un zweckmäßigen Nachahmung der Renaissance mit unzwedk⸗ mäßigem Material und an der unrichtigen Stelle. (Sehr richtig! recht.)

Ich komme nun noch, dem Gedankengange des Herrn Felisch folgend, noch einmal auf die neuen Lehwläne zurũck. Herr Felisch vermißt in den neuen Lehrplänen die Betonung einzelner bestimmter Fragen. Er ist der Ansicht, daß dem Eisenbetonbau ein unzu⸗ reichender Raum in den Lehrplänen eingeräumt werde. Ob das der Fall ist, wird die Zukunft lehren. Sie dürfen aber nicht vergessen, die Kunst bei der Aufstellung von Lehrplänen besteht nicht darin, daß man immer von neuem etwag einschaltet, was neben dem bisherigen Lebrstoff bewältigt werden muß, sondern daß man bestrebt ist, den Lehrstoff auf das zu beschränken, was die Schũler verdauen können, und daß man darauf Bedacht nimmt, daß derartige Neben⸗ fragen und Nebenfächer nicht in besonderen Unterrichts stunden, sondern an der Hand des laufenden Unterricht erledigt werden. Ich halte eg für möglich, daß, wenn diese jwel Stunden Eisenbetonban nicht aus- reichen sollten, auch diese Frage an anderer Stelle nebenher behandelt werden kann, umsomehr behandelt werden wird, je mehr der Eisen⸗ betonbau unsere Konstruktionglehre beberrscht.

EGbenso lliegt die Sache in anderen Fragen, die der Herr Abg. Felisch elner besonderen Berücksichtigung empfoblen bat, beispielsweise die sonialpolittsche Gesetzzebung. Wenn wir für alle diese Sachen besondere Unterrichtastunden ansetzen, kommen die Vauptfächer jn kur). Auch hier bin ich der Ansicht, daß man in der Lage ist, diese Dinge im Anschluß an andere Unterrichta fächer, beispielaweise an den Rechenunterricht ju erledigen, wie wir dag schon in unseren höͤberen Schulen, in unseren Volktschulen tun.

Der Herr Abg. Fellsch hat dann auch einmal wieder die Frage der jweitklassigen Lehrer angeschnitten. Ich glaube, mich eines weiteren Gingeheng auf diese Frage enthalten zu können; sie ist wiederholt erörtert, und dag jetzige Arrangement entspricht meines Wisseng einem Beschlusse dieses hoben Dauseg. Ich bin also nicht wohl in der Lage, jetzt noch wieder Abänderungen eintreten zu lassen. Die Bestimmungen der Besoldunggordnung allein schon enthalten ja für mich die Richtschnur für mein zukünfllgeg Handeln. Ich kann Herrn Fellsch nur das elne versprechen, daß, soweit ich dajun in der Lage bin, alleg geschehen wird, um den Unterricht vor einer Akademl · sierung, vor einer Ueberspannung nach der gelehrten Seite bin fern jubalten und darauf ju halten, daß der Unterricht dag lehrt, wag eln praktischer Bauhandwerker braucht, und daß der Unterricht die se Lehre in einer angemessenen und jweckmäßlgen Welse verabfolgt.

Abg. Feli Nldankt dem Minister far die 3 6 K989 ö wma,

Bei den Einnahmen aus der Nebenbeschäfti ung der technischen Gichdeamten, 106 00 4, 8 6