1909 / 293 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Dec 1909 18:00:01 GMT) scan diff

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Königreich Preußen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Herzoglich anhaltischen Staatsminister und Wirklichen Geheimen Rat von Dallwitz in Dessau zum Oberpräsi⸗ denten der Provinz Schlesien vom 1. Januar 1910 ab,

den Regierungsrat Dr. von Wilms in Berlin zum Oberregierungsrat und .

den in die Oberpfarr⸗ und Ephoralstelle in Nauen be⸗ rufenen Pfarrer Dr. Lang am Großen Militärwaisenhause in Potsdam zum Superintendenten der Diözese Nauen, Re⸗ gierungsbezirk Potsdam, zu ernennen sowie

dem Bürgermeister Paul Lehwald in Rheydt den Titel Oberbürgermeister zu verleihen.

Seine Majestät der König haben den Fleckens gemeinden Pinneberg und Kellinghusen die Annahme der vollen Städteordnung auf Grund des § 96 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes vom 14. April 1869, betreffend die Verfassung der Städte und Flecken in der Provinz Schleswig-Holstein, in Gnaden zu gestatten geruht.

Ministerium für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten. Dem Tierarzt Franz Koske zu Altona (Elbe) ist die kommissarische Verwaltung der Kreistierarztstelle zu Apenrade übertragen worden.

Ministerium des Innern.

Der Oberregierungsrat Dr. von Wil ms ist dem Regierungs⸗ präsidenten in Potsdam zugeteilt worden.

e ann tm achung

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (G.⸗S. S. 152) wird bekannt gemacht, daß das im Steuer⸗ jahre 1909 kommunalabgabepflichtige Reineinkommen der heren ickendorf Liebenwalde-Groß⸗Schönebecker Eisen⸗ bahn aus dem Betriebsjahre 1908 auf

113200 6 festgesetzt worden ist.

Berlin, den 11. Dezember 1909.

Der ö, 9. 56

Koch.

Bekanntmachung.

Gemäß 5 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (G⸗S. S. 166) wird zur öffentlichen Kenntnis ge⸗ bracht, daß das im laufenden Steuerjahre zu den Kommunal— abgaben einschätzbare Einkommen der Eisenbahnstrecken Landes⸗ grenze —Elsterwerda der Linien Zeithain Elster⸗

werda und Dresden Elsterwerda aus dem Jahre 1998 . die Station Elsterwerda auf 14 877 S6 065 8 und für

ie Station Prösen auf 1975 66 25 3 festgesetzt worden ist. Halle a. Saale, den 9. Dezember 1909. Der Königliche Eisenbahnkommissar. VB.

Föaux de Lacroix.

G e annum ach ung.

Gemäß § 46 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 wird zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß aus dem Betriebe der auf Königlich preußischem Staatsgebiete belegenen Strecken der pfälzischen Eisenbahnen für das Betriebsjahr 1908 für Homburg —Bad Münster a. St. kein Reinertrag erzielt worden ist.

Mainz, den 8. Dezember 1909.

Der Königliche Eisenbahnkommissar. Roesler.

Aichtamtliches. Deuntsches Reich.

Preußen. Berlin, 13. Dezember.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Ministers des Innern von Moltke, des Finanzministers . von Rheinbaben und des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini entgegen.

In der am 11. d. M. unter dem Vorsitz des Staats— ministers, Staatssekretärs des Innern Delbrück abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde der Vorlage, be⸗ treffend Aenderung des Statuts der Reichsbank, die Zustimmung erteilt. Ferner wurde über die Berechnung der Matrikular— beträge zum Nachtragsetat für 1909 und zum Etat für 1919 Beschluß gefaßt. Mit der Ueberweisung der Vorlage, betreffend die Einrichtung und den Betrieb gewerblicher Anlagen, in denen Thomasschlacken gemahlen oder Thomasschlackenmehl gelagert wird, an den zuständigen Ausschuß, erklärte die Versammlung sich einverstanden.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Freya“ am 10. Dezember in Mersina eingetroffen und gestern von dort nach Port Said in See gegangen.

S. M. S. „Scharnhorst“ ist am 10. Dezember in

eingetroffen und geht am 16. Dezember von dort wieder

5. M. S. „Seeadler“ ist am 10. Dezember in Durban eingetroffen und hat vorgestern die Reise nach Daressalam fortgesetzt.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ wird eine Uebersicht über die Ernte der wichtigsten Feldfrüchte im Jahre 1909 im Deutschen Reich, zusammengestellt im Kaiserlichen Statistischen Amt, veröffentlicht.

Braunschweig.

Ihre Majestäten der König und die Königin von Bulgarien . „W. T. B.“ zufolge, gestern abend in Braunschweig angekommen, am Bahnhof von Seiner Hoheit dem Herzog⸗Regenten begrüßt und feierlich eingeholt worden. .

Oesterreich⸗ Ungarn.

Das österreichische Abgeordnetenhaus setzte in der vorgestrigen Sitzung die Beratung des Budgetprovi— soriums fort.

