1909 / 112 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 May 1909 18:00:01 GMT) scan diff

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Im r finden die Vorschriften des Bürgerllchen Gesetzbuchs über die Verjährung Anwendung. § 15.

Der Ersatzberechtigte verlieit die ihm auf Grun? der Vor⸗ schriften dieses Gesetzes zustehenden Rechte, wenn er nicht spätestens innerhalb jweier Mönate, nachdem er von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erhalten hat, dem Ersatz= pflichtigen den Unfall anzeigt. Der Rechtsverlust tritt nicht ein, wenn die Anz ige infolge eineßs von dem Ersatzberechtigten nicht zu vertretenden Umstandes unterblieben ist oder der Eisatzpflichtige inner⸗ balb der bezeichneten Frist auf andere Weise von dem Schaden Kenntnis erhalten hat.

K 516. .

Ünberührt bleiben die reichsgesetzlichen Vorschriflen, nach welchen der Fahrzeughalter für den durch dag Fahrzeug verursachten Schaden in weslerem Umfang als nach den Vorschriften dieses Gesetzes haftet oder nach welchen ein anderer für den Schaden verantwortlich ist. §17.

Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeugbalter einem Dritten kraft Gesetzeg jum Erfatze des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnisse der Fahr⸗ zeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatze sowie der Umfang des' zu jeistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Telle verursacht worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, von der Haft⸗ pflicht, die für einen anderen von ihnen eintritt.

Die Vorschriften des Abs. 1 finden entsprechende Anwendung, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

§18.

In den Fällen des 5 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraft- fahrzeugs jum Ersatze des Schadens nach den Vorschriften der §5 8 bis 15 veipflichtet. Die Erfatzpflicht ift ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

Die Vorschrift des 5 16 findet entsprechende Anwendung.

Ist in den Fällen des F 17 auch der Führer eines Fahrieugs zum Ersatze des Schadens verpflichtet, so finden auf diese Ver—⸗ pflichtung in seinem Verhältnisse ju den Haltern und Führern der anderen beteiligten Fahrzeuge, zu dem Tlerhalter oder Eisenbahn unternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechende Anwendung.

§ 18. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder W derklage ein Anspruch auf Grund der Vorschriften dieses Gesetzes eltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter y n im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichts verfaffungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen. § 20. Für Klagen, die auf Grund dieses Gesetzes erboben werden, ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das schädigende Ereignis

stattge funden hat. III. Strafvorschriften. § 21.

Wer den zur Erhaltung der Ordnung und Sicherheit auf den offentlichen Wegen oder Plätzen erlassenen polizeilichen Anordnungen über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen zuwiderhandelt, wird mit Geld— strafe bis zu einhundertfünf zig Mark oder mit Haft bestraft.

§ 22.

Der Führer eines Kraftfahrzeugs, der nach einem Unfalle (6 7) es unternimmt, sich der Feststellung des Fahrzeugs und seiner Person durch die Flucht zu entziehen, wird mit Geldstrafe bis zu drel hundert Mark oder mit Gefaͤngnis big zu jwei Monaten bestraft. Er bleibt jedoch straflos, wenn er spätestenz am nächstfolgenden Tage nach dem Unfall Anzeige bei einer inländischen Polieibehörde erstattet und die

Feststellung des Fahrzeugs und seiner Person bewirkt. ;

Verläßt der Führer des Kraftfahrjeugg eine bel dem Unfalle vex. letzte Person vorsäͤtzlich in hilfloser Lage, so wird er mit Gefängnis bis ju 6 Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu dreihundert Mark erkannt werden.

§ 23.

Mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängnis bis zu zwei Monaten wird bestraft, wer auf öffentlichen Wegen oder Plätzen ein Kraftfahrzeug führt, das nicht von der zuständigen Behörde zum Verkehre zugelassen ist.

Ble gleiche Strafe trifft den Halter eines nicht zum Verkehre zugelassenen Kraftfahnjeugs, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig dessen Gebrauch auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gestattet.

§ 24.

Mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängnis bis zu zwei Monaten wird bestraft:

z 1) wer ein Kraftfahrzeug führt, ohne einen Führerschein zu be⸗ tzen;

2) wer ein Kraftsahrjeug führt, obwohl ihm die Fahrerlaubnis entzogen ist;

s) wer nicht seinen Führerschein der Behörde, die ihm die Fahr⸗ erlaubnis entzogen hat, auf ihr Verlangen abliesert.

Die gleiche Strafe trifft den Halter des Kraftfahrzeugs, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig eine Person jur Führung des Fahrzeugs bestellt oder ermächtigt, die sich nicht durch einen Führerschein aus- weisen kann oder der die Fahrerlaubnis entzogen ist.

§ 25. Wer in rechtswidriger Absicht 1) ein Kraftfahrzeug, für welches von der Polizeibehörde ein Kennzeichen nicht ausgegeben oder zugelassen worden ist, mit einem Zeichen veisieht, welches geeignet ist, den An— schein der polijeilich angeordneten oder jugelassenen Kenn jeichnung hervorzurufen, ein Kraftfahrzeug mit einer anderen als der polizeilich für das Fahrzeug ausgegebenen oder zugelassenen Kennzeichnung versieht; das an einem Kraftfahrjeuge gemäß polizeilicher Anordnung angebrachle Kennzeichen verändert, beseitigt, verdeckt oder xxssseonst in seiner Erkennbarkeit beeinträchtigt, wird, sofern nicht nach den Vorschriften des Strafgesetzbuchs eine höhere Strafe veiwirkt ist, mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft.

