1909 / 78 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 01 Apr 1909 18:00:01 GMT) scan diff

Abg. Gothein (fr. Vgg.): Die Ausführungen des Abg. Grafen Kani i, mich, daz Wort zu ergreifen. Wir haben schon bei den Jolllarlfberatungen von 1963 prophezeit, daß das Verhältnit Deutschlands ju allen seinen Abnehmerstaaten wesentlich verschlechtert werden würde. Hier sind wir leider gute Propheten gewesen. Durch die Spenfikationen in unserem neuen Zolltarif, die die verfeinerten Waren mit wesentlich höheren Zöllen trafen, haben wir bei den Rachbarn, die solche verfeinerten Waren gusführen, eine starke Ver⸗ stimmung hervorgerufen. Die Meistbegünstigungsklausel hat immer- hin auch einen Vorteil für uns, und sie ist keine absolute, sondern nur eine relative; wir sind nur gebunden, kelne höheren Zölle im gegenseitigen Verkehr zu erheben, als England, Deste rreich, Belgien, Holland und die Schweiz erheben. Da fehlt j. B. Italien, eg fehlen die Vereinigten Staaten. Mit vollem Recht hat der Abg. Graf Kanitz bemerkt, daß das Provlsorlum alle sechs Monate etündigt werden kann, und dann könnten wir, nach seiner Meinung, rankreich jede Repressalie zufügen. Aber auch der Abg. Graf Käanitz ist nicht der Meinung, daß durch einen Zollkrieg oder durch die Richtgewährung der Meistbegünstigung auch nur das geringste er⸗ reicht werden kann. Die starke Rüstung, die uns unser Zolltarif ver⸗ schaffen follte, erweist sich jetzt als eine durchaus verfehlte Maßnahme. Ver Abz. Graf Kanitz sprach früher von der Ueberschwemmung mit Schuh⸗ waren von Amerika. Von unserer ganzen Schuhwareneinfuhr stammen aus Amerika nur eiwa 230 oo; im wesentlichen führen wir sie aus Oesterreich⸗ Ungarn ein, cirea 59 (so- Diese Tatsache müßte doch auch für Sie (jum Grafen Kanitz), sprechen, aber nicht eine Erkundigung bei diesem oter jenem Schusterinteressenten; diese Meihode ist es ja, die uns so heruntergebracht hat. Es kommt nicht immer darauf an, wie hoch die Zölle dez fremden Landes sind, sondern daß man bei uns billig produztert; das kann man aber nicht, wenn alle Roh⸗ materialien durch die Zölle verteuert werden.« Wenn Sie jetzt über die Behandlung des Auslandes, die uns zuteil wird, mit Recht klagen, so sollten Sie an Ihre Brust schlagen: mea culpa, men maxima culpa!

Damit schließt die Diskussion.

Persönlich bemerkt der

Abg. Dr. Frank⸗Mannheim (Soz.): Das Verständnis für den angelsächsischen Spruch: „Right or wrong, my country ist mir durch die sächselnde Aussprache des Abg. Lehmann Jeng nicht erlrichtet worden, aber so viel habe ich doch verstanden, daß er damit meint, auch das Schlechteste sei gut, wenn es nur durch die nationale Flagge gedeckt werde. Gegenüber dieser Anschauung stelle ich fest, daß mir allerdings das Verständnis für diese Art der Auffasung internationaler Beziehungen sehlt, und daß ich nicht begreife, wie man mit der Kanone nationaler Entrüstung gegen Professorengezänk schießen kann.

Abg. Strele mann (al): Ich hatte vor einigen Tagen einem Herrn des Auswärtigen Amts von meiner Absicht, den Fall Loe we zu erwähnen, ausdrücklich Mitteilung gemacht.

Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt.

Die Resolution Graf Hompesch wird zurückgezogen, die Resolution Dr. Müller⸗Meiningen⸗

. den Herrn Relchskanzler zu ersuchen, der Frage näberzutreten, in welcher Weise durch internatior ale Abmachungen dem Handel (Ein- und Autsuhr) mit unzüchtigen Schriften, Abbildungen oder . nnen (8 184 R. Str. G. B.) wirksam begegnet werden nn“, gelangt einstimmig zur Annahme,

Rus der Resolution Albrecht werden die Worte: „unter Verletzung der vom Reiche geschlossenen Staatsverträge“, über die auf Anregung der Antragsteller besonders abgestimmt wird, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und des Abg. Schrader ffr. Vgg.) beseitigt; die so abgeänderte Resolution wird mit den Stimmen des Zentrums, der Polen, der Frei⸗ sinnigen und Sozialdemokraten angenommen.

Gegen 6 Uhr wird die CEtatsberatung abgebrochen; ihre Wiederaufnahme wird in einer um 8 Uhr beginnenden Abend⸗ sitzung erfolgen.

Abendsitzung. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Burtau.)

Das Haug setzt die Beratung des Etats für das Aus⸗ wärtige Amt fort.

Die Besoldungen des „Unterstaatgssekretärs“ und der „übrigen Beamten“ des Auswärtigen Amts sowie die säch⸗ lichen Ausgaben werden ohne Debatte bewilligt.

Bei den Ausgaben für die „Gesandtschaften und Kon⸗ sulate“, und zwar bei der Besoldung des „Ministerresidenten in Caracas“ bringt der

Abg. Dr. Görcke (nl) die Unsicherheit der Rechtzansprüche der Dentschen in Venezuela auf dem Gebiete des Im mobiliarrechts zur Sprache. Der Redner legt die Eifahrungen, die ein Deutscher, namenß Haß, in bieser Bésehung seit 1904 dort gesommelt bat, ausführlich dar. Das Auswärtige Amt sollte etwas eifriger, als es

bieher gesch hen ist, zur Unterstützung des Benachteiligten einschreiten.

