der Einzelstaaten an der Erbschaftssteuer etwas herabsetzte, gefunden. Für den Rest von 13 bis 14 Millionen kann nur dadurch Deckung geschafft werden, daß, wie der Herr Berichterstatter schon vorschlug, die vom hohen Hause gewünschte unn an sich auch von der Regierung in Aussicht genommene Erhöhung der Löhnung der Mannschaften bei Heer und Marine hinausgeschoben wird; denn darüber ist kein Zweifel, daß die finanziellen Erträgnisse der am vorigen Sonnabend zum Ab⸗ schluß gelangten Steuergesetze nicht ausreichen, um noch eine Mehr⸗ ausgabe von 13 bis 14 Millionen für die Erhöhung der Mannschafts⸗ löhne zu bringen.
Nun liegt ja in dieser Beziehung eine Resolution der Budget⸗ kommission vor, welche die Regierung auffordert, im Etatz jahr 1910 die Erhöhung vorzusehen, wobei sich der Reichstag gleichzeitig bereit erklären soll, die dadurch entstehenden Mehikosten zu bewilligen, sofern nicht durch Ersparnisse der Betrag aufgebracht werden kann.
Nun, meine Herren, wir müssen nach unseren Voranschlägen ohne⸗ hin noch 30 bis 40 Millionen Mark an Ausgaben sparen, wenn wir den Etat in den nächsten Jahren ins Gleichgewicht bringen wollen; deghalb wird mit weiteren Ersparnissen nicht viel werden. Wag die Bereitwilligkeit zu Bewllligung von Mehrkosten betrifft, so muß ich sagen: wir werden ja sehen, wir müssen das abwarten. Jedenfallt glaube ich nicht, daß es opportun ist, bereits im nächsten Winter mit solchen Sachen vor das hohe Haus zu treten; von seiten der Regierungen muß ich daher hinter die Zahl 1910 ein Fragezeichen setzen. Die Annahme der Beschlüsse der Kommission, wie sie sich in der ersten Lesung gestaltet haben, würde nicht nur auf den Postetat, sondern überhaupt auf den Etat eine geradezu zerstörende Wirkung üben. Denn schon jetzt wird nach den Erhöhungen, zu denen sich die Re⸗ gierung bereit erklärt hat, der Postetat von 1908, auf den die Mehr— ausgaben zurückwirken, nur noch mit 134 Millionen Mark Ueberschuß abschließen. Das sind bloß 24 0,0 der Bruttoeinnahme. Kämen noch die anderen 17 Millionen hinzu, dann blieben noch 3,7 Mil⸗ lionen, gleich J o/ der Bruttoeinnahme übrig, eine Summe, die durch eine Stockung in der wirtschaftlichen Entwicklung, ja sogar durch Zufälligkeiten jeden Augenblick verschwinden kann. Aber mit dem Etat von 1909 sieht es noch schlechter aus; wenn er auch buch⸗ mäßig jetzt 263 Millionen Ueberschuß aufweist, nachdem die von der Regierung zugestandenen Gehaltserhöhungen eingestellt sind, so muß man ihn doch, da sich schon jetzt ersehen läßt, daß die Einnahmen, wie sie vorveranschlagt sind, wegen der Fort⸗ dauer der wirttschaftlichen Depression nicht werden erreicht werden, um 20 Millionen kürzen. Dann bleibt ein Ueberschuß von 6,4 Millionen Mark im laufenden Jahre zu erwarten, und kämen dazu noch die von der Kommission in erster Lesung beschlossenen weiteren Ausgaben, so würde der Postetat im Jahre 1909 mit 35 Millionen Defizit abschließen. Daß das bei einer Betriebs— verwaltung nicht sein darf, wird wohl, glaube ich, nicht bestritten werden.
Aber außer den finanziellen Bedenken, die speziell die Wirtschaft des Reichs betreffen, besteht noch eine Reihe anderer Bedenken gegen weitere Erhöhungen, die sich aus der Rücksicht auf die Einzelstaaten und die Gemeinden ergeben. Je weiter das Reich in seinen Gehalts aufbesserungen geht, desto stärker wird natürlich drr Druck für die Einzelstaaten, ihren Beamten, wenn nicht gleich, so doch später höhere Gehälter zu bewilligen. Nun sind dle Finanzen der Einzel⸗ staaten doch keineswegs glänzend zu nennen. Selbst das wirt— schaftlich stärkste Preußen hat in diesem Jahre eine Anleihe zur Bilanzierung des Etats aufnehmen müssen. Und nun gar die Rückwirkung auf die Gemeinden, wo doch überhaupt schon über die Höhe der Gemeindeabgaben so lebhaft geklagt wird. Wir haben in der vorigen Woche gehört, wie notwendig es sei, den Gemeinden neue Einnahmequellen ju eröffnen und die bestehenden nicht zu schmälern. Auch die Gemeindeetats würden durch die Erhöhung der Gehälter der Reichsbeamten über das von mir als angemessen anerkannte Maß hinaus in Störung geraten. Wer aber wird die ganze Belastung tragen? Doch schließlich die Steuerzahler, und man muß auch daran denken, daß das Reich nicht bloß aus Beamten, sondern auch noch aus anderen Leuten besteht, die Steuern jahlen Wenn die Herren aus diesem hohen Hause vielfach Briefe und Zu, schriften von Beamten erhalten haben, die mehr Gehalt haben wollten, so kann ich Sie versichern, daß wir reichlich Zuschriften von Gewerbtreibenden, Handwerkern und mittleren Existenzen bekommen haben, die ums Himmelswillen bitten, den Bogen nicht zu straff ju spannen, und darauf hinweisen, wie viel sicherer die Gehälter der höheren und mittleren Beamten sind als die Einnahmen der Gewerb⸗ treibenden und Handwerker.
