ges ßhandelsvreise von Getreide an beutschen nnd fremden Gõrsenplãtzen
far vie boche vom 3. vis 8. Mai 1000 nebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. 1000 kg in Mark. (Prelse für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt. )
Woche Da⸗ 3.8. egen Mai or⸗ 19099 woche
179,92 17677
Berlin.
rr guter, gesunder, mindesten 712 , * 2 ö. 756 251,83 245357 Hafer, s ö 180, 43 178, 00
Manheim.
en, Mähler, . ; mittel 1898 75 W äaljer, ru er, amerll., rumän., mittel, 266,81 Safer. n. russischer, mittel gerne 2833
18625 262, 96 190, 62 193,75 145,62
191,87 al jer, mittel
193,75 utter⸗, mittel. 146, 25 Wien.
en,
er, ungarischer J.. te, slovakische Mai, ungaris
177,44 269, 58 168, 68
139 9
177,49 268.79 162, 98
141,65
169, S5 168,78 2hb, 27 165 5s 153. 55
130,13
138,38
Roggen, 71 bit 72 kg daz hl! ö 183,85
Ulla, 75 big 76 kg daß hl.
Riga. Roggen, 71 bis 72 Eg das hl.. , Paris. . lieferbare Ware det laufenden Monats
Antwerpen.
Donau⸗, mittel Kansas Nr. 2 La Plata Kurrachee Kalkutta Nr. 2 Australier
Am sterdam. sow . 3 ;
94 138,97 185.832
150,20 205. 98
200, 22 301,963 205 27 196.5 1506 59R,. 155.74 1965,76
zo. g 261.903
153,31 154,353 197, 69 208.23 135,56 133,02
t. Petersburger
200 20 208 9s oz Ha Ig. 6 191,45 189.29 146 33 144,57 ißb z jd z
engl. 294 (Hark Lane) ...
MWenjen englisches Getreide, Ref Mittelprelg aug 196 Marktorten erste
(Gazette averages)
Liverpool.
russischer
206 ob 202.601 roter Winter Nr. 2
— 185. a MWeijen 207, 21 197,59 206 27 201, 82 les r Jos. 5 138. 14 115 49 150 55
Odessa Mals amertkan., bunt La Plata, gelber
146,49 152,12
197,28 177,93 162.78 118,99
188,74 169, 30 157 39 11677
Wehen, Lieferungg ware j
Malg 2 Nen York.
roter Winter · Nr. 2 223,04
205,92
Weinen 186 55 173, 66
135,64
217,86 196, 16 186, i 168, 49 152,56
Mal gleferunggzware ¶ Juli
— September Mais =
GSuenos Lireg.
6 Durchschnittgware
) Angaben liegen nicht vor.
186,20 104,24
Bemerkungen.
1Imperlal Quarter ist für die Wehennoth an der Londoner Pro⸗ , — 504 irn engl. gerechnet; für die aug den Umsätzen an 155 Marktorten des Königreichg ermittelten Durchschnittgzprelse 9 einheimisches Getreide (Gazette averages) ist 1 Imperial Quarter KReijen = 486, Hafer — 312, Gerste — 400 Pfund engl. angesetzt; I Bußfhel Wehen — 60, 1 Bushel Mailt — 66 Pfund . 1 Pfund englisch — 453,6 g; 1ẽ2aft Roggen — 2100, Weizen — 2450, Mals — 2000 kEg.
Bel der =, D. der Prelse in Relchgwährung sind hie aut den einzelnen Tageöangaben im Reichzanzeiger ermittelten wöchentlichen g ö, e., an der He leer Börse ju Gründe gelegt, und jwar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, ir London und Liverpool die Kurse auf London, für Chicago und
en Hork die Kurse auf Neu Jork, für Odessa und Riga die Kurse . Si. Petersburg, fär Parlg, Antwerpen und Amsterdam dle Kurse auß diese Plätze. Breise in Buenos Aires unter Berũcksichtigung der Goldyrämle.
Berlin, den 12. Mai 19039.
alserliches Statistisches Amt. van der Borgbt.
Preusischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
84. Sitzung vom 11. Mai 1909, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Das Haus setzt die dritte Beratun
. des Entwurfs des Staatshäushaltsetats für das
ech nungsjahr 1909
ort. Zum Etat der Ansiedlungskommission begründet bg. Aronsohn (fr. Volksp) den Antrag, „die Königliche Staatgregierung ju ersuchen, daß die von den An stedlern zu hinter⸗ legenden Kautionen für deren Ausrüstungen in mündel⸗ sicherer Form hinterlegt werden!.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim;
Die Ausführungen und der Antrag Aronsohn beruhen auf einem Irrtum. Er hat Kautionen verwechselt mit den Autrüstungsgeldern, die die Ansiedler stellen. Pachtkautionen und Kautionen, die sie stellen bei Abschluß des Kaufvertrages, werden stets bei den Ansiedlungs⸗ kommissionen asserviert. Was Herr Aronsohn anscheinend geändert zu sehen wünscht, ist die Unterbringung der Gelder, die die Ansiedler nachweisen müssen für den Aufbau ihres Gehöfts und die Beschaffung des Inventars. Diese Gelder können die Ansiedler entweder bei den Ansiedlungskommissionen deponieren, wo sie allerdings nicht vernnst werden, oder bei der Landesgenossenschaftskaffe einzahlen. Es ist ein Vertrag mit der Lande genossenschaftekasse abgeschlossen dahingehend, daß diese Gelder, die jederzelt von den Einzahlern abgehoben werden können, also keiner Kündigung bedürfen, den Ansiedlern mit 3 0o ver⸗ zinst werden. Die Landesgenossenschaftskasse hat ferner der An⸗ siedlungskommission eine Kaution von 400 000 M gestellt, damit auch polle Sicherheit für die Gelder geschaffen ist. Eg ist für die Ansiedler vorteilhafter, ihre Gelder verzinst unterzubringen, als sie ohne Ver⸗ zinsung bei der Ansiedlungekommission einzuzahlen, und deshalb be⸗ nutzen die Ansiedler alle diese ihnen gebotene Gelegenheit und zahlen diese Gelder bei der Landesgenossenschaftskasse ein. Es liegt nicht der geringste Grund vor, diesen Zustand zu ändern; denn eine Gefahr ist für die Ansiedler damit nicht verknüpft, und der Ansiedlungz⸗ kommission wird eine Unmasse Arbeit, die mit den Einzahlungen ver⸗ knüpft ist, genommen.
