Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst gerußt: dem Rechnungsrat Happatz im Finanzministerium bei seinem Uebertritt in den Ruhestand den Charakter als Ge⸗ heimer Rechnungsrat,
dem Bauinspektor Wilhelm Müller in Arolsen den Charakter als Baurat und .
den Eisenbahnsekretären Haeske in Konitz und Stein⸗ häuser in Erfurt, dem Oberbahnhofsvorsteher Utermann in Brügge, dem Eisenbahnobergütervorsteher Ostwald in Soest und dem Eisenbahnoberkassenvorsteher Schönig in Pankow bei dem Uebertritt in den Ruhestand sowie dem Schichtmeister Otto zu von der Heydt im Kreise Saarbrücken . . nal den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
Beamten, und zwar dem Rechnungsrat Curt Schreiber den Charakter als Geheimer Rechnungsrat und
dem Geheimen expedierenden Sekretär und Kalkulator Max Schulze den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.
Finanzministerium.
Das Katasteramt Angermünde im Regierungsbezirk Potsdam ist zu besetzen.
Ministerium für Handel und Gewerbe. Bei dem Ministerium für Handel und Gewerbe ist der Kanzleidiätar Poppenberg zum Geheimen Kanzleisekretär ernannt worden.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
Dem Oberlehrer an der städtischen höheren Mädchenschule zu Elberfeld Oststadt Friedrich Vogt ist der Charakter als
Professor verliehen worden.
Das Diphtherieheilserum mit der Kontroll—
nummer 232, geschrieben: Zweihundertzweiunddreißig, aus der ö : . : 1 ö gh ., ; dig ans vorgestern nachmittag die Eröffnungssitzung des Schieds—
gerichts für den Casablanca⸗Zwischenfall statt. Der Oberschiedsrichter Hammerskjoeld hielt eine Rede, in der er,
Fabrik vorm. GE. Schering in Berlin ist wegen bleibender Trübung zur Einziehung bestimmt.
Oberrechnungskammer.
Der bisherige Oberzollsekretär Schmell aus Berlin ist
zum Geheimen Rechnungsrevisor bei der Königlichen Ober⸗
rechnungskammer ernannt worden.
2 2
Aichlamtsliches. Deuntsches Reich. Preußen. Berlin, 3. Mai.
Der Kaiserliche Gesandte in Guatemala Graf von
Schwerin hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub an⸗ Während seiner Abwesenheit werden die Geschäfte
getreten. W l der Kaiserlichen Gesandtschaft von von Bonin geführt.
dem Legationssekretär
Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Landesdirektor des Fürstentums Waldeck, Präsident von Glasenapp ist von
Berlin abgereist.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Stettin“ am 29. April in Malta eingetroffen, an demselben Tage von dort in See gegangen und vorgestern in Korfu eingetroffen.
S. M. S. „Lübeck“ getroffen und an demselben Tage von dort nach Beirut in See gegangen.
S. M. Tptbt. „Sleipner“ ist vorgestern von Korfu nach
Brindisi in See gegangen. S. M. S. eingetroffen. S. M. Flußkbt. „Vorwärts“ ist am 30. April in Nanking eingetroffen und geht am 6. Mai von dort nach Tschinkiang (Yangtse) ab. S. M. S. „Iltis“ ist vorgestern in Schanghai ein⸗ getroffen.
Sachsen.
Seine Hoheit der Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg, Regent des Herzogtums Braunschweig, ist, „W. T. B.“ zufolge, heute vormittag in Dresden ein⸗ getroffen und auf dem Bahnhof von Seiner Majestät dem Könige und Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Johann Georg empfangen worden. Nach der Begrüßung und der Vorstellung des beider⸗
seitigen Gefolges begaben sich die hohen Herrschaften zu Wagen nach dem Königlichen Schloß, wo Seine Hoheit der Herzog-
Regent von den übrigen Mitgliedern des Königlichen Hauses begrüßt wurde. Württemberg.
Der frühere Ministerpräsident Freiherr von Mittnacht
ist, W. T. B.“ zufolge, gestern nachmittag in Friedrichshafen
gestorben. Dentsche Kolonien.
Der Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika hat unterm 4. März d. J. eine Verordnung, betreffend die Robbenjagd, erlassen, die am 15. März d. J. in Kraft ge⸗ treten ist und folgendes bestimmt:
§ 1. Die Robber jagd innerhalb des Schutzgebietes auf dem Festlande und in den Küstengewässern ist nur mit Grlaubnis des zu— ständigen Bezirkfzamtes gestattet. Für den Erlaubnisschein, der nur für die Person, auf die er ausgestellt ist, und für ein Kalenderjahr vom Tage der Lösung ab, gilt, ist eine Gebühr von 500 SP zu ent- richten. — 5 2. Verboten ist die Robberjagd: a. auf Tiere unter 50 em Länge, b. in der Zeit vom 15. Oktober bis 15. April. — z 3. Zuwlderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen werden mit Gefängnis bis zu drei Monaten und mit Geldstrafe bis zu 5000 S oder mit einer dieser Strafen bestraft. Die widerrechtlich gemachte oder feilgebotene Jagdbeute und dle zur verbotenen Jagd
benutzten Geräte jeglicher Art unterliegen der Ein iehung. Gingeborene finden die für diese jewells zulässigen Strafmittel An—⸗
wesir: Tewfik Pascha, Ferid Pascha, Krieg: der Kommandeur des Adrianopeler
ist am 29. April in Malta ein⸗ ö. 1 ; des Sultans der Pforte folgenden Hatt-i-Humajun, der
in Gegenwart von Senatoren und zahlreicher hoher Funktionäre
Seeadler“ ist am 30. April in Zanzibar mein, Abdul aue ö Zanʒ kannten Gründen auf Grund eines im Scheriat begründeten Fetwaß
gebildet
mühungen zur helfen verden. Die
Gegen
wendung.
