1910 / 26 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Jan 1910 18:00:01 GMT) scan diff

sich einen dritten Jahrgang mit sehr hohen Kosten geschaffen bat durch Anwerbung zahlreicher Kapitulanten! Im übrigen will ich nicht weiter auf die schwerwiegenden Gründe eingehen, weshalb eine Ver⸗ kürzung der Dienstzeit der Infanterie nicht möglich ist.

Der Herr Abgeordnete hat dann darüber geklagt, daß das kamerad⸗ schaftliche Verhältnis zwischen Offizieren und Mannschaft nicht mehr so besteht wie 1870.

Ich muß das hier bedauern, daß der Herr Abgeordnete das gesagt hat. Das Verhältnis tritt natürlich in ruhigen Zeiten in dieser Weise nicht in die Erscheinung, aber ebenso wie die Klagen vor dem Jahre 1870 gewesen sind, daß das Gefühl der Kameradschaft zwischen Offizier und Mann nicht bestände, und es sich dann doch in sehr drastischer Weise im Kriege gezeigt hat, wird es auch in Zukunft sein. Die Armee hat unter den vielen Verunglimpfungen, die in früheren Jahren nicht nur hier im Reichstag, sondern auch in der Presse hier und da stattgefunden haben, schwer gelitten, und ich habe ein Gefühl der Befreiung gehabt, als die Armee wieder einmal zu einer ernsten Expedition in Südwestafrika kam, nicht etwa wegen dort zu erntender kriegerischen Lorbeern, sondern, weil gezeigt werden konnte, daß der gute Geist unter uns noch existiert. (Bravo!) Lesen Sie irgend ein Buch, welches gar nicht von einem Parteistandpunkt, sondern in ob— jektiver Weise die Ereignisse in Südwestafrika schildert, und Sie werden aus jeder Zeile herauslesen, daß Offizier und Mann in Süd⸗ westafrika für einander gelitten, zusammen gedarbt und gedurstet haben, für einander gestorben sind. Ich meine, das ist ein deutlicher Beweis, daß die Kameradschaft zwischen. Offizier und Mann heute genau noch so lebendig ist, wie sie es früher war. (Lebhaftes Bravo rechts)

Damit schließt die Debatte.

Vizepräsident Dr. Spahn; Ich habe Mitteilung zu machen von einem Schreiben des Abg. Ledebour an das Präsidium, in dem er wegen des ihm vom Vizepräsidenten Erbprinzen zu Hohenlohe er⸗ teilten Ordnungsrufes an das Haus appelliert. Nach 3 Ho der Ge⸗ schäftsordnung ist über diesen Antrag frühestens am folgenden Tage ohne Diskussion abzustimmen. Ich werde die Abstimmung für Diens⸗ tag auf die Tagesordnung setzen.

Persönlich bemerkt der j

Abg. Müllger⸗Meiningen (fr. Volksp.): Der bayerische Militär⸗ bevollmächtigte hat gegen eine meiner Bemerkungen polemisiert, die er offenbar mißverstanden hat. Er hat mir in den Mund gelegt, daß ich behauptet habe, in Bayern seien die Mißhandlungen besonders hervorgetreten. In ganz ähnlich scharfer Weise wie gegen den Abg. Osann ist er auch gegen mich mit einer bei seiner sonstigen diebens⸗ würdigkeit auffallenden Schärfe aufgetreten. Ich hoffe, er wird ein— sehen, daß diese Schärfe nicht am Platze war.

Bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrat, Generalmajor Frei⸗ herr von Gebsattel: Wenn im offiziellen Stenogramm etwas anderes steht, als ich notiert habe, so ist natürlich maßgebend, was die Steno⸗ graphen geschrieben haben, aber der Abg. Müller-Meiningen pflegt sich, wenn er über bayerische 2 spricht, immer zu mir herüber⸗ zuwenden, nicht zu ihnen. Es bleibt bestehen, daß er die Be⸗ bauptung aufgestellt hat, in der bayerischen Armee hätten sich die Verhältnisse gegen früher verschlechtert. Ich behaupte, daß das unrichtig ist.

Damit ist die Debatte wieder eröffnet.

Abg. Müller-Meiningen (fr. Volksp.): Ich habe in der bayerischen ö. g. Müll 8 2. be har Kammer einen sehr bezeichnenden Fall angeführt. Der Militärbevoll⸗ mächtigte hat nur einen Satz vorgelesen und nicht den ungemein charakteristischen Fall. Damit hatte ich den vermißten Beweis erbracht. .

Bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrat, Generalmajor Frei⸗ herr von Gebsattel: Ich habe die Verhandlungen da, glaube sie aber im Hinblick auf die Geschäftslage nicht vorlesen zu sollen. Der Vorredner hat soeben selbst wieder festgestellt, daß er nur einen einzigen Fall angeführt hat. Das ist kein Beweis. 9.

Abg. Zu beil (Soz.): Ein junger Mann ist durch die Organe der Militärverwaltung so mißhandelt, daß er jetzt auf Ernährung durch seine Eltern angewiesen ist. Die Militärverwaltung sollte ihm daher eine laufende Unterstützung zukommen lassen. Ich meine, daß das nur aus Unkenntnis der Umstände nicht geschieht. Gerade die Kriegsteilnehmer kommen in bezug auf die Beihilfen schlecht weg, denen es an Konnexionen fehlt, viele kommen nicht in den Besitz dieser Beihilfe. Die bestehenden Bestimmungen müssen unbedingt geändert werden. Gewundert hat es mich, daß der Ver⸗ treter von Bayern zu den Aeußerungen des Abg. von Oldenburg ge— schwiegen hat. Der Abg. von Oldenburg hat in ziemlich unverfrorener Weise die süddeutschen Offiziere gegen die preußischen herabgesetzt. Im übrigen glaube ich, daß der Januschauer nicht ernst zu nehmen ist. (Der Präsident bittet, eine solche Aeußerung zu unterlassen.) Dann sage ich: Es ist in seinem Oberstübchen nicht alles richtig.

