Minister für Landwirtschaft 2c von Arnim:
Ich möchte doch dem Vorwurfe des Herrn Vorredners entgegen ⸗ treten, als ob ich mich durch die Krone decken wollte. Ich weiß nicht, inwiefern meine Auslassungen dazu Veranlassung gegeben haben. Ich habe nur erklärt, daß die Bestimmung darüber, welche Teile des Staatsbesitzes ju verkaufen sind, der Krone vorbehalten ist, und daß ein eventueller gesetzlicher Eingriff ein Gingriff in die Rechte der Krone wäre. Daz ist die Tatsache, welche ich festgestellt habe. Ich glaube nicht, daß der Herr Vorredner berechtigt war, den Vorwurf aust⸗ zusprechen, wie er es getan hat.
Nun ist noch die Frage gestreift worden, was unter den jetzigen Zustand des Grunewald zu verstehen ist. Ich erkläre, daß, wenn die Antragsteller alles das darunter verstehen wollen, was augenblicklich noch Wald ist, ich gegen eine solche Resolution Widerspruch erheben müßte, weil im Zusammenhang mit der Anlegung der Heeresstraße beabsichtigt ist, den nördlichen Teil dez Grunewaldes, über den ich schon im vorigen Jahre Erklärungen abgegeben habe, zu verkaufen, ferner einen Streifen, der an Dahlem grenzt, ebenfalls. Dann aber, wenn alle diese Verkäufe getätigt sind, bleiben noch 12 000 Morgen übrig, also ein genügender Bestand. Hier wird immer so getan, alg ob in der Nähe der großen Städte vom Fiskus Waldverwüstung getrieben wird. Ich habe im Abgeordnetenhause nachgewiesen, daß die Mehrzahl der Abverkäufe in der Nähe von Berlin stets an die Kommunen und verhältnismäßig wenig Flächen direkt zur Bebauung verkauft worden sind. Die Kommunen baben das Gelände melst gekauft, um es als Stadtpark bestehen zu lassen. Ez sind ihnen iu diesem Zweck auch besonders günstige Bedingungen gestellt worden. Ich glaube damit allen berechtigten Anforderungen entsprochen zu haben, aber so weit zu gehen, wie Herr Dr. Bender es schon in seiner ersten Rede getan bat, den Städten ein Recht auf diese Forsten elnzutäumen, dazu können wir uns nicht verstehen.
Dann wurde über die Beteiligung der Ressorts gesprochen. Glauben Sie wirklich, daß die beteiligten Minister, der Herr Minister des Innern und der Herr Kultugminister, nichts davon erfahren, daß im Grunewald Verkäufe stattfinden? Es wird den beteiligten Ressorts stetz Gelegenheit gegeben, etwa sich erhebende Bedenken dem Land⸗ wirtschaftgwinisterium mitzuteilen. Aber hier zu beschließen, in welcher Welse der innere Dienst sich vollniehen soll, in welcher Weise das Ministerium der Krone in diesen Fragen zu berichten hat, das über⸗ schreitet die Aufgaben und die Kompetenz des Landtages. Ich glaube übrigen nicht, daß materiell an deren Entscheidung sich irgend etwas andein würde, denn die Königliche Staateregierung steht auch jetzt nech auf dem Standpunkt, den ich stets, hier und im anderen Hause
vertreten habe.
Herr Ehlers weist darguf hin, daß es sich hier nicht wieder einmal um ein abscheuliches Vorgehen der Oberbürgermeister handele, sondern um einen Beschluß, der in der Hauptsache von Agrariern gefaßt sei.
Der Antrag der Agrarkommission wird mit großer Mehr⸗ heit angenommen.
. Freiherr von Schrötter erhebt Elnspruch gegen den gesetzwidrig hohen . des Elchwildes in Ostpreußen. Der Bestand sei im Regierungsbezirk Königsberg von 500 auf 100 zurückgegangen. Die hierauf bejugliche Ministerlalverfügung habe in der ganzen Probinz böses Blut gemacht; überdies sei angeordnet worden, daß über diese Ver, fügung nichtz in der Oeffentlichkeit bekannt werde. Es müsse eventuell
ein anderes Elchwildschongesetz gemacht werden.
Graf bon Arnim-⸗ Boitzenburg: Auch ich trete für die Schonung dieses bei uns nur noch in wenig Exemplaren vorhandenen Elchwildes ein. Wir stehen im Zeichen der Konservierung der Naturdenkmäler; daju gehört auch in eminentem Sinne das Elchwild, dessen Konserbierung als eine der ersten Pflichten unserer Forstverwaltung erscheint. Der Abschuß weiblichen Elchwildes ist in weit größerem Umfange erfolgt, als eg beim Wildschongesetz versprochen wurde.‘ Beseitigt man aus einjelnen Revieren den Bestand ganz, so möchte, wenn man die Gefahr der Inzucht, die Schädigung durch Milzbrand usw. bedenkt, bald unser Elchwildbesitz überhaupt der
Vergangenheit angehören. . Minister für Landwirtschaft 2c. von Arnim:
Meine Herren! Die Ausführungen des Herrn von Schrötter sind geeignet, die Vermutung ju erwecken, daß seitens der Forst⸗ verwaltung in geradezu vandalischer Weise gegen das Elchwild vor⸗ gegangen würde. So liegen die Verhältnisse doch nicht. Der Elch⸗ bestand betrug im Jahre 1896 gegen 300 Stück und ist dann ge— wachsen, alt überhaupt jeder Abschuß und vor allem der Abschuß des welblichen Wildes eingestellt wurde, auf 700 Stück. Die Schäden, die dadurch in den Forsten entstanden, und jwar nicht etwa bloß, wie der Herr Vorredner meinte, an wertlosen Weichhölzern, sondern gerade an den allerwertvollsten Höljern, an Eschen und Eichen, waren derart, daß es überhaupt vollständig ausgeschlossen war, in den ganjen Revieren, die mit Elchwild bestanden waren, überhaupt noch die se Holzarten hochjubringen. Weiter war Schaden entstanden der schwer⸗ wiegendsten Art auf der Nehrung, wo ja bekanntlich auch Elchwild steht. Die Nehrung ist mit ungeheurer Mühe und sehr großen Kosten aufgeforstet worden. Sie wissen ja, meine Herren, welche Schwierig⸗ keiten eg gemacht hat, die Sanddünen zu befestigen und anzuschonen. Dlese ganzen Schonungen sind geradejn ruiniert worden vom Elch⸗ wild, sodaß tatsächlich ein Eingreifen hier dringend geboten war.