Der ganze Antrag ist also hinfällig, da er ganz etwas anderes bezweckt, als in ihm auszesprochen ist; ich bitte, ihn abzulehnen.
Abg. von Til ly (kons. ): Es muß mit großer Freude begrüßt werden, daß die Ansiedlungskommission sich entschlessen hat, zur Lösung der wichtigen Frage der Seßhaftmachung deutscher Arbeiter auch ihrer⸗ seitz beizutragen. Sie hat eine erhebliche Zahl von Arbeiterhäusern erbauen laffen. Es fragt sich nun, ob diese Wohnungen auch für gewerbliche Arheiter zugänglich sein follen. Wir wünschen nicht, daß diefe Arbeiter schlechter gestellt sein sollen, als die angesetzten Arbeiter. Wäaz die Besttzfeftigung größerer Güter in der Ostmarh betrifft, so ging der Antrag von Wentzel früher dahin, daß die se Besitzfestigung nicht durch die Bauernbank in Danzig und die Mittelstandskasse in Posen, sondern durch die Ansiedlungskommission zu besorgen sei. Nachdem der Minister dieser Fafsung widersprochen hat, haben wir ben Antrag dahin abgtändert, daß, falls die Regierung daran festhält, daß die Besitzfestigung größerer Güter in der Ostmark nicht durch die Ansiedlungskommission, sondern durch die beiden Gesellschaften er⸗ folgen soll, mit diesen beiden Inssituten Vereinbarungen dahin zu treffen sind, daß, sofern sich Mißbelligkeiten ergeben, die Ansiedlungs⸗ kommissien für Weslpreußen und Posen jederzeit in der Lage ist, jene Besitzfestigung selbst zu übernehmen, und daß auf sie alsdann alle bereiks begründeten Rechte und Pflichten ohne weiteres übergehen, sie auch das ausschließliche Verfügungsiecht über den angesammelten Ristkofonds erbaͤlt. Ich beantrage, diesen so modifizierten Antrag der Budgetkommission zu überweisen; dort wird die Regierung Gelegen heit haben, sich näher darüber auszusprechen.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim:
Meine Herren! Ich will nur kurz auf die Anregung des Herrn Vorredner bezüglich der Arbeiferansiedlungen antworten.
Ich stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die Arbeiter- ansiedlungen, soweit sie außerhalb der von der Ansiedlungtkommission angelegten Kolonien geschieht, der Hauptsache nach in die Hand der kleinen Ansiedlungsgesellschaften, von denen wir in Posen eine große Anzahl haben, zu legen ist, und daß diese kleinen Gesellschaften aus dem 75 Millionenfonds zu unterstützen sind. Wenn der Herr Vor⸗ redner sagt, ich hätte daz im Unklaren gelassen, so, glaube ich, irrt er sich. Ich habe nach dieser Richtung schon in der Budgetkommission autzreichende Zusicherungen gegeben. Fraglich war allein, ob nach dem Wortlaut des Gesetzes aus diesem 75 Millionenfonds auch für ge⸗ werbliche Arbelter Beihilfen gegeben werden können. Diese Frage ist bloher noch nicht geklärt.
Was den Antrag von Wentzel anbelangt, so kann ich mir wohl versagen, darauf einzugehen, da er ja der Beratung der Budget- kommlssion unterliegen wird.
Abg. Viereck (freikons. ). Die Bauernbank in Danzig und die Mittelstandstasse in Posen haben für den mittleren und kleinen Grundbesitz Vorzügliches geleistet. Die Ansiedlungskommission hat nicht nur die Aufgabe, anusiedeln, sondern auch das Deutschtum im allgemeinen und die Sanierung des angesessenen Großgrundbesitzes zu fördern. Darum muß sie auch in bezug auf die Beleihungsgrenze ein entscheidendes Mitbestlmmungsrecht haben. Wir stimmen dem Antrage zu, den Antrag von Wentzel der Budgetkommission zu überwelsen. Von der größten Wichtiekeit ist es, die deutschen Arbeiter durch den Bau von Wohnhäusern seßhaft zu machen, damit wir nicht allein auf polnische Arbelter angewiesen sind. Man sollte bei der Ansi'dlung folche Stellen auswählen, wo die Arbeiter Arbeit finden können. Das Bestebenlassen größrrer Güter in der Provinz Posen betrachten wir als eine rein wirtschaftliche Frage. Den mittleren und kleinen Grundbesitz wollen wir erhalten und auch dim kleinen Besitzer die Möglichkest geben, sich durch Fleiß und Sparsamkeit zu einem größeren Besitz emporzuarbeiten. Der größere Grundbesitz darf aber nicht ganz aufgeteilt werden, well er die Aufgabe hat, die Landwirt- schaft technisch zu fördern. Man kann dlese Frage verschieden beurteilen, Gegenstand des Kampfes braucht sie aber nicht zu sein. Die deutschen Ansiedler sind ibrer Aufgabe vollkommen gewachsen, sie bedürfen einer Bebormundung nicht, sie verdienen deshalb auch, in Kreis und Provinz so vertreten ju sein, wie eg ihren Interessen entspricht. Gz wird allerdings nicht möglich sein, die Kreszordnung von 1872 überall in der Provinz Pofen einzuführen, weil sich sonst politische Kämpfe herautzbilden könnten, aber in einzelnen Teilen wird dies wohl möglich sein.