Bei der Position „Ministerresident in Cettinje“ be—⸗ fürwortet der

Abg. Frank. Ratibor (Zentr) die Errichtung eines weiteren Vüekonsulats in Dalmatien event in Spalato.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Schoen:

Meine Herren, ich bin dem Herrn Vorredner dankbar für die Worte fieundlicher Anerkennung, welche er unserer Vertretung in Montenegro gezollt hat.

Was die Frage des Konsulats in Spalato betrifft, so ist dasselbe im Jahre 1886 errichtet worden, und zwar deshalb, weil Spalato der bebeutendste Handelsplatz an der dalmatinischen Küste ist, namentlich für den Weinhandel. Es ist ja gewiß sehr ernünscht für den Verkehr der Touristen, daß sie auch an anderen Plätzen der Provinz Konsulate finden und Unterstützung finden für ihre Bestrehungen, mögen diese auch nicht immer nur wissenschaftlicher Art sein, sondern auch der Unter⸗ haltung, der Belehrung dienen. Aber ausschlaggebend muß doch an erster Stelle sein die Handelsbedeutung eines Platzes. Von diesem Gesichtspunkt aus ist seinerzeit Spalato gewählt worden. Spalato ist auch heute noch der bedeutendste Platz in bezug auf den Handel an der ganzen dalmatinischen Küste, der nach Triest gravitiert. Es ist aber nicht autgeschlessen, daß wir mit der Zeit dahin gelangen, auch an anderen Plätzen Konsulate zu errichten, z. B. in Zara oder Sebenico. Aber ein dringendes Bedürfnis ist dafür bis jetzt noch nicht hervorgetreten.

Bei den Ausgaben für die „Botschaft in Paris“ erklärt auf eine Anfrage des Abg. Dr. Görcke der

Staatesekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Schoen:

Meine Herren! Ich habe dlese Sache, welche der Herr Abg. Dr. Görcke im vorigen Jahre zur Sprache gebracht hat, nicht aut dem Auge verloren und bin noch einmal an die französische Regierung herangetrelen. Es haben sich aber hlerbel dieselben Schwierigkeiten ergeben wie vorher, Schwierigktiter, welche in der Gesetzgebung, im

Formalismus und in dem Wesen der Justijorhanisation, Schwierig keiten, welche in den internationalen Grundsäͤtzen liegen. Es ist nicht möglich gewesen, die Sache in so befriedigender Weise zu er⸗ ledigen, wie ich gewünscht haben würde; denn nach nochmaliger Prüfung der ganzen Angelegenheit hat sich nur bestätigen lassen, daß es sich hauptsächlich um indirekten Schaden handelt. Indirekter Schade ist aber nach internationalem Brauche nicht vertretbar. Das ist ein Grundsatz, an dem wir selbst nicht rütteln sollten, weil wir unt sonst der Gefahr eines unendlichen Schwalles von Reklamationen aussetzen würden.

Aber die andere Selte der Frage, die mehr moralische Selte, hat doch eine gewisse befriedigende Lösung gefunden. E ist, wie die Herren sich vielleicht erinnern werden, nicht möglich gewesen, damals diej⸗ nigen Personen, welche diesen Deutschen beschimpft hatten, zur Rechenschaft zu ziehen; aber ich habe wenigstens das erreicht, daß mir vom franjösischen Botschaster im Namen der franlösischen Regierung der Ausdruck des Bedauernt darüber ausgesprochen ist, daß diese Vorgänge sich ereignet haben, und daß das Gesetz keine Handhabe bot, um die Sache in der Weise zu erledigen, wie es gewünscht war.

Im übrlgen ist, was die materielle Entschädigung betrifft, die Frage injwischen in durchaus befriedigender Weise gelöst. Der be⸗ treffende Deutsche, dessen Namen wir ja heute nicht mehr zu ver⸗ schweigen brauchen aber es ist auch nicht mehr nötig, ihn zu nennen —, ein patriotischer Mann, hat is zwischen auf Anregung der Großherzoglich Badischen Regierung er ist Badenser eine sehr reichlich bemessene Entschädigung aus dem Allerhöchsten Diapositionsz⸗ fonds erhalten, und er hat danach seine dankbare Befriedigung aus= gedrückt und ausdrücklich gesagt, daß er damit die Angelegenheit als erledigt betrachte.

Abg. Dr. Görcke (nl): Es erfüllt uns mit Genugtuung, daß

der Geschädigte wenigftens materiell für die Unbill, als deutscher Spion in Frankreich behandelt worden zu sein, entschädigt worden ift? Hoffentlich wird sich die französische Regierung, den all zur Lehre dienen lassen, ebenso wird heffentlich das Auswärtige Amt gus Anlaß diefez Falles die nachgeordneten Behörden anweisen, den Deutschen im Auslande jede Unterstützung zuteil werden zu lassen. Bei den Ausgaben für das „Konsulat in Saloniki!

kommt der

Abg. Dr. Everling (al) auf die vorgestrigen Ausführungen des Abg. Liebermann von Sonnenberg wegen des Verhaltens des Dragomans dieses Tensulats Hoffmann jurück. Der Abg. Lieher⸗ mann von Sonnenberg habe sich auf einen den Fall des deutschen Pfarrers Langhoff betreffenden Artikel in den Alldeutschen Blättern“ bezogen; dieser enthalte unberechtigte Angriffe gegen den evan zelischen Oberklichenrat. lefer unterstehe nicht der Kritik des Reichstags. Der Ariskel enthalte elne ganz einseitige Darstellung, gegen die er (Redner) protestieren müsse.