Nun ist der Bestand etwas reduztert worden auf 500 Stäck, er ist also noch erheblich stärker, als er im Jahre 1896 war. Auch hente noch ist der Schaden ein außerordentlich großer. Aber trotzdem haben wir ung stets bemüht, das Elchwild so weit ju erhalten, wie eg irgend möglich ist. Ez werden große Aufwendungen dafür gemacht. Wir pachten Schutzjagden an, füttern usw., es werden jährlich etwa 10 000 A dafür ausgegeben. Aus dem allen werden Sie entnehmen, daß von einer unsachgemäßen Behandlung der Elchwildjagd gar keine Rede sein kann. Es wird auch in richtiger Weise stets dafür gesorgt, daß die starken Hirsche erhalten bleiben, daß nur die schwachen Tlere, soweit sie in Überschüssiger Zahl vorhanden sind, abgeschossen werden. Kurz, es wird durchauz waidmännisch verfahren. Wir können daher, wenn wir nicht welter Forstreviere gefährden wollen, den Abschuß nicht welter einschränken. Die Abschüsse, die vorgenommen sind, waren notwendig, um die Bestände, die jetzt vorhanden sind, nicht welter anwachsen zu lassen, sondern sie auf ihrer jetzigen Höhe ju erhalten.
Also, ich glaube, daß die Beschwerden und der Argwohn, daß ganz andere Absichten seltens der Forstverwaltung hler obwalten, wie ich sie angegeben habe, wirklich nicht gerechtsertigt sind. Ich stimme vollständig damit überein, daß dag Elchwild erhalten werden soll; es
6g.
muß aber eine bestimmte Grenze dabei eingehalten werden, wenn nicht Schäden eintreten sollen, die wir nicht verantworten können.
reiherr von Schrötter: Auf meine direkten Fragen hat der Mintfler nicht geantwortet. Es ist doch merkwürdig, daß die erwähnte Heimlichkeit in Königsberg angeordnet; werden konnte. Sogar bei der Regierung seibst hat man sich darüber empört, daß eine solche J,. ersafsen worden ist. Der Bestand mag ja im ganjen noch köher als boo sein; es handelt sich aber um den Reglerunggbezirk Königsberg, um die vier an der Deime liegenden Förstereien, wo bloß noch Joo Stück vorhanden sind. Die Nehrung sst ja gerade von der Forstverwaltung geschont worden. Bei dem forcierten Abschuß ist vieles verludert worden. . Miniflerialdirektor, Oberlandforstmeister Wese ner. Es liegt uns wirklich nicht eiwa am Herzen, den Elchbestand mit Stumpf und Stiel auszurotten. Wir verautzgaben ja jährlich große Summen für die Pflege dieses Naturdenkmals; allein für die Errichtung von Deichen, wohln das Wild sich im Winter und bel Hochwasser retten kann, geben wir jährlich über 10 000 ½ aug. Der Schwerpunkt des Bestandes liegt im Regierungsbezirk Gumbinnen, nicht in Königsberg. Selt 1897 war der Abschuß des weiblichen Eichwildes verboten, und bis 1994 durfte kein Stück abgeschossen werden, sodaß sich zahlreiche alte Tiere ansammelten, die gar keine Exlstenzberechtigung mehr hatten, well sie längst kein Kalb mehr gesetzt hatten. Die Auf⸗ forstung eines Hektars Dünengelände kostet nicht weniger als 1200 16 ba kann die Verwaltung wiederholte Verwästungen nicht verantworten. Graf zu Pohna-Finckenstein; Bie Antwort auf die Frage des Barons Schrötter ist uns der Minister schuldig geblieben, nachdem man auch in Königsberg bei der zuständigen Instanz die Auskunft verwelgert hat. Befände ich mich nicht der Stagtgregierung gegenüber, so würde ich das für einen Bewelg des bösen Gewissens ansehen; so kann ich nur annehmen, daß es sich um eine schlechte Instruttion handelt. Ich wiederhole die Frage: weshalb ist Nie. Heimlichkeit geübt worden? Ich frage weiter: ist vielleicht Milifär berufen worden, um die Forstbeamten zu unterstützen? Der Abschuß hat sich auf vier ganz bestimmte Oberförstereien, auf einen genau be⸗ grenzten Bezirk ausgedehnt, wo in 14 Tagen alles abgeschossen werden follte; nicht bloß die Staatsforsten, sondern auch die Privatforsten haben darunter gelitten.
Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim:
Von meiner Seite ist eine Verfügung an die betreffende Re— glerung, die Abschußverfügung geheimzuhalten, nicht ergangen. Im übrigen aber ist meiner Ansicht nach j der Beamte verpflichtet, dienst⸗ liche Angelegenheiten geheimzuhalten. Wenn also der betreffende Beamte die Auskunft verweigert hat, so hat er durchaus richtig ge handelt, da er ohne Genehmigung seiner vorgesetzten Behörde eine Auskunft nicht geben kann. Der Abschuß ist allein durch Forstschutz beamte erfolgt, ein Kommando von Jägern und Schützen ist dazu nicht verwendet worden. Dann ist der Abschuß gleichmäßig oder wenigstens annähernd gleichmäßig auf annähernd 20 Oberförstereien verteilt worden (Zwischenrus) — annähernd gleichmäßig; natürlich hat er sich nach dem Bestande gerichtet, und ich bin außer Stande zu sagen, wie der Abschuß auf die einzelnen jwanzig Oberförstereien sich verteilt hat. Es ist dabei aber doch nicht etwa gegen einzelne Privat waldbesitzer unfreundlich vorgegangen worden, indem in der Nähe ihrer Güter besonders scharf abgeschossen worden ist. Ich glaube, ein derartiges Vorgehen sollte man doch der Forstverwaltung nicht zumuten, da sie sich doch ganz gut mit den Privatforstbesitzern steht. Sie würde sich solche Schikanen niemals ju schulden kommen lassen. Es lag aber hier die unbedingte Notwendigkeit vor, daß wir uns auf elne ganz bestimmte Zahl von Elchen beschränkten, die nicht über-
schrltten werden konnte, ohne daß ein schwerer Schaden eingetreten
wäre, für den die Staate verwaltung eine Verantwortung nicht mehr tragen kann. Sle hätte sich mit Recht den allerschwersten An— griffen ausgesetzt, wenn sie gewissermaßen der Jagdpassion zuliebe sich hätte veranlaßt fühlen können, hier einen Wildbestand zuzulassen, der nach allen vernünftigen forstwirtschaftlichen Grundsätzen nicht mehr zuläaͤssig wäre. Ich glaube also, daß alle die Vorwürfe, die hier gemacht worden sind, die dahin gehen, daß wir rücksichtslos dag Elch⸗
wild ausrotteten oder wenigstens in einer ganz unwaidmännischen Weise gegen das Elchwild vorgingen, sich als gänzlich unbegründet erwiesen haben, schon durch die Zahlen, die ich hier angeführt habe. Tatsäͤchlich sind noch heute gegen 500 Stück vorhanden.
Beim Etat der Gestütverwaltung kommt
Graf von Seidlitz⸗Sandreezki auf die Angriffe gegen die Kon⸗ kurrenz des Hauptgestüis Graditz zurück. Diese Angriffe seien nicht berechtigt, doch sei es angezeigt, die Konkurrenz, welche Graditz den Privatrennbetrieben mache, etwas einzudämmen. Das System der Sweepstakes müsse beseitigt werden. Die Mock. Inländer, im Geburtt⸗ jahr importierte Hengstfohlen, sollten won der Inländerkonkurrenz autz⸗ geschlossen werden; ausrangierte Vollblutstuten dürften nicht mehr auf den Rennbahnen laufen.
Oberlandstallmeister Graf von Le hndorff sagt wohlwollende Erwägung dieser Wünsche zu.
Ueber den Etat der An siedlungskommission referiert Der Redner, der den verhinderten Spe salberichterstatter Herrn Knobloch vertritt, hebt hervor, daß der Vor ⸗ sitzende der Finarzkommission und der Generalberichterstatter mit ihm
Herr Dr. Kersten⸗Thorn.
barin übereinstimmten, daß eln so wichtiger Gegenstand wie der Etat
der Ansiedlungekommission hier in der Beratung nicht sang⸗ und
klangloz vorübergehen dürfe. Er betont u. a., daß, obwohl von dem im vorigen Jahre zu stande gekommenen Enteignungsgesetz noch in keinem Falle Anwendung gemacht sel, doch ein Rückgang des Ueber⸗ gangs deutschen Besitzes in polnische Hände zu konstatieren gewesen
fei, daß sich also schon eine sehr erfreuliche Wirkung des Gesetzes
bemerkbar gemacht habe.
Herr Sr. Wilm é ⸗ Posen: Daraus, daß dasz Esteignungs— gesetz bis jetzt noch nicht angewendet worgen ist, darf man kelnen Schluß auf die Wirkung des Gesetzes selbst zieben. Im all⸗ gemeinen kann man mit der Tätigkeit der Anstedlungskommission zu⸗ frieden sein. jurück get wiesen, bündnisse einlassen. In einer Posener Landwirte ist gefordert worden, daß die für die Schaffung von e ö geht zu welt. Bei Schaffung von Restgütern läßt sich die Gefahr nicht vermeiden, daß die Zwecke des Gesetzes vereitelt werden, wenn diefe giößeren Restgüter polnische Arbeiter verwenden. Auf die Vauer wird man den Ansiedlern eine bessere Vertretung in den Kressen nicht versagen können. Wir dürfen hoffen, daß unsere Söhne oder Enkel die Früchte der Ansiedlungstätigkeit ernten werden.
Herr Ghlers: Ich muß gestehen, daß ich nichts da⸗ gegen einzuwenden gehabt hätte, wenn dieser Etat ohne weitere Yöskussion glaft erledigt worden wäre, nachdem wir im vorigen Jahre sehr ernsthafte Verhandlungen äber das Enteignungsgesetz gehabt Haben. Jene Verhandlungen haben dem Ansehen dieses Haufeg nicht geschadet. Es liegt nun jetzt bei denen, die das Gesetz zu stande gebracht haben, anscheinend die Neigung vor, uns Gegnern vorjuhalten, wie irrig unsere Bedenken gewesen seien. Ich bin überzeugt, daß unter den Gegnern keiner ist, der herilich wüänschte, daß die Erfahrung beweisen (önne, wir Gegner tatsachlich auf der falschen Seite gewesen
solange sie sich nicht mit den Polen auf Wahl⸗ Versammlung des Bundes der Ansiedlungskommission auch
daß sind.
Aber ich denke,
wäre vorschnell, Betrachtungen
heute
schon
Deutsche Katholiken werden keineswegs grundsätzlich
Restgütern zu sorgen hätte. Diese Forderung
nicht
man follte der Erfahrung mehr Zest lassen. Es anzustellen, ob
die Hoffnungen oder Befürchtungen durchschlagender gewesen sind. Es ift doch nicht absolut nötig, daß man sich alle Sonntage hinstellt und die schwarz-⸗weiß-rote Fahne schwingt: hier wird germanisiert! Es kommt hier doch weniger auf Worte als guf. Taten an. Wir täten gut daran, den Anstedlungsetat auch im nächsten Jahre so still wie möglich zu erledigen.
