Bekanntmachung.
Die Staatliche Kreditanstalt des Herzogtums Oldenburg, eine dem unterzeichneten . unter⸗ tellte Staatsanstalt, für deren Verbindlichkeiten das Herzogtum
ldenburg haftet, ist ermächtigt, auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen im Gesamtbetrage von 10000090 S6 auszugeben, die für, die Inhaber un— kündbar, für die Anstalt dagegen mit der Frist von 6 Monaten auf den 1. Januar oder 1. Juli jeden Jahres kündbar sind. Auf dieses Kündigungsrecht ist bis zum 1. Januar 1922 verzichtet. Die Anleihe wird mit 4 Prozent verzinst. Die Zahlung der Zinsen erfolgt halbjährlich, und zwar für
die Stücke A 2201 bis 23490 und 2621 bis 2760 zu 5000 M B 6391 bis 6740 und 7441 bis 7790 zu 2000 M D 13726 bis 14450 und 15 901 bis 16625 zu 1000 E 11301 bis 11 925 und 13 176 bis 13 800 zu 500 Fm 6951 bis 7575 und 8S26ß bis 9450 zu 100 6 am 2. Januar und 1. Juli jeden Jahres, und für die Stücke A 2341 bis 2620 zu 5000 M B 6741 bis 7 440 zu 2000 46 D 14451 bis 15 900 zu 1000 M E 1II926 bis 13 175 zu 500 M ö 7576 bis 8825 zu 100 MS am 1. April und 1. Oktober jeden Jahres.
Den Schuldverschreibungen sind die Zinsscheine für 10 Jahre und ein Zinserneuerungsschein beigegeben.
Eine Auslosung der Schuldverschreibungen ist nicht vor⸗ gesehen.
Alle die Schuldverschreibungen betreffenden Bekannt⸗ machungen werden außer in den Oldenburgischen Anzeigen in mindestens zwei Berliner Zeitungen veröffentlicht werden.
Die Zinsscheine der Schuldverschreibungen und die ge⸗ kündigten Stücke werden kostenfrei in Berlin eingelöst, auch werden ebenda die neuen Zinsscheinbogen kostenfrei ausgegeben.
Für die Einführung der Schuldverschreibungen an der Börse in Berlin bedarf es nicht der Einreichung eines Prospektes.
Oldenburg, den 3. Januar 1910.
Großherzoglich nen ,,. Ministerium des Innern. Scheer.
Königreich Preußen.
Seine Majestät der Könäg haben Allergnädigst geruht:
die von der Akademie der Wissenschaften zu Berlin voll⸗ jogene Wahl des Fürsten Bernhard von Bülow zum Hhrenmilglied zu bestätigen.
Seine Majestät der König haben Allergnaädigst geruht:
den im Ministerium der öffentlichen Arbeiten angestellten Beamten, und zwar dem Rechnungsrat Ott den Charakter als Geheimer Rechnungsrat, .
den Geheimen expedierenden Sekretären und Kalkulatoren Becker und Justies den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
den Amtsgerichtssekretären Richard Müller in Weißen—⸗ fels und Reinhold Böhme in Magdeburg den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen sowie
infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Spandau getroffenen Wahl den Oberbürgermeister Koeltze daselbst als Ersten Bürgermeister der Stadt Spandau auf Lebenszeit,
infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Gevelsberg getroffenen Wahl den Bürgermeister Friedrich Knippschild daselbst als Bürgermeister der Stadt Gevels— berg auf Lebenszeit und
infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Luckenwalde getroffenen Wahl den besoldeten Beigeordneten Adolf Mannkopff zu Remscheid als Ersten Bürgermeister der Stadt Luckenwalde für die gesetzliche Amtsdauer von zwölf Jahren zu bestätigen.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
Der Oberförster Mortz feldt zu Rossitten, Regierungs⸗ bezirk Königsberg, ist nach Marienwerder versetzt; ihm ist die kommissarische Verwaltung der Forstinspektion Marienwerder⸗ Tuchel übertragen worden.
Dem Oberförster o. R. Sch ellig zu Frankfurt a. O. 6 die Oberförsterstelle Rossitten, Regierungsbezirk Königsberg, übertragen.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
Der ordentliche Lehrer an der Königlichen Akademischen Hochschule für Musik in Charlottenburg, Professor Heinrich Barth ist zum Vorsteher und Ersten Lehrer der Abteilung für Klavier und Orgel an der genannten Anstalt ernannt worden.
Der bisherige Rektor Emil Wittschirk aus Heiligenbeil ist zum Kreisschulinspektor in Johannisburg und
der bisherige Pastor und Rektor Max Bornhagen aus Penkun zum Kreisschulinspektor in Rummelsburg in Pommern ernannt worden.
Dem Dr. phil. Heinrich Bechhold, wissenschaftlichem Mitgliede am Institut für experimentelle Therapie zu Frank— furt a. M., ist das Prädikat Professor beigelegt 2.
Evangelischer Oberkirchenrat.
Zum Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde in Ferraz im Staate Rio Grande do Sul (Brasilien) ist der Pastor Christian Bühler, bisher in Santa Cruz (Brasilien), berufen worden.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 4. März.
In der am 3. d. M. unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Delbrück abgehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde den Entwürfen eines Gesetzes, betreffend die Zuständigkeit des Reichsgerichts, sowie eines Gesetzes, betreffend Aenderungen der Rechtsanwalts⸗ ordnung, und ferner dem Entwurf eines Reichsbesteuerungs⸗ . die Zustimmung erteilt. Annahme fanden der Ent— wurf eines Lotteriegesetzes für Elsaß-Lothringen und die Vorlage, betreffend die gegenseitige Zulassung der in der Nähe der Grenzen der Bundesstagten wohnhaften Hebammen zur Ausübung ihrer Beruftztätigkeit. Von der Uebersicht über die im Jahre 1909 erfolgten Prägungen von Gold- und Silbermünzen und von dem Geschäftsbericht über die Ergebnisse des Postüberweisungs⸗ und Scheckverkehrs im e ,, während des Kalenderjahrs 1909 nahm die Versammlung Kenntnis. Schließlich wurde über die Wahl von Mitgliedern der Reichsschuldenkommission für das Rech⸗ nungsjahr 1910, über die Besetzung einer Mitgliedstelle beim Reichsversicherungsamt sowie uͤber die Anträge mehrerer Hypothekenbanken, betreffend Aenderung der Statuten und Erhöhung des Aktienkapitals, Beschluß gefaßt.
