1909 / 143 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 21 Jun 1909 18:00:01 GMT) scan diff

daß diese Mitglieder der Selbstverwaltungsbehörden irgendwie Licht und Schatten nicht gleichmäßig verteilen, daß sie den Großgrund⸗ besitz bevorzugen wollen gegenüber anderen Kategorlen. (Sehr richtig! rechts.)

Meine Herren, wenn man der Ansicht ist, daß unsere Selbst⸗ verwaltung eineg der wertvollsten Elemente des ganzen Staatslebens ist, so, meine ich, soll man die Selbstverwaltung auch auf diesem Gebiete anerkennen, und ich glaube, daß die Selbstverwaltungtorgane auf diesem Gebiete von egoistischen Motiven sich nicht leiten lassen.

Meine Herren, ich glaube, es wäre besser gewesen, wenn der verehrte Herr Abg. Mommsen diese Frage im Reichstag nicht an⸗ geschnitten hätte. (Sehr richtig! rechts) Ich glaube, sie gehört eigentlich in die Zuständigkeit der einzelnen Landtage, und ich habe es nur deshalb meinerselts als Pflicht erachtet, auf seine Ausführungen zu antworten, weil, wenn ich nicht geantwortet hätte, daraus der Glaube an die Zuverlässigkeit der Gleichmäßigkeit der Heranziehung auch ju den Reichssteuern hätte erschüttert werden können.

Meine Herren, wir sollten doch alle bemüht sein, Oel auf die Wogen zu gießen, aber die an sich schon schweren Gegensätze nicht noch dadurch weiter zu steigern, daß solche Ausführungen gemacht werden, wie sie gestern der Herr Abg. Mommsen gemacht hat. Er kann versichert sein, daß wir in Preußen, wie wir es bisher getan haben, und ich bin überzeugt, in anderen Bundesstaaten wird ebenso verfahren, unsere Pflicht in vollem Maße tun werden, daß wir bemüht sein werden, das jetzt noch nicht vollkommene Ergebnis der Vermögens⸗ und Einkommensteuer zu verbessern. Aber ich würde sehr bitten, im Interesse der Sache diese Frage, die doch, glaube ich, außerhalb unseres eigentlichen Themas liegt, aus der weiteren Er— örterung auszuschalten. (Bravol rechts.)

Abg. Bruhn (d. Rfp', bei der fortdauernden großen Unruhe des Hauses nur sehr schwer verständlich i: Es muß verlangt werden, daß die Bankinstitute verpflichtet werden, Vekla⸗ ratsonen einzureichen; nur auf diesem Wege wird es möglich sein, das mobile Kapital auch wirklich zu treffen. Wir sind bereit, in die Beratung über die Erbanfallsteuer einzutreten. Die Kotierungs— steuer wird zwar von der Regierung abgelehnt, aber in der Kommission hat sich die Mehrheit davon überzeugt, daß sie ein ganz gangbarer Weg war, mindestens 60 Millionen aufzubringen. Auch ohne die polnischen Stimmen ist es möglich, die Besitzsteuern durchzubringen. Dle anderen von der Regierung vorgeschlagenen Ersatzsteuern be- friedigen uns mit ganz geringen Ausnahmen nicht. Namentlich können wir uns mit dem Scheckstempel und der Besteuerung der Feuerversicherungspolicen nicht befreunden. Die Mittelstande⸗ verbände, die in der Versammlung im Zirkus Schumann am 12. Juni vertreten gewesen sind, treten allerdings für die Erbanfallsteuer ein; wer aber mit Dr. Wiemer glaubt, daß sie auch für die übrigen dort verlautbarten Wünsche des Großkapitals und der Banken eintreten, der irrt sich gründlich. Der Obermeister Richt hat wahrscheinlich nur in seinem eigenen Namen und vielleicht noch im Namen des Vorstandes der von ihm vertretenen Innungsverbände gesprochen. Er war nicht berechtigt, im Namen des Handwerks zu sprechen; das Handwerk weiß sehr wohl, wo seine wahren Freunde ju finden sind. „Dem Mittelstand wollen wir keine Steuern auferlegen“, das ist eine der beliebten Uebertreibungen, mit denen man dort operiert bat. Die Versammlung vom 12. Juni soll nicht unterschätzt, sie soll aber auch nicht überschätzt werden. Fest steht, daß die Finanmot des Reiches durch direkte Steuern nicht behoben werden kann. Wir werden uns bemühen, in der Kommission mitzuarbeiten, damit etwas Ersprießliches zustande kommt; geht es nicht auf dem Wege der Erbschaftssteuer, s¶o muß es auf anderem Wege gehen; justande kommen muß die Reform, wenn nicht das Reich schweren Schaden leiden soll.

Württembergischer Finanzminister von Geßler: Es liegt mir daran, auch meinerseits festzustellen, daß hinsichtlich der Erbschafts⸗ steuer vollkommene Einmütigkeit unter den verbündeten Regierungen besteht. Wie die Regierungen der anderen Staaten, hat sich namentlich auch die württembergische Regierung von den ersten An⸗ fängen der Verhandlungen an in allen Stadien der Reichsfingnz reform stets mit besonderem Nachdruck für die Besteuerung der Erb⸗ schaften der Kinder und Ehegatten ausgesprochen. Sie hat es stets für eine politische und wirtschaftliche Notwendigkeit gehalten, daß, wo die Verbrauchsgegenstände in so weitem Maße heran⸗ gezogen werden müssen, auch eine den gesamten steuer⸗ sfählgen Besitz nach der Leistungsfähigkeit der Steuer⸗ pflichtigen treffende Besitzsteuer notwendig ist. Dieses Resultat ist nach Ansicht der württembergischen Regierung unter den obwaltenden Verhältnissen auf keinem anderen Wege als dem der Ausdehnung der Eibschaftsbesteuerung auf Abkömmlinge und Ehe— gatten möglich. Der Abg. Singer, der mit scharfen Worten es als ein Mißverhältnis bezeichnete, daß vom Besitz nur 109, vom Verbrauch 100 Millionen gefordert werden, würdigt nicht die Verschiedenheit der Finanzsysteme in Reich und Bundetstaaten, die dazu führt, daß für das Reich ganz vorzugsweise die indirekten Steuern in Anspruch genommen werden müssen. Als Beispiel für diese Notwendigkeit kann ich den württembergischen Etat für 1909 anführen. Er weist an direkten Steuern einen Rohertrag von 31 220 000 M6 auf, denen Verbrauchesteuern im Betrage von 11 Millionen gegen— überstehen, von denen auf die Biersteuer 8.5 Millionen entfallen. Zu diesen Steuern kommen noch die Grundstückumsatzsteuer, die gleich⸗ zeitig eine Verkehrssteuer ist und auch im wesentlichen den Besitz frifft, mit 3 Millionen, Sporteln und Gerichtekosten mit 45 und der Ertrag Württembergs an der Reichseibschaftssteuer mit etwas mehr als 1 Million. Alles in allem stellt sich in Württemberg das Verhältnis der Steuern, die Besitz und Einkommen treffen, zu denen, die die breiten Massen belasten, wie 31 zu 1. Danach ist eine solche Klage über ein bestehendes Mißverhältnis nicht berechtigt. Ohne weitere Inanspruchnahme der direkten Steuern kann Württemberg die Gehälter seiner Beamten nicht einmal auf den Stand bringen, den sie bei den Reichsbeamten schon vor der jetzt bevorstehenden Besoldungsverbesse⸗ rung einnehmen. Die Bundesstaaten können den fortdauernd wachsenden Anforderungen für soziale und kulturelle Zweck, schon jetzt kaum noch gerecht werden. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß sie alle sich einer erheblichen Anspannung der ihnen zustehenden Steuern nicht mehr entziehen können. Sie brauchen die Steuern, die sie jetzt haben, in vollem Umfange und wären nicht in der Lage, von Cinkommen⸗ und Vermögentsteuer irgend einen Teil an das Reich abzutreten. Selbst wenn man eine Teilung der Vermögenssteuer zwischen Reich und Bundesstaaten einführen wollte, würde die Gefahr für die Bundes⸗ staaten groß sein, denn sie würden auf die Dauer nur noch wenig und schließlich nichts mehr an Anteil erhalten. (Widerspruch und Zuruf) Vas ist keine künstlich konstrulerte Gefahr, sondern eine als aktuell zu betrachtende, wie die Reden, z B. des Abg. Mommsen, bewiesen haben. Er wollte den Bundesstaatsanteil an der Erbanfallsteuer, der nach der Finanzreform von 1906 auf Ila bemessen ist und in Zukunft nur noch 4 betragen soll, noch weiter, auf Ji, herabsetzen. 100 sind aber kein Anteil, sondern nur eine Vergütung für den Erhebungs⸗ aufwand der Bundetzstaaten, von der nicht einmal fefststeht, ob sie den wirklichen Aufwand deckt. Die Bundesstaaten haben sich auf den ihnen 1906 als eine dauernde Einnahme zugesicherten Anteil finanziell eingerichtet, der gewissermaßen ein durch Gegen leistung erworbeneg Recht bildet. Ich bitte daher dringend, von einer westeren Herabsetzung des Anteils noch über die ohnehin vorgesehene hinars Abstand ju nehmen. Man wird diesen Wunsch um so mehr als berechtigt anerkennen müssen, als es sich bierbes noch um eine der wenigen Steuerreserven von Bedeutung handelt, welche die Bundesftaaten üherhaupt noch besitzen. Die Durchführung der Dessendenten, und Ghegattenbesteuerung wird bei