Graf bon Zieten⸗Schwerin: Ich bedauere auf das lebhafteste, daß der Vorredner seine Bedenken nicht in der Kommisston vorgebracht hat. Ich möchte seftstellen, daß der Berichterstatter Keisten durchaus in unserem Sinne gesprochen hat.
Zum Etat der Zentralgenossenschaftskasse erstattet
Graf von Keyserling k⸗Neustadt den mündlichen Be⸗ richt der Finanzkommission über die Novelle zum Gesetz, betreffend die Errichtung einer Zentralanstalt zur För berung des genossenschaftlichen Personalkredits. Sein Antrag geht dahin, die Vorlage, welche das Betriebs⸗ kapital der Kasse um 25 Mill. Mark erhöht, unverändert an⸗ . Das Haus beschließt nach diesem Antrage ohne
ebatte.
Bei dem Etat des Finanzministeriums weist
Herr Dr. Struckmann darauf hin, daß es ungerecht sei, die kom⸗ munale Wertluwachssteuer dadurch zu kürzen, daß sowohl der Fiskus wie bei unfreiwilligem Besitzwechsel der Enteignete von der Steuer befreit bleibe, wie es in einzelnen Gemeinden der Fall sei. Die Wertzuwachs⸗ steuer dürfe den Gemeinden unter keinem Vorwande genommen oder
geschmälert werden.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Herr Oberbürgermeister Struckmann hat drei verschiedene Punkte jur Sprache gebracht. Zunächst hat er be— mängelt, daß in den städtischen Steuerordnungen über die Wert zuwachtsteuer hinsichtlich der Frage, ob eine Befreiung des Figkus stattfinden solle oder nicht, verschieden verfahren werde. Ich glaube, der Herr Oberbürgermeister befindet sich in dieser Beniehung in einem Irrtum. Wag die Wertzuwachesteuer betrifft, so ist meines Wissens grundsätzlich daran festgehalten worden, daß der Staat dieser kommu⸗ nalen Wertzjuwachzzsteuer nicht unterliegt. Was der Herr. Oberbürger⸗ meister melnt, ist wohl etwas anderes. Es hat allerdings ein ge— wisses Schwanken stattgefunden in der Frage, ob der Staat auch der kommunalen Umsatzsteuer unterworfen werden solle, während bei der Wertzuwachssteuer grundsätzlich die Befreiung des Fiskus auf—⸗ rechterhalten wird. (Zuruf det Herrn Dr. Struckmann: In Cöln und Wiesbaden nicht! Allerdings ist bei der Umsatzsteuer in der eisten Zeit, als die Entwicklung noch nicht übersehen werden konnte, verschieden verfahren worden. Einzelnen Gemeinden hat man das Recht gegeben, auch den Figkus heranzunehen, namentlich solchen, die wegen der bevorstehenden Aufhebung ihres Oktrois vor einer neuen sehr großen kommunalen Belastung standen. Bei der Mehrzahl der Gemeinden ist aber daran festgehalten, daß der Fiskus von der kom munalen Umsatzsteuer befreit bleiben müsse, und das Staatsministerium hat sich erst kärzlich ausdrücklich dahin schlüssig gemacht, daß grund sätzlich dem Staate diese Steuerfreiheit ju gewähren sei.
Herr Oberbürgermeister Struckmann sagte nun, er halte das für unrichtig und vermisse die Gründe dafür. Ich vermag dieser Auf— fassung nicht zu folgen. Zunächst möchte ich doch hervorheben, daß die Steuerhohelt primär beim Staate ist, und daß jede andere Steuerhoheit, namentlich auch die kommunale, vom Staate abgeleitet wird. Es entspricht also nicht der Stellung des Staates, als dem höchsten Träger der Steuerhoheit, wenn er zu der städtischen Umsatzsteuer herangezogen wird.
Vor allem ist noch eins zu beachten: Der Staat ist es doch mit in erster Linie, der den Wertzuwachs schafft. Hat z. B. der Staat in einer Stadt eine Eisenbahn angelegt und verkauft nun einzelne Restparzellen seines Geländes, um den enormen Aufwand einigermaßen zu vermindern, dann ist es nicht billig, daß die Kommune, der diese ganze Verbesserung vorwlegend jugute kommt, nun den Figkus noch zur Wertzjuwachssteuer heranzieht, ihn dafür noch kontributãr der Gemeinde macht. Auch bei sonstigen Anlagen, j. B. bei Errichtung großer Dienstgebäude, wachsen sofort infolge der großen Aufwendungen des Staates die Werte in der Nachbarschaft. Der Staat hat also die Wertsteigerung geschaffen. Verkauft er dann vielleicht noch einige Restparzellen, so ist es nicht billig, ihn dafür zur Steuer heran⸗ zuziehen.
Die Verhältnisse der Klosterkammer innerhalb der Stadt Hildes⸗ heim sind mir nicht bekannt. Ich möchte aber doch hervorheben, daß dle Klosterkammer auch staatliche Aufgaben veisieht. So hat sie aus ihren Mitteln staatliche Aufgaben auf dem Gebiete der Kirche und Schule ju erfüllen. Und wenn sie nun von den Kommunen ju solchen Steuern herangezogen wird, so wird sich die einfache Notwendigkeit ergeben, daß die Allgemeinheit der Steuerzahler den Ausfall deckt und durch Steuern die Mittel beschafft werden, die die Kammer jetzt ihrerseits zur Befriedigung der Bedürfnisse von Kirche und Schule aufwendet.