Wie die hiesige rumänische Gesandtschaft, W. T. B.“ zu⸗ folge, mitteilt, ist gestern un hen Schweden und Rumänien in Berlin durch die beiderseitigen Gesandten, den Minister A. Beldiman und den Minister E. von Trolle, der erste Handelsvertrag abgeschlossen worden, der demnächst den rumänischen Kammern vorgelegt werden wird.
Der Bevollmächtigk zum Bundesrat, Großherzoglich hessische Geheime Staatsrat Krug von Nidda ist in Berlin angekommen.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Loreley“ gestern in Smyrna eingetroffen und geht am 7. März von dort nach Alexandrien in See.
Desterreich⸗ Ungarn.
Im österreichischen Abgeordnetenhaus wurde gestern die Beratung des Budgets fortgesetzt.
Wie das W. T. B.. berichtet, wandte sich der Abg. Pacher gegen die vorgestrigen Ausführungen des Abg. Kramarcz und bemerkte, es sei etwas anderes, penn Re Deutschen in Oesterreich mit den Deutschen im , 2. nFtionglen Verkehr pflegen, das mit Oesterreich im Bun . tnis stehe und Ihm in den schwersten Zeiten treu zur Seite gestanden habe, als wenn Kramarez sich in St. Peters⸗ burg mit Mitgliedern der Regierung unterhalte, die Oesterreich in der Balkanpolitik alle möglichen Schwierigkeiten bereitet habe. Die neu⸗ slavischen Bestrebungen wollten Oesterreich zerreißen.
Grosebritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Oberhauses erklärte der Lord Lans do wne, „W. T. B.“ zufolge, daß er seinen Einfluß zugunsten der Annahme der . über die Zurückzahlung der Schatzwechsel und über den Rückkauf des Restes der Kriegsanleihe von 1900 geltend machen werde, und kündigte ferner an, daß er am 7. d. M. die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Tatsache lenken werde, daß die Regierung mit der Veröffentlichung ihrer Vorschläge zur Beschaffung der notwendigen Einnahmen für das laufende Finanzjahr zögere.
Im Unterhaus richtete der Abgeordnete Byles
liberal) im Verlauf der gestrigen Sitzung an den Staatssekretär des Auswärtigen die Frage, ob er die kürzlich gehaltene Rede des deutschen Botschafters beachtet habe, und ob die Regierung mit Rücksicht auf die darin geäußerten Anschauungen sich in der Lage sehe, mit Deutschland neuerdings in Verbindung zu treten, um zu einer Vereinbarung über eine Begrenzung der Flottenrüstungen beider Länder zu gelangen. Sir Edward Grey erklärte, obiger Quelle zufolge, in seiner Antwort, er habe den Bericht über die Rede gelesen und erwidere herzlichst ihren freundlichen Ton. Die Rede enthalte nichts über die Fragen der Beschränkung der Flottenrüstungen; der Standpunkt der britischen Regierung in dieser Frage sei von Asquith im letzten Jahre völlig klargestellt, und er habe dem nichts hinzuzufügen.
In Beantwortung mehrerer Anfragen, das Budget be⸗ treffend, erklärte der Ministerpräsident Asquith:
Es sei keine Aenderung in der Absicht der Regierung eingetreten, vor Ende des Frühlings vom Hause die Zustimmung zum Budget zu erbitten. Falls nicht unvorhergesehene Erxeignisse einträten, würde die Regierung das Haus bitten, die Entscheidung über das Budget zu treffen, sobald es über die Resolutionen bezüglich der Lords abge— stimmt habe. Asquith wiederholte darauf unter dem Beifall der Ministeriellen die Erklärung Lloyd Georges, daß die Regierung nicht im Amte bleiben werde, wenn sie keine Garantien dafür erhalte, da ihre Vorschläge nicht nur im Unterhause angenommen, sondern ö. Gesetz werden würden.
Frankreich.
Im Ministerrat verlas gestern der Minister des Aeußern Pichon ein ihm vom französischen Gesandten in Marokko zugegangenes Telegramm, in dem, „W. T. B.“ zufolge, von en durchaus ,, ,. Bedingungen berichtet wird, unter denen Mulay Hafid die ihm von dem französischen Konsul in Fes übermittelten Abkommen unterzeichnet habe. Es sollen Maßnahmen ergriffen werden, um eine vollständige Durchführung aller in den von der Scherifischen Regierung ratifizierten Abkommen enthaltenen Bestimmungen zu sichern.
Rußland.
Der König und die Königin der Bulgaren sind gestern von St. Petersburg abgereist.
Die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ veröffentlicht folgendes Communiqué:
Der Aufenthalt des Königs Ferdinand in St. Petersburg hat erneut Gelegenheit gegeben, die traditionellen Beziehungen, die Ruß⸗ land und Bulgarien eng verbinden, sowie die friedlichen Tendenzen der beiden Länder zu betonen. Diese Gesinnungen und diese Tendenzen sind in den Trinksprüchen der beiden Souveräne klar zutage getreten. Der russische und der bulgarische Minister des Auswärtigen haben bei dieser Gelegenheit über die Rußland und
Verfassung, der
Bulgarien ö Fragen in Gedankenaustausch treten können. Sie haben festgestellt, daß Rußland und Bulgarien an der Konfolt— dierung der freundschaftlichen Beziehungen Bulgariens zur Türkei sowie zu den übrigen Balkanstaaten in hohem Grade interessiert sind, und ind zu dem Schlusse gekommen, daß man auf beiden Seiten den festen Wunsch hegt, alle Anstrengungen zu machen, um den Frieden und die Ruhe in den Balkanstaaten aufrechtzuerhalten. Andererseits bringt die russische Regierung dem von dem unabhängigen Bulgarien bewiesenen festen Wunsche, den Weg der friedlichen Entwicklung seiner kulturellen und wirtschaftlichen Hilfsquellen zu verfolgen, die größte Sympathie entgegen. So kann die Ankunft des Königs und ber Königin der Bulgaren in Rußland nur dazu beitragen, das allgemeine Vertrauen auf die friedliche Gestaltung der Balkanangelegenheiten zu befestigen.