Oesterreich⸗Ungarn. Eine Deputation von Ulemas und mohammedanischen
Notabeln hat, wie das „W. T. B.“ meldet, vorgestern dem Chef der Landesregierung in Serajewo eine Dankadresse
an den Kaiser Franz Joseph für den Erlaß des Statuts der muselmanischen Kultusautonomie überreicht. In Erwiderung auf die Ansprache des Reis ul Ulema betonte der Chef der Landesregierung, daß diese Institution den Islamiten mehr Selbstverwaltungsrechte gewähre, als sie in irgend einem
anderen Lande besitzen. Frankreich.
Der vorgestrige Tag ist in Paris ruhig verlaufen.
— n , gem . Es wurden etwa zehn Verhaftungen vorgenommen und mehrere den im Ministerium der öffentlichen Arbeiten angestellten Beamte des Haupttelegraphenamts, weil sie die Internationale sangen, vom Dienst suspendiert. wurden fünf Kabel mit dreihundert Telephonleitungen durch⸗
schnitten.
Am Bahnhof St. Lazare
Rusßzland. Der Kaiser Nikolaus hat, „W. T. B.“ zufolge, an
den Sultan Mohammed V. aus Anlaß von dessen Thron—
besteigung ein Telegramm gerichtet, in dem er seine aufrichtigen Wünsche für eine glückliche Herrschaft des Sultans und für
die Wohlfahrt seines Reichs ausspricht.
— Der Budgetausschuß der Reichsduma hat in der Staatsbudgetvorlage die Einnahmen um mehr als zwölf Millionen gekürzt. Die ordentlichen Einnahmen sind in dem fertiggestellten Entwurf des Ausschusses mit zwei Milliarden
vierhundertvierundsechzig Millionen und die außerordentlichen Einnahmen mit fünfundfünfzig Millionen veranschlagt.
Niederlande.
Wie das „W. T. B.“ meldet, befinden sich die Königin und die Prinzessin nach einem gestern vormittag aus⸗ gegebenen Bulletin wohl.
Die Prinzessin hat laut Eintragung in das Standesamts⸗
register die Namen Juliana Luise Emma Marie Wil⸗ helmina erhalten.
In Gegenwart des Ministers des Auswärtigen fand
obiger Quelle zufolge, hervorhob, daß die Zahl der Rechtsfälle,
die dem Schiedsgericht unterworfen würden, immer mehr an⸗
wachse und nicht nur wirtschaftliche und technische Fragen, sondern auch Streitfälle umfasse, die Interessen höherer Art berührten, die die Aufgabe der Schiedsrichter schwierig und verantwortlich
machten. Der Gerichtshof sandte sodann an die Königin ein SHuldigungstelegramm, in dem er sie zu dem Ereignis beglück— wünscht, durch welches die Hoffnung des holländischen Volkes verwirklicht worden ist. S Schlußsitzung zur Verlesung der Entscheidung öffentlich sein.
Von den Sitzungen wird nur die
6
Belgien. Die Regierung hat, nach einer i ng des „W. T. B.“,
eine aus hohen Beamten gebildete Kommission ernannt, um die Frage zu prüfen, ob das Lado⸗Pachtgebiet im Congo⸗
staat gemäß dem Wunrsche Englands zu räumen sei. Die Kommission hat gleichzeitig die Frage der Abgrenzung des
Congostaats gegen die Kapkolonie zu regeln.
Türkei.
Das neue Ministerium ist, wie das „W. T. B.“ meldet, gebildet und folgendermaßen zusammengesetzt: Groß⸗ Inneres der frühere Großwesir Marine: der frühere Marineminister,
Korps Galib Bei, ne: der 5 Die übrigen Minister bleiben im
General Riza Pascha.
Amte.
— Vorgestern nachmittag überbrachte der erste Sekretär
verlesen und sodann veröffentlicht wurde: Mein illustter Wesir Tewfil Paschal Da mein Bruder, der Sultan Abdul Hamid, aus allgemein be⸗
und eines von der Nattonalpersammlung einflimmig gefaßten Be—⸗ schlusses vom Kalifat und Sultanat abgesetzt worden ist, haben wir
gemäß dem Wunsche aller unserer Untertanen durch Gottes Gnade und auf Grund Wunschs der
großen erprobte Fähigkeit und Ihren bewährten Patriotigmus haben wir Sie in der Würde des Großwesirs belassen, gleichwle Zia-eddin⸗
Verfassung und des gemeinsamen Nation den Thron
Rücksicht auf Ihre
unserer ottomanischen
Vorfahren bestiegen Mit
Effendi in der Würde des Scheich ül Islam, und wir haben die Ernenaung des Kabinetts bestätigt, das Sie gemäß der Verfassung und vorgeschlagen haben; auch alle übrigen Funktionäre sind beibehalten worden. Va es mein beißer Wunsch ist, daß unsere Untertanen aller Klassen sich der Freiheit, Gleichheit und Ge— rechtigkeit erfreuen, daß die Bestimmungen der Gesetze und detz Scheriats voll angewendet und die Größe und Macht unseres Staates gekräftigt werden, und daß unser Land jenen GraF des Fort schritts erreiche, dessen es fähig ist, und da unsere Verfassung diesen aufrichtigen Wunsch, Gott sei Dank, verbürgt, vertraue ich mich in allem dem Beistande Gotteg an, und indem ich mir die Verfassung als Führer nehme, habe ich das Vertrauen, daß alle Minister, unser Parlament und alle Funktionäre an unseren Be⸗ Erreichung dieses Ziels jeilnehmen und Unruhen in verschiedenen Gegenden haben uns mit Bedauern erfüllt. Da es insbesondere not- wendig ist, die Ordnung in unserem Reiche zu sichern und j⸗de
Wirkung der Streitigkeiten unter unseren Untertanen aller Klassen
verschwinden zu lass n, werden vor allem wirksame Maßnahmen zu diesem Zweck ergriffen werden müssen. Es ist unser aufrichtiger
Wunsch, daß den bedauerlichen Vorkommnissen dieser Art definitiv
werde, daß die verschiedenen Rassen, Notwendigkeit elnsehen, untereinander in gutem Einvernehmen zu leben, wie es sich für Kinder ein und desselben Vaterlandes geziemt, sich ohne Unterschied der Freiheit, Gleichheit und Gerechligkelt erfreuen, und daß alles getan werde zur Wiederbelebung unserer Kräfte zu Wasser und zu Lande. Wir wünschen ebenso aufrichtig, daß die noch fehlenden Gesctze ent⸗ sprechend unserer Versassung und den wirklichen Bedürfnissen unserer Nation gemäß dem Scheriat ausgearbeitet werden, um die Ordnung in der Rechtspflege und im Finanzwesen ebenso wie die Verbreitunß der Bildung und den Fortschritt der öffentlichen Arbeiten, von Handel und Ackerbau gemäß den Fortschritten des jetzigen Jahrhunderte zu sichern. Da alle mit den befreundeten Mächien abgeschlossenen Verträge von ung neuer—
ein Ende gesetzt indem sie die
dings bestätigt worden sind, wünschen wir, daß die gute Anwendung!