Der zweite Punkt, den Herr Oberbürgermeister Struckmann be— handelte, ist die Enteignung. Hier ist an der Bestimmung des Stempelsteuergesetzes festzuhalten, wonach ohne Unterschied, ob die Besitzberänderung selbst durch Enteignung oder freiwillig erfolgt, eine Steuer nicht zu entrichten ist, soweit es sich um Fälle der Enteignung handelt. Auch hler präbaltert das öffentliche Interesse; beispielsweise
bei den großen Kanälen und Eisenbahnen, die wir bauen, würde es
nicht billig sein, daß der Staat ju solchen Abgaben herangejogen wird. Denn dag, was der Expropriat an Umsatzsteuer ju entrichten hätte, würde naturgemäß auf den Staat abgewälzt werden.
Ich glaube also nicht, daß es sich um unangebrachte fiskalische Rücksichten zuungunsten der Gemeinden handelt, wie Herr Oberbũrger⸗ meister Struckmann dat ausgeführt hat.
Und, meine Herren, ich verweise auf die Debatte, die wir gestern gehabt haben, und auf die von allen Seiten an uns gerichtete Auf⸗ forderung, die Mittel jusammenzuhalten. Ich glaube, dieser Pflicht entspricht es, wenn wir uns dagegen sträuben, daß bei Trantzaktionen, die im allgemeinen öffentlichen Interesse erfolgen, nun die Kommunen ihrerseits noch den Staat heranzlehen.
(Schluß in der Zweiten Bellage.)
4
M 122.
Zweite Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
. 1999.
Berlin, Mittwoch, den 26. Mai
(Schluß aug der Ersten Beilage.)
Dagegen bin ich durchaus in der Lage, dem dritten Punkt, den Herr Oberbürgermeister Struckmann anregte, zujustimmen. Er hat darauf hingewiesen, wie außerordentlich wichtig die Wertzuwachssteuer für die Kommunen ist, und wie sehr wir bemüht sein müssen, den Gemeinden diese Quelle nicht zu verschließen. Eg würde zu weit führen, mich heute dez näheren über diese Frage auszulassen, ob es möglich ist, die Wertzuwachssteuer für die Anforderungen im Relche dienstbar zu machen. Daß ganz außerordentlich technisch: Schwierigkeiten — wenn der Ausdruck erlaubt ist — vorliegen, das unterliegt gar keinem Zweifel. Denn die Wertzuwachssteuer ist recht eigentlich eine kommunale Steuer. Die Verhältnisse in den einzelnen Gemeinden sind ganz außerordentlich verschiedene, beispielsweise hin⸗ sichtlich des Grades der Wettsteigerung, des Zeitpunktes, wo die Wertsteigerung eingetreten ist. Alle diese örtlich verschiedenen Um⸗ stände machen diese Steuer ungleich geeigneter für die Kommune als für den Staat oder das Reich. Jedenfalls aber muß man darauf Bedacht nehmen, daß, wenn man wirklich ju einer Wertzuwachssteuer für das Reich kommen sollte, wa ich vorläufig bejwelfle — den Ge- meinden das bisherige Recht unbenommen bleibt. Denn Herr Ober bürgermeister Struckmwann hat mit Recht darauf hingewlesen, daß die Wertjuwachssteuer eine der wenigen noch erheblich weiterer Ent⸗ wickelung fähigen Steuerquellen für die Gemeinden ist, auf die diese mit Recht großen Wert legen, und ich werde seiner Aufforderung gern entsprechen, in dieser Beniehung zu tun, was ju tun möglich ist, damit den Gemeinden diese Quelle nicht verschränlt wird.
Herr Dr. Struckmann spricht dem Minister für die letzte Aeußerung seinen besonderen Dank aus,
Herr Dr. Lentze hält gegenüber dem Anspruch der Kommune auf Heranziehung der Enteigneten, erfahrungsgemäß einen höheren Preis als beim freiwilligen erzielen, zur Wertjuwachssteuer fuͤr gerechtfertigt.
Herr Körte schließt sich dieser Anschauung an.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Melne Herren! Ich kann es den Herren Oberbürgermeistern Lentze und Körte vollkommen nachfühlen, daß es ihnen schmerzlich ist wenn in solchen Fällen einer außerordentlichen Wertsteigerung bei der Auelegung neuer Fluchtlinien der Enteignete nicht zu der Wert— zuwachtsteuer herangejogen wird. Aber ich glaube, man kann doech nicht dazu übergehen, für solche interne städtische Ver⸗ hältnisse eine andere Regelung zu treffen, wie für die Enteignung im allgemeinen. Ich muß dabei stehen bleiben, daß es eine Unbilligkeit sein würde, in Fällen, wo in öffentlichem Interesse auch außerhalb der Städte enteignet wird, jum Beisplel bei der Anlage von Bahnen, Kanälen und so weiter, den Flekug zur Wertzjuwachtsteuer heranzunehen. Die beiden Herren Vorredner haben mit Recht darauf hingewiesen, wie hoch die gericht⸗ lichen Taxen oft autfallen. Ja, meine Herren, wenn der Expropriat auch noch die Wertzuwachssteuer zu zahlen hätte, so können Sie ganz sicher sein, daß die Steuer der Taxe auch noch hinzugeschlagen werden würde, sodaß alsdann der Staat oder die Kommunen noch mehr zu jahlen haben würden.
Eine Bemerkung möchte ich mir dann noch gegenüber Herrn Struckmann gestatten. Ich möchte auf Fälle hinweisen, wie die An⸗ lage der Berliner Stadtbahn und den Zentralbahnhof in Frankfurt am Maln. Mit enormen Kosten, fär einen Betrleb, der die Selbst—⸗ kosten nicht deckt, hat der Staat hier die große Stadtbahn in Berlin angelegt. Berlin zu Gute kommenden Anlage das eine oder das andere Grund⸗ stück dann verkauft hat, so frage ich, ob es billig gewesen wäre, wenn die Stadt Beilin nun ihrerseitz von solchen Grundstücken noch eine Wert juwachssteuer erhoben hätte. Ich glaube nicht, daß das der Billigkeit entsprochen haben würde. Der Bahnhof in Frankfurt a. M. hat etwa 30 Millionen gekostet. Wir haben einen erheblichen Teil der Kosten durch Wiederveräußerung des alten Bahnhofterrains gedeckt. Ich frage: wäre hier wirklich elne innere Ratio vorhanden gewesen, daß nicht der Staat, der die ganzen Kosten ju tragen hat, von der Wertjuwachssteuer frei blelbt, sondern daß die Stadt, die die Wert—⸗ steigerung nicht hervorgebracht hat, den Staat dazu htranzieht? Ich glaube nicht, daß das in der Billigkeit begründet gewesen wäre.
