Ministe rium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten. .
Dem Seminardirektor Prall ist das Direktorat des Lehrerseminars in Friedeberg N.M. verliehen worden.
Dem Musiklehrer und Organisten 366 Grunewald in Magdeburg ist der Titel Königlicher Musikdirektor verliehen worden.
Evangelischer Oberkirchenrat.
Der in die Oberpfarrstelle in Heldrungen berufene Ober⸗ pfarrer und Superintendent Behrens in Kalbe a. S. ist zum Superintendenten der Diözese Heldrungen, Regierungsbezirk Merseburg, ernannt worden.
Tages ordnung für die auf den 14. März 1910, Vormittags 11 anberaumte außerordentkiche Sitzung des, B eisenbahnrats für die Eisenbahndirektionsbezirke und Halle a. S.
Vorlage der Königlichen Eisenbahndirektion ö. a. Saale, betreffend Aufnahme von Koksbriketts in den Ausnahmetarif 2 (Roh⸗ stofftariff und in die besonderen Kohlenausnahmetarife. Erfurt, den 3. März 1910. Königliche Eisenbahndirektion. Kindermann.
Tagesordnung ür die am Sonnabend, den 19. März 1910, Mittags 2 Uhr, im Verwaltungsgebäude stattfin dende 52. Sitzung des Bezirkseisenbahnrats zu Altona. . Geschäftsordnungsangelegenheiten. Wahl eines Vorsitzenden für die Sitzungen des Bezirkseisenbahn⸗ rats und eines Stellvertreters; Festsetzung des Termins für die nächste Sitzung. II. Geschäftliche Mitteilungen usw. Mitteilungen über Aenderungen in der Zusammensetzung des Bezirkseisenbahnrats. ö Wahl von Mitgliedern des Landeseisenbahnrats. Il. Mitteilungen über Anträge und Beschlüsse aus früheren Sitzungen. JZhrplanangelegenheiten. ; . ; Die in der vorigen Sitzung außerhalb der Tagesordnung gestellten Anträge.
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IV. Güterverkehrsangelegenheiten. Vorlage der Königlichen Eisenbahndirektion, betreffend Fracht⸗ ermäßigung für Reinbenzin im Verkehre von Brunsbüttelkoog nach Holland und Belgien.
V. Fahrplanangelegenheiten.
Uebersicht über die wichtigeren Aenderungen des Personenzug— fahrplans vom 1. Mai 1910. ] .
Antrag des Konsul Dimpker in Lübeck wegen Einrichtung eines Schnell- oder Eilzugsverkehrs auf der Strecke Buchen Lüneburg sowie wegen Einstellung von Kurswagen auf der Strecke Lübeck — Hannover.
Entgegennahme und Besprechung von Anregungen für die Ge— staltung des Personenzugfahrplans vom 1. Mai igli.
Altona, den 4. März 1910.
Königliche Eisenbahndirektion. Franke.
Forstakademie Eberswalde.
Vorlesungen im Sommerhalbjahr 1910.
Oberforstmeister, Professor Dr. Möller: Pflanzenphysiologische Grundlagen des Waldbgus. = Forstliche Erkursionen.
Forstmeister Dr. Kienitz: Forstliches Verhalten der Wald— bäume. — Forstschutz gegen Menschen und Haustiere. — Jagdkunde. — Forstliche Exkursionen.
Forstmeister Wie becke: Waldwegebau. — Forstliches Praktikum.
Forstliche Exkursionen.
Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Schwappach: Forstliche Erkursionen.
Professor Schilling: Forsteinrichtung (Durchführung eines praktischen Taxationsbeispiels und preußische Instruktion). — National ökonomie II. Teil (Produktionslehre). Forstliche Exkursionen.
Forstmeister Zeising: Waldwertrechnung. Forstpolitik stheoretische Grundlagen). — Forstliche Exkursionen.
Professor Dr. Schubert? Geodäsie mit Planzeichnen. — Geo— dätische Prüfungsaufnahme. — Vermessungsübungen. — Meteorologische Uebungen.
Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Re mel ?: Geologie. — M ineralogisch⸗geognostisches Praktikum. — Organische Chemie. — Geologische Exkursionen.
Privatdozent Dr. Vogel von Falckenstein: Paläontologie. — . Chemische Technologie (organischer Teil). Chemlsch- technische Grkursionen.
Professor Dr. Albert: Bodenkunde mit Exkursionen.
Professor Dr. Schwarz: Systematische Botanik. — Botanisches Seminar. Botanische Uebungen und Exkursionen.
Professor Dr. Eckste in: Insekten. Zoologisches Praktikum. Zoologische Exkursionen.
Professor Dr. Dickel: Strafrecht.
Das Sommerhalbjahr beginnt am Montag, den 11. April und schließt am Sonnabend, den 26. August 1910.
Anmeldungen sind möglichst bald unter Beifügung der Zeugnisse über Schulbildung, forstliche Lehrzeit, Führung und X esitz der erfor⸗ derlichen Unterhaltungsmittel sowie unter Angabe des Militäͤrver— hä ltnisses an die Forstakademie Eberswalde zu richten.
Eberswalde, den 28. Februar 1910.
Der Direktor der Forstakademie. Dr. Möller.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrat, Großherzoglich hessische Geheime . Krug von Nidda ist von Berlin abgereist.
Laut Meldung des W. T. B.“ ist S. M. S. „Arcona“
auf der Heimreise am 4. 5 ö . Said eingetroffen und etzt heute die Reise nach Cadiz fort. . . 3. * 6. . ist am 4. März in Antofagasta (Chile) eingetroffen und geht morgen von dort nach Iquique in See. .
S. M. S. „Luchs“ ist am 4. März in Manila ein⸗
getroffen.
Wilhelmshaven, 7. März. Seine Majestät der Kaiser und König traf heute gegen 12 Uhr von Oldenburg hier ein und wurde, „W. T. B.“ zufolge, am Bahnhof von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Heinrich, dem Stationschef fen Grafen Baudissin, dem Flottenchef Admiral von Holtzendorff und dem Festungskommandanten Konter⸗ admiral Merten empfangen. Nach der Begrüßung der Admirale n. Seine Majestät der Kaiser mit Seiner Königlichen Hoheit em Prinzen Heinrich durch die reich beflaggten Straßen nach dem Exerzierhaus der II. Matrosendivision, wo die Vereidigung der Rekruten stattfand.
