Dent s ches Reich. — Seine Majestät der Kaiser haben im Namen des
—
Reichs den Kaufmann E. G. Dannenberg zum Vizekonsul in Mazagan (Marokko) zu ernennen geruht.
Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht: dem erpedierenden Sekretär und Kalkulator beim Kaiser⸗ lichen Statistischen Amt Karl Possardt bei seinem Aus⸗ scheiden aus dem Reichsdienst den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.
Bekanntmachung.
Am 1. Mai d. J. werden J im Bezirk der Königlichen Eisenbahndirektion in Cöln die 11,30 Em lange Hauptbahn Rheydt Rangier⸗ bahnhof — Neuwerk und die 1181 Kin lange Haupt⸗ bahn Rheydt Rangierbahnhof — Helenabrunn für den Güterverkehr, die 349 ki lange Hauptbahn M.⸗Glad⸗ bach -Neuwerk fuͤr den Personenverkehr sowie im Bezirk der Königlichen Eisenbahndirektion in Hannover von der im Bau begriffenen Umgehungsbahn Wun stor — Lehrte die 22560 km lange Tan freche Wunstorf — Linden Fischerhof mit dem Rangierbahnhof Seelze als Hauptbahn für den Güterverkehr in Betrieb genommen werden. Neue Stationen für den öffentlichen Verkehr werden an den bezeichneten Strecken nicht eröffnet. Berlin, den 28. April 1909. Der Präsident des Reichseisenbahnamts. In Vertretung: v. Misani.
ö
Bekanntmachung.
Der Herr Reichskanzler hat durch Erlaß vom 7. April 1909 die von der Basler Lebens⸗Versicherungs⸗ Gesellschaft in Basel beschlossenen Aenderungen des Ge⸗ schäftsplans genehmigt.
Die Geschäftsplanänderungen betreffen die Berechnungsgrt der Prämienreserven und der Prämienüberträge sowie die Be⸗ handlung der Extraprämien in der Lebensversicherung.
Berlin, den 23. April 1909.
Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung.
Gruner.
Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Generalleutnant zur Disposition Otto Carl Leo Blanguet in Cassel in den erblichen Adelstand zu erheben.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: der Wahl des Oberlehrers an dem in der Entwicklung begriffenen e mg n, nebst Realschule in ⸗ Friedenau,
Professors Rudolf Schröder zum Direktor dieser Anstalt und
der Wahl des Oberlehrers Emil Stumpff an dem in der Entwicklung begriffenen Realprogymnasium in Königs⸗ Wusterhausen zum Direktor dieser Anstalt die Allerhöchste Bestätigung zu erteilen.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
örsterstelle Zöckeritz im Regierungsbezirk
Bewerbungen
Die Oberf . ; Merseburg ist zum 1. Juli 1909 zu besetzen. müssen bis zum 14. Mai er. eingehen.
—
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 7
der Preußischen Gesetzsamm lung enthält unter Nr. 16945 das Gesetz, betreffend die Aenderung der Amts⸗
gerichtsbezirke Altdamm, Gollnom, Greifenhagen und Star⸗
gard i. Pomm., vom 13. April 1909, unter
Nr. 10 944 das Gesetz, betreffend die Aenderung der Amts⸗ gerichtsbezirke Gütow und Rummelsburg, vom 153. April 1909,
unter
Nr. 10945 das Gesetz, betreffend die Errichtung von Ortsgerichten in einem Teile des Kreises Altenkirchen, vom 13. April 1909, und unter
Nr 16946 die Verfügung des Justizministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Teil des Bezirks des Amtsgerichts Cochem, vom 21. April 1909. .
erlin W., den 29. April 1909. Königliches Gesetzlammlungsamt. Krü er.
Per sonalver änderungen.
göniglich Preußische Armee.
Dfftiiere, Fähnriche usw. Ernennungen, rungen, Versetzungen usw. Uchilleion, Korfu, 20. April. v. Rie ff, Major j. D, bisher Abtell. Kommandeur im Neumark. Feldart. Regt. Nr. 54, unter Erteilung der Erlaubnis jum ferneren Tragen der Uniform dieses Regte. zum Vorstand des Art. Depots in Jüterbog ernannt.
Ach r fke ihn, Korfu, 23. April. Rayle, Major in der Gisen⸗ bahnabteilung des Großen Generalstabes, von dem Kommando zur Linienkommandantur in Cöln enthoben. Dinkelmann, Hauptm. Wittekind, Paarmann, Oberltsz, Frhr. Spiegel! v. u. zu Peckelsheim, Lt. — im Ostasiat. Detachement scheiden aus diesem mit dem Zeltpunkt der Formierung des Ostasiat. Marine⸗ Veiachementz aus und werden im III. Seebataillon angestellt. pv. Haugwitz, Fähnr. im Gardejägerbat, in das Hus. Regt. von Schill (J. Schlef) Rr. 4 versetzt. v. Heyder, Lt. im 2. Oberrhein. Inf. Regt. Rr. gh, der Abschled mit der gesetzlichen Pension aus dem aktien Heere bewilligt; zugleich ist derselbe bei den Res. Offizieren deg Regis. angestellt. v. Hillner, Hauptm. der Landw. Inf. 2. Aufgebot (Görlitz,, der Abschied bewilligt.
göniglich Sächstsche Armee.
Dffiziere, Fähnriche uswp. Ernennungen, Bezörde⸗ rungen und Versetzun gen. Im Beurlaubtenstande. 25. pril. Beförbert: die Vizefeldwebtl biw. Vizcmachtmeister: Henke (Plauen), Sucker (1. Dresden), zu Ltg. der Res. des 2. Gren.
sitzung;
(Yangtse) Nanking ab.