Herr von Buch: Gegen die Forderung der Oberbürgermeister Körte und Lentze muß doch aus der Mitte des Hauses Widerspruch erhoben werden. Wenn der Enteignete auch ein gutes Geschäãft macht, so liegt doch immer in der Enteignung ein harter Eingriff in daz Privateigentum, für den volle Ent chädigung gegeben werden muß. Die logische Konsequenz wäre, daß man dem Enteigneten auch die Auflagen an Stempel und Wertzuwacht teuer ersetzen müßte.
Herr Dr. Lentze: Gewiß kommen auch Fälle vor, wo der Enteignete von der Enteignung nichts wissen will und davon
auch derll getroffen wird. In der großen Mehrzahl der übrigen Fälle des unverdienten Werlzuwachsetz sollte man aber doch den
Städten entgegenkommen. Herr Körte tritt ebenfalls Herrn von Buch entgegen.
Ohne erhebliche Debatte werden die Etats der direkten und der indirekten Steuern erledigt.
Zum Etat der Lotterieverwaltung begründet Graf von Haeseler einen Antrag auf Erhöhung der Zahl der den verabschiedeten Offizieren vorbehaltenen Lotteriekollekteurstellen.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Meine Herren! Ich habe mit Seiner Exiellenß dem Herrn Grafen von Haeseler volles Verständnis für die Situation einer großen Anzahl von verabschledeten Offizieren, um so mehr, als ich selber ein altes Soldatenkind bin. Die Lotterie verwaltung ist von Jahr zu Jahr bemüht gewesen, die Stellen der Lotterielollekteure für Offiziere zu vermehren, in dem Maße, daß, während sie im Jahre 1891 nur 8 Stellen hatte, die mit Offisteren besetzt waren, diese Zahl auf ho im Jahre 1895, auf J im Jahre 1900 gestlegen ist. Ich habe dann noch vor kurzer Zeit die Generallotteriedirektion ermächtigt, selbst über die all⸗ mählich von 30 bis auf 109 gestelgerte Maximaljahl hinauszugehen, und jetzt im Jahre 1909 sind berelts 120 verabschledete Offisiere an⸗
Finanzminister den welche Verkauf
Wenn der Staat nun bei der überwiegend der Stadt
gestellt. Wir sind also von 8 Offizieren im Jahre 1891 auf 120 im Jahre 1909 gestiegen. Trotzdem haben sich die bei der für dle Be⸗ setzung zuständigen Generallottertedirektion überaus zahlreich eingeben— den Gesuche nicht entfernt alle berücksichtigen lassen; auf jede frei werdende Stelle liegt immer eine große Anzahl von Gesuchen vor.
Meine Herren, wir dürfen doch auch bei allem Wohlwollen für die verabschiedeten Offiziere nicht aus dem Auge lassen, daß wir unter allen Umständen aus der Lotterleverwaltung zur Deckung der allgemeinen Staatzausgaben die Erträge erzielen müssen, die im Etat eingestellt sind. Ez handelt sich für Preußen nach Abzug der Renten für die anderen Staaten um eine Reineinnahme von fast 10 Millionen Mark. Nun liegt es ja in der Natur der Dinge, daß namentlich in den Verhältnissen größerer und großer Städte Kaufleute, die weit reichende, weltverjweigte geschäftliche Beyriehungen haben und eine große Personalkenntnis besitzen, mit größerem Nutzen für die Lotterie arbeiten und arbeiten können als irgend ein verabschiedeter Offizier, der erst fremd in die Stadt hineinkommt. Namentlich in diesen großstädtischen Verhält⸗ nissen würde sich ein verabschiedeter Offizier nur ganz allmählich und lange nicht mit dem Erfolge hinsichtlich des Loseabsatzes einarbeiten können, wie et alteingesessene Kaufleute vermögen, die über weit- verbreitete Beziehungen verfügen.
Die Sache stellt sich nun jziffernmäßig so, daß jetzt inggesamt eine Einnehmerzahl von etwa 720 vorhanden ist. Davon entfallen auf die in den letzten Jahren der preußlschen Lotterie angeschlossenen fremden Staaten, Mecklenburg, Hessen, Thüringen, Oldenburg, Braun⸗ schweig usw, fast 209 Kollekten, und diese Staaten haben den aller⸗ größten Wert darauf gelegt, ihre einheimischen Kollekteure zu behalten und die Stellen nicht mit verabschiedeten Offisteren besetzt zu sehen, die in die betreffenden Landesteile erst neu eintreten würden. Es bleiben für Preußen etwa 525 Lotteriekollekteurstellen. Von diesen scheiden zunächst etwa 100 Stellen aus, die nur mit weniger als 200 Losen ausgestattet sind. Daz sind verhältnismäßig so kleine Kollekten, daß sie nur nebenher von einem Kaufmann wahrgenommen werden können, für einen verabschiedeten Offijier jedoch bei den verhältnismäßig hohen Kosten der Verwaltung keine ausreichende Subsistenzquelle bieten Anderseits müssen wir die großen Kollekten mit über 400 Losen aus— scheiden, die vorzugsweise in den größeren Städten sind und die aus den Gründen, die ich eben darzulegen die Ehre hatte, nur von Kaufleuten wahrgenommen werden können. Zieht man diese Kollekten mit 191 ab, so bleiben etwa 230 Kollekten, die im allge—⸗ meinen für verabschiedete Offiziere in Betracht kommen können. Ich hatte schon die Ehre, mitzuteilen, daß von diesen 230 Kollekten jetzt bereits 120, also mehr als die Hälfte, mit Offinieren besetzt sigd.
