Zweite Beilage
gespielt werden. Man sagt, wir brauchten die Flotte zur Ver teidigung der Küsten. Der frühere Marineminister von Vollmann sagte aber, die deutschen Küsten verteidigen sich selbst. Was den
jener Zentenarfeiern, wie sie jetzt vielfach ftattgefunden haben, be⸗ kommen Besuch von Hunderten unserer Landsleute, und müssen im Interesse ihrer Gesamtaufgabe eine Repräsentation üben, wie man sie
Es ist nicht nur die Uebereinstimmung der Arbeitszeit der Arbeiter mit den Beamten des Betriebes, sondern es ist auch die Ueberein— stimmung mit dem Dienst an Bord der Schiffe. Die Schiffe haben
bei uns nicht kennt. Die Auslandstafelgelder von Herrn Erzberger als nicht zu hoch worden. Ich muß aber behaupten, daß die im Inlande ähnlich liegen.
bei den Uebungen; überall lernen sie sich kennen.
leicht. Es daß die Admirale jede zu sich heranzuziehen, sie in persönliche Fühlung zu kommen.
Gelegenheit benutzen, ihre einzuladen und auf diese Das kann
kann. Das ist ein sehr wichtiger Faktor des Dienstes.
Es mag wohl vorgekommen sein, daß einzelne Admirale nicht das richtige Gefühl dafür gehabt haben, daß das Tafelgeld, das der Staat ihnen gibt, auch lediglich in der von mir bezeichneten Richtung
im Interesse des Dienstes verwandt werden muß. Solche Ausnahmen wird es ja geben. fahrung sprechen —, daß es nur Ausnahmen sind. Wenn der Admiral seine Aufgabe richtig auffaßt und sich sagt, — wie Nelson es aussprach —: wir wollen a band of brothers, eine Gemeinschaft von Brüdern, sein, dann muß er so viel einladen, als er irgend kann.
Deshalb würde ich meinen, daß es allgemein in einem höheren Interesse des Dienstes richtig ist, diese Tafelgelder der Admirale nicht mit einem Maßstab zu messen, der wohl für ein ge⸗ wöhnliches Landverhältnis paßt, aber nicht für die eigenartigen Verhältnisse, wie sie das Schiffsleben mit sich bringen. Dann bin ich der Ansicht, daß es doch auch für das außer⸗ ordentlich strapaziöse Leben, das die Seeoffiziere und die Beamten an Bord durchzumachen haben, nicht unbillig ist, wenn sie eine gewisse Entschädigung dafür in den Tafelgeldern bekommen. Stellen Sie sich vor, meine Herren, daß sie Jahrzehnte auf einem eisernen Kasten eingesperrt sind, daß sie die klimatischen Verhältnisse aller Art zu ertragen haben, daß sie von den Tropen in die Kälte gehen, daß sie bei uns aus heißen inneren Räumen während des ganzen Winters in die eisige Luft hinausgehen müssen, um ihren Dienst zu tun! Diejenige andere Marine, die einmal Winter— dienst in unseren klimatischen Gewässern tun muß, wird sich über die Schwierigkeiten wundern, die darin liegen. Zu meiner Zeit, wie ich junger Offizier war, hielt man das überhaupt für un⸗— möglich, daß man im Winter die Schiffe fahren lassen könnte. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen. Das ist bis in die 90 er Jahre so gewesen. Ich persönlich habe das geändert und habe gesagt: wir müssen darüber hinwegkommen, wir müssen uns auf unser Klima ein⸗ richten, wir müssen imstande sein, im Winter ebenso schlagen zu können wie im Sommer.
Dann möchte ich doch sagen, daß der Verbrauch der Seeoffiziere außerordentlich stark ist. Ich habe keine genauen Zahlen bei der Hand, aber ein Seeoffizier mit 50 Jahren ist im allgemeinen nicht mehr see⸗ dienstfähig. Man wird doch auch diesen Umstand berücksichtigen müssen. Wir haben Perioden in der Marine gehabt — ich entsinne mich sehr wohl derselben —, wo der Abgang von der Marine sehr stark war, infolge der Knochenmühle — wie sich ein alter Seeoffizier äußerte, der jetzt nicht mehr im Dienst ist — die die Marine darstellt. Deshalb ist es richtig, Vorsorge zu treffen, daß ein Drang nach den Bord— kom mandos erzeugt wird. Wir müssen da gewisse künstliche Mittel gebrauchen, denn es ist kein normales Leben, das wir an Bord führen, und auf diesen Umstand muß Rücksicht genommen werden.
Nun habe ich ja zugesagt, daß wir eine Denkschrift im nächsten Herbst einrichten wollen, um die Unebenheiten, die in bezug auf die Tafelgelder etwa existieren, zu glätten und selbst Hand anzulegen zu möglichen Abstrichen. Aber um das tun zu können, brauchen wir Zeit. Wenn ich jetzt vor diese Frage gestellt werde, dann muß ich sofort ein Provisorium schaffen. Die Anregung des Herrn Abg. Erzberger, niedrigere Tafelgelder erst zum 1. Januar 1911 eintreten zu lassen, ist nach meiner Ansicht nicht durchführbar. Ich muß schon vom 1. April d. J. ab ein Provisorium anordnen, um ohne zu große Härten dem vorgenommenen Abstrich mich anpassen zu können. Wenn wir nun die Tafelgelder verringern, so kann ich das auch nicht allein machen; da kommen eine Reihe von Faktoren in Frage. Um das wirklich rationell und ver— ständig zu machen, braucht man eine gewisse Zeit, und diese Zeit wird uns bei den großen Abstrichen nicht gegeben. Deshalb möchte ich doch sehr empfehlen, jetzt keinen Abstrich zu machen und die Denk schrift abzuwarten bezw. sich mit minderen Abstrichen nach Art des Abänderungsantrages der Herren Dr. Arendt, Freiherr von Richt⸗ hofen, Dr. Paasche zu begnügen. Dann werden die Herren sehen, ob die Tafelgelder, die vor zwei Jahren von Ihnen erhöht worden sind, verringert werden müssen oder ob sie so wie jetzt bleiben können.