Die gleiche Strafe trifft Personen, welche auf öffentlichen Wegen oder Plätzen von elnem Kraftfahrjeug Gebrauch machen, von dem sie wissen, daß die Kennzeichnung in der im Abs. 1 unter Nr. 1 bis 3 bezeichneten Art gefälscht, verfälscht oder unterdrückt worden ist.

§5 26. Dieses Ges'tz tritt binsich lich der Vorschriften über die Haft⸗ pflicht Teil II mit dem 1. Juni 1909, im übrigen mit dem 1. April 1910 in Krast.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Achilleion, Korfu, den 3. Mai 1909.

(L. 8. Wilhelm. Fürst von Bülow.

Mit der nächsten Prüfung zum Schiffer auf großer Fahrt wird in Altona am 1. Juni und mit den nächsten Seesteuermannsprüfungen in Apenrade am 11. Juni und in Altona am 2X. Juni 1909 begonnen werden.

im Monat April 1909. Nach den Angaben der Direktivbehörden.

gern unter e verblieben

Im Kalendermonat April 1909 wurden

zur steuerfreien Verwendung

Verwaltungtz⸗ abgelassen

benlcke erzeugt

ch Versteuerung in den freien Verkehr gesetzt

im ganzen

darunter

vollstãndig

denaturiert Am Schlusse des Kalendermonats April 1909 sind in den La und 353 steuerlicher Kontro Im Rechnungsmonat Aprll 1909

sind na

Hektoliter Alloho

1

Preußen. Ostpreußen . Westyreußen . Brandenburg..

10 555 6428 17042 8652 8127 22770 15 634 5166 7715 13 221 3 804 14478

133 587

7706 9 593 3 382 3341 2763 2386 1840 1186

2494 10 338 13739 1 379 24 127 17 222

5 920

3 462 1875

93817 1738 18 028 685

1954 2003 11899 5926

Preußen.. 369 014 103 446

w 22992 8 592 8 . 18 461 7 628 Württemberg. 6 242 2491 Baden w 5336 5 477

. k 2621 1577 ecklenburg

68 994 114659 203 694 l88 649 245 366 353 068 149312

10 367

19 482

11234

6 403

23 330

1269 548

715 91780 10032 27 086

4483

16 630 32204 b9 260 54 608 71 354 74 260 165 543

. Schlesw. Holst. . , n. ö talen. * en⸗Nassan einland...

43530 952 27 S0 d Thüringen... 906 520 7769 Oldenburg... 1079 22 261 Braunschweig 2266 1226 k 878 1227 alt.. 2883 111 189 ü 165 441 239 490 w 201 145 518 1336 6 bur /; 1474 1349 ? 43 006 4835 . ö 612 255 800 2129 Deutschetz Steuergebiet

, im April 1508... 427899 155 833 119613 1416466 169 026.

Mit Anspruch auf Steuerfreiheit wurden ausgeführt im Monat April

Branntwein, roh und gereinigt 549 hl A. 95 Branntwein fabrllate ; 1019 4

) Hierunter sind auch enthalten die Alkoholmengen, welche zur Erlangung der Steuerfreiheit nach dem Freihafengebiete Hamburg aug⸗= fuhr aber quf inlarhische Lager zurückgenommen wurden, um von da n verarbeiteten 3 usta he wieder ausgeführt ju werden. Nicht aber sind darunter ,,. Branntwein und Branntweinfabrikate, die gegen Steuerfreihelt auf Ausfuhrlager (Bfr. O. 5 h8) gebracht wurden.

, nn. In Bayern wurden im Monat März 1909 hergestellt 7 372 hi Alkohol (nicht 25 728 hl). In Braunschweig wurden im Monat März 1909 steuerfrei abgelassen: im ganzen 1765 hI Alkobol (nicht 173 hl), darunter vollständig denaturiert 1644 hbI (nicht 52 Bh.

Berlin, den 12. Mai 1909.

Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.

438 572 134 232 1539 909 175990

Königreich Preußen.

Auf den Bericht vom 22. März d. J. will Ich der Ge⸗ meinde Mechernich, Regierungsbezirk Aachen, auf Grund des Gesetzes vom 11. Juni 1874 (Gesetzlamml. S. 221) hiermit das Recht verleihen, das in der zurückfolgenden Hand⸗ e, . mit roter Farbe kenntlich gemachte, zur Erweiterung

es Schutzgebiets für die Wassergewinnungsstelle des Gruppen⸗

wasserwerks der Gemeinden Mechernich, Roggendorf, Strempt und Vussem⸗Bergheim erforderliche Grundeigentum im Wege der Enteignung zu erwerben oder, soweit dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten.

Neues Palais, den 29. März 1909.

Wilhelm k.

Delbr ck. von Breitenbach. von Arnim. Zugleich für den Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten: von Moltke.

An die Minister für Handel und Gewerbe, der öffent⸗ lichen Arbeiten, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten, des Innern und der geistlichen, Unter⸗ richts und Nedizinalangelegenheiten.

Bekanntmachung.

Dem Steinbruchnrbeiter Theodor Henneböhl jun. aus Rüthen ist der Erlaubnisschein zum Besitze von Donarit ent⸗ zogen worden.

Lippstadt, den 11. Mai 1903.

Der Königliche Landrat. Freiherr von Werthern.

Aichlamtliches.

Denutsches Reich.

Preunssen. Berlin, 13. Mai. Der Bundes rat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten die vereinigten n chr sf⸗ für Justiz⸗ wesen und für Handel und Verkehr eine Sitzung.

