8.
wegs niedrige Löhne, wie hier behauptet worden ist. Die Familie Schmidtmann sind gar keine Deutschen, der alte Schmidtmann ist ein Oesterreicher, der Sohn ein amerikanischer Bürger; man kann also nicht von ihnen deutsches Solidaritätsgefühl erwarten, die Amerikaner haben über Treu und Glauben überhaupt andere An⸗ ee gen als wir. 14 Stunden nach jener bekannten Nachtkonferenz schloß er für 20 Mill. Mark Kaliverträge mit Amerika ab. Er hat dies getan, um entweder das Syndikat zu sprengen oder die Verträge verkaufen zu lassen. Andere Amerikaner hätten es ja ebenso gemacht. Wir stehen nun vor der Frage: Sollen wir den amexikanischen Kali⸗ königen einen Vorsprung bei uns einräumen? Die Folge würde verderblich sein für unsere Industrie und für die Landwirtschaft. Das deutsche Kalimonopol ist ihnen der einzige Dorn im Auge. Ein Ausfuhrzoll kann uns nicht helfen, weil die davon betroffenen Länder sofort mit Repressalien antworten würden, die uns außerordentlich hart treffen müssen. Abhilfe kann nur im Wege des vorgeschlagenen Gesetzes herbeigeführt werden, wobei allerdings einige Schärfen, wie die Stillegung von Werken, beseitigt werden müßten. Es handelt sich in der Hauptsache aber um ein Notgesetz, dessen K die Schaffung eines klaren Verhältnisses zu Amerika ist. Diese Hauptaufgabe muß und wird die Kommission im freundlichen Ein⸗ vernehmen mit den verbündeten Regierungen zu lösen haben.
Abg. Brandys (Pole) fordert unter Ablehnung des Monopols die Gestaltung der Vorlage dahin, daß das Reich ein gewisses Auf— sichtsrecht über die Produktion und auch über den er, der Kali⸗ salze erhält, dergestalt, daß die Verschleuderung an das Ausland ver— hindert wird.
Es geht ein Schlußantrag ein.
Abg. Ledeb our (Soz.) ersucht zur Geschäftsordnung, den Antrag abzulehnen, da erst ein Redner jeder Partei bei einer so wichtigen Vorlage zu Worte gekommen sei.
Der Präsident läßt eine weitere Debatte darüber nicht zu.
Der Schlußantrag wird gegen die entschiedene Linke an— genommen.
Abg. Dr. Wil l⸗Straßburg (Zentr.) bedauert, durch den Schluß der Diskussion verhindert zu sein, seinen Standpunkt als Elsaß-Lothringer darzulegen.
Abg. Emm el (Soz.): Das ist doch ein sehr eigentümliches Be⸗ dauern, da der Abg. Will zu den Parteien gehört, die soeben den 6 herbeigeführt haben.
Abg. Gothein (fr. Vgg.) bedauert ebenfalls, durch die An— nahme des Schlußantrages nicht mehr zum Worte kommen zu
können, ebenso Abg. Dr. Roesicke (dkons.).
Abg. Gothein (fr. Vgg.): Die Partei des Abg. Dr. Roesicke hat doch soeben für den Schlußantrag gestimmt. Ich bin in der Diskussion von den verschiedensten Seiten angegriffen worden, gleichwohl werden wir nicht mehr zum Wort zugelassen, während vom Zentrum drei Redner gesprochen haben.
Abg. Gröber (Zentr.): Nicht drei Redner haben für das Zentrum gesprochen, sondern allein der Abg. Dr. Heim.
Abg. Emmel (Soz ): Außer dem Abg. Dr. Heim haben noch der dem elsaß-⸗lothringischen Zentrum angehörige Abg. Ricklin und der Zentrumshospitant von Dannenberg gesprochen.
Abg. von Dannenberg (Welfe) konstatiert, daß er nicht dem Zentrum angehört, sondern fraktionslos ist. t
Abg. Ledebour (Soz.): Es besteht aber doch ein platonisches Verhältnis. Wenn in dieser Debatte sogar einzeln stehenden Ab⸗— geordneten das Wort verstattet wird, so müssen große Fraktionen doch mindestens das Recht haben, zwei Redner zu stellen.
Die Vorlage wird hierauf einer Kommission von 28 Mit— gliedern überwiesen.
Es folgt die erste Lesung des Entwurfs eines Stellen— vermittlergesetzes.
Stellvertreter des Reichskanzler, Staatssekretär des Innern Delbrück:
Meine Herren! Seit geraumer Zeit wird über die Geschäfts⸗ führung der Stellenvermittler Klage geführt, und diese Klagen haben wiederholt Veranlassung gegeben, gesetzgeberisch in die Verhältnisse dieses Berufs einzugreifen. Gleichwohl sind diese Klagen nicht ver— stummt. Es wird weiter geklagt über die Unzuverlässigkeit vieler Stellenvermittler in ihrem Geschäftsbetrieb. Es wird geklagt, daß sie die Angestellten zum Kontraktbruch verleiten. Es wird geklagt über Mißstände, die sich dadurch ergeben, daß mit dem Betriebe der Stellenvermittlung andere Berufe, wie die Gastwirtschaft und der— gleichen verbunden werden. Aber, meine Herren, diese Klagen sind es nicht allein, die immer wieder die Aufmerksamkeit des Gesetzgebers auf das Stellenvermittlergewerbe lenken müssen. Das Stellenver—⸗ mittlergewerbe hat im Laufe unserer wirtschaftlichen Entwicklung eine Bedeutung gewonnen, die weit über das hinausgeht, was man vor 20 Jahren hätte ahnen und vermuten können. Die Freizügigkeit, der Eisenbahnverkehr, die internationalen Beziehungen mancher Ge— werbe mit ihren wechselnden Saisonbedürfnissen, wie beispielsweise bei dem Gastwirtsgewerbe, die Anziehungskraft der Großstädte, die steigende Nachfrage nach Arbeitskräften auf Seiten unserer In—⸗ dustrie, der Mangel an Arbeitskräften in der Landwirtschaft, die Zu— nahme der Beschäftigung fremder Arbeiter in der Landwirtschaft, der sogenannten Saisonarbeiter, die Entwicklung von Arbeitnehmer- und Arbeitgebernachweisen, die sich allmählich zu einem Kampfmittel auf dem Arbeitsmarkt entwickelt haben, alles das drängt nach einer zu— sammenfassenden Organisation der Stellenvermittlung und des Arbeits— nachweises auf öffentlich rechtlicher Grundlage unter Leitung und Beaufsichtigung des Staats. Neben dem privaten Stellenvermittler sind jetzt gemeinnützige Vereine in Tätigkeit, die die Stellen— vermittlung für bestimmte Kategorien von Angestellten übernommen haben. Kommunen und weitere Kommunalverbände haben sich der Stellenvermittlung angenommen. Der Staat hat in einzelnen Fällen versucht, bestimmte Kategorien des Arbeitsnachweises
in seine Hand zu bekommen. Staat und Kommunen sind bestrebt gewesen, aus öffentlichen Mitteln diese verschiedenen Arten des Arbeitsnachweises zu unterstützen, und in allerneuester Zeit ist die Aufmerksamkeit besonders auf die großen Arbeitgeber- und Arbeitnehmernachweise gerichtet worden, von denen uns die ersteren einige Wochen vor Weihnachten hier beschäftigt haben.