Abg. Aronsohn (fr. Volkep.) hat inzwischen seinem Antrage folgende veränderte Fassung gegeben; die Königliche Staattzreglerung zu ersuchen, daß die von den Anstedlungen ju hinterlegenden Aut, rüstungsgelder in mündelsicherer Form hinterlegt werden.
Minister für Landwirtschaft 1c. von Arnim Meine Herren! Wie ich erst erklärte, habe ich nicht die Absicht,
ju dem Antrage von Wentzel dag Wort zu nehmen.
82
Die Ausführungen des Herrn Vorredners jwingen mich aber doch, einige Irrtümer richtig ju stellen. Zunächst kann ich ihm be
stätigen, daß der Auftrag der Königlichen Staatsregierung an die
Mittelstandskasse und Bauernbank jederzelt zurückgeiogen werden kann.
Was aber seine Auffassung bejüglich der Sicherheitsfonds an belangt, so befindet er sich, glaube ich, in einem Irrtum. Gin Ver⸗ glelch mit den Amortisatlonsgeldern der Landschaft ist nicht zulässig. (Zuruf.) Ich spreche von dem Sicherheitsfonds, den die Mittelstande⸗ kasse und Bauernbank aus Beiträgen der ju entschuldenden Besitzer ansammelt. Er wird angesammelt aus einem Beitrag, der 1a oso bei solchen Besitzern beträgt, die sich nicht der Verschuldungsgrenze unterwerfen, und der „fo olo bei solchen Besitzern beträgt, die sich der Verschul dungggrenze unterwerfen. Diesen Fonds mit dem Amorti⸗ satlont fonds der Landschasten vergleichen zu wollen, ist nicht zulässig. Der Amortisationsfonds der Landschasten wird von den Kreditverbundenen aufgebracht, und diese haften gemeinsam für die Schuld des einzelnen aach mit dem Amortisationsfonds. Ganz andert hler bei der Mittelstandskasse und der Bchernbank! Hier übernimmt die betreffende Bank die Haftung für Ausfälle ausschließlich. Die zu Entschuldenden haben keinerlei gemeinsame Haftung, haften also nicht für Ausfälle, die bei irgend einer Trangaktion entstehen. Der Sicherheitsfsnds bildet also ausschließlich in Aequivalent für die Haftung der Bank, gehört also der Bank. Wird durch die Haftung der Bestand des Sicherheltsfonds überschritten, dann müssen die Banken das Betreffende zulegen; brauchen sie die Gelder nicht, so können sie das übrig Bleibende in ihre Tasche stecken. Tatsãächlich
geht der Sicherheitgfonds in das Eigentum der betreffenden Banken?
über. Es würde nicht möglich sein, diesen Fonds, fallg er nicht auf⸗ gebraucht wird, einfach an die Ansiedlungskonmmission zu überführen, wenn der Ansiedlungslommission die Regulierung des Großgrund⸗ besitzes übertragen würde. Wollte man das machen, so müßte die Ansiedlungt kommission ein entsprechendes Defizit, das etwa bei den Banken entstanden sein könnte, gleichfalls übernehmen. Die Ueberführung der Fonds ist also nicht zulässig.
Was die Frage der Arbeiteransiedlung anlangt, so sollen den Kolonisationsgesellschaften die Beihilfen, die aus dem 75⸗Millionen⸗ fonds gegeben werden, in erster Linie jzur Regulierung der öffentlichen Angelegenheiten überwiesen werden. Ob sie dasjenige, wa sie davon übrig behalten und in einen Auegleichsfonds tun müssen, nun in Resthypotheken anlegen, um die fehlenden 15 0ͤ0 den Leuten als Hypothek ju geben, bleibt ihnen überlassen.
Abg. Glatzel (nl): Mit dem Antrag Aronsohn wäre den An⸗ siedlern selbst wenig gedient; er wäre nur eine Erschwerung des Geld- perkehrgß. Den Antrag Wentzel wünschen auch wir bezuglich seiner Durchführbarkeit in der Kommission näher zu prüfen.
Mbg. Wolff-⸗Lissa (fr. Vgg): Wir werden ebenfalls für die Ueberweisung detß Antrags Wentzel an die Budgetkommission stimmen. Die Ginwände gegen den Antrag Aronsohn können wir nicht gelten lassen. Bie Angriffe gegen die „freien! Genossen⸗ schaften bei der zweiten Lesung haben damals leider leine Zurück= weifung mehr erfahren können. Die übermächtlge Konkurrenz des Deutschen Lagerhauses in Posen läßt die mittleren und kleinen Händler aus der Provinz Posen immer mehr verschwinden. Dag Deutsche Lagerhaus beschrankt sich nicht auf die kolossalen Gewinne, die es als Kommissionär der Ansiedlungskommission bei Geschäften mit den Ansiedlern macht, sondern es kauft und herkauft bel Gutsbesitzern, Bauern und kleinen Leuten; und als Gesellschaft m. b. H. kann es Geschäste mit Dritten machen, während die Genossenschaften durch das Genossenschaftsgesetz verhindert sind, mit Nichtgenossen Geschäfte zu machen. Das Deutsche Lagerhauß ist aus demselben Grunde eine Gesellschaft m. b. H, aus dem die Zentraldarlehnskasse in Neuwied eine Aktiengesellschaft ist. Besser kann es nur werden, wenn dem Deuischen Lagerhause der Geschäftsverkehr mit Dritten unter sagt wird.
Nachdem die Abggzg. Aronsohn fr. Volksp.) und Viereck (freikons) sich nochmals kurz zur Sache geäußert haben, wird der Etat der Ansiedlungskommission gegen das Zentrum und die Polen bewilligt. Die Anträge Aronsohn und Wentzel werden der Budgetkommission überwiesen.