Branntweinerzeugung und Branntweinverh rauch,

Tant Mels ung deb W. 3 e il S He S., Sa mb urge

vorgestern in Beirut eingetroffen und gestern von dort nach Haifa in See gegangen. .

S. M. S. „Tiger“ ist gestern in Kiukiang (Yangtse) eingetroffen und geht heute von dort nach Hankau ab.

S. M. S. „Leipzig“ geht am 28. Mai von Apia über Nauru (Pleasant⸗Insel) nach Ponape und Truck (Ost= karolinen) in See.

Elsaß⸗⸗Lothringen.

Bei der Beratung von Anträgen über die Ein führung eines obligatorischen französischen Sprachunter⸗ richts in allen elsaß⸗lothringischen Volksschulen, die gestern im Landesausschusse stattfand, gab vor Eintritt in die Beratungen der Staatssekretär Freiherr Zorn von Bulach, „W. T. B.“ zufolge, namens der Regierung nach⸗ stehende Erklärung ab:

Es liegt der Regierung durchaus fern, prinzipiell dem Unterricht in der französischen Sprache Schwierigkeiten zu bereiten. Sie erkennt an, daß in den gemischten Sprachgebieten und in den an der Landesgrenze gelegenen Orten, deren Einwohner mit französischen Nachbarorten unmittelbar in Verkehr treten, die französische Sprache in den Volleschulen ju pflegen ist = und har dort bereits immer auf solche praktischen Bedürsgisse Rücksicht ge⸗ nommen. In 476 Elementarschulen mit 994 Klassen wird dort schon der französische Unterricht erteilt, obgleich in den Volksschulen jenseitz der Grenje, wo ein gleiches Verkehrsbedärfnis bestehen dürfte, deutscher Unterricht nicht erteilt wird. Ganz m. Lothringen als ein Grenzgeblet zu betrachten, hält die Regierung fuͤr umichtig, und ein allgemeines Bedürfnis nach franjösischem Unterricht im ganjen Lande erkennt die Regierung nicht an; ein solcher würde die gründliche Ausbildung beeinträchtigen und jugunsten einer Minderheit dieses Gebietes, die die französische Sprache im späteren Leben praktisch verwerten kann, unnötig be- lasten. Die Regterung lehnt es daher bestimmt ab, zur Einführung des französischen Sprachunterrichts in den Elementar- schulen des deutschen Sprachgebiets die Hand ju bieten, sowohl dann, wenn dieser Unterricht einen für alle diese Schulen gemeinsamen Charakter tragen, als auch wenn er nur für einzelne Schulen nach dem Wunsche der Gemeinderäte eingerichtet werden solle. Das Be⸗ dürfnig der Ausbildung von befähigten Schülern in der französischen Sprache erkennt die Regierung an, ebenso daß dafür durch Mittel und Fortbildungsschulen gesorgt werden müsse. Daß dies geschieht, wird nach wie vor Sorge der Regierung sein.

Nach dieser Erklärung beantragten die Antragsteller die Ueberweisung der Anträge an eine Spezialkommission von 18 Mitgliedern. Diesem Antrage schlossen sich die Vertreter aller Parteien mit der Bemerkung an, daß man hoffe, mit der Regierung noch zu einer Verständigung zu kommen. Die , . entspringe lediglich wirtschaftlichen, nicht politischen Bedürfnissen.

Oe sterreich⸗ Ungarn.

Der Kaiser Franz Joseph ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern abend aus Budapest wieder in Wien eingetroffen.

Im Annexionsausschusse gab gestern gelegentlich der Verhandlung über die gag nnch Agrarbank der Ministerpräsident Freiherr von Bienerth, obiger Quelle zufolge, nachstehende Erklärung ab:

Die Regierung sei nach eingehendster Beratung im Ministerrat zu einem einstimmigen Urteil gekommen. Er sei aber nicht berufen, die dem gemeinsamen Finanjminister jufallende Verantwortung zu tragen, dem gegenüber er wiederholt erklärt habe, daß er seinen Standpunkt zu vertreten nicht in der Lage wäre; denn der Reichs- finanzminister sei ohne die gebotene Rücksicht auf die österreichischen Interessen selbständig vorgegangen, weil er die österrelchische Regierung, wenn auch nicht vor ein vollständiges fait accompli, so doch wenigstens vor eine im Wesen bindende Erklärung gestellt habe. Für den österreichischen Standpunkt übernehme die Re— gierung volle Verantwortung. Die Regterung sei, wenn auch nicht sormell, so doch dem Wesen nach dem Beschlusse des Abgeordneten · bauses nachg kommen und habe eine nahein vollständlge Parltät der Bank „herbeigeführt. Er werde die absolut paritätische Ingerenz Oesterrcichz auf die Verwaltung Bosniens vollkommen sicher zu stellen suchen. Er hoffe, das Haus werde nicht zu einem scharfen Urteil über das Verhalten der Regierung gelangen.

Nach dieser Erklärung beantragte Bielohlawek eine Resolution, worin dem gemeinsamen Finanzminister Baron Burian wegen einseitiger ann gehen zu Gunsten der ungarischen Privatspekulation tiefste Mißbilligung ausgesprochen wird.