Meine Herren, der Herr Abg. Freiherr von Gamp hat ferner erwähnt, daß die Marineverwaltung für ihre Beamten auf den Kaiserlichen Werften die geteilte Arbeitszeit ein⸗ geführt hat. Ich bin mir bewußt, dabei auf vielen Widerstand gestoßen zu sein. Ich habe seit zwei Jahren in Sitzungen auf allen Werften diese Frage ins Rollen gebracht. Ich habe einer schroffen Abneigung gegenübergestanden; aber ich bin mir aus allen Neberlegungen klar geworden, daß es eine absolute Notwendigkeit ist, diese getrennte Arbeitszeit einzuführen. (Hört, hört!) Ich brauche alle die Argumente, die mir entgegengetreten sind, hier nicht zu wiederholen; denn ich habe bereits im Sinne der geteilten Arbeitszeit entschieden, da ich die Ueberzeugung hatte, daß eine ungeteilte Arbeitszeit auf den Werften nicht möglich ist. Wir müssen die Arbeit der Beamten und der Arbeiter in dieselbe Zeit verlegen. (Sehr richtig) Das wäre auch der einzige Weg, wie man die Arbeitszeit der Beamten zeitweise ver— längern könnte; denn eine kontinuierliche Arbeit ist über eine gewisse Stundenzahl hinaus unmöglich, dann wird es notwendig, eine Ruhe⸗ pause zu machen. Ich muß auch in der Mittagszeit ein bis zwei Stunden ausspannen, ehe ich wieder anfangen kann. So liegt die Sache auch auf den Werften. Wenn man die Arbeitszeit gelegent⸗ lich verlängern muß, kann man es nur durch die Trennung machen.
Und nun kommt auf den Werften noch etwas Besonderes hinzu.
sind ja sogar
zugegeben Verhältnisse Die Vorgesetzten an Land kommen mit ihren Untergebenen überall in Berührung, auf den Exerzierplätzen, i : Stellen Sie sich bei uns einen Geschwaderchef vor mit seinen verschiedenen Schiffen. Da liegt zwischen dem Chef und seinen Offizieren ein großer Wasser⸗ graben, und die Kommunikation von Schiff zu Schiff ist nicht immer ist darum im Interesse des Dienstes wünschenswert, Offiziere
Weise ein Admiral nur tun — weil die Gelegenheit gar nicht vorherzusehen ist — wenn er eine Messehaltung hat, wo er jederzeit 1 bis 2 Offiziere extra einladen
Aber ich weiß — ich kann aus eigener Er⸗
im allgemeinen eine Mittagspause von 12 bis 2; um 2 Uhr geht der Dienst wieder los. Wenn nun die Schiffe auf den Werften sind, fehlen Nachmittags die meisten Beamten, das ist nicht angängig. Ich hatte das so reguliert, daß dafür gesorgt ist, daß wenigstens ein Teil der Beamten Nachmittags Dienst hatte. Aber ich habe mich überzeugt, daß das nicht ausreicht. Die einzige radikale Kur war die Trennung der Arbeitszeit, und deshalb bin ich nicht imstande, den Anregungen des Herrn Dr. Leonhart nach dieser Rich— tung hin nachzukommen. Ich habe mich nicht überzeugen können, im Gegenteil, immer fester ist bei mir die Ansicht geworden, daß die Trennung der Arbeitszeit ein unbedingtes Erfordernis ist, so schwer es auch für die Beamten ist. (Bravo)
. Abg. Bassermann (nl: Wir haben auch unserseits durch Stellung von Anträgen auf Sparsamkeit in der Marineverwaltung hingewiesen; bezüglich der Tafelgelder sind wir allerdings der Meinung daß der Kommißssionsabstrich nicht wird aufrecht erhalten werden können. Einzelheiten aus der Kommissionsberatung über die Ab⸗ stimmung von Fraktionen hätte der Abg. von Gamp doch lieber nicht mitteilen sollen. Der Abg. Erzberger hat, den Kollegen Semler angegriffen, aber nachher selbst erklärt, daß die Ausführungen des Abg. Grafen Oppersdorff den prinzipiellen Charakter nicht hatten, den ihnen der Abg. Semler beilegte; damit erübrigt sic für mich eine weitere Verwahrung gegen den Abg. Erzberger. Die Rede des Abg. Dr. Leonhart schien mir doch im wesentlichen gegen das Flottengesetz gerichtet zu sein, während doch die Freisinnigen selbst für das zweite Flottengesetz gestimmt haben, das jetzt in Geltung ist. Ein hervorragendes Verdienst dieses Gesetzes sst es doch, daß es dem alljährlichen Streit darüber, wie viel Schiffe, wie und in welchem Tempo sie gebaut werden sollten, ein Ende machte und damit unser Ansehen im Auslande tatsächlich steigerte. Was unser Verhältnis zu England betrifft, so hat der größte Teil der deutschen Presse den heftigen Angriffen gegenüber, die im letzten Wahlkampfe in England gegen die deutsche Flottenpolitik gerichtet worden sind, eine vornehme Reserve bewahrt. Bedauerlicherweise hat nun der Abg. Dr. Südekum am Sonnabend in dieselbe Kerbe mit den englischen Chauvinisten gehauen. Das deutsche Flottenprogramm wurde noch im November 1906 von dem, Fürsten Bülow genau definiert; darin war ebenso wie in den Erklärungen des Kanzlers von Bethmann Hollweg dem Gedanken, eine der englisthen gleichwertige deutsche Flotte zu schaffen, eine unzweideutige Absage gegeben. Den Schutz unserer überseeischen Interessen aber hat unsere Flotte soweit sie konnte, wirksam wahrgenommen. Allerdings sind manche Auslandsstationen, so in Amerika, auch heute noch fast vollständig entblößt. Der canadische Premier hat noch vor kurzem erklärt, er könne in dem Ausbau der deutschen Flotte keine Gefahr für England erblicken; also auch eine Stimme aus dem englischen Lager stellt fich ganz genau auf den von uns vertretenen Standpunkt. Wenn wir bei den Panzerkreuzern zu immer größeren Typen über— gehen, so hängt das doch damit zusammen, daß in England seit dem russisch⸗japanischen Krieg die Vergrößerung des Deplacements als Parole ausgegeben wurde. Der frühere Oberst Gaedke ist heute dom Abg. Struve in einer zu bequemen Weise beiseite geschoben worden. Es bleibt dabei, daß die Ausführungen Gaedkes, daß die Panzer— kreuzer auch als Schlachtschiffe zu rechnen seien und Deutschland dem— nach nicht 38, sondern HG Linienschiffe besitze, sehr bedauerlich und in keiner Weise geeignet sind, die friedliche Politik zu unterstützen, die doch wohl auch das „Berliner Tageblatt“ befürworten