unserer
dieser Verträge respeltiert, und daß dis zwischen unserer Regierum
und allen Staaten bestehende Freundschaft gestärtt und vertieft werd
Möge der Allmächtige den Bemühungen allen Erfolg verleihen. Mehmed Reschad.
— Die Kammer verhandelte vorgestern in stũrmischer
Debatte über die Unruhen in Adana.
Rach Lem Bertzt des. W. T. B. griffe mehrere armenisce . Abgeordnete die Regierung als Anstifterin der Niedermetzelungen a Der Abg. Zuhrab (Armenier) führte aug, d;.
das heftigste an. . hätten ihre Verbrechen unter den Rufen Hoch Abdul Hamlsd! egangen. Heegierung und verlas Briefe der Behörden aus Adana, in denen die Armenier als angreifender Teil bezeichnet werden.
Das Haus beschloß, die Regierung aufzufordern, einen Kredit von 20090 türkischen Pfund zur Unterstützung der
Hinterbliebenen der Opfer in Adana zu bewilligen und un.
verzüglich ein Kriegsgericht nach Adana und Aleppo zu senden um die Schuldigen zu bestrafen. Darauf nahm die Kammer die Mitteilung des Großwesirs, mit der er das russisch⸗türkische und das türkisch⸗bulgarische Protokoll vorlegte, zur Kenntnig und verwies die ganze Materie an die Kommission für aus— wärtige Angelegenheiten.
In der gestrigen Kammersitzung teilte der Präsiden mit, daß er beim Großwesir habe anfragen lassen, wann dag Kabinett das Regierungsprogramm vorlegen werde. Der Großwesir habe geantwortet, das Kabinett werde sich Mittwoch oder Donnerstag in der Kammer einfinden. Auf Ersuchen Mahmud Schewket Paschas ernannte das Haus zwei Kommissionen, die der Inventuraufnahme im JYildizpalast und der Prüfung der dort vorgefundenen Papiere beiwohnen sollen. Auf Antrag des Abg. Nali (Grieche) beschloß daz Haus, der mazedonischen Armee seinen Dank für das Be— freiungswerk auszudrücken. Ein Antrag, den Hildiz in ein Museum umzuwandeln, wurde abgelehnt. Im weiteren Ver— laufe der Sitzung verhandelte die Kammer über das Land— streichergesetz, das in zweiter Lesung angenommen wurde,
— Der Sultan, die Regierung und das Parlament he
reiten, wie das ‚W. T. B.“ ferner meldet, für die Offiziere und Mannschaften der mazedonischen Armee Ehrungen, für die Verwundeten und für die Familien der Opfer Ver— sorgungen vor.
In einer Bekanntmachung dankt Mahmud Schewket Pascha im Namen der Armee den Ulemas für die Beruhigung der Gemüter, durch die die Operation der Armee und die Konsolidierung der Verfassung erleichtert würden.
Wie die Konstantinopler Blätter melden, hat das Kriegsgericht bisher neun Personen zum Tode verurteilt, unter ihnen den Mörder des Justizministers Nazim Pascha Etwa zweihundert Angeklagte wurden freigesprochen. Das Kriegsgericht dürfte in einer Woche seine Tätigkeit beenden Der Kaimakam von Novibazar, der beschuldigt wird, mit der reaktionären Bewegung in seinem Bezirke sympathisiert zu haben, wurde abgesetzt und mußte nach Saloniki reisen
In den Provinzen, wo die Herrschaft des jetzigen Re gimes befestigt ist, dauern die Verhaftungen und die Nach— forschungen nach reaktionären Geistlichen und Sendlingen und nach sonstigen gefährlichen Elementen fort. In anderen Pro— vinzen, wo die Lage noch ungeklärt ist, beschränkt man sich auf Ueberwachung.
— Drei türkische Dampfer haben gestern mehrere tausend Freiwillige aus Konstantinopel nach Saloniki zurückgebracht, darunter die Scharen Panitzas und Sandanskys. Dle Be— völkerung bereitete ihnen einen begeisterten Empfang. Gleich zeitig trafen 702 Gefangene und vier Waggons mit dem Harem und den Effekten Abdul Hamids ein.
Bulgarien.
Die bulgarische Regierung hat, „W. T. B. zufolge, die fremden Vertretungen amtlich verständigt, daß der Amtztitel des Königs „König der Bulgaren“ lautet.
