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Die Nr. 8 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗ , , vom 15. August 1909 enthält im Amtlichen Teile unter A die Anzeige der vom Bundesrat vollzogenen Wahl des Königlich württembergischen Ministerial⸗ rats Dr. von Köhler zum nichtständigen Mitgliede des Reichs⸗ versicherungsamts an Stelle des . Staatsrats von Schicker, sohann unter B (Unfallversicherung) eine Be⸗ richtigung des Verzeichnisses der für leistungsfähig erklärten Kommunalverbände sowie Rekursentscheidungen über folgende Gegenstände:
Telegraphische Rekurseinlegung ist zulässig; in diesem Falle genügt als Unterschrift die Bezeichnung der 233 genossenschaft; ein von dem Hesch r snnrn der Beruftz⸗
enossenschaft ohne Vollmacht des Vorstands eingelegter Rekurs ann auch nach Ablauf der Frist izur Einlegung des Rechts⸗ mittels von dem Vorstande genehmigt werden (2318 — Er⸗ weiterter Senat). *) .
Zur Frage der Versicherung von Holzfällungs⸗ und Holz— abfuhrarbeiten (2319).
Unfall eines herrschaftlichen Kutschers bei der Fütterung eines in anderer Jahreszeit auch zum geringen Teile in der Landwirtschaft benutzten Kutschpferdes ist kein landwirtschaft⸗ licher Betriebsunfall (2320).
Die Abteilung C (Invalidenversicher ung) enthält eine Bekanntmachung des Reichsversicherungsamts vom J. August 1909, betreffend die Ausdehnung der Bestimmungen des 5 5 Abs. 1 und des § 6 Abs. 1 des Invaliden⸗ versicherungsgesetzes (Befreiung von der Versicherungs— pflichth, sowie ein Rundschreiben des Reichsversicherungs⸗ amts vom 17. April 1909 an die Vorstände der sämtlichen Landesversicherungsanstalten (Versicherungsanstalten) und be⸗ sonderen Kasseneinrichtungen, betreffend die Betätigung der Versicherungsträger auf dem Gebiete der Invalidenhauspflege. Es folgen Revisionsentscheidungen über folgende Gegen⸗ tände:
Ueber die Pflicht des Schiedsgerichts zur erschöpfenden Beweiserhebung (1405).
Gelangt das Schiedsgericht bei der Augenscheinseinnahme zu einem vom ärztlichen Befund abweichenden , , so muß es seine Fest . eingehend im Protokoll oder im Urteile wiedergeben (1406).
Ueber die Bewertung ärztlicher Gutachten und des Er⸗ gebnisses der Augenscheinseinnahme (1407).
Grenzen der freien Beweiswürdigung, wenn verschiedene Schätzungen der Sehschärfe vorliegen (1468).
Ueber die Grenzen der freien Beweiswürdigung (1409).
Ueber die Grenzen der freien Beweiswürdigung; das richterliche Ermessen gegenüber ärztlichen Gutachten darf kein willkürliches, kann vielmehr nur ein sachliches, mit Gründen gestütztes sein (1410).
Der bloße Eindruck persönlicher Glaubwürdigkeit von Personen, die am Ausgange des Rechtsstreits beteiligt sind, reicht nicht aus, um die von ihnen bekundeten Tatsachen ohne weiteres für erwiesen anzusehen (1411).
Die Frage, ob das Schiedsgericht verpflichtet ist, der zum Verhandlungstermine geladenen, in diesem aber nicht ver⸗ tretenen Versicherungsanstalt ein in diesem Termin erstattetes ärztliches Gutachten vor der Entscheidung mitzuteilen, wird in mehreren Revisionsentscheidungen je nach der Sachlage ver— schieden beurteilt (1412 — 1415).
Sat das Schiedsgericht die Versicherungganstalt zu einer für den Verhandlungstermin in Aussicht genommenen ärzt⸗ lichen Untersuchung des Klägers geladen, so ist es nicht ver⸗ pflichtet, dem Antrage der Versicherungsanstalt: „falls sie im Termine nicht vertreten sein sollte, die Entscheidung auszusetzen und ihr das Terminsgutachten zur Aeußerung mitzuteilen“, Folge zu geben (1416).
Das Recht des Schiedsgerichts, eine Sache an den Vor— stand der Versicherungsanstalt zurückzuverweisen, wird in einem Falle verneint (1417.
Die Aufrechnung überhobener Rentenbeträge mit der laufenden Rente wird durch ein geschäftliches Versehen des Feststellungsorgans nicht ausgeschlossen (14183.
Eine Milltärrente, die für eine durch Dienstbeschädigung hervorgerufene völlige Invalidität gewährt wird, ist dann nicht als Unfalltente im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 2 des In⸗ validenversicherungsgesetzes anzusehen, wenn die Dienstbeschaäͤdi⸗ r Ko yricht durch einen Betriebsunfall verursacht worden ist 1419).
Beiträge, die für eine irrtümlich für versicherungspflichti gehaltene Tätigkeit entrichtet sind, können unter Umständen 16 eine andere, versicherungspflichtige Beschäftigung angerechnet werden (1420.
3 2 f der Erwerbsunfähigkeit (1421).
en Schluß bilden Nachweisungen über die Renten⸗ zahlungen und Beitragserstattungen der 31 Versicherungs⸗ anstalten im Juni 1909 sowie über den Erlös aus Beitrags⸗ marken für Monat Juli 1909.
Der Nichtamtliche Teil enthält Anzeigen der ver— sicherungswissenschaftlichen Vorlesungen an der Handelshoch⸗ schule Berlin und an der Akademie für Sozial- und Handels⸗ wissenschaften in Frankfurt a. M., ferner der Broschüre des Landesmedizinalrats, Professors Dr. Liniger in Düsseldorf über Begutachtung der Finger⸗ und Handverletzungen mit Zu⸗ ammenstellung der neuesten Entscheidungen des Reichs⸗ versicherungsamts“ sowie der Abhandlung des Professors Dr. Rumpf in Bonn über „ärztliche Zeugnisse und Gutachten“.
Der Senatspräsident Dr. Herz vom Reichsmilitärgericht ist vom Urlaub zurückgekehrt.
Der Königlich norwegische Gesandte von Ditten ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.
Baden.
Ihre Majestät die Königin-⸗Mutter Margherita von Italien stattete, W. T. B.“ zufolge, am Freitag⸗ nachmittag Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Frau Großherzogin in Baden⸗Baden einen kurzen Besuch ab.