will. Das Rüstungsproblem wird vom „Temps“ dahin beurteilt, daß die Erbauung der deutschen Flotte ein Akt der Selbstherrlichkeit sei, der sich jeder Kritik entziehe; auch biete die Verringerung einer allzu großen Ungleichheit zwischen der deutschen und englischen Flotte eher ein Friedens. als ein kriegerisches Argument. Anderseits hat Karl Leuthner in den „Sozialistischen Monatsheften“ spöttisch gesprochen von den „Klubs der Harmlosen“, die durch einen Vertrag mit England die Aufhebung des Selbstbestimmungsrechts der Nation mit aller Gewalt ef rn wollten — Darlegungen aus sozialdemokratischem Munde, wie wir sie besser als Argumente gegen den Abrüstungsgedanken auch nicht aufzubringen vermöchten. (Zuruf bei den Sozialdemokraten, Ja, er schreibt doch in diesem Blatte; wäre er wirklich nur ein Einspänner. so hätte seine Arbeit doch wohl nicht Aufnahme gefunden. Ein Abkommen würde auch nicht dem Frieden dienen. Gute Beziehungen mit England, aber nicht auf Kosten unseres Selbstbestimmungsrechts, das ist das, was wir wünschen. Abg. Ledep our (Sog); Der Abg. Bassermann hat wohl das Bedürfnis gehabt, dem Reichskanzler hilfreich beizuspringen, dessen dürftige Fünfminutenrede enttäuscht hat. Der Abg. von Gamp hat manche Leußerung getan, die mir durchaus sympathisch war. Aber außerdem hat er es für notwendig gefunden, in einer Art nervöser Erregung sich gegen Gaedke zu wenden. Nun liegt es mir fern, in eine Verteidigung der Ansichten Gaedkes einzutreten, er ist Manns genug, das selbst zu tun. Ich finde
daß die patriötische Erregung der Herren dem Aerger darüber entspringt, daß ein Offizier, der von den Dingen etwas versteht, sich unterfängt
anders zu sprechen, als die Herren: es sind die schwarzen Krähen, die den weißen die Augen aushacken. Die Mahnung, daß der Äbg.
Südekum seine Ansichten in der Budgetkommission hätte darlegen
sollen, ist vollständig deplaciert, denn der Abg. von Gamp hat das Be—
streben, die Verhandlungen der Kommission so viel wie möglich ab⸗
zukürzen. Wenn mein Parteigenosse Südekum das in der Kommission
erklärt hätte, so würde der . von Gamp sicherlich gesagt haben, bringen Sie solche allgemein volitischen Dinge im , vor. Der Reichskanzler hat seine Ansichten über Flottenpolitik geäußert allgemeine Ansichten über die Tendenz der auswärtigen Politik. Was er sagte, trifft nicht den Kern der Frage. Was die Herren auf Nord—⸗ landsreisen, Festessen usw. sagen, ist für die Beurteilung ihrer Politik vollständig gleichgültig. Die diplomatischen Auguren lächeln sich dabei verständnisinnig zu. Der Reichskanzler wird nicht beurteilt nach dem, was er sagt, sondern nach dem, was er tut oder unterläßt, und. diese Taten oder Unterlassungen haben in England Mißstimmung hervorgerufen. Der, Reichskanzler ist dabei mit keinem Worte eingegangen auf die wichtigste Frage, ob Eng— land und Deutschland nicht dazu kommen könnten, eine Verstandigung über Abrüstung herbeizuführen. Wir haben im vorigen Jahre eine dahingehende Resolution gegeben. Damals verhielt sich die Reichs⸗ regierung ablehnend, und die überwiegende Mehrheit des Hauses trat dem bei. Jetzt ist, wie aus dem mieten des Grafen Oppers— dorff hervorgeht, die Neigung zu solchen Abmachungen gewachsen. Zuruf links. Die Linke war im großen und ganzen im vorigen Jahre auch gegen unsere Resolution. Die Engländer selber beurteilen seßt wiederüm die Rede des Reichskanzlers in derselhen Weise vie früher in bezug auf das, was er verschweigt. Eine hiesige Mittagszeitung bringt darüber Auszüge. Die liberalen Blätter sprechen sich sehr kühl aus. Konservative Blätter bezeichnen die deutsche Freund⸗ schaft als eine solche, die England Millionen koste. Die Erregung in England rührt daher, daß die Engländer mit Recht sagen; wollte das Deutsche Reich nichts weiter, als seine Küsten und seinen Handel schützen, dann brauchte es eine so große Flotte nicht, sie sei nur bestimmt, in einem großen Seekriege gemappnet zu sein, und dieser Seekrieg könne nur gegen England gerichtet sein. Man sagt also Deutschland präpariere sich auf einen Krieg mit England. Wer die chauvinistischen und jingoistischen Neigungen in England be— kämpfen will, muß dieselbe Tendenz in Deutschland bekämpfen. Unsere Parteigenossen in England tun dasselbe. Die englischen Jingos verbreiten die Meinung, wir Sozialdemokraten betrieben die Vermehrung der deutschen Flottenausgaben. Mit solchen Mitteln wird in England gearbeitet! Daraus ergibt sich, daß man in England die deutschen Sozialdemokraten gegen die englischen geradeso ausspielt,
Handel betrifft, so ist es ganz verkehrt, zu meinen, der Handel würde durch eine starke Flotte geschützt. Man würde gar nicht so viel Schiffe haben, um jedes Ee vor der englischen Kaperej zu bewahren. Das Uebel ist eben das bestehende Kaperrecht. zum ß des Handels kann man nichts Besseres tun, als dies Recht aufzuheben, dagegen sträubt sich aber England Der canadische Premier hat die von dem Abg. Bassermann zitierte Aeußerung lediglich deshalb getan, um sich gegen, die Zumutung zu wehren daß. Canada für England Schlächtschiffe baue; damit hat sich der Abg. Bassermann zwischen zwei Stühle gesetzt. Der zweite Schwurʒeu g des Abg. Bassermann, Karl Leuthner, ist nicht deutscher, sondern österreichischer Genosse und in hohem Maße von alldeutschen An— schauungen angefressen. Für die „Sozialistischen Monatshefte“ und für ihre Mitarbeiter lehnen wir jede Verantwortung ab, Unsere leitenden Staatsmänner nähren das Mißtrauen im Auslande selber. Die Methode der Hinterhältigkeit haben wir nicht nur bei dem Staatssekretär von Tirpitz, sondern schon früher bei anderen Staatsmännern kennen gelernt. Fürst Bülow antwortete am 10. Dezember 1908 dem Aba Daußmann, daß der Vorschlag