Beim Etat der landwirtschaftlichen Verwaltung weist
Abg. Dr. Gaigalat (kons.) von neuem auf die schweren Folgen der Ueberschwemmungen für die Bevölkerung in Masuren hin und erörtert eine Reihe von Vorschlägen zum Schutze für die Zukunft. Es müßten energische Maßregeln getroffen werden, aber er habe das Vertrauen zur Reglerung, daß sie diesen Anregungen folgen werde.
Abg. von Flottwel l (freilons) beklagt den langsamen Fortgang von landwirtschaftlichen Mellorationgarbeiten, der darauf zurück ufüähren sei, daß die Zahl der Meliorationebauämter ungenügend sei und die Aemter sowie deren Hilftarbeiter überlastet seien.
Abg. von Strom beck (Zentr.) bemängelt eine Verfügung des Regierungspräsidenten in Erfurt, wonach die Stallspe re verhängt werden soll, wenn der Verdacht der Schafräude hestehe, sowie eine Anordnung des Landrats des Kreises Heiligenstadt, wonach die Stallsperre wieder aufgehoben werden kann, wenn die Schafhalter sisch verpflichten, bis Mitie Juni das Badeverfahren anjuwenden. Der Redner bittet die Regierung, die Schafhalter von dieser Verpflichtung zu befreien, wenn sie bis Anfang Juni ein tlerärztliches Attest ein⸗ gerticht kätten, daß weder die Schafräude noch ein Verdacht derselben bestehe; er empfiehlt statt des Badeverfahrens das Schmier⸗ verfahren. J . ö
Abg. Heine (nl) schließt sich den Ausführungen des Abg. von Strombeck an und erklärt sich gegen das Badeverfahren.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim:
Der Abg. Gaigalat hat Beschwerden über Ueberschwemmungs⸗ schäden im Memeltal vorgebracht. Die Schäden erkenne ich an. Gz ist aber schwer, Abhilfe zu schaffen, well es sich hier um ein großes flachliegendes Gebiet handelt, das immer wieder überschwemmt wird⸗ und das wir kaum durch Eindeichung schützen können, ohne andere Gebiete zu schädigen. Er hat speniell auf die Kolonie Bltmarck Bezug genommen. Da kann ich Ihnen mitteilen, daß in Auctsicht genommen ist, allmählich die gefährdeten Gehöfte zu verlegen, und daß damit schon begonnen ist. Soweit die Mittel reichen, wird also eine allmähliche Verlegung der gefährdeten Höfe an sichere Stellen stattfinden.
Der Abg. von Flottwell hat darüber geklagt, daß die Zahl der Meliorationgbaubeamten nicht genüge. Eg ist richtig, daß diese Beamten sehr stark in Anspruch genommen sind. Wenn er aber melnt, daß in Westpreußen er stammt ja aut Westpreußen, ich nehme an, seine Ausführungen bezogen sich auch auf Westpreußen pie Tätigkeit der Meliorationsbaubeamten auf den Domänen schuld daran wäre, daß Privasproj(kte liegen blieben, so ist er im Irrtum. Wir haben für die Domänen eine bestimmte Anzahl Beamte ab⸗ gesondert, um Konflikte zu vermelden. Et schweben jetzt Verhand⸗ lungen bejüglich der Regelung der Wasserbauperwaltung, und ich hoffe, eg wird dabei gelingen, auch diesem Wunsch auf Vermehrung der Melloratlongbaubeamten einigermaßen Mechnung tragen ju können.
Ich komme nun zu den Klagen, die von Herren Strombeck und Heine bejüglich der Belämpfung der Räude vorgebracht sind. Die Räude ist eine besonders eigentümliche Krankheit des Eichts⸗ feldes, sie richtet großen Schaden an. Merlwürdigerweise aber finden wir bel den Schafsbesitzern des Eichsfeldes wenig Verständnis und Entgegenkommen bei lhrer Bekämpfung. Wenn der Herr Abg. Heine melnte, das Badeverfahren sei kein durchschlagen⸗ des Mittel, so steht er da in Widerspruch mit der Auffassunz der ganjen Veterlnärverwaltung, die der Ansicht ist, daß ein richtig durch⸗ geführtes Badeverfahren ein absolut sicheres und auch das einzige wirksame, durchschlagende Mittel ist. Das sogenannte Schmier⸗ verfahren, welches darin besteht, die einzelnen erkrankten Stellen auf der Haut mit Stoffen, die die Milben töten, einzuschmieren, kann nie und nimmer die Wirkung haber, weil es gar nicht möglich ist, alle kleinen Räudekolonien ju finden. Es wird also immer darauf hinaug⸗ kommen, mit dem Badeverfahren schließlich die Krankheit zu bekämpfen.
Es ist nun von dem Herrn Abg. von Strombeck die neue Ver, ordnung des Reglerungspräsidenten in Erfurt erwähnt. Ich kenné die Verfügung noch nicht. Es sind aber schon Beschwerden hierher gelangt. Ich habe den Regierungspräsidenten zum Bericht aufgefordert. Sollten Härten vorgekommen sein, so denke ich, werden ste sich be seitigen lassen.