Die Duma hat gestern die Verhandlungen über den Etat des K des Innern begonnen.
Der Referent, Oktobrist Fürst Golitzin, fuhrte laut Bericht des W. T. B.“ aus, daß die Reorganisation der Polizei äußerst not— wendig sei, Die im Lande herrschenden Zustände seien nicht länger zu ertragen. Die Tätigkeit der Abteilungen der politischen Polizei übersteige die Grenze des Möglichen. Die im Manifest angekündigte Unantast— barkeit der Person sei einfach Mythus. Die Budgetkommission schlage vor, die Ausgaben für die Polizei um 391 9835 Rubel zu kürzen. Die Summe, die für den Unterhalt der unter Poltzeiaufsicht befind- lichen Personen bestimmt sei, zu bewilligen, sei inkonsequent, da die Reichs duma sich für Aufhebung des Rechts der administrativen Ver— bannung ausgesprochen habe. Der Gehilfe des Ministers des Innern Krysanowsky erklärte, die Regierung sei mit der Streichung der für den Unterhalt der unter Yonhireh u ffect befindlichen Personen ausgeworfenen Summe einverstanden.
— Der finnische Landtag ist gestern durch den General— gouverneur Seye . eröffnet worden. Die Begrüßung der Landtagsmitglieder im Namen des Kaisers wurde vom Generalgouverneur in russischer und sodann vom Vizepräsidenten des Senatsdepartements in finnischer und schwedischer Sprache verlesen. Der Präsident des Landtags erwiderte finnisch, worauf seine Rede auch in russischer Sprache verlesen wurde. Nach Aufzählung der dem Landtag vorliegenden Gesetzentwürfe, die durch den Generalgouverneur in russischer Sprache erfolgte, wurde die Sitzung geschlossen.
Belgien.
In der Deputiertenkam mer wurde gestern über eine sozialistische und eine liberale Interpellation, betreffend die Coburger Stiftung des Königs Leopold, verhandelt, in . Aktivbestand für 23 Millionen Congowerte gefunden wurden.
Nach dem Bericht des W. T. B.“ erklärte der Justizminister de Lantsheere, daß das Ministerium jene Aktien reklamiert habe. Mehr könne er über den Stand der Verhandlungen nicht sagen. — Der Kolonialminister Ren kin gab unter großer Erregung des Hauses zu, daß er bei der Uebergabe des Congostaats an Belgien gekäuscht worden sei. Wenn er vor der Annexion des Congos elne, wie jetzt festgestellt worden, unrichtige Angabe gemacht habe, so sei dies im guten Glauben geschehen, da Beamte die Buchführung geprüft und ihn in dieser Weise informiert hätten.
Die Besprechung der Interpellation wurde nach einer scharfen Kritik des Radikalen Janson auf heute vertagt.
Griechenland.
Der Regierungsentwurf, betreffend die Revision der gestern von dem Ministerpräsidenten Dragumis in der Deputierten kam mer eingebracht worden war, wurde von dieser mit 150 gegen 11 Stimmen ange⸗ nommen. Die Nationalversammlung wird am 14. Sep— tember zusammentreten.
Nach dem Bericht des W. T. B. legte Mauromichalis seinen Standpunkt in einer Rede dar, in der er u. a. sagte: Die Einberufung einer Versammlung, deren Aufgabe es sei, die Verfassung einer Revision zu unterziehen, stelle an und für sich eine Verletzung der Verfassung dar. Die revisionistische Versammlung könne sich leicht in eine verfassunggebende verwandeln. Aber da sie nun ein— mal verlangt werde, möge man sie je eher je lieber berufen. Daß Land bedürfe der Ordnung und der Gesetzmäßigkeit. — Der Ministerpräsident Dragumis erklärte, daß im Lande vollkommene Ruhe herrsche. Die Führer der Bewegung vom 28. August hätten weder Verfassung noch, Dynastie je angreifen wollen; sie beabsichtigten einzig, Reformen im Innern durchzusetzen. Der König selbst sei immer ein treuer Hüter der Verfassung gewesen. Er habe, als er das Bureau der Kammer in Audienz empfangen hätte, an? erkannt, daß die Einberufung einer revisionistischen Versammlung der einzige Ausweg aus der gegenwärtigen Lage sei. Die Furcht, aus der revisionistischen könnte eine konstitulerende Versammlung werden, balte er für grundlos. Das griechische Volk hänge an seinen Ein— richtungen, und die Vertreter, die es in die Versammlung entsenden werde, würden von derselben Achtung gegen sier erfüllt sein. Er appelliere an, die Vaterlandsliebe der Kammer, und bitte sie, der Einberufung zuzustimmen. Die Versammlung werde dem Lande Ordnung und. Gesetzmäßigkeit wiederbringen. Der Führer der Mehrheit Theotokis erkannte an, daß die Führer der militärischen Bewegung möglicherweise von den erhabensten Er— wägungen ausgegangen seien, aber eine gewaltmäßige und außerhalb der , ,. geschaffene Lage dürfe nicht andauern. Man muüsse ihr in Uebereinstimmung aller politischen Faktoren ein Ende machen. Das Volk müsse sein politisches Leben umwandeln, es hänge an der sicheren Grundlage seiner Konstitutionen und strebe einzig danach, sie zu revidieren, um sie seinen Interessen besser anzupassen. Die Verfassung solle geeignet sein, dem Volke bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu helfen, diese Aufgaben aber seien der Friede und die Gesittung.