Ich möchte noch einmal hervorheben: Wir dürfen die Rüchicht auf ein ausreichendes Erträgnis der Lotterie und damit auf möglichst glatten Loseabsatz nicht in den Hintergrund stellen. Daraus ergeben sich Einschränkungen für die Verwendbarkeit der Offiziere. Aber innerhalb dieser Grenzen bin ich durchaus bereit, wie ich dies bereits gelan habe, allmählich und, soweit es angängig ist, die Zahl der Offtsiere vermehren ju lassen, weil die in der Situation der ver⸗ abschledeten Offiziere liegenden Gründe, die Herr Graf von Haeseler dafür angeführt hat, auch meiner Auffassung nach durchaus Beachtung verdienen.
Der Antrag des Grafen von Haeseler wird angenommen.
Ohne Debatte passieren die Etats der Staatsschulden⸗ de, n m. der Seehandlung, des Herrenhauses, des Ab⸗ geordnetenhauses und der Etat der Allgemeinen Finanz⸗ verwaltung.
Nach 61 Uhr vertagt das Haus die Fortsetzung der Etatéberatung auf Mittwoch vormittag 11 Uhr.
Haus der Abgeordneten. 95. Sitzung vom 25. Mai 1909, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffg Telegraphischem Bureau.)
Ueber den ersten Teil der Verhandlungen in dieser Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl, berichtet worden.
Nachdem das Haus die Novelle zum Stempelsteuergesetz in zweiter Beratung angenommen sowie einem Antrag der Kommission gemäß beschlossen hat, „die Regierung zu ersuchen, durch Verhandlungen mit den übrigen Bundesstaaten herbei⸗ zuführen, daß der in dem einen Bundesstaate für eine Urkunde verwendete Stempel auch in dem anderen Bundesstaate an⸗ gerechnet wird“, — geht es zur weiten Beratung des Ent⸗ wurfs eines Nö, über.
Abg. Sch medding (Zentr.) weist auf das kürzlich bei Herlisheim im Elsaß erfolgte große Eisenbahnunglück hin, welches nach vorläufigen Nachrichten zum guten Teil darauf jurückzuführen sei, daß sich die HJugwagen durch die Gasbehälter entzündet hätten. Es wäre zu erwägen, ob für die EGisenbahnzüge nicht eine gefahrlosere Beleuchtung eingeführt werden solle.
Abg. von Bockelberg (kons) beklagt es, daß die Elsenbahn⸗ verwaltung die Vorarbeiten bei einmal projektierten Linien als ein noli me langere ansehe und nur sehr ungern sich zu Aenderungen entschlleße, die oft sich als durchaus berechtigt herausstellten.
Abg. Woll kowaki (nl) regt bei der neu vorgesehenen Neben⸗ bahn Altemüble Danzig —Langfuhr an, bei Oliva elne Haltestelle „‚Friedenglust“ einzurichten in Hinsicht auf den berühmten ien zu Sliva und mit Rücksicht auf die landschaftlichen Schönheiten der Umgegend Olivas. Ferner bittet er um bessere Zugverbindungen auf der Sirecke Danzig = Cijergk = Konitz.
Die Kommission hat die sämtlichen neu geforderten Eisen bahnlinien genehmigt, bis auf die Linie von (Wittenberge) Geestgottberg nach Salzwedel, von der nur die Strecke Arendsee = Salzwedel genehmigt worden ist, weil über die Linienführung der anderen durch das Ueberschwemmungs⸗ gebiet gehenden Strecke noch Meinungsverschiedenheiten bestehen.
Hlerzu liegen verschiedene Petitionen vor. Der Magsstrgt in Stehausen (Altmark) bittet, die Linie nicht von Geest⸗ gottberg, sondern von Seehausen nach Arendsee zu bauen, während einige andere Petitlonen die Linienführung nach der Regierungsvorlage befürworten.
Das Haus beschließt nach dem Kommissionsantrag und überweist diese Petitionen der Regierung als Material.
Zu der Forderung der Mehrkosten für verschiedene bereits genehmigte Bauausführungen liegt eine Petition um Führung der Strecke Bleicherode Herzberg durch den Heuberg und Anlegung des Bahnhofs auf der nördlichen Seite von Bischoffe⸗ rode vor. Die Kommission beantragt, die Petition für erledigt zu erklären.
Abg. von Strombeck Getz beantragt, die Petition der Regierung zur Erwägung zu überweisen.
Abg. To urn eau ( 3. empfiehlt diesen Antrag.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Ich bitte das hohe Haug, es bei dem Beschluß der Kommission zu belassen, auf Grund dessen die Petition der Staatgregierung als Material überwiesen wird. Die Linienführung in diesem schwierigen Gelände ist auf das sorgfältigste untersucht worden. Alle Instanzen waren beteiligt, aber man überjeugte sich immer wieder, daß keine andere Linienführung gewählt werden konnte als diejenige, die nun mehr zur Ausführung kommen soll. Es mag ja sein, daß die Ge— meinde Lünerode durch diese Linienführung beschwert wird, weil, bedingt durch die Geländeverhältnisse, die Linie in großen Schlingen das Ge— melndegebiet durchzieht. Ich meine, hier liegt der Ausgleich auf einer andern Seite; es wird der Kreis eingreifen müssen, wenn die Gemeinde durch den Grunderwerb zu stark belastet wird. Dag ist der Weg, der beschritten werden muß.
Das Haug beschließt nach dem Kommissionsantrag.