Abg. Liebermann von Sonnenberg (wirtsch. Vgg. ): Ich habe vorgestern aus demselben Grunde mich hier lediglich mit dem unerhörten Verhalten des Dragomagns Hoffmann beschäftigt. Ich halte nunmehr alles, was in dem Artikel auch über das Verhalten des Oberkirchenrats gesagt ist, aufticht Die Sache wird gerichtlich entschieden werden. Der Pfarrer Langhoff klagt gegen den Oberkirchenrat um sejne Penston; der Termin ist, bereits angesetzt. Die Treiber dieser Angelegenheit sitzen im Klub von Saloniki. Der Pfarrer Langhoff hat alles getan, um für die deutsche evangelische Schule, sein Unternehmen, einzutreten. Unwürdig ist das Verhalten des jweiten Konsulatékeamten gewesen, der Briefe an die Angehörigen des Paarrers gerichtet hat, um ihm die Unterstützung für sein Unter nehmen zu entziehen. Der BVragoman hat sich seines Amtes un= 6 gemacht, und es müßte gegen ihn disziplinarisch eingeschritten werden.

Äbg. Lle. Everling (nl): Ich bleibe dabei, daß der Oberkirchen⸗ rat diesem Pfarrer gegenüber eine große Langmut bewiesen hat.

Abg. Liebermann von Sonnen berg (wirtsch. Vgg.): Dem Pfarrer ift bitteres Unrecht geschehen; er hat eine das Veutschtum sördernde Unternehmung betrieben und deutsche Beamte sind ihm dabei in den Arm gefallen.

Staatssetretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Schoen:

Meine Herren! Ich bin ju meinem Bedauern genötigt, auf diesen Fall nech näher einzugehen und Ihre Geduld für einige Zeit in Anspruch zu nehmen. (Rufe: Oh Ich werde das in ruhiger sachlicher Weise tun. Ich werde mich durch die sehr scharfen Worte des Herrn Abg. Liebermann von Sonnenberg nicht von meinem Tone abbringen lassen. Der Fall, um den etz sich handelt, und von dem der Herr Abg. Liebermann von Sonnenberg sagt, daß ein Beamter des Konsulats in Salonill sich in unwürdiger Weise benommen, sich einer schweren Pflichtverletzung schuldig ge—⸗ macht habe, einem um das Deutschtum hochverdlenten Mann nicht allein Schwierigkeiten in den Weg gelegt, sondern ihm auch Krän⸗ kungen ju teil habe werden lassen er hat auf einen Artikel in den Alldeutschen Blättern“ hingewlesen, der die Ucberschrift trägt: „Der Kampf deutscher Behörden gegen das Deutschtum in Saloniki —, dieser Fall betrifft einerseits den Konsulctsdragoman Hoffmann, andererselts den hler vlelgenannten Pfarrer oder ehemaligen Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde in Saloniki. Ich habe selbst den Herrn Pfarrer gesprochen. Ich habe den Eindruck von ihm gehabt daß es ein Mann ist, der von hohen Idealen, von warmem Patriotismus erfüllt ist, aber dem es nicht gegeben war, den realen Wert der Verhältnisse, in denen er stand, ju ermessen und der seine Kräfte an Aufgaben gesetzt hat, denen er schließlich nicht gewachsen war. Er ist gescheltert mit seinen Bestrebungen; er ist gescheitert als Pfarrer und als Lehrer, er ist in Unfrieden geschieden von seiner vor⸗ gesetzten kirchlichen Behörde, in Unfrieden von seiner Schulbehörde, in Unfrieden von dem Deutschen Klub und in Unfrieden von der deutschen Kolonie in Saloniki. (Hört! hört!) Gr ist, ich will nicht sagen, der Urheber, aber der Mittelpunkt einer Bewegung gewesen, die seit Monaten besteht aus Fehden, aus Streit und Zank, elner Bewegung, die einen tiefen und bedauerlichen Zwle⸗ spalt in der deutschen Kolonie in Saloniki erzeugt hat und geführt hat zu einem unerträglichen Zustand für die Beteiligten selbst, in erster Linie für den Pfarrer und seine Famille. Diese Zustände haben nun den Beamten des Konsulats, den Dragoman Hoff mann auf den gewiß nicht glücklichen Gedanken gebracht, zu versuchen, ob man diese Verhäͤltnisse nicht in irgend einer Weise jur Lösung bringen könnte, und er hat sich ich weiß nicht, durch welche Gedankengänge verleiten lassen, Briefe ju richten an die Famllienangehörigen des Pfarrer, Briefe, die geschrieben sind nicht in der Atsicht, einen Streit zu stiften, sondern einen Streit zu schlichten. Die Briefe sind dem Auwärtigen Amt vorgelegt worden, nicht von dem Pfarrer selbst, sondern von seinem Bevollmächtigten, dem Rechtgzanwalt Treitel.

Die Briefe enthalten im wesentlichen Mittellungen darüber, daß die Familienverhältnise des Pastors Langhoff infolge seiner hoch⸗

gradigen Nervosität und infolge von Geldperlegenhrit sehr unerfreuliche seien. Weiter wird in den Briefen mitgeteilt, daß das Schulunter⸗ nehmen des Pastors Langhoff nach Angabe des Briefschreibers ein verfehltes sel, und daß Langhoff dem Konsulat gegenüber eine wenig zu rechtfertigende Haltung einnähme. Hoffmann bemerkt, daß er es für selne menschliche Pflicht halte, die Familienangehörigen auf diese Verhältnifse aufmerksam zu machen und regt an, ob nicht jemand von der Familie nach Saloniki kommen und nach dem Rechten sehen wolle.