Ich möchte, da ich das Wort habe, noch auf eine Frage zurück— kommen, die von dem Abg. Dr. Dahlem fälschlicherweise beim Domänenetat vorgebracht worden ist, die aber hier zum allgemeinen landwlrtschaftlichen Etat, und zwar zu Kap. 107 Tit. 3 gehört. Der Herr Abg. Dr. Dahlem hat bemängelt, daß der Landrat des Kreiset Rheingau zur Bekämpfung der Reblaus herangezogen wird. Er war der Ansicht, daß er dadurch seinen eigentlichen Dienstgeschäften ent⸗ zogen werde, und daß der Kreis darunter litte. Meine Herren, der Herr Landrat Wagner besitzt eine ganz besondere Erfahrung in der Bekämpfung der Reblaus. Er ist dethalb zum Kommissar in dieser Sache ernannt worden, und ich würde ihn nur außerordentlich ungern gerade bei dieser sehr wichtigen und nur mit der größten Sorgfalt erfolgreich durchzuführenden Arbelt entbehren. Nach Ansicht seiner vorgesetzten Behörde leidet die Verwaltung des Kreises keineswegs durch diese Arbeit, die er nur während einer bestimmten Zeit des Sommers autluführen hat. Wenn bemängelt worden ist, daß er dafür elne zu große Remuneration erhalte, so muß ich das als auch nicht richtig zurückweisen. Die Remuneration, die er erhält, dient zum allergrößten Teil zur Deckung der Reisekosten und der Bureau⸗ kosten und nur zu einem sehr geringen Teil als Entgelt für die besondere Mühewaltung, die dem Landrat aus dieser Tätigkeit er⸗ wächst. Ich glaube also wirklich, daß bier kein Grund jur Klage vorliegt.
Der Etat wird bewilligt, ebenso ohne Debatte der Etat der Gestütverwaltung.
Beim Etat der Berg-, Hütten- und Salinenverwal⸗ tung bemerkt
Abg. Br ust (Zentr.): Der Minister hat bei der zweiten Lesung in dankengwerter Weise die Zusicherung gegeben, daß er diejenigen Arbeiter, die von der Zechenverwaltung Radbod wegen ihrer Zeugenaussagen gemaßregelt werden sollen, auf den fiskalischen Bergwerken beschäftigen werde. Dag ist inzwischen geschehen. Inzwischen sind zwei Beamte ebenfalls wegen ihrer Aussagen vor Gericht gemaßregelt worden, und sie haben den Minister gebeten, ihnen diefelbe Wohltat zu erweisen wie den Arbeitern. Der Minister soll dies aber abgelehnt haben. Der Vorsitzende des Steigerverbandeg, Herr Werner, ist wegen Ver weigerung der Namensnennung seiner Gewährsmänner zu 300 Geld⸗
strase verurteilt worden, und er wird pvlelleicht, wenn das Verfahren
fortgesetzt wird, noch ins Gefängnis wandern müssen. Der Minister was er den Arbeitern ge⸗
sollte doch auch den Beamten zubilligen, währt hat, zumal er alg Chef der preußischen Bergpolizei alle Ver⸗ anlassung hat, festzustellen, ob das Unglück in Radbod auf eine Üicbertrekung bergpolizeilicher Vorschriften zurückzuführen ist. Die Autzsage des Gewährsmanns des Herrn Werner soll sich auch darauf strecken, daß ein Steiger nicht lange vor dem Unglück dem zu⸗ ständigen Stellvertreter des Bergrevierbeamten, Bergassessor Holländer, gegenüber geäußert habe, er könne die Verantwortung nicht mehr tragen. Bergassessor Holländer soll davon nichts wissen wollen, um so mehr hat der Minister Veranlassung, Klarheit in die Sache zu bringen und den Gewährgmännern des Vorisitzenden des Stelgerverbandes Beschäftigung auf einem staatlichen Bergwerke zu geben. Meine zweite Frage bejieht sich auf die Grube Waltrop. Es sind dort große Wassermengen eingedrungen, und die Wasserhaltungg⸗
sich als unzulänglich erwiesen. Schon mit Rücksicht
maschinen haben sich ? auf die Verhältnisse in den Nachbargruben haͤtte die Verwaltung f wie es
voisichtiger sein müssen. Ich frage daher den Minister, augenblicklich in Waltrop steht, ob und wann der Betrieb wieder aufgenommen werden kann.
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Meine Herren! Es ist richtig, daß seitens des Vorsitzenden des Steigerverbandes, des Heirn Werner, an mich das Ersuchen gerichtet ist, ich möchte die Zusicherung geben, daß ich auch Werksbeamte, die wegen etwalger die Zeche Radbod' belastenden Aussagen entlassen werden können, in Staatsbetrieben angestellt werden würden, und es ist richtig, daß ich es abgelehnt habe, diesem Etsuchen zu enssprechen. Ich habe, sowelt ich mich erinnere, auch schon auf ähnliche Anfragen bei der Interpellation über das Grubenunglück in Radbod im Relchstage erklärt, daß ich einem derartigen Ersuchen nicht würde entsprechen können. Meine Herren, ich bin auch heute nicht in der Lage, diesem Ersuchen zu entsprechen.
Es ist ein Unterschied, ob es sich um Arbeiter oder um Beamte handelt. Ich kann Arbeiter auf der Zeche anlegen, so viel ich will, und es ist auch aleichgültig, ob es ein mehr oder weniger tüchtiger und brauchbarer Arbelter ist. Ich habe deshalb damalt unbedenkich bezüglich der Arbeiter die Zusage gemacht, und sie uneingeschränkt auch gehalten. Ich kann mich aber nicht verpflichten, ohne daß ich überhaupt weiß, ob ich eine Stelle zu besetzen habe, Beamte von anderen Zechen zu über nehmen, und kann mich auch nicht verpflichten, Beamte, deren Namen ich nicht einmal weiß, deren Persönlichkeit ich nicht kenne, in einem Staatgbetriebe anzustellen. Die Beamtenstellen in den Staat betrieben sind Vertrauentsstellungen, die ich nur Persönlichleiten über tragen kann, deren Personalien und sonstige Verhältnisse mir genau bekannt sind. Daz ist im vorliegenden Falle nicht der Fall. Ich bin also nach wie vor nicht in der Lage, dem Wunsche des Herrn Werner zu entsprechen und seinen Gewährsmännern eine Anstellung in fiekalischen Werken zuzusagen.
Auf die übrigen Ausführungen des Herrn Abg. Brust muß ich mir versagen einjugehen.
die noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen irgend welche Auskünfte
zu ertellen. Eg wird sich ja später heraugstellen, ob die Aussagen, die die Gewährsmänner des Herrn Werner ju machen beabsichtigen,
Ich bin nicht in der Lage, in bezug auf
J 8 — . überhaupt zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig gewesen wären oder nicht.