Nun wird ja allerdings fast täglich gesagt, angesichts dieses An⸗ sturms von Petitionen und Telegrammen, der sich über die Mitglieder des Hauses ergleße, sollten wir ruhig auf die Wünsche der Beamten eingehen, dann würde die Zufriedenhelt einkehren. Ja, meine Herren, alle zufrieden zu stellen, ist ein Ding der Unmöglichkeit, Wir können nur darauf rechnen, die verständigen Leute zufrieden zustellen, indem wir das tun, was wir für angemessen und vertretbar halten. Nach dem Vorgange in Preußen, wo gerade die Beamten klassen, die hier in Frage kommen, weniger bekommen, als sie nach den von der Regierung angenommenen Kommissionsbeschlüssen im Reiche haben werden, kann man sagen: lassen Sie das Gehalt zur Auszahlung kommen, lassen Sie die Leute erst einmal empfinden, was es heißt, wenn sie ein paar hundert Mark nachgezahlt in die Hand bekommen, dann findet sich bei den Verständigen die Zufriedenheit, zumal wenn sie der Ueberzeugung sind, daß sie nicht mehr erreichen können. Daß es daneben immer Leute gibt, die vergleichen, ob nicht andere Beamtenklassen etwag mehr bekommen, daß es ferner Leute gibt, die ich kur als gewerbsmäßige Agitatoren bezeichnen möchte, das ist mir sehr wohl bekannt. Die Leute werden fortarbeiten so oder so. Aber ich meine: es liegt im Interesse der Gesamtheit wie im Interesse der Beamten, daß diesem übermäßigen Druck und An⸗ sturm an einem Punkt Halt geboten wird.
Unsere Verwaltung kann nicht so funktionieren, wie es die Bevölkerung verlangen muß, wenn nicht eine straffe Dis— ziplin, kein Kommiß, aber eine straffe Disziplin erhalten wird, und diese Disziplin in unserem Beamtenkörper wird gelockert, wenn sich die Beamten, deren Petitionsrecht ich nicht im geringsten bejwelfle, immer mehr daran gewöhnen, gegenüber der vorgesetzten Verwaltung Hilfe beim Reichgtage zu suchen. Das entspricht nicht dem Interesse der Verwaltung und meines Dafürhaltens auch nicht dem Interesse dieseg hohen Hauses.
Ich lege Wert darauf, hier nochmals festzustellen, daß die Grenze,
die die verbündeten Reglerungen in der Kommission als das äußersle
Maß ihres Entgegenkommens bezeichnet haben, in der Tat das
äußerste Maß enthält, und daß abweichende Beschlüsse wohl die Folge haben können und werden, die Vorlage zu Falle zu bringen, aber nicht, die Regierung auf einen anderen Standpunkt zu bringen.
Was die Verausgabung der Mehrkosten betrifft, so empfehle ich die Annahme der Resolution, die in diesem Falle ausnahmsweise von dem Verlangen der sofortigen Vorlegung eines Nachtragsetats absieht und dieselbe der Heibsttagung des Reichstags vorbehält. Es wäre in der Tat nicht möglich gewesen, in den wenigen Tagen, die seit der schließlichen Gestaltung der Vorlage in der Kommission verflossen sind, einen Nachtragsetat zustande zu bringen.
In Summa empfehle ich, nicht über das Maß der Kommissions⸗ beschlüsse der zwelten Lesung hinauszugehen, damit jetzt das Be soldungsgesetz jur Verabschledung kommt — es hat ja leider lange genug gedauert, bis die Erwartung der Beamten auf Besserung ihrer Gehälter, auf Aenderung des Wohnungsgeldes zur Erfüllung gelangt ist —; wenn irgendwo, gilt hier das alte Wort: bis dat, qui cito
dat. (Bravo!)
Abg. Kopsch (fr. Volkep.): Ich erkenne gerne an, daß das Be⸗ soldungsgesetz einen wesentlichen Fortschritt bedeutet; deshalb werden wir ihm trotz sebr schwerwiegender Bedenken im einzelnen bei der Gesamtabstimmung unsere Zustimmung erteilen. Wir bedauern die Streichung des 52 der Besoldungsvorlage der Regierung, wonach in Ausnahmefällen auch durch den Etat Aenderungen dieser Besol dungen stattfinden können. Ferner bedauern wir, daß in den Text des Be⸗ soldungsgesetzes nicht auch Bestimmungen aufgenommen sind, die den Beamten die Gewißheit geben, Einsicht in ihre Personalakten zu nehmen. In Bayern hat eine derartige Bestimmung die Beamten diszliplin nicht gelockert. Auch das Petitionsrecht der Beamten darf nicht geschmälert werden. Der Staatssekretär hat ausgeführt, daß es nicht angängig sei, daß die Beamten sich gewissermaßen hilfesuchend an den Reichstag wendeten; durch ein derartiges Ver⸗ balten würde die Disiiplin gelockert werden. Das heißt mit anderen Worten, das Petitionsrecht der Beamten soll eingeschränkt werden. Gegen derartige Bemühungen müssen wir den energischesten Wider⸗ stand leisten. Wir dürfen uns darüber nicht täuschen, daß der Beamte das, was er hier erhält, an diejenigen wieder abgeben muß, denen Sie (rechts) die Liebesgabe usw. in den Schoß geworfen haben. Daß in Beamtenkreisen mit dieser Besoldungsordnung eine gewisse Unzufriedenheit herrscht, ist gewiß, aber diese Bewegung ist kuͤnstlich erzeugt worden, um die Kreise des Mittelstandes abzulenken von den eigentlichen Schuldigen, die durch Verteuerung der Rohmaterialien und Halbfabrikate die Existenzfähigkeit des Mittelstandes schwer be⸗ einträͤchtigt haben. Gine allgemeine Zufriedenheit wird diese Besoldungsordnung nach den Beschlüssen der Kommission leider nicht hervorrufen. In der ersten Lesung der Kommission gingen noch wie in Preußen die einzelnen Parteien einmütig und einheitlich vor, um die Gehälter entsprechend den Teuerungsverhältnissen aufzubessern. Dann aber kam die völlige Umgestaltung im Reichstag, das Zentrum wurde die herrschende Partei, und die Wirkungen der neuen Kon— stellation zeigten sich auch bei der weiteren Beratung dieser Vorlage. Die Regierung hatte die Beschlüsse der ersten Kommissionslesung, die einen Se , von 26 Millionen über die Regierungsvorlage hinaus bedeuteten, für unannehmbar erklärt. Vor diesem „Un⸗ annehmbar“ weicht ausgerechnet die konservative Partei jetzt zurück, während sie dem ‚Unannebhmbar“ der Regierung bei der Erbschafts⸗ steuer nicht die geringste Bedeutung beigelegt batte und selbst den Sturz des Reichskanzlers in Kauf nahm. Es bleibt kaum ein Gesetz in dieser Zeit, wo nicht die Regierung in feierlichen Erklärungen in der ersten Lesung eine ganz andere Stellung eingenommen hat als bei den endgültigen Beschlüͤssen. Man wundert sich nicht so sehr über das Umfallen der Regierung, sondern vielmehr darüber, wie sie nach solchen Umfällen immer so schnell wieder hat aufstehen können. Besonders interessant ist das Verhalten des Zentrums. In der ersten Kommissiontlesung erklärte die Regierung, daß man im Reich die Beamten nicht anders besolden könne als in Preußen, da sagte aber der Vertreter des Zentrums: „Warum setzt man uns denn überhaupt hierher und läßt uns hier arbeiten, wenn Preußen allein entscheiden soll? In Bayern, Baden usw. bekommen die Beamten mehr als in Preußen. Das Zentrum kann die Gehaltterhöhung der höheren Beamten nicht annehmen, wenn nicht die Unterbeamten entsprechend aufgebessert werden.