Nachdem dann noch mehrere Redner gesprochen hatten und es zwischen Rhallys und Mauromichalis zu sehr lebhaften Auseinandersetzungen über die Verwaltung des Landes ge— kommen war, schritt man zur Abstimmung, die das oben ge— meldete Ergebnis hatte.
Asien.
Die Ministerkrise in Persien ist, „W. T. B.“ zufolge, beigelegt. Die Minister verbleiben auf ihrem Posten. Das Programm des Kabinetts wird in Verhandlungen mit De— putierten des Medschlis ausgearbeitet.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗
Agentur“ hat der russische Gesandte in der Frage der Kintfchau= Aigun-Eisenbahn der chinesischen Regierung ein Gegen— rojekt überreicht. Unter der Bedingung, daß die Sicherheit er russischen Grenze nicht gefährdet werde, schlägt Rußland an Stelle der ihm , . Bahn Kintschau — Aigun die Linie Kalgan Urga—Kiachta vor, an deren Bau Ruß⸗ land teilzunehmen bereit ist. Auch will es zur Ver— bindung der neuen Linie mit dem Bahnnetz des Reichs eine . der Transbaikalbahn bis Kiachta bauen. Da Rußland der Meinung ist, daß die ausländischen Kapitaliften keine politischen Absichten verfolgen und nur eine e, , . Kapitalinvestierung anstreben, hofft es, daß das neue Projekt, daß mehr wirtschaftliche Vorteile bietet und technisch von 8 schon ausgearbeitet ist, die volle Zustimmung der interessierten Regierungen und Banksyndikate finden wird.
schöne brauchbare Nutzhoͤlzer.
. njamas usw., die inselartig in der rie verteilt sind.
nötige Lehm
ö besteht aus
Afrika. Die Kolonne Moinier ist nach einer Meldung des T. B.“ vorgestern nach Ain Fuzeur zurückgekehrt; sie
. . der Stamm der Uled Koriffat habe seine Unterwerfung
angeboten.
Koloniales.
Das Am boland in Deu tsch-Südwestafrika.
Das Amboland ist der nördlichste Teil des südwestafrikanischen Schutzgeblets. Es erstreckt sich von der Etoscha⸗Pfanne bis zum Funene hinauf und wird im Osten durch 175 30 östl. Länge, im Westen durch die Ostgrenze des Kaokogebiets von Zwartboidrift am Funene bis zu ihrem Schnittpunkte mit 180 30, südl. Breite (in der Nähe von Ongandura) begrenzt. Ein Querstreifen nördlich des Kunene, auch von Ovambos bewohnt, gehört zu Portugiesisch⸗Angola. Gs ist dies der nördliche Teil des Unkuanjamg⸗Stammes unter Häuptling Nande. Nande hat seit Abschluß des Schutzvertrags durch
uptmann Franke den Wunsch, sein ganzes Land unter deutsche r r ne, zu stellen, Er setzte mehrfachen Versuchen der Portugiesen, n der Rähe der deutschen Grenze Forts zu errichten, lebhaften Wider⸗
stand entgegen.
Das ganze Land ist eine ungeheure Ebene, in der auch die eringste Erhebung fehlt. Von Suͤden her führen zwei Hauptwege inein, der eine über Okaukwejo, der andere über Namutoni.
Stundenlang reitet man über reine Grassteppe, anfangs noch wenig mit Busch⸗ oder Baumwuchs bestanden; bei weiterem Vordringen na
Norden findet man dagegen starke Baumvegetation, darunter sehr Namentlich heben sich hervor die hohen Fächerpalmen, der wilde Feigenbaum, der Marulla⸗ und der Tambuti⸗ baum. Großwild ist allenthalben vorhanden; die nördlichen Ge—
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genden werden auch von einer reichen, bunten Vogelwelt belebt;
aAaamentlich am Kunene selbst wimmelt es von Fischadlern, von wilden Gänsen und Enten, Reihern, Tauchern, Eisvögeln, Wasserhühnern, Strandläufern und vielen anderen Arten.
Die Eingeborenen haben das Land streckenweise dicht bevölkert, die 6 — folgen hart aufeinander und bilden oft große Dörfer. Gs handelt sich hierbei um die eigentlichen Stammesgebiete im engeren Sinne, d. h. um die . der Ondongas, der Unkua—
igen Ebene des Ovambolandes
Der Boden des ganzen Landes besteht fast durchweg aus grau⸗—
vwweißem Sand, in dem sich hier und da auch Kalktuff und Ton—
mischungen finden; leider ist der zur Erbauung von Häusern so dringend nicht vorhanden. Immerhin haben die im Lande lebenden Weißen — bis jetzt fast nur Missionare — sich zu helfen ge⸗ wußt. Ihre Häuser sind sozusagen aus Sand, aus an, der Luft getrockneten Sandsteinen aufgebaut, die nur durch die mäch— ligen, überhängenden Dächer gegen jeden Regentropfen ge⸗ . zt und so vor der Zerstörung bewahrt werden. Wahre Kunst⸗ 6. sind die Dächer; ihre Herstellung erfordert einen Riesenauf⸗ wand von Fleiß und Geschicklichkeit. Der steil gehaltene Dachstuhl eschältem Stangenholz, das in Dreieckverbänden ein festes Gefüge bildet. An die Stelle bon Bolzen, Klammern, Nägeln und Draht tritt der Ochsenriemen, welcher von den Eingeborenen aus roher Ochsenhaut geschnitten, mit Fett eingerieben und etwas rund gedreht wird. Diese Riemen werden in nassem Zustande ver⸗ arbeitet. Beim Trocknen entsteht durch die Verkürzung eine vorzügliche Verbindung, die sich schließlich nur durch die Axt wieder lösen läßt. Die er nn besteht aus dem Kornstroh des Landes, das weit über mannshoch wird. Diese Dächer haben, abgesehen von ihrer Wasserdichtigkeit, den großen Vorzug, daß sie den Gebäuden trotz des tropischen Klimas eine angenehme Kühle verleihen. Gleichzeitig genießen die Bewohner durch das weit überhängende Dach die e ( nicht einer das ganze Gebäude umgebenden Veranda.