Wag Lie Verhältnisse auf der Zeche Waltrop betrifft, so wird der Herr Oberberghauptmann die gewünschten Aufklärungen geben.
¶Oberberghauytmann don Velsen: Die Gefahr von Wasserdurch⸗ brüchen auf der Grube Waltrop lag allerdings vor, und wir haben die erforderlichen Vorkehrungen getroffen. Stärkere Waß erhaltungs⸗ maschinen, als sie für solche Zwecke üblich sind, aufzustellen, wäre aber töricht gewesen, denn wir wußten ja gar nicht, mit welchen Wasser⸗ mengen wir zu rechnen hatten. Wir haben jetzt Fördermaschinen im Betriebe, die 5 Kubikmeter in der Minute heben. Wir hoffen, im Laufe des Herbstes den Betrieb wieder aufnehmen zu können. Was ung pafsiert ist, ist auch bielen Privatwerken passiert, und es wäre falsch gewesen, Millionen und aber Millionen für Wasserhaltungs⸗ maschinen anzulegen, von denen man nicht weiß, wann sie jemals
gebraucht werden. Abg. Lusengsky (nl. : Bekanntlich ist am Karfreitag nachmittag
die schöne alte Marienkirche in Hohenfalig teilweise eingestürzt. Gs ist darüber eine große Aufregung in der Bevölkerung entstanden, ju⸗ mal man den Einsturz mit dem Betrieb der Salinen in Zusam men, hang bringt. Der Bürgermelster von Hohensalja schrelbt mir, daß sogar in der Presse deg Autlandeg davon gesprochen würde, in Hohen salja flände anscheinend kein Stein mehr auf dem anderen fest. Nach den bisherigen Untersuchungen dürfte aber ein Zusammenhang zwischen dem Salinenbetrieb und dem Unglücksfall nicht vorliegen, die Ursache wird wahrscheinlich auf einen unterirdischen Hohlraum zurückzuführen sein. Es wäre wünschentzwert, wenn der Herr Minister eine be⸗ ruhigende Erklärung abgäbe.
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Meine Herren! Ich habe, abgesehen davon, daß ich eine Reihe meiner Räte mit dieser Angelegenheit befaßt habe, ein wissenschaft⸗· liches Gutachten der Geologischen Landesanstalt ertrahiert. Das Ergebnis dieses Gutachtens geht dahin, daß irgend welcher Zusammen⸗ hang zwischen den Vorgängen in dem fiskalischen und privaten Sal- bergbau unterhalb Hohensalzas und dem jetzt eingetretenen Unglücks⸗ fall bei der Kirche nicht zu konstruieren ist. Damit hat die Angelegenheit für mein Ressort eigentlich ihre Erledigung gefunden; denn ich bin nur in so weit interessiert, als ich festjustellen habe, ob der fiskalische Bergbau in irgend welcher Beziehung zu dem Unglücks⸗ falle steht. Wenn aber die Beteiligung von Sachverständigen meines Ministertums an den von anderen Ressorts vorzunehmenden Unter⸗ suchun gen erwünscht ist, werde ich sie selbstverständlich zur Verfügung stellen.
Abg. Dr. Röchling (nl) regt an, daß die Markscheider eine jähr⸗ liche feste Eatschädigung für Bienstreisen in Höhe von 200 ½ erhalten sollten, da sie Reisen bis ju 1500 m im Jahre zu machen hätten.
Sberberghauptmann von Velsen erwidert, daß in dlese Zahl wohl die unterirdischen Wege mit eingeschlossen seien.
Abg. Bru st entr.) bedauert die ablehnende Antwort des Ministers. Es handele sich doch nur um zwei Personen. Es müsse doch alles getan werden, um die Ursache des furchtbaren Grubenunglücks auf Radbod aufzuklären.
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Ja, meine Herren, so kann es einem ergehen! Als ich damals erklärt habe, ich wäre bereit, die sämtlichen Arbeiter, die wegen Aus⸗ sagen in der Radbodaffäre gemaßeregelt würden, in der Staats⸗ verwaltung anzustellen, da habe ich ein Entgegenkommen bewiesen, wie es vielleicht noch nie in der Welt da gewesen ist. (Sehr richtig! rechts) Welche Verwaltung hat Neigung und Lust, eine unbeschrãnkte Anzahl van Arbeitern einzustellen, von denen sie nichts weiß? Ich habe das getan im Interesse der Sache. Wenn mir aber nun nach diesem Entgegenkommen auch noch ein Vorwurf daraus konstruiert wird, daß ich aus wohlerwogenen Gründen gegenüber den Steigern nicht das gleiche Entgegenkommen habe üben können, dann muß ich
das bedauern, und es beweist das bloß, daß wir von dieser Seite
immer nur Klagen bören werden, wir mögen so weit entgegenkommen, wie wir wollen. (Sehr gut! rechts. Zurufe links und im Zentrum.)
Abg. Dr. Röchling (ul): Ich kann diesen Ausführungen nur beitreten. Es in noch lange nicht gesagt, daß die Aussagen von Grubenbeamten, wobei immer auch Anwürfe gegen die Leitung der Werke mitunterlaufen, nötig und von Belang für die Ursache der Katastrophe sind.
Abg. Brust (Zentr.) bleibt bei seinen Ausführungen stehen.
Abg. Stochel (Pole): Mit der bloßen Erklärung, daß kein Zu⸗ sammenhang zwischen der Kataäͤstrophe in Hohensalja und dem Bergbau daselbst bestehe, können wir ung nicht begnügen.