“ Als aber in der zweiten Lesung die Regierung denselben Grund vorbrachte, stimmte derselbe Vertreter des Zentrums der ,, mit lebhaftem Kopfnicken zu. Aller⸗ dings unterstützten zwel Herren vom Zentrum in der zwelten Lesung uns, sodaß die Gehälter der unteren und mittleren Postbeamten und Reichseisenbahnbeamten wieder in der Höhe beschlossen wurden wie in der ersten Lesung; aber wer die Verhältnisse kennt, ver steht es, daß eins dieser Zentrumsmitglieder andere In⸗ struktionen erhlelt und das jweite aus der Kommission ausgeschifft wurde, und so wurden in der dritten Lesung nach den Wünschen der Regierung und des neuen Blocks die Gehälter der gehobenen Unter beamten herabgesetzt. Ebenso wurde entgegen dem Beschluß der ersten Lesung, der einmüilg gefaßt war, das Endgehalt der Assistentenklasse um 360 S heruntergesetzt, obwohl sogar der Reichstag selbst in einer Resolution vor zwel Jahren die Bemessung des Gehalts der Post⸗ assistenten auf 1800 bis 3600 M gewünscht hatte. In einer Ver⸗ sammlung der ar t nt, hat der Abg. Roeren als Vertreter des Zen⸗ trums ausgeführt, daß seine Fraktion stets mit Wärme für die Inter⸗ essen der Postbeamten eingetreten sei, daß auf Antrag seiner Partei 1897 das Endgehalt der Postassistenten von 2700 S6 auf 3000 4M erhöht worden sei. Das war also vor 12 Jahren vor der Teuerung, und heute setzt das Zentrum dieses Gehalt von 3600 auf 3300 M herab. Der Abg. Roeren sagte in der Versamm⸗ lung weiter, das Zentrum habe gerade den Postsekretär Hamecher in seine Reihen aufgenommen, um einen sachverständigen Beirat für diese Dinge zu haben. Hat etwa der Abg. Hamecher den Rat gegeben, das Gehalt von 3600 auf 3300 „S6 herabzusetzen? Die Regierung weist darauf hin, daß das Gehalt der Unterbeamten durchschnittlich um 16 lo, daß der höheren nur um 8 O½ erhöht werde. Wenn man sich scheut, die baren Summen zu nennen, so wird immer mit Prozenten gerechnet. Bei einem Gehalt von 1000 MS bedeuten die 16 (0 . nur 160 AM, bei 10 000 A bedeuten aber die 8 oso eine in von 800 S6. Bei einzelnen Beamten wird sogar ein Rückschritt gegen früher gemacht, oder es tritt nur eine ganz minimale Aufbesserung ein, denn die De⸗ klassierung einzelner Orte für den Wohnungsgeldzuschuß übt gerade für die mittleren und unteren Beamten eine schädliche Wirkung aus. Wir haben deshalb beantragt, alle deklassierten Orte wieder in ihre frühere Klasse hinaufzusetzen. Die Deckung für den Mehrbedarf aus den endgültigen Kommissionsbeschlüssen gegenüber der Regierung vorlage von inögesamt 17 Mill. Mark will man für 3 Millionen durch die Kürzung des Anteils der Einzelstaaten an der Eibschaftg⸗ steuer beschaffen, und zur Deckung der übrigen 14 Millionen will man die Aufbesserung der Mannschaftelöhnung um 8 für den Tag noch um ein Jahr hinausschieben! Man tröstet sich mit einer Resolution, wonach diese Erhöhung 1910 stattfinden soll Diese Resolution steht in schreiendem Gegen—⸗ satz ju dem Willen, keine Ausgaben ju bewilligen, wenn nicht die Deckung geregelt ist. Die Veckung für die 14 Millionen wird aber nicht geregelt; diese Blöße wird nicht gedeckt. Daß der Soldat Wohnung und Essen in der Kaserne hat, relcht doch nicht aus, um diese Ablehnung verständlich erscheinen zu lassen. Die 3 , die ihm an Löhnung mehr zugedacht waren, würden durch die Verteuerung aller Genußmittel, des Bieres usw. aufgezehrt worden sein; bekommt er die also jetzt nicht, so wird er direkt schlechter gestellt! Von sachlichen Gründen, die gegen den Beschluß erster Lesung in der Kommission sprächen, habe ich nichts gehört. Bei der Neuordnung der Klasseneinteilung der Orte hätte man sich nicht ausschließlich an
den Zimmerpreis halten sollen; es treten dadurch Deklassierungen ein, die dauernde Unzufriedenheit erzeugen werden. Nun hat man das neue Moment der Repräsentationspflichten eingeführt, um gewisse Orte heraufrücken zu lassen. Waß unter diesem Gesichtspunkte München recht war, müßte aber Hamburg, Dresden, Stuttgart, Breslau billig sein. Das neue Besoldungsordnunggwerk wird den Wunsch, die Ruhe in der Beamtenschaft wiederherzustellen, nicht erfüllen helfen; ihre berechtigten Wünsche darf man eben nicht unerfüllt lassen. Dem Umfall der Herren vom schwarzen Block ist es zu danken, daß auch die großangelegte Besoldungsrefomrm jetzt als ein Stückwerk ver⸗ abschiedet wird. ⸗
Abg. Spahn (Sentr.): Die verbündeten Regierungen hatten vor⸗ geschlagen, daß 100 von den neu zu bewilligenden 500 Millionen für Beamtenbesoldungsverbesserungen Verwendung finden sollten. Bei der ersten Beratung der Reichsfinanzreform haben wir erklärt, daß über diese Grenze nicht hinausgegangen werden sollte. Nun ist die Kom— mission doch, und zwar in recht erheblichem Maße darüber hinaus⸗ gegangen, zuerst auf 172, jetzt immer noch auf 117 Millionen. Von den „Zulagen“ hoffte man dabei 22 Millionen zu ersparen; was ist aber tatsächlich erspart worden? Ganze 300 000 S! Da konnte der erste Beschluß nicht mehr aufrecht erhalten werden. Mit den 117. Millionen haben sich die verbündeten Regierungen schließlich einverstanden erklärt. Die Postassistenten wie die Schaffner werden immerhin tatsächlich eine Aufbesserung erfahren; die Befürchtung, daß bei den Schaffnern, vie ihre bisherige Zulage verlieren, eine Verschlechterung eintreten würde, ist widerlegt worden. Die Assistenten in der Postverwaltung müssen allerdings anders be= urteilt werden wie die bei der Eisenbahnverwaltung; die Ansprüche an Vor- und Ausbildung der ersteren sind höher. Die Hauptsache ist und bleibt aber die Aufbesserung der untersten Gehaltsstufen, namentlich mit Rücksicht auf die durch die Kindererziehung er⸗ höhten Lasten. Gegenüber dem Unannehmbar“ des Schatz sekretärs und des Bundesrat,! haben wir uns hier aber zu bescheiden. Der Hinweis auf die bayerischen Beamten fällt immer wieder dadurch zu Boden, . diese keinen Wohnungsgeldzuschuß bekommen, der Postassistent im übrigen Deutschland hat schließlich doch mit dem Wohnungsgeldzuschuß immer ein pensionsfähiges Einkommen von 3840 MS auf der letzten Stufe. Die Frage, wo das Geld herkommen soll für die erhöhte Forderung, kann doch auch nicht so leicht beiseite geschoben werden; hler kommen wir über das ‚Unannehmbar“ nicht hinweg, und die Verantwortung dafür, daß bei weiterer Verjögerung die rückwirkende Kraft bis zum 1. April 1908 in Frage gestellt werden könnte, und die Beamten einen großen Teil der Verbesserungen, auf die sie seit diesem Zeitpunkte Anspruch haben, verlieren könnten — es handelt sich dabei um 184 Millionen — wollen und werden wir nicht auf uns nehmen. Die Parole biegen oder brechen“ ist auf die beutige Situation nicht anwendbar; was heute bewilligt wird, muß als Ganzes genommen und betrachtet werden.