Die Kämpfe auf dem Arbeitsmarkt, die zum Teil ihr Rüstzeug aus den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen nehmen, haben dann dazu geführt, daß man versucht hat, den Arbeitsnachweis paritätisch zu organisieren, d. h. Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleich— mäßig an der Verwaltung der Arbeitsnachweise zu beteiligen. Von verschiedenen Seiten her sind Rufe laut geworden, daß man doch den gesamten Arbeitsnachweis als eine öffentliche Ein— richtung mit paritätischer Verwaltung, also mit Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern, als Zwangseinrichtung organisieren möchte. Die verbündeten Regierungen haben selbstverständlich diese Frage, als sie an eine Neuordnung der gesetzlichen Bestimmungen über die Stellenvermittlung herantraten, eingehend prüfen müssen. Sie sind aber zu dem Ergebnis gekommen, daß wir jedenfalls zurzeit
Arbeitsnachweises als einer öffentlichen Einrichtung mit paritätischer Verwaltung schreiten zu können.
Gegen einen solchen Schritt sprechen mancherlei Gründe. Zu⸗ nächst dürfen wir nicht vergessen, daß eine erhebliche Anzahl von Stellenvermittlungen vorhanden sind, ehrenwerte Geschäftsleute, die ihre Geschäfte einwandsfrei führen, und die aus Amt und Brot zu drängen, keine Veranlassung vorliegt. Wenn man aber trotzdem diesen Schritt tun wollte, so wäre es nur möglich, wenn man sich entschlösse, die privaten Stellenvermittler durch Abfindungen aus öffentlichen Mitteln für den Wegfall ihrer bisherigen Gelegenheit zum gewerblichen Verdienst zu entschädigen. Diesen Weg der Ent— schädigung zu gehen, wird man sich aber nur entschließen können, wenn eine zwingende Notwendigkeit zu einer zwangsweisen Beseitigung des ganzen Gewerbebetriebes vorliegt; eine solche zwingende Veranlassung, meine Herren, liegt nicht vor. Im Gegenteil, wenn wir heute die privaten Stellenvermittler aus unserem Wirtschaftsleben ausschalten wollten, so würden wir vor einem Vakuum stehen, das auszufüllen den öffent⸗ lichen Organisationen zurzeit gar nicht möglich sein wird.
Es kommt dazu, daß da, wo öffentliche und paritätische Arbeits⸗ nachweise bestehen, diese Arbeitsnachweise keineswegs immer den An⸗ forderungen des wirtschaftlichen Lebens derart genügt haben, daß man heute die gesamte Stellenvermittlung auf die Schultern dieser Arbeits⸗ nachweise legen könnte.
Es kommt endlich dazu, daß die vielseitige Entwicklung, die der Arbeitsnachweis im Laufe der letzten Jahrzehnte bei uns genommen hat, noch nicht so weit zu einem Abschluß gekommen ist, daß man mit der Hand des Gesetzgebers in diese Entwicklung eingreifen, sie abschneiden und ihr eine ganz bestimmte Richtung vorschreiben könnte.
Unter diesen Umständen, meine Herren, mußten wir uns bei der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs, den ich jetzt hier zu vertreten die Ehre habe, gewisse Beschränkungen auferlegen. Wir sind davon ausgegangen, daß bis auf weiteres die private Stellen— vermittlung so, wie sie bei uns als eine seit Menschenaltern ein gebürgerte Einrichtung besteht, beizubehalten, daß sie aber denjenigen Beschränkungen zu unterwerfen sei, die notwendig sind, um die Miß⸗ stände zu beseitigen, die zweifellos und unbestritten in diesem Gewerbe bestehen.
Aus diesem Grunde schlägt Ihnen der Gesetzentwurf vor, den Betrieb der Stellenvermittler abhängig zu machen von einer behörd— lichen Genehmigung, weiter zu bestimmen, daß die behördliche Ge⸗ nehmigung nur erteilt werden soll, wenn sie von einwandsfreien, zuverlässigen Personen nachgesucht wird, und wenn ein Bedürfnis für die Errichtung neuer privater Stellenvermittlungsbureaus als nachgewiesen anzusehen ist. In dieser Beziehung sind wir noch weitergegangen, indem wir ausdrücklich bestimmt haben, daß ein Bedürfnis nicht anerkannt werden soll, wenn öffentliche und gemeinnützige Arbeitsnachweise bestehen, die in der Lage sind, dem vorhandenen Bedürfnis in angemessener Weise zu genügen.
Diese Bestimmung wird im Laufe der Dinge dahin führen, daß die private Stellenvermittlung immer seltener und an ihrer Stelle die gemeinnützige, auf öffentlicher Grundlage aufgebaute Stellen— vermittlung immer stärker wird und allmählich zur Herrschaft gelangt. Es ist also durch den Gesetzentwurf der Tendenz unserer ganzen Ent— wicklung zu einer Organisation der Stellenvermittlung und des Arbeits⸗ nachweises als einer öffentlichen Einrichtung voll und so weit Rech— nung getragen, als es nach Lage der Verhältnisse nach dem Ermessen der verbündeten Regierungen möglich war.