uns in Württemberg auf irgendwelche Schwierigkeiten nicht stoßen. Auch eine Abnahme des Famillensinns ist in Württemberg nicht zu befürchten. Was das allgemeine Volksempfinden anbelangt, das sich gegen die Erbschaftssteuer richten soll, so liegen strikte Beweise für das Gegenteil bor, und auch die Gegensäße in der konserbativen Partei jeigen schon, daß es sich um allgemeine Empfindungen im deutschen Volke nicht handelt. Der Be— hauptung, daß die Erbschaftssteuer im allerungünstigsten Moment erhoben wird, wo ein gewerblicher oder landwirtschaftlicher Betrieb seinen Leiter verliert, kann lange nicht die Bedeutung beigelegt werden, die man ihr auf nen r, Seite beimißt. In Württemberg hat die Einrichtung einer besonderen Nachlaßfürsorge Eindrücke ähnlicher Art, wie sie hier befürchtet werden, im Gefolge. Dennoch hat diese Einrichtung nach den württembergischen Erfahrungen nicht den geringsten Anlaß zur Beanstandung gegeben. Auch das spricht gegen die konservativen Deduktionen. ei einer so weit⸗ gehenden neuen steuerlichen Belastung des gesamten deutschen Volkes sst es eine Ehren und eine soziale Pflicht, auch für die Besitzenden, (Zuruf: Auch des mobilen Kapitals! auch des Kapitals, das Seinige zur Behebung der Finanznot des Reiches beizutragen, und wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren, daß auch in diesem Falle, wie ir, früher so oft bei ähnlichen Anlässen, eine Einigung erzielt wird.