Abg. Dr. Beck (ul.): Das neue Gesetz bietet den Beamten zu⸗ nächst eine wertvolle Kodifikation der für die Gehaltsbemessung der einzelnen Klassen und Dienstaltersstufen vorhandenen, aus einer Menge von einzelnen Verordnungen zusammengeholten Vorschriften. Die Bestimmungen über die Berechnung des Besoldungsdienstalters sind einheitlich zusammengefaßt. Bezüglich der Besoldungsbemessung haben auch wir es uns leider versagen müssen, auf manche An— regungen, die wir noch in der Kommission vertreten haben, jeßt jurückzukommen. Sehr einverstanden sind wir damit, daß nunmehr feste Btstimmungen über die Anrechnung der Militär dienstjeit getroffen worden sind. Der bezüglichen Resolution stimmen wir zu, ebenso wie derjenigen, betreffend der aus dem Arbeiterstande hervorgegangenen Beamten. Vor eine besonders ernste Aufgabe stellt uns das dringende Erfordernis, der steten Beamten vermehrung entgegenzuwirken; am besten kommen wir zu einer wirk- lichen Personalreform, wenn wir den Zugang ju gewissen Beamten⸗ kategorien ganz erheblich einschränken. So einig sich aber die Kom⸗ mission für das eigentliche Besoldungsgesetz war, so sehr sind schließ⸗ lich die Meinungen über die Besoldungsordnung selbst auseinander⸗ gegangen. Vorher war volle Einmütigkeit darüber vorhanden, daß es vor allem gelte, wirkliche Ruhe in der Beamtenschaft zu schaffen, und dieses Ziel glaubt man zu erreichen in einer wirklich aus—⸗ kömmlichen und befriedigenden Gehaltsnormierung. Jetzt aber stehen wir vor Kommissionsvorschlägen, die keinen Zweifel darüber lassen, daß dieses Ziel nicht erreicht werden wird, und daß es nicht gelungen ist, stabile Verhältnisse ju schaffen. Eine Erhöhung der Anfangsgehälter, namentlich bei den Unter⸗ beamten, ist leider nicht erreicht worden. Wir wollen die Post⸗ unterbeamten so stellen, wie es in der ersten Lesung der Kommission geschehen ist. Die jetzige Gehaltsaufbesserung ist nach den Sätzen jweiter Lesung in den beiden unteisten Stufen eine Minderung. Gerade diese Unterbeamten haben am meisten unter der Teuerung der Lebensperhältnisse zu leiden. Ihre Familienmitglieder sind ge⸗ zwungen, sich einen Nebenverdienst zu suchen. Das ist ein unbhalt⸗ barer Zustand. Wir müssen auch für ein rascheres Aufsteigen dieser Unterheamten sorgen. Zu erwägen wäre es ebenfalls, ob nicht die Oberpostafsistenten, entsprechend ihrer gehobenen Stellung, eine besondere Berücksichtigung verdienten. Wenn wir die Wieder herstellung der Beschluͤsse erster Lesung beantragen, und man unt auf die Deckungsfrage hinweist, so sage ich, daß, wenn die Mehr⸗ heit die Erbschaftssteuer und das Branntweinsteuergesetz in anderer Form angenommen hätte, die Deckung reichlich vorhanden gewesen wäre. Bezüglich der Erhöhung der Mannschaftslöhnung ziehen Sie sich jetzt auf eine Resolution zurück. Welchen Wert soll das Publikum einer Resolution beilegen, wenn der Reichstag in dem⸗ selben Moment auf eine Resolution verzichtet, die er im vorigen Jahre selbst gefaßt hat! Wir müssen die Beamten von der Pumpwirtschaft befreien. Daß der Beamtenstand gut funküonieren kann, ist ein Interesse unseres Staates, unseres Volkez. Was den Wohnungsgeldjuschuß im besonderen be⸗ trifft, so kann ich für meine Person sagen, daß ich schon in der ersten Lesung Anstand genommen habe an der Art der Erhebungen, die über die Wohnungsverhältnisse angestellt worden sind. Die Erhebungen über die Wohnungsverhältnisse sind, wie wir an⸗ erkennen müssen, doch besser wie ibr Ruf. Aber ich bin der Meinung, daß bei einer ganzen Reihe von Städten, über die ich mit Regierungt⸗ vertretern gesprochen habe, sehr bald die Notwendigkeit eintritt, wenn sie nicht schon vorliegt, sie in eine höhere Klasse zu versetzen. Ich bitte daher, wenn auch heute eine andere Beschlußfassung geboten ist, dringend, in der Zukunft von der durch das Gesetz gewährten Möglich⸗ keit der Versetzung in eine höhere Klasse Gebrauch zu machen. Wenn ein solches Werk heute zustande kommt, das ein vollständig neues Prinzip für die git c u des Wohnungsgeldzuschusses bringt, so müssen wir wünschen, daß die Regelung auch wirklich auskömmlich und voll⸗ auf befriedigend ist. Es muß endlich Ruhe einkehren in die Beamten schaft, dann werden die Beamten auch mit Freude den Pflichten ihres Amtes nachkommen, und dann haben wir dafür gesorgt, daß sie das sind, als was sie der Staatssekretär vorhin bezeichnete, der Stolz des deutschen Volkes.