Preußischer Kriegsminister, General von Heeringen:

Ich habe zu dem Fall, den der Herr Abgeordnete Zubeil hier berührt hat, folgendes zu bemerken. Ich muß meine Orientierung aus einer Niederschrift hier entnehmen, die ich vorher nicht genau durchlesen konnte. Danach hat der Kanonier Grosse bis Herbst 1901 beim Fußartillerieregiment Nr. 4 gedient, hat aber während seiner Dienstzeit keine Dienstbeschädigung erlitten. Er ist vom Arzt unter⸗ sucht und als gesund und felddienstfähig entlassen. Erst zwei Jahre später kam er und beantragte eine Dienstbeschädigung. Da er dies aber erst nach so langer Zeit tat, konnte auch das Regiment ebenso wie das Bezirkskommando und später das Generalkommando nichts anderes tun, als ihn abweisen. Nun kam ein Jahr später, also erst drei Jahre nach der Entlassung, der Vater und behauptete, der Sohn wäre während der Dienstzeit mißhandelt worden. Das General⸗ kommando hat darauf sofort gerichtliche Untersuchung eingeleitet gegen die Unteroffiziere. Die Unteroffiziere sind zur gericht⸗ lichen Verantwortung gezogen, aber vom Gericht endgültig frei⸗ gesprochen, weil in keiner Weise erwiesen worden ist, daß sie sich einer Mißhandlung schuldig gemacht haben. Von diesem Ausgange ist dem Vater des p. Grosse schriftlich Bescheid gegeben; also es trifft nicht zu, was der Herr Abgeordnete sagt, daß gar kein Bescheid erteilt worden wäre. Da nun die gerichtliche Untersuchung keinerlei Anhalts—⸗ punkte für irgend eine Mißhandlung gab, man auch keine Anhalts— punkte hatte für eine Dienstbeschädigung, da möchte ich fragen, wie man dazu hätte kommen können, Geld des Staates jemandem in die Hand zu drücken.

Weiter kommt hinzu, daß der Mann einige Jahre später, im Jahre 1907, zu einer Festungsübung in Thorn eingezogen war. Er hat die Uebung von vorn bis hinten ohne Anstand durchgemacht. (Hört! hört! rechts) Dann hat er später, als er zurückkam, beim Bezirkskommando behauptet, er wäre während dieser Uebung krank gewesen und wäre um Unterstützung eingekommen. Es ist festgestellt, daß das erlogen war, und der Mann hat selbst zugegeben, daß es erlogen war. (Hört! hört! rechts.)

Er hat sich sogar beim Schluß der Uebung auf die Frage des Arztes, ob irgend jemand eine Dienstbeschädigung hätte, nicht gemeldet. Meine Herren, es liegt doch absolut gar keine Veranlassung vor, daß

die Militärverwaltung einem Manne, der eine Dienstbeschädigung in irgend einer Form erlitten hätte, die ihm gesetzlich zustehende Pension verweigern sollte. Wir freuen uns ja, eine entsprechende Entschädigung geben zu können, wenn jemand eine Beschädigung im Dienste erleidet. Ich wüßte wahrhaftig gar keinen Grund, weshalb die Militärverwaltung dabei in irgend einer Weise zurückhalten sollte.

Dann hat der Herr Abgeordnete zuletzt noch wieder süddeutsche und norddeutsche Offiziere gegeneinander auszuspielen versucht. Meine Herren, ich bitte dringend, lassen Sie das doch! Wir fühlen zwischen den Offizieren in Preußen, in Bayern, in Württemberg, in Sachsen nicht den geringsten Unterschied. (Zuruf links: v. Oldenburg) Ich muß das ablehnen, ich habe Herrn v. Oldenburg nicht so verstanden. Ich sage: die deutsche Armee ist eins und denkt nur an eine Sache: sich für die Verteidigung des Vaterlandes bereit zu halten. (Lebhaftes Bravo rechts.)

Abg. Rogalla von Bieberstein (dkons): Wir müssen ent— schieden gegen die Behauptung protestieren, daß der Abg. von Olden⸗ burg einen Unterschied zwischen Nord und Süd aufgestellt hat.

Abg. Müller⸗-Meiningen (fr. Volksp. ): Warten Sie doch das Stenogramm ab, das wäre sedenfalls gescheiter

Abg. Rogalla von Bie berstein (dkons.) : Gerade das Steno⸗ gramm wird ergeben, daß der Abg. von Oldenburg einen Gegensatz zwischen süddeutschen und preußischen Offizieren t konstruiert hat.

Abg. Kreth (dkons.): Ich kann das nur bestätigen. Der Abg. von Oldenburg hat lediglich gesagt, daß die bayerischen viel von preußischen Offizieren gelernt haben. Wenn der Abg. Zubeil sich herausnimmt, in einer Weise über den Abg. von Oldenburg zu sprechen, die der guten . nicht entspricht, so wird das den Abg. von Oldenburg jedenfalls alt lassen.

Bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrat, Generalmajor Frei⸗ herr von Gebsattel: Ich konstatiere in aller Ruhe, daß ich in der Aeußerung des Abg. von Oldenburg eine Beleidigung der bayerischen Armee nicht gesehen habe.

Abg. Mommsen (frs. Vgg): Wir unserseits können nur die Auffassung des Abg. Müller⸗Meiningen teilen.

Abg. Rogalla von Bieberstein (dkons): Wir legen auf das Urteil des bayerischen Bevollmächtigten mehr Wert als auf das des Abg. Mommsen.

Abg. Zubeil (Soz.) behält sich vor, weiteres Material in der dritten Lesung vorzubringen. Im übrigen lehne er ab, in eine Ge— sellschaft mit dem Abg. bon Oldenburg zusammengeworfen zu werden.

Preußischer Kriegsminister, General von Heeringen:

Ich bitte den Herrn Abgeordneten Zubeil, das Material nicht erst in der dritten Lesung hier vorzutragen, sondern mir vorher zugänglich zu machen. Denn es hat, wie ich schon vorher betont habe, die Militär— verwaltung das dringendste Interesse daran, gerecht zu sein. Weiter wollen wir nichts. (Bravo! rechts.)

Damit schließt die Diskussion.