Oldenburg.
Seine Majestät der Kaiser und König traf, „W. T. B.“ zufolge, heute morgen in Oldenburg ein und wurde am Bahnhofe von Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und dem Erbgroßherzog begrüßt.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Der König und die Königin der Bulgaren sind Sonnabendnachmittag aus St. Petersburg in Wien eingetroffen.
— Der n eg che Landesausschuß hat nach einer Meldung des „W. T. B.“ die Auszahlung der vertragsmäßigen Märzrate der Landessubvention an die Lokalbahn Parchnitz Wekelsdorf verweigert, bis diese Bahn tschechische Aufschrifts— tafeln angebracht habe, weshalb die Bahngesellschaft nunmehr eine Klage gegen den Landesausschuß eingereicht hat.
Frankreich.
Der Minister des Aeußern Pichon und El Mokri haben, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, am Freitag das französisch⸗marokkanische Abkommen unterzeichnet.
Rußland.
In der Reichs duma stand vorgestern die Beratung des Etats des Ministeriums des Innern auf der Tages— ordnung.
Nach dem Bericht des ‚W. T. B.“ bestätigte der Direktor des Polizeidepartements die von mehreren Rednern ausgesprochene Ansicht, daß es unwahr sei, daß die Regierung ihr Versprechen, betreffend die administratze Verbannung, nicht erfüllt habe. Am 1. Februar 1902 habe die 3 1 der nach den entfernt liegenden Gouvernements Ver— schickten 1-20 betragen, am 1. Februar 1910 12 200. Im Jahre 1906 seien 7677 Fim vorigen Jahre 1991, in den ersten zwei Monaten des Jahres 1910 171 PeFonen verbannt worden. Gegen die ersten zwei Monate des Vorjahres betrage die Abnahme 56 0.
Türkei.
Der Sultan hat, „W. T. B.“ zufolge, vorgestern nach⸗ mittag den in Konstantinopel eingetroffenen serbischen Minister des Aeußern Dr. Milowanowitsch empfangen, der nachher längere Unterredungen mit dem türkischen Minister des Aeußern und mit dem Großwesir hatte.
Serbien.
Der Kriegsminister Marinoypitsch, der in der letzten Zeit wiederholt darüber klagte, daß der Ministerrat seinen auf die Heeresangelegenheiten bezüglichen Forderungen nicht die nötige Beachtung schenke, hat, wie das „W. T. B.“ meldet, um Enthebung vom Amte nachgesucht.
Amerika.
Nach einer vom „W. T. B.“ verbreiteten Meldung aus Bluefields in Nicaragua haben die Führer der Revolutionäre vom Sekretär des Präsidenten Madriz ein Telegramm er halten, in dem dringend zum Frieden und zur Verständigung geraten wird, ehe eine fremde Macht interveniere. Das Tele— gramm ist nicht beantwortet worden.
Das peruanische Kabinett hat, obiger Quelle zu— folge, seine Entlassung eingereicht.
Eine Note der chilenischen Regierung erklärt, sie sehe sich genötigt, die peruanischen Priester aus den Territorien Tacna und Aricg auszuweisen, da sie sich weigerten, die Verfassung zu achten. Ferner erklärt die Regierung, die Kirchen schließen lassen zu müssen, wenn der Bischof von Arequipa es ablehne, diese Priester durch chilenische Geistliche ersetzen zu lassen. Die Ausführung der Ausweisungsverfügung wurde auf die Bitte des Nuntius um zwei Tage verschoben.
Asien.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen— agentur“ aus Teheran teilte in der vorgestrigen Plenarsitzung des Medjlis der Präsident mit, daß er von allen Seiten Proteste gegen die ausländische Anleihe erhalte. Diese Frage unterliege jedoch nicht der Erörterung im Medjlis, da die Minister die Bedingungen Rußlands und Englands im Parlament nicht mitteilten.
Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 7. März. Der Bundes rat versammelte sich heute zu einer Plenar— fitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Rech— nungswesen und für Handel und Verkehr Sitzungen.
Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die vorgestrigen Sitzungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.
Der heutigen (50.) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Admiral von Tirpitz, der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke und der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Schoen beiwohnten, stand zunächst der am 13. Oktober 1909 zwischen Deutschland, Italien und der Schweiz in Bern abge— schlosene neue Vertrag, betreffend die Gotthardbahn, zur Beratung. .
Als erster Redner ergriff hierzu der Staatssekretär des Auswärtigen Amts Freiherr von Schoen das Wort, dessen Aus— führungen morgen im Wortlaut werden mitgeteilt werben.
— In der heutigen (35. Sitzung des Hauses de Abgeordneten, welcher der Minister für Handel und a werbe Sydow beiwohnte, berichtete zunächst namens der Ge⸗ schäftsordnungskommission Abg. Freiherr von Reitz enste in. Niederweistritz über die Frage der Erledigung des Mandat des Abg. Lusens ky (nl). Auf Antrag der Kommission erklart das Haus, daß der Abgeordnete, Geheime Oberregierunggrat Lusensky, vortragender Rat im Ministerium für Handel und Gewerbe, durch die Verleihung des Charakters als Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat mit dem Range eines Rats J. Klasse Sitz und Stimme im Hause der Abgeordneten nicht ver— loren hat.
Sodann folgt die zweite Beratung des Gesetz entw urftz, betreffend Auflösung des Landkreises Frank furt a. M' und Eingemeindung der sämtlichen bisher zum Landkreise Frankfurt gehörigen elf Gemeinden (Stadt Rödelsheim, Landgemeinden Berkersheim, Bonames, Eckenheim, Eschersheim, Ginnheim, Hausen, Heddernheim, Niederursel, Praunheim, Preungesheim) in die Stadt Frank? furt.
Die verstärkte Gemeindekommission beantragt die unver— änderte Annahme der Vorlage.