Abg. Singer (Sos.): Ich kann meine Verwunderung darüber nicht unterdrücken, daß jetzt aus dem Hause heraus schon wieder An- träge auf eine andere Ottsklasseneinteilung gestellt werden. Wenn wir noch einige Stunden weiter debattieren, so werden wir Anträge über 150 Orte haben. An eine sachliche Prüfung der Berechtigung solcher Wünsche ist gar nicht zu denken. Stuttgart sollte, da es das Ergänzungsmaterial in derselben Weise wie München . hat, schon jetzt in Klasse A gesetzt werden. Die anderen Orte wird man wohl
auf den Weg verweisen muͤssen, ihr Material dem Bundesrat zugehen zu lassen, der ja die Befugnis einer Abänderung der Ortsklasse erhält. um Besoldungsgesetz möchte ich feststellen, daß derselbe Block, der
ch zur Finanzreform jusammengefunden hat, sich jetzt zusammenfindet, um die früber gefaßten Beschlüsse des Reichstags wieder hinfällig zu machen. Warum weicht man hier vor dem Unannehmbar der Re⸗ gierung zurück, die es verwirkt hat, daß der Reichstag noch an ihr Unannehmbar glaubt? Hätte letzterer an seinen ersten Beschlüssen fest⸗ gehalten, die verbündeten Regierungen hätten nicht den Mut ge⸗
funden, die Besoldungẽborlagen scheitern zu lassen. Glauben denn die
noch nicht knapp die Halfte durch die Erhöhung der Steuern zu decken,
Beamten eine Aufbesserung von nicht weniger als 100 Millionen
17 Millionen zu bewilligen. Ich erwähnte schon, daß in Preußen — wenn man von den Jahren 1906 und 1907, von der Pensionsrückwirkung für
demokraten: für die Unterbeamten h — die Unterbeamten erhalten daz
gegeben sind, die wir nicht überschreiten können. Eg ist ja nichts
verbündeten Regierungen, daß sie mit den 17 Millionen Mehr
die Unrichtigkelt der Forderungen nachweisen können, 9 n Interesse der Beamten gestellt haben? Was können denn die Be— amten dafür, wenn Deulschland fo viele Beamte braucht, daß eine Besoldungsvorlage mehr als 1060 Millionen erfordert? In den 17 Millionen, die die Kommission mehr fordert, liegen aber allein 23 Millionen für die Offiziere. Bei! den Offtiieren und höheren Beamten hat man nicht nach der Deckung gefragt, nach oben hin war die Mehrheit der Kommission viel wenig er spröde alg bei den Unter⸗ beamten und Assistenten. Für bie mejsten Unterbeamten kommt höchstens eine jährliche Zulage von 56 Sü herautz, also für den Tag 15 J, und das ist bei den verteuerten Lebensverhältnissen nicht auz⸗ reichend. Im Reichstag ist auch immer anerkannt worden, daß z. B. die Landbriefträger befonderg schweren Dienst haben und entsprechend entschädigt werden müssen. Die Landbriefträger sind immer die Parlag gewesen, und die Kommission wollte ihnen deshalb ein Gehalt von 1200 big 1800 0 geben, aber die Regierung und der neue Bloch wollen nur 1100 bis f7606 ) geben. Die Konservativen können sich ein Verdienst erwerben, wenn sie bei der Erhöhung für die Unterbeamten nicht vor dem Unannehmbar“ der Regierung zurückweichen, aber die neue Mehrheit hat selbst die Bestimmung abgelehnt, daß Ee eller e stungen auch im Etat er⸗ folgen können. Lehnen Sle unsere Anträge ab, so wird die Un⸗ zufriedenheit der Unterbeamten mit Recht foridauern. Wenn das Zentrum, das 400 Millionen indirekte Steuern bewilligt und die ,, nn n . verzichten, fest bleibt, so
egierung au on w i ü Beamtenaufbesserung lhllgen ö J
Preußischer Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Aus den Reden verschiedener Herren Vorredner habe ich mit großer Freude den Ausdruck der Anerkennung und Dankbarkeit für die Tätigkeit der Beamten entnommen. Wir stehen ganz auf demselben Standpunkt, und ich freue mich, auch hier aussprechen zu können, wie die Beamten durch ihre Tätigkeit für Reich und Staat dieser An= erkennung durchaus würdig sind, die ihnen hier gejollt wird, und ich muß es dem Herrn Abg. Singer gegenüber bestreiten, daß Preußen hinsichtlich der Anerkennung dieser Tätigkeit, was die Gehaltg— aufbesserung betrifft, wieder der Vater aller Hindernisse gewesen ist. Bekanntlich ist das Umgekehrte der Fall gewesen, Preußen ist voran— gegangen in der Aufbesserung ber Beamten, und zwar in einem außerordentlichen Maße, sodaß die Staatskasse noch auf lange Jahre hinaus schwer belastet sein wird. Um nicht den Ausführungen des Herrn Abg. Singer gegenüber den Glauben aufkommen zu lassen, als ob Preußen für seine Beamten nicht Ausreichendes getan hätte, möchte ich nur konstatieren, daß, wenn man die Aufbesserung der Jahre 1906 und 1907 sowie die Rückwirkung auf die Pensionsgesetze hinzunimmt, in Preußen für die Aufbesserung der Gehälter für die Beamten und die Aufbesserung der Lehrer und Geistlichen nicht weniger als 200 Millionen Mark dauernd auf die Staatskasse übernommen worden sind. Allein im Jahre 1909 sind rein an Gehältern für die höheren Beamten 7 Millionen, für die mittleren circa 29 und für die Unter⸗ beamten faft 30 Millionen, insgesamt 66 Millionen, dauernd auf die Staatskasse übernommen worden. Dazu treten noch 23 Millionen für Wohnungsgeldzuschüsse, sodaß dauernd bie Staatskasse alleim im Jahre 1909 mit einem Aufwand von eirea 90 Millionen Mark belastet worden ist. (Hört! Hört! rechts) Dazu treten die Aufwendungen für die Geistlichen und Lehrer, und e stellt sich so, daß die Oberbeamten um 7oso, die mittleren um 1500 und die Unterbeamten um 20 06 ihrer Bejüge aufgebessert worden sind. (Hört! Hörth Von diesen sehr bedeutenden Aufbesserungen sind wir nur in der Lage gewesen
wenn anders wir nicht die Ansprüche an die Steuerleistung über das erlaubte Maß hinaus erhöhen wollten. Wir haben nur etwa 68 Millionen durch neue Steuern decken können, müssen also den größten Teil dieser Aufbesserung der Gehälter der Beamten, Geist. lichen und Lehrer eist im Laufe welterer Etatsjahre decken. Es wird also den weitesten Kreisen der Bevölkerung durch die Notwendigkeit der Ersparung auf allen Gebieten, durch Ginschränkung der Ausgaben eine sehr erhebliche Lelstung auferlegt jugunsten der Beamten, Geist⸗. lichen und Lehrer. Wir werden in Preußen noch lange Jahre daran iu tragen haben, daß wir allmählich die großen Aufwendungen für Beamte, Geistliche und Lehrer unsererseitgs decken müssen.