einer Einschränkung der Abrüstung an uns nicht herangetreten sei. Dann kam die Mitteilung im englischen Parlament, wo der Marineminister sagte, es seien dennoch Offerten an Deutschland von England herangetreken. In der Budgetkommission bezog sich der Staatssekrekär von Tirpitz im März auf die Len des Fürsten Bülow. Das mußte den Glauben erwecken, daß Überhaupt die deutsche Regierung niemals eine solche Anregung erwartet habe grief ch stellte sich aber heraus, daß die englische Regierung zwar nicht in vffizieller Form, aber unter der Hand wiederholt der drutschen Regierung einen solchen Gedanken nahegelegt hat. Der Abg. Richter hatte also seinerzeit recht, wenn er sagte, wir sehen bei dem Staatssekretär von Tirpitz eine Hinterhältigkeit und einen Mangel an Offenheit, den wir nicht zum ersten Male sehen. Der Reichstag wird ie eine fremde feindliche Macht betrachtet, wie der Polizeipräsident die Berliner Bevölkerung dafür betrachtet, nur mit dem Unterschied, daß dieser auf die Bevölkerung mit dem Säbel einhauen läßt. Welcher Eindruck, macht ein solches Auftreten unserer Stagtsmänner in England? Man wird dort sagen, wir glauben der deutschen Regierung überhaupt nichts mehr. Indem man eine solche Hinterhältigkeit in das politische Leben einführt, diskreditiert man unser Vaterland gegenüber fremden Mächten. (Vizepräsident Erbprinz zu Hohenlohe: Sie dürfen nicht sagen, daß die Regierung das Vaterland fremden Mächten gegenüber diskreditlert,; Man muß sich das eben draußen sagen. Das Ansehen Deutschlands wird dadurch im Auslande noch tiefer herabgedrückt. Was muß sich das deutsche Volk von solchen Stagtsmännern nicht alles gefallen laffen, und wie wirkt das auf England! Im Auslande sinkt das Ansehen Deutschlands durch unsere Regierungsmethode der preußischen Bureaukratie genau wie das An— sehen der russischen Regierungsmethode in Rußland. Ist es doch so weit gekommen, daß der Polizeipräsident von Jagow sich erlaubt, auf fried— liche Bürger einhauen zu lassen. (Vizepräsident Erbprinz zu Hohen— lo he: Ich bitte Sie, bei der Sache zu bleiben.) Der Reichskanzler hat doch selber die auswärtige Politik in die Debatte gezogen, sollten wir darauf nicht antworten dürfen? Das Ansehen wird durch die Regierung auf, das schwerste geschädigt, und zwar durch ihre Politit gußerhalb und innerhalb. Es muß dafür gesorgt werden, daß diese Leute der Regierung beseitigt werden, die nicht fähig sind, das An— schen Deutschlands im Auslande zu wahren. Wenn sie uns im Stiche lassen: wir werden den Kampf allein führen und dafür sorgen daß diese absolut unfähige Regierung beseitigt wird. . .
Staatssekretär des Reichsmarineamts, Admiral von Tirpitz: ö, , , Der Herr Abg. Ledebour ist ebenso wie der Herr Abg. Dr. Südekum auf einen Ausspruch des verstorbenen Abg. Richter zu sprechen gekommen, der damals aus Anlaß der Veröffent— lichung eines Erlasses im Reichsmarineamt Gegenstand einer all— gemeinen Beratung gewesen ist. Dieser Erlaß ist damals von dem Abg. Richter so verstanden worden, als ob wir eine Beschleunigung unserer Entwicklung und unserer Indienststellungen beabsichtigten. Diese Absicht hat, wie ich seinerzeit hier auszuführen die Ehre hatte, niemals vorgelegen. Hier lag ein Mißverständnis auf seiten des da— maligen Abg. Richter vor. Ich habe ja den Beweis in der Tatsache, daß von einer Beschleunigung unseres Programms, namentlich der Indienst⸗ stellungen nicht die Rede ist, sondern daß das Programm der Ent⸗ wicklung unserer Flotte so ausgeführt wird, wie es von vornherein vorgesehen ist. Der positive Beweis liegt vor, meine Herren, daß wir nicht um ein Jota schneller vorgegangen sind, als wir beabsichtigt haben. Damit ist der Vorwurf der Hinterhaltigkeit nach der Richtung hin vollständig zurückgewiesen.
Der Herr Abg. Ledebour hat ferner dem Fürsten Bülow und mir Hinterhaltigkeit vorgeworfen in bezug auf unsere Ausführungen, die wir bezüglich einer etwaigen Vereinbarung mit England über die Flottenrüstungen gemacht haben. (Abg. Ledebour: Sehr richtig!) Ich muß diese Vorwürfe aufs nachdrücklichste zurückweisen. Ich kann jedes Wort aufrecht erhalten, welches ich in dieser Angelegenheit gesagt habe. Ich habe hier das Protokoll der Budgetkommission über die Sitzung vom 23. März 1909, laut welchem der Staatssekretär des Auswärtigen Amts folgende Erklärung namens des Herrn Reicht kanzlers abgegeben hat:
Die englische Regierung hat zwar ihre Bereitwilligkeit zu einer deutsch⸗englischen Verständigung über Umfang und Kosten der Flottenprogramme in allgemeiner Weise zu erkennen gegeben; sie hat aber keinen dahin gehenden formellen Antrag gestellt. In den unverbindlichen Gesprächen, die über diese Frage zwischen maß— gebenden deutschen und englischen Persönlichkeiten stattgefunden haben, ist niemals ein englischer Vorschlag hervorgetreten, der nach unserer Auffassung als Basis für amtliche Verhandlungen hätte dienen können. Im Verkehre zwischen befreundeten Regierungen pflegt es vermieden zu werden, formelle Anträge zu stellen, deren Berücksichtigung zweifelhaft erscheint. Die englische Regierung hat es aus diesem Grunde wohl vermieden, einen formellen Antrag an uns zu richten, und wir haben daher keine Stellung zu einem solchen Antrage zu nehmen gehabt. Die Gründe für unsere abwartende Haltung gegenüber dem Gedanken einer allgemeinen Einschränkung der Rüstungen zur See sind am 10. Dezember v. J. vom Reichskanzler im Reichstage dargelegt worden; sie gelten selbstverständlich auch für etwaige Abmachungen unter einzelnen Mächten. Unser gesetzlich festgelegter Flottenbau ist ausschließlich nach unserem eignen Schutzbedürfnis bemessen und stellt keine Bedrohung irgend einer Nation dar, wie schon wiederholt von uns betont worden ist.