Die Bewohner des Ambolandes sind Kaffernstämme, Angehörige der großen Bantu⸗Rasse, deren Ursprung auf Zentralafrika weist. Die Männer sind herkulische Gestalten, meistens über 1370 m groß, einige 190 m und darüber. Die Muskulatur ist kräftig entwickelt, namentlich die Wadenmuskulatur. Die Statur der Frauen ist da—⸗ gegen klein, aber von schönem Ebenmaß.
Die Ovgmbos treiben fast nur Ackerbau und, Viehzucht. Bei den in der Nähe und unter dem Einfluß der Missionen lebenden Familien beteiligen sich auch die Männer an der Feldarbeit. Sonst ist die Feldarbeit meist Sache der Frauen und der größeren Kinder, ebenso die Herrichtung der Nahrung, Kornstampfen, Bierbrauen, Backen usw. Die Männer widmen sich mehr der Viehzucht, zum Teil auch der Jagd. Angebaut werden Korn, Hirse, Bohnen u. dergl. Die Felder müssen meist guf die Hoffnung hin bestellt werden, daß der Regen rechtzeitig einsetzt und dem Boden die erforderliche Feuchtigkeit zuführt. Es kommt vor, daß zu starker Regenfall die Saaten verdirbt. Leider haben die Jahre 1908 und 1909 in bisher kaum dagewesener Weise zusammengewirkt, um im Ambo— land schwere Hungersnot hervorzurufen, welche zahlreiche Opfer forderte. Im Jahre 1908 verdarb eine entsetzliche Dürre die meisten Ernten, 1909 wurden durch den überaus starken Regen die mühsam bestellten Felder überflutet und sämtliche Saaten vernichtet. Die Wasserverhältnisse sind sehr eigentümlich. In der Trockenzeit, April bis November, ist kaum Wasser genug für Menschen und Vieh, geschweige denn noch fur Bewässerung bon Acker— land vorhanden; in der Regenzeit, die etwa die andere Hälfte des Jahres andauert, steht sozusagen das ganze Land unter Wasser. Dann tritt der Kunene über seine Ufer und füllt die zahlreichen, das Land durchziehenden Omuramben (mit Gras bestandene Wasserrinnen) mit Wasser. Die nicht versickernden Wassermassen werden auf diese Weise nach der — bedeutend tiefer als die Kuneneufer liegenden — Etoscha eleitet. Solange die Omuramben „laufen“, leidet der Ovambo keine tot; denn dann spenden diese periodischen Flüsse Fische aller Art in reichlicher Menge, dann wird aus dem Landmann der Fischer, der in dem flachen Wasser leichte Arbeit hat.
Den Eingeborenen dienen auch die Früchte der zahlreichen Frucht⸗ bäume als Nahrung; auch bereiten sie aus den Früchten berauschende Getränke, die einem starken Schnaps gleichen. Zur Zeit der Reife dieser Früchte ist nach übereinstimmenden Angaben der Missionare das ganze Volk tagelang betrunken. Häufig kommt es dabei zu Streit und zu Raubzügen zwischen den einzelnen Stämmen. Die Bewaffnung der Eingeboren besteht im ,, . aus Vorderladern, Lanze (Assagaih, Pfeil und Bogen, Messer und Kirri. Mit Gewehren und Munition wurde i. vor kurzer Zeit ein schwunghafter Handel aus dem portugiesischen Gebiet getrieben, ein Gewehr mit Munition oft mit mehreren Ochsen bezahlt. Die Zahl der Gewehre wird von Landeskundigen auf mehrere tausend geschätzt. Die oben erwähnten Raubzüge sind häufig blutig und grausam. Die Unterliegenden werden meistens in Sklaverei geschleppt, wobei sie teils von den Häuptlingen zu eigenen Zwecken verwendet, teils an portugiesische Händler verkauft werden.
Infolge Fer häufigen Ueberfälle sind die Werften der großen regierenden Häuptlinge sowie diejenigen von Nande, um n usw. von hohen Palisaden, 3 m langen, oben zugespitzten und am Feuer gehärteten Pfählen umgeben. Die Eingänge 6 meist sehr eng, die Werften selbst schneckenhaus oder irrgartenähnlich angelegt, sodaß ein Fremder sich sehr schwer zurechtfinden kann. Im Zentrum der Werften befinden sich die Beratungsräume, die von Hütten und Pfahlzäunen umgeben . Hart neben solchen burg⸗ ähnlichen Werften befinden sich die Kornspeicher der Eingeborenen. Auf etwa 4 m hohen Pfählen stehen gewaltige runde Körbe von der Gestalt eines Flaschenkärbisses, die aus Gras, Bast oder Stroh ge⸗
ochten sind. In diesen Behältern, welche je nach der Größe der erft und dem Felderreichtum ihrer Bewohner in verschiedener Zahl zusammenstehen, wird das geerntete Korn aufbewahrt. Das aus dem
Torn bereitete Mehl, welches die Frauen klein stampfen, gibt an weißer Farbe unserem besten Roggenmehl nichts nach. Die Wohnung eines gewöhnlichen Mannes besteht im allgemeinen aus zwei bis zehn Hütten, welche von einem mehr oder weniger starken, hohen Stangenzaun umschlossen werden. - ⸗ ;
Wie schon erwähnt, pflegen die Männer hier und da, namentlich im nördlichen und westlichen Teile des Landes, der Jagd. Der Osten ist daher entschieden am wildreichsten: Gnus, Hartebeeste, Bastard⸗ Gemsböcke und dergleichen kommen dort vor. Großwild ist dort noch in großen Herden vorhanden; auch Elefanten, Zebras, Löwen sind durchaus nichts Seltenes. Leider tun Portugiesische und englische Jäger diesem Wildreichtum erheblich Abbruch. Neben Viehzucht spielt der. Tauschhandel mit Elfenbein, und Straußenfedern eine gewisse Rolle. Geld ist den Eingeberenen unbekannt; als Tauschartikel nehmen sie Tabak, Perlen, Bekleidungs⸗ stoffe und mit besonderer Vorliebe Gewehre und Munition an.