Abg. von Payer (8. Volkep.): Der preußische Finanzminister hat sich über die gestrigen Ausführungen des Abg. Mommsen hinsichtlich der Deklarationspflicht bei der Erbschaftssteuer aufgeregt. Der Abg. Mommsen hat nach dem stenographischen Bericht gesagt: „Daß die eidesstattliche Versicherung jetzt in diese Erbschaftssteuer aufgenommen wird, begrüßen wir mit Freude. Wir haben nur den Wunsch, daß sie nicht nur ausgeübt wird, sagen wir, gegen Freisinnige und Gewerbetreibende, sondern daß sie ausgeübt wird gegen alle Kreise des Volkes, auch gegen die Großgrundbesitzer. Es heißt dann: „Zuruf inks: Sie muß obligatorisch werden!!“ Das wird auch wohl von selber sich als notwendig erweisen. Da muß ich sagen, ich kann für die Erregung des Finanzministers eine tat— sächliche Unterlage in diesen Ausführungen nicht finden. Der Äbg. Mommfen hat den Wunsch oder die Mahnung an die Regierung zum Augzdruck gebracht, sie möge dafür sorgen, daß das Gesetz auch von untergeordneten Organen durchweg gleichmäßig an— gewendet werde. Eine solche Mahnung ist, solange es untergeordnete Beamte gibt, auch übergeordnete, die mit allen menschlichen Fehlern behaftet find, durchaus am Platze. Wie es mit den Einschätzungen des Großgrundbesitzes zur Steuer in den einzelnen Provinzen Preußens zugeht, weiß ich nicht, aber solange die öffentliche Diskussion sich mit einer solchen Frage beschäftigt, ist es nicht bloß das Recht, sondern die Pflicht der Abgeordneten, auf solche Mißstände hinzuweisen und die Regierung aufzufordern, nach dem Rechten ju sehen. Der Abg. Mommsen war ja loyal genug, und mehr kann ein einzelner Mensch doch nicht tun, eine Immediatkommission zur Prü⸗ fung der Sache vorzuschlagen. Wenn wir jetzt heute unsere Be⸗ ratungen abschließen, wird wohl ein Gefühl großer Ent- täuschung durch das Reich gehen, denn man lechjt dort nach Klarheit, und die Verhandlungen haben wieder nicht die geringfte Aufklärung in der Sachlage gebracht. An Ermahnungen oder Vermahnungen an uns, daß wir unsere Pflicht und Schuldigkeit tun sollen, hat es nicht gefehlt; am Mittwoch hat der Reichskanzler angefangen, ung eine solche Vermahnung zu geben. Am Donnertztag kam der preußische Finanzminister, am Freitag der sächsische und heute der württembergische, die ung alle sehr ernstlich ins Ge— wissen geredet haben. Das waren gutgemeinte Worte, und sie mögen draußen einen gewissen Widerhall finden, aber ich glaube nicht, daß auch nur ein einziges Mitglied dieses Hauses sich durch derartige Mahnungen ju einer Korrektur seiner An⸗ schauung wird bestimmen lassen. Ach nein, es bleibt alles beim alten trotz dieser Ermahnungen, und das Versteckenspiel geht eben wieder weiter. Es mag sein, daß, wenn die verbündeten Re— glerungen sich mit diesem schönen sittlichen Pathos in den letzten Monaten vor einem halben Jahre an ung gewendet hätten, sie damit etwas mehr Erfolg gehabt hätten. Aber jetzt, nachdem doch alles darüber einig ist, daß die Reichsregierung seit Monaten auf jedermann den Eindruck der Unschlüssigkeit und Schwäche gemacht hat, hat sie das Recht verscherzt, vom Standpunkt der Autorität uns zu belehren, was wir als unsere Pflicht zu betrachten haben. Diese Passivität der verbündeten Regierungen hat sich gerächt. Politische Fragen, die mit der Reichsfinanzreform eigentlich gar nichts zu tun haben, beherrschen jetzt dank der Herzensgüte der ver— bündeten Regierungen weithin die sachlichen Gründe. Keine Engels⸗ zunge wird die Konservativen und das Zentrum hindern, den Reichstag und die verbündeten Regierungen vor die Kraftprobe zu stellen, und jwar zunächst bei der Entscheidung über das Erbschaftssteuergesetz. Was wir bis zu dieser Abstimmung noch reden und beschließen werden, ist wie alles, was wir in den letzten 6 Monaten geredet und beschlossen haben, nur ein provisorisches Provisorium. Wie diese Entscheidung ausfallen wird, wird heute zu prophezeien niemand den Mut haben. Ich kann nur sagen: ich bin in meiner Auf. fafsung, nachdem ich jetzt 3 Tage lang zugehört habe, noch viel verwirrter geworden, als ich es früber war. Findet sich eine Mehrheit, die den kümmerlichen Rest einer allgemein direkten Besteuerung der wirklich leistungsfähigen Besitzenden aus der Reform herausstreicht, dann wird die gesamte Linke auf das entschiedenste, ich darf auch hier wohl die national⸗ liberale Partei einschließen, dafür bedanken, an einer so ver⸗ kümmerten und ihres inneren Werteg beraubten Reform weiter noch mitzuarbeiten. Dann wird die neue Mehrheit, wenn sich eine solche findet, ju zeigen haben, was sie Positives zu leisten im stande ist. Aber auch dann wird es nicht so glatt gehen. Es handelt sich dabei um sehr viele Fragen, und wenn diese Mehr⸗ heit nicht in der Lage ist, daz zusammenzubringen, was nun einmal unentbehrlich ist, nun dann hat der Reichstag Bankrott gemacht, und dann wird es wie eine Erlösung durch das ganze Land gehen, wenn die verbündeten Regierungen gezwungen sein werden, diesem Reichstage ein vorjeltiges, gewaltsames Ende zu bereiten. Wenn aber nach ihrem Rezept die neuen Steuern aufgebracht sind, dann werden die verbündeten Reglerungen die Probe zu bestehen haben, dann werden sie sich nicht das gestatten dürfen, was ihnen wohl am nächsten liegt, sich einer gründlichen Prüfung zu entziehen; sie werden nicht unbesehen und ungeprüft dann alles das schlucken dürfen, was man ihnen serviert, nur weil es Geld bringt, und weil es aller⸗ dings das Reich und die Einzelstaaten aus einer schwierigen Situation herauszubringen geeignet ist. Im Gegenteil, sie werden sich darüber sehr einsthaft klar werden müssen, und das hat auch der sächsische Finanzminister gestern ausdrücklich betont, daß es ihre Pflicht sst, ernst und gewissenhaft ju prüfen, ob die neuen Lasten, die dem Volke auferlegt werden sollen, den Forderungen der Gerechtigkeit und den von ihnen selbst feierlich proklamierten Grundsätzen entsprechen oder nicht, und dangch werden sie die Entscheidung zu richten haben, oh sie für diese Beschlüsse des Reichs— tagt vor dem Volke und vor der Nachwelt die Verantwortung über⸗ nehmen können, oder ob sie Ihre Zustimmung verweigern müssen. Können sie die Verantwortung nicht tragen, so bleibt ihnen weiter nichts übrig, als der Appell an das Volk. Glauben sie von ihrem Standpunkte aus ihre Zustimmung geben zu können, dann wird an den Reichskanzler die Frage herantreten, ob er nach den Erklärungen, die er gegeben hat, seinerseitöz in der Lage sein wird, seine Zu⸗— stimmung auch zu geben; ist er daju nicht in der Lage, so wird er die Konsequenzen aug seinen Eiklärungen, wohl ziehen müssen. Findet sich eine Mehrheit für die Erbschaftssteuer, so sind auch noch diele Schwierigkeiten zu lösen, denn es ist ausgeschlossen, daß alle die, welche die Erbschaftssteuer annehmen werden, damit auch gleichzeitig die Verpflichtung übernehmen, für alle Steuerprojekte der Reglerung einzutreten. Im Gegentell, es ist möglich, daß auch dann nur übrig bleibt, den Knoten zu durchhauen und wieder jur Auflösung zu schreiten. Wenn nun auch verschledene 100 Millionen Steuern zusammen— a werden, so werden wir doch eine Reichsfinanzreform eben owenig haben, wie vor einigen Jahren. Uns fehlt ein groß—