Vorgestern abend fand im Königlichen Schloß das erste offizielle Diner statt, an dem das diplomatische Korps, die bulgarischen Minister und die Generalitätteilnahmen. Vorher hatte der König Ferdinand die diplomatischen Vertreter in feierlicher Audien; empfangen, um ihre Glückwünsche zur Anerkennung der Unab hängigkeit Bulgariens entgegenzunehmen. Der tüͤrkische Ge— schäfisträger hat an der Glückwunschaudienz und an dem offiziellen Diner beim König nicht teilgenommen. Der Geschäftsträger schützte Unpäßlichkeit vor, sein Fernbleiben ist aber, nach einer Meldung des „K. K. Telegraphen-Korre spondenzbureaus“, auf die noch nicht erfolgte formelle Aner kennung der Unabhängigkeit Bulgariens infolge des noch nicht ratifizier ten Verständigungsprotokolls zurückzuführen.
Schweden.
Der König und die Königin von Dänemark sind „W. T. B.“ zufolge, mit dem Prinzen Gustaw und den Prinzessinnen Thyra und Dagmar gestern vormittag in Stockholm eingetroffen.
Dänemark.
Der Landwirtschaftsminister Anders Nielsen hat, nach einer Meldung des, W. T. B.“, vorgestern seine Ent lassung ein⸗ gereicht. Der König hat die Demission angenommen. Eine Neubesetzung des Portefeuilles findet vorläufig nicht statt, da der bisherige Landwirtschaftsminister versprochen hat, die Ge schäfte bis auf weiteres fortzuführen.
Amerika.
Das amerikanische Staatsdepartement hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, formell die Absicht kund gegeben, die Handelsverträge mit einer Reihe von Ländern im Hinblick auf die neue Tarifgesetzgebung zu kündigen.
— Venezuela und Brasilien haben, obiger Quelle
zufolge, einen Schiedsgerichtsvertrag unterzeichnet.
Asien. Nach Meldungen der „St. Petersburger Telegraphen—
agentur“ sind die Wege in der Umgebung von Täbris jetzt
frei. Die Zufuhr von Lebensmitteln ist gesichert, doch fehlt
es noch an einem regelmäßigen Verkehr mit Dschulfa. Der
Versuch, die Post nach Dschulfa abzusenden, mißlang, da aus Furcht vor Rhakim Khan niemand auszufahren wagt. In der Stadt herrscht die größte Not. Der Endschumen wandte sich an den russischen Konsul mit der Bitte um Auskunft, aob die russischen Truppen zur Wahrung der Interessen des Volkes oder derjenigen des Schahs gekommen seien, und wie lange sie vor Täbris bleiben würden. Der russische und der eng— lische Konsul antworteten gemeinsam, daß die russischen Truppen nur zeitweilig gekommen seien, um die Wege nach Täbris zu öffnen, die Ausländer zu beschützen und die Stadt vor Raub zu bewahren, falls sie von den Schahtruppen eingenommen werden sollte.
Der Unterstaatssekretär des Innern verteldite d.
Der ,, . von Adjitschai, der acht Monate in den Händen der Reyolutionäre war, ist von einer russischen Wache besetzt worden. Ain ed Dauleh hält sich in Basmindsch, 15 ki von Täbris entfernt, auf. J. seinen Befehl rückten die Truppen des Schahs nach Sardarud, ebenfalls 15 km von Täbris gelegen. Sie hatten bisher 4 km vor der Stadt gestanden. . 6.
— Die Leiche des Kaisers Kwangsü ist, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern aus der Verbotenen Stadt abgeholt worden, um nach den 80 englische Meilen entfernten westlichen Kaiser⸗ gräbern übergeführt zu werden. Das diplomatische Korps und die zur Beisetzung entsandten fremdländischen Sondergesandt⸗ schaften wohnten dem Aufbruch des Zuges bei.
——
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die vorgestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (78. Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten wurde die zweite Beratung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten im Kapitel der Universi⸗ täten bei den Ausgaben für die Universität Berlin fortgesetzt.
Abg. D. Hackenberg (nl.) empfiehlt die Errichtung eines Lehr— stuhls für die mittel, und neugriechische Sprache zunaͤchst an der Universität Berlin.
Abg. von Neumann Großenborau (kons.) fragt an wie es mit der Schaffung von Kolonialprofessuren an den preußischen Uni— versitäten stehe.
Ministerialdirektor Dr. Naumann sagt dem Abg. D. Hacken. berg wohlwollende Erwägung seines Wunsches zu und teilt mit, daß für Kolonialrecht die Errichtung eines Ordinariats an der Berliner Universität vorgesehen sei.
Abg. Lusentzky (nl.): Der Abg. Eickhoff hat am Sonnabend den jetzigen Leiter der zahnärztlichen Klinik in Berlin auf Grund fachmännischer Gutachten angegriffen. Diese Gutachten liegen aber mehrere Jahre zurück. Bevor Herr Williger nach Berlin versetzt wurde, hat er schon als Assistent für Chirurgie und zuletzt als Assistent an dem Zahnärztlichen Institut in Breglau gewirkt. Er ist als ein guter Operateur empfohlen und gilt auch als einer der be— liebtesten Dozenten.
Abg. Eickhoff (fr. Volksp.): Wenn die Gutachten auch schon mehrere Jahre zurückliegen, so sind sie mir doch gerade in diesen Tagen wieder von fachmännischer Seste bestätigt worden. Die An sichien über die wissenschaftliche Persönlichkeit des Herrn Williger sind geteilt, und ich muß auf Grund der sachverständigen Gutachten bei meiner Auffassung beharren.“
Bei den Ausgaben für wald trin
Abg. von Hennigs-⸗Techlin (kons.) für den Neubau der Kinder⸗ klinik in Greifswald ein. Die Klinik bedürfe durchaus eines weiteren Ausbaues, und ein Neubau sei eine dringende Notwendigkeit. Wenn in der Fommisslon die Finanjverwaltung mit Rücksicht auf die Finanz⸗ lage diese Forderung abgelehnt habe, so könne man wohl nützliche Ausgaben mit Rüdsicht auf die Finanzlage unterlassen; aber hier handele ey sich um elne notwendige Kulturaufgabe, die keinen Auf⸗— schub dulde.