Nach dem Bericht des ‚W. T. B.‘ erklärte der Abg. Biankini, die Lösung des südslavischen Problems sei an eine sslavenfreundliche Politik und an eine herzliche Annäherung an Rußland und die Balkan— staaten geknüpft. Der Abg. Vaclav Myslivep sagte, er unter⸗ schätze keineswegs Deutschlands Unterstützung, doch dürfe daraus nicht der Schluß gezogen Eden, die slavenfeindliche Politik Deutsch⸗ lands solle nun auch„enach Oesterreich verpflanzt werden. Man dürfe auch die von den Slavenvölkern dem Hause Habsburg oft auf den Schlachtfeldern bewiesene Treue nicht vergessen. Dester⸗ reich habe mit Rußland viele gemeinsame Interessen, Deutschland, Oesterreich und Rußland könnten durch gemeinsames Vorgehen die Ordnung im Innern sichern und sich gemeinsam gegen äußere Feinde schützen. Der Abg. Udrzal führte aus, daß die slavischen Völker in Ihrer Zweidrittelmehrheit ein Interesse an einem starken und mächtigen Oesterreich hätten, das allen Nationalitäten gleiche Rechte zuerkenne. Der österreichische Staatsgedanke müsse ein anderer als der eines in nationaler Hinsicht einheitlichen Staates sein; alldeutsche Theorien brächten Oesterreich auf einen salschen Weg und könnten ihm sein kostbarstes Gut, seine Selbständigkeit, rauben. Nach seiner geographischen Lage, durch die es an vielen Stellen, insbesondere in der Offensive, verwundbar sei, könne Oesterreich sein Heil nur in einer Neutralität suchen, die ihm für die Sicherung des europäischen Gleich⸗ gewichts die beste Gewähr biete. Sonst würde es bei dem ersten Feuerbrande zu Grunde gehen. Der Abg. Ritter von Wassilko wandte sich gegen die russophilen Ruthenen wegen ihrer russenfreund— lichen Agitation in Ostgalizien und in der Bukowina. Der Abg. Dr. Kramarz stellte in tatsächlicher Berichtigung fest, daß der Anlaß zu der Opposition der Slaven nicht in der Angliederung Bosniens und der Herzegowina, sondern in den Posterlassen der Regierung zu suchen sei. -

Die erste Lesung des Budgetprovisoriums war danach be— endet, und das Budgetprovisorium wurde dem Budgetausschusse

überwiesen. Frankreich. Die französische Regierung hat, einer Meldung des . T. B.“ zufolge, der Pforte die Antwort auf die türkische Kretanote zugestellt.

Italien.

Das Parlament ist nach einer Meldung des „W. T. B.“ zur Entgegennahme der Mitteilungen der Regierung auf den 18. Dejemher einberun * worden.

Belgien.

Der Gesundheitszustand des Königs hat sich, „W. T. B.“ zufolge, verschlimm ert. Nach einem gestern ausgegebenen Bulletin leidet der König an einem beunruhigenden Unterleibsleiden. Sein Zustand ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Der Ministerrat trat gestern nachmittag zu einer Sitzung zu— sammen. (

Einem heute vormittag ausgegebenen Bulletin zufolge ist der Gesundheitszustand des Königs, der die Nacht ruhig ver— bracht hat, nicht besser geworden. Wenn eine Aenderung zum Besseren nicht in allernächster Zeit eintritt, wird eine Operation notwendig werden. Der Pfarrer von Laeken ist im Schloß anwesend, um dem König im Falle einer Verschlimmerung die Absolution zu erteilen.

Türkei.

Die Deputiertenkammer beschäftigte sich vorgestern mit der Interpellation über die Schiffahrt in Me— sopotamien.

Wie das „W. T. B.“ berichtet, erklärte der Großwesir, die Regierung sei gesetzlich nicht verpflichtet, die Konvention über die Konzessionierung der anglo⸗-ottomanischen Gesellschaft der Kammer vorzulegen, da der Staat durch diese Konvention nicht belastet werde.

Der Führer der Jungtürken Halil erkannte die guten Absichten der Regierung an, beantragte jedoch die Vorlegung der Konvention.

Der Antrag wurde unter großer Bewegung angenommen und die Sitzung sodann unterbrochen. Das Kabinett trat darauf zu einem Ministerrat zusammen.

Nach der Wiederaufnahme der Sitzung erklärte der Groß— wesir, wenn die Kammer auf dem Prinzip der Vorlegung aller Konzessionsverträge beharre, könne die Regierung die Verantwortung für die hieraus entstehenden Nachteile nicht übernehmen und ziehe vor, ihre Entlassung zu geben. Der Finanzminister verteidigte in längerer, von stürmischem Widerspruch be— gleiteter Rede den. Standpunkt der Regierung. Der Führer der Jungtürken Halil versuchte die Tragweite seines Antr vom Vormittag abzuschwä hen, indem er betonte, es handle sich gegenwärtig nur darum, ob monopolartige Konzessionen der Kammer vorgelegt werden müßten. Der Großwesir erklärte hierauf, die Regierung verharre bis zur Votierung des Gesetzes über die Konzessionserteilung auf dem von ihr dargelegten Standpunkt.

Da noch 35 Redner gemeldet sind, wurde die Sitzung . zahlreichen Zwischenfällen und stürmischen Lärmszenen schließlich auf heute vertagt.

Der Ministerrat befaßte sich heute mit der Antwort note der vier Schutz mächte. Wie die Konstantinopeler Blätter melden, wurde die Note für unbefriedigend befunden und beschlossen, neue Schritte bei den Mächten zu unternehmen.

Serbien.

Der König Ferdinand von Bulgarien ist, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern nachmittag in Begleitung des Kronprinzen Alexander, der ihm bis Cicevac entgegen⸗ gefahren war, in Belgrad eingetroffen Am Bahnhof waren zur Begrüßung der Erste Adjutant des Königs Peter und der Minister des Aeußern erschienen. Nach urzem Aufenthalt setzte der König Ferdinand die Reise nach Wien fort.

Amerika.

Die Lage der Revolutionäre in Nearaguna ist der

Associgted Preß“ zufolge weniger günstig, als angenommen

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wird. Ihr Führer Estrada hat den amerikänischen Konsul in

Moffat exsucht, die Marinetruppen des Kreuzers Des Moines“ zum Schutze der Amerikaner zu landen. Der Konsul gab Estrada die Versicherung, daß Marinetruppen mit sechs Schnell⸗ feuergeschützen auf dem Posten sein würden, wenn die Armee Zelayas, die sich in einer Stärke von 3000 Mann im Anmarsch auf Bluefields befindet, die Stadt überfallen sollte. Das Er⸗ scheinen der Truppen Zelayas wird stündlich erwartet.

Afrika.

Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten amtlichen Mel⸗ dung von der Elfenbeinküste haben sich die aufrührerischen Stämme unterworfen und 11 000 Gewehre ausgeliefert.

Das Verbindungsglied zwischen der britischen und der Congostrecke der Eisenbahnlinie vom Kap bis Kairo ist gestern in Gegenwart von Vertretern Englands und Belgiens feierlich eröffnet worden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Zweiten Beilage.

In der heutigen (10.) Sitzung des Reichstags, welcher der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, der Staats⸗ sekretär des Innern Delbrück, der Staatssekretär des Reichs⸗ marineamts, Admiral von Tirpitz, der Kriegsminister, General der Infanterie von Heeringen, der Staatssekretär des Reichs⸗ postamts Kraetke, der Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Frei⸗ herr von Schoen, der Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco beiwohnten, nahm das Haus zwei Anträge auf Einstellung von schwebenden Strafverfahren gegen die Abgg. Kirsch und Stücklen für die Dauer der Session an und setzte die Generaldiskussion des Reichshaushaltsetats für 19210 und des zweiten Nachtragsetats für 1909 fort.

Die Abgg. Ablaß und Genossen (freisinnige Fraktions⸗ gemeinschaft) haben eine Interpellation, betreffend das Kalisyndikat und die zu dessen Aufrechterhaltung beab⸗ sichtigten Maßnahmen der Reichsregierung, eingebracht.

Auf die Frage des Präsidenten erklärte der Stellver— treter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Reichsamts des Innern Delbrück: Ich bin bereit, die Interpellation nach Wiederaufnahme der Sitzungen im Januar zu beantworten; einen bestimmten Tag vermag ich noch nicht anzugeben.

Als erster Redner in der fortgesetzten Beratung des Reichtz⸗ haushaltsetats ergriff der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg das Wort, dessen Ausführungen morgen im Wort⸗ laut werden mitgeteilt werden.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Zum drohenden Kampf im Baugewerbe nahm am Sonnabend, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, eine zahlreich besuchte Mitglieder⸗ versammlung der Glaser Groß⸗Berlins, soweit sie im Zentral⸗ verbande organisiert sind, Stellung. In der Versammlung einigte man sich dahin, daß der Arbeitsnachweis zurück erobert werden müsse. Der Arbeiter allein müsse den Preis seiner Arbeitskraft bestimmen. Die Arbeitszeit müsse verkürzt, alle Akkordarbeit verweigert werden. Tag für Tag, Stunde für Stunde müsse benutzt werden, den Verband zu stärken, die Säumigen aufzurütteln und eine straffe Organisation zu schaffen.

Die Berliner Rohrleger sind in eine Lohnbewegung ein—

getreten; sie fordern für Monteure 725 3, für die Helfer 55 Mindeststundenlohn und die Errichtung eines paritätischen Arbeits— nachweises. . In München waren dieser Tage die Schneeschaufler aus— ständig geworden. Der Ausstand wurde, wie die „Frkf. Itg.“ erfährt am Sonnabend beendet. Es wurde ein neuer Tarifvertrag vereinbart, nach welchem 37 für die Stunde bezahlt werden sollen. Für die Zeit von Abends 5 bis Morgens H Uhr soll der Stundenlohn auf 42 bezw. 44 5 festgesetzt werden. Bei Akkordarbeit ist der Stundenlohn garantiert. An den Verhandlungen nahm auch der Polizeipräsident teil, der u. a. erklärte, wenn jetzt kein Ausweg gefunden werde, so müßte die Polizei energische Maßregeln für die Beseitigung des unhaltbaren Zustandes in den Straßen treffen. Die Schneeschaufler haben die Arbeit wieder aufgenommen, sodaß die Verkehrsstörung in den Straßen am Sonnabend in der Hauptsache beseitigt wurde. Der Beschluß gilt für den Winter 1909,10 und jeweils für ein weiteres Jahr, wenn er nicht vor dem 1. Oktober gekündigt wird.

(Weitere . Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage) Wohlfahrtspflege.

Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen.

Der im Oktober 1844 im Anschluß an die damalige Gewerbe— ausstellung des deutschen Zollvereins entstandene Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen hat am 3. Dezember 1909 in Berlin im Preußischen Herrenhause seine diesjährige ordentliche Haupt⸗ versammlung abgehalten. Der Vorsitzende des Vorstands erstattete den Jahresbericht. Danach sind auf Grund der vorjährigen Wahlen der Fabrikbesitzer Blanckertz vom Ausschuß in den Vorstand und in den Ausschuß der Professor an der Technischen Hochschule in Charlotten⸗ burg Dr. Herkner und der Kommerzienrat, Generaldirektor Marwitz— Dresden neu eingetreten. Im Jahre 1909 führte das Amt des Vor— sitzenden Stagtssekretär a. D. von Hollmann, das des stellvertretenden Vorsitzenden Wirklicher Geheimer Rat, Ministerialdirektor Dr. Thiel, das des Schriftführers Geheimer Regierungsrat, Direktor im Kaiser lichen Statistischen Amt Dr. Zacher, das des Schatzmeisters Fabrik— besitzer Dr. W. Spindler. Der Vereinssekretär Rüdiger wurde wieder bestätigt. Die Zahl der Vereinsmitglieder ist im Jahre 1909 von 1007 auf 989 zurückgegangen; unter diesen befinden sich 239 Be⸗ hörden, Körperschaften, Vereine, 278 Aktiengesellschaften und 472 per⸗ sönliche Mitglieder und Firmen. Die Mitgliederbeiträge betrugen 13 436 .