zügiges System von Steuern, dag die unvermeldlichen Lasten plan⸗ mäßig und gerecht verteilt, das das Verhältnis zwischen Reich und Bundesstaaten ordnet, unsere politischen Verhältnisse klärt und die Gewißheit gewährt, daß auch die Axt an die Wurzel des Uebels gelegt wird durch Herbe führung eines vernünftigen Sparsinnes in der Militär- und Marineberwaltung, und das . und Industrie und allen Steuerzahlern endlich wieder Ruhe gewährt. Auf gerettetem Kahn wird der Bundesrat zwar ein prinziplos zusammengetragenes Sammelsurium von Steuern in den Hafen bringen, aber im übrigen bleibt alles beim alten, und vielleicht in wenigen Jahren werden wir an das fröhliche Ende dieser Steuer— reform den fröhlichen Anfang der nächsten knüpfen. Die Re⸗ gierung hat in der ganzen Aktion eine recht unglückliche Hand gehabt. Den Vorwurf kann man ihr nicht machen, am Pro⸗ gramm zu kleben. Gerade die Regierung zeigt, wohin man kommt, wenn man obne den Kompaß fester Grundsätze sein Schifflein in eine solche Brandung treiben läßt. Die Heranziehung des Besitzes nach der Feuerversicherung ist kein gerechter Maßstab, sie trifft den wohlhabenden Mann nach demselben Maßstab wie den Kaufmann, der sein Warenlager versichert, von dem ihm wirklich kein Pfennig gehört. Das nennt der Bundegrat eine Steuer der Besitzenden! Die Regierung scheut sich eben, nachdem ihr die Kraft gefehlt hat, ihre Voischlage durchzubringen. vor dem einzigen Ausweg der allgemeinen Reichsvermögenssteuer. Die Einzel staaten erklären, sie könnten nicht gemeinsam mit dem Reich an einer und derselben Steuer zehren, aber mit der Grundstücksumsatzsteuer setzen sie uns selbst eine Steuerschüssel vor, aus der Reich, Einzel staaten und Kommunen miteinander sich nähren sollen, wobei sich bald herausstellen wird, wer von ihnen den größten Löffel hat. Die Feuer versicherungssteuer ist nichts anderes als eine Vermögenssteuer, nur schamhaft verhüllt in das Gewand des Stempels, in das alles unter⸗ zubringen ist. Daher wird auch diese Steuer auf die Vermögeng— steuern der Einzelstaaten einwirken. Die Einzelstaaten sollten sich deshalb der Reichsvermögenssteuer nicht widersetzen und die Grenzen festlegen, die zwischen dem Reich. und den Einselstaaten bei der Erhebung dieser Steuer zu ziehen sind. Aus lauter Angst vor elner kommenden generellen Reichsvermögenssteuer stimmen die Bundesstaaten der partiellen Vermögenssteuer für die Feuerversicherung zu, ohne für die Zukunft Vorsorge zu treffen. Wir können noch nicht übersehen, wie weit wir der Zu⸗ mutung entsprechen können, dieser Steuer zuzustimmen. Die großen politischen Wirkungen für unsere Zukunft werden nicht ausbleiben, mögen die Würfel so oder so fallen. Die kunstreiche, aber schwierige politische Kombination des Blocks ist zu Ende; der Reichs kanzler hat zwar versucht, am Grabe seines Kindes die Hoffnung auf ein fröhliches Wiedersehen aufjupflanzen, aber der Block gehört bereits der Geschichte an und wird nicht mehr auferstehen. Immerhin hat der Block seine Verdienste gehabt. Ich bejweifle zwar, daß er pädagogisch auf das Zentrum eingewirkt hat; ach, meine Herren, da ist nicht viel zu machen. Von der Umwandlung der Konservativen durch den Block ist auch nicht viel zu verspüren gewesen; aber solange sie im Block waren, haben sie der Politik des Kanzlers nicht nur jzugestimmt, sondern sie auch unter⸗ stützt, die Politik, die mit darauf fußte, daß ohne den Liberalismus in Deutschland nicht mehr regieit werden könne. Aber der Block hat die Liberalen viel näher als früher einander gebracht und auch uns von dem Vorwurf der Negation gereinigt. Alles in allem wird uns der Block eine lehrreiche und höchst interessante Erinnerung sein. Die Erbschaftssteuer allein erklärt nicht den Wider signd des Zentrums und der Konservativen; so unerträglich, wie sie jetzt klagen, ist ihnen diese Steuer nicht. Der Kampf soll in Wirklichkeit um das preußische Wablrecht gehen; in der konservativen Presse wird das auch zu— gegeben. Es wäre ja auch schade, wenn das preußische Wahlrecht in diesem Kampfe keine Rolle spielen würde. Es ist gut, wenn jetzt auch der Kurzsichtigste merkt, daß das Reichsinteresse zurücktteten muß in dem Augenblicke, wo es sich um ein preußisches Reseivatrecht der berrschenden Klassen handelt. Aber auch das Wahlrecht ist nur ein Teil der Fragen, die hier hineinspielen. Klar sein müssen wir unt darüber: wenn die Konservativen und Klerikalen sich zusammen— finden, dann haben alle anderen die allerdringlichste Veranlassung, auf ihrer Hut zu sein, und zwar in allen Fragen, ganz generell. Ob die Konservativen bei der neuen Koalition ihre Rechnung finden werden, werden sie selbst zu beantworten haben; aber auch die All— gemeinheit ist daran igteressiert. Sie werden einen veriweifelten Stand haben, sie sind die schwächeren, ihnen fehlt die innere Ge⸗ schlossenheit, und sentimentale Gefühlsregungen werden dag Zentrum niemals hindern, das Recht des Stärkeren rücksichtslos geltend zu machen. Das Zentrum zahlt durch seine Zustimmung zu undurch⸗ führbaren und gemeinschädlichen Steuerentwürfen einen hohen Preis und wird versuchen, recht bald wieder auf die Kriegskosten zu kommen, und dann wird die Lage namentlich für die konservative Parteileitung kritisch werden. Was die Wahlen betrifft, so haben ja vor zwei Jahren die Sozialdemokraten zu ihrem Schaden erfahren müssen, was dabei herauskommt, wenn gleichzeitig der Koch mit dem Kessel ins Feld rückt. Bei den nächsten Wablen wird das Volk nicht ver— stehen, weshalb Konservative und Zentrum eine Steuer wie die Erbschaftssteuer abgewiesen haben, ju der sich die allerpotentesten Kreise herzudrängten; man wird erkennen, daß es sich um ver— steckte politische Ziele handelt. Auch der Irrtum beginnt im Volke ju weichen, der Glaube des bürgerlichen Mittelstandeg, daß seine Interessen am besten von dem agrarischen Großgrundbesitz und seinen Trabanten gewahrt werden; was die Zolltarifverhandlungen noch nicht fertig gebracht haben, vollzieht sich jetzt Schritt für Schritt an Aufklärungen, je mehr Zentrum und Konservative in ihrer wirk. lichen Eigenart sich von Tag zu Tag mehr demaskieren. Kommt es zur Machtprobe der Wahlen, so wird diese Unterstützung für uns von großem Wert sein. Möge durch die Kommissionsberatung nicht zuviel Zeit verloren gehen; die Schlußrufe dringen von draußen immer deutlicher zu uns herein! ;

inf, wird ein Schlußantrag angenommen. Das Haus überweist die Ersatzsteuervorlagen einstimmig an die Finanzkommission.

Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend Aenderungen im Finanzwesen (Reichs⸗ finanzreform). Die Kommission hat den Inhalt des Ent⸗ wurfs als „allgemeine Vorschriften“ in einem Art. 1 zu⸗ sammengezogen und in die Vorlage ihre Gegenvorschlaͤge bezüglich der Einführung einer Besteuerung der Wert⸗ papiere, der Erhebung einer Umsatz- und Wertzuwachs⸗ steuer, der Erhöhung des Kaffee⸗ und Teezolles, der Be⸗ steuerung der Beleuchtungsmittel, der Besteuerung der Zünd⸗ waren, der Mühlenumsatzsteuer, der Erhehung von Zöllen von Kohlen und Koks als Art. 2 bis 8 hineingearbeitet.

Von dem Abg. Bassermann (nl) wird beantragt, die Art. B bis 4 und 6 bis 8 als Initiativgesetzentwürfe und die heutige Beratung als erste Lesung derselben hu behandeln.

Abg. Singer (Soz.) beantragt, dieselben Artikel sowie .. den Art. 9 (Zuckersteuer) von der Tagesordnung ab⸗ usetzen.

; Abg. Bassermann (ul): Mein Antrag hat die Tendenz, die be⸗ kannten geschäftsordnungsmäßlgen Schwierigkeiten, die in der Kommission entstanden, zu überwinden auf einem Wege, der gangbar erscheint und Aufenthalt vermeidet. Wir würden, wenn er angenommen wird, auch nichts dagegen haben, daß alsbald die zweite Lesung folgt. Die Kommission hat trotz erhobenen Widerspruches diese Anträge, die sich als Gesetzentwurf darstellen, in Beratung genommen und sie formell in das Finanzgesetz hineingearbeitet. In meinem Antrage ist die Steuer auf Beleuchtungekörper ausgelassen, weil in dieser Rich lung uns eine Vorlage gemacht war. Die Geschäfts⸗ ordnung schreibt auch für Gesetzentwürfe drei Lesungen vor. Nach § 18 Abs. 3 der Geschäftgordnung beschließt der Reichstag nach den Beschlüssen der ersten Beratung, ob eine Kommission mit der Vorberatung zu betrauen ist, im 5 21 ist noch einmal darauf hin⸗

wie Vater Homer die

der

darauf, Resolutlonen einzubringen.“

pruch erhoben wird, nicht so verfahren werden darf.

klaren einer genauen Prüfung aller gesetzgeberischen Werke in drei Lesungen

müffen wir datan sestaalten, daß auch in der Kommission beschlossene

ordnung darf die

Handelsgesetzbuch u. dergl.

