Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Prenßen. Berlin, 29. Januar.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse die Vorträge des Staatssekretärs des Reichsmarineamts, Admirals von Tirpitz, des Chefs des Admiralstabs der Marine, Admirals von Fischel und des Chefs des Marinekabinetts, Vizeadmirals von Müller.
In der am 28. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Delbrück abgehaltenen Plenarfitzung des Bundesrats wurde der Vorlage über die Tragung der Untersuchungskosten im Zollverkehr, der Vor— lage, betreffend den Zollverwaltungskostenetat für Hamburg, sowie der Vorlage, betreffend die Gleichstellung der im Großherzogtum Luxemburg gewonnenen Erzeugnisse des Wein⸗ baues mit den inländischen, die Zustimmung erteilt. An⸗ genommen wurde ferner die Vorlage, betreffend die Erhebung der Talonsteuer von Gewinnanteilschein- und Zinsbogen, die bei der ersten Ausgabe von Wertpapieren mit diesen vor dem 1. August 1909 in Verkehr gesetzt wurden und auf einen kürzeren als zehnjährigen Zeitraum lauten. Mit der Ueber⸗ weifung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Aufstands⸗ ausgaben für Südwestafrika und des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Kontrolle des Reichshaushalts, des Landes⸗ haushalts von Elsaß-Lothringen und des Haushalts der Schutzgebiete, an die zuständigen Ausschüsse erklärte die Ver⸗ sammlung sich einverstanden. Außerdem wurde über ver⸗ schiedene Eingaben Beschluß gefaßt.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute eine Sitzung.
In der Zeit vom 1. April bis zum Schlusse des Monats Dezember 1909 sind nach dem „Zentralblatt für das Deutsche Reich“ folgende Einnahmen des Deutschen Reichs an Zöllen, Steuern und Gebühren, abzüglich der Ausfuhrvergütungen usw., sowie der Einnahmen der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung und der Reichseisenbahn verwaltung zur Anschreibung gelangt:
Zölle 50 508 446.6 (gegen das Vorjahr 4 107 915547 ), Tabaksteuer 8777815 S6 (4 908919 6), Zigaretten⸗ steuer 16 308 692 M6 (4 3512 45 66), Zuckersteuer 121 050 301 S6 (4 3711 337 6), Salzsteuer 44 584 518 (6 ( 670 059 S½ ), Branntweinsteuer: 4. Verbrauchsabgahe 32 208 242 ( 32208242 6), b. Betriebsauflage 5 495268 (4 5495268 S6), c. Maischbottichsteuer 9 815328 M6 ( 11714 199 46), d. Verbrauchsabgabe und Zuschlag aus der Zeit vor dem 1. Oktober 1909 105 575 3599 M6 ( 531 402 6), 6. Brennsteuer 1393673 6 verbrauchsabgabe 253 239 M (4 253 239 6), Schaumwein⸗ steuer 10 195 188 6 (4 5640 485 6), Leuchtmittelsteuer 6 844 847 s6 ( 6844847 416), Zündwarensteuer 5 245 g73 M (4 5245973 6). Brausteuer und Ueber⸗ gangsabgabe von Bier 51 496 582 S6 (4 14 561 191 46), Spielkartenstempel 1379 459 66 (4 47508 stÿ), Wechsel⸗ stempelsteuer 14 090 352 s6 ( 1713910 Mt) Reichs⸗ stempelabgaben: A. von Wertpapieren 28 637 228 M6 ( 9466430 M6), B. von Gewinnanieilschein⸗ und Zinsbogen 1741 390 S (— 1741 390 6), C. von Kauf⸗ und sonstigen Anschaffungsgeschäften 16955 066 6 (4 7 677 283 4M), BD. von Lotterielosen: a. für Staatslotterien 21 218 439 6 l 278 J36 ), b. für Privatlotterien 11 020 782 (t (4 1735 104 46), E. von Frachturkunden 11 676 312 (4 721519 6), FE. von Personenfahrkarten 14 863 623 M6 (4 798 897 MS), G. von Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge 2013278 6 (4 330 951 S6), H. von Vergütungen an Mit⸗ glieder von Aufsichtsräten 3 300 061 6 t 1364 507 (6), . von Schecks 1996912 (4 199691246), K. von Grund⸗ stücksübertragungen 13 735 728 66 C 13 735 728. 16), Erbschafts⸗ steuer 27 169 776 M ( 7425 298 62 Statistische Gebühr 1225 452 S (4 101 952 M6), Reichs⸗-Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung 493 033 952 6 (4 30 283 723 46), Reichseisen⸗ bahnverwaltung 93 957 000 MHS (4 4577 000 ).
Die zur Reichskasse gelangte Isteinnahme abzüglich der Ausfuhrvergütungen usw. und der Verwaltungskosten beträgt ßei den nachbezeichneten Einnahmen: Zölle 302 253 862 „6 (C g98 349 112 6), Tabaksteuer 8 409 615 S6 ( 87 435 M6), Zigarettensteuer 3 832 810 M6 4 2179 8.739. 66), Zucker⸗ steuer 109 359 963 s6 (4 4 O47 646 St), Salzsteuer 15 759 185 S6 ( 551778 ), Branntweinsteuer: a. Ver⸗ brauchsabgabe 5 566 465 6 (4 5566 465 6), b. Betriebs⸗ auflage 5495268 6 (* 5 495 268 16), c. Maischbottich⸗ steuer 7390 905 6 8757 164 60), d. Verbrauchs⸗ abgabe und Zuschlag aus der Zeit vor dem 1. Oktober 1909 16063 69276114 14828 4564066, e. Brennsteuer —! 393 673 (6
53 600 S6), Essigsäureverbrauchsabgabe 117321 46 4 117 32140), Schaumweinsteuer 7491 41246 43290 822 6, Deuchtmitlelsteuer 4024711 46 ( 4021711 166), Zündwaren⸗ steuer 2 402 590 6 (4 2402590 6), Brausteuer und Ueber⸗ gangsabgabe von Bier 42 595 627 6 (4 6277181 M), Spielkarkenftempel 1306 746 6 (4 38 309. 6, Wechselstempel⸗ steuer 14 990 352 6 (41 713 910 ), Reichsstempelabgaben: X von Wertpapieren 28 064 484 S (49274 SI7 66), B. von Gewinnanteilschein⸗ u. Zinsbogen 605 52146 (C4 16065 5321 46), G. von Kauf- und sonstigen Anschaffungsgeschäften 15 730 50? 6 ( 7522 632 6), D. von Lotterielosen: a. für Staatslotterien 21 218 439 6 278 336 M), b. für Privatlotterien 10 876 753 S (4 1714509 S). E. von Frachturkunden 11442786 S (4 707 089 6), F. von Personenfahrkarten 14 566 350 M6 (4 782919 MÆ 6), G. von Erlaubniskarten für Kraftfahrzeuge 1973012 MSS (4 3241 331 46, H. von. Ver⸗ gütungen an Mitglieder von Aufsichtsräten 3 234 060 sb 41 53537 217 6), J. von Schecks goõ6 M4 6 (4 1 956974 Mt), K von Grundstücksübertragungen 13 447 7534664 134175346) Erbschaftssteuer N 109776 6 (4 7425 298 M6), Statistische Gebühr 1210 028 M (4 99 634 ).