In der fortgesetzten Verhandlung traten die Südslaven Vukovie und Laginia für unbedingte Kmetenablösung auf staatlichem Wege ein. Vukovie verlangte die formelle Annullierung der der boenischen Agrarbank zugebilligten Landesgarantien. Kramar, Nemec und Seiz erklärten, es gehe nicht an, die gesamte Verantwortung auf den gemeinsamen Finanzminister Burian abzuwälzen, und betonten, daß die zͤsterrelchische Regierung ebenfalls mit verantwortlich sei. Graf Kolowrat ⸗Krakowgky erblickte in dem Verhalten deg gemeinsamen Fingnzministers eine Verletzung des bosnischen Verwallungegesetzes, da sich Baron Burian über die Rechte beider Reichshälften binweggesetzt habe, und beantragte eine entsprechende Aenderung der Resolutson Bieloblawek. Dr. Syl v ester beantragte eine Resolution, es möchte sobald wie möglich ein Gesetz, k die Veraniwortlichkeit der gemeinsamen Minister, vorgelegt werden.

Großbritannien und Irland.

Im Unterhause richtete nn. der Abg. Lonsdale (Kons.) an den Premierminister Asquith die Anfrage, ob die von dem oͤsterreichischungarischen Marineminister aus⸗ gesprochene Absicht, Kriegsschiffe von modernstem Typus zu bauen, eine neue Tatsache in der Marinelage sei, die es für Enaland nötig mache, die vier Eventualschlachtschiffe sofort auf Stapel zu legen. Nach dem Bericht des, W. T. B.“ erwiderte der Premierminister, daß er seinen fruher abgegebenen Er⸗ klärungen nichts hinzuzufügen habe. Eine längere Debatte entspann sich darauf uber eine Resolution, betreffend verschiedene neue Grundsteuern.

Der Finan jminister Lloyd⸗George und andere Redner wlesen dabei auf das von mehreren größeren Städten Deutschlands ange⸗ nommene System einer Weitzuwachesteuer hin. Gegen die von der Opposition erhobene Kritik vertrat Lloyr⸗George die gemachten Vor⸗ schläge als besonders zweckmäsllg und durchführbar. Schließlich be— antragte er unter lebhaftem Wlderspruch der Opposition Schluß der Debatte. Ver Antrag wurde mit 296 gegen 120 Stimmen, und darauf die Resolution mit 330 gegen 120 Stimmen angenommen. Austen Chamberlain, der dann dag Wort erhielt, griff Llovd George sehr heftig an und warf ihm vor, den Antrag auf Schluß der Debatte geftellt zu haben, um dadurch den Etwiderungen auf die Einwände der Dppositlon aug dem Wege ju gehen.

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1 ———— —— —— ——

Frankreich

Im gestrigen Ministerrat teilte der Minister Barthou die ihm bisher zugegangenen Meldungen über den Stand der Ausstandsbewegung in Paris und in der Pro⸗ vinz mit. Der Ministerrat verfügte darauf auf Vorschlag Barthous die sofortige Entlassung von 221 Beamten und Unterbeamten, die dem Minister von den Vorständen namhaft gemacht worden waren. Nach den Angaben Barthous voll⸗ zieht sich der Post- und Telegraphendienst bisher in normaler Weise, ohne daß es nötig geworden ist, auf die für den Streikfall von der Regierung vorgesehenen Maß⸗ nahmen zurückzugreifen.

Wie das „W. T. B. meldet, fehlten, nach Tinem Bericht Großntächte um Nufhebung

des Unterstaatssekretärs Simyan, gestern nachmittag 5. Uhr von etwa 12009 Angestellten 465. Telegramme aus Toulouse, Rouen, Nantes, Nanch, Amiens, St. Etienne, Havre und Tours melden geringe oder gar keine Arbeitseinstellungen. In Bordeaux streikt die Hälfte der Beamten. Die amtliche Behauptung, daß der Post⸗ und Telegraphen⸗ dienst in normaler Weise vor sich gehe, wird, obiger Quelle zufolge, von den Ausständigen als unrichtig bezeichnet. Im ö Hauptpostamt, wo ein Teil der Drücksachenboten streikt, ind aushilfsweise Infanteriesoldaten und J

Auch die Zahl der streikenden Fahrpostbeamten soll eine

tãtig.

ziemlich bedeutende fein. Am meisten hat die Streikbewegung

bei den Werkstätten⸗ und Streckenarbeitern der Post, Tele⸗ graphen⸗ und Telephonverwaltung um sich gegriffen. In Regierungskreisen äußert man ziemlich allgemein die Ueber⸗ eugung, daß der Streik als gescheitert angesehen werden . Die Soldatenabteilungen, die zur Bewachung der Postämter aufgeboten wurden und daselbst auch ihre Mahl⸗ zeiten einnahmen, hatten bisher nirgends Anlaß einzuschreiten. kin Infanterieregiment sowie zahlreiche Geniesoldaten stehen bereit um im Ernstfalle zum Post⸗ und Telegraphendienst herangezogen zu werden. Die Pariser Handelskammer hat, wie schon bei dem ersten Poststreik, einen eigenen Briefbeförde⸗ rungsdienst für die Geschäftsleute eingerichtet und zu diesem 6 eine Anzahl Automobile gemietet. Doch scheint diese Maßnahme vorläufig mehr den Zweck zu haben, die Streiklust der Postbeamten zu dämpfen und ihnen zu zeigen, daß sie nicht unentbehrlich sinb. Auch das Syndikat der Hoteliers hat be⸗ schlossen, für die Fremden einen Briefbeförderungsdienst ein— zurichten. Die Briefe sollen durch besondere Boten nach Brüssel und von dort welter expediert werden. Gestern abend hielten in Paris etwa 6000 ausständige Postbeamte eine Versammlung ab und nahmen eine Tagesordnung an, in der es heißt: Die Anwesenden, die entschlossen sind, sich mit Gewalt die Freiheit der Meinung, die ihnen abgesprochen worden ist, zu verschaffen, stimmen dem Ausstande zu und verpflichten sich, alles zu tun, um die Ausbreitung der Bewegung zu fördern.