Wir haben dann ferner vorgeschlagen, daß das Gewerbe des Stellenvermittlers nicht in Beziehungen stehen darf zu bestimmten Gewerben, die dem Betriebe des Stellenvermittlers abträglich sein könnten, und wir haben endlich den Landeszentralbehörden die Möglichkeit gegeben, über diese allgemeinen Bestimmungen hinaus das Gewerbe des Stellenvermittlers zu reglementieren und zu beauf sichtigen.
Die Konsequenz dieser Vorschriften ist, daß die einmal erteilte Konzession entzogen werden kann, wenn Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Konzessionsinhabers nachweisen oder die Unzuver lässigkeit solcher Stellenvermittler ergeben, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Möglichkeit zum Betriebe dieses Gewerbes erlangt haben.
Es folgen dann eine Reihe von Strafbestimmungen, und daran schließt sich der zweite Teil der Gesetzentwurfs, der in § 12 die wichtigste Vorschrift enthält, daß die Landeszentralbehörden Bestimmungen darüber treffen können, inwieweit die Vorschriften, die ich eben des näheren dargelegt habe, auf nichtgewerbsmäßig betriebene Stellen- oder Arbeitsnachweise anzuwenden sind, und weitere Bestim— mungen über den Umfang der Befugnisse und Verpflichtungen sowie über den Betrieb dieser Nachweise erlassen werden können.
Meine Herren, durch diese Bestimmungen ist die Möglichkeit ge⸗
schaffen, alle Arbeitsnachweise, die nicht gewerbsmäßig betrieben werden, zu beaufsichtigen und zu reglementieren. Diese Bestimmungen richten sich in erster Linie gegen solche Stellenvermittlungs- und Arbeitsnach— weisunternehmungen, die, obgleich nicht als gewerbsmäßige Unter nehmungen organisiert, doch tatsächlich mit dem gleichen Ziele betrieben werden, die beispielsweise von den Stellesuchenden erhebliche Gebühren erheben. Diese Bestimmungen geben aber ferner die Möglichkeit, die große Zahl von Arbeitsnachweisen zu beaufsichtigen und zu reglementieren, die als Arbeitnehmer- und als Arbeitgebernachweise im Laufe der letzten Jahre entstanden sind und, wie aus den Verhandlungen vor Weihnachten Ihnen allen in der Erinnerung sein wird, die Aufmerk— samkeit weiter Kreise auf sich gezogen haben. Wir nehmen an, daß bei einer angemessenen Handhabung dieser Bestimmungen es möglich sein wird, zunächst einen Einblick in die Geschäftsgebarung aller dieser Arbeitsnachweise zu gewinnen, und daß wir auf diesem Wege in die Lage kommen würden, festzustellen, ob diese Arbeitsnachweise in einer Art gehandhabt werden, die wider die guten Sitten verstößt, oder sich in Widerspruch mit den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen setzt. Diese Erfahrungen werden uns dann weiter die Möglichkeit geben zu beurteilen, was etwa in Zukunft auf diesem Gebiete zu geschehen habe, wenn nicht die Befugnis der Landeszentralbehörden, hier regle— mentierend einzugreifen, schon hinreicht, um Mißstände zu beseitigen. Im übrigen enthält der Gesetzentwurf nur noch Strafbestimmungen, welche die Anordnungen der Landeszentralbehörden, die ich eben charakterisiert habe, mit dem nötigen Schutze umgeben sollen.
nicht in der Lage sind, zu einer Zwangsorganisation des gesamten
Das, meine Herren, ist der Inhalt des Entwurfs.
Ich möchte dazu noch bemerken, daß dieser Entwurf vielfach mit den Interessentenkreisen in der verschiedensten Richtung erörtert und beraten worden ist und im großen und ganzen allseitige Zustimmung gefunden hat. Ich möchte insbesondere darauf hinweisen, daß der Verband deutscher Arbeitsnachweise, der sich die Propagierung des öffentlichen paritätischen Arbeitsnachweises zum Ziele gesetzt hat, ausdrücklich anerkannt hat, daß man zurzeit nicht weitergehen solle, als es in dem Entwurf vorgesehen ist, daß vielmehr ein weiter⸗ gehendes Eingreifen der Gesetzgebung dem Ziele, den dieser Verband seit Jahren nachgeht, nur abträglich sein könnte. Ich hoffe, meine Herren, daß Sie unter diesen Umständen in der Lage sein werden, dem Gesetzentwurf so, wie er vorliegt, Ihre Zustimmung zu erteilen.