Die Herren, die bei dieser Sitzung in der Budgetkommission gegenwärtig gewesen sind, werden sich ja der ganzen Situation voll erinnern und werden verstehen, daß ich berechtigt bin, den Vorwurf, den der Herr Abg. Ledebour ausgesprochen hat, nachdrücklich zurück— zuweisen. (Bravo! rechts.)
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
wie die englischen Sozialdemokraten bei uns gegen die deutschen aus—⸗
D
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Abg. von Oertzen (Rp.): Es
kommen, auf die Ausführungen des Abg. Ledebour einzugehen, es gehört schon die Elastizität des Geistes des
autz ihnen noch einen Zusammenhang Zuruf rechts: Sonntagsstimmung!)
programm nur, von Jingos 1 würde. lande zu beheben hoffen. Frankreich. Ils Jingos oder Chauvinisten bezeicht die Flotte zu anderen Zwecken. Vorlage bewilligten, auf das entschie
England hört, daß ein Mitglied einer großen Partei (Zuruf: Sozial⸗
demokraten! — in England hat ma
einer Arbeiterpartei, man versteht nicht, daß die sozialdemokratische
Partei sich mit der Existenz unseres spruch befindet, wesentlich anderen Standpunkt
tages vorwirft, wir bauten auf einen Krieg, so erweckt das
fassungen und ist ein großes Unrecht gegen Deutschland. Als i RMarineetat durchblätterte, beschlich mich ein Gefühl der Beschämung,
daß ich aus dem ganzen Marineeta
Nachdem aber Herren, die in Budgetfragen so beschlagen sind, wie die Abgg. Erzberger, Dr. Leonhart und Dr. Semler gesagt haben, daß der
Etat etwas unübersichtlich wäre, kan wert bezeichnen, wenn der Etat so a ö [ .
ihn verstehen könnten. Dr. Leonhar
untersagt würde, mit ihm in Beziehung zu geflügeltes
scheint ein
parlamentarische Bücher
Die Frage des Verkehrs ist sehr heikel, aber darum nicht we verständlich nur wünschen, daß werden. Ich sich an einzelne Beamte wenden, ihrem etwas einseitigen Standpunkt
„verbitten“ würde
über das Ganze Auskunft geben. Sie sind gar nicht in der Lage, dem Parlamentarier, der sich zu informieren wünscht, in objektiver Weise
Auskunft zu erteilen. Wohin soll einzelnen Beamten ohne Erlaubnis soll, über Mißstände, die nach se Mitteilung zu machen. Jeder Be sprechen, auch eine Kritik üben, e maßen hinterrücks, ohne Wissen billige ich es auch, . Beamten verbietet, ohne seine G inneren Verhältnisse lassen. Die nachgeordneten einsehen, daß sonst keine
Getriebe nicht weiter gehen kann,
Abg. Herzog (wirtsch. Vgg.): Es gibt eine Deutschland, die die
von Leuten in klärung des wissen. Wer die bekennen,
—
ziemlich weit verbreitete dem vollen gewirtschaftet, auch davor warnen, einer Daß bei einer so großen Verwaltur vorkommen,
keine
sich finden.
machen, wenn sie glauben, wirkli haben.
daß es außerordentlich bedauerlich is
enkwickeln sollte, wenn Arbeiter Wahrnehmungen einen Abgeordnete Redaktions stube laufen. Das wü und Unsicherheit in die
haben absolut keine Ursache, der oder technischer Hinsicht Vorwürfe Vertrauen zu ihr, daß sie die im Rahmen des Flottengesetzes hä sind bereits genügend eine durchaus männliche Tugend, e Interesse des Vaterlandes erheischt.
sagen, daß die Darlegungen Gaedkes richtig sind. . ofs 2 Triodon ä deutet durchaus keine Gefährdung des Friedens,
eine Bürgschaft für seine Erhaltun
Abg. Werner (d. Reformp.): der Welt an zweiter Stelle kommt zu deren Schutz, die allen Aufgabe
Flottengesetzes ist von keiner Seite überschritten worden; die bezüg⸗
lichen Angaben Gaedkes sind irrig— zumal zugeben; Beamten das geht zu weit. Die wird wie andere dadurch
Assessorismus zu sehr überwieg sehr in den Hintergrund treten. — ber Admiralstab bei der Marine
hier muß strengste Disk
Ernstfall eintritt, ist der Admiralstab glatt ausgeschaltet, muß er
außer Funktion treten. Hier könnt Abg. Ledebour hat alle Minister bezeichnet; er sollte doch nicht den
an seine eigenen Fähigkeiten anlegen darf, auf andere Staubgeborene
anwenden.