Das Exekutipkomitee der radikalen und der sozialistisch⸗radikalen Partei hat in einer gestern nacht abgehaltenen Versammlung eine Resolution angenommen, in der das Komitee den Ausstand der Postbeamten mißbilligt, den Parlamentariern der Partei es überläßt, nach dem Ende des AÄusstands in einer Interpellation die allgemeine Politik der Partei hervorzuheben, und jede Solidarität mit dem Kabinett ablehnt, dessen Regierungsmethode der Parteitradition widerspreche.

Die Vereinigung der Arbeitersyndikate des Departements Seine hat einen Antrag angenommen, in dem sie sich verpflichtet, die im Ausstand befindlichen Postbeamten zu unterstützen, eventuell durch Erklärung des Generalstreiks.

Italien.

Der Kaiser Wilhelm und die Kaiserin Auguste Victoria empfingen gestern, „W. T. B.“ zufolge, nach ihrer Ankunft in Brindisi an Bord der „Hohenzollern“ den Be⸗ such des italienischen Königspaares, den sie bald darauf an Bord des „Vittorio Emanuele“ erwiderten. Bei der Frühstückstafel daselbst tranken die beiden Souveräne auf ihr gegenseitiges Wohl, auf das ihrer Häuser und ihrer durch den Dreibund geeinigien Länder, deren Bündnis drei Jahr⸗ zehnte hindurch sich als Friedenshort erwiesen habe, Der Kaiser gedachte in seinem Toast nochmals besonders des schweren Unglücks, das Sizilien betroffen, und gab der Bewunderung für die aufopfernde Tätigkeit Ausdruck, die der König und die Königin bei dieser Gelegenheit an den Tag gelegt hätten. Nach der Tafel hielten die Majestäten Cercle ab. Am Nach⸗ mittag gab das Kaiserpaar an Bord der „Hohenzollern“ den Tee, zu dem der König und die Königin mit Gefolge geladen waren. Um 5 Uhr erfolgte die Abfahrt des Kaisers und der Kaiserin nach Pola.

Spanien.

Im Senat erklärte, „W. T. B.“ zufolge, gestern der Ministerpräsident Maura auf eine Anfrage: wenn auch die Entsendung der Gesandtschaft nach Fes kein Ergebnis gehabt habe, so seien die spanisch-marokktanischen Beziehungen darum doch nicht abgebrochen. Der Republikaner Labra kündigte eine Interpellation über die Marokkopolitik an.

Türkei.

Die Pforte hat, der „Turquie“ zufolge, den türkischen Botschaftern die Weisung erteilt, bei den Mächten dagegen Einspruch zu erheben, daß der König Ferdinand den Titel „König der Bulgaren“ annehme, da aus diesem Titel Zwistigkeiten bezüglich der Bulgaren ottomanischer Staats⸗ angehoöͤrigkeit enistehen könnten. ĩ

Die Regelung der Orientbahnfrage zwischen der Türkei und Bulgarien ist, nach einer Meldung des W. T. B.“, nicht weiter gediehen. Gemäß dem Beschluß des Ministeriums ist eine Kommission unter dem Vorsitz des Präsidenten des Staatsrats gebildet worden, die mit der Orientbahndirektion in Konstantinopel darüber verhandeln soll, ob eine gütliche Regelung ohne ein Schiedsgericht möglich ö

= Die Kammer hat in der gestrigen Sitzung die erste Lesung der Verfassungsxrevision beendet und einen Antrag angenommen, der dahin geht, daß die Zusammen⸗ setzung des Senats derart erfolgen solle, daß zwei Drittel der Mitglieder von der Nation erwählt werden und der Rest von dem Sultan ernannt werde. Der Antrag, alle Prinzen des Kaiserlichen Hauses zu Senatoren zu ernennen, ist abgelehnt worden. Das Haus hat ferner einen von einer großen Anzahl Abgeordneter unterzeichneten Antrag an⸗ genommen, an die asiatischen Provinzen einen Aufruf zu richten, in dem Lie Mohammedaner und Christen zu einem brüderlichen Zusammenleben aufgefordert werden. Heute findet in einer Geheimsitzung die Beratung des türkisch⸗bulgarischen Protokolls statt.

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= Däs Amtsblatt veröffentlicht Depeschen, aus dem Wilajet Aleppo, denen zufolge im ganzen Wilajet Ruhe herrscht. Ferner veröffentlicht das Amtsblatt eine Depesche des Wali in Adana vom 10. d. M., die besagt, der Kom⸗ mandant des englischen Geschwaders habe den Wali besucht, der ihm erklärt habe, daß seit dreizehn Tagen im Wilajet Ordnung herrsche, und daß an die Opfer Unierstützungen ver⸗ teilt würden. Der Kommandant habe erwidert, daß er dies selbst festgestellt habe, und erklärt, daß das Geschwader am 11. Mai Mersina verlassen werde.

Bulgarien. Als Nachtrag. zu dem uri , uchen an, alle er bestehenden Rapilülations- rechte und um den Abschluß von Konsular⸗ und Aus⸗ lieferungsverträgen mit Bulgarien wird die bulgarische Regierung nach einer Meldung des W. T. B.“ allen Mächten fertige Entwürfe für die genannten Verträge über⸗ senden. Ein eigener Rechtshilfevertrag wird nicht abgeschlossen werden, jedoch sind die einschlägigen Bestimmungen in den Konsulaxvertragsentwurf aufgenommen worden. Einem Beschluß des Ministerrats entsprechend wird 6 allen Staatsbahnen der Zonentarif eingeführt werden.