Der Zentralverein sucht seine statutenmäßige Aufgabe „für die Verbesserung des sittlichen und wirtschaftlichen Zustandes der arbeitenden Klassen im Gebiete des Deutschen Reiches anregend und fördernd zu wirken“ hauptsächlich durch seine Zeitschrift „Der Arheiterfreund“ zu erfüllen. Soweit die Mittel es gestatten, wendet er sich auch Spezialgufgaben zu, unterstützt Vereine, Einrichtungen und Bestrebungen, die ähnliche Ziele, wie die seinigen, verfolgen oder die sich spezielle, in den Rahmen seiner eigenen Wirksamkeit fallende Aufgaben gestellt haben. Der „Arbeiterfreund“ bringt, volkswirtschaftliche und sozialpolitische Abhandlungen, bespricht die im In- und Auslande zur Schaffung einer besseren Lage der arbeitenden Bevölkerung gemachten Vorschläge, verfolgt alle Bewegungen und Bestrebungen, die auf eine gesunde Volkserziehung und bildung hinzielen, und veröffentlicht Berichte über vorbildliche Einrichtungen der Arbeiter⸗ und Volksfürsorge, um dadurch zur Nach— ahmung anzuregen. Eine fortlaufende Vierteljahrschronik stellt eine Sammlung und Zusammenstellung der durch Versammlungen, Kon⸗

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resse, Vorträge usw. zum Ausdruck kommenden freien volkswirtschaft⸗ ichen und sozialpolischen Tätigkeit dar, die in dieser Zusammenfassung einen vortrefflichen Gesamtüberblick gewährt. c

Das von dem Zentralverein seit 1903 unternommene größere Publikationswerk „Untersuchungen über die Löhnungs— methoden in der deutschen Eisen- und Maschinenindustrle“ ist mit der Ausgabe des 8. Heftes: „Die Entlohnungsmethoden der Berliner Feinmechanik“ von Dr. Elemens Heiß (1909) zu einem vorläufigen Abschluß gelangt. Das Heft behandelt in einem ersten Teil die optische, in einem zweiten die elektrische Industrie Berlins, hauptsächlich das Wernerwerk von Siemens u. Halske. Die Direktion des⸗ selben ist dem Verfasser Dr. Heiß in jeder Beziehung entgegen—

ekommen und hat das Manufskript, soweit es sich auf diesen Betrieb ezieht, einer Durchsicht in bezug auf die Richtigkeit der positiven An— gaben unterzogen. Der Hauptzweck der Arbeit von Dr. Heiß war, ein möglichst großes, zuverlässiges Material von individuellen Wochen- und Monatslöhnen, vielfach für dieselbe Person durch eine Reihe von Jahren hindurch zu erhalten und spezialisiert zu veröffentlichen. In dem eigentlich beschreibenden Teile führt Dr. Heiß vielfach wörtlich an, was ihm die leitende Person und was ihm Arbeiter mitgeteilt haben. Ein dritter Teil enthält die Ergebnisse und die Kritik, zu denen der Verfasser selbst auf Grund des vorgelegten Materials ge— kommen ist. Das Buch bildet einen wichtigen Beltrag zu den Unter— suchungen über den gewerblichen Groß-, tie? und Kleinbetrieb, über die Existenzbedingungen und ihre Folgen für die Betriebs organisation, die Arbeitsteilung, die Produktionskosten. Hauptsächlich aber ist versucht, die Entlohnungsmethoden, ihre Ursachen und Folgen weiter zu verfolgen. Auf dem festen Boden gewonnener Statistik aufgebaut, erhält die Darstellung Fleisch und Blut durch zahlreiche, dem praktischen Leben abgelauschte Züge und Erfahrungen der Geschäftsorganisation und des Arbeitslebens, wir sehen das Verhältnis der Arbeiter zu den Meistern, zum Ab rechnungsbureau, wir erhalten lebendigen Aufschluß über die psycho logischen Vorgänge bei der Akkordlöhnung, die bei den verschiedenen Arbeitsarten im Groß⸗ und Kleinbetriebe so sehr verschieden sind. Der Zentralverein hat Ursache, den Unternehmern, die ihm bei dem ganzen Werke entgegengekommen sind, ebenso seinen Dank auszu— n, wie den Ingenieuren und Nationalökonomen, welche die Arbeit ausgeführt haben.

Einen fortlaufenden höheren Beitrag leistet der Zentralverein als Mitglied zur Zentralstelle für Volkswohlfahrt, die er selbst mit begründet hat und der er durch die Zugehörigkeit mehrerer ihrer leitenden Mitglieder zu seinem Vorstand und Ausschuß besonders nahe steht. Ihre Wirksamkeit erscheint als eine großzügige Ergänzung derjenigen des Zentralvereins, zu der sie durch ihre Organisation und die ihr zuteil werdende Unterstützung von Reich, Staat, Gemeinde und Großbetrieb besonders geeignet erscheint.

Nach dem Vortrage des Jahresberichts wurden diejenigen Mi glieder des Vorstands und Ausschusses, deren Amtszeit nach der Veo schrift des Statuts abgelaufen ist, wiedergewählt und an Stelle der verstorbenen Mitglieder des Justizrats, Fabrikbesitzers Dr. Edmund Lachmann und des Geheimen Kommerzienrats Dr. Schlutow-Stettin

der Fabrikbesitzer Dr. Paul Lachmann-Berlin und der Kom merzien— rat, Generaldirektor Käsemacher⸗Stettin neu in den Ausschuß gewählt.

Kunst und Wissenschaft.

Melchior Lechter hat ein großes Glasgemälde-Triptychon: »Ars coelestina“, „in fonte sacro“, „ars humana“ nach drei— fährigem künstlerischen Schaffen für das neuerbaute Landes museum zu Münster i. W. fertiggestellt, das demnächst an seinen Bestimmungsort abgehen und so dem größten Teile des kunstliebenden Berliner Publikums wohl nicht mehr zugänglich sein wird. Um aber Liebhabern dieses Kunstzweiges die Möglichkeit zu gewähren, das interessante Werk zu besichtigen, hat die Akademie der Künste, Pariser Platz 4, einen ihrer Ausstellungssäle dem Künstler zur Ausstellung des Gemäldes, des Originalkartons, der Farbenskizzen und Studien zur Verfügung gestellt, diese Arbeiten können von morgen ab im Akademiegebäude befichtigt werden. Die Ausstellung wird bis zum 6. Januar dauern. Der a beträgt 1 4. Die Besuchszeit ist täglich von 10 bis 9 36 *

Der Professor der mittel- und neugriechischen Philologie an der Universität München Dr. Karl Krumbacher ist, W. T. B.“ zu folge, gestorben.