dem Kaffee und

zewiesen und gesagt, der Reichstag kann wie am Schluß der ersten, öin jedem Stadium einer folgenden Beratung bis jum Beginn der Fragestellung den Gesetzentwurf oder elnen Teil desselben zur Bericht⸗ ustattung an eine Kommission veiweisen, die sich nur mit dem hr überwiesenen Gegenstande zu beschäfligen hat. Wenn ab und ju von diesem Giundsatß abgewichen ist, so würde das wenig beweisen, denn bel minder wichtigen Materien wird der Reichstag ja einmal

Augen zudrücken. Die Frage hat eine große Rolle beim Flottengesetz von 1898 gespielt, wo die Kom— nisfion die Deckungsfrage mit in den Gesetzentwurf hineinarbeiten wollte. Ba sind die Anträge auf eine Reichsbermögens. und Reichs= einkommensteuer erörtert, anscheinend deswegen, weil von keiner Seite aus der Kommission irgend welcher Widerspruch dagegen erhoben wurde. Aber auch im Plenum wurde die Frage der direkten Reichssteuern, nachdem bekannte Kompromißantrag Lieber angenommen war, von einzelnen Parteien wieder aufgegriffen, erste Lesungen darüber haben nicht stattge⸗ unden. Es wurde sofort in die jweite Beratung eingetreten, weil auch im Plenum kein Widerspruch erhoben wurde. Es war communis gon-

ensus vorhanden, sowohl in der Kommission wie im Plenum. Auch

m Flottengesetz von 1900 wurde die Deckungsfrage in der Kom— misslon durch einen Antrag Müller⸗Fulda aufgegriffen, und es fand barüber eine Debatte in der Budgetkommission statt. Der

Abg. Müller- Fulda hat aber augenscheinlich die Sache nicht weiter oerfolgt; er hrachte denselben Antrag alg Initiativantiag im Plenum

ein, und dieser hat eidnungsmaͤßig drei Lesungen durchlaufen.

Bie Vorgänge bei der Finanzkommission von 1996 sind besonders nnteressant. ö , enthaltene Steuergesetzentwürfe nur dann beraten werden vürfen, wenn in der Kommisston selbst keinerlei Widerspruch erfolgt. Das wird in dem Kommissionsbericht noch einmal ausgeführt in dem Teil über die Beratung der Anträge auf Ersatzsteuern, wo es heißt:

Es wurde festgestellt, daß andere als in der Regierungs«

„Da von seilten der Kommissiongmitglieder allseitig anerkannt war,

Faß es sich hierbei nicht um die Beratung anderweiter Gesetz⸗

entwürfe Relchstages

im Plenum des

handeln könne, solche vielmehr nur erster Lesung an

eingebracht und nach erfolgter verwiesen werden können, beschränkte man sich Das ist eine wesentliche Als letzten Vorfall möchte ich erwähnen, daß hie Kommission für das Vogelschutzgeset an dem Initiatip= gesetzentwurf mit vorberaten hat, der sich mit der Abänderung ber Gewerbeordnung befaßt. Es ergibt sich als Fazit, daß die Kom⸗ msssionen sich nur mit Gesetzentwürfen zu beschäftigen haben, die

die Kommission Feststellung.

ihnen überwiesen sind, daß aber in der Praxis hiervon abgewichen

sst, fofern sich volle Einmüligkeit darüber ergah, eine damit in Zu⸗ sammenhang stehende Materie mitzuberaten, daß aber, sobald. Wider⸗ Angesichts der Formulierung der Geschäftgordnung und der Notwendigkeit

Gesetzentwürfe drei Lesungen passieren. Wir wollen im Interesse der

Beschleunigung darüber hinwegsehen, daß die Finanzkommission diese IGntwürfe kroßz Widerspruchs beschlossen hat, wünschen aber, daß sie wenigstens jetzt noch mit Ausnahme des Entwurfs über die Be—

leuchlungskörper zur ersten Lesung gestellt werden.

Rede zur Geschäfts⸗

Praͤsident Graf zu Stolberg; Eine nicht übersteigen.

Dauer von fünf Minuten

Der Abg. Bassermann hatte 30 Minuten gesprechen.) Von der Anwendung dieser Bestimmung habe ich jedoch bei dem Vorredner abgesehen und werde dies auch bel den folgenden Rednern tun.

Abg. Singer (Soj.): Wenn man diese Gesetzentwürfe als

Initiatibanträge ansieht, ergibt sich wiederum die Geschäftsordnungs⸗

frage, wann sie zur Verhandlung zu kommen haben, denn die geschäfts⸗ ordnungsmäßige Frist und die vorgeschriehene Reihenfolge der Initiatip⸗ anträge müssen innegehalten werden. Der Antrag Bassermann ist ein Messer ohne Schneide und praktisch belanglos; er enthält zwar allerlei Entgegenkommen gegen die früheren Blockfreunde, kann aber nicht als geeignet anerkannt werden, die sachlichen Schwierigkeiten, die sich aus dem Vorgehen der Kommission ergeben haben, zu beseiltigen. Die Kommisston steht nicht über dem Plenum, sondern bat die Auf, träge des Plenums auszuführen, und im Rahmen dieser Aufträge ist he berechtigt, die Tagesordnung selbst zu bestimmen; anders kann 30 der Geschäftsordnung nicht ausgelegt werden. Die Kommission durfte die in Frage stehenden Gesetzentwürfe nicht weiter beraten, nachdem Widerspruch erhoben war, und der Kommissionsbeschluß ist unausführbar, sobald im Plenum dagegen. Widerspruch er— hoben wird. Würde man die Beschlüsse der Kommission sanktionieren, so würde das einen glatten Bruch der Geschäftsordnung bedeuten. Dle Parteien, die jetzt die Mehrheit haben, sollten doch nicht ver⸗ essen, daß fie auch einmal in der Minderheit sein können; die Be , r, der Geschäftsordnung sind zum Schutz der Minderheit gemacht. Der Widerspruch gegen unseren Vorschlag ist auch nicht recht ju begreifen, denn eine große Verzögerung wird durch dessen An⸗ nahme nicht herbeigeführt. J Abg. Freiherr von Richthofen (dkons): Ich danke dem Abg. Bassermann, daß er abweichend von dem Vorredner die ganze Frage in der ihr gebührenden ruhigen und objektiven Weise behandelt und eine Fülle von Material beigebracht hat. Ich bin mir auch sehr wohl bewußt des Unstandes, daß die Geschäftsordnung jzum Schutz der Minderheit da ist, aber die Geschäftsordnung, wie sie daͤsteht, nicht wie sie ausgelegt wird. Die Mehrheit der Kom⸗ mission war bemüht, die Geschäftsordnung richtig auszulegen. Dazu bot sich aber leider um so weniger eine Gelegenbeit, weil die Herren, die ausgeschieden waren, ihren Widerspruch gar nicht begründet haben. Als im Jahre 1906 geschäftsordnungsmäßig Schwierlgkeiten in der Zolltarifkommission entstanden, konnte der damalige Vorsitzende mitteilen, daß auch Graf Ballestrem der Meinung sei, daß über die Geschäftsordnung die Kommission selbständig zu befinden habe. Ich kann nicht zugeben, daß die Kommission ihre Aufgabe überschritten habe, in früheren Fällen ist ähnlich verfahren worden. Zu allen Zeiten sind in der Kommission neue Gesetzentwürfe eingebracht worden; wäre dagegen Einspruch erboben worden, so hätte dieser Ein= sprach erst auf ceschäftsordnungsmäßige Weise erledigt werden müssen. Es wurde aber seinerzeit in der Finanzkommission nicht das geringste Bedenken dagegen erhoben. Die jetzige Finanzkommission hat welter nichts getan, als sich an ihre Aufgabe gehalten, die Reichs finanzreform einheitlich zu regeln. Wenn jetzt dagegen Einspruch erhoben wird, so ist es Sache des Plenums, darüber zu entscheiden. Von einem glatten Bruch der Geschaͤftsordnung, von dem der Abg. Singer gesprochen hat, kann hier gar keine Rede sein. Ich möchte Sie im Interesse der Erledigung der Geschäfte bitten, den Antrag Singer abzulehnen. Abg. Dr. Müll er Meiningen (fr. Volksp. ); Wir wollen das Zustandekommen der Finanzrefom um keine Stunde verzögern, aber wir dürfen dse Minderheit nicht einfach der Willkür einer zufälligen Mehrhelt ausliefern. Die freisinnige Fraktions« gemeinschaft hilligt einstimmig die Haltung ihrer Mit⸗ glieder in der Komm ssion. Daß diese Mitglieder in der Kommission nicht erklärt haben, welche Paragraphen der Geschäftsordnung ver r seien, ist ganz irrelevant. Nach 5 21 der Geschäftsordnung kann sich eine Kommission nur mit dem ihr überwiesenen Gegenstand be⸗ schäftigen, und nach § 18 muß eine erste Lesung stattgefunden haben. Nach den Anschauungen des Abg. von Richtbofen könnten wir mit der Finanzreform alle möglichen Dinge verknüpfen, auch das Wahlrecht, Die Materien, die die Kommission be⸗ handeln darf, müssen in einem engen inneren Zusammenhang stehen. War in der ersten Lesung der Finanzreform von der Zändholzsteuer, Teejoll, der Umsatzsteuer, der Wert⸗ zuwachssteuer oder Kotierunassteuer auch nur mit einem Wort die Rede? Die einfache fen aller dieser Gesetze in einem besonderen Artikel II, III usw. ist nur ein äußerer Zusammenhang. Man könnte z. B. auch das Viehseuchengesetz mit der Einkommen steuer in Verbindung bringen, wenn man hinesnschreibt, daß die auf Grund dez Viehseuchengefetzes erhobenen Gebühren vom Vermögen oder Einkommen erhoben werden sollen. Es ist ein singulares Monstrum in formaler Beziehung, das Finanzgesetz mit den 1 bis 3 anzufangen, R dann in