Amerika.

Im amerikanischen Senat besprach gestern im Laufe der Tarifdebatte der Fuhrer der republikanischen Partei Hale den ausländischen Wettbewerb und führte, W. T. B.“ zufolge, aus:

Beutschlandz Bemühen, in die amertkanischen Märkte einzudringen, sei nie stärker hervorgetreten als jetzt. Fast jeder amerilanische Fabrikant begegne dem entschiedenen Eindringen und der Konkurrenz der deuischen Industrien.

Parlamentarische Nachrichten. Der Bericht über die gestrige Sitzung des ö

auses

und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des weiten

der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Beilage.

Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (86 Sitzung, welcher der Minister des Innern von Moltke beiwohnte, die dritte Beratung des Staatshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1909 und zwar zunächst die Be⸗ sprechung des Spezialeiats des Ministeriums des Innern

ort.

Abg. Dr. Schröder ⸗Cassel (ul.) lenkt die Aufmerksamkeit des Ministerz auf den neu begründeten Sparverband in Wiesbaden, der bisher eine sehr segengreiche Tätigkeit entwickelt habe, und bittet, diesen Ver⸗ band nach Möglichkeit ju fördern. Der Redner verbreitet sich dann über die Fürsorgeerziehung und den Plan der Bildung von Kom— missionen zur Ueberwachung der Für sorgeerzie hung.

Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch (freikons. ); Um die drohende Befijstwirtschaft zu vermeiden, müssen wir auf Ersparnisse hinarbeiten auch dann, wenn es nicht gerade Dinge von großer Be⸗ deutung sind; denn auch Kleinbieh trägt jur Berescherung des Ackers bei. Z. B. sollte man bei den Prüfungen für die Cinjährig - Freiwilligen, die in einem Regierung bezirk jährlich etwa 3600 MS kosten, hier Gebühren erheben. Auch beim Aushebungtverfahren könnte man sparen. Die Heranziebung eines Gardemajors, um zu prüfen, welcher Rekrut sich für die Garde eignet, ist ein Zopf allerschlimmster Art. Der Major stiehlt dem lieben Gott den Tag ab und verursacht eine Menge Kosten. Die Gesetz⸗ gebung über die Bildung von Zweckveibänden müßte wesentlsch er⸗ weitert werden. Ich denke dabei hauptsächlich an die Großstädte in ihren Beziehungen zu den Vororten. Bei der jetzt beliebten Form der Cinverleibung der Landgemeinden in die Großstadt ist es selbst⸗ verständlich, daß die Großstädte nur diejenigen Gemeinden auf— nebmen, deren Aufnahme in ihrem Interesse liegt. Für Berlin möchte ich die Form der Grasschaft London als Muster empfehlen. Auch das Deutsche Reich ist eigentlich als ein großer Zweckverband anjusehen, in dem völlig selbständige, souveraäͤne Staaten zur Lösung gemeinsamer Aufgaben vereinigt sind. Obwohl Preußen an Größe alle anderen Gliedstaaten des Reichs zusammen söbertrifft, bat es im Bundesrat eine weit unter der Mehrheit liegende Stimmenzahl; als Entgelt führt es den Vorsitz es hat auch die ent⸗ scheidende Einwirkung auf die Exekutive des Reiches. Diese Ein richtung hat sich voll bewährt. Man könnte ebenso kommunale Ver⸗ bände Groß-Berlin, Groß ˖ Hannober und. Groß ⸗Cöln schaffen. Dazu sollte die Regierung möglichst bald die Klinke der Gesetzgebung in die Hand nehmen. ;

Abg. Dr. Lohmann (nl) wendet sich gegen die Ausführungen, die der Abg. von Pappenheim in bezug auf das Fürsorgeerziehungs⸗ gefetz gemacht hat. Das Kammergericht habe den Begriff der völligen sittlichen Verwahrlosung durchaus korrekt aufgefaßt.

Abg. Dr. Seyda (Pole) beschwert sich über die Unterbringung polnlscher Kinder in deutschen Familien, wo sie keine Gelegenheit hätten, ihre Muttersprache zu sprechen,

Abg. Hir sch⸗Berlin (Sol.) verbreitet sich über die - Spitzel, wirtschaft', die angeblich spenlell in Berlin von der Kriminalpoltzei in fozlaldemokratischen Vereinen getrleben werde. Die Polizei werde aus den Mitteln der Steuerzahler unterhalten, und diese Mittel würden auf diese Weise vergeudet. Ciner der Polizeispitzel habe leider auch einen Parteigenossen und Bezirksführer ju Spitzeleien verleitet., Er vermufe staik, daß das Ueberhandnehmen der Spitzel in den sozial⸗ demokratischen Vereinen eine Errungenschaft des Vereinsgesetzes sei. Die Pollzei gehe systematisch darauf aus, die Sozialdemokraten zu Gewalttaten zu veranlassen. Der Redner wendet sich dann gegen die Ausführungen, die der Abg. Strosser bei der jweiten keseng gemacht bat, und wirft ihm vor, daß er das Bebelsche Buch „Unfere Zielen falsch zitiert habe, um nach- zuweisen, hr die So nialdemokratie ju Gewalttätigkeiten greifen wolle. Tatsächlich babe die Sonaldemokratie niemals zu Ver= schwörungen und Putschen aufgefordert. Die Straßendemonstratieonen, auch bei Gelegenheit des Ginzugs des König von England, seien von ganj barmlosen Menschen veranstaltet worden, wie die Projesse ergeben hätten. Der Redner beschwert sich weiter über die Handhabung des Vereinggesetzes gegen So ialdemokraten. Ein Konzert sei von der Pollzet für eine öffentliche Versammlung erklärt und die Veranstalter selen bestraft worden. In einzelnen Städten habe die Polizei die Genehmigung ju Umzügen am 1. Mal bꝛreits erteilt, aber anscheinend auf Anweisung von Berlin seien diese Genehmigungen ohne Angabe von Gründen nachher wieder jurückgezogen worden. Wenn wir heute in der Uebertragung des geheimen, , . und direkten Wahlrecht auf Preußen nicht weiter seien, so liege dies lediglich an den Freifinnigen. Aufgabe der Soꝛialdemokraten sei es, die Masse aufzuklären, dann werde Ki, das Drelklassenwahlrecht verschwinden. Seine Freunde würden sowohl diesen Etat wie den gefamten Staatshaushaltsciat ablehnen, um damit der Regierung ihr unbegrenztes Mißtrauen auszusprechen.