. Abg. Dr. Pfeiffer (Zentr. : Wir begrüßen die Vorlage als einen Fortschritt, haben aber im einzelnen doch viele Bedenken. Es scheint uns, als ob die verbündeten Regierungen sich in vielen Punkten eine zu große Reserve auferlegt hätten. Die vorangegangenen Gesetze von 1900 und 1902 ö nicht entfernt ausgereicht, die Klagen, die überall aus den verschiedensten Zweigen der gewerb— lichen und kaufmännischen Berufe heraus gegen das Stellen⸗ vermittlungswesen erhoben wurden, verstummen zu machen. Durch die Gewerbezählung von 1907 sind 7205 Stellenvermittlungsbetriebe fest⸗ gestellt worden; 5111 Hauptbetriebe davon waren ohne Gehilfen; 2 beschäftigten über 50 Gehilfen. Der Bund der deutschen Stellen⸗ vermittler blickt natürlich nicht mit rosigen Gefühlen auf die Vorlage, wie eine in letzter Stunde bei uns eingelaufene Eingabe beweist. Anzuerkennen ist, daß die Vorlage genau definiert, wer unter das Gesetz als Stellenvermittler fallen soll, daß auch die Herausgeber von Vakanzenlisten u. dergl. in Zukunft darunter fallen sollen. Das Verbot für den Stellenvermittler, irgend ein anderes Geschäft nebenbei zu treiben, wird sehr wohltätig wirken, denn nach dieser Seite liegt ein geradezu erdrückendes Material an Klagen und Beschwerden vor; in den Strafbestimmungen fehlt leider eine gegen die Uebertretung dieses Verbots gerichtete Strafvorschrift. Die Taxen oder Gebühren für die Vermittlung sollen in Zukunft nicht bloß einer formellen Ge⸗ nehmigung unterworfen sein, sondern nach Anhörung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgesetzt werden. Die Zurücknahme der Ge⸗ nehmigung des Betriebes im Falle, daß der Vermittler Extrahonorare angenommen hat, müßte etwas schärfer umgrenzt werden; soll es als An⸗ nahme von Extrahonorar auch gelten, wenn ein Künstler, dem der Agent ein glänzendes Engagement verschafft hat, dem Agenten einen Korb Champagner schickt? Die Verordnungen der Behörden haben mitunter zu sonderbaren Blüten geführt. Deshalb bin ich erfreut, daß den bestehenden Un klarheiten reichsgesetzlich ein Ende gemacht werden soll. Ein Regens— burger Blatt teilte mit, daß einem Kaufmann, dessen Frau Besitzerin eines Bordells ist, die Stellenvermittlung konzessioniert wurde! Ausbeutung der Stellungsuchenden und Gelegenheitsmacherei muß gesetzlich verhütet werden. Nach 5 12 kann die Landes— zentralbehörde bestimmen, inwieweit die Vorschriften des Gesetzes auf nicht gewerbsmäßig betriebene Stellennachweise anzuwenden sind. Ja, das Können ist so eine Sache. Unser Ideal ist die Ein⸗ führung paritätischer Arbeitsnachweise, aber dabei müssen die Stellenvermittlungen diesem Ideal möglichst angenähert werden. Wir beantragen, die Vorlage einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen.
Abg. Dr. Wagner (dkons.): Auch wir begrüßen die Vorlage als einen Fortschritt. Wir freuen uns, daß die Materie selbständig, nicht im Rahmen der Gewerbeordnung geregelt werden soll. Im großen und ganzen trägt die Vorlage den Bedürfnissen der Gegenwart Rechnung. Meine politischen Freunde sind der Meinung, daß diese Vorschriften den reellen Stellenvermittlern nicht lästig sein, sie vielmehr vor un lauterer Konkurrenz schützen werden. Die Vorlage gibt der Landes⸗ zentralbehörde die Ermächtigung, die Tarife festzusetzen. Es wäre zu erwägen, ob die Ermächtigung der Landeszentralbehörde nicht in eine Verpflichtung umgewandelt werden könnte. Namentlich im Theater wesen sind Klagen über zu hohe Gebühren erhoben worden. Der Ausbeutung der Arbeitnehmer muß noch schärfer vorgebeugt werden, als es durch die Vorlage geschieht, um namentlich unerfahrene Stellensuchende zu schützen. Im wesentlichen sind wir aber mit der Vorlage einverstanden, ebenso auch mit ihrer kommissarischen Be ratung.
Abg. Wölzl (ul.): Auch meine politischen Freunde stehen der“ Vorlage sympathisch gegenüber. Die Grundtendenz der Vorlage muß von uns allen als berechtigt anerkannt werden. Die Auswüchse des Stellenvermittlungswesens fordern gebieterisch eine gesetzliche Ab hilfe. Ganz besonders dankbare Anerkennung verdient die Tätigkeit des Zentralverbandes deutscher Arbeitsnachweise in bezug auf die Herbeischaffung des Materials und in bezug auf wertvolle Anregungen. Wie wichtig diese Frage ist, zeigt schon der Umstand, daß un⸗ gefähr 1 Million Menschen alljährlich das geschäftliche Objekt der Stellenvermittlung sind. Die gegenwärtige G.⸗O. hat sich als unzureichend erwiesen, um den Uebelständen im Stellenvermittlungs⸗ wesen wirksam entgegenzutreten. Der Entwurf ist als eine Etappe auf dem Wege der völligen Ausschaltung der gewerbsmäßigen Stellen vermittlung zu begrüßen. Die gemeinnützigen Arbeitsnachweise sind auch zurzeit noch nicht überall so voll ausgebaut, daß sie an die Stelle der gewerbsmäßigen Stellenvermittlung treten könnten. Was die Einzelheiten der Vorlage betrifft, so werden wohl die Anregungen der beiden Vorredner in der Kommission Beachtung finden; ebenso auch Wünsche, die wir haben.
Abg. Manz (fr. Volksp.): Wir befürchten, daß durch dieses Gesetz die vollständige Ausschaltung der gewerbsmäßigen Stellenver⸗ mittler herbeigeführt werden wird. Man sollte nicht ohne Not eine so große Gruppe von Mittelstandsleuten aus dem Gewerbe wegdrängen. Mißständen auf diesem Gebiete wollen auch wir entgegentreten, aber die Vorlage geht zu weit. Wir werden uns gleichwohl an der Prüfung der Vorlage in einer Kommission beteiligen. Bedenklich ist uns 5 2, der von der Konzessionspflicht handelt, namentlich die Vorbedingungen des Bedürfnisses. Nach 5 2 soll ein Bedürfnis auch dann nicht an erkannt werden, soweit für den Ort ein öffentlicher, gemeinnütziger Arbeitsnachweis in ausreichendem Umfange besteht. Es ist doch noch gar nicht erwiesen, daß diese allen Anforderungen genügen. Wir werden in der Kommission beantragen, daß über die Bedürfnisfrage auch die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gehört werden müssen. Zustimmen können wir dem Verbot der Verbindung der Stellen vermittlung mit dem Gastwirtsgewerbe. Bedenken dagegen haben wir gegen die Befugnis der Landeszentralbehörde, feste Taxen zu bestimmen; wir meinen vielmehr, daß darin ein größerer Spielraum herrschen muß. Die Strafen des Entwurfs sind mir für einzelne Reate zu hoch; so soll bis zu 600 H jemand gestraft werden können, wenn er einen Arbeitnehmer zum Bruch des Arbeitsvertrages verleitet. Ich fürchte, daß darunter z. B. auch gerechnet werden könnte, wenn ein Stellenvermittler einen Arbeiter fragt, ob er nicht viel⸗ leicht Lust hätte, anders wohin zu gehen, er hätte einen Posten für ihn. Dies zu bestrafen, wäre doch etwas zu hart. Bedenken haben wir auch gegen die Befugnis der Behörden, Bestimmungen für die nichtgewerbsmäßigen Betriebe zu erlassen. Diese Kontrolle kann für politische Vereine und Gewerkschaften unliebsam werden und kann leicht zu einer Bevormundung führen. Im allgemeinen stimmen wir der, Verschärfung der bestehenden Bestimmungen zu, aber sie dürfen nicht so weit gehen, daß der Stand der Stellen⸗ vermittler einfach erdrosselt wird. Mit der Verwendung weiterer Mittel für die Unterstützung der öffentlichen Arbeitsnachweise sind wir einverstanden. Wenn auch die Einzelstaaten die kommunalen Arbeitsnachweise unterstützen, und die Arbeitskammern auf diesem Gebiete mitarbeiten, werden wir ein Netz von guten Arbeits⸗ nachweisen über das ganze Land hin bilden können. Der gute ge⸗ , . Stellenvermittler wird sich daneben immer noch halten önnen.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
zum Deutschen Reichsanzeiger und
Zweite Beilage
Berlin, Mittwoch, den 16. Februar
Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
1910.