Das Gehalt des Kriegsministers wird bewilligt. Die Resolution Ablaß wird gegen die Stimmen der Rechten an⸗ genommen, die Resolution Müller⸗Meiningen⸗Wiemer mit den Stimmen der Rechten und des Zentrums abgelehnt. Die übrigen Besoldungen für das preußische Kriegsministerium und die Ausgaben für das Militärkassenwesen werden ohne Debatte bewilligt.

Bei den Ausgaben für die Intendanturen tritt der

Abg. Werner (D. Rsp.) wiederum für Besserstellung der Inten⸗ dantursekretäre ein.

Bei den Ausgaben für die Militär-Justizverwaltung wird durch einen Vertreter der Militärverwaltung auf eine Anregung des Abg. Dr. Görcke (nl.) erklärt, daß bei der Erörterung des Etats des Reichsschatzamts auch die Ausführungsverordnung zur Gehaltsordnung hinsichtlich der aus einem anderen Kontingent in das preußische über— tretenden Militärgerichtsbeamten erörtert werden soll.

Hierauf wird Vertagung beschlossen.

Schluß 4, Uhr. Nächste Sitzung Montag 1 Uhr. (Rech⸗ nungssachen, kleinere Vorlagen, dritte Lesung der Nachtrags⸗ etats für 1909.)

Preustischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 11. Sitzung vom 29. Januar 1910, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung, in der die zweite Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung fort— gesetzt wird, ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Beim Kapitel „Förderung der Fischerei fragt

Abg. Schwabach (nk) ang wie es mit der Vorlage eines neuen Fischereigesetzes stehe. In diesem Gesetz müsse nicht nur die privatrechtliche, sondern noch mehr die öffentlich rechtliche Seite der Materie geregelt werden. Der Redner erwähnt die strenge Handhabung der Strafbestimmungen des geltenden Fischerei⸗ gesetzes. Die Fischereibeamten fühlten sich zu sehr als Polizei⸗ zeamte. Der jetzige Oberfischmeister neige zwar zu einer milderen Dandhabung der Bestimmungeng aher wer garantiere dafür, daß sein Nachfolger die gleiche Ansicht habe. Es müsse eine allgemeine Anweisung für die Fischmeister gegeben und ihre Ausbildung geregelt werden. Die aufsichtführenden Fischereibeamten sollten nach Möglichkeit aus der Bevölkerung selbst entnommen werden. Der Minister möge mit⸗ teilen, ob das neue Fischereigesetz mit dem Wassergesetz zusammen werde eingebracht werden.

Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim:

Meine Herren! Die Frage wegen der Veröffentlichung des Fischereigesetzes kann ich dahin beantworten, daß der Entwurf im landwirtschaftlichen Ministerium fast fertig gestellt ist, und daß seine demnächstige Veröffentlichung beabsichtigt wird. Die Ein⸗ bringung eines Fischereigesetzes kann jedoch erst gleichzeitig mit der Einbringung des Wassergesetzes erfolgen, weil diese Materien eng miteinander verbunden sind und verschiedene Gegenstände betreffen, die nur in beiden Gesetzen gemeinsam behandelt werden können.

Abg. von Kloeden (B. d. WM weist darauf hin, daß der Main so⸗ wohl wie der Rhein durch Abwässer und Fäkalien stark verunreinigt werde. Sein Wahlkreis sei am Main insofern interessiert, als sich das Mainwasser mit dem Rhein erst bei Oberlahnstein vermische. Unter dieser Verunreinigung habe die Fischerei stark zu leiden, be—⸗ sonders der Fang der . und Salme sei stark zurückgegangen. Man schwärme immer so für den schönen Rhein, aber dann sollte man auch dafür sorgen, daß er rein erhalten werde.

Abg. von Böhlendorff⸗-Kölpin (kons.) betont die Wichtigkeit der Fische als Volksnahrung. Ebenso wie für die Hebung der Viehzucht und für die Hebung des Kornbaues bisher gesorgt worden sei, müsse auch die Fischerei unterstützt werden. Auf diesem Gebiete habe man es noch nicht verstanden, der Zunahme der Bevölkerung Rechnung zu tragen. Bisher seien in bezug auf die Fischereiwirtschaft schwere n gemacht worden. Der Fischexport verhalte sich zum Fischimport wie 1:7. Viel könne durch ein Lehrinstitut für Fischerei erreicht werden, das unter Mitwirkung der Fischereivereine und der Landwirtschafté kammern

zu errichten sei. Die bisher vorhandenen Institute am Müggelsee n in Hannover erfüllten nicht alle Forderungen. Der Redner bittet de Minister, wenn das Fischereigesetz erschienen sei, auch die provinzieslg Verordnungen einer Revision zu unterziehen. Denn in diesen lie namentlich für die Binnen⸗ und Küstenfischerei der Schwerpun Besonderer Wert sei auf die Festsetzung der Schonzeit zu lege Durch die biologische Forschung sei man zu dem Ergebnis gekomme daß es falsch sei, den u zu schonen. Keine Schonung des Aals die richtige Parole. Er bitte den Minister, dafür zu sorgen, daß Fischereiwirtschaft mit aller Kraft gehoben werde.

Das Kapitel wird bewilligt.

um Kapitel „Landes meliorationen, Moor Deich⸗, Ufer- und Dünenwesen“ liegt der Antrag de

Abgg. Klocke (Zentr. und Gen. vor: die Regierung zu ersuchen, Maßnahmen zu treffen, welche eignet sind, in verstärktem Maße eine Umwandlung von Mog und Oedländereien in Ländereien von höherem wirtschaftlich Werte herbeizuführen.“

Abg. Klocke (Zentr.) begründet seinen Antrgg:; Was die deuts Landwirtschaft aus eigener Kraft geleistet hat, ist staunenswert. S kann aber noch mehr leisten, wenn auch die Anbaufläche selbst e größert werden kann. Eine ganze Provinz liegt unbewirtschaf da. Mehr als 1 Million Hektar Moorländer sind Preußen nach der letzten landwirtschaftlichen Statistik au genommen worden. Wir haben in unserem Antrage aber nicht n von Mooren, sondern auch von Dedländereien gesproch— Man hat vielleicht an manchen Stellen Oedländereien aufgeforst die sich besser zur landwirtschaftlichen Nutzung empfohlen hätt Vielleicht hat dabei der ressortmäßige Eten kennt überwogen. Wa wir in dem bisherigen Tempo die Moore urbar machen, können noch hundert Jahre dazu gebrauchen. Wir erfüllen damit uns Aufgabe nicht. denn die Bevölkerung steigt fortgesetzt, und müssen Land schaffen, um die Bevölkerung auf dem Lande festhatt zu können. Die Technik ist so entwickelt, daß man die Moorkuß in großem Stile betreiben kann. Carpe diem, wir sollen 8e Aufgabe nicht der Zukunft überlassen. Die Aufgabe muß n friderizianischem Geiste erfaßt und mit friderizianischer Gr zügigkeit durchgeführt werden. Die Bewegungsfreiheit des einzeln wollen wir dabei gewahrt wissen, die Besitzer sollen nicht du Zwang kultivieren, sondern aus eigener Einsicht. Buregukratist Zwang muß vermieden werden, der Beamte soll nur der Berater? Bevölkerung sein. Um die Privatbesitzer zur Kultivierung anzurz und anzulelten, bedarf es zunächst der Schaffung von Mußt flächen, woraus zu sehen ist, wie schöne Wiesenwirtschaften ; auf einem bisherigen Oedland einrichten lassen. In Pommern s Musterflächen durch die Moorkommission geschaffen worden. Bayern werden die Pläne für die Privatbesitzer von den Landeskulh ingenieuren kostenlos aufgestellt. In derselben Weise sollte man auch in Preußen machen. Nur der Staat mit seinen reichen Mitze kann in wirksamer Weise diese Kulturaufgabe durchführen. Jed muß individualisiert werden, jede Schematisierung ist zu vermeid Die bestehenden Verhältnisse müssen berücksichtigt werden; deshalb eine allgemeine Erörterung der Frage je nach den einzelnen Land teilen notwendig. Auch die Industrie wird voraussichtlich in das M ziehen, um dort Fabriken zur Gewinnung von Stickstoff zu erricht Wenn die Industrie in das Moor zieht, dann ist auch Kapital Deshalb sollte die Regierung die Bestrebungen der Industrie in die Richtung fördern. Unser Antrag verlangt nicht irgendwelche finanziel Mittel; durch seine Zustimmung verpflichtet sich niemand, et spätere größere finanzielle Anforderungen zu bewilligen. Es wer aber doch direkte Staatsmittel nötig werden, wenn größere Meli tionen gemacht werden müssen. Es handelt sich hier um eine hohe Kult aufgabe, und ich hoffe, daß einmal eine Summe von 50 106 Millionen zur Verfügung gestellt werden wird, um mit ä gewissen Großzuͤgigkeit verfahren zu können. Dann müßte aber g den Privatbesitzern ein gewisser Staatskredit eingeräumt werden. bitte, unseren Antrag zum Wohle des ganzen Landes anzuneh

Abg. Dr. Arning (nl) spricht sich als Hannoveraner gan; sonders für die Kolonisation der Moore aus und bittet um! schaffung verschiedener alter Verordnungen, die den Bauern Kolonisierung solcher Oedländereien außerordentlich erschweren.

Abg. von Flottwell (freikons.) befürwortet ebenfalls den An und macht sodann verschiedene Vorschläge zur Reorganisation Meliorationsbauämter, die vor allen Dingen vermehrt werden müß

Abg. Gyß ling (fr. Volksp.): Der Antrag Klocke findet die stimmung meiner Freunde und entspricht unserm Programm. hat allerdings einen metallischen Beigeschmack, er schließt eine Ge bewilligung in sich und muß deshalb der Budgetkommission übermie werden. Den einzelnen programmatischen Darstellungen des Ant stellers wird man im allgemeinen zustimmen können; das Prid kapital wird schwer heranzuziehen sein, da sich das hineingest Kapital erst sehr spät verzinsen kann. Deshalb ist die Aufwend staatlicher Mittel erforderlich. Natürlich muß das Interesse einzelnen gewahrt bleiben, und die Verschiedenheiten in einzelnen Provinzen müssen berücksichtigt werden. Wir Hu immer der Verwendung von Staatsmitteln für die Kultivierung Landes das Wort geredet. Herr von Kessel hatte neulich duch unrecht; wir haben immer der Förderung der Landwirtschaft In esse entgegengebracht, nur ih der praktischen Durchführung wei wir von den Konservativen ab. Ich weise besonders darauf hin, in Masuren weite Flächen kultiviert werden können. Gerade für Osten sind Staatsmittel erforderlich; diese Forderung ist um berechtigter, als in den Reserven der preußischen Versicherm gesellschaften ein großes Kapital liegt, das aus dem Osten stam von dem aber nur ein geringer Teil wieder nach dem Osten zu fließt, während der größte Teil dem Westen zu gute kommt.

Abg. Weis sermel (kons.): Namens meiner Freunde ich zu erklären, daß wir dem Antrage Klocke sympatk gegenüberstehen; wir meinen, daß der Antrag sofort angenoms werden kann und nicht in die Kommission zu gehen bin Wenn finanzielle Mittel erforderlich sein werden, dann läßt darüber immer noch beraten. Zu der Aufsicht über die Meliorath müssen mehr die Meliorationsbaubeamten hinzugezogen werden.

Abg. von dem Hagen Gentr.) stimmt dem Antrage ju bittet, die verschiedenen Meliorationsgesellschaften gleichmäßig in rücksichtigen. ;

Abg. Liebknecht (Soz.) erklärt gleichfalls die Zustimmung Partei. Man müsse aber dafür sorgen, daß der Vorteil aus Melioration nicht nur einigen wenigen Privilegierten zu gute ken sondern der Allgemeinheit.

Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim:

Meine Herren! Die Erfüllung des vorliegenden Antrages der von den Herren Vorrednern ausgesprochenen Wünsche häng von der Finanzlage; es ist eine reine Geldfrage. (Sehr richt Soweit die Mittel reichen, hat, glaube ich, der Staat alles se was in seinen Kräften steht, um die Kultivierung von Oed Moorländereien zu fördern.

Wir können unter den Oed- und Moorländereien zwei Gru unterscheiden.

Einmal diejenigen Ländereien, die nur für Forstkultur braut sind; das sind in erster Linie die Sandländereien. Herr Weissermel hat schon in dankenswerter Weise auf das Vorgehen Forstverwaltung hingewiesen und dargelegt, in welcher Weise man Oedländereien aufforstet. Ich möchte dem nur noch ergãnzend bt fügen, daß wir in den letzten 8 oder 9 Jahren ungefähr 1600 das ist doch immer schon eine recht hübsche Summe aufges haben.

Die zweite Gruppe von Ländereien, die in Kultur genen werden können, sind die Moore und die für landwirtschaftliche &

geeigneten Heiden. Wie schon der Herr Antragsteller erwähnte, be⸗ findet sich das Hauptkontingent dieser Ländereien in Privathänden; der Staat hat nur verhältnismäßig geringe Bruchteile in Besitz. Was die Förderung der Kultivierung dieser Ländereien betrifft, so hat der Staat hierin doch manches geleistet, was als mustergültig anzusehen ist. Wir haben zunächst die Wissenschaft in einer Weise gefördert, daß wir wohl ohne Ueberhebung sagen können: in der wissenschaft— lichen Ausbildung der Moorkultur steht Deutschland mit seiner Moorkulturstation in Bremen obenan. Ich glaube, sämtliche Länder, die sonst noch Moore haben und Moorkultur treiben das sind be⸗ sonders die nordischen Länder haben darin von uns gelernt.

Herr Abg. Klocke hat ferner angeregt, wir sollten mehr Musterflächen anlegen, durch Beispiel mehr auf die ländliche Be⸗ völkerung wirken, Moorländereien in Kultur zu nehmen. Er hat gemeint, der Weg, den wir auf der Eifel beschritten hätten, große Domänen anzulegen, wäre eigentlich nicht richtig; man sollte mehr kleine Versuchsparzellen anlegen, die im engeren Bezirk anregend wirken. Meine Herren, man kann das eine tun und braucht darum das andere nicht zu lassen. Ich glaube, was wir in der Eifel getan haben, der Zusammenkauf von Ländereien, um daraus Musterwirt⸗ schaften zu bilden, war an diesem Orte durchaus richtig. (Sehr richtig Diese Musterwirtschaften sollen Stätten des Fortschritts in der Kultivierung der Eifel sein und werden es auch sein. Wir haben gezeigt, daß auf diesen allgemein in Verruf stehenden Ländereien mustergültige Weiden und ein durchaus ertragreicher Ackerbau ge— schaffen werden können (sehr richtig), und ich glaube, daß dies wesentlich dazu beitragen wird, die ganze Entwicklung der Eifel zu fördern.

Die Anlage von Musterflächen ist zunächst Aufgabe der Land wirtschaftskammern. Diese nehmen sich dessen in weitgehendster Weise an, erhalten dazu vom Staate auch entsprechende Mittel.

Ein weiteres Mittel, das der Staat hat, um die Kultivierung von Oedländereien und von Mooren zu fördern, ist die Bildung von Meliorationsgenossenschaften und Meliorationsverbänden. Ich darf da wobl auf das Extraordinarium verweisen, welches eine ganze Reihe von Titeln enthält, in denen Beihilfen für Meliorationsverbände ge⸗ fordert werden, die gerade derartige Oed⸗ und Moorländereien in Kultur nehmen. Ich verweise auf die Titel 10, 11, 16, 20 und 24. Auf diesem Wege wird fortgefahren werden, soweit die Mittel reichen. Wir sind in diesem Jahre leider nicht in der Lage gewesen, erheb⸗ liche Mittel für diesen Zweck einzustellen. Es sind nur kganz wenige neue Etatstitel, ich glaube: drei oder vier eingestellt worden. Sobald die Finanzen besser werden, werden wir auch hier in beschleunigtem Tempo vorgehen können.

Dem Wunsche, den Herr Abg. Klocke ausgesprochen hat, an Private Rat zu erteilen, kommt die Königliche Staatsregierung nach. Die Moorversuchstation Bremen mit ihren Abteilungen in Aurich und Lingen erteilt jedem Privatmann, der ihren Rat haben will, Rat. Auch die Meliorationsbauinspektoren tun das, soweit sie es können. Aber sie sind gegenwärtig im allgemeinen so beschäftigt, daß sie sich kaum viel mit Erteilungen von Ratschlägen an Private ab— geben können. Ich möchte aber hier auf eine Einrichtung aufmerksam machen, die von verschiedenen Kreisen schon gepflegt wird, auf die Anstellung von Wiesenbaumeistern. Die Wiesenbaumeister sind ja nicht nur darauf vorgebildet, Wiesen anzulegen, sie sind vielmehr so vorgebildet, daß sie auch in anderen Meliorationssachen, sobald es sich um Moorländereien handelt, Rat erteilen können. In der Provinz Ostpreußen ist man in dankens— werter Weise soweit darin vorgeschritten, daß dort fast jeder Kreis schon einen Wiesenbaumeister hat, und ich kann den übrigen Pro⸗ pinzen nur empfehlen, dies nachzuahmen. Ich glaube, es ist der beste Weg, um anregend auf Private zu wirken, Meliorationen, die frucht— bringend werden können, auch zu machen.

Soviel über das, was der Staat zur Anlegung und zur Hebung der Kultur von Oedländereien tun kann, die sich in Privathand be⸗— finden. Ich möchte nun noch einige kurze Worte darüber sagen, was der Staat auf seinen Ländereien tut.

Der Staat hat, wie ich schon sagte, nur den kleineren Teil der Moor⸗ und Oedländereien in seiner Hand; aber trotzdem ist er in sehr umfangreicher Weise, soweit es die Mittel irgendwie gestatteten, vor⸗ gegangen; ich erinnere da an die Arbeiten im Wiesmoor, Markart⸗ moor, Kedingermoor, im großen Moosbruch in Ostpreußen usw. Dort wird, soweit es die Mittel irgendwie zulassen und das hat auch der Herr Abg. Klocke anerkannt —, gearbeitet. Mehr ju tun, ist nicht möglich, wenn nicht mehr Mittel zur Verfügung stehen, und das wird, wie gesagt, kaum in nächster Zeit der Fall sein.

Der Staat hat es sich aber auch angelegen sein lassen, die Be⸗ nutzung der Moore auf industriellem Gebiete zu fördern, und ich glaube, er hat bier eine Anlage ins Leben gerufen, die als mustergültig anzu⸗ sehen ist; das ist die große Elektrizitätszentrale im Auricher Wie moor. Meine Herren, es ist dies die erste große Anlage, die das Moor für industrielle Zwecke im großen ausnutzt; sie ist ich glaube das aussprechen zu können durchaus gelungen. Der Staat hatte ursprünglich ein kleineres Werk selber dort erbaut und hat jetzt dieses Werk an eine Privatgesellschaft überwiesen. Diese Gesell⸗ schaft hat jetzt schon eine Anlage gebaut, die mit ungefähr 6000 Pferde- kräften arbeitet und für das gesamte Ostfriesland und für sämtliche Städte, z. B. für Emden und Wilhelmshaven, Aurich usw., die Elektrizitãt schafft. Auf diesem Wege wird auch in anderen Gebieten vorgegangen werden können. Ich glaube, daß da der Staat eine bemerkenswerte Anregung gegeben hat.

Ich komme nun auf einige Anregungen, die seitens der anderen Herren Redner gegeben sind. Der Herr Abg. von Flottwell meinte, daß vom Staate ja gewiß in ziemlich großem Umfange zu Meliorationen angeregt wird, daß aber die Meliorationen nachher nicht genügend beaufsichtigt würden. Meine Herren, es ist aus— geschlossen, daß die Meliorationsbaubeamten alle fertig gestellten Meliorationen dauernd unter Aufsicht behalten. Deshalb wird grundsãtzlich die Aufsicht über derartige Meliorationen den Landrãten überwiefen, die jährlich Schauen der betreffenden Meliorationen vor⸗ nehmen sollen; soweit nötig, ziehen sie dazu die Meliorationsbau⸗ beamten heran.

Herr Abg. von Flottwell hat ferner angeregt, den Meliorationsbaubeamten ein besseres Avancement zu schaffen. Wir haben das ja in diesem Etat schon durch die Einstellung der 12 Meliorationsbaubeamtenstellen getan, und, soweit es irgend nötig ist, werde ich mich bestreben, auch auf diesem Wege fortzuschreiten.

Er hat dann auch weiter den Wunsch ausgesprochen, daß in der

Mittelinstanz, also bei den Regierungen, eine Aufsichtsbehörde über das Meliorationswesen geschaffen würde. In dieser Frage verhandle ich schon seit langen Zeiten mit dem Herrn Arbeitsminister, und wir sind auch schon zu einer gewissen Einigung gekommen, die jetzt aller⸗ dings durch die Arbeiten der Immediatkommission einen Aufschub erlitten hat. Die Durchführung der geplanten Aenderung haben wir solange zurückgestellt, bis wir wissen, welche Stellung die Immediat⸗ kommission dazu einnehmen wird.

Dann hat der Herr Abg. Dr. Arning Spezialwünsche bezüglich der Aenderung von veralteten Bestimmungen in Hannover vorgebracht. Es sind bis jetzt an mich irgendwelche Klagen und Beschwerden über diese Bestimmung nicht herangetreten; das erste, was ich darüber höre, ist das, was Herr Dr. Arning heute darüber vorgebracht hat. Ich werde mich bemühen, die Sache aufzuklären, und sehen, ob irgend⸗ welche Abhilfe geschaffen werden kann.

Der Antrag Klocke wird angenommen, nachdem der Abg. Gyßling auf die Ueberweisung an die Budgetkommission ver⸗ zichtet hat. .

Bei den Ausgaben für die Unterhaltung von Deichen weist

Abg. Tönnies (nl.) auf die Ueberbürdung der kleinen Gemeinden in seinem Wahlkreise Husum⸗Eiderstedt mit den Deichlasten hin u bittet um Uebernahme der Kosten für die Befestigung der Insel Pe worm auf den Staat. Der Staat habe gewissermaßen Ve pflichtung dazu, da er nicht sofort ein so starkes Projekt habe aus⸗ führen lassen, daß eine Zerstörung der Sicherungsanlagen nicht möglich gewesen wäre. Ferner werde für die Hallig Hooge die Notwendigkeit des Schutzes von dem Landwirtschaftsministerium und dem Ministerium der öffentlichen Arbeiten anerkannt, aber der Finanzminister verhalte sich ablehnend.

Geheimer Oberbaurat Nuyken erwidert, der Antrag des Deichver⸗ bandes auf Uebernahme der Kosten für die Insel Pellworm auf den Staa sei eingegangen und zunächst dem Regierungspräsidenten in Schleswig zur Berichkerstattung überwiesen worden. Sobald Bericht ein gegangen sei, werde im Ministerium mit Wohlwollen geprüft werden, ob eine Hilfsaktion des Staates einzutreten habe. Eine Verpflichtung des Staates, deshalb, weil das ausgeführte Projekt nicht stark genug sei, liege jedoch nicht vor; der Bauherr sei der Deich⸗ verband der Insel Pellworm gewesen, und von dessen Technikern sei das Projekt in derselben Weise ausgeführt worden, wie es sich anderen Stellen bewährt habe. Der Staat habe lediglich eine Bei hilfe gegeben. Für Sturmschäden könne der Staat nicht verantwort— lich sein.

Abg. Gyßling (fr. Volksp.) bittet um die Herstellung hoch— wasserfreier Dämme und Wege zum S Dörfer am Kurischen Haff.

Geheimer Oberbaurat Nuyken macht auf die technischen Schwierigkeiten eines solchen Projekts aufmerksam, sagt jedoch eine nochmali rüfung durch den Minister zu.

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Schäden der vor⸗ jährige cchwemmung i : empfiehlt zum Schutz für die Zukunft die Aufforstung unter Beihilfe des Staates. Dem Forstfiskus seien 100 Morgen Land zur Abrundung seines Besitzes angeboten worden, er sei jedoch nicht darauf eingegangen. . Abg. Heine (nl) tritt gleichfalls für die Aufforstung des ECichs feldes ein. as vorige Jahr sei ein Unglücksjahr für das Eichsfeld im wahren Sinne des Wortes gewesen. Die Unterstützung der Ge⸗ schädigten sei nicht überall gerecht verteilt worden; es gebe noch manche Geschädigte, die auf Unterstützung warteten. Das Eichsfeld müsse in großem Maßstabe aufgeforstet werden, und dazu müßten Staatsbeihilfen gegeben werden.

Bei den Ausgaben für die Förderung genossenschaft licher und kommunaler Flußregulierungen tritt Abg. Tourneau Gentr.) für die Uferbefestigungen im felde ein und erbittet dazu reiche Staatsmittel.

Das Kapitel wird bewilligt.

Im Kapitel der allgemeinen Ausgaben bei den Fonds zur Förderung des Obst-, Wein- und Gartenbaues tritt

Abg. Wallenborn (Zentr.) für die möglichste Förderung des Obstbaues ein, die er als eine nationale Pflicht bezeichnet.

Abg. von Kloeden (B. d. . empfiehlt die Förderung des Wein—

ues, vor allen Dingen auch wirksamere Maßregeln zur Bekämpfung

990 C z ' 6 z 2 er Reblaus. Das Extinktivperfahren, das die Regierung anwende, inde nicht die Zufriedenheit der enugend

itschdigt würden. Man solle Wanderlehrer in die Weinbaubezirke Die Rheindampfer, die durch ihre starke Rauchentwicklung en We und Obstkulturen am Rhein größeren Schaden zufügten, s man geglaubt habe, könnten vielleicht angebalten werden, Rauch⸗ verbrennungsapparate anzuwenden. Der Rheingauwein wirke sehr günstig auf das Gehirn. Scheffel sei gewiß ein großer ehrer seiner heimatlichen Weine, des Markgräflers usw., gewesen, aber seinen Ekkehard und seinen Trompeter von Säkkingen habe er bei einer Flasche Rheingauerwein geschrieben. (Vizepräsident Dr. Paorsch: Ich bitte Sie, nicht zu weit von der Sache a zuschweifen. Der Rheinwein sei ein Wein, der es in sich habe. An der einen Flasche Steinberger Kabinett, die seinerzeit Kaiser Wilhelm dem Fürsten Bismarck geschenkt habe, habe sich ganz Deutschland berauscht. ;

Abg. Cahensly Zentr.) fordert die Regierung auf, der Rbeinischen Winzergenossenschaft, die schon viel Gutes gewirkt habe, sich aber in sehr bedrängter Lage befinde, besondere Beihilfen zu gewähren.

Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim:

In der Frage des Zusammenbruchs der Eltviller Zentralverkaufs⸗ genossenschaft will ich auf die Ursachen, die den Zusammenbruch berbei—⸗ geführt haben, nicht näher eingehen. Zweifellos ist bier von ver⸗ schiedenen Seiten gegen die ersten Grundsätze einer ordentlichen Geschäftsführung gesündigt worden.

Was nun die Frage der Mitwirkung des Staats bei Sanierung dieses zusammengebrochenen Unternehmens anbelangt, habe ich durch meinen Referenten schon wiederholt den Zentralverban ländlicher Genossenschaften zu Neuwied auffordern lassen, mir zu be— richten, wie die Verhandlungen bezüglich der Sanierung, die die Neu⸗ wieder Zentralgenossenschaft in die Hand genommen hat, stehen. Ich habe zuletzt im Oktober v. J. schriftlich dazu aufgefordert; ich habe bisher den erbetenen Bericht nicht erhalten, wohl weil die Schwierigkeiten, die zu überwinden sind, noch nicht über—⸗ wunden und noch nicht gelöst sind. Ehe dieser Bericht nicht einge— gangen ist und ehe nicht der ganze Plan von meinem Ressort und speziell auch von der Zentralgenossenschaftskasse geprüft sein wird, kann ich eine Erklärung darüber, ob und in welcher Weise der Staat ein greifen wird, nicht abgeben. Jedenfalls wird bei der Sanierung das ins Auge zu fassen sein, daß nicht bloß über momentane Verlegen⸗ heiten hinweggeholfen wird, sondern daß, wenn die Sanierung in die Hand genommen wird, sie eine gründliche werde (Bravo!, die dahin führt, daß die gefährdeten Winzer und Winzergenossenschaften lebens— fähig erhalten werden. (Bravo!)

Abg. Engelsmann (ul.); Die Winzer können froh sein, daß die Regierung nach wie vor das Extinktivverfahren hochhält, Wenn ein Weingutsbesitzer auch einmal glaubt, eine ungenügende Entschädigung erhalten zu haben, so sind das doch Kleinigkeiten gegenüber dem Schaden, der durch eine ungenügende Bekämpfung der Reblaus ent stehen würde.

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23 * 58 ⸗— Winzer, die oft

729 Ver⸗

Abg. Dr. Crüger (fr. Volksp.): Die Frage der Winzer⸗ genossenschaften hat eine sehr weitgehende Bedeutung. Auffallender⸗ 1 5. 6 weise hat der Minister heute eine andere Erklärung ab⸗ gegeben als im vorigen Jahre; er sucht heute einen Schuldigen für die Schwierigkeiten der Winzergenossenschaft in Eltville. Die Ursachen dieses Zusammenbruches sind fur jeden Kenner des Genossen⸗ schaftswesens klar, die ganze Organisation war von vornherein verfehlt. Ich bin immer gegen die Zentralisation der Genossen⸗ schaften gewesen, die Gründung der Preußischen Zentralgenossenschafts⸗ kasse hat vielfach auf die Entstehung von Pumpgenossenschaften hin— 1 83 * . . 9 . 2 gewirkt. Wie recht ich habe, zeigen solche Falle; bricht an einer Stelle ein Brand aus, so ist das ganze Gebiet gefährdet. Jetzt bricht m n 8 ss 5 5 266 . der ganze Rattenkönig von Genossenschaften zusammen. Das gleiche wie von dem Zusammbruch von Eltville gilt von dem Zusammen⸗ bruch der Straßburger Getreideverwertungsgenossenschaft. Die Wein⸗ zentrale von Eltville ist an dem ganzen System zu Grunde gegangen, die Großmannssucht ist schuld daran. Es sollte überall in die Situation der Genossenschaften etwas hineingeleuchtet werden. Minister für Landwirtschaft ꝛc. von Arnim: Meine Herren! Ich bin mir über die Ursache Zusammenbruchs ebenso klar wie der Herr Vorredner. Ich habe mit Wort gesagt, daß ich mir nicht darüber klar sei. Die Ursachen vorigen Jahre durch eine genaue Untersuchung durch enschaftst festgestellt worden, und es ist auch der worden; was aber noch fehlt, das ist der meine Herren, steht die Königliche Staats⸗ 5 seitens der beteiligten Genossen⸗

in erster Linie einzugreifen ist,

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und daß erst, wenn ein klar f schaften vorliegt, die Königliche Sta

nehmen hat, ob und wie sie helfen soll.