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Tre ya“ am 26. Januar in Neapel eingetroffen und geht am 3. Februar von dort nach Algier in See.
53 600 MS), Essigsäure⸗ J
S. M. S. „Sperber! ist am 25. Januar in Lome (Togo) eingetroffen und geht am 10. Februar von dort nach Sekondi (Goldküste) in See.
Baden.
In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kam mer wurde über folgenden Antrag Rebmann (nl.) und Genossen ver⸗ handelt:
Die Regierung wolle die Frage der Neckarkanalisation durch bundesfreundliches Zusammenwirken der beiden Regierungen von Württemberg und Baden einer möglichst baldigen Lösung entgegen führen und zugleich ein Einverständnis in der Frage der Schiffahrts— abgaben anstreben.
Nach dem Bericht des, W. T. B.“ erklärte der Minister des Innnern Freiherr von Bodman, daß die badische Regierung der württembergischen Regierung folgendes Angebot gemacht habe:
Baden erbaut drei Kraftwerke auf seine Rechnung, übernimmt ein Drittel der Kosten der Kanalisation, setzt auf seinem Gebiet die Schiffahrtsabgaben fest und verwendet deren Ergebnis zur Unter— haltung der Anlagen und zur Verzinsung des Anlagekapitals; etwaige Ueberschüsse sollen an Württemberg ausgezahlt werden.
Die württembergische Regierung habe geantwortet, in gegenwärtigem Zeitpunkt auf diesen Vorschlag nicht eingehen zu können. Der Antrag Rebmann wurde schließlich mit I9 gegen 25 Stimmen des Zentrums und der Konservativsen angenommen.
Elfaß⸗Lothringen.
Die Eröffnung des Landesausschusses von Elsaß⸗ Lothringen wurde gestern nachmittag mit einer Rede des Kaiserlichen Statthalters Grafen von Wedel feierlichst voll— zogen.
Nach dem Bericht des W. T. B. gedenkt die Rede zunächst der finanziellen Lage des Landes und erklärt, daß diese seit den letzten Jahren nicht besser geworden sei. Der Abschluß des laufenden Jahres werde noch weniger günstig sein, zumal die vom Lande an das Reich zu leistenden Zahlungen durch Erhöhung der un⸗ gedeckten Matrikularbeiträge um das Doppelte des Etatsansatzes eine erhebliche Steigerung erfahren hätten. Die Rede erklärt fodann die baldige Inangriffnahme einer Revrm, der direkten Steuern für eine dringende Notwendigkeit und kündigt eine Vor⸗— lage noch für diese Tagung an, die eine Reform im Sinne der Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer mit der erforderlichen Ergänzungsbesteuerung darstellen soll. Unter den in der Rede an— gekündigten Vorlagen befinden sich solche, betreffend die Biersteuer, den Entwurf eines Lrtteriegesetzes, Aenderung des Stempelgesetzes, Aenderung des Sparkassengesetzes und andere. Der Statthalter kon⸗ statiert ferner in seiner Rede die Fortschritte der Acbeiten zur Rhein⸗ regulierung im letzten Baujahre, die den bedeutenden Hochwassern dieses Sommers ohne Schädigung widerstanden hätten, und verheißt u. a. auch eine Denkschrift über die Vereinfachung der Hochbau⸗ verwaltung. „Die Verhandlungen über den weiteren Ausbau unserer Verfassung“, heißt es dann in der Rede weiter, „sind noch nicht ab⸗ geschlossen, sondern dauern noch fort. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß sie in nicht allzu femer Zeit zu einem befriedigenden Er— gebnis führen werden. Zum Schlusse kündigt der Statthalter noch eine Denkschrift an, betreffend die Vereinfachung der Verwaltungen, die das Fortbestehen der Bezirke als Verwaltungskörper ebenso wie der Bezirkspräsidien als staatlicher Verwaltungsorggae gutheißen und nur eine allgemeine Besckränkung der Verwaltungsinstanzen auf zwei vorschlagen werde. .
Im Namen Seiner Majestät des Kaisers erklärte der Statt⸗ halter sodann die 7. Tagung des Landesausschusses für er⸗ öffnet und brachte ein dreimaliges Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus, in das alle Abgeordneten einstimmten. Auf Vorschlag des Präsidenten Dr. Höffel wurde darauf das vorige Präsidium durch Zuruf wiedergewählt, nämlich zum Präsidenten von Jaunez, zum Ersten Vizepräsidenten Staats— rat Dr. Gunzert und zum Zweiten Vizepräsidenten Koechlin.
Defterreich⸗ Ungarn.
Der Kaiser Franz Joseph hat gestern vormittag, dem „Wiener Fremdenblatt“ zufolge, den rumänischen Minister— präsidenten Bratiano in Audienz empfangen.