) Die neben den einzelnen Entscheidungen stebenden eingeklammerten . geben die Ziffer an, unter welcher diese in den Amtlichen achrichten ! veröffentlicht sind.
Frankreich.
Wie die Pariser Morgenblätter melden, beabsichtigt der Marineminister folgende Aenderungen in der Organi⸗ sation der Flotte: Die bisher als Mittelmeer⸗ und Nord⸗ eschwader bezeichneten Geschwader sollen fortan 1. und 2. Ge⸗ f wader heißen. Jedes der beiden wird bestehen aus einem Ge⸗ schwader von sechs Panzerschiffen, einer Divifion von vier Panzer⸗ kreuzern, einer Flottille von 12 Torpedobootszerstörern, eingeteilt in zwei Divisionen, an deren Spitze je ein Kreuzer erster Klasse steht. Alle 5 werden volle Besatzung führen. Außerdem wird jedem Geschwader eine Reserve mit halber Besatzung beigegeben und zwar je ein Panzerschiff und ein
anzerkreuzer. Die nach Marokko und Algier beorderten
chiffe bilden eine unabhängige Division. Die beiden Divi⸗ sionen im äußersten Osten und im Stillen Ozean werden zu einer Division zusammengezogen.
Türkei.
Der Ministerrat beschloß, wie „W. T. B.“ aus Konstantinopel gemeldet wird, in seiner gesfrigen Sitzung, die griechische Antwortnote als befriedigend anzunehmen, und beschäftigte sich sodann in langer Beratung mit der letzten gemeinsamen Note der Schutzmächte, ohne jedoch hieruͤber einen Beschluß zu fin !
Der Schlußsitzung der türkischen Kammer am Sonnabend wohnten der Großwesir, mehrere Mitglieder des Kabinetts und zahlreiche militärische und geistliche Würdenträger bei. Der Präsident der Kammer Ahmed Riza gab in einer kurzen Schlußrede einen Rückblick auf die ereignißreiche Tagung und forderte die Abgeordneten auf, während der Ferien die Ideen der Freiheit und der Verfassung im Lande zu ver⸗ breiten. Sodann verlas der Großwesir ein Kaiserliches Irade, das die erste Session des Parlaments für geschlossen erklärt ,. an ft der nächsten Session auf den 14. November d. J. ansetzt.
Der Marineminister erklärte, ‚W. T. B.“ zufolge, in einem Interview, die türkische Flotte werde solange in den Gewässern von Karpathos bleiben, bis die Lage auf Kreta für die Pforte befriedigend sei. .
Wie aus Smyrna und Saloniki gemeldet wird, ist der Boykott gegen ,, Waren täglich im Wachsen begriffen. Die e n chiffahrtsgesellschaften haben den Verkehr mit Saloniki eingestellt.
„Sabah“ berichtet über einen Sieg türkischer Truppen über die Aufständigen in Jemen, die große Verluste erlitten haben sollen.
Afrika.
Wie „W. T. B.“ aus Melilla meldet, wurde am Frei⸗ tag ein spanischer Militärtransport von den Mauren, die aus dem Innern Verstärkungen erhalten hatten, an⸗ gegriffen, wobei die Spanier einen Verlust von 2 Toten und 6 Verwundeten hatten. Am Sonnabend griffen die Mauren bei einem Blockhause einen Proviantzug an, wurden aber zurückgeschlagen. Die Rifkabylen sind bis vor Sidi fa vorgerückt und haben einen Lebensmitteltransport angegriffen.
us Alhucem as wird dem, W. T. B.“ gemeldet, daß die Stadt am Freitag und besonders um Mitternacht dem Feu er der Kabylen ausgesetzt war. Gegen Morgen gaben sie auch acht Kanonenschüsse ab, die von den Batterien der Garnison erwidert wurden. — Bei Penon de la Gomera, das die Kabylen schon am Sonnabend heftig beschossen hatten, kam es gestern ebenfalls wieder zu einem Feuergefecht, in das auch das Kanonenboot General Concha eingriff, indem es die , n Stellungen beschoß. Auf spanischer Seite sind keine
erluste.
Wie der „Matin“ meldet, hat die spanische Regierun den General Marina neuerdings davon benachrichtigt, bug ihm alles bewilligt werden würde, was er fordern sollte; er solle nur mit größter Sicherheit vorgehen. Der General Marina habe deshalb außer den bereits getroffenen Vor— sichtsmaßregeln noch eine Verstärkung von S009 Mann In⸗ fanterie erbeten, wodurch der Gesamtbestand der Truppen auf 48000 Mann erhöht wird.
Koloniales.
Eine botanische Forschungsreise nach dem Norden von Deutsch Süůdwestafrika.