Beförde⸗
Regts. Nr. 101 Kalser Wilhelm, König von Preußen, Groh,
Tem ke (J Drezden), ju Ltg. der Rel. des 4. Inf. Regt. Nr. 103,
Ehlert 9 Dresden), jum Lt. der Res. des 19. Inf. Regts. Nr. 134, Win disch (. Dresden), zum Lt., der Res. des 11. Inf. Regts. Nr. 139, Schirm (11 Dresden), zum Lt. der Ref. des 2. Jägerbats. Nr. 13, Sat tler (Melßen), jum Lt. der Res. der 1. Maschinengewe hrabteil. Rr. Id“, Perrun (11 Dresden), zum Lt. der Res. des 1. Feldart. Reats. Nr. 12, Warnstorff kin Dresden), jum Lt. der Res. des 2. Feldart. Regt. Nr. 28, Ischimmer (11. Dresden), zum Lt. der Res des 5. Feldart. Regtg. Nr. S4, Winkler (Wurien) zum Lt. der Res. des 8. Feldart. Regtg. Nr. 78, Theuerjahr, Pietzsch, Schwan (1 Dregden), zu Ltg. der Res. des 1. Trainbats. Nr. 12, Schulje (Zwickau), zum Lt. der Landw. Inf. 1. Aufgebots.
Abfchledzbewilligungen. Im Beurlaubtenstande. 23. April. Zimmer (I Dresden)., Hauptm. der Landw. Inf. 1. Aufgebots, behufs , zum Landsturm 2. Aufgebots mit der Erkaubniz zum Tragen der Landw. Aumeeunlform, Wimmer (Auerbach), Hauptm,. der Landw. Inf. 2. Aufgebots, mit der Eilaubnis zum Tragen der bigherigen Uniform, Rockro hr ( Leipzig), Oberlt. der Landw. Inf. 2. Aufgebots, wegen dauernder Feld. und Garnison⸗ dlenflun fähigkeit, Schütz, Lt. der Res. des 7. Inf. Regts. König Griorg Nr. 166, behufs Autgwanderung, — der Abschted bewilligt. Lore y, Oberlt. der Res. des 1. (Leib⸗ Gren. Regts. Nr. 100, Stark, QOberlt. der Ref. des 8. Inf. Regts. Prinz Johann Georg Nr. 167, Otto., Mehner (Chemnltz), Schuricht, Frhr. v. Brandenstein, Müller, Hüttner (Max), Höffner, Bach, Kunath⸗Israel ( . Tschaärmann, Gnüchtel, Klare, Wünschmann (U Lespich, Häßler (Zittau), Oberlis. der Landw. Inf. 2. Aufgebots, Stecke (ö Leipzig Maurenbrecher, Otto (Plauen), Ltg. der Landw. Inf. 2. Aufgebots, Ühlmann (i Dresden), Lt. der Landw. Jäger 2. Auf⸗ gebolßs, Frohberg (Sitiga), Hauptm. der Landw. Feldart. 3. Aufgebolg, Cas pary (Melßen), Brand (Plauen), Oberltg. der Landw. Feldart. 2. Aufgebots, Koth (Chemnitz), Hübner (Plauen), Lig. der Landw. Feldart. 2. Aufgebots. Bu he (11 Lelpzig), Qberlt. der Landw. Fußart. J. Aufgebotz, Hasse (11 Dresden), Oberlt. der Landw. Pioniere 2. Aufgebols, Neumann (11 Dresden), Lt. der Landw. Plonlere 2. Aufgebots, Linde mann (II Dresden), Ohberlt. des Landw. Trains 2. Aufgebotz, — behufs Ueberführung jum Land⸗ sturm 2. Aufgebots der Abschied bewilligt.
In der Dritten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeiger“ ist eine Genehmigungz⸗ urkunde, betreffend eine Anleihe der Stadtgemeinde Delmenhorst, veröffentlicht.
Aichlamtliches.
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 29. April.
Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar— vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Rech⸗ nungswesen und für Elsaß⸗Lothringen, der Ausschuß für Handel und Verkehr und der Ausschuß für Justizwesen Sitzungen.
Der Königlich bayerische Gesandte Graf von Lerchen⸗ feld-Köfering ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaff Jieder übernommen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Fürstlich schwarz— . Staatsminister Freiherr von der Recke ist von Berlin abgereist.
Laut Meldung des,W. T. B.“ ist S. M. S. „Loreley“ vorgestern in Konstantinopel eingetroffen.
S. M. Flußkbt. „Vorwärts“ ist gestern in Wuhun eingetroffen und geht morgen von dort nach
S. M. S. „Condor“ geht am 3. Mai von Sydney nach Java (Fidji⸗Inseln) in See.
Glücksburg, 29. April. Gestern mittag fand, „W. T. B.“ zufolge, in der hiesigen Schloßkirche die Trauung Ihrer Hoheit der Prinzessin Helena zu Schleswig⸗ Holstein⸗Sonderburg-Glücksburg und Seiner König lichen Hoheit des Prinzen Harald von Dänemark statt, nachdem zuvor der oldenburgische Minister Scheer die standesamtliche Eheschließung vollzogen hatte. Nach der kirch⸗ lichen Feier begaben sich die Neu vermählten mit den Familien⸗ angehörigen und den übrigen hohen Gästen in den großen Schloßsaal, wo die Festtafel stattfand.
Bayern.
Im Steueragusschuß der Kammer hat sich gestern, wie das „W. T. B.“ meldet, der Finanzminister bezüglich der Reichsfinanzreform folgendermaßen geäußert:
Ihm erscheine eine Reichs wertjuwachssteuer unannehmbar. Gine Besteuerung des Erbanfalleg an Desiendenten und Ehegatten erscheine ihm als die gangbarste Form einer Besteuerung des Besitzes. Auf 9 anderen Wege werde man nicht zu einer befriedigenden Lösung ommen.