Äbg. Hecken roth (kon) wendet sich gegen die vorgestrigen Ausführungen des Abg. Schmedding und die heutigen des Abg. Schröder über die Fürsorgeerziehungsfrage in Westfalen. Er habe im vorigen Jahre betont, daß seine Partei der Familten⸗ erziehung vor der Anstaltzerniehung bei der Fürsorgeer ie hung unter allen Umständen den Vorjug gebe, und in diesem Sinne babe er das Verfahren der rheinlschen Verwaltung kritistert. Das Recht,

gegen das System gerichtet. (Schluß des Blattes)

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Bewegung in der Hagener Eisenin dustrie (oal. Nr. 108 d. Bl.) nimmt immer größeren Urifang an. Infolge der Weigerung

zuführen, sind, der Mhe⸗Westf. Ztg.“ zufolge, in 8 Fabriken jetzt über 600 Mann augzgesperrt bejw. gekündigt. Hierzu erfährt die. Voss. Zig.“ daß der Arbeitgeberverein für die Kreise Hagen und Schwelm estern beschloß, falls big zum 25. Mai eine Einigung mit den treikenden Arbeitern nicht justande komme, 30 v. H. '. Arbeĩter in der gesamten Metall, und Elsenindustrie des Bezirks aut jzusperren. Nach wiiteren acht Tagen sollen weitere 20 v. H. folgen.

unst und Wissenschaft.

A. F. In der Maisttzung der Gesellschaft für Erdkunde gedachte der Vorsitzende, Geheimer Bergrat Wahnschaffe dreier f den