Das ungarische Abgeordnetenhaus hat gestern mit großer Majorität einen Mißtrauensantrag gegen das Kabinett des Ministerpräsidenten Grafen Khuen-Hedervary angenommen. Wie das „W. T. B. berichtet, erklärte der Ministerpräsident hierauf, da der Regierung ein Mißtrauens⸗ votum gegeben worden sei, so ständen ihr zwei Wege offen: entweder Demission oder Auflösung des Hauses. Sofort könne er sich nicht entscheiden. Hierauf ließ der Ministerpräsident ein Königliches Handschreiben verlesen, durch welches das Ab⸗ geordnetenhaus bis zum 24 März vertagt wird. Unter großem Lärm des Hauses verließen die Minister den Saal. Der Abg. Graf Batthany beantragte eine Resolution, die besagt, die Regierung habe dadurch, daß sie Vertagung eintreten lasse, ohne ein Budgetprovisorium erlangt zu haben, die Ver⸗ fasfung verletzt und dürfe weder Steuern einziehen noch Rekruten ausheben, noch Handelsverträge abschließen, noch An⸗ leihen aufnehmen, noch Summen für gemeinsame Ausgaben ausfolgen.
Der Abg. Graf Apponyi erklärte, der Ministerpräsident habe die Verfassung verletzt, indem er die Vertagung ohne Staatshaus— haltsprovisorium ausgesprochen habe. Er würde ihm das Budget⸗ propisorium bewilligt haben, nehme aber jetzt den Antrag Batthany an. — Der Abg. Graf Andrassy mißbilligte ebenfalls das Vorgehen der Regierung, lehnte jedoch den An⸗ trag Batthany ab. Der von der Regierung unternommene Schritt könne noch gut gemacht werden, wenn die Regierung abdanke und ein anderes Kabinett an ihre Stelle trete. Als höhnische Zurufe von seiten der Justhpartei Andrassos Rede unterbrachen, sagte dieser zur Justhparte? gewendet: „Ich wünsche die Herren, die jetzt mit über⸗ legenem Lächeln auf uns herabsehen, an unserer Seite zu sehen, wenn die Verfassung in Gefahr schwebt und wir sie werden ver— teidigen müssen.“
Hierauf wurde die Resolution von der gesammten Linken
ngenommen, nur die Verfassungspartei stimmte dagegen.
Großbritannien und Irland. Nach amtlicher Bekanntmachung wird der König Eduard das Parlament am 21. Februar eröffnen. ñ ᷓ
Frankreich.
Die Deputiertenkammer setzte gestern nachmittag zu⸗ nächst die Beratung des Etats der öffentlichen Arbeiten fort, beschloß dann aber laut Bericht des „W. T. B.“, angesichts des Fehlens zahlreicher Abgeordneten die. Be⸗ ratung des Budgets auf acht Tage auszusetzen. Der Minister Millerand, der mit dieser Maßnahme nicht einverstanden
den Storthingspräsidenten
war, zollte den Helfern von Zivil und Militär seine Anerkennung, hielt im übrigen aber den Augenblick für schlecht gewählt, um das Vertrauen der Bevölkerung zu den Männern, denen es obliege, seine Interessen zu wahren, zu verringern.
— Im Senat wurde in der gestrigen Sitzung ein An⸗ trag, weitere zwei Millionen Francs für die von der Ueber— schwemmung Betroffenen bereitzustellen, einer Kommission über—⸗ wiesen, was den Arbeitsminister Viviani zu der Bemerkung veranlaßte, die Regierung bedürfe keines Ansporns, um ihre
Pflicht zu tun. Griechenland.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ hat Theotokis in einer Konferenz mit dem kretischen Politiker Venizelos die Erklärung abgegeben, daß seine Partei ihre endgültige Zu⸗ stimmung zur Berufung der Nationalversammlung von der Zustimmung des Königs abhängig mache. Im Falle der Zustimmung des Königs würde das Berufungsdekrer kein be⸗ stiimmtes Datum festsetzen, sondern sich auf die Erklärung be⸗— schränken, daß die Nationalversammlung vor dem Zusammen— tritt der neuen Kammer tagen werde.
Norwegen. Der König Haakon hat, wie das „W. T. B.“ meldet, Konow mit der Bildung des Konow hat den Auftrag angenommen.
Amerika.
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Taft hat an den Deutschen Kaiser anläßlich seines Geburtstages, „W. T. B.“ zufolge, nachstehendes Telegramm gesandt:
Am heutigen Geburtstagsfeste Eurer Majestät bringe ich Ihnen meine herzlichen Glückwünsche dar und übermittele Eurer Maiestät zugleich den Ausdruck der guten Gesinnung, von der die Regierung und das Volk der Vereinigten Staaten für Ihr Land erfüllt sind, und die Wünsche, die sie für dessen Gedeihen hegen.
In Erwiderung auf eine Anfrage, ob Canada es ab⸗ lehne, mit Deutschland wegen Beseitigung des Zallzuschlags zu verhandeln, erklärte der canadische Premierminister Laurier, obiger Quelle zufolge, es hätten über diese Angelegenheit wohl unverbindliche Besprechungen, aber keine Verhandlungen offiziellen Charakters stattgefunden.
Asien.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ aus Neubuchara erschienen gestern vor dem Thronfolger Mirahin Deputationen, an ihrer Spitze die Sunnitische
Kabinetts beauftragt.
und Schiitische Geistlichkeit, um ihre Ergebenheit zu be—
teuern und zu erklären, daß ihre Versöhnung erfolgt sei.
— Wie das „W. T. B.“ in Ergänzung seines gestrigen
Berichts meldet, findet sich in dem Exposé des japanischen Ministers der auswärtigen Angelegenheiten Grafen Komura über die Beziehungen Japans zum Auslande in der vorgestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses folgender, Deutsch land betreffender Paus: Deutschland fährt fort, eine gerechte und freundschaftliche Haltung Japan gegenüber zu beobachten, und die Kaiserliche Regierung kann mit hoher Befriedigung feststellen, daß die Politik Deutschlands im fernen Osten in keiner Weise mit der Politik Japans kollidiert.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reicht⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
Zu Beginn der heutigen (26.) Sitzung des Reichstags, welcher der Kriegsminister, General der Infanterie von Heeringen beiwohnte, wurde vor Eintritt in die Tages— ordnung ein Schreiben des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts Freiherrn von Schoen zur Kenntais gebracht, wonach der türkische Botschafter den warmen Dank für die Beileids— kundgebung ausspricht, die der Reichstag aus Anlaß des 1 des Parlamentsgebäudes in Kanstantinopel beschlossen aatte.