Oesterreich⸗Ungarn.
In der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab— geordnetenhauses brachte der Finanzminister von Bi⸗ kinski Gesetzentwürfe über die Abänderung der Brannt⸗ weinbesteuerung, die Erhöhung der Bierst euer und die Neuregelung der Staatsüberweisungen an die Landesfonds ein und begründete diese in langeren Aus— führungen.
Nach dem Bericht des W. T. B. legte der Minister in seinem Gxpos Verwahrung gegen die Behauptung ein, daß die Aufsuchung neuer alem dr nr en vol nehmlich für Bedürknisse der äußeren Politik erfolge, die sich mit etwa 12 Millionen Kronen jährlich abschätzen ließen. Sie sei vielmehr unerläßlich zur Beseitigung des drohenden Defisis im Staatsbudget, zur Sanierung der Lander finansen und für dle bekannten, des Staates harrenden großen Ausgaben für sozial⸗ politische und milltärische Zwecke. Ter Menister kündigte sodann eine progresstve Erbschaftssteuer an, die jedoch nur ein Steuer plus von 19 bis 11 Millionen ergeben werde, und erklarte, bie Sanierung der Lmdetftnanzen solle nach einem ge— rechten Maßstab für alle Länder durch Ueberweisung der Mehr⸗ einnahmen sowohl aus der Branntweinsteuer als auch aus der Bler⸗ fleuer erfolgen. Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen erklärte ber Redner, daß er eine Erhöhung der Staatgbahntarife für nötig
66 weil die Staalsbahnverwaltung rentabel gestaltet werden müsse⸗ er Minister betonte schließlich, daß die Aufrechterhaltung des Gleich- gewichts im Stantshaushglte schon im diesjährigen Budget kaum ohne Erschließung neuer Einnahmequellen möglich sein werde, und empfahl rascheste Beratung der Vorlagen,
Dat Haus setzte dann die Beratung des dringlichen An⸗ trages auf Aufhebung oder Zweiteilung des galizi—⸗ schen Landsmannministeriums fort, dessen erster Teil von den Antragstellern zurückgezogen wurde. Der Antrag wurde schließlich vom Hause 6 .
Großbritannien und Irland.
Laut einer amtlichen, gestern abend veröffentlichten Fest⸗ stellung schloß, wie das, W. T. B. meldet, das Jahr 1998,09 mit einem Defizit von 714000 Pfund Sterling ab. Die Staatseinnahmen blieben mit U Millionen Pfund hinter dem Voranschlag zurück. Der Voranschlag für 1909/10 weist eine Vermehrung der Ausgaben um 11 860 000 Pfund auf, ver⸗ ursacht durch den Mehraufwand für die Flotte und die Alters⸗ versorgung, während der Ausfall in den Einnahmen auf Grundlage der bestehenden Steuern auf 3 1889000 Pfund ver⸗ anschlagt wird. Dies ergibt ein Defizit von 15 948000 Pfund unb zusammen mit dem tatsächlichen Defizit des Jahres 1908 / 99 ein zu bedeckendes Gesamtdefizit von 15 762 900 Pfund. In der amtlichen Erklärung heißt es weiter, es sei augenscheinlich, daß eine ernste Depression bestehe, und es sei unmöglich, eine sofortige Erholnng vorherzusagen, wiewohl der Außenhandel sich zu bessern beginne.
Frankreich.
Der Minister des Aeußern Pich on begab sich, nach einer Meldung des „W. T. B.“ gestern auf die ottomanische Bot⸗ schaft, um den türkischen Botschafter zur Thronbesteigung bes Sultans Mohammed V. zu beglückwünschen. Die französische Regierung hat der türkischen Regierung ihre Glück⸗ wünsche zum Thronwechsel telegraphisch übermittelt.
—
. Ruszland.
Ein Kaiserlicher Ulas befiehlt, W. T. B.“ nuf he in diesen Monat im Kreise Kasan eine Probemobilisation der Mannschaften der Armee⸗ und Flottenreserve durchzu⸗
führen. Niederlande.
Die mit der Prüfung des am 23. April 1908 zu Berlin geschlossenen Nordseeabkommens beguftrggte Kommission ber Kammer hat einen Bericht veröffentlicht, worin sie, „W. T. B.“ zufolge, der Ansicht Ausdruck gibt, die Regierung habe durch Teilnahme an dem Abkommen den Interessen des Landes gedient, und die Akte könne bei Zwischenfällen in der Nordsee die Bemühungen der Regierung, die Niederlande von Konflikten fernzuhalten, sehr erleichtern.
Türkei.
Der amtliche Wortlaut des in der vorgestrigen National⸗ versammlung über den Thronwechsel gefaßten Beschlusses ist, wie das „W. T. B.“ meldet, folgender:
Die aus Senatoren und Deputierten zusammengesetzte, als Nationalversammlung tagende Versammlung wählte einstimmig unter den beiden Vorschlägen, die in dem von dem Scheich ül Islam ver lesenen und unterzeschneten Fetwa enthalten sind, die Entthronung. Demzufolge wurde Sultan Abdul Hamid II. des islamitischen Fhalifatg und ottomanischen Sultanatg für verlustig erklärt und als sein legitimer Erbe Mehmed Reschad Effendi unter dem Titel Sultan Mehmed V. zum Khalifen und Sultan proklamiert.
Der Sultan Mehmed V. hat Tewfik Pascha mit der Bildung eines neuen Ministeriums beauftragt. Die der Krönung entsprechende Umgürtung des neuen Sultans mit dem Schwerte wird, obiger Quelle zufolge, in der Moschee Ejub nach Ablauf von vierzig Tagen erfolgen.
Nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen⸗Korrespondenz⸗ Bureaus“ verlautet, daß nicht nur die Nationalversammlung und der Generalissimus Schewket, sondern auch der neue Sultan in uniweifelhafter Weise Abdul Hamid die Sicherheit seines Lebens verbürgt haben. Einer De— pesche des, W. T. B.“ zufolge ist Abdul Hamid mit 11 Frauen, zwel Prinzen und sechs Personen seines ehemaligen ofstaats in der vergangenen Nacht in Saloniki eingetroffen. Er wurde 3 dem durch Militär abgesperrten Bahnhof von mehreren hohen Beamten und von Robilant Pascha erwartet und unter Kaballeriegeleit nach der Villa Allatini gebracht, wo er unter⸗ gebracht und streng militärisch bewacht wird.
Der gestrige Tag ist in Konstantinopel ohne Zwischen⸗ fälle verlaufen. Die Stadt ist reich beflaggt; Abends waren alle Botschaften und öffentlichen Gebäude sowie viele Privat⸗ häuser und die im Hafen liegenden Schiffe festlich beleuchtet. Trotz des Belagerungszustandes waren große Menschenmengen in den Straßen. Die Ordnung wurde nirgends gestört. Die Wachen bei den diplomatischen Missionen sind, da die Ruhe gesichert zu sein scheint, bis auf je einen Militärschüler, einen Gendarmen und einen Polizeibeamten zurückgezogen.
— Wie ein Londoner Blatt unter dem 25. April aus Mersina meldet, sind zwei dort gelandete türkische Regi: menter vergangenen Sonnabend nach Adana marschiert und haben in der Nacht vom Sonntag zum Montag unter den dortigen Armeniern ein furcht⸗ bares Blutbad angerichtet und ihr Eigentum in Brand gesteckt. Tausend Armenier selen bei lebendigem Leibe verbrannt und die Fliehenden von der Soldateska nieder— geschossen worden. Es seien in der Provinz Adana, soweit es sich abschätzen lasse, etwa 30 000 Menschen getötet worden. Ungeheuer seien auch die mateziellen Verluste der Europäer.
Amerika.
Der Präsident der Vereinigten Staaten Taft hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“ den neuen Sultan Mohammed V. in einem längeren Telegramm der reund⸗ schaft der Regierung und des Volkes der Vereinigten Staaten versichert und ihm seine eigenen Wünsche für des Sultans Glück und Wohlergehen ausgesprochen.
Das Staatedepartement“ hat der türkischen Gesandtschaft von seiner Anerkennung Mohammeds V. Mitteilung gemacht.
Asien.
Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ soll der Schah die Amnestie für politische Verbrechen der Einwohner von Täbris unter dem tiefen Eindruck der Konstantinopeler Ereignisse versprochen haben. Andererseits sendet der Schah aber auf die Forderung einer Konstitution nur unbestimmt ge⸗ haltene Antworttelegramme nach Täbris. Auf die allmählich dort eintreffenden Vorräte hin sinken die Preise. Rakhim Khan hat den Weg von Dschulfa nicht freigegeben. Auf seine Ver⸗ anlassung hat der Gouverneur von Marand der russischen
horhut notifiziert, er könne ihr Vorrücken nicht gestatten, ehe snweisungen von Ain ed Dauleh eingegangen seien, Der schah hat an Rakhim Khan telegraphiert, er solle fich dem miffischen Vormarsch nicht widersetzen, sondern sich mit den Truppen zurückziehen. ;
Die russische Gesandtschaft in Teheran hat der persischen segierung mitgeteilt, die Truppen würden nur dann in käbris einrücken, wenn ihre Anwesenheit dort gewünscht pürde. Wie aus Dschulfa gemeldet wird, betraten die Haupt— kräfte des Generals Snarski am 26. und 27. April das per⸗ sche Gebiet. Am 26. April wurde eine Kosakenpatrouille im ngpaß von Daradis, 23 Werst von Dschulfa, von persischen srüppen beschossen. Diese stellten kategorisch kriegerische Ab⸗ schten in Abrede, erklärten = aher, sie würden die Kosaken nicht urch den Engpaß lassen. Die Kosaken trafen Abends im gager, fang Werst von Dschulfa wieder ein. Einen len, den die Perser beim Engpaß gefangen genommen hatten, leßen sie wieder frei und sandten ihn in das Lager mit der hrieflichen Meldung zurück, sie hätten irrtümlich auf die sosaken gefeuert, die sie für verkleidete Revolutionäre gehalten hätten.
— Wie das „Reutersche Bureau“ aus Aden meldet, hoben Leute des Stammes Warsangli unter Führung eines Gohnes ihres Sultans zwanzig Dörfer geplündert und nele englandfreundliche Eingeborene getötet.
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Parlamentarische Nachrichten.
Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ lags und des Herrenhauses sowie der Schlußbericht über hie gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten be⸗ snden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen 4.) Sitzung die zweite Beratung des Etats des Ministe⸗ tiums der geistlichen, Unterrichts- und Me dizinal⸗ ingelegenheiten in dem Kapitel der dauernden Ausgaben sir Kunst und Wissenschaft fort.
Der Dispositionsfonds zu Beihilfen und Unterstützungen ir Kunst- und wissenschaftliche Zwecke sowie für Künstler, helehrte und Literaten und zu Unterstützungen behufs Aus⸗ bildung von Künstlern, 432 230 6, ist von der Kommission un 15 000 S gekürzt worden.