Literatur.

Die Rebächle. Roman von Hermine Villinger. Geh. 3 e, geb. 4 66. Stuttgart, Deutsche Verlagsanstalt. Es sind sechs junge Menschenkinder voll Eigenart und Lebensfrische, deren Schicksale uns Hermine Villinger in ihrem neuen Roman sschildert. Die „‚Rehächle“ werden sie von den Dorfleuten genannt, vor deren Augen die Fräuleins von Rebach, die Töchter eines im badischen Schwarzwald ansässigen verarmten Barons, aufwachsen. Früh ver waist und mittellos, werden die jungen Mädchen durch die Verhält nisse gezwungen, den Kampf ums Dasein aufzunehmen. Und jedes von ihnen erringt sich, seiner Art entsprechend, einen Platz im Sonnen— licht. Das erzählt uns Hermine Villinger in ihrer frischen, natür— lichen, humorvollen Art. Wie alle ihre Bücher ist auch das vorliegende durch und durch gesund und von einem freudigen Optimismus erfüllt. Sein größter, rein literarischer Vorzug ist die ungewöhnlich lebensvolle Charakteristik der Personen. In erster Reihe steht da die Großmutter der jungen Mädchen, eine Thegterberühmtheit in einer kleinen Resi— denz, die sich der verwaisten Enkelinnen in großherzigster Weise an— nimmt. Die geniale, lebenskluge und von unverwüstlichem Frohsinn erfüllte Frau Grossi mutet uns fast wie eine Bekanntschaft aus dem wirklichen Leben an. Kaum weniger liebevoll und treffend gezeichnet ist die alte Mademoiselle Kassale, die an Frau Grossis Seite fast das ganze Leben zugebracht hat und in rührender Opferfähigkeit in der Familie ihrer unendlich geliebten Brotherrin völlig aufgeht. Charakteristische Episoden aus dem Leben der Schwarzwaldbauern ziehen sich wie ein Rahmen um die Schilderung der Schicksale der Hauptpersonen. Der Roman ist keiner litergrischen Strömung zuliebe entstanden, sondern sichtlich aus dem Leben selbst herausgewachsen.

Truggold und andere Erzählungen von Sophus Bauditz. Verlag von Wilh. Grunow in Lespzig. Geh. 3 4, geb. 3,50 4. Das vorliegende Buch des dänischen Schriftstellers, das kleine Novellen und Skizzen enthält. wendet fich nicht an einen Leserkreis, dem das Stoffliche an erster Stelle steht. In keiner der zwölf Erzählungen findet man eine bunte Handlung, die durch äußere Spannung zu reizen sucht. Die Art aber, in der Bauditz mit knappen Strichen seine Menschen zeichnet oft sind es die wenig beachteten Originale, die er sich zu Modellen erwählt vor allem aber seine zart getönten, echt dichterischen Naturschilderungen werden jedem ästhetisch genießenden Leser eine Freude sein. Inhalt und Schauplatz der Erzählungen sind abwechslungsreich. Neben kraftvoll gezeichneten Jagdszenen oder den mit feinem Humor beobachteten Vorgängen aus dem Leben kleinbürgerlicher Sonderlinge schildert Bauditz die düstere, ver blichene Pracht alter nordischer Herrensitze oder die durch mittelalter liche Erinnerungen geheimnisvoll belebten Räume eines ehemaligen Klosters. Ein Zug zum märchenhaft Symbolischen klingt leise in einzelnen Erzählungen an, z. B. besonders wirkungsvoll in der ersten

Vovelle „Truggold‘, die dem Bande den Namen gegeben hat. Allen

Freunden einer feinen Schilderungskunst kann das stimmungsvolle Buch warm empfohlen werden.

Kaine, ‚Der Bürge“. Leipzig, Verlag von H. A. De gen er. Geh. 5 „S, geb. 6 6. Der Verfasser des vorliegenden Buches ist ein bekannter englischer Romanschriftsteller, von dem schon früher Werke in deutscher Uebersetzung erschienen sind und ihren Lefer— kreis gefunden haben. Kaine liebt es, in seinen Romanen die sogenannten „‚Manksleute“', die Bewohner der Insel Man, seiner

Heimat, zu schildern, die sich in ihrer Weltabgeschiedenheit dem An⸗ dringen des germanischen Elements zum Trotz ihren alten keltischen Charakter bewahrt haben. Auch „Der Bürge“ spielt zum Teil auf der Insel Man, zum Teil auf dem noch weiter von der Kulturwelt entfernten Island. Zwei Halbbrüder Michael Sunlocks und der grote Jason! werden einander gegenübergestellt, Söhne eines Vaters und zweier grundverschiedener Mütter. Der eine auf der Insel Man, der andere auf Island geboren, lernen sie einander erst als reife Männer kennen, während beide als Sträflinge in den isländischen Schwefelgruben arbeiten. Beide haben in ihrer Jugend eine Frau geliebt: Greeba, die Tochter des Gouverneurs Fairbrokher. Diese hat sich Michael zugewandt und ihn geheiratet. Nachdem Jason seinen Bruder und Nebenbuhler Michael, ohne ihn persönlich zu kennen, jahrelang mit seinem Haß verfolgt hat, läßt er sich am Schluß der Erzählung an seiner Stelle pon, den Dänen, die Sunlocks, weil er ihnen politisch verdächtig er— scheint, aus dem Wege räumen wollen; erschießen, um dem Bruder und der noch immer geliebten Greeba dadurch die Flucht nach Eng— land zu ermöglichen. Bas ist, kurz angedeutet, der Kern des Romans, der um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts spielt und in den die Kämpfe zwischen England und Dänemark hineinverwebt sind. Wie man schon aus diesen knappen Andeutungen er— sehen kann, ist die Handlung reich bewegt und bietet des Exregenden, Ueberraschenden und Rührenden viel. In einer ge— wissen Einseitigkeit der Charakterzeichnung, in der zuweilen auf die Spitze getriebenen Schilderung guter und schlechter Leidenschaften hat das Buch etwas von einem besseren Kolportageroman. Aber ander— seits muß man es dem Verfasser zugestehen, daß er sittlichen Ernst besitzt und sich nie an die schlechten Instinkte wendet, und daß er den Schauplatz der Geschehnisse, der für den deutschen Leser den Reiz des Unbekannten besitzt, aus eigener Anschauung heraus fesselnd schildert. Kulturhistorisch ist der Roman nicht ohne Wert. Er ist ein Buch für die große Masse der Leser und besitzt in dieser Richtung seine Be— deutung und seine Vorzüge.