In der Zelt von November 1908 big Januar 1909 bat der
Botaniker Dinter eine Studienreise nach dem Norden von Deutsch⸗
Südwestafrika unternommen; sein Bericht ist jetzt im „Deutschen Kolonialblatt“ veröffentlicht worden. In diesem Berichte fällt auf, daß der Reisende allenthalben reichliche Regenfälle fest⸗ gestellt hat, teilweise sogar überreichliche, die ihn nötigten, von dem Besuch einzelner Punkte abjusehen. Die Farmer in der Grootfonteiner Gegend bauen deshalb an vielen Stellen Mais. So ttaf der Reisende dicht hinter der Otavipforte auf rost⸗ braunem, tiefgründigem Boden jwei Maisfelder der Otavi. Minen und Eisenbahngesellschaft von zusammen 6 ha, die das beste Resultat versprachen. Fins davon war sauber mit der Maschine gedrillt. Der Farmer Pohlmann besitzt sogar 60 ha mit Mais bestanden. Auf der Südseite des Dtavitales nieht sich am Fuße der dicht be—⸗ waldeten Bergkette ein mindestens 75 000 Stämme zählender Tamboti⸗ bestand in einem mebrere Kilometer langen, schmalen Streifen ent lang. Wenn in den Waldgebirgen der South West Afrlea Co.“ eine vorsichtige, in die Zukunft schauende Waldwirischaft getrieben würde, wenn vor allen Dingen dem jährlichen Grasfeuer der Talsohlen der Eintritt in den unteren Bergwald verwehrt werden könnte, sodaß der junge, noch dünnrindige Stockanschlag der gefällten Bäume nicht
sogleich wieder zerstört würde, dann brauchte sich der Waldbestand
dieses unschätzbaren Gebietes trotz des bedeutenden Holjkonfums nicht zu vermindern. Eine Nutzbarmachung der sonst in den Tropen als Zerstörer so sehr gefürchteten Termiten durch Busch— leute erlebte der Reisende bei Neitsas. Diese hatten am Fuße eines jeden Termitenbügels ein großes Loch mit senkrechten Wänden ge— graben und darüber eine brennende Fackel befestigt. In wenigen
Minuten war das Loch von den aus dem Hügel bervorkommenden Termiten gefüllt. Der Inhalt wurde dann in einen Sack entleert, Die Termiten auf das im Berichtt jahre inggesamt nicht weniger als 2421 Anfragen
und das Loch füllte sich dann noch ein tig jweimal. enthalten ein farbloses Oel von gutem Geschmack, das durch schwaches Pressen sebr leicht gewonnen werden kann. Dinter meint, daß bei richtiger Organisarion in ener Nacht vielleicht 50 bis 105 Zentner der Tiere gefangen werden könnten, die 10 bis 20 Zentner Sel er⸗ gäben. Indessen bietet sich die Gelegenheit nur an einem oder zwei Abenden im Jahr. Zum Schluß tritt der Reisende der in der Mitte und im Süpen von Deutsch Suürwestafrika weit verbreiteten Ansicht entgegen, daß im Norden und Nordosten der Kolonie eine rentable Viehiucht nicht möglich sei. Er beruft sich auf die durch Erfahrungen
begründete Ansicht der Farmer jener Gegend, besonderg derjenigen,
die Sandfeldweide haben. Alle behaupten einmütig, als Vleh⸗ züchter nie mit einer Farm im Herero oder Namalande
tauschen ju wollen. So viel ist mir als Laien auf diesem Gebiete klar: eine Farm im Norden kann in den messten Jahren dan? der großen Regenwassermengen bis in ihre entlegensten Winkel hinein ausgenutzt werden, dem Mangel an Brakstellen kann leicht und mit geringen Kosten aus den Saljvorräten der Etoschapfanne abgeholfen werden. Mag indessen recht haben, wer will, die Zukunft des ganzen Nordostens liegt weniger auf dem Geblete der Viehzucht als auf dem des Ackerbaues. Schon in den allernaächsten Jahren wird hier ficher= lich mit menschen und jeitsparenden Maschinen gearbeitet werden.“
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Die Schiffahrt auf dem Viktor ia⸗Niansa.
An der Schiffahrt auf dem großen Viktoria. Niansa ist Deutch land leider noch nicht so beteiligt, wie es wünschengwert wäre. Pi deutschen Behörden fördern deshalb jedes derartige Unternehmen und unterstützen es. So ist das Schiffahrtsgeschäft von sämtlichen Steuern befreit, und auch die Konjessionzgebühren für Holischlagen sind in Wegfall gekommen. Zum Grleichtern des Löschens und Ehen sind sechs große Pierg errichtet worden, und ein in den See mündender Fluß, der bigher nicht schiffbar war, ist zu einer Wasserstraße aus. eta ene Rrlansa: Sgiffazttgseuschast n. 6. S. st
e Deutsche Niansa⸗ ahrtsgese m. b. H. ist zurzeit bestrebt, ihre Flotte ju vergrößern, 23 das vorhandene Material 6 die vom Trangportverkehr gestellten Ansprüche nicht ausreicht. Bie Gesellschaft will ju ihren zwei kleinen Dampfschiffen und den unker⸗ wegs befindlichen zwei Leichtern noch weitere zwel unter eigener Kraft fahrende Dampfleichter, jeder etwa 35 t fassend, und zwei Dampf pinassen mit jwei Leichtern anschaffen.
Die Kaiserliche Gouvernementsschule in Tsingtau hat jetzt ihren Bericht über das mit dem 10. Juli abgeschloffene Schuljahr versandt. Die Anstalt hat seit Anfang dieses Fahres die Berechtigung, ihre die Untersekunda absolvierenden Schüler mit der Befähigung zum einjährig freiwilligen Militärdienst zu verfehen. Im Berichts jahre haben vier Schüler dieses Ziel erreicht, von denen drei in das praktische Leben treten werden, während der bierte eine deutsche Oberrealschule weiter besuchen will. Die Schule war wegen Erkran= kungen von Lehrern und ähnlicher Hinderniffe nicht immer den Regeln und unsern Anschauungen entsprechend besucht, aber die Leistungen waren, wenn man die Klassenberichte ansteht, recht gut. Auch sonst scheinen in Tsingtau Schulversäumnisse einzutreten, wo wir sie nicht immer für berechtigt ansehen, z. B. wegen eineg Aus= fluges oder wegen Familienfestlichkeiten. Die Leitung lehnt daher „jede Verantwortung für die Nachteile ab, die den Schülern aus der⸗ gle ichen Schulversäumnissen entstehen“.
Statistik und Volkswirtschaft.
Die Tätigkeit der Zentralauskunftsstelle für Auswanderer
(Berlin, Schellingstraße ) hat ihrem Geschäftgbericht für das Jahr vom 1. April 19068 bis 31. Märj 1909 zufolge während dieses Jein⸗= raums im Vergleich mit der im Vorjahre 190708 entfalteten aber⸗ mals eine erhebliche Zunahme erfahren. Eg wurde im Berichtajahre 113659 Augwanderungzlustigen (im Vorjahre 8570, i. J. 1966507 5435 Personen), die 18 529 Anfragen (gegen 15 864 und S575 in den beiden Vorjahren) über die verschiedenen Augwanderungsgebiete stellten, schriftliche oder mündliche Auskunft erteilt.