Abg. Freiherr von Eynatten (Sentr) tritt dafür ein, daß die Fegierurg bei der Veräußerung von Grundstücken dafür sorgt, daß amentlich alte romanische Baudenkmäler erhalten bleiben.
Unteistaatssekretär Wever erwidert, die Regierung sei leider nicht in der Lage, sich bet den zu diesem Zweck zur Verfügung stehen⸗ den geringen Mitteln der Denkmalpflege in genügender Weise anzu— 1ichmen; die Unterstützung seitens privater Vereinigungen sei daher sehr erwünscht. Er danke dem Heirn Vorredner für seine wertvollen Inregungen in dieser Frage.
Abg. Kirsch (Zenkr.): Es bat in der Rheinprovinz und besonders n meinem Wahlkreise große Beunruhigung hervorgeiufen, daß die lbsicht besteht, die Schlösser Stolzenfelz., Brühl, Benrath und Jägerhof ju verkaufen. Der Verkauf von Stolzenfels und Brühl sol ja aufgegeben sein, aber die Frage, wie es mit Benrath und Jägerhef gehalten werden soll, ist noch offen. Sollte sich der Verkauf ficht vermeiden lassen, so möchte ich bitten, daß namentlich Schloß Benrath mit seinem Park und Jägerhof erhalten bleibe. Tiese Be—⸗ simmung sollte in den Vertrag aufgenommen werden.
Abg. Schreiner (Zentr) führt über den Zustand Besckwerde, der gegenwärtig am Amphitheater zu Trier besteht, und bittet um schleunsge Bewilligung der erforderlichen Mlttel jur Beendigung der lufdeckungsarbelten am Amphitheater.
Konservator der Kunstdenkmaͤler, Geheimer Oberregierunggrat kutfch erwidert, daß die Regierung bemüht sein werde, die zur Er⸗ haltung der intermssanten Anlagen am Amphitheater erforderlichen Nittel bereitzustellen.
Bei dem Titel der Ausgaben für die Kunst⸗ und Kunst⸗ gewerbeschule in Breslau, 128 372 6, wiederholt
Abg. Hammer (kons.) die im vorigen Jahre gemachten Vor⸗ vürfe gegen den Direktor der Kunstgewerbeschule in Breslau und wendet fich namentlich gegen die vorjährigen Ausfübrungen des Abg. Wagner, der den Direktor in Schutz genommen habe. Aus seinen Worten sei hervorgegangen, daß er den dringenden Wunsch habe, in Breßlau eine Kunftakademse errichtet ju sehen. Bezüglich der Aus— sährung des Prunkzimmers für die Ausstellung in St. Louis durch die Funstgewerbeschule in Breslau erhebt der Redner den Vorwurf, daß bei der Fentigstellung des Zimmers ein Tischlermeister herangejogen worden sei. Der Staat habe für dieseß Zimmer 40 900 6 aukgegeben, von den ürchitekten des Deutschen Hauseg in St. Louis sei es aber als unbrauchbar beieichnet worden, ferner sel das Zimmer nicht rechtzeitig seriig gewesen, und es habe schließlich für 4000 losgeschlagen werden müssen. ;
Abg. Br. Wagner ⸗Breslau ffreilons.) bestreitet, überhaupt je⸗ mals von elner Kunstakademie in Breslau gesprochen zu haben; Der Abg. Hammer habe ihm vor einiger Zeit die gründliche Hinrichtung des Dfrektorg der Kunstgewerbeschule zu Breglau bier im Abgeord⸗ netenhause in Aussicht gestellt; er müsse gestehen, daß er von den Worten des Vorredners sehr enttäuscht sei.
Abg. Hammer bemerkt, es sei doch von Interesse, daß seitens des Staates für das Prunkzimmer 40 00) ausgegeben worden selen, das weder rechtjeltig fertiggestellt, noch überhaupt iu brauchen ei. Die Minssterien sollten, wenn sie große Arbeiten augjuführen hätten, diese den Lehrein in Auftrag geben, die die Schüler nicht lehren könnten, wenn sie keine Aufträge bekämen. . .
Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr, Schmidt eiklärt, ju den Vorwürfen gegen den Direktor der Breslauer Kunstgewerbe⸗ schule liege keinerlei Veranlassung vor, und betont namentlich die . it einer Interessengemeinschaft jwischen Kunst und Kunst ; gewerbe.
Die Ausgaben für Kunst und Wissenschaft“ werden bewilligt und die Penition des Professors Dr. Wisser ,, um Bewilligung einer staatlichen Beihilfe zum Aufsuchen un Jusammenstellen holsteinischer Volksmärchen der Staatsregierung als Material überwiesen. .
Bei den Ausgaben für das technische Unterrichts⸗ wesen befürwortet
Abg. Dr. Faßbender (Zentr) den Wunsch der Ingenieure, u Stellen der höheren Verwal sung zugelassen zu werden, und verweist zuf die an der Technischen Hochschule in Charlottenburg gebildete
ereinigung von Verwaltungsingenieuren ur Förderung praltischer BVerufgaugbildung solcher Akademiker, die wäbrend eines langlährigen Studiumz auf den Technischen Hochschulen zum Zwecke der Beiätigung ö. , . sich n,. Kenntnisse in den Verwaltungs enschaften erworben haben.
Large, r Volkap.) unterstützt den Wunsch des Abg. Faßbender und fragt, wie es mit der Besetzung des an der Technischen bochschuse in Charlottenburg geschaffenen Lehrstuhls für Gewerbe⸗
lyglene ; . riedberg (al) glaubt, daß die Promotiongordnung
Abg. Dr. der . Hochschulen in mancher Beziehung verbesserungtz⸗
bedurflig sei.