Abg. Graf Op pers dorff (Zentr): Der Abg. von Gamp hat be⸗
dauert, daß ich nicht in die Budget
Mitglied zweier anderer Kommifsionen und halte es nicht für gut,
daß sich ein Abgeordneter in de übernimmt; das tun auch die Ar
Der Abg. von Gamp war auch voriges Jahr Vorsitzender der Budget
kommission und muß wissen, daß
wurde, was jetzt in aller Ausführlichkeit verhandelt worden ist. Ich habe nicht in der von dem Abg. von Gamp beliebten tendenziösen Weise
den Staatssekretär des Reichsn Kriegsministerium machen wollen;
rfordern, so halte ich dafür, daß sich der Staatssekretär von Thpit sehr
zohl dazu hergeben würde. Ich hab as der Hand geschlagen; wir
Unter Jingos versteht man in England heute diejenigen, die eine verzwickte politische Situation durch einen Krieg mit dem Aus⸗ f Dasselbe gilt von den Chaupinisten in Wenn man uns, die wir die Vorlage bewilligt haben,
Das muß ich namens aller, die die
die englische Arbeiterpartei befindet sich auf einem der großen Majorität des Reichs⸗ ie, Flöte in ben
zwischen
halte es aber nicht für richtig, daß Parlamentarier denn diese werden immer nur von
wenn der Oberwerftdirektor
der Verwaltung an Abgeordnete gelangen zu Beamten Disziplin Aber auch die höheren Beamten sollten einsehen, 9 das
Reichskanzlers vom Sonnabend billigen und zu würdigen Kommissionsverhandlungen daß die Kommission den Maßstab der strengsten Spar⸗ samkeit angelegt hat, und wenn das Resultat Abstriche sind, so ist das ein Beweis dafür, daß die in Deutschland Meinung, in der solchen wird immer so bleiben, wie es immer so gewesen ist. Aber auch bei großen Privatwerften wird hie und da ein Frankenthal Es ist gewiß notwendig, daß ohne Beschwerden für ihre Existenz einem Abgeordneten Mitteilung
Aber darin stimme ich mit dem Vorredner durchaus überein,
Verwaltung sich auf greifbare Tatsachen beschränken. Hh her vor zügliches Material geliefert und sich stets lieferungsfähig gezeigt. Wir
Interessen der Marine wahrt und sich
gebrandmarkt. In
die höheren, die Verpflichtung, Dienstgeheimnisse nicht preis⸗
die Korrespondenz; mit Abgeordneten, zu Verwaltung
kann mir nicht in den Sinn
Abg. Ledebour dazu, mit dem Marineetat herzuleiten. Er hat gesagt, daß das Flotten⸗ ind Chauvinisten befürwortet
tet, so heißt das, wir bewilligten
denste bestreiten. Wenn man in
n vielleicht andere Begriffe von
ganzen Staatswesens in Wider—
se er Aussicht dort vollkommen falsche Auf— Als ich den
t nicht mehr klug werden konnte. .
n auch ich es nur als wünschens⸗ ufgestellt würde, daß auch andere t „verbat“ es sich, daß Beamten treten. Das Wort zu werden. Für Bereicherung sein. und Abgeordneten Ich kann selbst⸗ informiert
Wort es keine Beamten niger wichtig. die Abgeordneten
aus und ohne einen Ueberblick
es auch führen, wenn es jedem der vorgesetzten Behörde zustehen iner Meinung irgendwo bestehen, amte soll seine Ansicht offen aus r darf dies aber nicht gewisser seiner Behörde tun. Deshalb in Kiel es seinen enehmigung Auskünfte über die werden auch vollständig aufrecht zu erhalten ist. J ganze beachtet wird. ganze Reihe knappe Er⸗
wenn dieses nicht kurze und
verfolgt hat, muß
trotzdem nur geringe
Marine würde aus Berechtigung hat. Ich möchte Meinung weiter nachzugeben. ig hier und da Unregelmäßigkeiten
Arbeiter und Beamte ch Unregelmäßigkeiten entdeckt zu
t, wenn sich hieraus ein System und Beamte bei allen möglichen n in Bewegung setzen oder in eine rde das Vertrauen untergraben hineintragen. Sie sollen
Krupp hat bisher vor⸗
finanzieller haben volles
Marineverwaltung in S zu machen. Wir
lt. Die Expektorationen Gaedkes vielen Fällen ist es twas zu verschweigen, wenn es das
Ich will damit durchaus nicht Unsere Flotte be⸗ sie ist im Gegenteil 9. Wenn die deutsche Handelsflotte in
so fordern wir eine Kriegsflotte
Rahmen des
1 Mor Der
mgewachsen ist. Ganz gewiß haben die Beamten,
Aber den verbieten, der Kaiserlichen Marine beeinträchtigt, daß auch der t, die technischen Beamten zu Velche Berechtigung hat denn noch 27 Mit dem Augenblicke, wo der
retion gewahrt werden.
e beträchtlich gespart werden. Der mit dem Reichskanzler als unfähig Maßstab, den er berechtigterweise
kommission eingetreten bin. Ich bin
r Mitgliedschaft von Kommissionen igehörigen anderer Fraktionen nicht.
damals dasselbe dort verhandelt iarineamts zum Briefträger beim würde es das Interesse des Landes
auch dem Staatssekretär die Waffe
Behauptung bewahrheiten wird.