Der Grundbau für Hochbauabteilungen von G. Reinecke, Oberlehrer der Kgl. Baugewerkschule Eckernförde. Preis des Textheftes 1,60 6, des Figurenheftes 2 M, zusammen 3 9. Verlag von G. D. Baedeker, Essen. Der vorliegende Leitfaden, aus dem Unterrichte einer Hochbauklasse Königlicher Baugewerkschulen entstanden, ist in erster Linie für solchen Gebrauch bestimmt. Zugunsten innigeren sachlichen Zusammenhangs ist mit der Gewohnheit gebrochen, die einzelnen Arbeiten zeitlicher Aufeinanderfolge entsprechend zu behandeln. Durch die eingehende Bearbeitung der Kapitel Baugrubenanlage, Bodenbeschreibung, Bodenuntersuchung ꝛc. bekommt der Hochbau— techniker einen Einblick in das ihm nächst verwandte Gebiet des Tief— baues. Die knappe Fassung des Textes gestattet ein schnelles Orientieren; die Figuren 1 gut gezeichnet und anschaulich.

Paul Eudels „Fälscherkünste“ haben nach de— autorisierten Bearbeitung Bruno Buchers, des Nachfolgers Eitelr bergers in der Leitung des Oesterreichischen Museums für Kunst und Industrie, vom Jahre 1885 eine neue ergänzende Bearbeitung durch A. Roeßler erfahren (H. Grunow, Leipzig, 5 S6). Das Buch, das über Fälscherkünste aufklären will, ist nun selbst ein Kabinettstück literarischer Fälschung geworden. Hat Bucher seinerzeit die anekdoten— lustige Breite des Originals durch Streichungen gekürzt, so verlängerte Roeßler die Striche und fügte dafür neue Stücke hinzu, indem er als Kunsterperte eigene Erfahrungen verwertete. Dagegen wäre nichts ein— zuwenden, wenn diese Ergänzungen irgendwie äußerlich kenntlich gemacht wären. Diese Einschaltungen sind jedoch, wahrscheinlich um den Leser nicht zu stören“, in keiner Weise gekennzeichnet, und man erkennt sie nur teilweise, wenn es sich um Fälscherprozesse aus jüngster Zeit handelt, als neue Zugaben. Empfindet der Referent das als Piektät— losigkeit gegen den ursprünglichen Verfasser, der gut genug war, um seinen Namen herzugeben, so empfindet er auch die Geschmack— losigkeit, die den Herausgeber nicht gehindert hat, den mittlerweile frei⸗ gesprochenen Wiener Mediziner Hosek seiner schuldig-unschuldigen Bank—⸗ notenfälschungen wegen zum Mittelpunkt eines Kapitels „Banknoten“ zu machen und ihn so mit den Berufsfälschern in einen Topf zu werfen. Da die Buchersche Ausgabe vergriffen ist, muß man diefe Neuausgabe im übrigen begrüßen. Aufmerksame Leser werden die alten, von Eudel zusammengestellten wertvollen Daten und amüsanten Anekdoten, die so ziemlich alle denkbaren Händlerschliche aufdecken, zu würdigen wissen und Roeßlers berechtigte Ergänzungen, wie das Kapitel über die Tiara des Saitaphernes oder über die Fälschungen moderner Bilder, gewiß auch willkommen heißen. Wirklich verdienstvoll wäre es aber gewesen, wenn Roeßler einige Einblicke in neue Fälschungsfabriken gegeben und die wichtigsten davon aufgezählt hätte, denn die alten Plaͤtze, die Eudel verraten hat, habe mittlerweile andern Platz ge macht. Leicht sind sie natürlich nicht z finden, aber eifrige Nachfrage bei unterrichteten Händlern und die Durch— sicht der Literatur hätten manche Enthüllung gebracht. Statt dessen eifert der Verfasser nach alter Dilettantenart im Vorwort gegen die „zünftlerxischen Gelehrten“, auf deren wissenschaftlichen Apparat er natürlich verzichtet habe, da er nicht aus zwanzig „Walzern“ einen einundzwanzigsten kompilieren wollte. Für die erste Orientierung über die Gefahren, denen sich angehende Sammler aus— setzen, mag das Buch recht gute Dienste leisten. Um jedoch zu einem einigermaßen selbständigen und sicheren Urteil über die Echtheit alter und altscheinender Kunstwerke zu gelangen, bedarf es mehr als jahre langer hingebender Arbeit und Uebung: eines angeborenen Talents.