Von den Anfragen bezogen sich 10980 (im letzten Vorjahr L617) auf die deutschen Kolonien. lervon entfielen auf Deutsch ˖ Südwestafrika 4565 (4492), Deutsch. Sstafrika 2209 (2305), Kamerun 732 (911), Togo 618 (772), Samoa 280 (403), Deutsch⸗ Neuguinea 1823 (358), iautschon 129 e d Karolinen⸗ Palau. und Marianeninseln 1035 (362), Marschall⸗ inseln 9 (1), Salomoninseln 2 (2), deutsche Südseeinseln im all⸗ gemeinen 88 (69), deutschen Kolonien im allgemeinen 2063 (1716). Die Zahl der Anfragen über die deutschen Kolonien ist somit gegenüber dem Vorjahre etwas zurückgegangen. Es darf jedoch hieraus nicht der Schluß gejogen werden, daß das Intereffe der Auswanderungslustigen sich im Berichtejahre weniger als früher den deutschen Kolonien jugewendet habe; man wird vielmehr in dem Rückgang der Anfragen nur ein Anzeichen dafür sehen können, daß allmählich auch die breiteren Schichten der Bevölkerung mit den klimatischen und wittschaftlichen Verhaͤltnissen der Schutz⸗ gebiete besser bekannt zu werden beginnen. Im Anschluß an die mit den Neuwablen jum Reichtkag im Januar 1507 ein- setzende koloniale Bewegung war 199708 eine bedeutende Zu⸗ nahme der Anfragen über die deutschen Kolonien (on 6801 auf 11617) eingetreten, aber die große Mehrjahl dieser An⸗ fragen rührte von Personen her, die von den Kolonien nicht viel mehr als die Namen kannten, und für die eine Auswanderung nach einem deutschen Schutzgebiet niemals ernstlich in Frage kommen konnte. Im Berichtsjahre war hierin eine wesentliche Aenderung zu verstichnen. Die im Vorjahre so häufigen Anfragen von An⸗ gehörigen aller Beruftarten, die in Deutsch. Ostafrika, Kamerun, Togo oder Deutsch⸗Neuguinea Beschäftigung als Plantagenarbriter wünschten oder unter der Bedingung, daß ibnen freie Reise, freies Land und Geldunterstützung gewährt werde, sich zur Ansiedlung in den Kolonien bereit erklärten, waren im Berichtejabre nur mit einer geringen Minderheit vertreten, während für die Mehrheit der Ife eller nach Beruf und Mitteln eine Auswanderung nach den olonien wenigstens im Bereich der Möglichkeit lag. Es ist in dieser Bejiehung bezeichnend, daß die Anfragen über Deutsch Südwestafrika, dessen Aufnahmefähigkeit für die deutsche Auswanderung sich nicht auf die Angehörigen einzelner Berufgzarten beschränkt, an dem Rückgang der Anfragen über die deutschen Kolonien nicht beteiligt sind, sondern auch gegenüber dem Vorjahre eine Zunahme aufweisen. Unter diesen Umständen wird die Abnabme der Zahl der Anfragen über die übrigen Schutzgebtete nur dahin gedeutet werden können, daß mit dem wachsenden Interesse weiterer Kreise an den kolonialen Fragen auch die Kenntnis der Kolonien besser geworden ist.
Unter den fremden Auswanderungsgebieten steht im Berichtsjahre Südbrasilien mit 1676 Anfragen (gegen 753 im Vor- jahre) voran. Dann folgen Argentinien mit 1301 (932), die Vereinigten Staaten von Amerika mit 572 (334), Mittelbrasilien mit 443 (83), Kanada mit 341 (295), Chile mit 333 (333), Australien mit 319 (127), Brasilien im allgemeinen mit 252 (84), Paraguay mit 165 (148), Uruguay mit 128 (55), Bolivien mit 122 (55), Britisch⸗Südafrika mit 103 (40), Mexiko mit 81 (95), China mit 61 (26), Nordbrasilien mit 50 (32), Peru mit 48 (62), Niederländisch⸗ Indien mit 41 (13), Aegypten mit 31 (19), Britisch⸗ Jadien mit 295 (6), Japan mit 24 (12), Kolumbien mit 22 (3), Venezuela mit 22 (12), Guatemala mit 16 (8), Abessinien mit 16 (2) usw. Auf Südamerika im allgemeinen bezogen sich 165 116) auf Mittelamerika im allgemeinen 13 (10), auf europäͤische Staaten 232 72) Anfragen, davon auf Rußland 50 (12), auf Italien 33 (3), auf England 32 (19) usw. Gegenüber dem Vorjahre haben die Anfragen äber die fremden Auswanderungtgebiete um 77,6 v. H, zugenommen. Die ungewöhnlich starke Zunahme der Anfragen über Brasilien,
(gegen 952 im g entfielen, ist in erster Linie der neuen Ein⸗ wanderungspolitik der hbrasilianischen Bundesregierung juzuschteiben, die durch weitgehende Vergünstigungen (Gewährung freier Reise fär Landwirte mit Fam lie, Erleichterung der Ansiedlung für siabemittelie usw) die Ginwanderer heranzujiehen sucht und um so mehr geeigne ist, das Interesse der Auswanderungelustigen auf Brasilien zu len g als die werbende Kraft der neuen Ginwanderungspoliti durch die Verschlechterung der deutschen Grwerbaberbäliniffe in In. duftrie und Gewerbe wesentlich verstärkt wird. An den Anfragen über Brasilien waren auch am stälksten nicht die Landwirte, . die Handwerker und Industriearbeiter beteiligt, von denen der größer
Tell allerding vom Lande stammte und mit landwirtschaftlicher
ut war. 6. Ei 5. der sinkenden Konjunktur auf die Steigerung der
wanderungslust ist auch im allgemeinen während des Berichts- 1. deutlich wahrnehmbar gewesen. Im Gegensatz jzu den Vor⸗ aßren wurde in einer großen Anjabl von Fällen der Entschluß zur Auzwanderung mit der ungünstigen Gestaltung der Erwerbsbedingungen in Deutschland motiviert, ö. Wirkung auch darin zum Ausdruck kam, daß die Zahl der ö onen, die sich als mittellos bezeichneten, gegen das Vorjahr unverhältnigmäßig stark — von 593 auf 1428 — gewachsen ist. Mit der Tatsache, daß in wꝛiteren Kreisen der Bevõl ke⸗ rung fich eine wachsende Neigung jur Auswanderung bemerkbar macht, steht es auch nicht im Widerspruch, daß die Auswanderung selbst jurlickgegangen ist und im Jahre 1508 den niedrigsten Stand seit 1571 erreicht hat; denn die Erscheinung, daß eine Steigerung der Auzwanderungtlust mit einer Abnahme der Auswanderung Hand in Hand geht, wird immer häufiger eintreten müssen, je enger die einjelnen Länder in das Netz der weltwirtschaftlichen Beziehungen verstrickt werden. Der Rückgang der Konjunktur in einem einzelnen großen Wirtschaftsgebiete bedeutet heute fast immer einen Rückgang der Weltkonjunktur und erstreckt sich in seinen nachteiligen Wirkungen auf einen immer größer werdenden Kreis von Ländern, und dann triit der Fall ein, daß die Verschlechterung der Erwerbsverhältnisse im eigenen Lande vielen den Gedanken einer Auswanderung nahebringt, ohne daß sie aber diese Absicht ausführen können, weil sie keine Aussicht haben, zur gleichen Zeit im Auslande günstigere Bedingungen für ihr Fortkommen zu finden als in der Heimat. Für Deutschland kommt noch insbesondere in Betracht, daß die Außwanderung nach den Vereinigten Staaten von Amerika, die nach wie vor die Hauptmasse der deutschen Auswanderer aufnehmen, nur zum kleinsten Teile eine spontane, auf dem freien, unbeeinflußten Entschluß des Einjelnen beruhende ist. Es ist vielmehr wesentlich die Anziehungskraft der Millionen dort ansässiger Stammeg⸗ und Sprgchgençssen, die den Strom der deutschen Auswanderung nach den Vereinigten Staaten lenkt, und für die Mehrzahl der Aus wanderer sind nicht die günstigeren Erwerbsverhältnisse, sondern ver⸗ wandtschaftliche Beziehungen bestimmend. Die amerikanische Ein⸗ wanderungsstatistik zeigt, daß die deutschen Einwanderer sich großen⸗ teils ju Verwandten begeben, und auch die Wahrnehmungen der Zentralauskunftsstelle für Auswanderer lassen deutlich den maßgebenden Einfluß verwandtschaftlicher Beniehungen auf die Aug⸗ wanderung nach der Union erkennen. Mehr als neun Zehntel der über die Vereinigten Staaten Auskunft Begehrenden haben dort Verwandte, von denen sie zum Kommen aufgefordert sind, und ihre Anfragen beziehen sich viel seltener auf die Erwerbeaussichten als auf die Einwanderungsgesetzgebung, den Reiseweg, die Kosten Der Reise usw. Bei ungünstiger Wirtschaftslage sind die in Amerika An⸗ sässigen natürlich weniger als sonst geneigt, Verwandte jum Kommen ju veranlassen, und dies kann nicht ohne Einfluß auf die Aus- wanderung bleiben.