Berlin. Dienstag, den 8. März
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
Der Abg. Erzberger hat auch nicht behauptet, Krupp habe das Deutsche Reich übers Ohr gehauen; der Ausdruck war nur hypothetisch und in der Polemik, gebraucht. In der Armee ist es gang und gäbe, daß allerdings zwischen Krupp und Ehrhardt hinsichtlich der Patente eine friedliche Auseinandersetzung stattfindet, wobei man sich auf das Patentgesetz stützt. Sollte man diefen Weg nicht beschreiten können, wenn man ernsthaft auf die Schaffung einer Konkurrenz ausgeht? Daß bei dem Vorhandenfein einer solchen notwendig der Trust wieder das Ende sein muß, kann ich nicht einsehen. An dem Flotten⸗ programm halten wir selbstverständ ich fest; aber was soll werden, wenn es erledigt ist? Von den Abrüstungsideen soll man also nicht fo abschätzig sprechen. Da hat auch der Marineminister nicht das erste Wort, er hat sich diesmal darüber nicht geäußert. Der Geheimrat von Holstein, die rechte Hand Bismarcks, hat es wohl für möglich und diskutierbar gehalten, in großen Zügen zu einem Abkommen derart zu kommen. Ich muß ferner dabei bleiben, daß die Departements— direktorstellen nur ein Durchgangöposten sind; die 45 Jahre Amts dauer kommen bei einer Periode von 10 Jahren heraus, aber in den letzten Jchren hat diese Amtsdauer doch nur 2 — 24 Jahre betragen. Den Wünschen nach Klarheit und Durchsichtigkeit des Etats sollte trotz der“ noch“ größeren Undurchsichtigkeit des englischen Marineetats doch Rechnung getragen werden. Was die Be⸗ setzung der Professoren für Kriegsschiffbau in Charlottenburg und Danzig betrifft, so sind die beiden Danziger Professoren noch heute Marinebeamte, denen die Verwaltung täglich den Lehrauftrag nehmen kann; beweist das nichts für die Abhängigkeit? Ich würde mich freuen, wenn der Staatssekretär für die Zukunft auf jede solche Ver— bindung verzichten wollte. Wünschenswert ist, es auch nach seiner Meinung, daß eine Konkurrenz mit Krupp⸗Dillingen herbeigeführt wird. Damik fällt die Polemik des Abg. von Gamp gegen mich in der Hauptsache zufammen. Die Errichtung einer Staatsfabrik mag ja große Schattenseiten haben; aber beizeiten sollte man sich mit diesem Gedanken vertraut machen, damit man nicht, wie der Staatz⸗ fekretär ja schon einmal getan hat, aus dem Auslande eine Offerte einzuholen braucht. Ich schließe mit dem Wunsche, daß der Staats⸗ sekretär auf die sachliche Kritik sachliche Abhilfe schaffen möge. Abg. Dr. Leonhart (fortschr. Volksp.). Der Reichskanzler hat am Sonnabend sehr schnell den Staub dieses Hauses wieder von seinen Pantoffeln geschüttelt; wir werden ihm hei seinem eigenen Etat antworten. Die vornehme Art der Kritik des Abg. Basser mann sstach sehr wohltuend ab gegen die Art des Abg. von Gamp, der sich nicht enthalten konnte, Intimitäten aus der Kommission hier auszuplaudern. Wir haben seinerzeit in der großen Mehrheit gegen das Flottengesetz gestimmt, aber lediglich aus budgetären (Gründen; wir haben später für die Ausführung des Flottenprogramms Jahr für Jahr gestimmt. Daß der Oberwerftdirektor von Kiel eigenmächtig das Verbot des Verkehrs von Werftbeamten mit Ab geördneten erlassen hat, muß ich als durchaus unzulässig bezeichnen. fieber die Tafelgelder wird mir von. Seeoffiziexen mitgeteilt, daß Hunderte von Mark auf der Ueberfahrt an Ueberschüssen, gemacht resp. verteilt würden. (Der Redner teilt eine Reihe solcher Fälle mit.) Ein Kommandant kann sehr wohl 6 bis 10 000. , ja noch mehr erübrigen. Wozu solche Ersparnisse? Der Offizier bekommt doch nachher seine Pension. Bei den Reisekosten werden ebenfalls erheb—⸗ liche Ersparnisse gemacht. Was mag erst ein Admiral dabei ersparen, der zwei Reisen im Jahre macht! Die von uns vorgenommenen Abstriche erscheinen deshalb durchaus berechtigt Es wird mir mit⸗ geteilt, daß die Beamten die im vorigen Jahre beschlossene Zulage noch immer nicht erhalten haben. Das ist doch auch unbillig.
Staatssekretär des Reichsmarineamts, Admiral von Tirpitz:
Meine Herren! Der Sinr Abg. Dr. Leonhart hat von mir eine Antwort gewünscht über da Frage, wie ich mich zůußehü Verhältnis unserer Beamten zu den Herren Abgeordneten verhalten:. Darauf er⸗ widere ich, daß ich durchaus auf dem Standpunkt stehe, den vorhin der Herr Abg. von Oertzen klar präzisiert hat.
Was den Spezialfall in Kiel anbetrifft, so hat der Admiral von Usedom mir folgendes telegraphiert:
Bezugnehmend auf Bericht Kieler Zeitung“ über Reichstags— verhandlung gestern, stelle ich auf das Bestimmteste in Abrede, Untersuchungen eingeleitet oder angeordnet zu haben, um die Be⸗ ziehungen zwischen Beamten und Abgeordneten festzustellen.
Usedom.
(Hört! hört! rechts.)
Abg. Dr. Struve (fortschr. Volksp.): Wir Abgeordnete können auch unsererseits auf das bestimmteste versichern, daß uns von zu⸗ verlässigfter Seite gesagt ist: so und so ist vom Oberwerft direktor angeordnet worden. Wir hätten die Sache sonst hier nicht vor gebracht. Uns interessiert aber vor allem, wie der Staatssekretär felber darüber denkt. Die einzigen und besten Sachkenner in den Details sind die Beamten, die jagen können, hier liegen offensichtliche Man sollte sich freuen, wenn die Beamten im Interesse
Mißstände vor. In versuchen, durch den Reichstag
des Dienstes und der Verwaltung zu einer Besserung zu kommen, sie wollen doch nichts gegen die Verwaltung unternehmen, sondern nur Fortschritte in der Verwaltung. Der Staatssekretär hat neulich erklärt, daß an Bord keine Miß handlungen vorkommen, weil es dort nicht Sitte ist, zu mißhandeln. Er möge doch so loyal sein, auch hier zu erklären; es wird nicht von oben geschnüffelt, weil es dem offenen, ehrlichen Charakter des Seemanns nicht entspricht, solche Mittel anzuwenden. In der Budget⸗ kommission ift behauptet, daß die Versuche in der freihändigen Materialbeschaffung in Kiel nicht vorteilhaft ausgefallen seien. Der Staatssekretär muß etwas einseitig informiert sein. Meine Informationen lauten anders. Die Werftressorts sind danach der Meinung, daß die freihändige Beschaffung die Wirtschaftlichkeit fördert. Bis die Sache so weit gediehen ist, daß das Material be stellt wird, sollten die technischen Ressorts verhandeln, weil die die einzigen Sachkenner sind, die ᷓ
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einzigen, die wirtschaftlich einkaufen können. Auf der Kieler Werft wird die geteilte Arbeitszeit infolge der Vorgänge auf dem Aiteisenhof eingeführt; es will mir nicht in den Kopf hinein, daß die Unschuldigen jetzt, für die Schuldigen leiden müssen, denn nach dem allgemeinen Urteil ist die ungeteilte Arbeitszeit doch besser. Gewiß ist es zweckmäßig, daß an der Spitze der Werft ein hoher Seeoffizier steht. Wenn es zu⸗ trifft, was der Staatssekretär sagte: „wenn die Beschaffung der Materialien dem Techniker überlassen wird, so kann er ein ganz guter Geschäftsmann sein, aber er hat aufgehört, ein guter Techniker zu sein“, so würde das gleiche auch auf die Seeoffiziere zutreffen. Man soll nicht alles vom Seeoffizier machen lassen, weil er so viel kennen und können muß. Der Staatssekretär sollte die Gelegenheit benutzen, auch hier der Technik einen Platz ein— zuräumen. Die Marine ist ein zu großes technisches Gebiet, als daß der Seeoffizier auch bei der idealsten Diensterfüllung und größten Tüchligkeit alle Dienstnotwendigkeiten in technischer Hinsicht be⸗ herrschen könnte. Eine westere Beteiligung der Technik wird auch der Schlagfertigkeit der Marine zu gute kommen. . .