Abg. Leinert (Soz.) Bei der Besprechung der Radbod katastrophe im Hause erklärte der Minister, daß alles Material uns unterbreitet werden solle. Wenn jetzt die Aussagen der Steiger für überflüssig erklärt werden, muß man doch annehmen, daß die Untersuchung schon ein Resultat ergeben hat, daß es somit hohe Zeit wäre, uns das Material mitzuteilen. Es wird bereits mit Anklagen gegen die Bergarbeiterzeitung! wegen Beleidigung vorgegangen. Bag Unglück ist so gewaltig gewesen und hat so große Aufregung ge schaffen, daß jedes Mittel der Aufklärung ergriffen werden muß. ber vem Minister scheint dag Schicksal der beiden Steiger ebenso gleichgültig zu sein, wie der Ausgang der Untersuchung selbst. In Oberschlesien ist auf der konsolidierten Donnergmarckgrube, der Ober⸗ schlesischen Gruben⸗ und Hüttengesellschaft Mikalschütz gehörig, in diesen Tagen die Knappschasttältestenwahl dadurch hinfällig gemacht worden, daß man den gewählten Arbeiter einfach abkehrte. Ein solcher Fall sollte den Minsster doch zu einer anderen Meinung be— kehren. Im übrigen danke ich dem Herrn Minister sebr dafür, daß er jetzt auch dem christlichen Verbande „aufhetzende Tätigkeit“ vor⸗ geworfen hat; auch diese Organisation wird daraus erkennen, daß die Privaten wie der Staat üßer die Organisatlon der Arbeiter durchaus die gleichen wegwerfenden Anschauungen hegen.
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Ich kann einige Ausführungen des Herrn Vorredners nicht un— widersprochen lassen. Der Herr Vorredner hat zunächst von mir ver— langt, daß ich hler Auskunft geben sollte über den Stand der Unter, suchung über das Unglück in Radbod, und hat geglaubt, sich zu dieser Forderung berechtigt erachten zu müssen, weil ich der Anschauung Augzdruck gegeben habe, es ließe sich noch nicht übersehen, ob die Ver nebmung der Zeugen, die der Steiger Werner namhaft zu machen sich weigert, für den Gang der Untersuchung notwendig sei oder nicht. Meine Herren, ich kann das in der Tat nicht übersehen; denn ich habe gar keinen Ginfluß auf die Untersuchung. Ich habe mit Rücksicht auf die schweren Vorwürfe, die bei dieser Gelegenheit gegen die Berg- verwaltung erhoben sind, die Staatganwaltschaft gebeten, die Sache so früh wie tunlich in die Hand zu nehmen. Es ist außerordentlich zeitig, früher als das sonst in ähnlichen Fällen zu geschehen pflegt, eine Voruntersuchung eingeleitet worden. Die Sache liegt in den Händen des Gerichts. Ich bin weder in der Lage noch berechtigt, irgendwelche Autzlünfte über den Stand der Angelegenheit zu geben. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen, wie sich schon daraut ergibt, daß sie weder eingestellt, noch Anklage gegen irgend einen der
Betelligten erhoben ist. Ich bln vollständig außer stande, hier irgend eine
8 Auskunft zu geben, was der Herr Abg. Leinert, der, wie ich hei anderer Gelegenheit bemerkt habe, mit den Verhältnissen unserer Justi so vertraut ist, so gut wissen wird wie ich.
Nun hat der Abg. Leinert ferner behauptet, es wäre von einem Beamten der Bergverwaltung ein Injurienprozeß eingeleitet gegen einen Redakteur, der eine Nachricht gebracht hat, die be—⸗ lastend auch für einen Beamten melner Verwaltung, soviel ich ver⸗ standen habe, den Bergassessor Holländer, sein soll. Meine Herren, demgegenüber stelle ich fest, daß bei Gelegenheit der Preßkampagne über den Radboder Fall gegen elnen Teil meiner Beamten die
schwersten Beleidigungen in der Presse ausgesprochen sind. Ich habe
— —
trotzdhem angeordnet, daß in keinem Fall ein Strafantrag gestellt⸗ werden sollte, weil event. der Ausgang dieser Beleidigungsprozesse in Widerspruch kommen könnte mit dem Ausgange det noch zu erwartenden strafrerichtlichen Verfahrens, d. h: also, ich habe, um auch nicht den Schein zu erwecken, daß ich einen Einfluß auf das gerichtliche Ver · fahren zu gewinnen suchte, darauf verzichtet, meinen Beamten? ju ihrem an sich berechtigten Anspruch zu verhelfen, daß ihnen vor der Oeffentlichkeit wegen der ihnen angehängten Beleidigungen Genugtuung gegeben werde. Meine Herren, weiter kann ein Chef im Interesse der Aufdeckung der Wahrheit nicht gehen, als ich es in diesem Fall getan habe. (Sehr richtig! rechts.)
Und was nun die Maßregelungen betrifft, so möchte ich nur fest⸗ stellen, daß von den Leuten, die ich auf den Zechen im Bereich der Bergwerkasdireltion Recklingshausen angelegt habe, nach meinen Er⸗ mittlungen elgentlich bei keinem gesagt werden kann, daß er gemaß⸗ regelt ist. Der größte Teil der Leute, die sich bei uns gemeldet haben und angestellt sind, haben freiwillig ihre Abkehr genommen oder er⸗ halten aus Gründen, die nicht in ihren Zeugenautsagen lagen. Ich habe jeden einzelnen Fall untersucht. Jedenfalls ist von einer all⸗ gemeinen Maßregelung der als Zeugen vernommenen Bergleute in Radbod nicht die Rede gewesen, soweit ich habe feststellen können, und ich habe die Sache untersucht. — Ich bin also völlig berechtigt ju der Annahme, daß ebenso bei den Beamten verfahren werden wird, wenn sie ihrer Zeugnispflicht, wie jeder Staatsbürger das muß, genügen.
Das war das, was ich dem Herrn Abg. Leinert aniworten wollte.