Was die Herkunft der Anfragen betrifft, so steht Preußen mit 7573 (gegen 5383 im Vorjahre) an der Spitze, und unter den preußischen Provinien nimmt Brandenburg mit Berlin mit 4052 (2685) die erste Stelle ein, während die Rheinlande mit 693 (492), Sachsen mit 437 (333), Schlesten mit 356 (386) und Hessen,Nafsau mit 345 (250) folgen. Den Schluß machen Pommern mit 219 (168) Anfragen, Westpreußen mit 170 (83), Posen mit 133 (97) und Hohenzollern mit 1 (3). Unter den Übrigen deutschen Staaten steht das Königreich Sachsen mit 776 (622) Anfragen voran. Dann folgen Bayern mit 630 (540), Hamburg mit 353 (247), Baden mit 331 (bo), Württemberg mit 253 (279), Elsaß - Lolhringen mit 150 (988, Hessen mit 129 (93), Mecklenburg⸗ Schwerin mit 73 (67). Aus den deutschen Kolonien gingen 49 (34) Anfragen, dabon 31 aus Deutsch⸗ Südwestafrika, aus dem Auslande 578 (478) ein, die messt von Reichsangebörigen herrührten.
Nach der Berufsangehörigkeit waren unter den Anfragenden wiederum die Handwerker mit 2855 (1799) am jahlreichsten vertreten und unter ihnen die Schlosser mit 521 (261), die Tischler mit 341 (216) und die Maurer mit 239 (203) Anfragen am stärksten beteiligt. An zweiter Stelle folgen die Kaufleute mit 2028 i670), die Landwirte und Gärtner mit 1359 (1347), die Architekten, Ingenieure und Techniker mit 559 (390), die Arbeiter mit 559 (250), die Bureaubeamten mit 136 (106), die Offiniere mit 114 (123), die Lehrer mit 103 (64), die Schüler höherer Lehranstalten mit 71 (26), die Studenten mit 562 (11I), die Aerzte mit 55 (319. 777 (577) Anfragen rührten von Personen weiblichen Geschlechts her, und jwar von weiblichem Dienstpersonal 165 (132), von Konto⸗ ristinnen usw. 109 (78), von Lehrerinnen und Erzieherinnen 65 (66). Von 1611 männlichen und 314 weiblichen Augkunstbegehrenden wurde ein Beruf nicht angegeben.
Das Alter der Anfragenden ist in 7470 Fallen bekannt. Am stärksten sind — mit 4719 — die Angehörigen der Altergklasse von 20 bis 30 Jahren vertreten, auf die von den 790756 Anfragen den mit Altersangabe nicht weniger als 63, 1 v. S. kommen; dann folgt die Altersklasse von 30 bis 40 Jahren mit 1294, wäbrend 375 An⸗ ragende im Alter von 40 bis 50 Jahren landen und 121 über 59 Jahre alt waren. Weniger als 265 Jahre zählten 957. Von den 7470 Personen, die ihr Alter angaben, waren somit 6970 oder 90,7 v. H. 15 bis 40 Jahre alt, und auch in den 3889 Fällen, in denen Angaben über dag Alter feblten, ließ sich häufig aug anderen Umständen der Schluß ziehen, daß die Fragesteller den jüngeren Altersklafsen angehörten. — Angaben über den Familienstand wurden von S726 Anfragenden gemacht. Von diesen waren 6378 ledig, 2261 verheiratet und S7 verwitwet.
Mitteilungen Über die ihnen zur Verfügung ftehenden Mittel machten von den Fragestellern 45757. Von diefen waren 142335 mittellozs und 1107 befaßen weniger als 1000 S6, d. h. in den meisten Fällen nur wenig mehr als die Mittel zur Reise nach dem Auswanderung ziel. Von den übrigen 1000 S: 233. über 1500 ½ : 120, über 2000 6: 352, über z0o0 M: 157, über 4000 M½: 75, über 50900 M: 136, über 6006 S: 85, über 109 000 M. 125, über 185 009 6: 70, über 20 ob M: II4, über 25 0090 S: 28, über 30 000 : 44, über 40 000 AM: 31, über 50 000 ,. 25, über 60 00; 466: 17, über S0 000 M z über 109 009 M. 17, Über 150 000 M: 4, über 200 000 SM: 1, über 250 006 : 4, über 300 000 S: 5, über Ho gog9 6. 3, über 450 040 S: 3, über h00 000 S: 3. — In 2854 Fällen wänschten die Anftagenden in den betreffenden Aug— wanderungsgebteten Stellung zu erhalien oder batten solche in Aussicht oder angenommen.