Meine Herren, dag klingt nicht so, als ob das Schmähbriefe, Verleumdungsbriefe selen, wie der Herr Abg⸗ Liebermann von Sonnenberg uns dearlegt. (Zuruf des Abg. Liebermann von Sonnenberg: Ich habe sie hierh Die Durchsicht der beanstandeten Briefe ergibt zunächst in ganz zweifelsfreier Welse, daß sie aus keinen unlauteren Motiven, sondern in wohlmelnender Absicht geschrieben sind. Sie wurden veranlaßt durch das Gefühl des Mitleids, und ihr Zweck war, ju helfen. In diesem Sinne sind die Briefe übrigens auch von der Adressatin, von der Schwiegermutter des Pastors, aufgenommen worden, wie aus deren Antwort klar hervorgeht.

Nun, meine Herren, habe ich schon gesagt, daß ich diese Brief⸗ schrelberel für einen sehr unglücklichen Gedanken halte. Ich gehe weiter, ich sage: es war sehr unklug, sehr unvorsichtig; und ich be⸗ daure, daß der Dragoman sich zu diesem unbedachten Schritt hat ver⸗ lelten lassen. Aber eine unwürdige, eine strafbare Handlung kann ich nicht darin erblicken. Ich kann auch deshalb nicht den Antrag stellen, das Digziplinarverfahren gegen den Beamten einzuleiten, und jwar aut folgenden Erwägungen:

Ersteng, weil die Briefe in durchaus wohlmeinender Absicht ge⸗ schrieben sind, und bei lhnen eine beleidigende Absicht nicht voraus gesetzt werden kann, um so weniger, als sie sich als vertraulich be⸗ zeichnen und zu ihrer Beförderung noch die Vermittlung eines Freundes des Pastors gewählt worden ist; mweiteng, weil die be⸗ treffenden Briefe von dem Briefschreiber nicht in seiner Eigenschaft als Konsulatsbeamter, sondern in selner Eigenschaft als Mitglied des Gemeindekirchenrats geschrieben worden sind; und drittens, weil nicht ersichtlich ist, daß die in den Briefen enthaltene Mitteilung eine Verletzung der Amtsverschwiegenheit darstellt.

Wenn nicht noch neue Momente aus der Prüfung der An— gelegenheit, die noch nicht abgeschlossen ist, hervortreten, so kann ich heute noch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Digtniplinarverfahren entnehmen. Aber damit ist die Sache nicht ab⸗ geschlossen.

Der Herr Abg. Liebermann von Sonnenberg hat vorgestern auch noch gesprochen von einem unerhörten Verfahren desselben Dragoman Hoff mann, der widerrechtlich in die Wohnung des Langhoff ein gedrungen sein und ihm Paplere sortzenommen haben solle. Wie es sich damit verhält, mag Ihnen nachstehende Schilderung jeigen. Ich bitte von vornherein um Nachsicht, wenn ich auf Einzelheiten ein⸗ gehe; es ist unerläßlich.

Es handelt sich hier, meine Herren, um gerichtliche Beschlag⸗= nahme von Schriftstücken. Auf Antrag eines Bevollmächligten der deutschen evangellschen Gemeinde wurde elne vorläufige Verfügung vom Kaiserlichen Konsulargericht in Salonik auf Grund der 55 940 und 944 der Zwilproleßorduung am 11. September 1908 eilassen, worin Heirn Pfarrer Langhoff aufgegeben wurde, das Gemelnde—⸗ archiv, das er bei seinem Auszuge aus dem Pfarrhause der Gemelnde im Juli 19608 mit sich genommen und trotz schriftlicher Aufforderung nicht herausgegeben hatte, dem Antragsteller auszuhändigen. Eine solche einstweillge Regelung wurde deshalb für dringlich angesehen, well zu befürchten stand, daß Langhoff das Archiv, ebenso wie er es mit dem Protokollbuch getan hatte, an eine der deutschen Konsular⸗ gerichtgbarkeit nicht unterstehende Person weitergeben und dadurch die Wiedererlangung sehr erschweren könnte.

Die Verfügung wurde noch an demselben Tage dem Pfarrer Langhoff ordnungegemäß zugestellt. Der Pfarrer Langhoff ließ jedoch die Verfügung sowie die zugleich übergebene Abschrift der Zustellungs⸗ urkunde in den Konsulatsgarten werfen.

Mit der Vollstreckung der einstwelligen Verfügung wurde auf Grund des § 16 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit der Dragoman des Konsulats beauftragt. Da Aeußerungen des Herrn Langhoff bekannt geworden waren, daß er in einem solchen Falle mit Gewalt Widerstand leisten wolle, so ließ sich der Gerichtsvoll⸗ zieher auf Anordnung des Konsuls von den belden Konsulattzkawassen und einem, nicht wie Herr Langhoff und der Herr Abg. Liebermann von Sonnenberg sagen, von vier türkischen Polimsten begleiten. Zur Heranjtehung der polizeilichen Hilfe war der Gerichtsvollzieher nach §z 768 der Zivilprozeßordnung durchaus befugt.