Die übrigen Teile der Vorlage werden ohne Debatte uns verändert angenommen. Die eingegangenen Petitionen werden teils für erledigt erklärt, teils der Regierung als Material überwiesen. Dle Denkschrift über die Entwicklung der neben⸗ bahnähnlichen Kleinbahnen wird durch Kenntnisnahme für er⸗ ledigt erklärt.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Meine Herren! Ich habe folgende Erklärung abjugeben.
Nach Lage der Verhandlungen ist die Verabschiedung des Eisen⸗ bahnanlethegesetzes vor der Pfingstpause nicht mehr zu erwarten. Um die günstige Bauzeit des laufenden Jahres noch tunlichst ausnutzen zu können, wird es sich empfehlen, die Bauausführungen, namentlich für die zweiten Gleise, schon jetzt vorjuberriten und denjenigen Bauten weiteren Fortgang ju geben, für die im Gesetzentwurfe Nachkredite angefordert sind.
Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß das hohe Haus diese meine Absichten billigen wird, und werde daher, sofern ein Einspruch nicht erfolgt, dementsprechend verfahren.
Es folgt die dritte Beratung der Novelle zum All⸗ gemeinen Berggesetz, zu der noch eine ganze Reihe von Abänderungsanträgen gestellt ist.
In der allgemeinen Besprechung bemerkt
Abg. Hirsch. Essen (nl): In der zweiten Lesung sind im wesent⸗ lichen die Beschlüsse der Kommission unverändert angenommen worden. Eine Aenderung ist dahin gemacht worden, daß das Ober- bergamt unter besonderen Umständen das Erfordernis für die Sicher heitsmänner, daß sie miadestens 5. Jahre als Hauer beschäftigt ge⸗ wesen sein müssen, bis auf 2 Jahre herabsetzen kann. Seit der zweiten Lesung sind nun noch Wünsche laut geworden dahin, daß die Grundziffer für die Bildung der Arbeiterausschüsse von 500 auf 400 Mann herabgesetzt werde, daß eine zweimalige Befahrung im Monat durch den Sicherheitsmann stattfinden soll, daß die Voraus- setzungen für die aktive Wabl abgemildert werden möchten, und daß man 'schließlich die Bestimmung, daß Knappschaftsinvaliden keine Sicherheitzmänner werden könnten, fallen lassen möge. Gegenüber diesen Forderungen wurde geltend gemacht, daß diese Aenderungen nicht vorgenommen werden können, ohne wieder nach der anderen Selte Zugeständnisse zu machen. Insbesondere wo es sich um grund⸗ legende Aenderungen handelt, muß im Interesse der einmal erzielten Einigung an unseren Beschlüssen festgebalten werden. Eine Ab- milderung der Bestimmungen für daz aktive Wablrecht müssen wir ablehnen, weil sie der Fluktuatlon der Bergarbeiter Vorschub leisten würde. Einer Reihe von anderen Wünschen konnten wir aber unsere Zustimmung geben, so der Streichung der Bestimmung bejüglich der Knappschaftsinbaliden. Wir werden nach Maßgabe des Kompromisses, das die Konservativen, Freikonservativen, das Zentrum und wir geschlossen haben, dem Gesetz unsere Zustimmung geben. Wie das Gefetz wirken wird, kann natürlich erst die Erfahrung lebren, wir geben uns aber keinen übertriebenen Hoffnungen bin. Ez wird wefentlich davon abhängen, wie die Arbeiter selbst sich zu dem Gesetz siellen, wir sind jedenfalls den Forderungen und Wünschen der Arbeiter in sehr weitem Maße entgegengekommen. Wenn die Arbeit erschaft agitatorischen Cinflüssen nachgibt und bei Handhabung des Gesetzes vom sachlichen Boden abweicht, wenn die Regierung sich auf immer weltere Konzessionen einläßt, fo wird das Gesetz nicht ein Segen, sondern ein Fluch werden.
Abg. Im busch (entr.): Ich muß entschieden der Ansicht entgegen⸗ treten, daß das Gesetz ein Fluch werden würde, wenn die Regierung weitere Konzessionen machen würde. Auch wir baben außerordent⸗· lich schwere Bedenken gehabt, diesen Vereinbarungen zuzustimmen, und halten nach wie vor die reichegesetzliche Regelung für die beste. Für einen wesentlichen Fortschritt halten wir die Teilnabme der Arbeiter an der Grubenkontrolle, die allerdings durchaus nicht in auzzreichender Weise vorgesehen ist. Wir boffen, daß sofort eine Reform der vorliegenden Bestimmungen vorgengmmen wird, wenn sich ihre Unzulänglichkeit herausstellt. Far den Schutz des Bergmanns kann nicht gut genug gesorgt werden. Trotzdem wir gegen einzel ne Teile des Gesetzes sind, würden wir ez für einen großen Febler halten, das ganze Gesetz abzulehnen, weil wir es für einen wesent · lichen Se lch n balten. Ich glaube auch nicht, daß dag neue Gesetz den Agltatoren neuen Stoff jum Schüren geben wird. Wir boffen und wünschen, daß die Arbeitgeber das Gesetz n lovaler Welse auslegen. Wenn man wirklich dem Frieden dienen will, soll man auch die Befugnisse, die den Arbeitern in diesem Gesetz gegeben werden, nicht elnzuschränken suchen. .
Abg. von Gescher (kon): Wir stimmen darin bel, daß für den Schutz deg Bergmanng nicht genug gesorgt werden kann. Dag sist auch unser Leitstern bei dleser Vorlage gewesen. Wir meinen aber, a die Anträge, die noch gestellt i nicht gerade geelgnet sind, diesen Gesichtepunkt geltend zu machen. Wir st-hen diesen Anträgen ebenso gegenüder wie der Abg. Hirsch. Rur mit gewissen Kompensatlonen können wir für einige dieser Anträge stimmen; als solche Kompensatton erwäbne ich z. B. daß
die Cinrichtung der Fabrabtellungen nach gewissen praktischen 8 punkten ju erfolgen bat. Bedenken baden wir dagegen, daß für