.Ministerialdirektor Dr. Naum ann erwidert dem Abg. Faß. bender, daß die Frage der Uebernahme der Verwaltungsingentleure auf die Staatzverwaltung sich kurzer Hand nicht. lösen lasse. Diesen Ingenteuren stehe ein weileres Feld in den städtischen Kommunen usw. offen. Der Lehrstuhl fuͤr Gewerbehygtene in Charlottenburg werde vorautsichtiich demnächst durch Br. Haupt besetzt werden.
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
Die häufigsten Fleischpreise in den bedeutendsten preußischen Marktorten während des 1. Vierteljahrs 1908.
Selt dem 1. Januar d. J. werden vom preußlschen Statistischen Landegamte die Fleischpreise halbmonatlich veröffentlicht und nur für die Gesamthest der Berichtgorte am Schlusse eines jeden Monats monatliche Durchschnirtsziffern gebracht, während die Preise der übrigen Lebens, und. Veipflegungs mittel überhaupt nur monatsweise bekannt gegeben werden. In einer vergleichenden Uebersicht, die in der „Stat. Korr.“ gegeben wird, veröffentlicht das Statlstische Landegamt nunmehr auch für die einzelnen Berichtzorte die Monats preise für Fleisch im ersten Viertel des laufenden Kalenderjahtßz. Es handelt sich dabei um den Duichschnitt der an einem der letzten Tage jeder Woche der Monate Januar, Februar und März d. J. in den 50 Preiskerichts— orten festgestellten „häufigsten' Preise der einzelnen Fleischarten. Eine gleichartige Uebersicht soll fernerhin am Schlusse eines jeden Viertel jahres gegeben werden.
Während des ersten Vierteljahres 1909 zeigen zunächst die Großhandelspreise für Rindfleisch, die indes größtenteils als Prelse anzusehen sind, die im Großbeiuge von der Militärperwaltung, staatlichen und kommunalen Anstalten oder anderen Großahnehmern gezahlt werden, für die Gesamtheit der Berichtsorte eine rückläufige Bewegung. Bel den Kleinhandel spreisen treten im allgemeinen von Monat zu Monat nur wenig erhebliche Preis verschiebungen zutage.
Im Durchschnitt der Berichtgorte ist der für den Monat Januar ermittelte Einheits, (Gesamtdurchschnitts.) Preis allein beim Hammel fleisch im Februar um eine Kleinigkeit überholt worden; im übrigen sst er von Fanuar auf Februar durchweg um 1 3 für das Kilogramm gefallen, um allerdings im Mär beim Rind⸗ und Schweinefleisch wieder auf den Januarpreis zurückzjusteigen bezw. beim Hammelfleisch darauf zurückzusinken, wogegen er bei Kalb, und beim Roßfleisch von Februar auf März unverandert blieb,
Im einzelnen stellten sich im ersten Viertel des laufenden Jahres die Einheitspreise im Kleinhandel für Rindfleisch in Potsdam, Breslau, Magdeburg und Halle am höchsten, in Memel, Allenstein, Graudenz und Königshütte am niedrigsten.
Den höchsten Stand der Kalbfleischpreise bemerkt man bei Altona und Stade, den tlefsten Stand bei Memel, Graudenz und — für den Monat Mäiz — bei Allenstein. ;
ür Hammelfleisch wurde im Gesantdurchschnitte am meisten gezahlt in Potsdam, Breslau, Altong und Wiesbaden, am wenigsten in Memel, Tilsit und Emden, im Januar auch in Dortmund, im Februar auch in Allenstein.
Das Schweinefleisch war am teuersten in Hanau, Cöln und Aachen, am billigsten in Graudenz, Memel und Königshütte, im Januar auch in Szznabrück, im März auch in Tilsit.
Bejüglich der Roßfkeischpreise steht Altona bei weitem an erster Stelle; es folgt in erheblichem Abstande Hannover, ins besondere für Februar Potsdam. Die letzten Stellen nehmen Königsberg, Bromberg und Kiel ein.
Was die einzelnen Fleischqualitäten betrifft, so sei für den Durchschnitt der Berichte orte das wenn auch geringfügige Ansteigen der Rinpfleischpreise von der Keule und vom Bug hervorgeboben, daz im Gesamtergebnig hauptsächlich auf die Prelserhöhungen in Berlin, Magdeburg und mehreren rheinischen Städten zurückzuführen ist. An der bedeutsamsten Preiesteigerung, nämlich derjenigen für 1 kg Hammelfleisch vom Bug von 157 8 im Januar auf 155 3 im Februar d. J. bei der Gesamtheit der Berichtsorte, war eine größere Zahl von Großstädten beteiligt.
Im großen und ganzen weist die Fleischprelsbewegung im ersten Vierteljahre 1909 keine bedenklichen Erscheinungen auf.
Zur Arbeiterbewegung.
In Gerresheim bel Düsseldorf sind, der Köln. Ztg.“ jufolge, sämtliche organisierten Maurer und Bauarbeiter wegen der Ver⸗ weigerung eineã neuen, höhern Lohntarifz und 9gzstündiger Arbeitszeit in den Ausstand getreten.
Das Hagen⸗Grüntaler Eisenwerk hat, wie die Rh. Westf. Itg.“ mitteilt, am Dienstag infolge eines Streils der Hammerschmiede seinen Betrieb still gelegt. Die gesamte Krbeiterschaft, etwa 200 Personen, wurde entlaͤssen. Die vorliegenden Aufträge werden von anderen Hagener Werken erledigt.
Wegen Lohnstreitigkelten sind, wie die „Köln, Itg.“ erfährt, hundert Former der Maschinenfabrik Buckau in den Ausstand getreten.
In Delitz sch und Umgegend sind, nach demselben Blatte, gestern zoo Bauarbeiter in den Ausstand getreten. Sie fordern statt 47 5 52 3 Stundenlohn.