Darauf setzte das Haus die Spezialberatung des Militär⸗ etats fort und nahm die an den ersten Ausgabetitel „Gehalt des preußischen Kriegsmiagisters 50 000 S“ geknüpfte allgemeine Debatte wieder auf.
Zu diesem Titel sind von der freisinnigen Volkspartei zwei Anträge eingebracht:
1) Antrag Ablaß: den Reiche kanzler wiederholt zu ersuchen, nach den Beschlüssen des Reichstags von 1905, 1906, 1907, 1908 und 1909 die Reform des gesamten Militärstrafrechts, des Be—⸗ schwerderechts und des ehrengerichtlichen Verfahrens gegen Offiziere in die Wege zu leiten;
2 Antrag Müller-Meiningen—Wiemer: den Reichs— kanzler zu ersuchen, zu erwägen, auf welche Weise denjenigen Militärpflichtigen, die eine hervorragende turnerische Ausbildung besitzen, Vergünstigungen bei der Erfüllung ihrer militärischen Dienst⸗ pflicht (kürzere Dienstzeit, Vergünstigungen im Avancement usw) bewilligt werden können.
(Schluß des Blattes.)
— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen (11) Sitzung, welcher der Minister fur Landwirt—⸗ schaft, Domänen und Forsten von Arnim, beiwohnte, die zweite Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung bei den Ausgaben für die Förderung der Viehzucht fort.
Bei dem Dispositionsfonds von 600 000 S zu Prämien für die Zucht von Hengsten und Stuten im Besitz von Privaten und Vereinen tritt
Abg. Heine (nl) für Vermehrung der Zahl der Hengste im Landgestüt Warendorf ein. Die ausgeworfenen Unterstützungen würden in den landwirtschaftlichen Kreisen Westfalens für die Erhaltung der Privatbeschäler als nicht ausreichend angesehen.
Abg. Dr. Becker (Zentr.) hält gleichfalls eine Erhöhung des Fonds für notwendig. Auf jedes Pferd kämen etwa 100 bis 180 4. Für diesen Preis könne niemand ein Pferd in einem Zustande er— halten, daß es ausstellungsfähig sei. In Vehsien würden ganz anden Summen aufgewendet. Es müsse auch das Bestreben sein, den Be⸗ darf an Zuchtmaterial soweit als möglich im Inland zu decken; man müsse sich vom Ausland mit der Zeit vollkommen unabhängig machen. Dadurch könnten Millionen von Mark dem Inland erhalten bleiben.
Bei dem Dispositionsfonds von 950 000 6 zur Förderung des Molkereiwesens bittet
Abg. von Kloeden (B. d. 2), daß die Post den Verkehr hon Molkereierzeugnissen nicht aus übertriebener Sparsamkeit zu sehr be⸗ schränken möge.
Das Kapitel „Förderung der Viehzucht“ wird bewilligt.
(Schluß des Blattes.)
Kunst und Wissenschaft.
Die Ausstellung von Werken französischer Kunst des TXF*III. Jahrhunderts in der Königlichen Akademie der Künste zu Berlin.
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Anläßlich des Geburtsfestes Seiner Majestät des Kaisers und Königs huldigt die Akademie der Künste ihrem erhabenen Protektor diesmal mit einer ganz besonders sinnreichen und bedeutungsvollen Ausstellung.
Alle Welt weiß, welche Rolle die französische Literatur und Kunst unter König Friedrich dem Großen am Berliner Hofe gespielt hat, und kennt das aus französischem Geist geschaffene sorgenlose Schloß, von dessen innerer Ausstattung ein französischer Kritiker sagte: Wenn der Stil auch französisch ist, müssen wir doch ohne Rück= halt anerkennen, daß wir weder bei uns noch anderswo ein zweites Beispiel von fo glänzendem und diskretem Geschmack gefunden haben. Sanssouei wurde der monumentale Ausdruck des Ideals, das Friedrich in der Kunst suchte: Die Befreiung von der trockenen Alltäglichkeit des Daseins, die Erholung in der Betrachtung des mit . und Anmut verbundenen Schönen, in poetischen Träumereien. Der lebensbejahende daseinsfrohe Geist, der die französische Kunst des Rokoko durchdrang, die Besiegung und Ueberwindung des auf⸗ gedonnerten Pomps und der jesuitischen Emphase des Barocks waren es, was diesen König so mächtig anzog, weil ihm daraus eine menschen— würdigere, aufrichtigere und helterere Lebensauffassung entgegenlachte. Als fein Hofmaler Antoine Pesne einige Kirchenbilder ge⸗ malt und damit der noch nachwirkenden religiösen Ekstase des Inquisitionszeitalters seinen Tribut gezollt hatte, beklagte sich Friedrich in einem an ihn gerichteten Gedicht über diese Verkennung feines ureigensten Talents und schrieb ihm die Motive vor, die er verherrlichen sollte. Verlasse deine Heiligen, ruft er ihm zu, und male uns lieber die Nymphen des Waldes und die reizenden Grazien! Der Kiebe allein fei deine Kunst gewidmet. Niemand konnte seinen Wünschen besser entgegenkommen als die großen französischen Maler, deren beitere Kunft damals ihre schönste Blüte entfaltete. „Der Name Watteaus gibt den Mittelpunkt für die künstlerischen Nei⸗ gungen Friedrichs; in ihm, in seinem ‚Embarquement pour Cxythòre- findet er das Vorbild dessen, was er in Rheinsberg und später in Charlottenburg und Sanssouci verkörpern wollte, bevor die Kriege und die Sorgen der Regierung diesen Idyllen ein Ende bexeiteten. Der Gegenfatz zwischen dem anspannenden, erschöpfenden Leben des Staatsmannes und Feldherrn und der heiteren, durch die Kunst ver— flärten Lebensfreude ist es, der Friedrich in diesen Bildern Watteagus