Abg. Dr. Rewoldt (freikons.) unterstützt unter Hinwels auf die Verhandlungen in der Budgetkommission diese Wünsche und betont die Bedeutung der Seminare für die Provinzialuniversitäten; die Seminare seien es, die einen näheren Verkehr zwischen Lehrenden und Lernenden ermöglichen. Hierin liege ein Vorzug dieser Universitäten gegenüber den großen Hochschulen, namentlich Berlin. Ein Neubau der Seminare, für die ein Platz schon vorhanden sei, und derjenige einer Kinderklinik sei unaufschiebbar. Bei der erheblichen Kindersterblichkeit sei eine Ausbildung der Studenten in der Be— handlung der Kinderkrankheiten durchaus nötig. Ebenso müsse der Bau einer akademischen Turnhalle mit Rücksicht auf die allgemein
die Universität Greifs—
anerkannte Notwendigkeit der körperlichen Ausbildung der Studenten
neben der geistigen gefordert werden. Gerade die kleinen Universitäten der Provinz müßten in sachlicher Beziehung besonders reich ausgestattet werden, um ihnen einen Ersatz zu geben gegenüber den vlelfachen sonstigen Anregungen der Großstadt.
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
Der Ausstand der Zimmerer an der Südrheinbrücke in Göln (vgl. Nr. 102 d. Bl.) ist, der Rh.⸗Westf. Ztg.“ zufolge, , . Die Dortmunder Firma hat die geforderte Lohnerhöhung bewilligt. ᷣ
Die Firma Brenne, Hau garter u. Co. in Hape, bei der die Hammer schmiede in den Ausstand getreten waren, weil sie Streitarbeit für die stillgelegten Hagen⸗Grünthaler Eisenwerke nicht verrichten wollten, hat nunmehr, wie die „Köln. Ztg.“ mitteilt, ihrer gesamten Arbeiterschaft, gegen 140 Mann, gekündigt. (Vgl. Nr. 100 d. BI.)
In Sch wab ach haben, nach demselben Blatte, sämtliche organi⸗ sierten Brauereiarbeiter die Arbeit niedergelegt.
Allen dem Deutschen Textilarbeit erberbande angehörigen Arbeitern und Arbeiterinnen von Mühlhausen (Thüringen) wurde, wie W. T. B.“ meldet, gestern von dem Vereinigten Textil- Industriellen Verbande gekündigt, weil die Arbeiter einer dortigen Firma trotz Verbots, der Arbeit Sonnabend früh ferngeblieben waren
Der Ausstand in den Eisen werken von Vareg ist, wie dem W. T. B.“ aus Serajewo telegraphiert wird, beendet. Die Arbeiter wollen morgen, Diengtag, die Arbeit wieder aufnehmen, nachdem die Direktion der Werke ihnen Berücksichtigung ihrer Wünsche zu— gesagt hat.
Wohlfahrtspflege.
In der Pfingstwoche dieses Jahres, vom 2. bis 4. Juni, findet in Dresden der 1. deutsche Blindentag statt, über dessen Argantsation und Zweck schon im Sommer vorigen Jahres kurze Mitteilungen in die Presse gelangten. Ein seltsamer Zufall hat es gefügt, daß gerade hundert Jahre verflossen sind seit der Geburt des genialen, blinden Franzosen Louis Braille, des Erfinders der erhabenen Punktschrift. Die Braillesche Schrift kann man mit Recht als die Grundlage der modernen Blindenbildung bezeichnen. Sein System eroberte im 19. Jahrhundert den Erdball. Ein Rückblick auf dag verflossene Jahrhundert zeigt die enormen Fortschritte des Blindenweseng. Um 1806 erregte eine Marla Theresia von Paradies Aufsehen, die mit Hilfe in Hol geschnittener Landkarten geographischen Unterricht erhielt. Heute steht die gebildete Welt staunend vor den Leistungen einer Helen Keller, der taubstummen und blinden Studentin, die philosophische Abhandlungen schreibt. Die
ahl der Blindenanstalten stieg in Deutschland von 1 auf 35 unter
inzurechnung der Blindenheime. . dieser unleugbaren Fort- schritte ist die Lage der Masse der erweibtztaͤtigen Blinden heute noch sehr verbesserunge bedürftig. Ist die Erwerbstätigkeit ein großer Fort⸗ schritt gegenüber der früher herrschenden Bettelet, so ist es nur ju erklär⸗ lich, daß die Blinden danach streben, an der stetigen Aufwaͤrtsentwickelung
ihrer 3konomischen und geistigen Verhältnisse selbst mitzuarbeiten. Der 1. deutsche Blindenkag ist der erste Versuch aller Blinden deutscker Zunge in Deutschland, Oesterreich und der Schweh, alle
robleme des Lebens der Nichtsehenden einmal „mit den Augen des
linden zu betrachten? Die Reichhaltigkeit des Programms n daß neben den Ausschüssen für Agitation, örtliche Vorbereitung und Finanzen vier weitere Ausschüsse die Gebiete des Handwerks, der Musik, der geistigen Arbeit und „Verschiedenes⸗ bearbeiten. Aust den zahlreichen Referaten seien hervorgehoben; Vorträge über die Lage der blinden Bürstenbinder, der Korbmacher, der Klavierstimmer, Sal onmustker usw. Ferner wird die Frage behandelt, ob und unter welchen Umständen ein Blinder studieren soll. Die Beschaffung und Auswahl von Punkt⸗ schriftliteratur, die Notenschrift, die Zeitschriftenfrage und ähnliches dürften eine eingehende Besprechung erfahren. Nicht zuletzt wird der Blindentag wohl einen großen Schritt in der einheitlichen Organi= sierung der Blinden aller Stände tun. Zahlrtiche lokale Blinden⸗ vereine sind schon jetzt in den verschiedensten Landesteilen vor—⸗ handen. Ihre Zusammenfassung zu planmäßigen gemeinsamen Arbeiten, zur Nutzbarmachung der gegenseitigen Erfahrung erscheint als dringend geboten. Der weitesten Verbreitung der an ver schiedenen Orten gemachten blindentechnischen Fortschritte dient zudem eine mit dem Blindentag verbundene Ausstellung von Lehrmttteln, Werkieugen, Schreibapparaten, Beschäftigunge mitteln für Nicht⸗ sehende und Erjeugnisse von Blinden. Ein jahlreicher Besuch der Tagung durch Blinde ist schon jetzt gesichert. Hoffentlich zeigen auch die Sehenden das wohlwollende Interesse, das einer solchen Tagung ge⸗ bührt. Die sächsische Regierung hat den Geheimrat Dr. Apelt, Abteilungsdirektor im Ministerlum des Innern, mit der Vertretung betraut, während das Ehrenpräsidium Oberbürgermelster Beutler übernommen hat. Unter den