Aus Beauvais wird dem W. T. B.“ gemeldet: 26 Arbeiter, die Anstifter der Streikun ruhen von Méru, wurden gestern zu Gefängniestrafen von 14 Tagen bis zu 8 Monaten verurteilt.
Wohlfahrtspflege.
Kinderfürsorge in Ferienkolenien und Kinderheil⸗ sttten Deutschlands.
Die Zentralstelle der Vereinigungen für Sommerpflege hat im Januar 1509 ihren mit statistischen Tabellen reich versehenen Bericht aber die Ergebnisse der Sommerpflege in Deutschland im Jahre 1967 veröffentlicht. Trotz kalten, nassen Wetters und mehrfacher Krankheils älle war das Gesamtergebnis im Berichtsjahre zufriedenstellend, wenn auch der Zugang an verpflegten Kindern nur unerheblich gestiegen war. Wurden im Jahre 1906 56 988 Kinder verpflegt, so erhöhte sich deren Zahl 1907 auf 69 688; dies er= gibl ein Mehr von 650 gegen 3594 im Vorjahre. Die Ver⸗ pflegungekosten stiegen von 1740 3327 ½ auf 1 994 823 „6. Unter den Verpflegungeformen hatte wiederum die Anstaltspflege die fsärkste Steigerung zu verzelchnen. Ein Rückgang war in der Einzel- pflege gegen Entgelt und bei den Stadtkolonien bemerkbar. Der Be⸗ richt führt dieß auf das Streben der Vereine nach eigenen Ferien heimen zurück, in denen wesentlich bessere Resultate erzielt würden. Im einzelnen wurden verpflegt:
A. in Solbädern inggesamt 12316 Kinder, und jwar
in eigenen Austalten 3168, in fremden Anstalten . 8 370, in fremden Häusert . . 181 B. in See bädern inggesamt 6242 Kinder, und zwar in eigenen Anstalten.. 2 966, in fremden Anstalten . 1276, in fiemden Häusern . . 2011; OC. auf dem Lande 24459 Kinder, und jwar in eigenen Anstalten 3662, in fremden Anstalten . 2 560, in fremden Häuser i 13 063. in Einzelpflege gegen Entgelt. 1557, in Einjelpflege ohne Entgelt 1620, in Stadtkolonien 18121 Kinder.
Die vier Gruppen jusammengefaßt ergeben eine Gesamtzahl von 61135 Kindern, wobei 450 Kinder als doppelt gejählt in Abzug ju bringen sind.
Neben den Stadtkolonien weist der Landaufenthalt die höchsten Frequenzniffern auf. Als die am meisten zu empfehlende, gũnstige Resultate eriielende Verpflegungsart ist, abgesehen don der Anstalta= pflege, die Unterbringung in geschlossenen Ferienkolonien zu bezeichnen. Nicht nur der Körper, auch Geist und Gemüt werden in vorteil- hafter Welse beeinflußt. In der neuen Umgebung wird der lindliche Geist täglich, namentlich auch gelegentlich der häufigen, in die nähere und weitere Umgebung, in Berg und Tal, Wald und Feld unternommenen Wanderungen nach den verschiedensten Richtungen angeregt und mit neuen Vorstellungen erfüllt. Der Gewinn für das Gemütsleben ergibt sich durch die Erkenntnis der Naturschönheiten, durch den Umgang mit Kameraden und die Teilnahme an lustigen Spielen. Selbst⸗ beherrschung, Verträglichkeit und Höflichkeit, Fleiß und Ausdauer, wie sie täglich bei vielen Gelegenheiten in der Kolonie geübt werden müssen, sind auf die Bildung des Charakters von dauerndem Einfluß.“ Daher erfreuen sich die Ferienkolonien auch in der Bevölkerung steigender Beliebtheit, — Im Betriebe der Stadtkolonien waren im Berichtsjahre wesentliche Aenderungen nicht zu verzeichnen. Die Kinder unternahmen Spaziergänge in den Wald oder in die Vororte, unterhielten sich mit Spielen, erhielten Brot und Milch oder sonstige Verpflegung und kehrten Abends nach Hause zurũck.
Besondere Beachtung verdienen veben den Tagesausflägen größere Wanderungen durch die schönsten Gegenden nf lands, die bei einigen Vereinen schon selt langer Zeit unternommen werden. Es sind dies Belobnungen für besonderen Fleiß, die dem durch die Schularbeit und Stubenluft angegriffenen Körper heilsame Ablenkung und Erholung gewähren. „Früh am Abend werden im be⸗ scheidenen Dorfgasthause Nachtquartiere einfachster Art bezogen und beim Morgengrauen verlassen. Am Waldesrand, auf einer Wiese oder an murmelnder Quelle werden die mitgenommenen Speisen ver⸗ zehrt. Die Wirtshäuser werden am Tage möglichst gemieden.“
In den Fallen, in denen aus irgendwelchen Gründen die Sommer pflege einen vollen Erfolg nicht erzielte, gewährt eine Anzahl von Vereinen noch eine Nachpflege während des Herbstes und der Wintermonate. Die Kinder erhalten warmes Frühstück, Mittag⸗ brot, einzelne Bäder und werden in schwereren Fällen auch in Sol⸗ und Seebädern oder Erholungshäusern noch längere Zeit verpflegt.
Die Zahl der in den Kinderheilstätten der Sol und See bä der verpflegten Kinder betrug bei den Solbädern 14216, bei den Seebädern 1811. — Erfreulicherweise hat der Wohltätigkeitssinn der bemittelten Kreise wieder eine große Anzahl edler Menschenfreunde zu werktätiger Unterstützung und Hergabe reicher Geschenke jum Besten armer kränklicher Kinder veranlaßt.