Abg. von Kardorff ffreikons. ). Es liegt mir ob, die Gründe anzuführen, die meine politischen Freunde zur Ablehnung dieser Vorlage geführt haben. Eine Vorlage wie diese ist dem Hause noch nicht gemacht worden; es handelt sich hier um die Ein emeindung von 11 Gemeinden. Meine politischen Freunde haben 6 in der Kommission durch die Ausführungen der Regierung von der Not— wendigkeit der Eingemeindung nicht überzeugen können. Es ist vor allen Dingen gesagt worden, daß die einzugemeindenden Orte zum Teil finanziell so schwlch seien, daß sie allein die Aufwendungen für Gas. und Wasserversorgung und für Kanalisation nicht machen können, die im Interesse der Vororte gemacht werden müssen. Diese Begründung wird durch die Motive der Vorlage selbst widerlegt, worin es heißt. daß die Stadt Frankfurt mit einer Reihe von Gemeinden Verträge über Gas- und Wasserversorgung abgeschlossen habe. Eine Kanali— sation ist ja gewiß an sich recht wünschenswert, aber bei rein ländlichen Gemeinden kann man doch dieses Moment für die Ein— gemeindung nicht anführen. Ebenso hinfällig ist der Hinweis auf die Notwendigkeit des Baues einer Automobilstraße. Vielleicht ware es zweckmäßig, die Straße dem Automobilverkehr zu sperren. Dann ist gesagt worden, der Polizeipräsident sei nicht in der Lage, die Verantwortlich keit für die Geschäfte eines Landrats zu tragen. Wenn es zur Ein— gemeindung kommen sollte, so würde der Polizeipräsident noch mehr Verantwortung tragen als bisher. Dann heißt et, die Stagtsregierung wolle dem Herrn Oberbürgermeister Adickez hinsichtlich seiner Bodenpolitik entgegenkommen. Gewiß ist der Qberbürgermeister einer der ersten Verwaltungsbeamten, und Frankfurt hat auf sozialpolitischem Gebiet mehr geleistet als
irgend eine andere Stadt; aber man soll doch nicht solche
Dinge auf eine große, bedeutende Persönlichkeit zufchneiden. Die Stadt Frankfurt hat auch eine weitgehende Bodenpolitik ge— trieben und Grundstücke erworben. Auf die Zustimmung der be— teiligten Gemeinden ist ein ernster Druck ausgellbt worden, ich kann deshalb dieser Zustimmung erhebliche Bedeutung nicht beimessen. Stehen wir mit dieser Eingemeindung überhaupt am Ende der Eingemeindungen bei Frankfurt? Der Regierungskommissar erklärte in der Kommission, daß in absehbarer Zeit neue Vorlagen nicht an das Haus heran— treten würden; ich glaube aber, daß damit die Sache nicht zu Ende ist, sondern daß in kürzester Zeit neue Vorlagen für Frankfurt an uns kommen. Und wie denkt sich die Regierung die Entwicklung der kreiskommunalen . von Frankfurt? Ein öffentliches Interesse für die Eingemeindungen liegt für meine Freunde nicht vor; wir glauben, daß die landwirtschaftlichen Interessen in den Gemeinden selbst besser vertreten werden, wenn 6e indie Landgemeinden bleiben. Unsere Bedenken werden wefentlich dadurch verstärkt, daß die Stadt Frankfurt das weitestgehende Wahlrecht für die Stadt- verordnetenversammlung hat, nämlich das direkte, gleiche und geheime Wahlrecht. Für unsere Kommunen ist dieses Wahlrecht das ungeeignetste, die Früchte, die es trägt, sind auch danach. Im Februar d. J. haben in Frankfurt Straßendemonstrationen stattgesunden, und der Minister des Innern hat hier — (Vizepräsident Dr. Porsch bittet den Redner, nicht auf das Wahlrecht einzugehen) ich will nur sagen, daß diese Wahlrechtsdemonstrationen die Zustimmung der großen Mehrheit der Stadtverordnetenversammlung gefunden haben, und diefer Stadtvenr ordnetenversammlung sollen wir die Interessen der Landgemeinden anvertrauen! Was soll aus diesen Gemeinden werden, wenn nicht mehr ein Mann mit der energischen Hand des Herrn Adickes an der Spitze steht? Diese Vorgänge in Frankfurt werden weiter getragen in Deuisch land. Wenn man so weitgehendes Entgegenkommen den Gemeinden zeigt, so ist der Moment gekommen, das Wahlrecht zu ändern. Wir finden nicht, daß die Zukunft der kommunalpolittischen Entwicklung von Frankfurt gesichert ist, wir fürchten, daß die Stadtverordnetenver sammlung mehr und mehr ein Tummelplatz für stark sozialistische, demokratische Tendenzen sein wird. Wir können alfo diese Vorlans nicht annehmen. Geheimer Oberregierungsrat Dr. Drews: Wenn auch die finan zielle Lage der Gemeinden nicht ungünstig ist, so haben sie doch fur die größeren Aufgaben der Zukunft nicht genügend Mittel. Wir wollen die wirtschaftliche Entwicklung, die sich vor den Toren Frankfurts zeigt, nicht aufhalten. Weni man die Gründe für die Eingemeindung, die in der Kanalisation, Straßenanlegung, Gas und Wasserversorgung liegen, einzeln nimmt, so können die Gemeinden ganz gut weiter existieren; aber man muß alle diese Aufgaben zu einem großen Ganzen zusammenfassen, und dann könnte allerdings die wirtschaftliche Entwicklung der Gemeinden zum Still⸗ stand kommen. Da liegt für die Regierung das öffentliche Interesse por, denn um die Bevölkerung zum Wohlstand kommen zu lassen, muß man unter aller Vorsicht diese wirtschaftliche Entwicklung fördern. Der Vorredner will der Stadt Frank furt nicht die . Möglichkeit der Vergrößerung lassen, zber er erkennt selbst an, daß Frankfurt eine ausgezeichnete Verwaltung hat, und die Regierung schließt sich dieser Meinung voll und ganz, an. Wenn wir auch nicht' alles auf den