in der Kommissions vorlage atz Steuerjahres emittierten Kapitals von

Artikel II, III usw. ganz neue Gesetze einzufügen mit 30 Dutzend Paragraphen und dann hinter Artikel I. wieder mit dem § 4 des eigentlichen Fingnzgesetzes fortzufahren. Im Seniorenkonvent war ja ausdrücklich vorgesehen, daß für Zündholz— steuer und Kaffeezoll erste Lesungen stattfinden sollten, der Schatz sekretär hatte ja dafür Vorlagen in Aussicht gestellt. Auch für die Wertzuwachtstener hatte der Stgatssekretär eine Vorlage für die erste Lesung in Aussicht gestellt. Dann wurde aber in der Kommission einfach die Cölner Wertzuwachssteuerordnung abgeschrieben. Aller dings hat in der Novelle zur Gewerbeordnung die damalige Kom⸗ mission vor Weihnachten ein ganzes Gesetz behufg der internationalen Regelung der Frauenarbeit im Anschluß an die Berner Konvention vorgeschlagen, aber es fand auf Grund des Kommissionsantrags eine erste Lesung im Plenum statt. Die Konservativen, die sonst das Initiativrecht des Reichstags aufs heftigste bekämpfen, treten hier mit einem Male für das Recht einer jeweiligen zufälligen Majorität ein! Professor Laband, der die größte Autorität auf staatsrechtlichem Gebiete ist, auch wenn er keine große Liebe beim Zentrum genießt, sagt, daß der Bundegrat zu prüfen hat, ob der Reichstag die Gesetzetzporlagen den bestehenden Vorschriften gemäß behandelt hat, ob also geschäftsordnungsmäßig richtig ver⸗ fahren ist. Das Vorgehen der Kommission verstößt auch gegen das verfassungsmäßige Petltionsrecht aller deutschen Staatg⸗ bürger, die beteiligten Kreise können jg gar nicht wissen, was in, der nichtöffentlichen Kommissionssitzung. vorgeht. Der praktischste Weg, aus der Verlegenheit zu kommen, wäre der, die Sitzung jetzt abzubrechen; dann würde kein Zeitverlust eintreten und doch die Wahrung der Rechte des Reichstags vollständig sein. Es handelt sich hier um das allerwichtigste Prinzip: den Schutz der Minderheit. Nichts ist charakteristischer, besonders für die berühmte Toleranipartei, die Partei für Wahrheit, Freiheit und Recht, als daß die erste Tat des nach Macht dürstenden und in seine Machtstellung wieder einrückenden Zentrumz ein Bruch der Geschästsordnung ist. Wir protestieren gegen diese Vergewaltigung, diesen Mißbrauch der Geschäftsordnung; wir werden für den Antrag Singer und, wenn der abgelehnt wird, für den Antrag Bassermann stimmen.

Abg. Freiherr von Gamp (Rp.): Ich beabsichtige von dem allgemeinen Mundrecht nicht einen so ausgiebigen Ge⸗ brauch wie der Vorredner ju machen. Für die Kommission hat jedenfalls bona fidés vorgelegen Der Präsident des Reichstags hat ausdrücklich abgelehnt, in bie Befugnifse der Kommission einzugreifen. Wie wir bereits in der Kommission ausgeführt haben, halten wir die Beratung der von einzelnen Mitgliedern eingebrachten Steuer entwürfe für durchaus zulässig und haben uns daran beteiligt; wir meinen aber, daß Materien, die nicht in unmittel⸗ barer Verbindung mit den Vorlagen stehen, in die Form von Gesetz⸗ entwürfen gekleidet werden müssen, und hatten das beantragt. Anträge auf Erlaß von Gesetzen sind wiederholt in Kommissionen gestellt und angenommen worden; das ist das Wesentliche. Bei dieser Rechtslage werden wir gegen den Antrag Singer, aber für den Antrag Bassermann stimmen.