In 2338 (1768) Fällen gingen die Anfragen von Familien oder Gruppen von Personen und Familien aug. Nimmt man an, daß Lie ohne nähere Angaben im Namen von Famillen oder mehreren Personen gestellten Anfragen sich durchschnitisich nur auf je drei Personen bejogen, so ergibi sich, daß die im Berichts jahre erteilten Auskünfte für rund 18 000 Perf
ersonen unmittelbar be⸗ stimmt waren. Da die Kenntnis der erdeilien Auskünfte erfahrunga⸗ gemäß fast niemals auf die unmittelbar Beteiligten beschränkt bleibt, sondern sich in der Regel auf einen weit größeren Kreis erstreckt, so ist es mweifeilos, daß die Auskünfte und Raischläge der Jenttal⸗= zuskunftestelle für Augwanderer einer biel größeren Zahl von Personen zugänglich gemacht worden find. — ** ei Dder Be— antwortung der Anfragen wurde steig baran sestgehalten, unter alle? Schematischen und Formelhaften die Aug künfte den persönlichen Verhältnissen der Fragesteller anzu— pafsen, da. die Erfahrung gelehrt hat, da die Augkunftg⸗ trteilung ihren Zweck um fo vollkommnener erfüllt, je mehr ich an den Augswanderungtlustigen als Cinjelpersönlichteit wendet. Ratschläge und Warnungen wurden niemals ohne elne entsprechen de Begrundung eben weil sie ohne solche erfahrungg— fmäß fast immer wirkunggkog bleiben. Auch bel der mündlichen uskunftgertellung wurde fietg nach diesen Grundsaͤtzen verfahren, H die stetige Zunahme der Anfragen daif als Bewess dafür ange⸗ 8 werden, daß diese Methode der Augkunftgertestuung be— nders geeignet sst, der Jentralauskunftsflelle für Autzwanderer
Vermeidung
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verfügten über rund.
das Vertrauen der Auswanderungslustigen ju gewinnen. Ge— drucktes Augzkunftsmaterial wurde im li e, e, nur zur Er⸗ 666 der schriftlich oder mündlich erteillen Auskünfte abgegeben. In jablreichen Fällen wurde die Annahme von Engagements in den Kolonien und im Auslande von der Auskunft der Zentral augkunftgstelle für Auswanderer abhängig gemacht. Auch ist es im Berichtsjahr wiederum häufig vorgekommen, daß selbst von weiter entfernten Orten, wie Hamburg, Breslau, Danzig, München, Wiegbaden, Straßburg 6. G. usw. Personen eigens jur mündlichen ,, , nach Berlin kamen. Wie in den Vorjahren, wurden häufig Anfragen Auswanderungslustiger von dem Auswärtigen Amt, dem Reicht kolonialamt und dem Kolonialwirtschaftlichen Komitee der Zentralauskunftsstelle für Augwanderer zur Erledigung überwiefen.
Zur Arbeiterbewegung.
In Leipzig haben, wie die pz. Ztg. mitteilt, die Straßen—= reiniger an den Magistrat eine Cingabe um Regelung und Auf— besserung ihrer Lohn. und Arbeltsverhältnisse gerichtet und dazu be— stimmte Forderungen gestellt. Vom Rat sind diese Forderungen nicht in vollem Umfange bewilligt, wohl aber verschledene Verbefferungen eingeführt bes. zugesagt worden. Cine Versammlung der in Frage kommenden Arheiter erklärte sich damit nicht zufrieden und be chloß anderweite Maßnahmen, die in einer demnächst einzuberufe nden Ver⸗ sammlung beraten und beschlossen werden sollen.
Der „Figaro“ meldet aus Orl sang: Die Bäcker beschlossen in einer am 20. d. M. abgehaltenen Versammlung, in den Ausffand zu treten. Die Stadtderwaltung trifft Maßnahmen, um die Herstellung von Brot mit Hilfe der Milltärbäckereien zu sichern.
In Pitt sburg kam es, wie W. T. B.“ meldet, am gestrigen Sonntagabend zu Ausschreitungen der streikenden Arbetter. Die Ausständigen griffen, von ihren Frauen aufgehetzt, die Werke der Steel Car Company an. Herbeigerufene Truppen gaben Feuer und nahmen jahlreiche Verhaftungen vor. Der Anwalt des Sheriffs, ein Soldat und drei Ausländer wurden getötet. Zwanzig Personen sind verwundet, darunter viele tödlich.
Kunft und Wissenschaft.
Der Geheime Regierunggrat, Professor Dr. Robert in Halle an der Saale hat sein Amk als auswärtiges Mitglied der Zentral— direktion des Kaiserlichen Archäologischen Instituts niedergelegt.
Das Verhältnis von Wetterprognose und Luftschiffahrt bat sich infolge der großen Fortschritte der Aeronautik in den letzten Jahren wesentlich verschoben. Zahlreiche Vorschläge sind gemacht worden, wie die Praxls der Luftschiffahrt durch die Meteorologie unterstützt und gefördert werden könne. Vlele dieser Vorschlaäͤge scheiden für die Praxis aus. Anders steht es um diejenigen, die ein hervorragender Praktiker und ein namhafter Vertreter der geronagutischen Wissenschaft, der Geheime Regierunggrat Professor Dr. Aßmann, Direktor des Königlichen aeronautischen Observatoriums in Lindenberg, bei der 6. Tagung der internationalen Kommission für wissenschaftliche Luftschiffahrt in Mondco vorgetragen hat. Dem Vortrag, der jetzt in Heft 1 des 3. Bandes der Bei— träge zur Physik der freien Atmosphären (Leippig, Otto Nemnsch) unter dem Titel Die Verwertung aerologischer Be⸗ obachtungen im Interesse der Wetterprognofe und Luft— sch iffahrt' erschienen ist, seien folgende Ausführungen entnommen:
Wie es unmöglich ist, die Verteilung der meteorologischen Faktoren über einem größeren Teile der Erdoberfläche zu erkennen, wenn man nur eine oder wenige meteorologische Stationen zur Verfügung hat, so verhält es sich auch mit den wissenschaftlichen Forschungen der Aerologie und deren Anwendung für praktische Zwecke, der Wiiterungsprognose sowie dem Warnungsdienst für die Seeschiffe und für die Luftschiffe. Und wie die auf synoptischen Darstellungen beruhende moderne Witte⸗
rungsprognose im Grunde nichts weiter ist als ein wohlorganifierter