roßen Genuß finden läßt, der guf sein Gemüt eine ähnliche befreiende Wirkung übt, wie es die Musik tat (Seidel). Und so ist es auch Wattegu, der dieser Ausstellung, die ihre Glanzstücke aus Kaiserlichem Besitz geliehen bekam, das eigentliche Gepräge verleiht, denn mehrere der beruühmtesten Meisterwerke dieses Malers befinden sich seit anderthalb Jahrhunderten im Besitz des Kaiserlichen Hauses. An die Spitze der Watteguschen Werke ist „ L enseigne- zu stellen, das berahmte Firmenschild, das Watteau 1721 für den Kunst— händler Gerfaint malte und das später in zwei Teile geschnitten wurde, sodaß es sich heute in zwei prächtigen Bildern präsentiert. Watteau malte diefes Bild, von einer wenig erfreulichen Reise nach England zurückgekehrt, zu seiner Erholung, gewissermaßen, um endlich wieder ein Werk nach seinem Geschmack zu malen nach den vielen Bildnissen, die er um des taglichen Brotes willen hatte anfertigen müssen. Gersaint bezeugt, daß diefes Schild das einzige Bild war, das seine Eigenliebe reizte. Es war sein letztes größeres Werk, die Krone seiner Schöpfung, fein künstlerisches Vermächtnis. Er zeigte damit, was er noch hätte leisten können, hätte er nicht mit sechsunddreißig Jahren sein leiden- polles Leben beenden müssen. Denn die Freuden der Insel Cythere, das Lautenspiel und Liebesgeflüster in den schattigen Hainen, die Fetes galantes hat er selbst nie erlebt, der an der Schwindsucht dahinsiechte. Er hat sie nur erträumt. Er mochte sich eher als der Bajazzo gefühlt haben, den er so oft dargestellt hat. Wie dieser gaukelte er der Welt Freuden vor, während er seinen Schmerz unter der Schminke verfteckte — Watteau war ein Fläme, und flämischen Ursprungs war feine Kunst und die seiner Schüler. Von Rubens, den van Goyen und Cupps, dem Delfter Vermeer und Ochterveldt, ja von Brouwers Landschaften und von Teniers laufen die Verbindungslinien zu Wattegu und Lancret. Ihre Kunst bildet die eine, die flaͤmische Hälfte der Rokokomalerei, während die italienische in Boucher, dem Urenkel Correggios gipfelt. Nicht das Leben seiner Zeit schildert uns Watteau, sondern die Bühne des Lebens, das Theater! Rach dem Tode des frömmelnden Ludwig XIV. wurde im Jahre 1716 die italienische Komödie wieder eröffnet und ihre typischen Geftalten, diese echtesten aller Bühnengestalten, deren jede eine Menschengattung mit allen Lächerlichkeiten verkörpert, treten wieder auf. Es sind die Gilles, die Scaramouches, die Scapins, die Harlekins, die Bajazjos auf den Watteauschen Bildern. Der Bühne entnimmt er die Kostüme, bübnenmäßig sind feine Kompositionen, und seine Landschaft ift Kuliffenlandschaft. Sie lebt nicht für sich, sondern dient den Figuren als geeignete Umrahmung und allerdings einzigartiger Hinter⸗ grund. In feinen späteren Bildern setzt er regelmäßig eine Gruppe n eine Ecke vor eine Baumkulisse, während sich die Silhouette der Hauptfigur deutlich vom dämmernden Hintergrund abhebt. Auch die Farbengebung ordnet sich dieser bühnenmäßigen Wirkung unter. Wie ein leuchtender Edelstein in diskreter Fassung hebt sich das vornehme Rot, Blau oder Grun von dem silbrigen Gesamtton der Umgebung ab. Bübhnenmäßig sind endlich die Stellungen, besser die Attitüden der Figuren und ihre vornehm abgezirkelten, berechnet ausdrucksvollen Ge⸗ bärden, deren lässige Eleganz dem oberflächlichen Beschauer Natürlichkeit vorfpiegelt. Nichks ist direkt der Natur und dem Leben entnommen, aber die Stileinbeit des Ganzen ist so zwingend, daß uns diese Welt zwar als eine andere ungewohnte, aber nicht weniger lebendige erscheint. Die farbig am feinsten gestimmte der Parkszenen ist Das Konzert“ aus dem Besitz des Kaisers. In diesem kleinen Bildchen erreicht das Raffinement in der Jusammenstellung der gewähltesten Farbennuancen einen schlechtweg nicht mehr zu übertreffenden Höhepunkt, — Watteaus Schüler und Rachfolger Lane ret und Pater setzen die ven ihrem Meister eingeschlagene Richtung fort, ohne Neues zu bringen oder ihn zu erreichen. Doch malten sie größtenteils Bilder von aus- gezeichneter Qualität, wie es der Guckkastenmann! und Die Tänzerin EGamargo“ von Langret, das „Blindekuhspiel' Paters am besten erweisen. Mit Vorliebe wurden ihre Feliebten Vorwürfe nachgeahmt, und ganz frei von solchen zweifel- haften Bildern ist auch die Ausstellung nicht geblieben. — Verlegte Pater den Schauplatz seiner Bilder schon mit Vorliebe in den Salon, wo er die Innendekoratien des Rokoko verherrlichte, so schilderte Ghardin faßt ausschließlich das Heim und zwar das bürgerliche Heim der Rokokozeit. Er ist der Maler der Amusements de la vie Mir. Die Küche, das Kinderzimmer, die Stube, der Salon, alle Teile der Fürgerlichen Wobnung und mit ihnen ihre Bewohner malt er in feiner originellen breiten Art. Er liebte die Kinder und malte alle wichtigen