Der Gerichtgpellzieher begab sich an demselben Tage, am 11. Sep⸗= tember, Nachmittags in die Wohnung des Pfarrerk. Er traf diesen selbst an und forderte ibn unter Hinweis auf die einstweilige Ver⸗ fügung auf, das Archiv herauszugeben. Der Pfarrer erwiderte, er habe es nicht; er sei nicht mehr Deutscher und werde gegen das Vor⸗ gehen des Konsulatg beim jungtürkischen Komitee und beim Palais Schutz suchen. Der Gerichtevollzieh:r holte darauf die Instruktion des Konsuls ein, der, da ihm von dem Aasscheiden det Pfarters Lang⸗ hoff aus der deutschen Staattangehörigkeit nichls bekannt war, die Ausführung der Zwangevollstreckung anordnete. Zurückgekehrt, fand der Gerlchtevolliieher die Tür der Wohnung verschlossen. Nachdem er vergeblich um Einlaß geklopft hatte, ließ er eine Nebentür gewaltsam öffnen. In der Wohnung traf er den Pfarrer an und eillärte ihm, er werde nach dem Archiv suchen. Der Pfarrer erwiderte, er werde sich dem mit Gewalt widersetzen, und verlangte, daß der türkische Pollzist hutausgewiesen werde, was der Gerichte⸗ vollzieher selhstverständlich ablehnte. Dleser durchsuchte dann das Arbeits immer des Pfarrers und nahm 4 Aktendeckill mit Papieren an sich, die anscheinend das Gemeindearchiv daistellten. Auf dem Konsulat stellte sich dann heraus, daß dag nur teilweise das Aichiv war, daß auch Privatpaplere dazwischen lagen; diese wurden sofort herauzgenommen und dem Pfarrer zurückgesandt. Gleichzeitig wurde der Gerichtsvollzieher mit der Fortsetzung der Zwangs vollstreckung beauftragt. Der Rest des Gemeindearchlv-; wurde jedoch in der Wohnung nicht gefunden, und der Pfarrer Langhoff wurde daraufhin zur Leistung des Offenbarungeeides geladen. Ladung und Abschrift der Zustellungsurkunde ließ der Herr Pfarrer wieder in den Konsulatg⸗ garten hinelnwerfen. Im Termin erschien er nicht.

(Schluß in der Dritten Beilage.)

er nicht mehr

Dritte Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

(Schluß aus der Zweiten Beilage.)

Der Konsul hätte daher nach 8 90 3. P. O. gegen ihn die Haft zur Erzwingung der Eidesleistung anordnen können. Er nahm jedoch davon Abstand und ließ durch den Kanzlerdragomon bet verschiedenen, Herrn Langhoff nahestehenden Personen Schritte tun, um ihn zum Einlenken zu bewegen. Einige Tage darauf erschienen drei Anhänger Langhoffs im Konsulat und teilten, da der Konsul selbst abwesend war, dem ihm vertretenden Kanilerdragomon Hoffmann mit, daß Herr Langhoff das Archiv herausgeben wolle, falls die beschlagnahmten Privatpapiere herauggegeben und ihm gewisse finanzielle Wünsche er⸗ füllt würden und falls endlich eine Generalversammlung der Gemeinde einberufen würde, auf der er seine Sache nochmals vorbringen könne. Der Kanzlerdragoman erklärte, daß sich das Konsulat in einer Zwangs⸗ vollstreckungsangelegenheit selbstverständlich keine Bedingungen vor⸗ schreiben lassen könne. Die beschlagnahmten Papiere wurden aber den Herren zur Durchsicht vorgelegt. Dabei wurden, zum Teil in andere Stücke geschoben, noch 6 Schriftstücke privaten Inhalts entdeckt, die ihm ausgehändigt wurden. Außerdem fand sich ein Paket Abschriften von Gemeindeaklen, dle amtlichem Papier mit Pfarramt“ geschrieben waren. Die Herausgabe dieses Pakets wurde von dem Kanzlerdragoman verweigert. Diese Welgerung wind als begründet anzusehen sein, da Herrn Langhoff ein Recht zur Mitnahme von Abschriften aus den Akten seiner srüheren Gemeinde nicht zu⸗ stehen dürfte. Es steht ihm jedoch frei gemäß 5 766 3.P. O. im göordneten Verfahren seine Einwendungen gegen die Beschlagnahme dieser noch jetzt in der Verwahrung des Kaiserlichen Konsulats befindlichen Schriftstücke bel dem Vollstreckungsgericht anzubringen.

Wenn der Kanzlerdragoman bei dieser Gelegenheit eine Einigung zwischen den Parteien angeregt hat, wonach die Abschriften zunächst einige Monate bis zur Beruhigung der Gemüter auf dem Konsulat hinterlegt bleiben und dann Herrn Langhoff zurückgegeben werden sollten, so bandelte es sich dabei um nichts anderes, als einen Ver- gleichsvorschlag, wonach die Partei, welche die einstweilige Verfügung erwirkt und die Zwangsvollstreckung veranlaßt hatte, ihrem früheren Pfarrer bis zu einem gewissen Grade entgegengekommen wäre. Uebrigens ist dieser Vorschlag damit hinfällig geworden, daß ihn Herr Langhoff nicht annahm.

Der Kanzlerdragoman hat sich dann noch erboten, die ver⸗ bleibenden Papiere gemeinschaftlich mit Herrn Langhoff oder seinem Vertreter nochmals auf etwaige private Schriftstücke durchzusehen; Ort und Zeit sollte Herr Langhoff bestimmen. Von diesem Anerbieten hat er jedoch keinen Gebrauch gemacht. Dagegen hat er am 18. September den Rest des Archivs dem Konsulat übersandt. Melne Herren, das ist der Auszug aus den Akten, aus den Gerichts- akten! Ich glaube, daß er absolut juverlässig ist, zuverlässiger jeden falls als das angebliche Aktenmaterial der „Alldeutschen Blätter“. Aber, melne Herren, es ist nicht uninteressant, das Ergebnis dieser amtlichen Ermittlungen mit dem Wortlaut eines Telegramms ju ver⸗ gleichen, das der Pfarrer Langhoff am 12. September an den Herrn Reichskanzler nach Norderney gerichtet hat. ist also mit der Sache befaßt gewesen. Das Telegramm lautet:

Konsulat mit

Wohnung geholt, Deutsche evangelische Gemeinde protestiert gegen

Gewaltakt und erblttet Schatz und Rückgabe. Es ist schwer zu verstehen, wie Herr Langhoff es mit den Tatsachen in Einklang bringen konnte, im Namen der Gemeinde, die vertrat, gegen eine Zwangs voll streckung zu protestieren, die von dieser selben Gemeinde gegen ihn veranlaßt wurde, nur von Privatpapteren ju sprechen, während es sich um amt⸗ liche Papiere handelte, und die den Gesetzen entsprechende Zwange⸗ vollstreckung als Gewaltakt zu bezeichnen.