Auf seine Ausführungen über die Vorgänge bei den Knappschafte⸗ wahlen in Oberschlesien bin ich selbstverständlich nicht in der Lage einzugehen.
Abg. Dr. Beumer (nl): Die heutige Beratung jeigt zur Evidenz, daß man die Verhältnisse in England mit den * nicht ohne weiteres vergleichen kann. Seit Radbod hat England ein ähnlicheß Unglück gehabt, und da seben wir in der englischen resse durchweg eine nationale würdige Trauer, die Feststellung, daß die ganze Nation tief ergriffen ist, aber ebenso einstimmig die Erklärung, es müsse vor einem Urteil die gerichtliche Untersuchung abgewartet werden. Bei ung in Deutschland das gerade Gegenteil: überall in der Presse hieß es, die Verwaltung von Radbod sei schuld, der Minsfter und die Bramten seien zum Teil schuld. Ich bedauere, daß der Minister den Beamten nicht die Erlaubnis gegeben hat, klagbar ju werden gegen die unerbörten Beschuldigungen, durch die brave, treu ihres Amtes waltende Revierbeamte beleidigt sind, wenn ich auch die Motive, des Ministers begreife, daß er in bas schwebende Verfahren auch nicht mit einem Schein eingreifen wollte. Diese Beamten sind nach dem Urteil der ganzen Welt gerade im deutschen Bergbau ausgezeichnet, aber ein großer Teil der Presse ist sosort mit dem Urteil fertig, die Schuld sreffe die Beamten und die Aufsichtsbehörde. Die Sonaldemokraten follten im Interesse der Arbeiter nationales Bewußtsein genug haben, daß sie das englische Beispiel nachahmen und nicht in eine schwebende gerichtliche Untersuchung eingreifen. Auch beute bieß es immer nur: Es ist mir mitgeteilt worden“, ich habe gehört“, der und der hat das gesagt“. (Wiederholte Zwischenrufe des Abg. Lein ert. — Präsident von Kröcher: Herr Lelnert, Sie haben nicht mehr das Wort) Dle englische Presse hält also mit ihrem Urleil zurück, die deutsche fällt sofort ein verhetzendes Urteil. Alle diefe Anwürfe, die damals in der Presse gegen die Steiger, Revierbeamten usw. sofort erhoben wurden, zeigen, daß im gern. ju England bei einem Grubenunglück ein großer Teil unseres Volkeg sofort in die größte Nervosität verfällt, und daran trägt die deutsche Presse die meiste Schuld, Der größte Teil der Presse spricht über die Bergarbeiterverhältnisse, obne nur dle geringste Ahnung davon zu haben; ich zweifle, ob nur 50so der Fournalisten, dle über Radbod geschrleben haben, jemals den Mut Jehabt haben, in eine Grube einzusahren. Die Presse weiß über alles Bescheid und kann über alles schreiben. Möchten wir doch dem Bei⸗ spiele der Engländer, die bei jeder Gelegenheit, wo es sich um Arbeiterschutz handelt, gegenüber der angeblichen Rückständigkeit der deutschen Arbeitgeber angeführt werden, folgen und nicht eine ver- hetzende Agitation über eine Schuld beginnen, die erst erwiesen werden muß!
Abg. Lu sentkvy (nl) wendet sich gegen den Abg. Siychel. Der Um⸗ stand, daß sich in einem Hohlraum der Kirche salzhaltiges Wasser befunden habe, finde seine ganz natürliche Erklärung.
Abg. Bru st (Zentr.): Ich kann den schweren Vorwurf, ven der Abg. Beumer in bezug auf die aufhetzende Tätigkeit der Bergarbeiter und der Presse gemacht hat, nicht mit Stillschwelgen übergehen. Ich habe mich jedes Urteils enthalten und den Minister nur gebeten, die Untersuchung zu sördern. Allerdings sst jetzt eine Untersuchung der Grube nicht mehr möglich, nachdem sie unter Wasser gesetzt worden ist. Dag steht für jeden praktischen Bergmann fest. Der Abg. Beumer hat seine Mahnung, die Untersuchung abzuwarten, selbst nicht befolgt, denn er hat ein Loblied auf die Bergverwaltung und die Bergherren gesungen. (Zuruf bel den Nationalliberalen: Presse) Ich hin doch nicht die Presse, ich bin auch nicht der Vertreter des christlichen Gewerkoereins der Arbeiter; ich bin hier Abgeordneter.
Der Etat wird genehmigt.
Beim Etat der Handels
der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwaltung
und Gewerbeverwaltung
bringt
flbg. Hoff (fr. Vag.) einen Artikel zur Sprache, der von dem Direktor Hirsch der Königlichen Baugewerkschule in Eckernförde herrührt und die Oberlebrer der Baugewerkschule mit schweren Vorwürfen überhäuft. Er fragt den Mlnister, ob er den Artikel sennt und billigt oder bereit sst, die schwer angegriffene Ehre jener Beamten in Schutz zu nehmen.
Minister für Handel und Gewerbe Delbrück:
Der Artikel ist mir bekannt. Daß der Baugewerkeschuldirektor Hirsch in Eckernförde ihn geschrieben hat, ist mir auch bekannt. (Hört, hört! bei den Freisinnigen.) Ich kann diesen Artikel inhaltlich nicht billigen und habe den Beteiligten das Erforderliche eröffnet, wie es meines Amtes war. Es wäre nicht notwendig gewesen, diese Sache vor das Forum dleses Hauses zu brlngen. (Bravo! rechts.)
Der Etat wird genehmigt.
Beim Etat für das Ministerium des Innern kommt
Abg. Hecken roth (kons.) auf die von ihm schon bel der zweiten Lesung und im vorigen Jahre berührte Frage der Unterbringung der
der Fürsorgeerzlehung bedürftigen Kinder jurück und nimmt seine Vorwürfe gegen die rbeinische Probinzlalverwaltung zum Teil zurũck.