Augenblicke ihres Lebens, ihr Sxiel, ihr Essen, ihre Schule, ihre Mütter, Gouvernanten und Lehrerinnen, die ihnen gute Lehren erteilen und sie stets er: mahnen, brav zu sein. Seine außerordentliche Berühmtheit erlangt? jedoch Chardin mit einen Stilleben. Die Rature orten malte er mit einer Sachlichkeit und Meisterschaft, mit einem Gefühl für den Farbenreif der Früchte, die seit ihm vielleicht nur Ceéjanne wieder erreicht hat. Den effektvollen Arrangements der holländischen Stillebenmaler, der van Bejeren, Kalff und Heda, dem prunkvollen Glanz ihrer Silbergeschirre und dem Farbenrausch ihrer Hummern, Melonen, Zitronen und ausländischen Früchte und Fische aller Art setzte er das diskretere Schillern von Flaschen und weniger Pflaumen, Pfirfiche und Aepfel entgegen. die wie zufällig auf Ter Tischplafte stehen und liegen. Jede Frucht hat den Geschmack sbrer Farben, den Flaum ihrer Haut. Lie, Gallerte ihres Fleisches: Sie scheint vom Baum auf Lie Leinkband Chardins gefallen zju fein. Ein Glas Wasser steht zwischen zwei Kastanien und drei Nüssen; man betrachte es eine Weile und trete zurück: das Glas
schrieb
beginnt sich zu drehen, es ist ein wirkliches Glas mit wirklichem Wasser, es ist eine namenlose Farbe, die aus der doppelten Transvaren
des Behälters und des nr. entsteht. Das Tageslicht spiegelt s und spielt auf der Oberfläche des Wassers. Die zartesten Farbenskalen, die felnften Variatsonen von blau in grün, eine unendliche Abtönung eines bläulichen glasgrau, ein stets von Reflexen und Glanzlichtern unter- brochener Farbenauftrag, das alles sieht man auf diesen Bildern. Das ist das Wunderbare der Dinge, die Chardin malt: gezeichnet und modelliert mit srem Licht, mit der Seele ihrer Farhen gleichsam, scheinen sie sich von der Leinwand loszulssen und lebendig zu werden durch ein selt⸗ sames Spiel der Optik zwischen der Leinwand und den entfernten Beschauer. — Wie wenige Künstler war Chardin schon in jüngern Jahren angesehen und von den berühmtesten Kritikern seiner Zeit, ge⸗ Friesen. „Gr ist der große Kolorist, der große Magiker ein Meister der Technik, die Natur selbst“, rief Diderot. Und doch wurde er kein Malerfürst. Er blieb in seinem bürgerlichen Milieu und malte aus angeborener Leidenschaft. Als ihn sein Freund Le Bas besuchte, ein Stilleben bewunderte, das er in Arbeit hatte, und den Wunsch äußerte, es zu kaufen, meinte Chardin: „On peut sSarranger, tu a Une Feste qui me plaist fort“. Und so tauschte er das Bild gegen das schöne Wams ein. Das Widerspiel Chardins und der übrigen Rokokomaler ist Greuze, der tränenselige Tugendmaler, der die Sittenschwäche seiner Zeit unter dem Mäntelchen der Rührseligkeit vorführte. Er malte nicht, um zu malen, sondern um Geld zu verdienen — und er verdiente sehr viel. Gern erbaute sich eine vergnügungssatte Gesellschaft an seinen ge⸗ malten Moralpredigten. Predigte Nousseau den Frauen die Rückkehr zu den Mutterpflichten, so malte Greuze die Poesie dieser Pflichten mit larmoyanter Schwärmerei. Blieb die Frau des Rokoko zeitlebens das junge Mädchen, so sind die Backfische von Greuze schon Frauen, Kein Mieder beengt die Brust, die sich entfalten soll für die hehre Lebensaufgabe. Doch die wahre Unschuld ist es nicht, die sich unter dem kindlichen Negligs verbirgt. „Glaubt nicht“, Diderot, daß es um den Krug, den Spiegel oder das Vögelchen sich handelt. Die jungen Mädchen beweinen mehr und sie weinen mit Recht.“ Greuzes Kunst bietet uns manchen Reiz, und wir würden sie gern hinnehmen, wenn ihre falsche und fade Tugend⸗ fafelei nicht die Genrekunst des XIX. Jahrhunderts vergiftet hatte. Allzupiel enthält die Ausstellung von Greuzes Werken nicht. Sie zeigt mehr seine Bildniskunst, die immer eine ansehnliche döhe behielt.
D D.
Das Königliche Kunstgewerbemuseum stellt eine größere Auswahl dekorativer Stickereien von Frau Florence Jesfie Hösel, Berlin-Grunewald, aus. Die Künstlerin sucht Ein⸗ drücke aus der beimischen Landschaft durch die Mittel der Stickerei in vielseitiger Technik und persönlich eigenartiger Auffassung wieder zugeben. Die wechselnden Stimmungen der Tages- und Jahreszeiten geben die Anregungen zu umfangreichen Wandbehängen und zahl⸗ reichen kleineren Stücken von reizboller Bildwirkung. Daneben sind auch Gebrauchsgegenstände wie Vorhänge und Kissen in einfacherer, kräftiger Srnamentik zu sehen. Die Ausstellung, die heute eröffnet wird, soll bis zum 20. Februar dauern.
Verkehrsanftalten.
Laut Telegramm aus Warnemünde ist die Post aus Däne— mark, die heute vormittag 7 Uhr in Berlin fällig war, ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in Dänemark.
Nach einem Telegramm aus Saßnitz trifft die mit Zug 14 an⸗ kommende Post aus Schweden und Norwegen mit etwa 75 Stunden Verspätung in Berlin ein. Grund: Infolge heftigen Schneesturmes und Fehlens von Schlepperhilfe fuhr die Fähre erst um 6z Uhr früh von Trelleborg ab.
Theater und Musit.
Volks oper.
Die rührige Volksoper erzielte am Donnerstag mit der Urauf— führung von 6 gt Ennas Oper „Cleopatra“ einen so großen Erfolg, daß das Werk wohl geraume Zeit auf dem Spielplan ver— bleiben dürfte. Der dänische Komponist August Enna ist hier kein Fremder mehr. Vor etwa zwanzig Jahren erschien auf der König— lichen Bühne seine Oper Die Hexe“ (nach Fitgers Drama), die ebenfalls gut gefiel und sich längere Zeit in der Publikums behauptete. Das Libretto der neuen Oper ist von Einar Ehristensen verfaßt und von Emma Klingenfeld xecht ge— schickt ins Deutsche übertragen. Im Mittelpunkt der Handlung steht die ägyptische Königin Cleopatra, gegen die sich eine Ver⸗ schwörung richtet, deren Haupt der Oberpriester Sepa ist. Man plant den Sturz der Königin und die Krönung Harmakis, des Letzten aus dem alten Geschlechte der Pharaonen. Harmaki schwört, wenn ihm Gelegenheit gegeben wird, in die Umgebung der Königin zu ge⸗ langen, sie mit dem zu diesem Zweck geweihten Dolche zu töten. Als Traumdeuter wird er durch die im Dienste Cleopatras stehende Tochter des Oberpriesters, Charmion, bei der Königin eingeführt. Aber Harmaki zögert mit der Erfüllung seiner Eidespflicht. Cleopatras Schönheit hat es ihm angetan, und da auch sie erkennen läßt, daß sie ihm zugetan ist, vermag er den tödlichen Streich nicht zu führen. Die eifersüchtig Charmion aber verrät der Königin, daß er ihr nach dem Leben trachte, und Cleopatra entwindet dem Ahnungslosen den in seinem Gewande verborgenen Dolch, wirft ihn ihm, nachdem sie zuvor die übrigen Ver⸗ schworenen hatte in Fesseln schlagen lassen, verächtlich vor die Füße, und Harmaki gibt sich selbst den Tod. — Die Musik zu diesem be⸗ wegten Vorgang ist zwar im allgemeinen recht rauschend, aber nicht undurchsichtig in der Struktur und recht melodisch. Das Werk hält ungefähr die Mitte zwischen der Oper alten Stils und dem neueren Musikdrama. In der Musik findet sich ureigene Er⸗ findung und Empfindung neben Nach- und Anempfundenem. Aber sie ist die Arbeit eines geschmackvollen und gebildeten Musikers. Die Volksoper hatte sich des Werkes mit großer Liebe und Sorgfalt an⸗ genommen. Für eine würdige Ausstattung war viel geschehen, und das unter Kapellmeister Schüllers Leitung stehende Orchester war be⸗ deutend verstärkt worden. Es erzielte mit dem vom Vorspiel zum ersten Akt überleitenden Zwischenspiel mit Recht lebhaftesten Beifall. Die Hauptpartie der Cleopatra sang Frau Frease⸗Green, deren Können von Rolle zu Rolle wächst. An ihrer gesanglichen Leistung war kaum etwas auszusetzen, ihr lieblicher Sopran klang in allen Lagen schlackenfrei und gut ausgeglichen und war besonders in der Höhe von bestrickendem Wohllaut. Ihre Darstellung hat an Gewandt⸗ heit viel gewonnen. Ein stimmbegabter Sänger ist der neue Tenorist Joseph Pistori, der sich als Harmaki gut einführte; und als Ober—⸗ priester stellte Herr Rünger seine oft bewährten Kräfte in den Dienst des Ganzen. Auch Vilma von Ballogks Charmion ist mit An⸗ erkennung zu nennen. Stürmischer Beifall rief nach den Aktschlüssen mit den Darstellern, dem Regisseur, dem Kapellmeister und dem Direktor auch den anwesenden Komponisten mehrfach hervor.
Im Königlichen Opernhause beginnt morgen, Sonntag mit Rheingold“ eine zpklische Gesamtaufführung des Ringes des Ribelungen“ unter musikalischer Leitung des Herrn Dr. Muck. — Am Montag folgt dann die Walküre. Die Besetzung der Haupt⸗ rollen durch die Damen Goetze, Ekeblad, Hempel, Rothauser. Ober fowie durch die Herren Bischoff, Philipp. Krasg, Lieban. Knüpfer, Mödlinger, Bronkgeest, Kirchhoff und in der Walküre durch Frau , Frau Denera, Frau von Scheele⸗Müller, die Herren Kraus, Bischef von Schwind ist die bekannte. Die Vorstellung be—⸗ ginnt am Montag um 7 Uhr, am Sonntag 8 Uhr.
Im Cann glichen Schauspielhause wird morgen H. Suder⸗
manns Schauspiel ‚Strandkinder wiederholt. — Am e, wird ig
Goetbes . Faust ! aufgeführt. Fräulein Somary . erstmalig das Gretchen. Im übrigen lautet die Besetzung: Faust: Herr Sommer⸗ storff, Mephisto: Herr Pohl, Wagner: Herr Vollmer, Schüler:
Gunst des
Marthe: Frau
Herr Boettcher, . Die Vorstellung
chramm, Böser Geist: Fräu beginnt um 7 Uhr.
Im Neuen Königlichen Operntheater gehen morgen, Sonntag, „Bajazzi und „ Cavalleria rusticana“, unter musikalischer Leitung des Herrn Dr. Besl, in Szene. Fräulein Easton, die Herren Maclennan, van Hulst, Hoffmann, Schöffel sind in der erstgenannten Dper, die Damen Rose, Parbs, von Scheele⸗Müller, die Herren Sommer und Hoffmann in der zweiten tätig.
Im Deutschen Theater wird morgen das neue Lustspiel Der gute König Dagobert‘ wiederholt. Montag. Donnerstag, Sonnabend und nächsten Sonntag geht „Der Widerspenstigen Jähmung“ in Szene. Dienstag findet eine Aufführung von Hamlet“, Mittwoch von „‚Faust“ und Freitag von „Don Carlos“ statt. — In den Kammerspielen geht morgen Shakespeares ‚Kaufmannn von Venedig“ in Szene. Montag wird Das Heim“, Dienstag „Frühlings Erwachen“ wiederholt. Aus dem Spielplan des Deutschen Theaters wird das Lustspiel „Der gute König Dagobert! nach den Kammerspielen herüber⸗ genommen und hier am Mittwoch, Donnerstag, Sonnabend und nächsten Sonntag aufgeführt. Freitag findet eine Wiederholung von Bernard Shaws Lustspiel ‚Der Arzt am Scheideweg“ statt.
Im Berliner Theater gestaltet sich der Spielplan der kommenden Woche folgendermaßen: morgen sowie am Dienstag, Donnerstag und kommenden Sonntag wird Pension Schöller“, Posse in drei Aufzügen von W. Jacohy und Carl Laufs, gegeben. Die Vorstellungen am Mittwoch und Sonnabend bringen Wieder⸗ holungen des erfolgreichen Skowronnekschen Schwanks Hohe Politik‘. Am Montag und Freitag wird Shakespeares Tragödie Macbeth aufgeführt. Als Nachmittagsvorstellung geht morgen 6 Uhr) „Doktor Eisenbart“ in Szene.
Das Lessingtheater hat für nächste Woche folgenden Spiel⸗ plan aufgestellt: morgen abend, sowie Montag und Dienstag: Konzert“; Mittwoch: Tantris der Narr“; Donnerstag, Freitag, Sonnabend und nächstfolgenden Sonntagabend: „Das Konzert“. Als Rachmittagsvorstellung ist für morgen: „Die Frau vom Meere“, für nächstfolgenden Sonntag „Hedda Gabler“ angesetzt.
Im Neuen Schauspielhause wird morgen sowie am Montag, Mittwoch, Freitag, Sonnabend und nächsten Sonntag die Komödie „Der große Tote“ aufgeführt. Dienstag (77 Uhr) geht „‚Alt⸗Heidelberg', mit Harry Walden als Karl Heinz, Donnerstag (75 Uhr) ‚Faust“ (J. Teil) in Szene. Sonnabend, den 5. Februar, findet Nachmittags 3 Uhr eine Sondervorstellung von „Julius Cäsar“ für die Vereinigung „Klassisches Theater“ statt.
Im Schillertheater 0. (Wallnertheater) wird morgen und nächsten Sonntagnachmittag „Der Herr Ministerialdirektor“, morgen abend sowie am Sonnabend „Viel Lärm um Nichts“ gegeben. Montag und Freitag geht „Geschäft ist Geschäft'. Dienstag, Donnerstag und nächsten Sonntagabend „Der Pfarrer von St. Georgen“, Mittwoch „Ein Volksfeind' in Szene.
Das Schillertheater Charlottenburg bringt morgen und nächsten Sonntag, Nachmittags, den „Meineidbauer“, morgen abend Maria Stuart. Montag wird „Der Meineidbauer “‘, Dienstag „Viel Lärm um Nichts“, Mittwoch „Wallensteins Tod“, Donnerstag Miß Hobbs“ aufgeführt. Freitag und Sonnabendabend wird „Der Pfarrer von St. Georgen“ wiederholt, Sonnabend⸗ nachmittag gehen „Wallensteins Lager“ und „Die Piccolomini“, nächsten Sonntagabend geht „Die Welt, in der man sich langweilt“ in Szene. — Im Schil ler-Saal wird morgen ein ‚Max Bruch⸗ Abend“ veranstaltet.
Der Spielplan der Komischen Oper bringt morgen abend und Freitag Wiederholungen von Straus' musikalischer Komödie Das Tal der Liebe“. Montag wird „Der polnische Jude“ gegeben, zu welcher Vorstellung alle Billette vergriffen sind. Für Dienstag und Montag nächster Woche sind „Hoffmanns Erzählungen angesetzt. Am Mittwoch geht d'Alberts ‚Tiefland' in Szene. Für Donnerstag und nächsten Sonntagabend ist Johann Strauß Dperette „Die Fledermaus“ angesetzt. Sonnabend findet eine Aufführung von Puccinis Tosca“, mit Maria Lahia in der Titelpartie, statt.
Im Lustspielhaus beherrscht Der dunkle Punkt“ auch in der kommenden Woche allabendlich den Spielplan. Morgen nachmittag wird „Man soll keine Briefe schreibenꝰ und nächsten Sonntag⸗ nachmittag Im Clubsessel“ wiederholt.
Im Neuen Theater wird in nächster Woche alltäglich das Zeitbild: ‚Der Philosoph von Sanssouci? von F. Holm aufgeführt.
Der Spielplan der Volksoper bringt morgen abend die Fort⸗ setzung des Gastspiels des Hamburger Tenoristen August Bockmann als Raoul in Meyerbeers Hugenotten“. Dieselbe Partie singt am Mittwoch Herr Rudolf Lenbach. Am Sonnabend geht zum ersten Male die einaktige tragische Oper „Ahasver“ von Fritz Ritter in Szene. Ennas Cleopatra“ wird Donnerstag und nächsten Sonntag wiederholt. Sonst enthält der Spielplan Wiederholungen von „Undine“, Der Freischütz', Zar und Zimmermann“, „Die Regiments⸗ tochter und „Der Trompeter von Sakkingen“.
Valentin: r Staegemann, ein von Arnauld.
Der Intendant des Hof- und Nationaltheaters in Mannheim . ; ö * . Dr. Karl Hagemann ist zum Direktor des Deutschen Schau— spielhauses in Hamburg gewählt worden.
Mannigfaltiges. Berlin, 29. Januar 1910.
Im Wissenschaftlichen Theater der „Urania“ wird in nächster Woche der mit zahlreichen Wandelpanoramen und farbigen Bildern ausgestattete Vortrag „Im Firnenglanz des Oberengadin“ allabendlich wiederholt. — Im Hörsaal finden nachstehende Vor⸗ träge statt: Dienstag, Professor Dr. Hecker: ‚Ueber Erdbeben“; Mittwoch, Konstruktionsingenieur A. Keßner: „Die Technik des Schmiedens“; Donnerstag, Dr. W. Berndt: „Die heutige Menschheit, ibre Rassen und Arten; Sonnabend, Dr. Gehlboff: „Das magnetische
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Kraftfeld und die elektromagnetische Induktion“.
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Kiel, 28. Januar. (W. T. B.) Heute nachmittag erhob sich hier ein star ker Schneesturm, der am Abend noch anhielt. Auch aus vielen Orten der Provinz liegen Meldungen über Sturm⸗ wetter und Schneefälle vor.
In ganz Ostfriesland
Emden, 28. Januar. (W. T. B.) ͤ Die Züge er⸗
herrscht seit heute morgen star ker Schnee sturm. leiden Verspätungen.
Ham burg, 28. Januar. (W. T. B.) Seit heute mittag herrscht hier und in der Umgegend ein heftiger Schneesturm, durch den der Schiffahrtsverkehr stark behindert ist. Auf der Unterelbe ist der feine Perfonendampfer „Borstel! mit dem englischen Dampfer „Albatroß‘ zusammengestoßen und gesunken. Der Dampfer Albatroß' hat Bugschaden erlitten. Die Reisenden und die Besatzung des gesunkenen Dampfers konnten gerettet werden, nur der Maschinist ist durch ausströmenden Dampf schwer verletzt worden.
London, 28. Januar. (W. T. B.) Die vierzig Mann zählende Besatzung des heute früh gestrandeten r zerstörers Eden“ ist gerettet worden (vgl. Nr. 24 d. Bl). — Die in England herrschenden Schneestürme haben überall Störungen im telegraphischen Verkehr hervorgerufen. An w, m sind an verschiedenen Stellen Wracks angetrieben worden.