Wie schon erwähnt, ist das Amboland reich bevölkert. Nach An⸗ gabe des Missionars Rautanen betragen die beiden Ondonga⸗ Stämme 20000 bis 22000 Seelen mit 4000 waffenfähigen Männern. Der Ukugmbi⸗Stamm hat 15000 Seelen mit 3000 waffenfähigen Männern, der Oganddjera⸗Stamm 7090 Seelen mit 1600 waffenfähigen Männern, der Ankualu si⸗ Stamm 7000 Seelen mit 1690 waffenfähigen Männern, der Ukunjama⸗ Stamm 45 000 Seelen mit 10 0900 waffenfähigen Männern und der Ombgndjg⸗Stamm 35 000 Seelen mit 190 600 waffenfähigen Männern. Die beiden letztgenannten Stämme liegen zum großen Teil auf portugiesischem Gebiet, ö
Im Jahre 1899 wurde das Amboland im gu gf. der Regierung zum ersten Male durch den j tzigen Major Franke (früher Oberleutnant und Bezirkshauptmann von 6*h bereist. Auf damalige Anfrage hatten die Missionare des Ambolandes gemeldet, daß eine Bereisung des Ambo⸗ landes schwerlich auszuführen sei, weil die Häuptlinge feindlich ge⸗ sonnen wären. Trotzdem trat Major Franke mit nur wenigen Reitern den Zug an. Entgegen der Befürchtung der Missionare wurde die Expedition von den Häuptlingen überall gut empfangen, was haupt⸗ sächlich dem maßvollen und zielbewußten Vorgehen des Führers zu danken ist. Durch diese erste Reise hat Major Franke das Ver⸗ trauen der Ovambostämme zur deutschen Regierung geweckt und sich einen dauernden Einfluß im Amboland gesichert. .
In den Jahren 1960 his 1902 unternahmen Major Müller, Ober— leutnant von Winkler und Oberarzt Jodtka noch mehrere Expeditionen, die zur Erforschung des Landes von großem Nutzen waren. Von einer Besetzung des Landes wurde vorlaufig abgesehen, um die Ein⸗ geborenen nicht zu beunruhigen und das Zutrauen zur Regierung weiter zu festigen. ; 3
Entgegen dieser maßvollen Politik drangen die Portugiesen nördlich vom Kunene vor und gewannen trotz harter, verlustreicher Kämpfe an— scheinend fortschreitenden ,, der sich wohl hauptsächlich auf die zahl⸗ reichen portugiesischen Händler stützte, die das Land bereisten und die Ein⸗ geborenen durch Waffen-, Munition⸗ und Schnapsverkauf freundlich zu stimmen wußten. Zu Anfang dieses Jahrhunderts versuchten die Portugiesen sich weiter auszudehnen und auch die östlich vom Kunene wohnenden Häuptlinge zu unterwerfen. Die Niedermetzelung einer portugiesischen Expedition im Jahre 1904 und die 1907 folgende Strafexpedition im östlich vom Kunene gelegenen Ambolande geben hiervon Zeugnis. Nunmehr mußte die deutsche Verwaltung eingreifen, wenn sie nicht ihr Ansehen bei den Ovambos schädigen wollte. Anfang 1908 befahl deshalb der Goouverneur von Schuck⸗ mann dem damaligen Hauptmann ye , abermals das Amboland zu bereisen, um die Häuptlinge zu bewegen, sich der deutschen Schutz⸗ herrschaft zu unterstellen. Major Franke wurde, wie früher berichtet, in trefflicher Weise dieser Aufgabe gerecht. Unter tätiger Mitwirkung der Missiongre Rautanen und Wulfhorst war der Erfolg seines Zuges, daß sich zu Anfang des Jahres 1908 die Häuptlinge des deutschen Interessengebiets mit ihren Stämmen unter deutschen Schutz stellten und die Oberhoheit des Kaisers anerkannten.
Diesen Einfluß muß das Deutsche Reich sich unter allen Um— ständen erhalten, nicht mit Waffengewalt, sondern durch friedliche Einwirkung. Die bisherigen Erfahrungen in der Eingeborenenpolitik lehren, daß bei der farbigen Bevölkerung in erster Linie die Persön— lichkeit des betreffenden Kommissars mitspricht. Aufgabe des Kom⸗ missars wird es sein, sich dauernd des ur e auf die Ovambo⸗ häuptlinge zu sichern, die als unumschränkte Herren über Leben und Eigentum ihres Stammes für die Haltung des gesamten Volkes aus— ,, sein werden. In den finnischen und rheinischen Missio—
naren wird ein Resident stets gute , und Ratgeber haben.
Ueber die Bepflanzungsmöglichkeit des Ambolandes ist man vor⸗ läufig noch zu keinem abschließenden Urteil gekommen. Sicher ist auf jeden Fall, daß Tabak und Baumwolle eine Zukunft haben. Wie oben erwähnt, ist Viehzucht sehr rentabel, Pferdezucht weniger, da die Pferdesterbe in einzelnen Teilen des Landes fast das ganze Jahr hin⸗ durch wütet. Die Besiedelungsfähigkeit mit Weißen ist vor der Hand nicht ratsam; sie wird einstweilen auch nicht in Frage kommen, weil die klimatischen Verhältnisse äußerst ungünstig sind. Das Amboland ist tropisch; mithin kann in diesem Lande die körperliche Arbeit nur von Eingeborenen verrichtet werden.