Mitarbeitern der Tagung be finden sich zahlreiche Namen, die in der Blindenwelt einen guten Klang haben. Den Vorstand der vorbereitenden Ausschüsse bilden die Herren August Baron, Vorsitzender des Vereint der Blinden in Dresden und Umgegend, Hugo Ritter von Chlumecky, K. K. Statthaltereirat a. D. in Brünn, August von Horbath, Obmann Stellvertreter des ersten Blindenunterstützungs⸗ vereins für Niederösterrelch, Wien, Herbert Hammel, Arbeitslehrer an der Blindenanstalt Ilvesheim in Baden, F. W. Vogel, Vor—⸗ sitzender des Vereins der Blinden von Hamburg und Umgegend, Her— mann Wichmann, Organist und Kantor, Vorsitzender des allgemelnen Blindenvereins in Berlin. — Wenn sich zu einer derartigen Beteili⸗ gung der Blinden ein annähernd gleiches Interesse der sehenden Blindenfreunde gesellt, wird die Tagung sicherlich einen Markstein in der Entwicklungsgeschichte des Blindenwesens bilden.
sunst und Wissenschaft.
Die große Berliner Kunstausstellung 1909 wurde am Sonnabend, Nachmittags 2 Uhr, im blauen Saale des Ausstellungs⸗ gebändet am Lehrter Bahnbof feierlich eröffnet. Nachdem der Chor der Singakademie und das Philharmonische Orchester unter der Leitung des Professors G. Schumann eine Festkantate vorgetragen hatten, hielt der Präsident der Ausstellung, Professor Hans Looschen die
Eröffnungsrede, in der er sich an den als Vertreter des Ministerlums
der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten erschienenen Wirklichen Geheimen Oberregierungrat Dr. Schmidt wandte und folgendes ausführte: „An die heute zu eröffnende Große Berliner Kunstausstellung knüpfen sich, wie an alle vorhergehenden, die Hoffnungen der hier vertretenen heimischen und ausländischen Künstler, die um den Lorbeer der Kunst gewetteifert haben. Nicht der äußere Gewinn — wir dürfen es wohl behaupten — ist für die weit überwiegende Mehrzahl der Beteiligten das höchste Ziel ihres Strebens gewesen, nicht das Gepräge des Verkauftseinwollens tragen ibre Werke, sondern sie sind entsprungen aus rein künstlerischer Quelle, der idealen Liebe zur Kunst. Zu den deutschen Künstlern haben sich ausländische gesellt. Das Gute und Beste von ihren Schöpfungen hier zu zeigen, ist auch in diesem Jahre das Bestreben der Aus⸗ stellungetleitung gewesen, und man wird finden, daß es in Wahrheit erlesene Werke sind, die daz Ausland vertreten. Sicherlich ist die Verschiedenheit der malerischen Ausdrucksweise nirgends so groß wie bei uns in Deutschland, und wenn man darin einerseits einen Mangel an guter Ueberlieferung erblicken könnte, so ist diese Verschiedenheit anderseits sicherlich ein Zeichen von gesunder Kraft, die unsere großen und eigenartigen Meister wie Böcklin, Leibl, Menzel usw. gezeitigt hat. Weniger stark tritt diese Mannigfaltigleit der Stilrichtungen in der plastischen Kunst zutage, die ihrer Natur nach fester an die Form gebunden ist und darum von persönlichen Wesensverschiedenheiten der Künstler in geringerem Maße berührt wird. Außer Berlin haben die Städte Düsseldorf, München, Karlsruhe und Wien unsere Ausstellung reich beschickt, und wir erblicken in der Beteiligung der Künstlerschaften dieser berühmten Stätten der Kunst eine erneute Gewähr für ein einträchtiges Zusammenwirken der gesamten deutschen Malerei und Bildnerei. Einigen hervorragenden Malern haben wir Sonderausstellungen gewährt, die in den vorderen Sälen Platz gefunden haben. Durch das danken werte Entgegenkommen einiger Galerien und die Unterstützung verschiedener Kunstfreunde wurde es uns er— möglicht, eine Sammlung von Künstlerporträts jzusammenzustellen, deren
Darbietung den Wünschen vieler entsprechen dürfte. Eine Neugestaltung die neben dem Kuppelsaal liegen,
haben die beiden großen Säle, erfahren. Sie sind intimer geworden und erleichtern durch die Dreiteilung des Raumes wesentlich das Arrangement der Kunst⸗ werke. Den Wünschen der Bildhauer ist besonders im Saal 17 Rechnung getragen worden. Ferner haben wir versucht, einige Säle wohnlicher herzustellen, um zu zeigen, wie gut Bilder in solchen Räumen wirken. Für den Besucher der Ausstellung werden diese dekorativ reicheren Säle eine angenehme Abwechselung sein. Durch diese Maßnahmen hoffen wir, das Gesamtbild vorteil⸗ haft verändert und unseren Zwecken dienlicher auggestaltet zu haben. Freilich hat auch diesmal eine erhebliche Zahl von eingesandten Arbeiten jurückgewiesen werden müssen, weil sie den künstlerischen An⸗ sprüchen nicht genügten. Aber die Jury ist sich bewußt, nach bestem Wissen und Gewissen ihres schwierigen Amtes gewaltet zu haben. Daß auch dieses Jahr Kunstdilettanten in großer Menge Aufnahme für ihre Arbeiten begehrt haben, erklärt vornehmlich die so vielfach not⸗ wendig gewesene Ablehnung. Zu meiner großen Freude kann ich beute, am Tage der Eröffnung unserer Ausstellung, mitteilen, daß Seine Majestät der Kaiser auch in diesem Jahre die Gnade hatte, die Verleihung von Medaillen zu bewilligen, ferner daß die Stadt Berlin in hochherziger Weise für das Jahr 1909 Preise im Betrage von 12 000 6 für hervorragende Leistungen Berliner Künstler ge⸗ stifiet hat. Ich habe die Ehre, im Namen der Berliner Künstler, die diese ibnen geltende Ehrung hoch ju schätzen wissen, den Vätern unserer Stadt ehrerbietigen und herilichen Dank dafür auszusprechen. Wir Berliner haben es freudig empfunden, daß man unser besonders ge⸗ dachte, und deshalb wiederhole ich, daß wir für dieses Liebeszeichen auch ganz besonders dankbar sind.“
Der Präsident dankte sodann noch dem Ministerium für die Ge währung einer Lotteri- und richtete zum Schluß die Bitte an den Vertreter des Ministerlums der geistlichen 2c. Angelegenheiten, die Ausstellung eröffnen zu wollen.