Hilfsbuch zur Kunstgeschichte nennt Haul Schubring ein kürzlich bei Karl Curtius (Berlin) erschienenes Büchlein (2.50 ), das der nunmehr an die Baseler Universität abberufene Verfasser seinen hiesigen „Zuhörern“ gewidmet hat. Schubring hatte in Berlin neben seiner Professur an der Technischen Hochschule eine ausgebreitete private Lehrtätigkeit entwickelt und war bei den kunstbeflissenen Laien eine populäre Persönlichkeit. Diesen wird das Büchlein gewiß gute Dienste leisten, da es Dinge bringt, die in den Handbüchern nicht zu finden sind. Eine Liste der Heiligen mit ihren Abzeichen und die Ikonographie ihrer Darstellung; die altchristlichen Symbole; Zeittafeln zu den verschiedenen Perioden der Kunstgeschichte; Notizen zur Kultur⸗ geschichte der italienischen Renaissance; eine Liste der außerdeutschen Museen und ihrer Sammlungen; technische Ausdrücke, lateinische Zitate und sechs Karten der wichtigsten Kunstterritorien. r

Von Paul Pochhammers freier Bearbeitung von Dantes „Göttlicher Komödie“ in deutschen Stanzen, die im Jahre 1901 zuerst erschien und die mit Recht bei der Kritik, wie bei dem Publikum viel Anerkennung gefunden hat, hat der Verlag (B. G. Teubner in Leipzig) in ansprechendem Gewand eine billige Ausgabe (geb. 3 S) veranstaltet. Auf den Wert der Pochhammerschen Ueber— tragung ist s. 3. an dieser Stelle hingewiesen, so sei heute nur daran erinnert, daß sie sich wie eine freigeschaffene Dichtung liest, ein Er— folg, der nicht zum wenigsten der Wahl der Stanze an Stelle der Terzine zu danken ist. Wer sich an diesem vom Original ab weichenden Versmaß stößt, mag sich daran erinnern, daß der Vers nichts Willkürliches ist, sondern daß für seine Wahl der Charakter der verschiedenen Sprachen ausschlaggebend bleibt. So liest Frankreich seinen Dante in Alexandrinern, Griechenland den seinen in Hexametern. Daß der deutsche Uebersetzer einen gereimten Vers wählt, zumal wenn ihm eine freiere Uebertragung größere Freiheit in seinem Gebrauch gestattet, entspricht nur dem Charakter seiner dichterischen Sprache. Die Stanze, die recht eigentlich ein germanisches Versmaß geworden ist, bot ihm den besten Ersatz für die unserem Ohr melodramatisch klingende Terzine. Die vorliegende kleine Ausgabe ist durch bier dem Geist der Dichtung gut angepaßte , von Franz Stassen geschmückt. Sie wird jedenfalls vielen eine willkommene Weihnachtsgabe sein.

Wie lerne ich Rodeln? Von Dr. Adolf Rziha (Ver— lag von Gustavs Lammers in München. 60 3). Der Rodelsport erfreut sich einer von Jahr zu Jahr wachsenden Beliebtheit. Daß er durchaus nicht harmlos ist, beweisen die zahlreichen Unglücksfälle, die sich bei ihm ereignen. Da wird das vorliegende, mit instruktiven Abbildungen versehene Büchlein eines erfahrenen Rodlers, dessen Brauchbarkeit auch der Umstand erweist, daß es bereits in 2. Auflage erscheinen konnte, gewiß vielen angehenden Sportsgenossen willkommen

sein. Sie finden in ihm außer einer Beschreibung der gebrãuchlichsten Rodel formen Angaben über Erfordernisse, Anlage und Erhaltung der Nodelhahnen, genaue Anweisungen über die Technik des Rodelns und über die Veranstaltung von Rodelrennen.

Webers „Juristenkalender“ für 1910, bearbeitet von dem Rechtsanwalt Dr. A. Kallmann ist erschienen (Verlag von Erich Weber in Berlin, 6 2.50). Der Kalender ist vielen Juristen durch seine Eigenart, dem Leser täglich sein gewisses Maß juristischer Kenntnisse aus allen Materien insbesondere ist wieder das Reichtrecht be— rücksichtigt in Erinnerung zu bringen, ein gerngesehener und treuer Freund das ganze Jahr hindurch geworden. Auch der vor— liegende 5. Jahrgang ist nach der bewährten alten Methode zufammen— , wobei besonders angestrebt wurde, in den Mitteilungen einen Niederschlag der Ergebnisse der juristischen Praxis zu bringen. Jedes

Tagesblatt trägt außerdem einleitend eine Uebersicht über wichtige Er⸗

eignisse aus dem staatlichen und Rechtsleben sowie aus dem hervor⸗ ragender Juristen und Volkswirtschaftler.

Kurze Anzeigen neu erschienener Schriften, deren Besprechung vorbehalten bleibt. Einsendungen sind nur an die Redaktion, Wilhelm straße 32, zu richten. Rücksendung findet in keinem Falle statt.

Deutsches Märchenbuch von Oskar Dähnhardt. Mit bdielen Zeichnungen und farbigen Originallithographien von Erich Kuithan und 5 bunten Bildern von Karl Mühlmeister. J. Band 2 Aufl. Gebdn. 2, 20 S6. Leipzig, B. G. Teubner.

Heimatklänge aus deutschen Gauen. Ausgewählt von Oskar Dähnhardt. J. Aus Marsch und Heide Mit Buch— schmuck von Robert Engels. 2. Aufl. Gebdn. 2, 50 (. Leipzig B. G. Teubner.

Im Lande der Jugend. Ludwig Curt. 2,50 ; Verlag „Harmonie“.

Das Werden im Weltall. Eine moderne Weltentwicklungs⸗

lehre von Felix Linke. 1 S6. Leipzig, Theodor Thomas. GBSchu ster, Wilh.: Dig Hauskatze (Monographien unserer Haustiere herausgegeben vom Kosmos, Gesellschaft der Naturfreunde, zweiter Band). Mit zahlreichen Abbildungen 1,40 . Stuttgart, Franckhsche Verlagshandlung. ö. In der Lebensschule bei deutschen Männern. Zur Jugenderziehung und zur Selbsterziehung von Dr. A. Trepte, Militäroberpfarrer. 1 Æ ; gebdn. 1,50 . Oldenburg i. Großh., Gerhard Stalling.

Die Wahrechtsänderung in Hamburg und der Li— beralis mus. Von Dr. Julius Goldfeld. 120 4. Hamburg Otto Meißners Verlag. . .

Abhandlungen aus dem staatswissenschaftlichen Se— minar zu Münster i. W. 8. Heft: Das Finanzwesen des Provinzialverb andes Westfalen. Von Dr. Heinrich Lübbering. 4 6. Leipzig, C. L. Hirschfeld.

Juristisch-psychiatrksche Grenzfragen. VII. 2: Der Banklehrling Karl Brunke aus Braunschweig. Von Sanitätsrgt Dr. Roth und Medizinalrat Dr. Gerkach. 0,75 . Halle a. S., Karl Marhold.

Die Diagnose und Therapie des Kopfschmerzes. Von Dr. med. Franz Windscheid. 2. Aufl. 2 S. Initial⸗ erscheinungen der zerebralen Arte riofklerose und kritische Crörterung ihrer Pathogenese. O, 75 416. Halle a. S., Karl Marhold.

Grundzüge der praktischen Luftschiffahrt. Von

Viktor Silberer. (Bibliothek für Luftschiffahrt u. Flugtechnik Bd. 2.) 260 S. mit vielen Abbildungen und Vignetten. Eleg. . 7 (66. Berlin W. 62, Keithstr. 56. Richard Karl Schmidt u. Co. „Kalender für Gemeindebeamte auf das Jahr 1910. Derausgeg. vom Zentralverbande der Gemeindebeamten Preußens. XI: Jahrg. 2 Teile. Berlin 8W. 68, Kochstr. 4s5. Buchdruckerei Reinhold Kühn.

Altfränkische Bilder. XVI. Jahrg. 1 4. druckerei.

Amerikanische Eindrücke. Von gebdn. 4 Ac. Berlin W. 9, Linkstr. 17.

ö Illustrierter Prachtkalender für 1910. Würzburg, H. Stürtz, Königl. Universitäts⸗

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Rom, 12. Dezember. (W. T. B.) Aus Anlaß des Beginns der zweiten Sitzungsperiode des Internationalen i instituts fand heute nachmittag im Inssitut ein feierlicher Empfang statt, zu dem der König und neben den Vertretern von 50 Natsonen unter anderen die Minister Guiceiardini, Spilingardi, Rubini und Luzatti erschienen waren. Der Senator Bo dio wurde zum Präsidenten, der Ministerialdirektor Dr. Thiel⸗Berlin zum Vizeprässdenten des Instituts gewählt.

Theater und Musik. Thaliatheater.

-Die füße Corg“, ein Schwank mit Gesang in drei Akten von Jean Kren und Arthur Lippschitz, ist ein heiterer Unsinn, nur erdacht, um eine Anzahl zum Teil außerordentlich komischer Situationen und wirksamer Gesangs⸗- und Tanznummern aneinander zureihen. Die „süße Cora“ ist eine der Schlangentänzerin Lola ge⸗ hörige Cobra, die durch eine Kofferverwechslung in das Haus des Fabrikanten Hasselbach gelangt und durch ihre Anwesenheit da allerlei Unheil stiftet. Ihre Herrin, die dorthin gekommen ist, um ihr Eigentum abzuholen, wird nämlich durch die übliche, nur im Schwank mögliche Verkettung von Umständen für eine französische Sprachlehrerin auß— gegeben. Aber wozu den Inhalt erst erzählen! Es genügt, festzustellen, daß der Schwank lustig und durchaus harmlos, die Couplets, deren Texte von Alfred Schönfeld herrühren, des Witzes nicht ermangeln und die Musik von Viktor Hollaender in anmutiger und gefälliger Weise ihrem Zweck entspricht. Einige wohlgelungene überraschende Requisitenscherze vervollständigten das der Komik dienende Rüstzeug des Schwanks. Die Hauptsache war, daß bei der Darstellung alles wie am Schnürchen ging, daß alle Mitwirkenden mit Lust und Liebe bei der Sache waren, so die Damen Ballot und Ly, die als anmutige Sängereinnen und Tänzerinnen sich auszeichneten, Frau , als gestrenge Hausfrau, Emil Sondermann als drolliger Pantoffel⸗ held, Arnold Rieck als beweglicher Verwandlungskünstler, Kuͤrt Olfers als vielbeschäftigter Winkelkonsulent. Laute Heiterkeitsausbrüche und stürmischer Beifall, der sich mehrfach Wiederholungen erzwang, lohnte allen Beteiligten für ihre Leistungen. Der kurzweilige Schwank wird demnach auf eine ziemlich lange Lebensdauer rechnen dürfen.

Im Königlichen Opernhause, beginnt morgen (An⸗ fang 77) eine Gesamtaufführung des „Ringes des Nibelungen“ mit dem Vorabend; „Das Rheingold“ in der bekannten Besetzung der Hauptrollen. Dirigent ist der Generalmusikdirektor Dr. Muck. Den Loge singt Herr Dr. Briesemeister, den Alberich Herr Habich vom Stadttheater in Düsseldorf als Gast.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen, Dienstag, Schillers ‚Marig Stuart“, mit Frau Willig in der Titelrolle, in Szene. Die Besetzung lautet; Elisabeth: Frau Poppe; Leicester: Herr Sommerstorff; Shrewsbury: Herr Nesper; Burleigh: Herr Kraußneck; Paulet: Herr Molenar; Mortimer: Herr Geisendörfer. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr.

In der Komischen Oper wird am Mittwoch, Sonnabend und Montag nächster Woche d'Alberts Musikdrama „Tiefland“ wiederholt. Für den heutigen Montag und nächsten Sonntagabend sind „Hoff⸗ manns Erzählungen“ angesetzt. Morgen geht „Der Polnische Jude“, mit Rudolf Hofbauer als Mathis, in Szene. Donnerstag begeht Alfanos „Auferstehung“ das Jubiläum der 25. Aufführung. 3 Freitag findet eine Aufführung von Puccinis „Tosca“, mit Marla