Der Wert des Ambolandes liegt in seinem eingeborenen Arbeiter⸗ material, das für den mittleren und südlichen Teil der Kolonie von unschätzbarem Wert ist. Für die fortschreitende Besiedlung und die schnelle Entwicklung des Bergbaues reichen die Ueberreste der Herero und Namabevölkerung bei weitem nicht aus, sodaß die Arbeiterfrage nur durch Heranziehung der Ovambostämme gelöst werden kann. Schon wandern die Ovambos allmonatlich zu Hunderten herunter in den Süden, um Arbeit zu suchen. Einstweilen zwingen die Kapitäne sie aber noch, nach einem gewissen Zeitraum — etwa nach einem halben Jahre — zurückzukehren, um ihren Verdienst abzuliefern. Dies ist für die Arbeitgeber natürlich äußerst störend. Hier wird also ein—⸗ zusetzen sein, um durch verständige Einwirkung auf die Kapitäne den Ovamboarbeitern einen längeren Urlaub zu erwirken. Große Auf⸗ gaben, die mit den wirtschaftlichen Fragen des Schutzgebiets eng ver⸗ knüpft sind, harren im Ovambolande noch ihrer Lösung. (Deutsches Kolonialblatt.)
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs— tags befindet sich in der Ersten Beilage.
Der heutigen (48) Sitzung des Reichstags wohnten der Staatssekretär des Innern Delbrück und der Staats⸗ sekretär des Reichsschatzumts Wer muth bei.
Ein schleuniger Antrag des Abg. Geck (Soz.), unter Aufhebung des Beschlusses vom 18. Januar 1910 zu gestatten, daß in der gegen ihn bei der Strafkammer des Landgerichts in Offenburg anhängigen Berufungsklage verhandelt werden könne, wurde ohne Diskussion der Geschäftsordnungskommission überwiesen.
Darauf setzte das Haus die Spezialberatung des Etats für das Reichsamt des Innern und die Erörterung des Kapitels „Reichsgesundheitsamt / fort.
Abg. Dr. Faßbender (Zentr.), der zuerst das Wort erhielt, war nicht anwesend.
Abg. Neuner (ul.) verlangte die endliche Vorlegung des längst versprochenen girsche neben e. Die Aussicht dafür, die 6 vor 3 Jahren zu bieten schien, sei wieder geschwunden. In Oesterreich sei diese Materie einheitlich geregelt worden; was in Oesterreich möglich gewesen, müsse auch für Deutschland möglich sein. Im Interesse eines wirksamen Seuchenschutzes sollten die be⸗ stehenden veterinärpolizeilichen Bestimmungen möglichst strenge durchgeführt werden; der Schutz eines so bedeutenden Teiles des , m Nationalvermögens, wie er sich in den deutschen Vieh⸗
beständen darstelle, sei und bleibe eine Hauptaufgabe der Polizei⸗ behörde, insbesondere dem Auslande gegenüber. benso fehle noch immer der so dringend notwendige und angeblich längst aus gearbeitete Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Abdeckereiwesens. Ebenso müsse gegen die r fh rir den Unfug, der mit der Hypnose getrieben werde, usw. energisch vorgegangen werden.
Hierauf ergriff der Staatssekretär des Innern Del brück das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut mitgeteilt werden wird.
=— Das Haus der Abgeordneten setzte in der heutigen 6 Sitzung, welcher der Minister für Handel und Gewerbe Sydow beiwohnte, die Beratung des Etats der Berg⸗ Hütten- und Salinenverwaltung bei den Einnahmen aus den Salzwerken (12810 780 6) fort.
Berichterstatter Abg. Stengel referiert über die Kommissions⸗ verhandlungen und verweist auf die Verhandlungen des Reichstags über den Entwurf eines Reichskaligesetzes.
Abg. Dr. von Woyna freikons. : Bei der Beratung der lex Gamp vor einigen Jahren gelang es uns hannoverschen Ab— geordneten, aus der Regierung die rückhaltlose Erklärung heraus- zuholen, daß die Reglerung nicht beabsichtige, die Rechte der Grundeigentümer in Hannover bezüglich der Kaligewinnung irgend— wie zu beschränken. Eine mit Sicherheitsgründen motivierte Polizei, verordnung verlangte aber dann, daß überall ein zweiter Schacht angelegt werde. Diese Maßnahme hatte jedoch eine Wirkung, die der erstrebten gerade entgegengesetzt war; sie führte zu einer weiteren Felderteilung und zu einer noch vermehrten Speku— lation. Die Regierung stellte nun einen Kaligesetzentwurf für das Reich fertig, der dann aber auf das Drängen der interessierten Kreise umgeändert wurde. Es liegt jetzt dem Reichstage ein neuer Gesetz= entwurf vor. Bei der Bedeutung der Kalivorkommen in der Provinz Hannover will ich die Regierung über die ö der beteiligten Kreise in der Provinz Hannover aufklären. Die Landwirtschaft hat ein großes Interesse an dem billigen Bezug von Kali, deshalb darf auf keinen Fall in das Ausland billiger ver— kauft werden als in das Inland. Es ist nötig, daß dieses Gesetz so⸗ bald wie möglich zur Geltung kommt. Daneben darf aber diefes Gesetz nicht den Anfang dazu bilden, daß die bergrechtlichen Angelegen— heiten überhaupt durch die Reichsgesetzgebung geregelt werden; wir müssen vielmehr in Preußen an unserer Berggesetzgebung unbedingt festhalten. Es kann sich lediglich darum handeln, diese Spezialfrage reichsgesetzlich zu regeln. Ich möchte jedoch wünschen, daß es der glelchotaggk onnmiffien gelingen . daß manches aus dem Gesetz⸗ entwurf fortgelassen wird, das in bezug auf wirtschaftliche Maß⸗ nahmen besser der freiwilligen Regelung durch die beteiligten . selbst überlassen wird. Die Reichstagskommission hat noch weiteres Material zur Beurteilung der Frage gewünscht, und ich bitte die Re—⸗ ing dieses Material so schnell wie möglich zu beschaffen. Ich itte aber ferner die Regierung, zu bedenken, daß die gegenwärtige Organisation des Kalisyndikats für den Verkauf nicht das leisten kann, was im Interesse des deutschen Kalibergbauetz und eines ver— mehrten Absatzes notwendig ist. Wir dürfen nicht so sehr den Kaliabsatz nach den Getreide exportierenden Ländern fördern, damit nicht die Konkurrenz für unsere eigene Landwirtschaft gestärkt wird, sondern wir müssen unser Kali nach den tropischen Ländern zu bringen suchen, die hauptsächlich Handelsgewächse produzieren, Kaffee, Schokolade, Pfeffer usw. In Indien, China, Japan liegt noch ein bisher völlig unbebautes Feld für den Absatz des deutschen Kali. Die jetzige Exportorganisation des Kalisyndikats ist nicht geeignet, die Absaß möglichkeit in diesen Ländern zu fördern. Die indische Regierung ist bereit, unserem Kali Eingang zu verschaffen. An der Exportorgani⸗ sation müssen auch landwirtschaftliche Sachverständige beteiligt werden, und dann wird es mit kaufmännischer Tätigkeit gelingen, den Absatz des deutschen Kali im Auslande so zu steigern, daß unser Kalibergbau weiter ausgedehnt werden kann.