Hierauf nahm der Wirkliche Geheime Oberregierungsrat Dr. Schmidt das Wort. Er beglückwünschte die Ausstellungsleitung zu dem Abschluß ihrer mühevollen Arbeit und führte dann weiter etwa folgendes aus: . .
„Dle Zahl der Ausstellungen im deutschen Kunstgebiet ist diesmal wieder besonders groß. Außer in Berlin werden heute noch in Wies— baden und Dresden zwei wenigstens teilweise der Kunst gewidmete Aug—⸗ stellungen eröffnet, und, von anderen abgesehen, stehen auch in München, Düsseldorf und Wien größere Kunstausstellungen bevor.“ Die Große Berliner Kunstautstellung werde sich in diesen Kreig würdlg einreihen. Der Redner legte dann in fesselnder Art die Bedeutung unseres Ausstellungswesens dar. Gegen—⸗ über den unleugbaren Vorteilen, welche die Augstellungen dem Künstler böten, werde nicht ohne Grund eingewandt, daß das Zuviel
der Ausstellungen ju hastigem Schaffen veranlasse, daß die vielfach durch persönllche und sonstige äußere Umstände veranlaßten Zer⸗ klüftungen in der Künftlerschaft gerade in der Trennung der Aug stellungen Ausdruck gefunden hätten und durch sie verschärft worden seien, ja auch, daß die Zurüdweisung von Künstlern oder ungünstigere Einschätzung seitens des Publikums auf einem Gebiete, auf dem doch absolute Maßstäbe fehlen, Existenzen zu gefährden geeignet sei, hier und da vielleicht sogar nicht unberechtigte künstlerische Auffassungen hemmte. Allein es wäre müßig, in diesen Fragen Entscheidung ju suchen. Unser modernes Ausstellungswesen sei im In und Ausland etwas in Jahr⸗ zehnten historisch Gewordenes, das alt solches Anspruch auf Würdigung habe und nicht ohne weiteres aus der Welt geschafft werden könne. Es wäre daher auch kaum angejeigt, der Berliner Künstlerschaft eine Einschränkung ihrer Ausstellungen zu empfehlen, wenn nicht auch von andern Kunststätten mit einer durchgreifenden Um⸗ gestaltung der bisherigen Einrichtungen vorgegangen würde. Eins aber müͤssss immer wieder betont werden, was allein ein Gegengewicht gegen das Zupiel des Ausstellungswesens zu bieten vermöge: Unsere Künstler dürften nicht vergessen, daß die Ausstellungen nicht Ziel und Mittelpunkt ihres Schaffens werden dürfen. Der wahre Künstler solle, wie es der Herr Vorredner gesagt habe, aus idealer Liebe zur Kunst wirken, selnem inneren Vrange folgend, und nicht ohne Fühlung mit der Gegenwart, aber . hängig von der öffentlichen Meinung. In dem Drängen der Autz⸗ stellungen dürfe ihm der ruhende Pol und die heilige Flamme echten Künstlertums nicht verloren gehen. Dazu sei in ersler Linie gründliche Schulung unserer künstlerischen Jugend und ernste Selbstzucht unter unseren schaffenden Künstlern erforderlich. Und“, fuhr der Redner fort, „gestatten Sie mir, der ich mich seit einer Reihe von Jahren um den Auggleich der Gegensätze in der Künstlerschaft mühe, eins hinzuzufügen: Je mehr der Künstler an sich selbst arbeitet, um so mehr bringt er auch dem Schaffen anderer Künstler Achtung und Verständnis entgegen, um so eher werden wir also auch in der Künstlerschaft zum Ausgleich und zu dem für die Geltendmachung der heimischen Kunst nach außen unerläßlichen Kunstfrieden gelangen. Daß dieser nicht fern sei, wünsche ich von Herzen.“
Zum Schlusse betonte der Redner, daß auch Seine Majestät der Kaiser und König, als ein Friedengfürst, einer befriedigenden Lzsung dieser Gegensätze nabestehe. Die Ansprache schloß mit einem lebhaft aufgenommenen Hoch auf Seine. Majestät. Haͤndels Hallelujah“ beendete die Eröffnungsfeier, an die sich ein Rundgang durch die Aus⸗ stellung und später ein Festmahl anschloß.
Ausstellungsnachrichten.