Im Reiche war seitens der verbündeten Regierungen für die
Mark vorgeschlagen. Wir haben bei den Beratungen in der Kom⸗ mission gesucht, sowelt entgegenzukommen, wie es irgend vertretbar war, und haben uns bereit erklärt, für die Beamten noch weitere
die Beamten, Lehrer und Geistlichen absieht — chea 150 Millionen bewilligt worden sind; nehmen Sie dazu die Aufwendungen im Reich mit mehr als 100 Millionen, so ergibt das im Reich und in Preußen eine dauernde Belastung von über 250 Millionen, von mehr als einer Viertelmilllarde Mark! Wie der Herr Abg. Singer gegenüber diesen nackten Tatsachen behaupten kann, die verbündeten Regierungen ließen es an Wohlwollen für die Beamten fehlen (Zuruf von den Sozial-
Gros der Aufbesserung! —, geheimnig bleiben.
Wenn wir auf der einen Seite der Bevölkerung diese großen dasten zumuten, so müssen wir andererselts sagen, daß gewisse Grenzen
das wird, glaube ich, sein Spezial.
leichter, als hier so zu verfahren, wie der Herr Abg. Singer verfährt: immer die weitestgehenden Anträge zu stellen und dann alle Deckungt⸗ mittel dafür abzulehnen. (Lebhafte Zustimmung rechtg) Das mag ir populär sein, sehr politisch im wahren Sinne, staatepolitisch saatzerhaltend ist es nicht! So sehr wir die Notwendigkeit anerkennen, die Beamtengehãlter aufiubessern, so sehr müssen wir bedauern, daß zum Teil — ich lege . auf das Wort jum Teil‘ — die Agltation für diese Auf⸗ esserung höchst unerwünschte Formen angenommen hat. (Sehr wahr! rechts) Wir sollten uns alle hüten, durch Anträge, die nicht erfüllbar sind, dieser Agitation neue Nahrung zuzuführen! Die wahren Freunde der Beamten sind nicht diejenigen, die ihnen eine Fata Morgana vorspiegeln, indem sie unerfüllbare Anträge stellen ö. Unruhe bei den Sonialdemokraten), sondern diejenigen, die er⸗ ) re Anträge stellen. Herr Abg. Singer hat es sich da wieder * leicht gemacht. Die Anträge, die feine Fraktion gestellt hat, . weitere 17 Millionen kosten; woher sie gedeckt werden sollen, arüber ist er mit einem sanften Stillschweigen hinweggegangen. Ferner hat Herr Singer — und ich glaube, ähnliche Bemerkungen at auch der Herr Abg. Kopsch gemacht — erklärt,
erklärt hätten, würden sie sie doch annehmen. (Sehr richtig! links.) Er hat zum Ausdruck gebracht, die Regierung habe es verwirkt, daß ihre Unannehmbarkeitgerklaͤrungen noch beachtet werden! (Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten) — Nun gut, meine Herren, dann bitte, machen Sle einmal den Versuch; dann werden Sie sehen, daß die ganje Vorlage — was ich hiermit namens der verbündeten Regierungen erkläre — scheitert, wenn über das hinautzgegangen wird, was wir bei der jwelten Lesung zugestanden haben! (Große Unruhe und andauernde Zurufe bel den Sozialdemokraten.)
Dle Beamten werden es dann Ihnen zu danken haben, wenn dat die Folge Ihrer Beschlüsse sein wird!
Meine Herren, wenn wir zu diesem ‚Unannehmbar“ gezwungen sind, so hat uns in der Tat denn doch nicht irgend ein bloßer Eigensinn dazu veranlaßt, sondern zwingende sachliche Gründe haben uns dazu bestimmt. Zunächst die Rücsicht auf die anderen Kategorien von Beamten. Bei diesem ganzen schwierigen Werk der Aufbesserung der Beamtengehälter muß man doch, so weit das überhaupt in menschlicher Kraft liegt, das eine zu vermelden suchen, daß man eine einzelne Kategorie von Beamten vlel besser behandelt als die adaequaten Kategorlen. In dieser Beziehung darf ich mir bei den beiden Hauptkategorien von Beamten, die hier in Betracht kommen, bei den Postschaffnern und Postassistenten, einige Bemerkungen erlauben.
Bei den Postschaffnern haben wir ein Gehalt von 110 bis 1700 M zugestanden, also damit ein um 100 höheres . als die entsprechenden Beamten der Eisenbahnherwaltung belommen. Wir sind also noch wesentlich über das hinausgegangen, was der Reichstag selber vor 2 Jahren beschlossen hat. (Hört, hört! in der Mitte.) Vor 2 Jahren hat der Reichstag beschlossen, die Sätze von 1000 bis 1600 M zu bewilligen; und wenn wir jetzt auf 1100 bis 1700 M6 gehen, so kann, glaube ich, kein Mensch behaupten, daß dlese Sätze vollkommen unzulänglich wären. (Sehr richtig! rechts.) Es kommt hinzu, was der Kommissar der Reichspostverwaltung in der Kommission ausführlich dargelegt hat, daß die Post⸗ schaffner jum allergrößten Teil sich aug den Landbrief⸗ trägern und Postboten rekrutieren, und daß daher ca. 90 olo der ganzen Postschaffner nicht mit der untersten Gehaltsstufe anfangen, sondern gleich in eine höhere Gehaltsstufe hineinrücken, so— daß also für die 900 /0 der Postschaffner die unterste Gehaltzstufe einfach nur auf dem Papier steht. Und nun wollen Sie berũck⸗ sichtigen gegenüber den Postschaffnern das außerordentliche Heer von Eisenbahnbeamten, die große Anzahl der Weichensteller und Rotten⸗ führer, die einen außerordentlich verantwortlichen Dienst bei Wind und Wetter haben und sicher schneller aufgebraucht werden als die Postschaffner, und die man nun doch nicht, glaube ich, so weit gegen⸗ über den Postschaff nern differenzieren kann, wie das in den weiter⸗ gehenden Anträgen beabsichtigt ist.