Auf die Organisation des Genossenschaftswesens will ich hier nicht näher eingehen. Ich möchte aber doch den Herrn darauf aufmerksam machen, daß die Organisation der Genossenschaften unter einander Sache der

enossenschaften und nicht Sache der Königlichen Staatsregierung ist. le, die dem Genossenschaftswesen nahe g der großen Preußischen Zentralgenossen⸗

1

r wo; 7 . 14 1 98 5 UGers raw os a ensreich für die Entwicklung des Genossenschaftswesens

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stehen, klar, daß die Bildur schafts kasse

Abg. Burchard (kons.): Ich will mit dem Abg. Crüger über Bedeutung der schaf e ni streiten; erwähne nur, daß sich sei ahren in den Händen des Ministers ein Bericht befindet, in dem ̃ ssenschaft eigener Kraft leisten kann und wie weit sie der Hilfe des Ste bedarf.

Zur Heranziehung und Erhaltung ausgezeichneter Professoren an den landwirtschaftlichen Hochschulen ist ein Fonds von 40 000 66 vorgesehen.

Auf Antrag der Abgg. von Arnim (kons.), Dr. von Savigny (Zentr. und Dr. Friedberg (nl.) beschließt das Haus, die Negierung zu ersuchen, die aus diesem Fonds zu zahlenden Besoldungszuschüsse künftig pensionsfähig zu machen.

Berichterstatter Abg. von Arnim (kons.) referiert über ei Petition des Vorstandes der Schwedte f fenschaf erstattung der d c schädigung und Ueberweisung de ferner auf zwei vorgelegen haben Zehdener Entwässerungsverbe und bittet den Minister um g

Minister für Landwirtschaft ꝛc. ie Verhältnisse in beiden

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Mir s bekannt. nügen die dort nicht Jahre nicht möglich, die erste ? dem schon oft genannten Grunde der Finanzlage. Ich werde mich aber für das nächste Jahr vom Finanzminister Mittel und werde jedenfalls diese Projekte erster Linie zu suchen. (Bravo!) as Haus beschließt nach dem Antrage des Berichterstatters. er Rest der dauernden Ausgaben wird ohne Debatte bewilligt.

Unter den einmaligen und außerordentlichen Ausgaben sind zur Förderung der Land⸗ und Forstwirtschaft in den westlichen Provinzen (West fonds) 985 000 46 ausgeworfen. Aus diesem Fonds erhielt die Rheinprovinz bisher 420 000 (s6; dieser Anteil soll um 30 000 6 gekürzt, dagegen soll der Anteil der Provinz Schleswig⸗Holstein um 20 900 6 und derjenige der Provinz Hannover um 10 000 6 erhöht werden.

Die Budgetkommission beantragt, die Regierung zu ersuchen, im nächstjährigen Etat den Fonds zu Gunsten der Rheinprovinz um 30 000 S6 zu erhöhen und die Petition der rheinischen Landwirtschaftskammer gegen die Herabsetzung des Westfonds dadurch für erledigt zu erklären.

Der Abg. Wallen born (Zentr.) beantragt, mit Unter

stützung sämtlicher rheinischen Abgeordneten: 1) den Fonds schon in diesem Etat um 30 000 66 zu erhöhen, 2) für den Fall der Ablehnung dieses Antrags die Regierung zu ersuchen, 4. schon im Etatsjahre 1910 aus bereiten Mitteln den Wunsch der Rheinprovinz nach Erhöhung des ihr zugedachten Anteils an dem sogenannten Westfonds um 30 000 6 nach Möglichkeit zu erfüllen, b. den Westfonds im Etat für 1911 um 30 000 66 zugunsten der Rheinprovinz zu erhöhen. Abg. Wallenborn (Zentr.) begründet den Antrag. Wenn es auch anzuerkennen sei, daß die Provinzen Hannover und Schleswig⸗Holstein einer Unterstützung bedürften, so müsse er doch Verwahrung dagegen einlegen daß der Fonds für die Rheinprovinz um 30 000 4 gekürzt werde. Die Rbeinprovinz könne, wenn ihr diese Summe entzogen würde, nicht mehr allen Anforderungen gerecht werden. x

Abg. Heckenroth (kons.) hebt hervor, daß durch die Verminderung des Zuschusses nicht nur neue der Löosung barrende Aufgaben nicht in Angriff genommen werden könnten, sondern daß auch alte, die in der Lösung begriffen seien, dann aufgeschoben werden müßten. Die Verkürzung des Fonds bedeute eine recht bedenkliche Schädigung fur die Rheinprovi ie um so empfindlicher werde, als vor allen Dingen kleinbäuerli

iebe in Mitleidenschaft gezogen würden. Zu bedauern sei aller⸗

daß der Minister in der Budgetkommission die Erklärung ab⸗ babe, daß die 30 000 für dieses Jahr kaum mehr zur ung gestellt werden könnten. Auf Grund dieser Erklarung seine politischen Freunde den ersten Teil des Antrags ab, aber seien sie dafür, den Westfonds im Etat für 1911 um 30 000 6 zugunsten der Rheinprovinz zu erhöhen.

Abg. Engels mann (nl. erklärt, daß die beabsichtigte Kürzung des Fonds für die Rheinprovinz allenthalben große Entrüstung hervorgerufen habe, in der Landwirtschaftskammer, im rheinischen Provinzialausschuß

: bemühen,

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