M 40. .
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Abg. Brühne (Soz): . Daß die Auswüchse des Stellen⸗ permittlungßwesens bisher nicht haben beseitigt werden können, und die bestehenden Bestimmungen geändert werden müssen, darüher herrscht wohl eine Meinung. Nicht angemessen ist es, wenn die kommunalen Vbeitsnachweiss von Magistratsselretären geleitet werden, denn di⸗se aus dem Militäranwärterstande hervorgegangenen Beamten habm, wenn sie zwölf Jahre lang in, der Kaserne gewefen sind, jede Fühlung mit dem praktischen geben verloren. Fiicht wenige Erwerbsgruppen verlangen überhaupt die Ye itigung der privater Stellenvermittlung, z. B. die Gastwirtsgehilfen und die Handlungsgehilfen. Wenn der Staatssekretär auch an die all⸗ mählsche Ersetzung der privaten Stellenvermittlung durch die öffent⸗ lichen Acbeitsnachweise glaubt, so darf er. auch nicht vor den 20 Milstonen zurückschrecken, die der Auskauf der privaten Stellen⸗ vermittler kosten kann. Gegen die Bestimmungen der Vorlage über die Bedürsnisfrage sind wir mißtrauisch, weil wir die Erfahrung. ge⸗ macht haben, daß diese Frage nach. politischen Gründen entschieden werden kann. Das Verbot der Verbindung mit dem Gastwirtẽgewerbe ist notwendig; durch die. mit der Stellenvermittlung verbundenen Herbergen und Schankpirtschaften wird die Sittlichteit nicht ge söcdert. Die Landesbehörden sollen von diesem Verbot Ausnahmen zulassen können. Wir würden aber gern diese Aus nahmemöglichteit ganz streichen. In Berlin hat ein Stellenvermittler, der zugleich eine Gastwirtschaft hatte, diese aufgegeben und sich in demselben Hause ein Bureau gemietet; seinen. Nachfolger in der Gast wirtschaft hat er verpfüchtet, ihm für die Tonne Bier L160. (e, abzu⸗ geben und außerdem die. Miete für, das Bureau und die Telephon gebühren zu zahlen. Die Gäste, die in diese Gastwirtschaft gingen, waren die Arbeitslosen, die in das Bureau als Stellensuchende tamen. Ohne Festsetzung einer vernünftigen Taxe wird man mit diesem Gesetze nicht auskommen. Es werden jetzt Unsummen für die Stellen. vermittlung ausgegeben. Dr. Freund, der Vorsteher des Verbandes gemeinnütziger Arbeitsnachweise, berechnet z. B. die Ausgaben, für Stellenvermittlung in der Landwirtschaft auf 10 bis 15 Millionen sährlich. Die Landwirtschaft muß doch ungeheuer, verdienen, wenn sie das ausgeben kann. Die Kosten der Arbeitsuchenden sind da noch nicht inbegriffen. Die Stellenvermittler suchen Tausende von Arbeitern und ganze Arbeiterfamilien zum Abzug zu veranlassen, Allerdings gibt es auch anständige Stellenvermittler, aber diese sollten mithelfen, das Vermittlungswesen zu verbessern. Nach der Denkschrift sendet ein einziger Stellenvermittler in Berlin jähr— sich 3600 bis 5000 Arbeiter von Berlin auf das Land, insgesamt werden etwa 100 000 Arbeiter jährlich von Berlin auf das Land vermittelt. Wenn in der Landwirtschaft nur 8 für die Stunde bei freier Verpflegung bezahlt werden, so ist es erklärlich, daß die deute nicht lange bleiben wollen. Die Stellenvermittlungsgebühren bei den pribaten Stellenvermittlern sind sehr hoch. In der Gastwirtschaft jahlt z. B. ein Geschäftsführer 25 069 des Monatslohns, ein. 8 ber kellner 45 M, andere Kellner 35 bis. 18 , Hilfskellner 75 3 für den Tag; für die Vermittlung eines ienstmädchens ist bis zu 60 4 ge zahlt worden. Ein großer Uebelstand ist. es, daß die Fellnrinnfn pon den Stellenvermittlern gleich eingekleidet werden und dafür. ab zuzahlen haben. Das ist dasselbe wie in den öffentlichen Häusern. Fur die Vermittlung einer Bahnhofskellnerstelle Kurden 100 . k langt; nachdem 60 (6 gezahlt waren, klagte der Vermittler den Rest von 40 M ein, das Gericht wies aber die Klage ab. In den feinen Restaurants und Gastwirtschaften Berlins erhalten die, Kellner nech dazu überhaupt keinen Lohn, sondern vielleicht einen Schein⸗ lohn von 10 bis 15 S, wogegen sie aber hohe Gebühren für Bruch im voraus erlegen und außerdem vielfach noch die Zeitungen und die Zahlkellner bezahlen müssen. Viele Vermittler nehmen den Stellensuchenden, obgleich sie ihnen gar keine Stellen vermitteln fönnen und dies auch wissen, auch noch den letzten Pfennig ab. Die den Behörden in 8 12 zugesprochene Befugnis, auch. die nichtgewerbs mäßige Stellenvermittlung zu reglementieren, scheint sich in aller⸗ erster Linie gegen die Gewerkschaften und deren Stellennachweise zu richten, ihnen will man das Leben sauer machen; ann,, unser seits gegen diese Bestimmung vorerst ein gesundes , am Platze. Man sollte diesen 5 12 streichen oder dem Muster der französischen Gesetzgebung folgen, welche die Arbeitgeber und Arbeitnehmerorganifationen ausdrücklich frei läßt. 2 as, Mißtrauen gegen § 12 ist auch deswegen angebracht, weil der Anfang mit den Zwangsarbeitsnachweisen bekanntlich im Ruhrkohlenrevier macht ist, und schon in den wenigen Tagen seines. Bestehens eine Anzahl höchst fragwürdiger Arbeitsverweigerungen seitens. der Zechen iu konftatieren gewesen sind. Die Kommission wird auch an den Fragen der Aufhebung der Gesindeordnung und der Verleihung des Roöalltionsrechts an die ländlichen Arbeiter nicht vorbeikommen fönnen,
Abg. Kulers ki (Pole): Der Entwurf geht in seinem Indziel doch darauf hinaus, die private Arbeitsvermittlung vollständig auszuschalten. In der polnischredenden Bevölkerung sind die Stellenvermiltler sehr zahlreich; will man ie gewerbs mäßige Stellenvermittlung beseitigen, so soll man zie Leute ent⸗ schadigen, nicht aber ihnen auf Umwegen ihr Brot. nehmen. Findet sich in der Kommissionsberatung kein Ausweg, so können wir die Vorlage nicht annehmen. Insbesondere ruft in uns S. 2, wonach die Genehmigung versagt werden muß wenn Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit. des Vermittlers bart un, oder wenn ein Bedürfnis nicht vorliegt, die schwersten 3 edenken hervor, weil danach der behördlichen Schikanen kein Ende wäre, und ein Pole schon gar nicht, eine Konzession. erhalten würde. Schon heute wird ja bei uns für eine Gastzwirtschaft der Konsens allemal versagt, wenn es sich um einen Polen. handelt, während der Deutsche, wenn es sich um denselben Gasthof handelt, sofort den
onsens erhält. . ;
nn, n urckhardt (wirtsch. Vngg ); Wir begrüßen die Dor⸗ lage als einen großen Fortschritt. Daß gie , ,, vermittlung gänzlich damit beseitigt wird, wie der Abg. Manz behaupte e, hat ja schon der Staats sekretär vorweg als unrichtig dare, Ganz besonders einverstanden sind wir mit der behördlichen . wirkung bei der Feststellung der Taxen und damit, . geber und Arbeitnehmer sie zur Hälfte tragen, sowie mit dem z 3, dem Verbot der erwähnten Nebengewerbe für die Stellenvermittler. In den verschiedenen Branchen liegen ja die Verhältnisse bezüglich Des Bedürfnisses der Stellenvermittlung sehr verschieden in der Gastwirtschaft überwiegt das Angebot, in der. Landwirt chaft und im Handwerk die Nachfrage ganz bedeutend, ein Bedürfnis 33 die Arbeitsnachweise der Gewerkschaften schlechter zu stellen, kann ich nicht einfehen. Nicht nur Gast- und Schankwirte, sondern auch die Tabakverkäufer sollten den Bestimmungen des 3 unterstellt werden; den Begriff der „wiederholten“ Bestrafung sollte man genauer definieren. ̃
Damit schließt die Generaldis kussion: die Vorlage geht an eine Kommission von 21 Mitgliedern.
s dritter 6 s die
Als dritter Gegenstand steht ij der Tagesordnung
erste Tesung des Entwurfs eines Ar eitskammerges etz es. Der Präsident erklärt die Diskussion für eröffnet: es
Mehrheit stimmt zu.
Abg. Bassermann (nl) beantragt die Vertagung: die
Der Präsident will für den morgigen Tag, der vom Seniorenkonvent als Schwerinstag in Aussicht genommen ist, zunächst die erste Lesung der noch ausstehenden sozialpolitischen Gesetze (Arbeitskammergesetz, Heimarheitsgesetz und Ab⸗ änderung des 3 il4a! G-O, betreffend die Lohnbücher) auf die Tagesordnung setzen und eventuell die für den Schwerinstag vorbehaltenen Initiativanträge am Donnertztag weiter beraten lassen. Nach längerer Geschäfts⸗ ordnungsdebatte, an der sich die Abgg. Bassermann nl.) Freiherr von Hertking (Zentr.), Bebel (Soz) und Dr. Müller-Meiningen (fr. Volksp.) beteiligen, einigt man sich dahin, den Schwerinstag am Donnerstag abzuhalten.
Schluß gegen e Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 1 Uhr. (Gesetzentwurf, betreffend die Arbeitskammern, die Hausarbeit und dle Abänderung des s 114 a Gewerbeordnung.)
Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
9 Sitzung vom 14. Februar 1910. Nachtrag.
Die im Auszuge bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. wiedergegebene Rede, die bei der Beratung des Etats der Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern für das Rechnungsjahr 1910 in Erwiderung auf die Ausführungen des Abg. von Pappenheim (kons.) der Finanzminister Freiherr
von Rheinbaben gehalten hat, hatte folgenden Wortlaut: Ich möchte zunächst meine besondere Freude ausdrücken, daß so⸗ wohl Herr von Pappenheim wie der Herr Referent auch den Beamten
21.
der Zollverwaltung dafür Anerkennung gespendet haben, daß sie unter Einsetzung ihrer vollen Kraft und ohne Vermehrung des etatsmäßigen Beamtenkörpers die große Aufgabe gelöst haben, die ihnen die Reichs⸗ finanzreform und auch das Stempelsteuergesetz gestellt haben. Ich freue mich ferner, daß es in der Kommission gelungen ist, einen Weg zu finden, das im Hinblick auf die Finanzreform in den vorjährigen Etat eingestellte Pauschquantum, welches voll erspart worden ist, wenigstens zu einem Teil als Remuneration den Beamten zuzuführen, die an der Durchführung dieser Maßnahmen besonders beteiligt ge wesen sind.
Was die von Herrn von Pappenheim angeregte Frage betrifft, so kann ich nur anerkennen, daß Preußen und überwiegend auch die anderen Bundesstaaten vom Reiche nicht eine Entschädigung für die Erhebung der indirekten Steuern und Zölle erhalten, die den Selbst⸗ kosten entspricht. Wir haben bei den Verhandlungen im Reichstag und auch in der Kommission, wenn auch vergeblich, den Nachweis zu führen versucht, daß Preußen und die Einzelstaaten nicht nur keine Ueberschüsse bei der Vergütung der Kosten erzielen, sondern nicht einmal ihre Selbstkosten erstattet erhalten. Leider hat man uns nicht Glauben geschenkt, und statt die Ent⸗ schädigung angemessen zu erhöhen, hat man sie herabgesetzt, namentlich die Entschädigung bei Erhebung der Branntweinsteuer, die um nicht weniger als 677 Millionen herabgesetzt wurde. Bei einigen anderen Steuerzweigen sind Erhöhungen eingetreten; insgesamt ist aber die Vergütung, die Preußen vom Reich bekommt, um nicht weniger als 4,57 Millionen herabgesetzt worden. Wir glauben, ziffermäßig wenn man die Gesamtheit der
nachweisen zu können, daß wir, t naturgemäß die Pensionen
Kosten einstellt — dazu gehören für Beamte und die Aufwendungen für Bauten —, nicht nur nichts erübrigen, sondern noch sehr erheblichen Schaden erleiden. In den damaligen Verhandlungen habe ich angegeben, daß Preußen vom Reiche etwa 3 Millionen weniger erhält, als es tatsächlich aufwendet. Auf Grund ganz genauer Berechnungen, auf Grund des Auszuges aus den einzelnen Positionen des Etats unter Zuzug der Pensionslasten und unter Zuzug der Verzinsung für die von uns hergestellten Ge⸗ bäude ergibt sich jetzt, daß dieser Zuschuß Preußens sich sogar auf ungefähr 12 Millionen erhöht. Es ist der von mir eben schon erwähnte Minderbeitrag von 47 Millionen hinzugetreten und auch Gehaltssteigerung der Beamten, sodaß wir jetzt auf Grund zu⸗ igen Materiales glauben, daß uns das Reich die Selbstkosten nicht nur nicht vergütet, sondern daß wir noch etwa 12 Millionen bei dieser Sache zusetzen. Ich glaube, das ist doch nicht zu billigen. Wir nehmen gern die Last der Erhebung der indirekten Steuern und der Zölle für das Reich auf unsere Schultern; aber das Reich sollte lstaaten nicht zumuten, dabei noch erhebliche Aufwendungen Denn die Klagen, die wir erheben, erhebt die Mehrheit
die verlãss
den Einze zu machen. der anderen Bundesstaaten auch.
In neuerer Zeit hat das Reichsschatzamt auf Grund der von den verschiedensten Bundesstaaten erhobenen Klagen neue Verhandlungen eingeleitet, in denen versucht werden soll, zu einer anderweitigen Regelung der Vergütung zu kommen. Es würde zu weit führen, h die Herren mit dem Gange dieser Verhandlungen behelligen wollte. Bekanntlich werden die Entschädigungen nach verschiedenen Grundsätzen berechnet; sie sind buntscheckig und wenig übersichtlich. Das Reichsschatzamt will in eine neue Prüfung eintreten, ob man nicht andere Grundsätze für die Entschädigung der Einzelstaaten auf⸗ stellen kann. Wir sind dabei, dem Reiche entsprechende Vor schläge zu machen. Selbstverständlich muß uns dabei der Gesichts⸗ punkt leiten, zwar keine Ueberschüsse zu erzielen, aber jedenfalls die Selbstkosten gedeckt zu erhalten. Ich glaube also, Herrn pon Pappen heim zusagen zu können, daß wir im Sinne seiner Wünsche tätig sein werden, in dem Sinne, ein billiges Abkommen zu treffen, bei dem das Reich nicht mehr zahlt, als es zu zahlen braucht, bei dem aber die Bundesstaaten nicht so erhebliche Einbußen erleiden, wie das nach unseren Berechnungen gegenwärtig der Fall ist.
wenn ie
folgenden Sätzen:
Parlamentarische Nachrichten. Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf
eines Gesetzes, betreffend die Reisekosten der Staats⸗ beamten, nebst Begründung zugegangen.
Der Gesetzentwurf lautet, wie folgt: K Die Staatsbeamten erhalten bei Dienstreisen Tagegelder nach den
Uribe Staats nnii;̃ĩ 36 M0 II. Beamte der ersten Rangklasse 28 Beamte der zweiten und dritten Rangklasse. . 22. Beamte der bierten und fünften Rangklasse. . 15. . Beamte, die nicht zu den obigen Klassen gehören, 12, soweit sie bisher zu diesem Satz berechtigt waren, . J. Subalternbeamte der Propinzial⸗, Kreis⸗ und Lokal⸗ behörden und andere Beamte gleichen Ranges Andere Beamte J soweit sie bisher zu diesem Satz berechtigt waren, .
n n . Wird die Dienstreise an demselben Tage angetreten und beendet, so werden ermäßigte Tagegelder gewährt, und zwar bei 1 23 , bei II 18 , bei III 14 S, bei IV 10 1H, bei V 8 , bei VI 6 (s, bei VIi 450. M oder 3. . KJ Erstreckt sich die Dienstreife auf zwei Tage und wird sie inner⸗ halb 24 Stunden beendet, so wird das ein- und einhalbfache der Sätze unter L bis VII gewährt. .