In der Zeit vom 16. bis 20. Juni d. J. soll — wie alljährlich — in Paris auf dem Marsfelde ein nationaler Zentral⸗ wettbewerb für Zuchttiere der Pferde⸗ und Eselrassen abgehalten werden. Zugelassen werden zum Wettbewerb nur in Frankreich erzeugte Tiere. Anm el dungen müssen spätestens bis jum 8. Mai d. J. bei dem französischen Ackerbauministerium (Ge⸗ stützverwaltung — Direction des haras — 2. Bureau) erfolgen.
Land⸗ und Forstwirtschaft. Saatenstand in Rußland.
Der Kaiserliche Konsul in Charkow berichtet unterm 25. v. M.: Der Stand der Wintersaaten kann im Konsulatsbezirk, nachdem überall die Schneedecke verschwunden ist, im allgemeinen als befriedigend, in den Gouvernements Charkow und Jekaterinoslaw alt gut bezeichnet werden; nicht völlig befriedigend ist er im Don⸗ gebiet, wo die Saaten im Herbst vorigen Jahres vor Eintritt des Schneefalls bereits unter trockenem Frost gelitten hatten. Der Boden hat durchweg, mit Ausnahme von einigen wenigen Stellen, wo die Schneeschmelze zu rasch vor sich gegangen und das Wasser von dem noch hart gefrorenen Boden abgelaufen ist, genügend Feuchtigkeit aufgenommen. Die Frühjahrsbestellung hat sich infolge des lang an⸗ dauernden Winters um 2 bis 3 Wochen verspätet, was indessen für das Wachstum der Saaten kein Nachteil sein dürfte.
Saatenstand der Vereinigten Staaten von Amerika.
Der Kaiserliche Konsul in Cincinnati berichtet unterm 13. April d. J.: Nach einer Veröffentlichung deg Ackerbauamtg des Staates Ohio können die Wachstumaussichten für Weizen nicht als besonderg gut bezeichnet werden, da sie nur 62 v. H. eines guten Durchschnittg betrügen. Die Saat ist beinahe überall spät gelegt worden und die Witterungsbedingungen waren ihrem Gedeihen nicht günstig. Viel Schaden ist den Weizensaaten durch abwechselndes Tau und Frostwetter im Märj; zugefügt worden. Manche im vergangenen Herbst mit Weizen bestellten Aecker werden noch einmal aufgepflügt und mit Korn oder Hafer neu besät werden. Dies wird die an und für sich zusammen⸗ geschrumpften Weizenanbauflächen noch weiter verkleinern. Im ver⸗ gangenen Jahre um die entsprechende Zeit stand die Weizenaussicht auf 85 v. H. und wurde die vermutliche Ertragsabschätzung auf 15,9 Bushel für den Acre abgegeben. Es wird angenommen, daß 12. v. H. der letztjährigen Weizenernte noch in den Händen der Bauern liegt.
Die Aussichten für Roggen sind etwas günstiger, etwa 79 v. H. des guten Durchschnitts. — Mais in der Scheune ist in sehr guter Verfassung, etwa 98 v. H. vom Durchschnitt ausweisend. — Die Obstaussichten sind weniger erfreulich als im Jahr vorher, etwa 86 v. H. gegen 97 v. H. im Jahre 1908.
Die wilde Spekulation in Weizen ist bereits seit Beginn des Monats April 1909 in vollem Gange, die Preise sind über die bisher vorgekommene Höbe emporgeschnellt. Ist auch mit Bestimmtheit auf weiteres Feuerwerk an den Hauptweizenbörsen zu rechnen, so bat sich injwischen die kaufmännische Meinung ju der Erwartung verdichtet, daß Weizen auf längere Zeitdauer hin am Weltmarkt teuer bleiben wird. Die Gründe liegen zunächst in dem ungewöhnlich kalten und rauhen Frübjahr im amerikanischen Farmwesten, das dem Wachstum deg jumal spät gesäten Winterweizengz und der Aussaat des Sommerweizeng wenig förderlich gewesen ist. Dann aber hat sich herausgestellt, daß die Reserven in den Händen der Farmer, die als geringer als im Vorjahr angegeben wurden, dies auch wirklich waren. Die Spekulanten, die mit einem vermuteten Trick der Bauern rechneten, haben sich getäuscht. Endlich sind nach den Meldungen aug den übrigen Weljenländern die Vorräte zum Teil aufgezebrt, zum Teil soweit zusammengeschmolzen, daß es mehrerer reicher Ernten bedürfen wird, um die Weijenpreise wieder in die früheren Schranken zurück⸗ zuweisen.
Ist sonach die gegenwärtige amerikanische Weizenhausse nicht nur ein Börsenspiel, sondern auch das Spiegelbild einer sich an⸗ kündigenden Brotnot, so entsprechen dem die getroffenen Maßnahmen. In erster Linie die zurückgegangene Ausfuhr an Weizen und nament⸗ Iich an Weizenmehl. Nachdem der Meblhandel bereits seit Neu⸗ jahr sich in engen Grenzen bewegt hatte, da sowohl Bäcker als auch Händler nur die dringendsten Ankäufe machten, arbeiten die Mühlen nunmehr dauernd nur mit halber oder noch geringerer Zeit. Die Farmer sind in Weijen ausver⸗ kauft. Die Mühlen müssen den Welten auf den gige. Märkten kaufen. Bezeichnend ist, daß die östlichen Häfen größere Mengen Weijen nach dem Westen zurück verfrachten mußten. Die Ausfuhr in Weljen und Mehl wird auch für die nächsten zwei bis drei Monate eine geringe bleiben, da Amerska für seinen Gigenverbrauch sich vor⸗ sehen muß. Gleichwohl wird die Unton in die nächste Kampagne mit gefährlich geringen Vorräten eintreten.
Der amtliche Erntebericht gibt den Stand des Winter⸗ welzent am 1. April 1909 im ganzen und in den Hauptstaaten mit beachtengwert gesunkenen Zahlen an. Sie lauten: