1910 / 4 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 06 Jan 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Zugleich werden die bereits früher ausgelosten, noch rück⸗ ständigen Aktien: Aus der Kündigung zum 1. Juli 1906. Nr. 14 832; Aus der Kündigung zum 1. Juli 1908. Nr. 129990 wiederholt aufgerufen. Formulare zu den Quittungen werden von den oben⸗ ben ld mn Kassen unentgeltlich verabfolgt.

Berlin, den 3. Januar 1910.

Hauptverwaltung der Staatsschulden. von Bischoffshausen.

Personalveränderungen.

söniglich Preußische Armee.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Verfügung des Kriegsministeriums. 26. De⸗ zember. Hönecke, Oberzahlmstr. von der Reitenden Abteil. Torgauer Feldart. Regts. Nr. 74, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

27. Dezember. Frenkel, Oberzahlmstt. vom III. Bat. ,. Inf. Regts. Nr. O98, auf seinen Antrag mit Pension in den c far versetzt.

Königlich Bayerische Armee.

München, 31. Dejember. IãQn Namen Seiner Majestät des Königs. Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, haben mit Allerhöchster Entschließung vom 24. d. M. Allergnädigst zu verleihen geruht: den Titel eines Oberstabsveterinärs: den Stabsveterinären Gers heim des 1. Feldart. Regts. Prinz⸗Regent Luitpold und Grüner des 7. Feldart. Regts. Prinz Regent Luitpold, den Titel und Rang eines Oberingenieurs: dem Ingen. Dr. Triebel bei der Geschützgießerei und Geschoßfabrik, den Titel und Rang eines Oberchemikers: den Chemikern Dr. Kinkelin beim Hauptlaborgtorium, Dr. Gerdeißen, Nieder län der bei der Pulver⸗ fabrik, den Titel eines Geheimen Rechnungsrats: den Rechnungsräten und Geheimen expedierenden Sekretären Holl im Kriegsministerium und Heinrich bei der Insp. des Ingen. Korps und der Festungen, den Titel eines Rechnungsrats: den Geheimen expedierenden Sekretären Frteyland, Bleifuß, Miller im Kriegsministerium und Goller eim Militärbevollmächtigten in Berlin, den Oberintend. Sekretären Leichsenring, Nerschmann der Intend. der militärischen Institute, dem Administrator Otto des Remontedepots Schwaiganger, dem roviantmeister Brand des Proviantamts Ansbach, den Garn. Verwalt. Oberinspektoren Brückner der Garn. Verwalt. Lechfeld, Landgraf der Garn. Verwalt. Grafenwöhr und Kothmüller der Garn. Verwalt. Regensburg, den Titel eines Kanzleirats: den Ge⸗ heimen Registratoren Keiner, Sadowski, Röckelein im Kriegs⸗

ministerium. 8

XIII. (Königlich Württembergisches) Armeekorps.

Offiziere, Fähnriche uw. Im Beurlaubtenstande. Stuttgart, 22. Dezember. Prof. Dr. Blauel, Königl. preuß. Oberarzt der Landw. a. D., als Oberarzt der Landw. 1. Aufgebots (Reutlingen) mit einem Patent vom 18. Dezember 1901 im Armee⸗ korps angestellt.

Der Abschied bewilligt: Dr. Benischeck (Ravensburg), Ober⸗ rzt der Res., behufs Uebertrittts in Königl. preuß. Militärdienste, Dr. Groß (Biberach), Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots.

u Assist. Aerzten befördert die Unterärzte der Res.: Dr. Kost, 222 ö (Stuttgart), Cluß (Reutlingen), Dr. Blezinger (Mergentheim), Greiner (Ulm). ;

Stuttgart, 23. Dezember. Maier, Garn. Verwalt. Insp. in Ludwigsburg, seinem Ansuchen entsprechend mit der gesetzlichen Pension in den Rubestand versetzt. 4

Stuttgart, 24. Dezember. Weiß, Garn. Verwalt. Insp. in Ulm, seinem Ansuchen entsprechend mit der gesetzlichen Pension in den Ruhestand versetzt. 6

Durch Verfügung des Kriegsministerium s. Versetzt: Weil, Lazarettinsp. beim Garn. Lazarett Ludwigsburg, nach Wein⸗ arten, Kantzer, Garn. Verwalt. Insp. in Münsingen, zum 1. Fe⸗ ruar 1910 nach Um, Hinzmann, Intend. Sekretär von der Intend. der 27. Div. (2. K. W.) zur Korpsintend.

Aichtamtliches. Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 6. Januar.

Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Kriegsministers, Generals der Infanterie von Heeringen und des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker entgegen.

Seine Majestät der Kgiser empfing gestern nachmittag im hiesigen Königlichen Schlosse in Anwesenheit Seiner Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheit des Kronprinzen, Ihrer König⸗ lichen Hoheiten der Prinzen Eitel⸗Friedrich, August Wilhelm und Oskar, des Reichskanzlers, der meisten Staatsminister und Staatssekretãre sowie anderer hoher Würdenträger die gestern früh hier eingetroffene chinesische Marinestudienkom⸗ mission. Dabei hielt Seine Kaiserliche Hoheit der Prinz Tsai⸗Hsün an Seine Majestät den Kaiser folgende Ansprache: R

Im Auftrage meines erlauchten Souveräns bin ich nach Deutsch⸗ and gekommen, um mich mit den Marineverhältnissen vertraut zu machen. Auf den gnädigen Befehl Eurer Kaiserlichen Majestät bin ich bei meiner Ankunft in Berlin von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Oskar von Preußen sowie von den Offizieren und Beamten Gurer Majestät begrüßt und mit außergewöhnlichen Ehren empfangen worden.

Der Name der deutschen Marine hat in der ganzen Welt einen guten Klang, und die vorzüglichen Leistungen der deutschen Werften sind allgemein bekannt; daher gereicht es mir zu ganz besonderer Freude, jetzt aus eigener Anschauung Deutschlands Fortschritte auf maritimem Gebiet kennen zu lernen. .

Es erfüllt mich dabei der lebhafte Wunsch, daß die freundschaft⸗ lichen Beziehungen unserer beiden Lãnder immer inniger werden und stets nur Friede und Eintracht berrschen mögen. Hiermit verbinde ich die Hoffnung, daß Eurer Majestät noch viele Jahre einer glück—⸗ lichen Regierung beschieden sein mögen.

Seine Majestät der Kaiser antwortete, wie folgt:

Eurer Kaiserlichen Hoheit danke Ich für Ihre freundlichen Worte und für die guten Wünsche, die Sie für Meine Person zum Ausdruck ebracht haben.

*

. die Erfüllung der Aufgaben der Kommission

ern. EGinsicht Eurer Kaiserlichen Hoheit zweifle Ich sere Einrichtungen und Leistungen zu würdigen wissen werden, und Ich gebe Mich der Hoffnung hin, daß Sie unter dem, was Sie sehen werden, manches finden mogen, was Ihnen von und der Beachtung wert erscheint. auch Eurer Kaiserlichen Hoheit Besuch „die zwischen China und dem bestehenden so freundschaftlichen Beziehungen zu fördern und zu festigen, heiße Ich Eure Kaiserliche Hoheit und Ihre Begleiter in unserer Mitte von Herzen willkommen.

An die Audienz schloß sich eine Frühstückstafel.

Seine Majestät der Kaiser verlieh Seiner Kaiser— lichen Hoheit dem Prinzen Tsai⸗Hsün das Großkreuz des Roten Adlerordens mit der Kette. der Prinz dem Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg einen Besuch ab.

und Ich . in jeder Weise zu e

Bei der nicht, dun S )

Deutschland d Deutschen Rei

Gegen Abend stattete

Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗ sitzung; vorher hielten der Ausschuß für die Verfassu ür Handel und Verkehr und für

vereinigten Ausschüss u für Justizwesen Sitzungen.

wesen sowie der

Die Bevollmächtigten Großherzoglich mecklenburgischer Staatsminister Graf von Bassewitz⸗Levetzow aus Schwerin, Fürstlich schwarzburgischer Staatsminister Frei⸗ herr von der Recke aus Sondershausen, Fürstlich schwarz— burgischer Geheimer Staatsrat Dr. Körbitz aus Rudolstadt, Bremen und Senator

zum Bundesrat,

Bürgermeister Dr. Marcus

Dr. Schaefer aus Hamburg sind in Berlin angekommen.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Hertha“ vorgestern in Kingston (Jamaica) eingetroffen und geht am 11. Januar von dort nach Havana in See.

S. M. Flußkbt. ist am 3. Januar Canton eingetroffen und geht heute von dort wieder in See.

S. M. S. „Bussard“ ist auf der Heimreise gestern von Aden nach Port Said in See gegangen.

„Tsingtau“

Stettin, 6. Januar. Die chine sische Marinestudien— kom mission traf, „W. T. B.“ zufolge, heute vormittag mit Sonderzug hier ein und begab sich nach ulkan“ in Bredow zu eingehender Besichtigung der Anlagen des Wer kes.

der Werft des

Großbritannien und Irland.

Aus Anlaß der Wahlen veröffentlicht der Britische Flotten verein eine Kundgebung, in der, „W. T. B.“ zufolge, erklärt wird:

Die britische Vorherrschaft zur See werde on der größten Militärmacht des Kontinents bedroht, die im Begriff sei, eine unge⸗ heure Kriegsflotte zu bauen. England müsse für jedes deutsche Kriegs⸗ schiff seinerseits zwei Kriegsschiffe auf Stapel legen. Es sei dem britischen Volke dringend ans Herz zu legen, ür die Aufrechterhaltung einer unangreifbaren Vor⸗ en Flotte seine Stimme abzugeben.

Rußland.

des Kaisers Nicolaus, Fürstlichkeiten und der Mitglieder des Kaiserlichen Hauses ist, „W. T. B.“ zufolge, gestern nachmittag die in der Peter⸗ St. Petersburg aufgebahrte Großfürsten Michael eingesegnet und dann feierlich in der Kirche beigesetzt worden.

Der Generalkommandant des Odessaer Militärbezirks, General Baron Kaulbars, ist zum Mitglied des Kriegsrats

ernannt worden.

ͤ bei den kommenden Wahlen einzi macht der eng

Im Beisein der fremden

Paulskirche

Auf Veranlassung Hakki⸗Beis hat die Pforte, wie das „W. T. B.“ meldet, dem italien ischen Konsul in Hodeida erlaubt, sich an den Ort der Ermordung des Italieners Benzoni Der Konsul ist bereits dorthin abgereist.

Griechenland.

der gestrigen Sitzung der Deputiertenkammer brachte der Ministerpräsident Mavromichalis die Vorlage, betreffend die Dienstaltersgrenze der diplomatischen und konsularischen mungen der Vorlage hätten alle griechischen Gesandten, mit Ausnahme derjenigen in Washington, London und Sofia, die Dienstaltersgrenze erreicht. empfahl Theotokis im Laufe der Sitzung dem Finanz— minister, eine Vorlage, betreffend Aufnahme einer Anleihe Der Minister

zu begeben.

Beamten, Nach den Bestim⸗

Wie das „W. T. B.“ meldet,

für öffentliche Arbeiten, einzubringen. erwiderte, er sei mit der Ausarbeitung einer entsprechenden Vorlage beschäftigt.

Ame rika.

Nach einer Besprechung mit den Mitgliedern des Kabinetts und einer Reihe von Senatoren hat der Präsident Taft, T. B.“ zufolge, vorgestern beschlossen, das Gesetz, be⸗ zwischenstaatlichen Handel, Antitrustgesetz in eine Botschaft zusammenzufassen, die er dem Kongreß heute zugehen lassen wird.

Blättermeldungen aus New York zufolge Staatssekretär Knox ein Rundschreiben an die Mächte ge⸗ richtet, in dem vorgeschlagen wird, den geplanten internationalen Prisengerichtshof mit den Machtbefugnissen und Funktionen eines internationalen Schiedsgerichts für alle im Frieden wie im Krieg auftauchenden Streitfragen auszu⸗

und das

Der argentinische Spezialbevollmächtigte bei der Re⸗ gierung von Uruguay Saenz Penna hat, „W. T. B.“ zufolge, gestern das Uebereinkommen über die Hoheitsrechte auf dem La Plata unterzeichnet, durch das die freundschaft⸗ lichen Beziehungen zwischen Uruguay und Argentinien wieder⸗ hergestellt werden.

Koloniales.

Die Koloniglabteilung der Deutschen Landwirt, schaftsgesellschaft bietet jetzt kolonialen Landwirten, besonden

armern in Südwestafrika, die häufig vor Ergreifung ihres jetz igen

erufes keine Gelegenheit hatten, sich mit Wollkunde und Zu von Wollschafen eingehend zu eren, Gelegenheit, sich soweohi in Wollkunde auszubilden, wie auch sich über Beschaffenheit der ven ihnen erzielten Wolle ein sachverständiges Urteil zu beschaffen. Da die Wolle der wichtigste Ausfuhrartikel für Südwestafrika zu werden ver spricht, und der Preis, der von deutschen Fabrikanten gezahlt werden kann jeweilig von der Güte der Wolle abhängt, ist zu wünschen, daß von den getroffenen Einrichtungen recht viel Gebrauch gemacht wird, be. sonders da von seiten der Deutschen Landwirtschafksgesellschaft kein. besondern Kosten erhoben werden. An den genannten Kursen in der Wollwäscherei und kämmerei in Hannover⸗Döhren hat bereits en junger, nach Südwestafrika hinausgehender Landwirt teilgenommen. Zur Förderung der Wollkunde in den deutschen Kolonien, insbesonder. in k sind im einzelnen folgende Einrichtungen getroffen worden:

1) Die Wollwäscherei und kämmerei in Hannover⸗Döhren hat sich bereit erklärt, Landwirte und Farmer, die als Viehzüchter in die deutschen Kolonien gehen wollen, oder Farmer, die sich gelegentlich z längerem Aufenthalt in Deutschland lbefinden, zur Teilnahme an den Sortiergrbeiten in ihrer Fabrik in vier- bis sechswöchigen Kursen aufzunehmen. Die Teilnehmer müssen sich verpflichten, die von der . festgesetzte Arbeitszeit gewissenhaft inne— zuhalten und sich mit Ernst und Fleiß an den Arbeiten zu beteiligen.

Der Eintritt kann jederzeit erfolgen; jedoch ist die Teilnehmerzahl

beschränkt. Herren, die gleichzeitig auch die wissenschaftlichen Grund lagen der Wollkunde kennen lernen wollen, haben hierzu Gelegenheit durch Teilnahme an den von Ende Oktober bis Ende Dezember d. J

stattfindenden Vorlesungen des Professors Dr. Leb mann, Vorsteherz

des Zootechnischen Instituts der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin, Invalidenstraße 42. An den Besuch dieser Vorlesungen wird sich zweckmäßig ein praktischer Kursus in Hannover⸗Döhren an— schließen. Meldungen sind möglichst frühzeitig an die Kolonial, abteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft, Berlin SW. Dessauer Straße 14, zu richten. ; ;

2) Der Kolonialabteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschast können aus den Kolonien Wollvließe zur Begutachtung ein— gesandt werden, die unter Leitung des Professors Dr. Lehmann durch einen in der Praxis stehenden Sortierer, Angestellten einer hervorragenden Wollimportfirma, erfolgt. Die Begutachtung erstreckt sich im einzelnen auf Bestimmung der Sortimente, deren Gewicht im Schmutz, Angabe des ungefähren Rendements, Hinweis auf etwaige Fehler oder Vorzüge der Wolle bezw. auf die Pflege derselben auf dem Tier sowie Taxe des Wertes im Vergleich mit den Konjunkturen der letzten Märkte. Auf Wunsch können in geeigneten Fällen Ratschläge in züchterischer Beziehung erteilt werden. Die Vließe sind vollständig, ohne Entfernung der abfallenden Teile (Randteile, Brand u. dgl) in möglichst wenig zerrissenem Jn— stande, gut zusammengeschlagen und nicht zu fest verpackt einzusenden. Unvollständige bezw. zerrissene Vließe können von der Begutachtung zurückgewiesen werden. Auch wird Verfügung über die eingesandten Vließe vorbehalten. Für jedes Vließ sind Anmeldebogen, die durch die Kaiserlichen Gouvernements, den Farmerbund und die Farmer⸗ bezw. Pflanzervereinigungen zu beziehen sind, in doppelter Ausfertigung und nach Möglichkeit dem Vor—⸗ druck entsprechend ausgefüllt einzusenden. Die Gebühren für Begutachtung sind vorläufig für das erste einzusendende Vließ einer Sendung oder einzelne Vließe auf 10 M, für jedes weitere einer Sendung auf 3 festgesetzt worden, die zur Entschädigung des Sortierers benutzt werden. Die ,, der Begutachtung der eingesandten Vließe erfolgt möglichst innerhalb 14 Tage nach Eingang.

Anträge auf Besorgung von Böcken und Schafen aus Deutschland sind nach den allgemeinen „Bedingungen für die Be⸗ schaffung von Zuchtvieh durch die Deutsche Landwirtschaftsgesell. schaft' an die Kolonialabteilung der Deutschen Landwirtschaftsgesell⸗ schaft zu richten.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die preußischen Sparkassen im Rechnungsjahre 19038.

Das preußische Statistische Landesamt hat jetzt die vorläufigen Ergebnisse der Statistik der Sparkassen Preußens für das Rechnung jahr 1908 hinsichtlich der Zahl der Sparkassenbücher und der Em— lagen sowie der Bewegung von beiden nach Staat, Provinzen und Regierungsbezirken in der Stat. Korr. veröffentlicht. Diesen Ergeb= nissen zufolge, die den bisherigen Erfahrungen e nur sehr wenig von den endgültigen abweichen dürften, wurden im Rechnungsjahre 196, das bei der Mehrzahl der Sparkassen das Kalenderjahr 1968, bei einen grohen Teil der Kassen aber das Jahr vom 1. April 1908 bis 31. Män 1909 und bei einigen die Zeit vom 1. Juli 1908 bis 30. Zuni 1909 ist von 1679 Sparkassen Preußens 16630523 Sparkassenbücher aus—⸗ gegeben und 1 233 188 zurückgenommen. Im Um lauf be— fanden sich am Schlusse des Rechnungsjahres 196 3395184 Sparkassenbücher mit Einlagen bis zu 60 S, 1 642 8570 mit Einlagen von über 60 bis 150 M, 1 454 477 mit über 150 bis 300 ½, 1691 132 mit über 300 bis 600 , 2071545 mit über ßo0 bis 1500 6, 927572 mit über 1500 bis 3000 581 770 mit über 3000 bis 10000 S und 77478 mit Einlagen von über 10000 Ss, insgesamt 11842023 Sparkassenbücher. Es belief sich der Gesamtbetrag der Ein⸗ lag en am Schlusse des Rechnungs vorjahres 1907 auf 9 121 315 000 4 der Zuwachs während des Rechnungsjahres 1908 durch Zu⸗ schreibung von Zinsen auf 289 321 090 , durch Neueinlagen auf 2 528 198 000 , der Betrag der Rückzahlungen im Rechnunge jahre auf 2 365 746 000 , der Gesamtbetrag der Einlagen am Schlusse des abgelaufenen Rechnungsjahres auf 573 088 000 6, der Betrag des Reservefonds, wie er an Schlusse des Rechnungsjahres zu Buche stand, auf 579 474 000 . Betrachtet man die Bewegung der Zahl der Sparkassenbücher zunächst für den Gesamtstaat, so wurden im Laufe des Berichtsjahree wie bereits erwähnt, 1 630 523 ausgegeben und 1273786 zurück enommen, sodaß sich ein Ueberschuß von 356 737 Stück ergab. * den fünf Vorjahren waren die entsprechenden (allerdings end= gültigen) Ziffern 388 913 bezw. 453 426, 430 303, 439 363 und 33 141 gewesen. Das Berichtsjahr hat also den ungünstigsten Plaz. Freilich ist dabei zu berücksichtigen, daß mit der fortschreitenden Ver— Heilung des Sparkassenbuches im Volke der Spielraum für die Ge— winnung neuer Sparer sich allmählich verengert, und daß in Preußen bereits 30,22 Bücher auf je 100 Einwohner entfallen. . Was die Größenklassen der Bücher nach der Höhe der Ein, lagen betrifft, so haben sich die bis 60 Æ um 5,38 v. H., die ven mehr als 60 bis 150 ½ um 1,12, die von 150 bis 300 S um 07s die von 300 bis 600 S um O, sh, die von 600 bis 3000 S. um 340 die von 3000 bis 10000 4 um 6,49, die über 10 000 4 um 104 v. H., die Sparkassenbücher überhaupt um 3,12 v. H. vermehrt. Aus diesen Verhältniszahlen könnte man zunãchft den Eindruck ge⸗ winnen, als sei die Zunahme im wesentlichen auf die größten umd kleinsten Konten beschränkt gewesen; es ist dies aber einer der zabl⸗ reichen Fälle, in denen die Verhältniszahl allein irreführt und du die absolute Zahl ergänzt werden muß. Letztere zeigt eine Zunahme

a. bei den Büchern bis zu 60 S um 173 453, . . von 60— 150 15 177

; . 150— 300 10 599, . 300 600 1441877 5 600 3 000 938738, 3000-10 00, , 35 443, über 10000 ö 7314,

. . J. J. J

m 357 889 Stück.) Hier zeigt sich, daß die verhältnis 3 Zunahme der Bücher mit über 10 000 6 Einlage nur 7314, also viel ö als bei allen anderen Klassen 9 im übrigen nur die Bücher mit mehr als 600 , die zu ei rheblichen Teile im Eigentume der besitzenden Klassen oder juristischen Personen u. dergl. sein werden, sowie die ganz kleinen scher stark an Zahl zugenommen haben, sieht allerdings nicht be⸗ anders erfreulich aus; denn die große Zunahme bei der untersten Flasse kann wenigstens teilweise durch Herabsinken aus höheren Klassen rflart werden. Es muß dann aber eine Menge neuer kleiner Sparer aufgetaucht sein; denn wäre die Bewegung bei den bisherigen parern der untersten glaffe ebenfalls so wenig günstig wie bei den nãchsthöheren Klassen gewesen, so hätte dem Zugange aus diesen ein Abgang infolge von Abhebung der ganzen kleinen Einlage entgegen— sichen müssen. Im ganjen wird man sagen dürfen: das Bild ö ver⸗ hältnis mäßig nicht günstig, aber es hätte in Anbetracht von mancherlei ungünstigen Einflüssen, unter denen die Volkswirtschaft im Zeitraume der Berichterstattung zu leiden hatte, noch viel ungünstiger sein können. Im ganzen hat die Zahl der Sparkassenbücher immer noch reichlich doppelt so stark zugenommen wie die Bevölkerung.

Erwähnt sei noch, daß von der Gesamtzahl der Bücher auf die Gruppe zu a 28,67, zu h 13,87, zu e 12, 28, zu d 14,28, zu e 2533, zu fäl, zu g 06h v. G; trafen. Die Gruppe e konnte im Be⸗ tichtsiahre zum ersten Male in zwei Untergruppen: über 600 bis 1560 M mit 17,49 und über 1500 bis 3000 mit 7,83 v. H. zerlegt werden.

Betrachtet man die Bewegung der Zahl der Sparkassenbücher wenigstens im ganzen 9 noch nach Provinzen und Bezirken, so stellt sich heraus, daß in Hohenzollern die Zahl der zurückgenommenen Bücher um ein geringes, in Berlin dagegen (wie schon im Vorjahre) bedeutend

rößer als die der neu ausgegebenen war. Die Provinzen hatten jedoch

. einen Ueberschuß des Zugangs, zum Teil wie Branden⸗ burg, Schlesien, Sachsen, Hannover, Westfalen und die Rheinprovinz 36 ag. einen recht ansehnlichen. Bei den Regierungsbezirken (außer Sigmaringen) tritt die gleiche Erscheinung hervor.

Dem Sozialstatistiker werden die Ziffern über die Sparkassen⸗ bücher, dem Wirtschafts⸗, insbesondere dem Kreditstatistiker die über die Einlagen interessanter sein; denn nach deren Stande richtet sich im wesentlichen auch die Bedeutung der Sparkassen als Geldgeber und als Verwalter eines ansehnlichen Teiles unseres Volksvermögens. Auch hierüber gibt die vom Statistischen Landesamt veröffentlichte Uebersicht Auskunft. Es waren bei den berichtenden Kassen im ö. Staate am Schlusse des Rechnungsvorjahres 1907 9121,32 Millionen Mark an Einlagen vorhanden; durch Zuschreibung von Zinsen allein kamen im Rechnungsjahre 1998 289,32 Millionen hinzu, d. i. mehr, als in den Vorjahren bis einschl. 1894 und auch noch im Jahre 1909 der gesamte . mit Einschluß des Ueberschusses der Neueinlagen über die Rücklagen betragen hatte. Die Neueinlagen machten 2628,20, die Rückzahlungen 2365,75 Millionen aus. Es ergab sich darnach ein Endbestand, von 9573,09 Millionen Mark und ein Zu— wachs von 451,77 Millionen Mark (in den fünf Vorjahren 331,768 ejw. 493,52, 534,21, 53155 und 500,66 Millionen Mark). Der Zuwachs ist also immerhin größer als im Vorjahre, und es ist fast mit Sicherheit anzunehmen, daß die preußischen Sparkassen am Ende des Jahres 1999 die zehnte Milliarde an Einlagen annähernd vollendet oder überschritten haben werden.

Sieht man von dem Zuwachse durch zugeschriebene Zinsen ab und betrachtet man nur das Verhältnis der Neueinlagen zu den Rück— jahlungen, so ergibt sich für den ganzen Staat ein Ueberschuß der ersteren in Höhe von 162,45 Millionen Mark. Es ist dies sehr viel weniger als der Zuwachs durch Zinsen. Bei einer Vergleichung mit den Vorjahren steht das Berichtsjahr zwar etwas besser da als das Vorjahr mit nur 67,34 Millionen Mark Ueberschuß der Neueinlagen über die Rückzahlungen, aber weit schlechter als alle früheren Jahre rückwärts bis 1895, mit Ausnahme der Jahre 1900 und 1899, wie die fol n Ziffern ergeben, nach denen jener Ueberschuß be⸗ tragen hat:

im Jahre 1895 233,05 Mill. im Jahre 1902 311,94 Mill. 4666 , , 1995 309018 1897 186,91 . 1904 314,64 ö.

1898 182,26 . 1905 301,47 ?

1899 145,47 3 1906 243,83 2

1900 95,37 . 1907 67,34 =. 1901 313,67 . 1908 162,45 .

Hoffentlich leitet das Berichtsjahr mit dieser Bewegung eine dauernde, 212 bloß einmalige Wendung zum Besseren ein. Be⸗ achtenswert ist in dieser Hinsicht noch, daß im Berichtsjahre die Neu— einlagen nur in Ostpreußen, im Stadtkreise Berlin, in Sachsen und en Hohenzollernschen Landen geringer als die Rückzahlungen waren, ährend dies im Jahre 19097 außerdem auch in Westpreußen und Schleswig⸗Holstein zutraf. Regierungsbezirke mit weniger Neueinlagen als Rückjahlungen gab es allerdings eine ganze Reihe, nämlich (abge— chen von Berlin und den Hohenzollernschen Landen) Königsberg, Iumbinnen, Allenstein, Köslin, Magdeburg, Merseburg, Hildesheim, Stade und Aurich.

Am 14. Dezember ist der dem bayerischen Stgtistischen andes amt neu angegliederte Statistische Beirat in München nter dem . von Ministerialrat Henle aus dem Ministerium es Innern zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten. Die voll—⸗ sählig erschienenen Mitglieder sin ganzen 13 sind einerseits Ver— reter der einzelnen Staatsministerien und des Statistischen Landes— umts, andererseits Vertreter der Praxis (Landwirtschaft, Gewerbe und Handel) und der Wissenschaft. Die Aufgabe des Beirats ift, wie er Vorsitzende einleitend hervorhob, ein einheitliches Zu— anmmenwirken zwischen den verschiedenen Zweigen der Staats— erwaltung und der e fil n Statistik zu vermitteln und das Statistische Landesamt bei Vornahme statistischer Erhebungen und ei Ausnutzung ihrer Ergebnisse zu , . Namens des tatistischen Landesamts betonte Ministeriglrat Dr. Zahn, wie not— zendig für die Durchführung der zahlreichen Aufgaben seines Amts ine innige Fühlung mit Vertretern der Praxis und der Wissenschaft ei und wie um deswillen die jetzige Zusammensetzung des Beirats dom Standpunkt der amtlichen Statistik besonders willkommen er⸗ cheine. Unterstaats sekretãr a. D., Universitätsprofessor Dr. von Mayr Sniderte dankend mit dem Hinweis darauf, daß die jetzige Form des Feirats, zweifellos eine jeikgemäße Ausgestaltung der Statistischen hentrallommission bedeute; er, der dieser Kommission als damaliger eiter der bayerischen Statistik angehörte, freue sich, als Mitglied dez hdigen Beirats wiederum im Dienst der heimischen Statistik amtlich itwirken zu können.

1c nisterialrat Zahn gab dann einen Bericht über die Ent⸗ biglung der bayerischen Statistik im Jahre 1909. Er 77 die Versammlung in einem um fassenden Ueberblick mit den lie . neuen Arbeiten bekannt, die das Statistische Landesamt im fan enen Jahre auf dem Gebiete der Bevölkerungs,, Wirtschafts, . . und politischen Statistik eingeleitet und durchgeführt habe, * betonte um. Schlusse mit besonderer Genugtuung, daß die Er— muiss der Arbeiten in weiten Kreisen große Beachtung fänden, nicht Ucchtitant, der berxitwissigen Unterftitzing, weiche die Preffe, aller 9 eien hierbei leiste. Diesen Ausführungen folgte eine eingehende r mrehang. Professor von Mayr und Landtagsabgeordneter Segitz men Gelegenheit ihre . und Anerkennung über das neu er

nene Statistische Jahrbuch“, das die Frucht der vom Vorredner

Der kleine Unterschied ie obige Zi ü Een gegen die obige Ziffer von 356 737 Stück 3. , daß bei den Let fi die Vermehrung gegen

ndͤbestand des Vorjahres bei den in diesem berichtenden .

i n mn, die sich nicht völlig mit den Kassen des Beri ts⸗

eschilderten Reformarbeiten darstelle, hervorzuheben. Ersterer egrüßte auch die Verfügung des Ministers des Innern, auf Grund deren die zußeren Verwaltungsbehörden mit statistischem Material über ihre Bezirke versehen werden. Abg., Segitz wünschte eine Er— weiterung der Statistik über die Eisenbahnwanderungen der Arbeiter vom Wohnort zum Arbeitsort sowie der Statistik über den Milchverkehr; ferner stellte er eine Reihe von Wünschen in bezug guf das Statistische Jahrbuch! zur Erwägung. Der Ver— treter des Verkehrsministeriums, Dberregierungsrat Dr. Heubach äußerte sich über die Ausführharkeit der vom Vorredner angeregten Ausgestal— tung der Wanderungsstgtistik. Gutsbesitzer Heil brachte den . dor, die monatlichen Saatenstands⸗ und Ernteberichte auch auf den Futterrübenbau, zu erftrecken. Der Vertreter des Ministeriums des Aeußern, Legationsrat Dr. Donse teilte die Pläne hinsichtlich besserer Feststel lung der bayerischen Handelsinteressen mit. Die Vertreter von Gewerbe, und Handel Kommerzienrat Dr. Jodlbauer und Fleischermeister Weinberger⸗Nürnberg begrüßten ebenso wie der Abg. Segitz diese Mitteilungen mit dem Beifligen, daß die Besonder⸗ heiten der wirtschaftlichen Verhältnisse Bayerns am besten durch Auf⸗ bereitung des Erhebungsmaterials feitens der Landesbehörden, ing— besondere seitens des Statiftischen Landesamts ermittelt werden würden und nur so auch richtig , werden könnten. Die Erörterung aller dieser Anregungen geskaltete sich so eingehend, daß der weitere Punkt der Tagesordnung: Reform der Preisstatistik, einer späteren Sitzung überwiesen werden mußte.

Zur Arbeiterbewegung.

«Wie die Londoner Zeitung Daily Chroniele! aus Chicago erfährt, ist der Aus stand der Weich enste l ler von 20 bis 30 i. Chicago verkehrenden Eisenbahnen wenigstens für den Augenblick abge— wendet durch ein Uebereinkommen zwischen den Vertretern der Weichen⸗ steller und den Generalvertretern der Eisenbahngesellschaften, nach dem das Verlangen der Weichensteller nach wesentlicher Auf— besserung der Löhne einem Schiedsgericht unterbreitet werden sboll. Diese lebereinkunft weckt lebhafte Genugtuung, denn der Streik würde den Eisenbahnbetrieb eines sehr weiten Gebiets lahmgelegt und etwa 140 000 Mann, abgesehen von den indirekt Beteiligten, betroffen haben.

Kunst und Wissenschaft.

Die Anton Graff-Ausstellung in der Galerie Schulte.

SEFin offizieller Anlaß für diese Gedächtnisausstellung des kur⸗ sächsischen Hofmalers Anton Graff liegt zwar nicht vor (seinen hundertsten Todestag werden wir erst 1913 feiern), doch ist eine so umfassende historisch und kunsthistorisch wichtige und ereignisvolle Ausstellung seiner Werke, wie sie die Galerie Schulte gerüftet hat, deshalb nicht weniger dankbar zu begrüßen. Und ein Maler wie Graff hat es nicht nötig, dem Publikum unter dem pietätvollen Deckmantel eines Gedenktages vorgesetzt zu werden. Trotzdem sucht man unwillkürlich nach einem. Anlaß, der einer so mühsam errungenen Veranstaltung jene Aktualität verleihen soll, die heutzutage allein dem Schweiße der Edlen zu lohnen pflegt, und findet ihn vielleicht in dem Beifall und Erfolg, 6 sich wor zwei Jahren die englische . zu erfreuen hatte. Allein der innere und äußere Gegensatz dieser beiden uns zeitlich in kurzer Folge vor— geführten Bilderschauen hat aktuelles Interesse. Dort die atlas, seiden- und samtrauschenden Mylords und Myladies des englischen Hochadels der prachtliebenden Georgenzeit hier, wenn wir von den wenigen Fürsten und Feldherren absehen, die deutschen Gelehrten, Dichker und Künstler aus Deutschlands geg, Befreiungstagen. Man lebte nicht mehr in der Zeit der Verfürstlichung, da sich jeder biedere Leipziger Spießer mit der pompösen Gebärde eines Groß— inquisitors malen ließ, sondern in der Zeit der Verbrüderung, da Bettler an ihre Verwandtschaft von Adam her appellierten, und Fürsten Dichter zu Freunden hatten. In dieser Zeit der Durch—⸗ geistigung mußte ein Künstler geschätzt sein, der es verstand, dle geistige Individualität seinen Personen ins Gesicht zu schreiben und keiner verstand dies damals besser als Graff. „Graff trifft, wie man sagen möchte, in höherem Sinne; er malt nicht den Leib, sondern den Geist, und weiß fast immer mit einem unglaublich glücklichen Takt den Moment zu ergreifen, wo sen nicht bloß eine oder, die andere charakteristische Eigen ümlichkeit, ondern die ganze Individualität des Innern in dem ruhigen Aeußern abspiegelt“, sagt ein Zeitgenosse von ihm. Verstand er es auch mitunter, das wenige Beiwerk glänzend zu malen, 9 konzentriert sich das Hauptinteresse seiner Bildnisse . auf den hell aus dem Dumkel herausgearbeiteten Kopf und auf die 1. den Spiegel der Seele. Sein er. nahm einen ruhigen, glücklichen Verlauf. Im Jahre 1736 in Winterthur eboren, ein Sohn der damals an Hervorbringung eistiger und künst⸗ erischer Persönlichkeiten so überaus fruchtbaren Schwelz, landete er nach unruhigen Wanderjahren im Jahre 1766 als kurfürstlicher Hof⸗ maler in Dresden. Von dieser Zeit an“, erzählt er in seiner kurzen Selbstbiographie, „ging es mir immer glücklich; ich hatte viel 6 zu malen. Die große Zahl der Gelehrtenporträts von

raff verdanken wir einem mäzenatischen Einfall des „Fürsten der de i, Buchhändler. Philipp Erasmus Reich. Wie der Dichter⸗ vater Gleim in Halberstadt die verschiedensten Maler für seinen Freund⸗ schaftstempel beschäftigte, wollte auch Reich eine Galerie der damals berühmten Schöngeister und Gelehrten anlegen und verpflichtete dafür neben Tischbein ausschließlich Graff. Diese geistige Ahnengalerie Deutschlands wurde später von Reichs Witwe der Leipziger Uni— versitätsbibliothek geschenkt, deren Zierde sie heute ist. Reichs Auf— trag führte Graff im Jahre 1771 auch nach Berlin, wo er Spal⸗ ding, Ramler, Mendelssohn und Sulzer malte und des letzteren Tochter Auguste kennen lernte, die bald darauf seine Frau wurde. Berlin verdankte er nach seinem eigenen Geständnis viel. Er malte nicht nur die Mitglieder des Königlichen Hauses, sondern erhielt im Jahre 1788 eine höchst ehrenvolle Berufung an die hiesige Kunstakademie, durch deren Ablehnung er seine Dresdner Position verbesserte. In Dresden blieb er zeit seines Lebens, von seinen zahlreichen kleinen Reisen ab— gesehen, Er war ein offener, heiterer Charakter, dessen Liebens— würdigkeit alle Leute für ihn einnahm. Am schönsten charakterisierte ibn sein Landsmann und Schwiegervater, der berühmte Aesthetiker Sulzer. der ihm seine Tochter gern gab, weniger wegen der Verdienste, die iich um die Kunst, auf die er sich gelegt hatte, erworben hatte und die ihn zu der Ehre eines Hofporträtmalers am ä nn he heñ gebracht hatten! als deshalb, weil er bei Graff „ein

emüt fand, das so hell und rein war als der schönste , , . Als liebenswürdigen älteren Herrn zeigt den Achtundfünfzigjährigen das berühmte Selbstbildnis der Lesben Galerie, das, der Katalog als Umschlaggravüre bringt. Und als soignierten Hofmaler, der auf sein Aeußeres hielt, schilderte ihn . Förster: ‚Er war ein munterer alter Herr; der uder ließ nicht erkennen, ob das Haar meliert, . oder vielleicht chon weiß war; obschon er eine Brille trug, blitzten dennoch seine Augensterne durch die Gläser hindurch. Er krug einen braunseidenen ie. mit ge, Stahlknöpfen, 6 Manschetten und Busen⸗ treif, eine geblümte, blauseidene Weste und schien die Artigkeiten, welche seine Nachbarin Frau Seydelmann ihm über seine Toilette machte, gern anzunehmen“. Unbegreiflich kleinbürgerlich mutet es uns heute allerdings an, wenn wir hören, daß er die kleine Wehnung, die er bei seiner Ankunft in Dresden 1766 als Jun el gemietet hatte, auch als Familien⸗ vater bis an sein Lebensende beibehielt. Die Malerin Luise Seidel schildert sie uns: „Er bewohnte auf dem Altmarkte nur ein einziges großes Zimmer mit zwei Fenstern. Dies war seiner ganzen Länge nach durch eine spanische Wand geteilt; in der einen Hälfte war des Künstlers Atelier aufgeschlagen, hier hantierte er, hier empfing er den. Besuch der Muse. In der anderen Abteilung hielt sich seine Familie auf; dieser Raum war Wohn, Eß⸗ und Schlafzimmer