Ganz ähnlich liegt die Sache bei den Postassistenten. scwer wid dale Wernlnndn, n, ne, r, . ordentlich verantwortungsvolle Tätigkeit auch dieser Beamten haben. Aber nun nehmen Sie einmal dagegen die Eisenbahnassistenten, die mit der roten Mütze den großen Teil des Betriebadienstes auf den Bahnhöfen zu leiten haben, und die auch den bei ungũnstigem Wetter sehr verantwortungesvollen Rangierdienst auf den großen Rangierbahnhöfen zu leiten haben. (Sehr richtig! rechtg.) Nun frage ich: wie ist es zu vertreten, daß diese EGisen⸗ bahnassistenten um 300 ½ schlechter gestellt werden als die Postassistenten. Die Sache ist doch die gewesen, daß die Post⸗ assistenten ihre Aufbesserung vorher bekommen haben, und daß jetzt nur die Eisenbahnassistenten mit der Gehaltgzaufbesserung nachfolgen. Man kann aber nicht so argumentieren, daß die Postassistenten, weil sie bisher besser gestanden haben, nun abermals aufgebessert werden müssen. Und, meine Herren, die Zollassistenten — eine mir als Finanzminister besonders am Herzen liegende Kategorie von Beamten, die in den zugigen, ungeheijten Abfertigungslokalen, bei der Löschung der Ladung der Schlffe ꝛc. ihren Dienst zu verrichten haben und Wind und Wetter ausgesetzt sind — auch diese kommen nur bis 3300 46. Welcher Grund ist vorhanden, die Postasststenten mit höheren Bezügen zu versehen als diese?
Und endlich — darauf möchte ich auch die Herren auf der Linken
hinweisen —: es ist jetzt in Preußen nach sehr langen und mühe⸗ vollen Verhandlungen gelungen, die Besoldung der Lehrer zum Ab⸗ schluß zu bringen. Die noch weitergehenden Wünsche haben sich nicht realisieren lassen; aber es ist gelungen, die Lehrer im Gros auf dat Gebalt der Assistenten, eben auf 3300 K, zu bringen. In besonderen Orten dürfen noch Ortszulagen gewahrt werden, aber im allgemeinen ist der Höchstsatz 3300 6. Auch hier wurde die Ruhe sofort wieder beeinträchtigt sein und die alte Agitation wieder einsetzen, die berechtigte Unzufriedenheit der Lehrer hervorgerufen werden, wollte man die Postassistenten nun über die Sätze der Lehrer hinaus erheben. J Also die Rücksichten der Vermeldung gerechtfertigter Berufungen, die Rücksichten auf die Gleichmäßigkeit der Besoldungen macht es auf der einen Seite notwendig, in den Gehaltsbemessungen gewisse Grenzen innezuhalten. Ich gehe aber weiter und sage: es kommt eine jweite, vielleicht ebenso wichtige Rücksicht binju: die Rücksicht auf die Leistungs. fähigkeit der Einzelstaaten, auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinden und vor allem auf die Leistungsfähigkelt der breiten produzierenden Kreise unserer Bevöllerung. (Sehr wahr! rechtg.) Wir müssen suchen, die Ansprüche der Beamten in einem gewissen Einklang zu halten mit dem, waz die Nation leisten kann. Und daß in dieser Beziehung schon die Lage der Einjel⸗ staaten von Jahr ju Jahr schwieriger wird, daß, wenn Sie hier bei den Reichsbeamten übermäßig hohe Sätze beschließen, die Ginzelstaaten folgen müssen, das liegt auf der Hand. Ich brauche die Situation der Einzelstaaten nicht darzulegen; ich habe das so oft getan. Sie brauchen sich nur die Verhandlungen der Einzellandtage zur Hand zu nehmen, um daraus ju ersehen, mit welch steigenden Schwierigkeiten die Einzelstaaten zu kämpfen haben, um ihre Etatg zu balanzieren. Selbst die großen Staaten mit Betriebgverwaltungen werden in dieser Benlebung von Jahr zu Jahr ungünstiger gestellt, weil die Betriebsüberschüsse von Jahr ju Jahr zurückgehen. Wir haben auf Grund dieses Rückgangs der Betriebtüberschüsse der Eisen⸗ bahnverwaltung in Preußen im Jahre 1608 mit einem Defizit bon nicht weniger als 200 Millionen abgeschlofssen und haben im Jahre 18909 einen Etat mit 155 Millionen Deftnit vorlegen müssen.
1bwohl die Regierungen die Beschlüsse für unannehmbar
Nun sehen Sie sich die Etats von Bapern, Württemberg und
anderen Staaten an, bei denen überall die Elsenbahnüberschůsse wesentlich zurückgegangen sind; ich will garnicht von den kleinen Staaten sprechen, die überhaupt Eisenbahnüberschüsse nicht haben und allein auf ihre stark angespannte steuerliche Lelstungsfähigkeit ange⸗ wiesen sind. In allen Staaten sehen Sie ein starkes Anwachsen der Ausgaben gegenüber den Einnahmen, und das gilt insbesondere von den großen Betrlebgherwaltungen, bei denen die Steigerung an Löhnen, der Preise für Kohlen, Eisen viel erheblicher ist als daz Anwachsen der Einnahmen. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte) Haben wir doch seit 1895 big 1907 in Preußen eine Steigerung det Betriebs koeffizienten der Eisenbahnen, d. h. des Verhältnisses der Ausgaben zu den Einnahmen, von hö zu 72 erlebt. Also, meine Herren, werden hier die Sätze zu stark angespannt, so sind die einzelnen Landesteile genötigt, den Sätzen mehr oder minder zu folgen, und sie haben doch nicht die Mittel, um diese Konsequenz zu ziehen.