Bürger⸗ meister Adickes zuschneiden können, so hat doch die Stadt Frankfurt stets ausgezeichnete Männer zu Bürgermeistern gehabt, und die ganze Entwicklung des kommunalen Lebens ist derartig, daß die Regierung das Vertrauen hat, daß die Stadt auch weiterhin in kommunaler Hinsicht an der Spitze stehen und daß sie wissen wird, sic die Männer zu sichern, die diese Entwicklung gewaͤhrleisten. Eine bindende Erklärung, daß eine weitere Vergrößerung der Stadt nicht mehr vorgenommen wird, kann keine Regierung geben. Wenn die Verhältnisse so liegen würden, muß die Regierung mit neuen Vorschlägen kommen. Wie dle Dinge jetzt liegen, steht die Regierung allerdings auf dem Standpunkt, Naß C wenn sich die Verhältniffe nicht wesentlich andern die Stadt mit dieser großen Eingemeindung so weit gebracht wird, daß man ihr überlassen kann, ihre weitere Ausdehnung auf diesem Gebiet zu finden. Weiter, können wir nichts erklären. Wir würden“ die wirtschaftliche Entwicklung der Vororte zum Schaden der Bevölkerung schädigen, wenn wir der Eingemeindung jetzt nicht zustimmen. Die meisten der einzugemeindenden Orte gehören schon mit Frankfurt so zusammen, daß sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, und der Wunsch der Eingemeindung ist in ihren Vertretungen mit über— wiegender Mehrheit zum Augdruck gekommen. Die übrigen Gemeinden Berkersheim, Niederursel und Bonames können, da jetzt der Landkreis Frankfurt aufgelöst werden muß, nur zur Stadt Frankfurt kommen, sonst
müßten sie als Exklaven einem andern Kreise zugeteilt werden, von
dem sie natürlich stiefmütterlich behandelt werden würden. Außerdem hängen diese Gemeinden seit langer Zeit historisch mit Frankfurt zu sammen und haben auch früher zur alten freien Reichsstadt Frank—
furt gehört. Man muß also den Wünschen der Bevölkerung Rech— nung tragen. (
Abg. Funck (Volksp.): Der zweite Teil der Ausführungen des Abg. Kardorff hat bewiesen, daß der Vorstoß gegen Frankfurt a. M. von konservativer Seite, wegen seines Wahlrechts erfolgt. Unter feinen Cinwendungen führte der Abg. Kardorff an, daß man ja die Straßen für den Automobilverkehr sperren könne. Ich glaube, vor einer solchen Maßnahme würde sich der Abg. Kardorff als Verwaltungsbeamter schwer hüten. Es handelt sich hier in Frankfurt vor allem um den interlokalen Verkehr; deshalb ift eine Förderung, des Straßenbaues durchaus notwendig, und die Gemeinden sind oft nicht in der Lage, dafür die Kosten aufzubringen. Wenn man es. Frankfurt überläßt, sich die Gemeinden, die es eingemeinden will, selbst auszusuchen, dann würde es sich vielleicht nur die Rosinen aus dem Kuchen herausge⸗ nommen haben. Damit wären die konservativen Parteien auch nicht einverstanden gewesen, und zwar meines Erachtens ganz mit Recht. Daß bei der Mehrzahl der einzelnen Gemeinden vom wirtschaft— lichen Standpunkt aus eine ganze Reihe zwingender Gründe sprechen, wird allseitig anerkannt. Es werden durch die Eingemeindungen über⸗ haupt keine neuen Verhaͤltnisse geschaffen, da diese Gemeinden seit uralten Zeiten, zur Stadtgemeinde gehörten. Es bleibt also nur Berkersheim übrig. Der Stadt Frankfurt liegt nichts daran, diesen Ort zu bekommen. Es bleibt aber, da fast der ganze Landkreis aufgeteilt wurde, nichts anderes übrig, als auch die Gemeinden Berkersheim, Bonames und Niederursel mit einzubeziehen. Es ist ja richtig, daß es in gewissem Sinne von Vorteil ist, wenn Zweckverbände gegründet werden. Aber solche Zweckverbände können nicht alles Nötige leisten. Es ist doch eine bekannte Erscheinung, daß bei allen großen Städten die steuerkräftigen Einwohner in die Vororte ziehen. Das sehen Sie auch hier in Berlin. Die Bedenken wegen der Schulverhältnisse sind unbegründet. Ebenso trifft die Behauptung nicht zu, daß die Stadt Frankfurt einen Druck auf die Gemeinden ausgeübt habe. Der Abg von Kardorff weiß sehr genau, daß da sehr wenig zu machen ist. Ar denken, daß der Provinziallandtag sich nicht mit der Vorlage befaßt habe, ist hinfällig. Der Präsident hat das Eingehen auf das Wahlrecht und die Straßendemonstrationen in Frankfurt nicht zugelassen. Aber ich muß doch sagen, daß Frankfurt sich nicht das Wahlrecht nehmen lassen wird, das 1867 im Gemeinde- verfassungsgesetz festgelegt ist. Frankfurt ist mit Recht stolz auf die direkte und geheime Wahl. Uebrigens besteht für dieses Wahlrecht ein Zensus von 1200 S.. Gerade in dem jetzigen Augenblick, wo der Drang nach dem allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrecht so groß ist, sollte man an diesem Wahlrecht nicht rütteln wollen. Oberbürgermeister Adickes ist ein ganz hervorragender Verwaltungs beamter; seine politische Stellung kommt hierbei nicht in Betracht; aber diejenigen, die die Geschichte Frankfurts kennen, werden wissen, daß, auch bereits vor 1866 in Frankfurt viel geleistet wurde, und daß die Frankfurter Bürgerschaft immer die Interessen der Allgemeinheit wahrgenommen und jederzeit Verständnis für die Aufgaben einer Stadtgemeinde gehabt hat. ;
Abg. von Bülow-Homburg (n.): Gewichtige Gründe sprechen für die Eingemeindung. Es handelt sich um Aufgaben, die, wie die Kanalisation, von den meisten dieser Gemeinden nicht erfüllt werden können. Ich bitte Sie, die Vorlage anzunehmen.