Von den aufgeführten Vereinen konnten mehrere im Jahre 1907 das Jubiläum ihres 25 jährigen Bestehens feiern, und zwar: das Komitee für Ferlenkolonien in Cassel, das Komitee für Sommerpflege armer schwächlicher Schulkinder in Gera, der Verein für Ferien kolonien in Mannheim, ferner das Komitee der Ferienkolonlen in Mülhausen 6 G. und der Verein für Ferienkolonien in München. Auch zwei Kinderheilstätten, das Kinderaspl des Diakonissenbauses Bethanien zu Berlin sowie das Kinderheilbad der Vaterländischen Frauenvereine des Großherzogtums Sachsen Weimar, konnten auf ein 2b jähriges Bestehen zurückblicken, die Kinder heilstätte Viktoriastift in Kreuznach sogar auf eine 30 jährige Tätigkeit.
Alle, die sich eingehender für Sommerpflege interessieren, finden in den angefügten Tabellen Ort und Namen der bierfür in Betracht kommenden Vereine und Komitees mit ihren Verpflegzahlen und Ausgabebeträgen.
Kunst und Wissenschaft.
Die Wörterbücher der schweizerischen Dialekte. Die Schweij wird sich in jwei bis drei Jahrjehnten rühmen dürfen, von allen Völkern die vollständigste Bearbeitung der heimischen Dialekte zu besitzen, was bei der in ihr berrschenden Vielsprachigkeit ein doppelt boch anzurechnendes Verdienst ist Der Jahresbericht der schweijerischen Direktion det Innern enthält, wie die Neue Zürcher Zeitung mit⸗ teilt, über den Fortgang der verschiedenen Wörterhucharbeiten folgende Angaben: a. Idlotikon der deutschen Mundarten. Gs wurden entsprechend der Jahregleistung der vergangenen Jahre drei Hefte (61 bis 63) geliefert — Bogen 89 bis 118 des VI. Bandes. Sie enthalten die Gruppen von [ —s bis c — é; der Buchflabe r, dessen Bean beitung den VI. Band abschließen soll, ist also noch nicht zu Ende geführt, doch wird der Reft (bie Sippe Ruew und die Gruppen r —*X und r — 23) nur nech etwa drei Bogen füllen, sodaß das erste Heft des neuen Jahres zu jwei Dritteln dem Bach⸗ staben s gehören wird. b. Wörterbuch der Mundarten Ler Westschweiz. Die Materialien des Atlas linguistique sind bereit und harren der Verwertung; ju diesem Zwecke sind Unter handlungen mit einem neuen Verleger angeknüpft worden, die noch nicht jum Abschluß gelangt sind. Die Bibliographie der weft⸗ schweizerischen Mundarten ist im Druck und wird im Laufe dieses Fahre als erster Band des Werkes erscheinen. Die Orts namenunter⸗ fuchung hat ihr Hauptaugenmerk auf die Gegend jwischen Genfer see, Bulle und dem Wallis gerichtet, wo die mundartlichen Formen ab—= gefragt wurden. Im Kanton Waadt ist auf Veranlassung der Redaktion ein vollständiges Verzeichnis der einbeimischen Familiennamen angelegt worden. Die Zahl der an die Korrespondenten verschickten Fragebogen wird bald Zoo erreichen. Es sind im abgelaufenen Jahr 772 Antwort⸗
Bald wird das gesamte Wortmaterial abgefragt eitraum, der der Ordnung der Zettel Mit
auf von den angelegten uch. Die stig voran- geschritten. e auf die Sammlung des Stoffes in den : aug gefetzten Talschaften. Die Hauptarbeit war indessen wiedern Ausarbeitung von Fragebogen und die Verarbeitung der ei Antworten. Der Bundet beitrag an das Idietikon für das Be ; wurde in der Erwartung erböht (d. b. von 2800 auf 4500 Fr. gesetzt) daß auch der Kanton Graubünden eine entsprechende Erböbung seine Lelstung eintreten lafse. Der Kanton Graubünden bat aun den sprochen und den Vorstand des Unternehmens in Rögl fetzt, eine Hilfskraft für die mechanischen d. Wörterbuch der schweizerischen ita! Das Ernehungsdepartement des Kantons Tessin hat sich entschlossen, ein Wörterbuch der in der Schwel gesprochenen italienischen Mu nd⸗ arten ausjuarbelten, und es ist ihm für die einleitenden Arbeiten erstmals im Berichte jahre ein Bundesbeitrag von 3000 Fr. derabfol gt worden. Als Hauptredaktor ist ein tessinischer Sprachgelebrter, Professor Karl Salvioni in Malland gewonnen worden, und ez soll bei Sammlung des Stoffs in äbnlicher Weise vorgegangen werden, wie beim Wörterbuch der westschweizerischen Tialekte.
Sandel und Gewerbe.
In der heutigen Sitzung des Zentralausschusses der Reichsbank gedachte der Vorsitzende, Vizepräsident des Reichs⸗ bankdirektoriums Dr. von Glasenapp zunächst in ehrenden Worten des am 25. d. M. verstorbenen langjährigen Mitglieds des Reichsbankdirektoriums, Wirklichen Geheimen Ober finanzrazs Frommer und des am 23. d. M. verstorbenen stell vertretenden Mitglied des Zentralausschusses, Kommerzienrats Emil Salomon, zu deren Andenken sich die Anwesenden von ihren Plätzen erhoben. Alsdann führte er aus, daß die Zistern der zum Vortrag gebrachten Wochenübersicht vom 23. d. M und die seither eingetretenen Veränderungen einen durchaus de⸗