Auf alles weitere, meine Herren, auf die Beziehungen des Pfarrers Langhoff zu seiner vorgesetzten Behörde, auf die Dinge, die sich im Klub zugetragen haben sollen, gehe ich nicht näher ein. Ich will nur ganz kurz erwähnen, daß mir gestern eine Zuschrift aus Saloniki zu⸗ gegangen ist, welche sich auf den injwischen bekannt gewordenen Artikel des Grafen Reventlow in den ‚Alldentschen Blättern“ bezieht. Diese Zuschrift weist im einzelnen so ziemlich alles, was in diesem an⸗ geblich auf Altenmaterial beruhenden Artikel gesagt ist, jurück. Ich will Ihnen diese Zuschrift nicht vorlesen, dazu ist die Zeit ju vorgerückt, ich will nur einen lapidaren Satz herausgreifen. Er sagt, „Der Artlkel ist von Anfang big zu Ende ein Gewebe von Ueber treibungen, Entstellungen und Unwahrheiten“, und zum Schluß sagt: diese Zuschrift: ‚Der Pfarrer Langhoff und seine wenigen Anhänger haben das Dentschtum in Salonik sicher nicht gefördert, wohl aber die nach Langhoffs Ansicht undeutsche Clique“, die aus eigner Kraft den deutschen Klub, die deutsche Schule und die deutsche evangelische Gemeinde in Salonik ins Leben gerufen und, gefördert durch das Wohlwollen der deutschen Behörden, unter schwierigen Verhaͤltnissen mit großen Geldopfern erhalten und welter entwickelt hat. Unter⸗ schrieben ist diese Zuschtift: Die Vorstände des deutschen Klubs, Der deutschen Schule und der Deutschen evangelischen Gemeinden. (Hört! hört! links.) Also meine Herren, das ist eine unpartelische Stimme aus Salonik, die Stimme der dortigen deutschen Kolonie. Wenn dem Herrn Abg. Liebermann von Sonnenberg daran gelegen ist, so stelle ich ihm gern diese Zuschrist zur Verfügung. Ich nehme an, daß sie ihm auch auf andere Weise vor Augen kommen wird. Ich hoffe, daß er sich darauz überzeugen wird, daß selne Darstellungen, wenn er sie auch in vollkommen gutem Glauben gegeben hat, doch irrtümliche sind, und vielleicht kommt er auch nach genauer Prüfung der Angelegenheit zu der Ansicht, daß es gerade der Sache, die er, wie ich anerkenne, mlt großer Wärme ver⸗ tritt, nicht förderlich ist, wenn man hier unerwiesene Anschuldigungen vorbringt und scharfe Worte gegen eine Behörde gebraucht, die in erster Linie berufen ist, für die Deutschen im Auslande Sorge ju tragen. (Bravo)

zum Teil auf dem Vordruck ‚Deutsch⸗ evangelisches

Der Herr Reichskanzler

ö Berlin, Donnerstag den J. April

Abg. Liebermann von Sonnenberg swirtsch. Vag) bleibt auch diesen Darlegungen gegenüber bei seinen Behauptungen stehen.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Schoen: .

Um diese unerquickliche Debatte nicht in die Länge zu ziehen, will ich mich auf eine Berichtigung beschränken. Ich habe nicht gesagt, daß der Pfarrer Langhoff gescheltert ist mlt seiner neuen Schule, sondern überbaupt als Lehrer, als Schulmann; das bezieht sich auf seine frühere Wirksamkeit an der älteren deutschen Schule in Saloniki.

Der Herr Abg. Liebermann von Sonnenberg hat gesprochen von elner Immediateingabe, von der er annimmt, daß sie mir bekannt sein müßte. An der zuständigen Stelle ist diese Immediateingabe jedenfalls nicht eingegangen; ich habe mir alle Mühe gegeben, sie ju entdecken, und bin an alle Behörden gegangen, die dafür zustãndig sein könnten es hat sich niegend etwas gefunden. (Hört! hört! links.) Es ist also eiwas Mysteriöses mit dieser Immediateingabe.

Ich möchte nur noch ganz kurz auf den verhängnißvollen Brief zurückkommen, der vermißt wird, und von dem der Herr Pfarrer Langhoff und die Alldeutschen Blätter sagen, das sei ein Drohbrief, und zwar seien einige Stellen in demselben, welche ihm dlesen Charakter geben. Ich erlaube mir, diese Stelle vorzulesen; sie ist nicht lang. Es ist ein Brief des Vorstands des deutschen Klubs, welcher den Pfarrer Langhoff inständigst und freundlichst bittet, seinen Entschluß, aus dem Klub auszutreten, rückgängig ju machen. In dem Brief sagen die Herren:

Unsere gemeinsame Arbeit in der Kirche und unsere freundschaft⸗ lichen, familiären Beziehungen dürften nicht unter einem Schrltt leiden sollen, dessen Grund in einer Verfügung des Vorstands zu suchen ist, in welcher ausschließlich das Recht aller Mitglieder ge⸗ wahrt werden sollte.

Das letztere bezieht sich darauf, daß der Pfarrer Langhoff die Ge⸗ wohnhelt hatte, Zeitungsnummern mit nach Hause zu nehmen, ohne sie rechtzeitig wieder zurückjugeben. Ich glaube nicht, daß jemand be⸗ rechtigt ist, das als eine Drohung aufzufassen; und ich glaube auch nicht, daß Herr von Liebermann es tun wird, wenn er nähere Kenntnis von diesem Schriftstück haben wird, das ich ihm gern zur Verfügung stelle mit der Bitte um Rückgabe.