internationaler Vorpostendienst“', so müssen auch Vorpoften in den obern Luftschichten aufgestellt werden, um eine Synopsis der Höhe ju ermöglichen, die gestattet, die Gestaltung der oberen Aktionszentren Schritt vor Schritt ju verfolgen und ihr Zusammenwirken mit den unteren ju erforschen. Zwar ist man sich in denjenigen Krelsen, die mit offenen Augen und vorurteilslos an der Arbest sind, wohl schon jeßt darüber klar, daß auch hier die Probleme um so schwieriger werden, je mehr man sich mit ihnen beschäftigt, und daß der holde Traum einer neuen Offenbarung“ und, einer Entschleierung' aller Rätsel der Atmosphäre sowie einer wesentlichen und unmittelbaren Ver⸗ besserung der Witterungeprognosen durch die Herbeijiehung der oberen Luftschichlen jzunächst eben noch ein Traum“ bleibt, — aber man siebt doch den Weg vor sich, auf dem man sich, wenn auch vielleicht aan totisch', diesem Ziele nähern kann. Fast alle im ersten Stadium der neuen Wissenschaft aufgestellten plausibeln Annahmen über den jeit⸗ lichen und kausalen Zusammenhang der unteren! Witterung mit der gleichzeitig herrschenden oberen! haben sich als Irrtümer erwiesen: die Theorle einer in der Richtung ihrer Bahn nach vorn geneigten Are der barometrischen Depressionen, welche die obere! Witte rung als einen Vorläufer der unteren“ erscheinen ließ, mußte wegen mangelnder Beweise verlassen werden; die Hoffnung, daß eine in der Höhe gefundene Temperaturumkehr nach einigen Tagen um Erdboden hberabkommen und dort Erwarmung eintreten lassen werde, hat sich als trügerisch erwiesen, und selbst die größte Entdeckung der Aerologte, die obere Tem⸗ peraturumkehr“, scheint in ihrer Höhenlage mebr von den Vorgängen in den unter ihr liegenden Luftschichlen beeinflußt zu sein, als daß sie selbst einen gin auf diese ausübte. Der Weg, der allein zum Ziel führen kann, ist durch eine Synopsis der oberen Luft⸗ schichten gegeben, die, analog denen für die erdnahen Schichten, ge— stattet, tägliche Wetterkarten für die Niveaus von 1000, 20600, 3000 m und hoffentlich noch höher hinauf zu entwerfen, die uns erkennen lassen, welche Gestalt die Isobaren und Isothermen in der Höhe im Vergleich mit denen an der Erdoberflache besitzen, wie Winde verschiedener Richtung und Stärke, verschiedener Herkunft und mit verschiedenen Eigenschaften übereinander hinströmen, wie labile, indifferente und stabile Gleichgewichtslagen räumlich neben. und übereinander bestehen, und wasserdampfarme mit gesättigten Luftmassen abwechseln. Dat Zukunftsbild hat aber eine unerläßliche Vorautzsetzung: die planmäßige Zusammenarheit einer Reihe von wirlsichen, ohne Unterbrechung tätigen agerologischen Observatorlen! Zwar haben die seit nunmehr 13 Jahren in allen Kulturländern auggefübrten internationalen Simultanaufstlege ein schon überreiches Material für eine Synopsis der höheren Schichten zusammengebracht, und diejenigen, die sich an die Löfung der von der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft gestellten, hierauf bezüglichen Preisaufgabe machen werden, dürften manche interessante und lehrreiche Pöhenwetterkarte zeichnen können — aber auch dlese sind und bleiben nur Stichproben‘, die ebensowenig eine direkte praktische Nutz⸗ anwendung gestatten, wie wenn die meteorologischen Stationen stait täglich an drei Terminen, nur monatlich an einem oder einigen Beobachtungen anstellen würden. Um tatsächliche Fortschritte zu er⸗ zielen, meint Geheimer Rat Aßmann, selen wenigsteng 36 europälsche, dauernde aerologische Observatorien nötig.
Mit Hilfe dieser Observatorien dürfte eg dann möglich sein, tägliche synoptische Wetterkarten von genügender Genausqkeit zu ent— werfen und die großen Züge der Vorgänge in böheren Vuftschichten über unserm Kontinent darjustellen. Für die tägliche , . prognose kommen nur solche Methoden in Frage, die eine sofortlge Autwertung und telegraphische Weitergabe der Beobachtungen gestatten, also Drachen. und Fesselballonausstiege mit Registrierapparaten, während die für die theoretische Forschung unentbehrlichen Ballongsondes diesem Zwecke unmittelbar nicht zu dienen vermögen. Von Wichtigkest find nun in neuerer Zeit noch die zuerst von Kremser im Jabre 1893 vorgeschlagenen und e nin gr Ausstiege und trigonometrischen Verfol jungen von n g, ong geworden. Die Anwendbarkelt dieser Methode ist natürlsch auf durchsichtige Luft beschränkt und kann deg⸗« halb die Drachen und Fesselballonaufstiege nicht ersetzen, ganz ab—
esehen davon, daß sie nur über die Richtung und Geschwindigkelt der orizontalen Luftströmungen, nach Hergesells Erörterungen vielleicht auch der vertikalen, Aufschluß gibt. Die geringen Kosten ' und Mühen ibrer Ausführung sowie die Möglichkeit der schnellen Ermittlung ihrer Ergebnisse lassen sie jedoch auch für die Wenterprognose und besonders
für den Vorpostendienst im Interesse der praltischen Luftschiffahrt ge=
eignet erscheinen. Für den letztgenannten Zweck werden sie neuer⸗ dings bei den meisten sportlichen Ballonfahrten in Anwendung ge⸗ hracht, um die zu erwartende Richtung und Geschwindigkeit' der Fahrten zu ermitteln. Am Aeronautischen Observatorlum Lindenberg laufen seit langerer Zeit zahlreiche , . um derartige Angaben ein, die auf Grund der Drachen⸗ und Ballonaufstsege und mittels ilotballonaufstiegen telegraphisch abgegeben werden. Sine befondere
rganisation für die jahlreichen Fahrten von Luftschiffen ist neuer⸗ dings von der Motorluftschiffstudiengefellschaft in Berlin in das Leben erufen worden, bei der von vier Stationen aus, die Berlin in Ent Ernungen von 30 bis 129 km umgeben, in Bltterfeld, Potsdam, Ebergwalde und Lindenberg, vor jeder Fahrt des arsebal⸗ Ballons, telegraphische Nachrichten über das Verhalten der Luftstrßmungen big zu 2006 m Höhe abgegeben werden. Die Nützlichkeit eines derartigen höheren Vorpostendienstes für die Benachrichtigung der Luftschiffer von herannahenden Böen und Gewittern legt auf der Hand. Noch größer wird ihr Nutzen werden, wenn man dahin gekommen fein wird, die in der Luft befindlichen Fabrjeuge mittels Wellentelegraphie auch während ihres Fluges von herannahenden Gefahren zu benachrichtigen, und die i dürfte nicht fern sein, wo man an den größern aerologischen
bservatorien einen kleineren Motorballon oder Brachenflieger, dem die Bewegungsenergie durch ein Kabel zugeführt wird, dauernd in der Höhe halten und zur Abgabe von drahtfosen Warnunggdepeschen an alle im weiteren Umkreise fahrenden Luftschiffe benutzen kann. Dann werden die aerologischen Observatorien einen wertvollen und wesent⸗ lichen Anteil an der mittels der Luftschiffahrt geleisteten Kulturarbeit zu nehmen imstande sein.