(Schluß des Blattes.)
Statiftik und Volkswirtschaft.
Vorläufige Entlassung zu längerer Zuchthaus- oder Ge— fängnisstrafe verurteilter Gefangenen im Fahre 1908569.
Nach § 23 des Reichsstrafgesetzbuchs können zu längerer Zucht haus- oder Gefängnisstrafe verurteilte Gefangene, die drei Vlertel, mindestens aber ein Jahr der ihnen auferlegten Strafe verbüßt und sich während dieser Zeit gut geführt haben, den Antrag auf vorläufige Entlassung stellen. Letzterer ist gemäß § 25 des St.- G.⸗B. auch für Strafgefangene dieser Art, die in Preußen in dem Minister des Innern unterstehenden Strafanstalten und Gefängnissen die gegen sie erkannte Strafe verbüßen, zur Entscheidung des Justizministers zu bringen, vor der die betreffende Anstaltsverwaltung zu hören ist. Im Rech—⸗ nungsjahre vom 1. April 1908 bis 31. März 1909 sind nach einer Zusammenstellung, die in der neuesten „Statistik über die Gefängnisse der Justizverwaltung in Preußen“ enthalten ist, für 497 (im Vor⸗— jahre für 523) Gefangene, die in Anstalten der Verwaltung des Innern oder in Gefängnissen der Justizverwaltung eine längere Frei⸗ heitsstrafe verbüßten, . auf vorläufige Entlassung dem Justiz⸗ minister unterbreitet und von diesen 497 Anträgen 387 oder 77,887 00 (im Vorjahre 403 oder 7706 0,0) bewilligt, 110 oder 22,
(im Vorjahre 120 oder 22, 94 G) abgelehnt worden. Strafanstalten und Gefängnisse der Verwaltung des Innern entfallen davon 301 (im Vorjahre 309) tell Anträge, — d. s. drei Fünftel der Gesamtzahl — von denen 215 (i. Vorj. 218) oder Tl, 43 (7055) υ bewilligt und 86 (91) oder 28,57 (29, 45) oo abgelehnt worden, auf die Gefängnisse der Justizverwaltung 186 (i. Vorj. 214) gestellte Anträge, von denen 172 (185) oder 87,75 (86, 45) oso bewilligt und 24 (29) oder 12,24 (13,55) oι0 abgelehnt worden sind. Die Zahl derjenigen in den Strafanstalten und Ge— fängnissen der Verwaltung des Innern oder in den Gefängnissen der Justizverwaltung untergebrachten Gefangenen, die nach der . ihrer Strafzeit einen Antrag auf vorläufige Entlassung gemäß § 23 des St.⸗G.⸗B. hätten stellen können, und die Zahl derjenigen unter ihnen, die einen solchen Antrag nicht gestellt haben, sowie die Zahl der Gefangenen, deren Antrag in den Konferenzen der An— staltsoberbeamten oder von den Aufsichtskommissionen im Bereiche der Justizverwaltung abgelehnt worden ist, stehen nicht fest. Daß die letztere Zahl nicht unerheblich ist, folgt daraus, daß im Geschäfts⸗ bereiche der Verwaltung des Innern im Etatsjahre 1908/09 322 (im Vorjahre 357) Anträge von Zuchthausgefangenen und 215 (182) von Gefaͤngnisstrafen Verbüßenden in den Konferenzen der Anstalts⸗ oberbeamten abgelehnt, also gar nicht erst dem Justizminister zur Ent⸗ scheidung unterbreitet worden sind.
Ein Widerruf der Bewilligung vorläufiger Entlassung hat in den sieben Etatsjahren 1902/03 bis 1908/09 nur in 7 bejw. 3, 10, 8, 6, 12 und 11 Fallen stattgefunden, und zwar in 1 bejw. — 3, 3, 3, 1 und h Fallen wegen eines neuen Verbrechens oder Vergehens der gleichen Art, in 2 bezw. — 1, 1, 3, 4 und 2 Fällen wegen eines neuen Verbrechens oder Vergehens anderer Art und in 4 bejw. 3, 6, 4, —, 7 und 4 Fällen aus anderer Veranlassung.
Zur Arbeiterbewegung.
In der Fabrik für Eisenkonstruktion von Bslter u. Schneevogel zu Wittenau ist, wie die ‚Voss. Ztg. mitteilt, seit 8 Tagen ein Ausstand ausgebrochen, angeblich weil ein Fonds, der an die Arbeiter verteilt werden soll, durch die Vorarbeiter unregelmäßig verteilt worden ist. Die Gendarmerie mußte schon wiederholt einschreiten. Gestern war sie in Stärke von 11 Mann kaum imstande, die Streikenden zurück—⸗ zuhalten, die die Arbeitswilligen an der Arbeit verhindern wollten. Es sind mehrere Körperverletzungen dabei vorgekommen, einige der