Abg. von Pappenheim (kons.): Ein großer Teil meiner Freunde wird ihre ablehnende Haltung, die sie in der Kommission eingenommen haben, aufrecht erhalten. Sie meinen, daß auch die Provinzialvertretung hätte gehört werden müssen. Der Fehler war, daß seit 1867 an der Abgrenzung herumgewurstelt wurde, statt von vornherein eine richtige Abgrenzung eintreten zu lassen. Die Abgrenzung, die hier vorgenommen wird, wird auch nicht als eine definitive anzu— sehen sein. Ueber kurz oder lang wird zu erwägen sein, wie weit Höchst als ein selbständiger Kreis zu betrachten ist. Vor der Hand muß man ja nehmen, was zu bekommen ist, aber für die Zukunft müssen wir eine großzügige Politik auf diesem Gebiete erwarten.
Abg. Kirsch (Zentr.): Ein großer Teil meiner Freunde wird für die Vorlage stimmen, aber einen Teil der Gründe, die von dem Vertreter der Stadt Frankfurt geltend gemacht worden sind, können wir nicht billigen. Ich habe mich nur zum Wort gemeldet, weil der Abg. Dr. Flesch mich brieflich gebeten hat, für die Vorlage zu stimmen, und weil ich auf das Bedenkliche dieses Vorgehens hinweisen wollte.
Abg. Borgmann (Soz.): Der Abg. von Kardorff scheint seine eigenen Gründe, die er gegen die Vorlage vor— gebracht hat, selbst für wenig stichhaltig anzusehen. Die großen kommunalen Leistungen Frankfurts sind nicht allein dem Kopfe des Oberbürgermeisters Adickes entsprungen, auch die Mitglieder der städtischen Verwaltung haben daran mit⸗— gewirkt. Daß die Gemeinden ebenso viel leisten können, wenn sie selbständig sind, ist durch Tatsachen nicht bewiesen. Es ist doch in der Begründung ausgesprochen, daß die Landkreise in keiner Weise den Anforderungen genügen. Es besteht dort nicht einmal ein Krankenhaus, sie müssen ihre Kranken nach Frankfurt schicken. Es ist doch nicht zu leugnen, daß, wenn sich ein solcher Kranz von Vororten, die nicht leistungsfähig sind, bildet, diese Vororte gewissermaßen eine Gefahr für die Großstadt werden. Die hochgradige Städtefeindschaft des Abg. von Kardorff und seiner Freunde ist sehr zu beklagen, ich habe aber die feste Ueberzeugung, daß das Haus einsehen wird, daß hier eine zwingende Notwendigkeit vorliegt, im öffentlichen Interesse diese Eingemeindung vorzunehmen.
Abg. von Kardorff ffreikons.) verwahrt sich im Ramen feiner Freunde gegen den Vorwurf der Städtefeindlichkeit.
Berichterstatter Abg. Dr. Flesch (Volksp.) führt vom Stand punkt der Kommission aus, daß die Gründe für die Eingemeindung zwingend seien.
Die Vorlage wird gegen die Stimmen der beiden konser vativen Parteien mit Ausnahme einiger Stimmen angenommen. Eine dazu eingegangene Petition wird für erledigt erklärt.
(Schluß des Blattes.)
Statistik und Volkswirtschaft.
Berichtigung.
Die am Sonnabend, den 5. März d. J., in der Dritten Beilage (Nr. 55) zum Deutschen Reichsanzeiger veroͤffentlichte Uebersicht über die Ein- und Ausfuhr von dan enthält einen Druckfehler.
In der letzten Spalte Ausfuhr von Niederlagen 1. Sep— tember 1908 bis 28. Februar 1909“ ist auf der ersten Zeile Ver—
brauchszucker ꝛc.“ statt 1936419
zu lesen 1 036 419 (4 rein). Berlin, den 7. März 1910. Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.
Zur Arbeiterbewegung.
Eine Lohnbewegung der Berliner Buxeauangestellten wurde, der ‚Voss. Itg.“ zufolge, durch eine am Freitag abgehaltene, stark besuchte Versammlung eingeleitet. Nach einem Vortrag des Reichstags abgeordneten Leber⸗Jena und lebhafter Debgtte wurde fol— gende Erklärung angenommen: „Die Versammlung hat mit Inter⸗ esse davon Kenntnis genommen, daß der Reichstag die Notwendigkeit einer besseren Entlohnung der Angestellten der Rechtsanwälte an⸗ erkannt hat und ans diesem Grunde die Auslagenpauschale in
ich das Be⸗
der Gebührenordnung für Rechtsanwälte erhöhte. Eine Er— höhung der Gehälter ist für die Angestellten der Rechts— anwälte um so notwendiger, als die ständig andguernde Verteuerung der Lebenshaltung sie schärfer trifft als andere Berufsgruppen, weil ihre Entlohnung schon von jeher durchaus unzureichend gewefen ist. Die Versammlung beauftragt deshalb den Verband der Buregu— angestellten sämtliche Rechtsanwälte des Bezirks zu ersuchen, den An— estellten, die weniger als 109 M Gehalt monatlich beziehen, eine 94 von mindestens 29 v. H., den höher entlohnten Angestellten . Zulage von mindestens 16 v. H. des jetzigen Gehalts zu ge— währen.“
Zum allgemeinen Augtzstand in Philadelphia (vgl. Nr. 6b d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ von dort berichtet: Da die Stadt⸗ behörden eine Versammlung der Ausständigen unter freiem Himmel verboten hatten, versammelten sich am Sonnabend Tausende von Ausständigen auf dem Independence Square und marschierten von dort zu ihrem Versammlungslokal, wo Reden gehalten wurden. Mit der Polizei, die sich darauf beschränkte, die Menge auf der Straße in Bewegung zu halten, kam es zu einigen unbedeutenden ö stößen. — Die Streikenden haben sich bereit erklärt, sich einem Schiedsgericht zu unterwerfen, wenn sie vorher wieder eingestellt werden. Es ist aber unwahrscheinlich, daß die Arbeitgeber diese Bedingung annehmen werden. Wie verlautet, beabsichtigen die Streikenden den Präsidenten Taft um seine Vermittlung zu bitten — Bei den Tumulten am Sonnabend bewarfen Männer, Frauen und Kinder die Straßenbahnwagen und die Polizei mit Steinen. Die Schutzleute machten von ihren Stöcken Gebrauch, wobei zahlreiche Personen verletzt wurden. Die Unruhen erneuerten sich im Laufe des gestrigen Tages.