letzten Wochen durch den Tod abberufener Mitglieder, unter ihnen

des Ehrenmitgliedes Herrn Marcel in Neuilly bei Paris, bekannt durch hervorragende kartographische Leistungen. Den Vortrag des Abends hielt Professor Dr. Karl Sapper aus Tübingen über Neu⸗ Mecklenburg und seine Nachbarinseln, he. Grund eigener Reisen und Beobachtungen“. Professor S. hat schon wiederholt in der Gesellschaft für Erdkunde gesprochen, zuletzt über das Vulkan—⸗ gebiet von Guatemala. Er erfreut sich des Rufes eines auggejeichneten Tropenkennerg. Die von ihm im Februar 1998 über Colombo und Samar say Brtisch⸗Neuguinea) angetretene Reise nach dem Bismarck⸗ Archipel war von der landeskundlichen Kommission jur Erforschung des deutschen Schutzgebiets“ angeregt worden. Sie war bestimmt, eine Lücke in unserer Kenntnis dieses Teils unseres Kolonialbesitzes auszufüllen. Denn, während mehrfach Berichte über Kaiser Wilhelmg⸗ land und Neupommern vorliegen, ist Neu⸗Mecklenburg mit seinen Nachbarinseln bisher ziemlich unbekannt geblieben. Als der Vor⸗ tragende am 27. April in Herbertshöhe auf der Gazellenhalbinsel Neu⸗Pommerns eintraf, die er vor einigen Jahren schon besucht, empfing er den Eindruck des gedeiblichen Fortschrittes dieses sich ju einem günstigen Hafen entwickelnden Platzes. Vom eere aus gesehen, gewährt Herbertshöhe mit seinen am Steilufer im Grün der Kokospalmen verteilten Häusern einen freundlichen Anblick. Neu Mecklenburg, daz hakenartig die Gazellenhalbinsel umschließt, ist von hier aus sowohl ostwärts als nordwärts ju erreichen; im ersteren Falle ist eine Meerstraße von etwa 50 kim, im andern von etwa JI00 km zu durchqueren. Ez wurde der letztere Weg gewählt und in Tamartanai, der schmalsten, kaum 7 km breiten Stelle der Insel, wo sich Professor Sapper von seinem andere Zwecke ver⸗ olgenden Gefährten, Hauptmann Friderickt trennte. Der südliche, genauer südöstliche Teil von NeuMecklenburg (früher Neu⸗Irland genannt) ist etwa 70 km breit und 100 km lang und läuft, die Richtung seiner Küsten ändernd, gegen Nordwesten in den nur etwa so brelten, aber 300 km langen Nordtell der Insel aus, der gebirgiger, in seinem nördlichen Ende von der bis ju 2000 m aufsteigenden Schleinitz Kette ausgefüllt und in vielen Beziehungen von dem Süd- teil der Insel recht verschieden ist. Das Gesamtareal der Insel ist etwa dem des Großherjogtums Mecklenburg ⸗Schwerin gleich. Vor dem Nordwestende Neu⸗Mecklenburgs liegt, von ihm 6 eine Meer⸗ straße von 60 km getrennt, die kleine Insel Neu. Hannover, 67 auf 35 km messend und ganz ausgefüllt von dem Stosch, Gebirge. Die Meerstraße der Steffens⸗Kanal zwischen beiden Insen enthält eine beträchtliche Anzahl kleiner und kleinster Inseln. Dag Klima dieser sich jwischen dem 2. und 5. Grade südlicher Breite erstreckenden Inselgruppe sst sehr warm und bei geringen Temperaturschwankungen recht ermattend. Der kälteste Monat ist der Juli, dessen niedrigste Temperatur im dreijährigen Vurchschnitt auf 4 19,80 C. i worden ist, während das Jahresmarimum 4 33.7 nicht übersteigt, Selbst in den Gebirgen bei 1200 m kommt die Tageswärme nicht unter 1790 herab. Hier klagten die Eingeborenen bitter über Kälte, und auch Professor Sapper empfand, wie schnell man sich verwöhne. Die geo⸗ logische Bildung der Insel läßt erkennen, daß sie zweimal in langen Zeiträumen tief untergetaucht gewesen ist. Ihre gegenwärtige Gestalt scheint sie unter einer hon mächtigen Eruptionen begleiteten bedeutenden Hebung gleichzeitig wie dag vullanreiche Neupommern in der Tertlär⸗ jeit empfangen ju haben. Es liegt nahe, daß bei dieser Entstebungt⸗ geschichte Gesteine und Schichten der verschledenften Art sich vorfinden: Lava aut den jüngsten Phasen, Kalk, Kreide, Sande, Mergel, selbst eine Korallenschicht von 106— 12 m Mächtigkeit und Braunkohle ist vor⸗ handen. Da Ergebnis für die anbaufäbige Oberfläche liegt als ein meist recht guter Fruchtboden vor. Das feuchte Klima begünstigt den Pflanzenwuchs in hohem Grade. Der Vortragende lernte diese Seite des insularen Klimas ju seinem Schaden kennen; denn die Regenzeit, die im vorigen Jahre außergewöhnlich jeitig begann, hielt fast während der ganjen Zest seines Aufenthalts, zwei Monate länger als gewöhnlich, dor, sodaß er nur einen Monat trockenes Wetter hatte. Wasserreiche größere und kleinere Bäche eilen von den Bergen dem nahen Meere zu; dessenungeachtet gibt es viele Gebiete, wie das ausgedehnte Hochplateau am Nordende von Neu⸗ Mecklenburg, das zuzelten Wassermangel leidet, weil alle Nieder- schläge schnell in den überaus porösen Boden versinken. Gegen die tropischen Regengüsse, wie sie am Bigmarck⸗Archipml niedergehen, und die häufig eintretende Notwendigkeit. Gewässer zu durchwaten, hat der europätsche Reisende mit seiner komplizierten Kleidung, die trotz Schirm und Zelt immer naß ist, geringeren Schutz als der fast unbe—⸗ kleidet gehende Eingeborene. Es regnet sozusagen von allen Selten, fodaß eg j. B. auch schwierig ist, Aufteichnungen und Tagebücher vor Beschädigungen zu schützen. Erst zuletzt fand der Reisende in einer von den Eingeborenen aus zusammen genähten Palmblättern bergestellten Schutzwand und Zeltdecke genũgenden Schutz gegen die Nässe. Professor Sapper lernte das Land teils im Wege der Küstenschiffahrt, teils durch ausgedehnte Wanderungen kennen. Für letztere erwiesen sich von der Kolontalregierung angelegte Wege und Unterkunftehäuser zwar sehr förderlich, doch wußte der Reisende aus anderen Erfahrungen in der Tropenwelt, daß zur gründ⸗ lichen Erforschung des Landes die meist recht engen und beschwerlichen Pfade benutzt werden müssen, die von den Eingeborenen allein durch sfteres Betreten hergestellt sind. Er hat von ihnen ausgtebigen Gebrauch gemacht, um Flora, Faung und Menschen kennen iu lernen. Neben der Banane sind als Nutzbäume Kokoz. und Sago⸗ palmen sehr veibreltet, Kautschukbäume, verschiedener Gattungen, bor wenigen Jahren erst angepflanzt, gedeihen anschelnend sehr gut. die Wälder enthalten schöne Laubbäume in großer Zahl und kräftigem Wucht, und die australischen Kasuarinen sind vorhanden, im Gebirge findet man Baumfarne. Für den von der gebahnten Straße ab⸗ gehenden Relsenden sind die übermäßig üppig wuchernden dornigen Rotanggebüsche häufig ein schweres Hindernis der Fortbewegung. Die Verfuche, Baumwolle anzupflanzen, sind wieder aufgegeben worden, wogegen ersichtlich die gute Bodenbeschaffen beit die verschledensten Kusturen gestasten würde, wenn man erst mit Rodungen in großem Üümfange vorginge. Die Fauna der Inselgruppe ist pon Vögeln ab. gefeben merkwürdig dürftig. Von größeren Säugetleren ist, außer einigen Nagern, eigentlich nur daß verwilderte Schwein erwähnen wert. Giftige Schlangen sind nicht vorhanden, degegen kommen Krokodile in den Binnengewäßssern vor, und im Meere verhindert das be . Vorkommen des Halfisches das Baden an ungeschützten Stellen. Fi

gibt eg in den Binnengewässern in großer Menge und vielen Hattungen. Sie bilden den Hauptteil der animalischen Nahrung der

Gingeborenen, doch gibt es darunter Arten, deren Genuß schaͤdlich

der Schmiede, soz. . Streikarbert ! vom Grüntater Gisenwerk au s