Abg. Dr. Spahn (entr. Das Gesetz trägt die Ueberschrift: Gesetzentwurf, betreffend Aenderung im Finanzwesen. In diesem Rah nen war die Kommission durchaus berechtigt, so zu verfahren, wie sie verfahren ist. So ist auch früher schon unter Billigung des Reichstags verfahren worden. (Zurufe) Es liegt weder eine Verfassungsrechts verletzung noch eine Geschäftsordnungsverletzung vor. Die Geschästsordnung gilt gewiß auch für die Kommission, aber nur soweit sie anwendbar ist. Nach der Theorie der Gegner bätte es jeder einzelne in der Kommission in der Hand, die Beratung zu verzögern oder unmöglich zu machen. Die Kotierungssteuer ist ohne jeden Widerstand zustande gekommen, ebenso die Bestimmung uber die Vorauszahlung des Reichs für die Berufsgenossenschaften; ein Widerspruch trat erst auf, als ez sich um den Kaffeezoll handelte. Auch der Bundesrat wird in seinen Entschließungen keineswegs beeinträchtigt. ö

Abg. Geyer (Soz.): Der Abg. von Rschthofen läßt ganz un⸗ beachtet, daß in dem hier zur Entscheidung stehenden Falle ausdrück⸗ lich ein Protest gegen die Beratung der betreffenden Anträge vorlag, und jwar von unserer Seite, die wir diele Anträge als geschäfts⸗ ordnungswidrig erklären mußten. Der Abg. Spahn meint, der Widerspruch eines einzelnen kann die ganze Arbeit der Kommission lahmlegen. Diese Auslegung beliebt der Abg. Spahn, weil er damit der augenblicklichen Mehr. heit dient. Der Zweck der Uebung in der Kommission aber war der, sowohl die Regierung wie das Plenum vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Bestimmung, daß Geschäftgordnungsbemerkungen nur 5 Minuten lang sein dürfen, ist bekanntlich unter denselben Umständen zustande gekommen, wie die dies maligen Kommissionsbeschlüsse, nämlich durch einen einfachen Rechtsbruch seitens einer Mehrheit.

Abg. Erzberger (Zentr.): Schon 1879 bei der Verabschiedung der clausula Franckenstein ist genau so verfahren worden, wie es jetzt von der Linken beanstandet wird. Bei der Beratung des Handweikskammergesetzes 1897 nahm das Haus einen sozialdemo⸗ fratischen Antrag an, der auf die Hinzufügung eines besonderen Artikels gerichtet war und eine Abänderung des Krankenversicherungs⸗ gesetzes enthielt. (Ruf bei den Sozialdemokraten: Es ist kein Widerspruch erhoben worden) Aehnliches hat sich beim Flotten⸗ gesetz 1900 und sonst noch öfter abgespielt, auch beim re 1903. (Wiederholte Zurufe von links: Ohne Widerspruch ]) Darau kommt es doch nicht an. Zur zweiten Beratung des Flottengesetzes von 1906 wurde von den Frelsinnigen ein ausgearbeiteter Gesetz⸗ entwurf über Einführung einer Reichsvermögenssteuer eingebracht. Das Haus hat also jedenfalls eine Reihe von solchen Gesetzentwürfen obne jeden Widerspruch angenommen. In unserer Kom mission selbst ist im Februar ein Antrag gestellt worden von Weber von Gamp. Wiemer, wonach die Kommission selbst einen Gesetzentwurf ausarbeiten sollte. Am 26. Mail haben noch die Abgg. Weber und Paasche außdrücklich einen Abänderungsantrag zu dem beantragten Kaffeejzoll in der Kommission eingebracht! Ich könnte Ihnen aus meinem Material noch eine ganze Reihe gleicher Vorgänge auch aus den letzten Jahren beibringen. Nun wenden Sie ein, daß gar kein Mitglied widersprochen hat. Sie wünschen also, daß in einer 28 gliedrigen Kommission ein einziges Mitglied in der Lage ist, die ganze Arbeit lahmzulegen. Die Mehr— heit muß entscheiden, und das ist in diesem Falle in der Finanz⸗ kommission geschehen.

Abg. Stinger (Soz.): Nicht die Mehrheit entscheidet, sondern die Geschäftsordnung. (Der Saal füllt sich während der Ausführungen des Redners vollständig, und die Unrube nimmt immer mehr zu. Vijepräsident Kaem pf und Graf ju Stolberg, der ihn ablöst, suchen wiederholt durch Läuten Rube zu schaffen. Die Worte des Redners gehen in dem Lärm vollständig unter, man hört immer nur, daß er von „einem Bruch der Geschäftsordnung“ spricht. Am Schluß seiner Rede ertönen lebhafte ironische Bravorufe von der Rechten und aus dem Zentrum.) .

Abg. Dr. Spahn (Zentr) verwahrt sich gegen die Bemerkung des Abg. Singer, daß er früher eine andere Auslegung vertreten babe als heute. Das könne nicht zutreffen, er entsinne sich keines Falles, wo er das Wort in dieser Frage ergriffen hätte.

Der Antrag Singer wird gegen die Stimmen der Sozial⸗ demokraten und Freisinnigen abgelehnt. .

Für den Antrag Bassermann stimmen Sozialdemokraten, Freisinnige, Nationalliberale und Reichspartei. Die Abstimmung bleibt nach Probe und Gegenprobe zweifelhaft, es muß die Auszählung des Hauses vorgnnommen werden.

Diese Auszählung ergibt Ablehnung des Antrags Basser⸗ mann mit 1865 gegen 116 Stimmen.

Auf Vorschlag des Präsidenten wird die Beratung des Art. I zurückgestellt und zunächst mit der Beratung des Art. 2, betreffend die Besteuerung der Wertpapiere, begonnen.

Dieser Artikel enthält die sogenannte Kotierungssteu er, wo⸗

nach ein Steuersatz vom Kurswert des ganzen zu Beginn des

bis 4 vom Tausend

zu zahlen ist. Ferner werden dem Stempel für Kauf⸗ und Anschaffungsgeschäfte auch diejenigen Papiere unterworfen, die nicht zum Börsenhandel zugelassen sind.

Berichterstatter Abg. Graf von Westarp (dkons.) tritt unter großer Unruhe des Hauses und unter den Rufen „Vertagen“, die aus den Reihen der sozialdemokratischen Partei ertönen, auf die Redneriribüne, worauf der Präsident bemerkt, daß ihm ein Vertagungsantrag nicht vorliege. Der Referent verweist auf den schriftlichen Bericht und tritt mehreren irrtümlichen Auffassungen entgegen, die über die Wirkungen der Kotierungssteuer inner, und außerhalb des Hauses entstanden sind.