Kunst und Wissenschaft.
A. F. Die allgemeine Märzsitzung der Gesellschaft für Erdkunde am letzten Sonnabend wurde durch eine Mitteilung ein- geleitet, die als Ueberraschung wirkte: Der seit seiner erfolgreichen eise zum Oberlauf des Hoangho als ausgezeichneter Forscher bekannte und anerkannte bayerische Oberleutnant Wilhelm Filchner, z. 3t. zum Großen Generalstabe kommandiert, hat den Plan einer von ihm und unter seiner Leitung auszuführenden Südpolarforschungs—⸗ reise dem Vorstand der Gesellschaft unterbreitet, der dessen Beifall ge⸗ funden hat. Oberleutnant Fischner teilte über . etwa folgendes mit: Der Vortrag, den vor zwei Monaten in Berlin Shackleton gehalten, hat die Aufmerksamkeit aufs neue auf das Südpolargebiet gerichtet, wo unser Drygalski so mühevoll tätig gewesen ist. Die Kühnheit des Shackletonschen Vorstoßes gegen den Südpol war von begeisternder Wirkung, nicht zuletzt auch auf den Redner, der seit lange den Plan ef t at, eine Südpolarexpedition zu unternehmen. Es traf sich nun merkwürdig, daß seine Absicht, gegebenenfalls die Wedellsee zum Aus⸗ gangspunkt zu wählen, der vollen Uebereinstimmung sowohl mit Shackle— tons als mit Geheimrat Pencks Ansichten begegnete, die ganz unabhängig voneinander zu der gleichen Erwägung und Empfehlung gelangt waren. Die Gründe . diese: Die alte Angabe Wedells, (nach dessen 1823 ausgeführter Entdeckungsreise der Meeresteil südfüdöstlich bon der Südspitze Amerikas den Namen empfangen hat) daß sich unter 755 s. B. dort offene See finde, erscheint auf Grund von ö. bei der letzten Südpolarexpedition sehr glaubwürdig. Trifft sie aber zu, so würden bei einem Vorstoß mit einem geeigneten Schiffe hier mutmaßlich hohe Breiten zur See erreicht werden können und hiermit eine sehr weit polwärts gelegene Basis für den e gegen Süd, vielleicht sogar für einen Durchstoß durch Antarktika. Letzteres könnte allerdings nur gewagt werden, wenn sich Mittel finden würden, um zugleich zwei Expeditionen zu unternehmen: eine von der Wedell— See und eine von der Roß⸗See her, die vor der gegenüberliegenden Seite von Antarktika (etwa Australien gegenüber) liegt. Die Kosten der Expedition sind bei Verwendung eines Schiffes (Walfischfängers) auf 1,2 Millionen Mark veranschlagt, bei zwei Schiffen auf? Millionen Mark. Soll die Expedition ihr Ziel erreichen, so bedarf es unter einheitlicher Leitung wissenschaftlich sehr gut geschulter Expeditionsteil⸗ nehmer, die untereinander voll harmonieren und sich freudig und gern der Führung des Unternehmers anvertrauen. Oberleutnant Filchner bezeichnet sein Unternehmen als ein vollkommen privates. Er will für die Dauer der Expedition den Abschied nehmen und sieht in dieser Unabhängigkeit die beste Grundlage für den Erfolg. Was die Be— schaffung der Mittel betrifft, so hält er sich auf Grund der Umfragen bei deutschen Landsleuten fest davon überzeugt, daß sich die Mittel finden werden, sein ganzes Programm zur Durchführung zu bringen. Die Heraus—⸗ gabe seiner wissenschaftlichen Publikationen über die Tibet Expedition wird bis Oktober d. J. so weit gefördert sein, daß seine weitere Mitwirkung dabei nicht mehr nötig ist. Die Expedition könnte also im Oktober hinaus gehen. Bis uin müßten ohne Uebereilung alle Vorbereitungen ge— troffen sein. Mangelhafte Vorbereitung großer Forschungsrelsen hat sich noch immer verhängnisvoll erwiesen. ö. Leitsatz gilt dem Redner das Wort: Pessimist in der Vorbereitung, Optimisft in der Durch— führung großer Expeditionen!