alles in einem. Zuweilen verpflanzte sich auch hierher ein Stück Kunst; Graff rieb nämlich seine Farben selbst und pflegte dies dort zu besorgen. Als nach der Bautzener Schlacht 17 600 Verwundete in Dresden bequartiert werden mußten, mußte auch er seine Wohnung räumen und zu seiner Tochter siberfiedeln Wenige Wochen später starb er, am 22. Juni 1813. 2 Die Ausstellung umfaßt hundertzweiundachtzig Bildnisse des Meisters und zeigt uns damit etwa zwei Drittel seiner heute be⸗— kannten Werke, deren ursprünglicher Umfang allerdings bedeutend größer war: Er hat zwölfhundertundvierzig Bildnisse gemalt. Diese Anzahl ist bei der leichten Produktivität Graffs nicht übermäßig 8. da sie sich auf sechsundfünfzig Jahre verteilt, und die Behauptung der Malerin Luise eidel, der Meister habe wöchentlich ein Porträt für fünfzig Taler fertiggestellt, kann nur, für gewisse, besonders fruchtbare Zeiten Gelkung behalten. Es ist auch leicht begreiflich, daß mittelmäßige Bildnisse von gleich⸗ gültiger Mache mit Meisterwerken der Individuglisierungskunst wechseln. . ende Männer wie Lessing, Gellert, Bodmer, Salomon Geßner, Wieland, Herder, Schiller, Christian G. Körner und sein Kreis, Bürger, Hagedorn, Sulzer, Chodowiecki, Sefer, Iffland, J. R. Forster und Reich, mit denen er teilweise befreundet war, und schöne Frauen wie Minna und Dora Stock, Elisa von der Recke, das Urbild der heute sogenannten Corona Schröter, Baronin Fritsch oder Henriette Herz interessierten ihn natürlich mehr als die eipziger Kramermeister und ihre Gattinnen. Man kann auch kaum von einer stets aufsteigenden Linie der künstlerischen Ent wicklung sprechen. Von den etwas steifen Bildnissen aus seiner Anfängerzeit abgesehen, hat Graf immer wieder Meisterstücke geliefert. Doch . es wohl kein Zufall, daß die malerisch hervorragendsten Porträts der ganzen Sammlung innerhalb eines Jahrzehnts entstanden sind. Es sind dies das Bildnis einer deutschen Fürstin“ (Nr. 10) von 169. „Johanna Sophie Freifrau von Fritsch. Nr. 33) von 1772, Graffs Selbstbildnis (Nr. 35) aus demselben Jahr (obzwar fast alle seine Selbstbildnisse, ganz besonders das große der Dresdner Galerie hervorragend gemalt sind) und der Theaterdirektor Johann Jakob Engel (Nr. 48) von 1774. Doch sind in dieser kurzen Liste wirklich nur die glänzendsten Perlen ausgesucht, und zwar mehr vom technisch⸗ malerischen Standpunkt aus. Seine Meisterstücke der Physiognomie sind unter den Gelehrten und Dichtern zu suchen. Wie 3. und sympathisch ist das Antlitz des Philosophen Mofes Mendelsohn herausgearbeitet, dessen Kopf in einem so merk⸗ würdigen Gegensatz zu . kleinen, verwachsenen Figur geformt war. »Im Gegensatz zu dem übrigen Körper war der Kopf sehr schön gebildet; die Stirn war hochgewölbt, in dem ganzen Schnitt des Gesichts lag etwas Antikes, und aus seinen tiefen dunkeln Augen leuchtete sein hoher Geist und sein herrliches Gemüt“ (Kayserling).

Wie köstlich mutet uns der Hahnenkopf des kampflustigen Bodmer

an, ein Porträt, das auch Goethe durch Bauses Stich bekannt war und das nach ihm „vollkommen den Mann darstellt, wie er auch uns erschien und zwar mit? seinem Blick der Beschauung und Betrachtung“

(Dichtung und Wahrheit). Und wen könnte der prachtvolle jugend. liche Kopf Lessings nicht fesseln, dessen Gestaltung die Beschreibung seiner Stiefktinder erfüllt: Das Schönste von ihm war das Haupt, welches er auf dem gedrungenen Halse natürlich und frei empor⸗ zurichten pflegte. Aber vor allem waltete auf dem geistvollen Antlitz von blühender, nicht rade roter Gesichtsfarbe das offene, klare, ö. dunkelblaue Auge. Der Blick war nicht stechend, nicht heraus— fordernd, aber entschieden und unbefangen, gleichsam ein un getrübter Spiegel, der seinen Gegenstand rein und scharf auffaßt.“

Den großen ganzfigurigen Stücken wußte Graff nicht jene be- sonders durch das Beiwerk bedingte Brillanz der äußeren rk im *

zu verleihen wie die an van Dyck geschulten englischen it gfnossen : doch findet man auch unter diesen manch prächtiges Gemälde. Allen voran das stolze Porträt Johann Georgs, Chevalier de Saxe, des Feldmgrschalls der ,. Armee und. Gouverneurs von Dresden. Am wenigsten befriedigend in dieser Gruppe erscheint der gepanzerte Heinrich Prinz von Preußen, Bruder König Friedrichs JI. in dessen gedrehter ten n Graff noch einmal den Geist der barocken . heraufzubeschwören versuchte, der jedoch ihm und einer biedern Zeit schon entfremdet war. Dr. D.

Wohlfahrtspflege.

Wie in der gestrigen Stadtverordnetenversammlung in Cöln, „W. T. B. zufolge, mitgeteilt wurde, hat Frau Laura Oelber⸗ mann 150 009 ½ für wohltätige Zwecke gestiftet, darunter 100 000 6 als Grundstock für eine Laura Delbermann⸗-Stiftung.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

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Schlempe einzurichten. Diese Wandlnng lasse die Verarbeitun roßer Kartoffelmengen ohne erhöhte Steuerbelastung zu, womit ic der Vorteil verbinde, daß infolge der Gärung die fast wertlosen Amid bestandteile der Kartoffel sich zu nahrhaften Eiweißstoffen umbilden. Die. Besorgnis, daß die Verfütterung der weniger zur Spiritus⸗ gewinnung ausgenützten Schlempe. Tierkrankheiten (Schlempe⸗ mauke) hervorrufen könne, hält der Redner für unbegründet. Die en, . Ursache der Schlempemauke sei unbekannt, und wenn in der Regel ie Krankheit nach Betriebsstörungen auftrete, so sei eine planvolle Einschränkung der Spiritusgewinnung nicht gleich⸗ bedeutend mit Betriebsstörung. Ein zweiter, von dem Schrift⸗ steller Oskar Bolle⸗Wilmersdorf unter Zuhilfenahme zahlreicher Licht⸗ bilder gehaltener Vortrag über „märkischen Sand“ schilderte die landschaftlichen Reize der Mark, ihre altertümlichen Bauten Burgen, Schlösser. Bauernhäuser, Kirchen, Klöster sowie ihre vor⸗ eschichtlichen Denkmäler, Gletscherspuren u. a. Der Sitzung schloß 6 ein Festmahl zur Vorfeier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers und Königs an.

Verdingungen im Auslande.

66 näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reichs- und

taatsanzeiger! ausliegen., können in den Wochentagen in dessen

Expedition während der ö von 9 bis 3 Uhr eingesehen werden.

Oesterreich-Ungarn.

Längstens bis 15. Januar 1910, 12 Uhr. K. K. Postökonomie—⸗ verwaltung in Wien: Lieferung von Gegenständen für Telegraphen⸗ und Telephonbetriebszwecke. Näheres bei der genannten Verwaltung in Wien, J. Postgasse 17, J. Stock, und beim „Reichsanzeiger“.