Meine Herren, bei den Verhandlungen wurde beispielsweise württembergischer Seite darauf hingewiesen, daß die . Regierung selt Jahren vergeblich bestrebt gewesen sei, die Bezüge ihrer Beamten nur auf die bisherigen Bezüge der Reiche⸗ beamten ju bringen. (Sehr richtig! in der Mitte). Sie hat es nicht gekonnt, weil ihr einfach die Mittel fehlten. Nun soll die württembergische Regierung — um bei dem Fall zu bleiben — dem zustimmen, daß aus allgemeinen Mitteln zu denen Württemberg doch auch kontribuiert, die Reichs beamten noch weit über die bisherigen Bezüge hinauz gehoben werden.
; Meine Herren, ich sagte, die Rücksicht auf die Einzelstaaten, die Rücksicht auf die einzelnen Gemeinden und die Rücksicht auf die breiten Kreise unserer Bevölkerung machen es uns zur Pflicht, in dieser Beziehung gewisse Grenzen nicht zu überschreiten. Und da lege ich einen besonderen Wert auf die Erhaltung der Leistungsfähig⸗ keit unserer Gemeinden. Ich habe mir erlaubt, in dieser Bejehung in der Kommission einige Daten zu geben, in wie bedenklichem Maße die steuerliche Anspannung in den Gemeinden gewachsen ist. (Sehr richtigl in der Mitte.) Ist schon die Last im Staat gewachsen, so ist die Last in den Gemeinden noch viel stärker gewachsen, und zwar ge⸗ wachsen, meine Herren, stärker als das Aufkommen an Staatsein⸗ kommensteuer. (Hört, hört! rechts und in der Mitte.) Wir haben — die Daten sind ganz kurm, aber höchst prägnant — in Preußen nur eine Statistik der Zunahme det städtischen ¶Ausgabebedarfs, nicht auch der Landgemeinden. In den Städten, abgesehen von Berlin, sind in den Jahren 1895 bis 1905 die Ausgaben von 186 Millionen auf 378 Millionen gestiegen. (Hört, hört! rechts und in der Mitte) Also eine Steigerung deg städtischen Ausgabebedarftz in 10 Jahren um mehr als 1000/0, während in derselben Zeit das Aufkommen an Staatzeinkommensteuer nur um 71 oo gestiegen ist. Je kürzer die Frist ist, je rapider tritt die Entwicklung zutage. In den letzten 5 Jahren ist in den Städten das stãdtische Einkommensteuersoll nur um 20 N gestiegen, dagegen der Ausgabebedarf um 37 oo; also die Steigerung des Ausgabebedarft hat die Steigerung des Einkommen steuersolls um nahezu das Doppelte überstiegen, und die Belastung pro Kopf der Bevölkerung an direkten und indirekten Steuern usw. betrug im Jahre 1895 16 ½, 1900 201 S, 1905 255 M. Ich frage, wie soll das werden, wenn man mit der Zunahme der Belastung, auch mit der Zunahme der Schulden so weiter geht in den Gemeinden, namentlich in den Stadtgemeinden, wie das bisher der Fall ist? Und nun denken Sie sich in die Situation der Gemeinden 1! Die Gemeinden können sich ja dem Vorgehen des Reichs und der Einjelstaaten gar nicht entziehen. Ihre Beamten werden naturgemäß alle mit Gehalts anforderungen an sie herantreten, und je höher Sie die Ansprũche im Reich und in den Einzelstaaten spannen, je höher werden auch die Gemeindebeamten ihre Ansprüche spannen, und wie sollen die Ge⸗ meinden diese ganzen Ansprüche befriedigen? Meine Herren, diese An⸗ spannung der Leistungsfähigkeit der Gemeinden, namentlich der mittleren und kleinen Gemeinden, ist ein ernsteg Kapitel, und Sie brauchen nur mal mit den Bürgermeistern der kleinen und kleinsten Gemeinden zu sprechen, um manchmal geradezu Rufe der Verjweiflung ertönen ju hören. Die Bürgermeister erklären, sie können einfach nicht mehr die Mittel aufbringen, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden.
Meine Herren, damit komme ich jum letzten meiner Erklärungen. (Unruhe. — Rufe: Ruhe ) soll schließlich die ganzen Mittel für dat Reich, für die Einjelstaaten, für die Gemeinden aufbringen? Dag sind doch die breiten Krelse unserer Bevölkerung! Ja, meine Herren, wenn wir irgendwo einen großen Sack hätten, aus dem die Mittel genommen werden könnten! Aber der Sack wird schließlich doch durch die Steuern gefüllt, also die breiten Massen unserer Bevölkerung haben die Kosten ju tragen. Und da muß ich sagen, muß doch Maß gehalten werden. Allein die eine Zahl, die ich die Ehre hatte, Ihnen vorher anzugeben, daß für 1909 allein im Reiche und in Preußen eine Belastung von über E Milliarde Mark eintritt, glaube ich, mahnt, nicht über das Maß deg Möglichen hinauszugehen.
Meine Herren, man irrt sich auch, wenn man glaubt, daß draußen im welten Lande nur ein Gedanke wäre, die Gehälter der Beamten aufjubessern, sowelt das irgend denkbar ist. Wir bekommen ganz andere Stimmen zu hören, wir bekommen jeden Tag Briefe aus den Kreisen des Mittelstands, von Bäckern, Handwerkern, kaufmannischen Angestellten, die uns — ich kann nur sagen — anflehen, wir möchten doch nicht ju weit gehen in den Anforderungen, die doch schließlich die Kreise des Mittelstandes erfüllen müssen. Aug all diesen Briefen klingt immer derselbe Ton hervor: der Beamte, der sein festes Gehalt hat, während wir es uns mühsam erwerben müssen! — der Beamte, der elne gemessene Arbeitszeit hat, während wir am Tage und oft in die Nacht hineln arbeiten müssen l — der Beamte, für dessen Alter gesorgt ist, während für unser Alter keiner sorgt! — (sehr richtig! rechts), der Beamte, dessen Frau und Kinder gesichert sind! wer aber sichert unsere Familien? — (sehr richtig! rechts) So klingt es aus jenen Kreisen des Mittelstandes hervor, und ich könnte Ihnen Dutzende von Briefen aus den Kreisen des Mittelstandes, namentlich der Handwerker und kaufmaͤnnischen Angestellten, vorlesen. Jeder gönnt dem Beamten das Seine von Herjen; aber jeder wünscht, daß auch auf die andere Seite, auf die produnerenden Teile unserer Bevölkerung, ebenfalls die nötige Rücksicht genommen wird.
Meine Herren, ein Wort möchte ich noch hinzufügen. Zu dieser
Punkt Wer
außerordentlichen Belastung, die sich ergibt aus dem Mehrbedarf für Beamte, Geistliche und Lehrer, kommen die steigenden sozialen