Abg. Weber (ul.): Die gestrigen Ausführungen des Abg. Raab, namentlich seine Grundanschauungen über das ganze Wirtschafls⸗ leben Deutschlandsß und über die Bedeutung der Börse in ihren internationalen Beziehungen zum Weltverkehr, nötigen mich zur Ab⸗ wehr. Er hat durchblicken lassen, daß es durchaus wünschenswert wäre, wenn der deutsche Besitz an ausländischen Papieren eingeschränkt, wenn diese ausländischen Papiere aus Deutschland vertrieben würden. Wenn Sie sich iurückversetzen in die Zeit der Gründung des Deutschen Reiches, so werden Sie finden, daß Deutschland damals in den wirtschaftlichen Kampf mit den anderen großen Kulturländern unter ganz anderen kapitalistischen und, finanziellen Bedingungen eintrat wie Frankreich und England. Während in diesen Ländern sich das Kapital in den Händen einzelner großer Kapitalisten befand, und sie in der Lage waren, den Kampf im wirtschaftlichen Leben aufzunehmen, mußte Deutschland versuchen, um in Konkurrenz mit diesen großen privatkapitalistischen Gebilden zu treten, das zerstreute Kapital zu assoziieren. Dles geschah in der Form von Aktiengesellschaften. Ohne diese Form wäre es Deutschland nie gelungen, im Weltwirtschaftsleben die Stellung einzunehmen, die es sich erobert hat, und die man durch die Kotierungssteuer hemmen will. Jene Form hat am letzten Ende mit dazu beigetragen, daß unsere finanzielle Kraft im Kampfe mit England und Frankreich in richtiger und entsprechender Weise angewendet worden ist. Wenn der Abg. Raab aber geglaubt hat, daß diese Form eine ungesunde sei, und wenn er uns wie den Abg. Mommsen als Vertreter der Börse bezeichnet hat, so hat er sich durch diese ganzen Ausführungen eben auch als das bezeichnet, als was er in seinem Berufsleben dasteht, als Vertreter der Porzellanmaler, er hat nicht erkannt, welche große Bedeutung in diesen Kapitalassoziationen liegt. Wenn er uns vorgeworfen hat, daß wir auf einem einseltigen Stand⸗ punkte stünden, so möchte ich ihn darauf aufmerksam machen, daß diese Kotierungssteuer nicht die Börse trifft, sondern am letzten Ende der Entwicklung Deutschlands den Lebentnerv unterbindet. Wie die Kotierungssteuer in unsere weltwirtschaftliche Entwicklung eingreift, so bietet sie auch eine Gefahr für die innere Entwicklung, sie wird den Kapitalwert herabsetzen und einen Kursrückgang ver⸗ ursachen. Auch für die Besitzer der Pfandbriefe kann sie, wie die ‚Kreuzzeitung“ sagen würde, eine Expropriation bedeuten. Die Kreuz- jeitung' schrleb vor noch nicht langer Zeit, daß eine solche Steuer eine gewisse Expropriation wäre. Der Besitzer von Industriepapieren ver⸗ liert z. B. ein Zehntel vom Kapital. Die „Kreuzzeitung“ schrieb ferner vor einigen Wochen: „Das Schlagwort von der Besteuerung des mühelosen Gewinnes unterliegt manchen Bedenken; noch mühe loser als der Dividendengewinn, der doch mit Risiko verknüpft ist, ift das Abschneiden der Coupons der Rentenpapiere, und das gleiche gilt auch von den Hypothekenzinsen; mühelos ist auch der Reingewinn aus der Beteiligung an Genossenschaften. Damit verurteilt die Kreuz= zeitung“ diese ganze Steuer. Die Belastung der Hypothekenpfand⸗ briefe mit der Kotierungssteuer verteuert den städtischen Grund⸗ besitz. Die Rechte und das Zentrum wollen in Uebereinstimmung mit unseren Anschauungen der Wohnungsnot möglichst steuern, wenn aber in einer Stadt wie Berlin die Hypothekenzinsen um ea. HKoso gesteigert werden, so müssen in demselben Maße die Mieten gesteigert werden, denn der Grundbesitzer ist immer der Stärkere und wird die Zinserhöhung auf die Mieter abwälzen. Diese Besitzsteuer ist auch ungerecht, weil sie nur einen Tell der besitzenden Klassen und außerdem einen großen Teil der nichkbesitzenden Klassen heranzieht. Sie wollen den Börsen— jobber treffen und treffen doch den kleinen Kapitalisten. Ein Mitglied von der Rechten hat sich einmal mit Recht be⸗ klagt, daß man in einer landwirtschaftlichen Frage die Inter essenten nicht gehört habe, diese Steuer hat man aber ein⸗ gebracht in einem Moment, wo niemand sich informieren konnte, und kein Interessent gehört worden ist, und zwar ledig- lich, weil diese Steuer sich in Frankreich bewährt haben soll. Woher weiß der Abg. Raab, daß sie sich in Frankreich bewährt hat? Der Abg. Raab ist gewiß auf manchen Gebieten sachkundig, aber von den Verhältnissen der Pariser Börse hat er nicht die geringste Ahnung, Die französische Regierung will die Kotierungssteuer abschaffen, weil sie zu einer Ansammlung ungesunder ausländischer Kapitalien geführt hat, deren Fernhaltung gerade die wünschen müßsen, die hier die Kotierungssteuer beantragt haben. Sie wollen durch die Kotterungs⸗ steuer das ausländische Kapital fernhalten. Ich habe es immer alt Vorzug der französischen und englischen Diplomatie und ihrer Handels- vertretungen betrachtet, daß sie in Verbindung mlt ausländischen An-= leihen immer eine Beschäftigung ihrer einheimischen Indastrie hergus⸗ zuholen perstanden. Es wäre bei unserer wirtschaftlichen Depression nützlich, wenn durch die Einführung guter auländischer Anleihen zu—⸗ gleich die Entwicklung unserer Industrie erleichtert würde. Unsere Diplomaten sollten diesem Beispiel des Auslands folgen. Die ganze Rede des Abg. Raab von gestern trug eine solche Unkenntnis der gan zen wirt⸗ schaftlichen Verhältnisse zur Schau, daß der Abg. Mommsen gar nicht darauf eingehen wollte. Jeder Sachverständige an der Hamburger Börse kann dem Abg. Raab sagen, daß die Kotierungssteuer die Entwicklung Deutschlands aufhalten wird. Dieser Gedanke ist ebensowenig von Information getragen wie die Parfümerie steuer, bei der man sich auch nicht überlegt hat, daß sie die kleinsten Exlstenzen des Mittelstandes glatt zugrunde richtet. Es muß an dieser Stelle auf das nachdrücklichste verlangt werden, daß die Regierung unter keinen Umständen solchen dem Handel und Verkehr ins Gesicht schlagenden Beschlüssen Folge gibt. Zum Schluß komme ich noch auf die Frage der deutschen Zahlungsbilanz. Die Kotierungssteuer führt gegen die letztere einen wuchtigen Schlag, indem sie das Arbitragegeschäft an der Berliner und Hamburger Börse einfach unterbindet. Heute können wir das Gold im Deutschen Reiche im Tresor der Reichsbank noch festhalten; dieser Goldbestand muß abnehmen, wenn die Kolierungssteuer eingeführt wird, wir müssen einen Goldabfluß haben, weil sich ein großer Teil der deutschen Kapitalisten, um der Kotierungssteuer zu entgehen, an aug⸗ ländische Börsen wenden wird. Schon wird versichert, daß das Ausland mit ganz besonderem Vergnügen den deutschen Papieren an seinen Börsen Einlaß verschaffen werde. Mit der neuen Steuer wird die Stellung der Börse wieder aufs empfindlichste zurückgedrückt; die Berliner Börse wird tatsächlich, wie ein Sprecher auf der Versammlung, des Hansabundes sagte, da— durch auf den Stand der Magdeburger zurückgedrängt. Trotz der schönen Rede des Abg. Bruhn von heute früh ist der Mittelstand mit der Mittelstandspolitik, wie sie bisher offiziell betrieben wurde, nicht zufrieden; er protestiert, wie es auch am 12. Juni geschehen, gegen diese Art von Gesetzesmacherei zu⸗ gunsten einer angeblichen Mittelstandspolirik. Bei wirklich mittel⸗ ftandsfreundlichn Vorschlägen versagen diese Mittelstandspolitiker; als ich für die kleinen Brenner, die Abfindungsbrenner, in der Kommission eintrat, haben diese Parteien meine m ttelstands⸗ freundlichen Vorschläge abgelehnt. Ich hoffe, daß aus der Ver— sammlung vom 12. Juni eine machtvolle Vertretung sich entwickeln wird, eine machtvolle Organisation von Handel, Industrie und Gewerbe.

Hierauf wird die Weiterberatung um 4 Uhr auf Montag⸗

nachmittag 2 Uhr vertagt.