ö 2. Werden etatsmäßig angestellte Beamte vorübergehend außerhalb ihres Wohnorts bei einer Behörde beschäftigt, so erhalten sie neben ihrer Besoldung die im § 1 Abs. 1 festgesetzten Tagegelder. ; Dauert eine folche Beschäftigung dieser Beamten längere Zeit, so bestimmt die vorgesetzte Behörde die Höhe der Tagegelder. Das gleiche gilt, wenn nicht étatsmäßig angestellte Beamte außerhalb ihre Wohnorts verwendet werden. . Für die Dauer der Hin- und Rüskreise erhalten die Beamten auf jeden Fall die im 5 1 Abs. J sestgesetzten Tagegelder. 3 3. ; Bei Dienstreisen erhalten an Fahrkosten für das Kilometer ein⸗ schließlich der Kosten der Gepäckbeförderung . . I) für Wegestrecken, die auf Eisenbahnen oder Schiffen zurück⸗ gelegt werden können, . a. die im 5 1 unter J bis IV genannten Beamten... wenn der Fahrpreis für die erste Wagenklasse bezahlt it, on . die unter V und VI genannten Beamten. . wenn der Fahrpreis für die zweite Wagenklasse oder die erste Schiffsklasse bezahlt ist, sonst.. ..... c. die unter Vil genannten Beamten,. 2) für Wegestrecken, die nicht auf Eisenbahnen, Klein⸗ bahnen oder Schiffen zurückgelegt werden können, . a. die unter J bis IV genannten Beamten ; b. die unter V und VI genannten Beamten ..... 40 , c. die unter VII genannten Beamten.... . 30 .
In den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 erhalten für d. Zu⸗ oder
Abgang am Wohnort oder an einem auswärtigen Ue ernachtungsort die unter JI bis IV genannten Beamten.... 150 , die unter V und Vl genannten Beamten.. ... 1090 , die unter VII genannten Beamten. . 9.
Hat in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 einer der unter J bis LV
genannten Beamten einen Diener mitgenommen, so erhält er für
diesen 5 für das Kilometer. . .
Haben in den Fällen des Abs. 1 Nr. 2 mehrere Beamte gemein⸗ schaftlich dasselbe Verkehrsmittel benutzt, so erhält der einzelne
Beamte 30 3 für das Kilometer, es sei denn, daß die Fahrkosten des
einzelnen Beamten sich trotz der gemeinschaftlichen Benutzung des
Verkehrsmittels nicht ermäßigt ö.
§ 4.
Ueber die Benutzung von Kleinbahnen und Kraftwagen durch die
Beamten bei Dienstreifen und über die Höhe der in diesen Fällen zu
gewährenden Fahrkosten bestimmt das Staatsministerium das Nähere.
S 9.
Soweit Beamte Dienstreisen mit unentgeltlich gestellten Ver kehrsmitteln ausführen, erhalten sie, abgesehen von den bestimmungs⸗ mäßigen Entschädigungen für Zu⸗ und Abgang, keine Fahrkosten. Das Nähere darüber bestimmt das Staatsministerium, das auch eine Entschädigung für Nebenkosten gewähren kann.
86. . Die Fahrkosten werden für die Hin- und Rückreise besonders be⸗ echnet. 3 23 ein Beamter Dienstgeschäfte an verschiedenen Orten un— mittelbar nach einander erledigt, so ist der von Ort zu Ort wirklich zurückgelegte Weg ungeteilt der Berechnung der Fahrkosten zugrunde zu legen. . ; ; J =
Bei Berechnung der Entfernungen wird jedes angefangene Kilo—⸗
meter für ein volles Kilometer gerechnet. 8 7 .
Für Geschäfte am Wohnort erhält der Beamte keine Tagegelder und Fahrkosten. Dies gilt auch von Geschäften außerhalb des Wohn⸗ orts in geringerer Entfernung als 2 Em von diesem, War der Beamte durch außergewöhnliche Umstände genötigt, eine Fahrgelegenheit zu benutzen, oder hat er sonstige notwendige Unkosten, wie Brücken⸗ oder i ell gehabt, so werden die Auslagen erstattet. —
Für einzelne Ortschaften kann der Verwaltungschef in Gemein⸗ schaft' mit dem Finanzminister bestimmen, daß den Beamten bei Geschäften außerhalb des Dienstgebäudes die verauslagten Fahrkosten erstattet werden. .
88.
Haben höhere Fahrkosten als die bestimmungsmäßigen aufgewendet werden müssen, so sind diese zu erstatten. .
Erfordert eine Dienstreise einen außergewöhnlichen Aufwand, so kann der Verwaltungschef einen Zuschuß oder eine Bauschvergütung bewilligen. Das gleiche gilt für Reisen außerhalb des Reichsgebietz.
§ 9. .
Für Beamte, denen ein Amtsbezirk überwiesen ist, oder die durch die Art ihrer Dlenstgeschäfte zu häufigen oder regelmäßig wieder⸗ kehrenden Dienstreisen genötigt werden, kann das Stagtsministerium oder der Verwaltungschef in Gemeinschaft mit dem Finanzminister an Stelle der gesetzmäßigen Tagegelder und Fahrkosten anderweitige Beträge festsetzen. Das gleiche gilt, für Dienstreisen jwischen nahe gelegenen Orten und fur Dienstreisen, die einen längeren Auf⸗ enthalt des Beamten außerhalb seines Wohnorts erfordern.
§ 10.
Beamte, die für ihre Reisen innerhalb ihres Amtsbezirks neben oder in ihrem Einkommen eine Bauschsumme für. Reisekosten oder für die Unterhaltung von Fahrzeug oder Pferden beziehen, erhalten Tage⸗ gelder und Fahrkosten nur, dann, wenn sie außerhalb ihres Amts. kezrcks Dienstgeschäfte erledigen und der Ort des Dienstgeschäfts nicht
werden jedoch (es ist inzwischen Hi ⸗ Uhr geworden) Rufe nach Vertagung laut.
weniger als 2 Km von der Grenze des Amtsbezirks entfernt ist.
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