Diesen Mitteilungen von Oberleutnant Filchner folgte stürmischer Beifall, dem Redner bezeugend, daß seine Worte gezündet hatten. Es sprach nun zuerst, vom Vorsitzenden darum gebeten, der in der Versammlung bei einem zufälligen Besuch von Berlin anwesende Südpolarforscher Otto von Nordenfkiöld seine Ansicht dahin aus, daß er den Filchnerschen Gedanken für sehr glücklich halte, daß Oberleutnant Filchner nach der glänzenden Be währung seiner Forschertätigkeit in Zentralasien der geeignete Mann für das Unternehmen sei und daß er, Nordenskiöld, obgleich heute erst von der Angelegenheit unterrichtet, den lebhaften Wunsch habe, die Idee möge sich, gerade in der bon Filchner geplanten Art, verwirk lichen. Geheimrat Penck ging hierauf etwas näher auf die von Filchner nur angedeuteten Beobachtungen verschiedener Art ein, welche auf die Richtigkeit der Wedellschen Ansicht schließen lassen, daß an dieser Seite Antarktika bis zum 75. Grade die Annäherung zu Schiff gestatte. Einleitend erklärte der Redner, der Plan vom Oberleutnant Filchner sei ihm wohlbekannt und mit ihm wiederholt durchgesprochen worden. Die vier bedeutendsten Südpolarexpeditionen der letzten Jahre: die von Shackleton, von Drygalski, von Otto von Vordenskjöld und von Charcot, haben eine Menge Beweise für das Vorhandensein eines Kontinents um den Südpol herum erbracht. Das Meer wird in der Nähe des südlichen Polarkreises immer seichter, schließlich steigt Land aus ihm hervor, bedeckt von einer ungeheuren Inlandseismasse, unter der es nur als schmaler Saum hervorlugt. Shackleton stieg bei seinem Vordringen nach dem Südpol unausgesetzt aufwärts, zuleßt bis zu 3000 m Meereshöhe. Ostantarktika ist ein Gebiet hohen Luftdruckes, von ihm fließen charakteristische öftliche Winde ab. Das ist übereinstimmend beobachtet worden am Saume von Ostantarktika,. im Victorialande und am Gaußberge lalso in den Australien und Afrika gegenüberliegenden Teilen des Südpolarlandes). Anders ist es in Westantarktika. Hier sind diese östlichen Winde nur zeitweilig vorhanden, und am Snow-⸗Hill, wo Otto von Nordenskiöld überwinterte (suüdwestlich der Südspitze von Amerika), fehlen sie gänzlich. Hier herrschen aus— schließlich Südwestwinde. Sie weisen darauf hin, daß gegen Süd⸗ osten hin ein Gebiet niederen Luftdrucks, also ein Meer vorhanden ist. Schon 1823 drang Wedell weit in dieses hinein. Spätere Versuche mißlangen allerdings, vermutlich weil man in der Regel auf der Westseite vorstieß, wo Eis gewöhnlich bis zu 6595 s. B. reicht und heftige polare Winde wehen. Sire an der Ostseite. Dort konnte die schottische antarktische Expedition unter Bruce 1904 bis über 740 hinaus gelangen, bis zu einem neuen Lande, dem Coats-Lande, das einen mutmaßlich leicht erreichbaren Ausgangspunkt für weitere antarktische Forschung darstellt. Shackleton erklärte, von hier ausgehen zu wollen, wenn er jemals noch sich zu einer Südpolarexpedition entschlösse; auch die Amerikaner werden vielleicht hier einsetzen. Während in beiden Fällen aber die Erreichung des lh. als oberstes Ziel ins Auge gefaßt wird, steht bei Filchner das Problem im Vordergrunde, die gegenseitigen Beziehungen von Ost? und West— Antarktika aufzubellen, also die Frage ju beantworten: . beide zusammen, oder bildet Westantarktika nur eine Art von Vorland
des großen Oftantarktika und hängt es mit diesem lediglich durch einen niedrigen, eisbedeckten Raum zusammen, nach dem fich die
Roß⸗See bei Victoria⸗Land und diesem gegenüber die Wedell⸗See
einbuchten? Wie immer man über diese Fragen denkt, der . Plan zu ihrer endgültigen Beantwortung hat Hand und Fuß und ist wissenschaftlich wohlbegründet. Geheimrat Penck zweifelt auch nicht, daß er ausgeführt werden wird, und teilt den. Optimismus von Oberleutnant Filchner, daß fich deutsche Männer finden werden, die Mittel für eine so große nationale Äuf— gabe beizusteuern. Geheimrat Penck ist in dieser Ueberzeugung durch einen Brief bestärkt worden, den er am Tage vorher erst von einem hervorragenden Mitglied der Gesellschaft für Erdkunde erhalten hat. Aus dem Briefe las Geheimrat Penck folgende Stelle vor: „Es ge⸗ reicht mir zur besonderen Freude, Ihnen mitteilen zu können, daß eine Persönlichkeit, welche in der Seffentlichkeit nicht genannt sein möchte, für die Expedition des Herrn Filchner unter befstimmten. Voraussetzungen, die ich mit Ihnen mündlich besprechen möchte, den Betrag von 300 000 „S zur Verfügung gestellt hat.“ ef en , er⸗ füllt sich die Hoffnung des Briefschreibers, daß diefe hochherzige Spende die Anregung geben wird, die Ausführung des in jeder Hin- sicht so bedeutenden Unternehmens durch Mitwirkung weitester Kreise in allernächster Zeit sicherzustellen.
Im Anschluß an die mit großem Beifall aufgenommenen Mit—⸗ teilungen des Geheimrats 6. teilte Oberleutnant Filchner noch mit, daß e. an ihn direkt bereits die Zusage einer Beteiligung von 60 000 ½ gelangt sei.