Abg. Liebermann von Sonnenberg: Also diesen Privatbrief hat der Dragoman an dag Auswärtige Amt geschickt, er hat demnach

einen veruntreuten Privatbrief an sich genommen,

Vijepräsident Kämpf: Die Bebatte ist geschlossen. .

Bei den „Allgemeinen Fonds“ sind „zur Entsendung von landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Sachverständigen ins Ausland 203 000 6, zur Entsendung von Sachverständigen von Handelangelegenheiten 257 öh M6 ausgeworfen. Die Budgetkommission hat bei jedem dieser Titel 100 000 M6 als künflig wegfallend bezeichnet. Ein Antrag Bassermann (nl) will diesen Zusatz wieder beseitigen; ein Antrag von Hert⸗

ling (Sentr.) geht dahin: .

Ben Herrn Reichskanzler zu ersuchen, alsbald die erforderlichen Anordnungen für eine Umgestaltung der Einrichtung der Sach⸗ perständigen für Landwirtschafts. und Handelsangelegenheiten bei den konfularischen Behörden zu treffen.

Abg. Gickhoff (fr. Volkep.) weist daraufhin, daß lediglich durch

ungenaue Berichterstattung eine ganz falsche Darstellung der Trag⸗

türkischen Polijisten meine Privatpapiere aus

welle des Kommissiongbeschlusses in die Presse gelangt sel. Die Kom. mission sei hauptsächlich dadurch zu ihrem Vorschlage gelangt, weil

biber die Fonds nicht ganz aufgebraucht seien.

Die Abgg. Roth (wirisch. Vzg), Semler (al) und Erj⸗ berger (Zentr) empfehlen den Antrag Bassermann, der Abg. Erjberger auch die Resolution von Hertling.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Schoen:

Meine Herren! Die verbündeten Regierungen können es natũrlich nur mit Freude begrüßen, wenn sie instand gesetzt werden, keine Ver⸗ ringerung der Zahl der Sachverständigen für Handelgangelegenheiten und für Landwirtschaft eintreten iu lafsen. Also wenn Sie die Re—⸗ solutlon in diesem Sinne annehmen wollen, so können wir es nur dankbar begrüßen.

Ebenso sind wir gern bereit, zu erwägen, was wir im Sinne der von dem Herrn Abg. Dr. Freiherrn von Hertling vorgebrachten Re⸗ solution veranlassen können, um die Einrichtung der Sachverständigen für Landwirtschaft und Handelgzangelegenheiten bei den konsularischen Behörden in anderer Weise ju regeln.

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch kurz eine Frage be⸗ antworten, die vorgestern gestellt worden ist und die sich darauf benieht, ob der Handelssachverstandige in Konstantinopel, der eine größere Reise durch Persien gemacht hat, inzwischen seine Berichte fertig gestellt hat. Der betreffende Sachverständige ist zurieit in Berlin und ist mit der Autarbeitung und Fertigstellung seines Berichts be⸗ schäftigt. Es wird das nur noch wenige Wochen in Anspruch nehmen. Imwischen steht derselbe für Interessenten gern zur Verfügung sowobl im Auswärtigen Amt, wie in seiner Privatwohnung. Der Herr beißt Junk und wohnt Dorotheenstraße Nr. 32.

Der Antrag Bassermann und die Resolution von Hertling werden angenommen. ur „Förderung deutscher Schul- und Unterrichtszwecke im Ruslande sowie zur Unterstüßung von deutschen Biblio⸗ theken und anderen zu gemeinnüßigen Zwecken im Auslande bestehenden vaterländischen ö (mit Ausnahme der Krankenhäuser und Armenunter tützungsvereine) wirft der Etat 850 000 S“ aus. Abg. Eickhoff (fr. Vollep) befürwortet einen von allen bürger · lichen Parteien unterstützten Antrag, im nächsten Etat auf eine Er⸗

böhung dieses Fonds bedacht ju nehmen. * Wo Br. Görcke (nl) fragt, weshalb die neue deutsche Schule

in Budapest ungarischerseits noch nicht genehmigt sei. Staatesekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Schoen: Meine Herren! Wir werden es von seiten der Regierung mit Freuden begrüßen, wenn wir, wenn auch nicht in diesem Jabre, so

doch in einem späteren, in den Stand gesetzt werden, für die Pflege des Deutschtumz im Auslaade ausreichend ju sorgen dadurch, daß wir die Schulen sördern und zu diesem Zwecke der Fonds erhöht wird. Wir hatten schon in diesem Jahre eine Erhöhung beabsichtigt, haben aber mit Rücksicht auf die Finanzlage davon Abstand genommen. Sollten wir in känstigen Jahren in det Beülehung mehr tun können, so werden wir gern diejenigen Schulen ins Auge fassen, von denen der Herr Abg. Cickhoff gesprochen bat, und für die wir in der Tat eine besondete Förderung empfehlen. Was die Schule in Budapest betrifft, so ist im Laufe des vorigen Jahres dort, dank der Tatkraft einiger Landezleute, eine deutsche Familienschule in? Leben gerufen worden. Bei der Kürze der Zeit des Bestehens ist es natürlich, daß die Schule vorläufig noch in kleinem Umfange besteht und nur von ver bältniz⸗ mäßig wenig Schülern besucht wird. Die formelle behördliche Ge⸗ nehmigung der Schule ist allerdings bis jätzt noch nicht erfolgt. (Hört, hört! bei den Nationalllberalen Die Angelegenheit hat den Instanzenweg noch nicht durchlaufen, bisher liegen aber keine Anzeichen vor, die auf einen ablehnenden Bescheid der ungarischen Behörden schließen lassen. Die ungarischen Behörden haben vielmehr weder der Eröffnung, noch der Fortführung der Schule Schwierigkeiten bereitet Daz Auswärtige Amt hat es sich angelegen sein lassen, die Schule aus dem Schulfonds zu unterstützen, und die Boischaft in Wien und das Generalkonsulat in Budapest angewiesen, dem Unternehmen fort⸗ gesetzt ihre Aufmerksamkeit zu widmen.

Ich möchte den Herrn Präsidenten bitten, noch ein Wort sagen zu dürfen über den Fall, welchen Herr Görcke zur Sprache gebracht hat, ich möchte nicht die Diskussion über eine frühere Positton wieder eröffnen, aber die Sache ist infolge eines Zufalls nicht beantwortet worden. Es handelt sich um den Fall eines Deutschen, der in Venejuela nicht ju seinem Recht kommen konnte. Wenn ich Ihnen diesen Fall erschöpfend darlegen wollte, müßte ich Ihre Zeit sehr lange in Anspruch nehmen, es ist eine sehr unerquickliche und unerfreuliche Sache. Ich kann Ihnen nur das sagen, daß in der Tat dieser Mann in Venezuela in Ungelegenheiten gekommen ist und es ihm schwer gefallen ift, in seinem Rechte zu gelangen, aber von seiten unserer deutschen Be⸗ hörden, weder von der Ministerresidentur in Venezuela noch vom Autzwärtigen Amte, ist irgend etwas versäumt worden. Für die Ver⸗ jögerung, ich glaube sogar, man kann von Verschleppung sprechen, liegt nicht auf unserer Seite die Schuld, sondern in den Verhält⸗ nissen, die wir nicht ändern können. Ich möchte ihnen nur ganz kurz sagen, die Sache ist an das Auswärtige Amt im Juli 1907 heran- getreten und jwar durch eine Eingabe des Herrn Haß, in welcher er nicht weniger wie 200 Beschwerdepunkte aufführt. (Hört! hört! rechts) Die Prüfung dieser 200 Beschwerdepunkte hat natãrlich einige Zeit in Anspruch genommen; aber es ist nicht richtig, daß ihm erst nach 16 Jahren Bescheid zugegangen ist, so lange hat es nicht gedauert, wenn auch bedauerlicherweise die Sache sich recht lange hin⸗ gerogen hat.

Der Rest des Etats des Auswärtigen Amts wird ohne Debatte nach den Kommissionsanträgen erledigt.

Die Ergänzung zum Stat für 19069 wird in erster und zweiter Lesung ohne Debatte erledigt und die einzelnen Positionen unverändert angenommen.

Auf der Tagesordnung folgt hierauf der Etat für die Verwaltung der Reichseisenbahnen.

Abg. Sin ger (Son) beantragt die Vertagung. Das Haug tage seit 1 Uhr mit iweistündiger Unterbrechung bereits fast 12 Stunden, und der Normalarbeltstag fei stark überschritten. Sine derartige Ueber⸗ kaftung der Etats beratung müsse der gründlichen Erörterung des EGtats der Reichgeisenbahnen schaden und sei umsoweniger sachlich geboten, als die Fertigstellung vor dem 1. April ja doch nicht mehr erfolgen könne und im Etatsgesetz durch einen Notparagraphen vor⸗ geforgt sei. Das Haus sei auch nicht beschlußfähig.

Der Präsident Graf zu Stolberg Wernigerode läßt über den Vertagungsantrag abstimmen

Rach Probe und Gegenprobe wird die abgelehnt.

Abg. Singer (Soz) protestiert gegen die Abstimmung, da die Unterftützungsfrage nicht gestellt und sein Zweifel an der Beschluß⸗ fähigkeit nicht berücksichtigt worden sei.

Das Haus tritt in die Beratung des Etats der Reichtz⸗ eisenbahnen ein. Unter großer Unruhe des Hauses erstattete der Abg. Schwabach (ul.) namens der Budgetkommission das Referat. Nach demselben wird unter großer Heiterkeit des Hauses ein von den Abgg. von Normann, Bassermann und Mug dan gestellter Vertagungsantrag einstimmig an⸗ genommen.

Schluß 106/, Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag 10 Uhr (Fortfetzung und Schluß der zweiten Beratung des Etats)

Vertagung

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 66. Sitzung vom 31. März 1809, Nachmittage 2 Uhr. (Bericht von Wolff Telegrapbischem Bureau.)

Das Haus setzt die erste Beratung des Entwurf eines Eisenbahnanlefhegesetzes fort.

Abg. Aron sobn (fr. Volkep) dankt für die Aufnabme der Linie Bartschin Mozilno in die Vorlage und bittet um Foꝛrtfübrung der selben ber Labischin und Hopfengarten big an die Babn Hobensalza— Bromberg.

Abg. Oirsch⸗Essen (al.) bricht seine Freude über die Aufnabme des Projektes Plettenberg = Der s eid in die Vorlage aug und erörtert im einzelnen die Vorzüge dieler Linie für die dortige Industrie. Nachteile. welke Re Industrie deg Sauer · und Sie gerlan es durch die Oandelzderträge erfahren habe., munten durch Verbesserung der Transportwege ausgeglichen werden. Der Medner empfie dit ferner im Ramen seineg erkrankten Freung Naceo dessere Verbindungen im Siegerland nach dem rheintsch west ll Hen Robhlen · repier zum Bezuge don Brennmaterial für die dielen kleinen im Sies erlande. .

Abg. Saar m ann Altena (l): Gs ist nicht augene dm. Dei die ser Vorlage allsahrlich die selbe Rede ju halten. Ih Mn n die ser Mae

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