Bauwesen.
Ein Wettbewerb, betreffend Saalbau mit Gesell« schaftshaus in Reutlingen, wird unter den in Württemberg ansässigen oder dort geborenen Architekten bis 15. Nobember 1965 ausgeschrieben. Für die drei besten Lösungen steben Presse jur Gesamtsumme von 000 SP è zur Verfügung. Die Unterlagen sind gegen Bejahlung von 3 „ durch Kommerjlenrat C. Fischer in Reut= lingen zu beziehen.
Ein Wettbewerb zur Gewinnung von Vorentwürfen für den Neubgu einer Schul- und Klosterankage der Congregatig Beatas Marias Virginis in Efsfen wird unter den in Rheinland und Westfalen ansässigen Architekten big zum 15. Oktober auggeschrieben. Die Unterlagen sind gegen Ein⸗ sendung von zwei Mark von der Congregatio B. M. V. in' Essen, 2, i che 15, ju beziehen. Als Presse sind insgesamt 18300 ½ vor⸗ gesehen.
Verkehrsanstalten.
Gestern fand die Eröffnung der Bahnstrecke Lewski— Eisteke statt, die eine dritte Verbindung Sofia mit der Donau erstellt.
Theater und Musik.
Friedrich Wilhelm städtisches Schauspielhaus.
Dat Friedrich Wilhelmstädtische Schauspielhaus eröffnete am Sonnabend die neue Spielzeit mit einer darstellerisch wohlgelungenen Aufführung von Sha kespeares Lustspiel Der Wider⸗ spenstigen Zähmung“. So anerkennengwert es auch war, dem Stück das Vorspiel voranzuschicken, in dem der sinnlos betrunkene Kesselflicker Schlau als Lord verkleidet zum besten gehalten wird, — ein Erperiment, das übrigens auch vom Schillertheater mit Glück ausgeführt worden ist — so wenig wollte es doch unserem heutigen Geschmack behagen, den Draa neh fn der Begebenheiten, wie angeblich zu Shakespeares Zeiten, durch geschriebene Tafeln angezeigt zu sehen. Shakespeare ist auf der modernen Bühne vollkommen lebensfähig; wozu also ein Zurückgreifen auf Anzulängiich= keiten früherer Tage. Sie können nur illustonéjerstörend wirken. Von dieser Regieschrulle abgeseben, bewegte sich die Auf— führung auf sehr achtbarer Höhe. Herrn Werners Petrucchto ersreute durch kraftvolle Männlichkeit und Frau Korn Katharina zeigte über⸗ jeugenden Trotz Aber auch alle anderen Mitwirkenden gefielen durch ibre trefflichen Leistungen, so Fräulein Henschel (Bianca), die Herren Slade (Lucentioh, Sarnow (Tranio), de Nolte ( Biondinetto), Fornelius Grumio⸗ Eyben (Baptistaj, Moebius (Gremio) und Arnold (Schlau). Das Publikum folgte der humoristischen Handlung mit regem Interesse und ließ es an Beifall nicht fehlen.
Im Königlichen Opernhause wird morgen, Dienstag, Die Walküre, erster Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen' von Richard Wagner aufgeführi. . Grüning singt den Siegmund, Herr Bischoff den Wotan. Die Rolle des Hundin gibt Herr von Schwind als Gast. Die weibllchen Partien sind n die Damen Plaichinger (BGrünnhilde), Denera (Sieglinde), von Scheele⸗ Müller (Fricka), das Walkürenensemble durch die Damen HSerjog, Dietrich, Rothauser, Rose, Ekeblad, Ober und Parbz vertreten; Dirigent ist der Kapellmeister von Strauß. (Anfang 7 Ühr.). — In der für Mittwoch angekündigten Aufführung der Hugenolten! wird Fräulein Margarete Siems vom Königlichen Softbeater in Dresden die Rolle der Königin Margarete singen.
Im Königlichen Schaufpieihaufe wird morgen, Diengztag, E. von Wildenbruchs „Rabensteinerinꝰ mit Fräulein Mar in der Titelrolle wiederholt.
Im Berliner Theater fand am Sonnabend die 100. Auf- führung von Kalischs Posse „Einer von unfere Leut“ sstatt. Das lustige alte Stück, das im vergangenen Winter den Spielplan fast ausschließlich beherrschte, scheint sich seine Lebens fäbigkelt auch über den Sommer hinaus bewabren zu wollen. Dag jablreich an⸗ wesende Publikum erfreute sich wieder an dem bebaglichen, barmlofen
umor der Großvaterzeit ebenso sebt, wie an den neuen witzigen
oupletversen, die die alten abgelöst haben, und spendete den Dar⸗ stellern, insbesondere den Herren Meinbardt, Sabo. Clewing, Micha. Hoffmann, r. Schmasow und Frau Dora lebbaften Beifall.
Maria Labla ist von ihrem Urlaub zurückgekehrt und tritt in der Komtschen Oper morgen jum ersten Male in Puceinig Toca in der Titelpartie auf. Die Partien des Cavaradossi und Scarpia sind mit den Herren Marak und Hofbauer besetzt.
Im Pebbeltbeater ist für die ersten Monate der Spielzeit 1899310 der Spielplan nunmebr festgesetzt worden. Die erst- Nen. auffübrung wird die Komodle Hanna Jagert“ des früb derstorkenen Otto Erich Hartleben sein; dann folgt Teonid Andresewg Schausriel Das Wunder (1gnis sanat). Im Oktober gebt Venri Basalhe; Komödie „Le scandale“ in Sjene, die in Pariz den großen Crfolg er. rungen bat. Die deutsche Uebersetzung sst don Dr. Juliuz Glisz. Werauf folgt wieder die Erstauffübrung des Werke einer dent hen
ichters, und jwar don Julius Meter -⸗Grüfes dreiaktigem Funstler- drama Adam und Gva?.
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