Den Vortrag des Abends hielt . Dr. M. Ebeling über eine Reise durch das isländische Süd land. Der Redner hat die Reise Pfingsten vorigen Jahres angetreten, war alfo in der für ein solches Unternehmen überaus günstigen Zeit der langen Tage und kurzen hellen Nächte in Island. Die Reisegesellschaft bestand aus 3 Personen: dem Vortragenden, seiner Gattin und einem Herrn Sigurdson, einem Isländer von großen Kenntnissen und viel . Er ist gegenwärtig vielleicht der bedeutendste Landes⸗ kundige Islands, in dessen Geschichte ebenso bewandert, als in der Geçlogie des in diesem Punkte vielleicht wunderbarsten und lebrreichsten Landes der Welt. Herr Sigurdfon, der an einer höheren Lehranstalt Reykjaviks unterrichtet, hat sich die große Einfach⸗ heit, Schlichtheit und Natürlichkeit, die seine Landsleute vorteilhaft auszeichnet, hewahrt, in dem Grade, daß er es sich z. B. nicht nehmen ö und es selbstverständlich fand, die 9 Pferde zu versehen, welche auf die ausschließlich zu Pferde oder zu Fuß auszuführende Expedition mitgenommen wurden. In den 47 Tagen, welche die sich über 2600 km erstreckende Reise in Ansprach nahm, hat Herr Sigurdson sich ebenso liebenswürdig und kameradschaftlich treu als von klarem Kopf, gleichbleibendem Wesen und tiefer Einsicht, jedenfalls als ein Reisebegleiter bewährt, wie es ihrer im fremden Lande, das man kennen lernen will, gewiß nicht viele gibt. Die Ankunft von Europa erfolgte nicht auf der Hauptinsel, sondern auf der kleinen, bene fn be a ig dicht bevölkerten Westmayan-Insel an der Südwestecke Islands. Sie ist nur 10 4km groß und beherbergt 947 Einwohner, somit 9 auf 1 qkm, während die Volksdichte der Hguptinsel, die bei einer Größe gleich /s von Deutschland 85 (000 Seelen zählt, nur 0,8 auf 1 46m beträgt. Jenes kleine zuerst besuchte Eiland gab den geen einen Vorgeschmack von der vulkanischen Natur der nahen Hauptinsel. Von hier ab waren die lebhaften Schilderungen des Vor— tragenden von einer uuerschöpflichen Reihe trefflicher Lichtbilder begleitet, zunächst solcher von der Ueberfahrt nach der im Börgare-Fjord ge⸗ legenen Landeshauptstadt Reykjavik, wobei man zuerst den Anblick der phantastisch zerklüfteten Steilkuüͤste der Südwestecke der Insel genossen hatte. Von dem malerisch gelegenen, aber nichts weniger als hübschen Reykjavik aus ging die oben erwähnte Reise zu Pferde oder auf allzu steilen Plenden zu Fuß zuerst zu den berühmten Geysirs, dann zum 1537 m hohen Hekla⸗Vulkan, der bestiegen wurde, und hierauf, immer am Süd⸗ fuß des steil abfallenden Hochlandes im Innern entlang und somst in dem schmalen, von Gletscherablagerungen gebildeten Landstreifen längs der Südküste, die hier auf einer langen Strecke keinen einzigen Hafen auf— weist, nach dem Südrand der den groͤßten Teil dẽr Cu bossech⸗ Islands ein⸗ nehmenden Zone des Inlandeises, das niemals vollständig abschmilzt, aber im Sommer die nach Südwest und Südost eilenden Flüffe stark bewässert. Von einem Punkt an der Ostküste, etwa in der Mitte dieser unwirtlichen, alljährlich lange Zeit stark vom Eise blockierten Küste ging die Reise wieder in westlicher Richtung, wobei die Insel näher der Nord- als der Südküste durchquert wurde, nach einem Punkt im Nordwesten der Insel und von da nach Reykjavik zurück, wo man sich nach der Heimat einschiffte. Es ist im Rahmen eines kurzen Berichts nicht möglich, die bedeutenden Eindrücke bon der Gebirgs— natur Islands zu schildern, die man von den ausgezeichneten Licht— bildern gewann, von dem Vogelleben an der Küste, den als Sasen in die meist öde Felsenlandschaft eingestreuten grünen Wiefen mit Butterblumen und Wiesenschaumkraut, den mächtigen Wasserfällen, den dampfenden Solfataren und der von aufsteigendem Dampf immer lebendig erhaltenen Erinnerung an die vulkanische Natur des Bodens und anderem, Die Schwärze des Basaltes kontrastiert häufig wunderbar mit Schnee und Eis zoder mit der weißen Färbung, die der Boden in der Umgebung von Solfataren annimmt. Ueberall waltet der düstere Eindruck einer Landschaft vor, die mehr an Zer— störung und Tod mahnt, als an Daseinsfreude und Lebensmut. Den Geysir konnten die Reisenden nur als brodelnden See, nicht in Be⸗ wegung sehen. Das bereitete ihnen keine Enttäuschung; denn man kennt die Perioden dieser Bewegung gengu und die Reifenden wußten im voraus, daß die nächste große Bewegung nach der letzten von 1896 noch lange nicht ali, ist. Der Vortragende er— mittelte die Tiefe des Geysirbeckens auf 23,5 m, der Temperatur oben auf 839 C., am Boden guf 123 C. Von hohem Interesse waren die sich an die verschiedenen alten Lavaströme knüpfenden Beobachtungen und die Besteigung eines aus der Inlandeiszone auf⸗— ragenden mächtigen Vulkans, der entzückende Gletscherbilder, von blauem Himmel überwölbt, vor den Beschauern entrollte. Freilich wird der Wanderer die Vorstellung niemals los, daß unter aller Eisespracht der fürchterliche Vulkan lauert. Bilder aus der Urwelt möchte der Vortragende manche dieser Ausblicke in eine chaotische, absolut leblose Landschaft nennen, lehrreich namentlich für alle, die sich die Eiszeit der norddeutschen Tiefebene vergegen— wärtigen wollen, die kaum anders ausgesehen haben kann. Leider mußte, vorgerückter Zeit halber, der Vortragende seinen Vortrag früher abbrechen, als seinen Hörern lieb war. So kam die Schilderung der Bewohner von Island zu kurz; aber es waren treffende Worte, da von ihnen gesagt wurde, daß die Unwirtlichkeit und die Gefahren des Bodens, auf dem sie wohnen, seit diese Norweger im 9. Jahrhundert die bis dahin unbewohnt gewesene Insel in Bestg genommen, aus ihnen ein starkes und mutiges Geschlecht erzeugt haben, zuweilen germanische Prachtgestalten mit blondem Haar und großen, blauen Kinderaugen.
Verdingungen im Auslande.
Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim Reichs. und
Staatsanzeiger ausliegen, können in den 6 , in 98
Expedition während der rr, . von 9 bis 3 Ühr eingesehen werden.
Oesterreich⸗Ungarn.
Spätestens 15. März 1910, 12 Uhr. K. K. Staatsbahndirektion Wien: Vergebung der Bauarbeiten anläßlich der Errichtung einer Wohnhausanlage nächst der Station Fels der Linie Absdorf — , ,. a. d. Donau. Näheres bei der vorgenannten
irektion (Abteilung für Bahnerhaltung und Bau, XV., Maria—⸗ hilferstr. Nr. 132, 3. Stock, Zimmer 19, und beim Reichsanzeiger“.
Längstens 17. März 1910, 2 Uhr. K. K. Staatsbahndirektion Villach: Lieferung von Werkzeugmaschinen für die Werkstätte Knittelfeld, Heizhausleitung 26 und Graz, und für die Betriebsleitung Vordernberg. Näheres bei der e habl len 4 für
e, , . und Werkstaͤttendienst der vorgenannten Direktlon und im Reichsanzeiger“.
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