Abg. Erzberger (Zentr): Wenn nicht der Oberwerftdirektor die
sekretär soll doch solche Ermittlungen angestellt werden. Im ich dem Abg. von Oertzen bei. nicht auf den Werften ermöglichen, ihre Wünsche ordnungsmäßig, zum Vortrag zu bringen? herantreten. man reist zusammen, und anderen fich nicht kümmert, unterhält man sich schließlich stundenlang über alle möglichen Fragen, und am Schluß der Unterhaltung stellt man sich gegenseitig vor. Einen solchen harmlosen Verkehr sollte die Verwaltung dulden. allerdings Ruhe ein, aber teil der Marine sein wird. Beamten, schriftstellerisch in Fachblättern ihre Vorschläge zu unter⸗ ßreiten. Wenn er von der Güte seiner Anordnungen so überzeugt ist, so hat er doch nichts zu fürchten. s Kritik muß die Abgeordneten stutzig machen und läßt die Vermutung aufkommen, daß viel In drei Punkten werden die Beamten auch später Fühlung mit den Abgeordneten .
1910.
wünsche nicht, daß — allgemeinen stimme Warum trifft der Staatssekretär großen Zahl der Techniker
positiv erklären: ich
Einrichtungen, die es der
Dann werden an unz piel weniger Wünsche weiß, wie man mit Beamten bekannt wird,
Man während vielleicht erst der eine um den
Wenn sie je den Verkehr unterbindet, so tritt h . — * * » 1 8 eine Friedhofsruhe, die zum Nach⸗ —8* — s . .
Oder der Staatssekretär gestatte den
Aber die Zurückweisung jeder
mehr dahinter steckt, als Tatsache ist. suchen: bezüglich der Gehaltsgufbesserungen, der Verkürzung der Arbeitszeit und bezüglich der Stellenvermehrungen. Die ungeteilte Arbeitszeit sollte nur da eingeführt werden, wo es die lokalen Verhältnisse erfordern. Die geteilte Arbeitszeit darf nicht die Regek fein. (Zuruf) Ich spreche auch von Kiel. Mir hat der Vertreter der Firma Howaldt mitgeteilt, daß sie damit gute Erfahrungen gemacht hat. Wenn man bedenkt, daß einzelne Offiziere bis zu 600 „ an Meßgeldern ersparen, so muß man sich fragen, ob der Abstrich von 271 000 6 nicht viel zu niedrig ist. Wenn ein Offizier 106 6 Gehalt hat und 60 M Zulage erreicht, so ist das ein ungesundes Verhältnis. Niemand hat verlangt, daß schon am 1. April die Beschränkung der Zulagen eintreten soll. Auch wenn erst om J. Oktober d. J. oder am 1. Januar k. X die Beschränkung eintritt, können die 271 500 S eingespart werden. Den Vorwurf, Vertrauliches aus der Kommission mitgeteilt zu haben, verdient der Abg. von Gamp nicht. Dagegen muß ich ihm sachlich insofern entgegentreten, als er mit großer Sicherheit erklärte, wir bezögen die besten und billigsten Kanonen der Welt. Woher hat er seine Informationen be⸗ zogen? Daß wir von Krupp nicht die billigsten Kanonen beziehen, hat der Staatsfekretär selbst zugegeben. Es trifft aber auch nicht zu, daß wir die besten Kanonen beziehen. Es hat eine Zeit gegeben, wö das Deutsche Reich auf Grund des blinden Autoritätsglaubens zu der Firma Krupp zu 100 Millionen Mehrausgaben genötigt war. Das war 1896, als das Federsporngeschütz eingeführt wurde, weil Krupp damals vom Rohrrücklaufgeschütz nichts wissen wollte. Man sollte nicht auf den Autoritätsglauben hin, der in der Ver⸗ gangenheit berechtigt gewesen sein mag, Krupps Leistungen in der Gegenwart ungeprüft hinnehmen. Der Abg. von Gamp meinte, Deutsch⸗ land habe kein Reserbematerial für die Kanonen, während England ein solches in Höhe von 25 0so besitze. Das ist xichtig. Aber dieses Reserpematerial wird durch unseren größeren Bestellungs bedarf wieder ausgeglichen. Auch für Lafetten zahlen wir übermäßige Preise, da wäre ebenfalls eine Konkurrenz am Platze. Der Hinweis des Grafen Oppertz⸗ dorff auf die Bestimmungen des Patentgesetzes war sehr ver⸗ dienstlich; er zeigt einen Weg, auf dem auch bei der Marine viel⸗ leicht in Zukunft vorgegangen werden kann. Man könnte ein Patent aufkaufen und es in eigener Werkstatt ausführen lassen. Im übrigen würde sich der Staatssekretär ein Verdienst erwerben, wenn er sich alle Ausgaben darauf ansähe, ob nicht überflüssiger Luxus beseitigt werden kann.
Damit schließt die Debatte.
Persönlich bemerkt der
Abg. Ledebour (Soz.); Das Zitat des Staatssekretärs aus den vorsährigen Budgetkommissionsverhandlungen bekräftigt lediglich meine Behauptung.
Das Gehalt des Staatssekretärs wird bewilligt, ebenso die übrigen Besoldungen für das Reichsmarineamt und das Marine⸗ kabinett und die ordentlichen Ausgaben für den Admiralstab, die Seewarte und die Observatorien.
Hierauf wird um 7i½ Uhr die Dienstag 1 Uhr vertagt.
Weiterberatung auf
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 35. Sitzung vom 7. März 1910, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den ersten Teil der Verhandlungen in dieser Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffed die Auflösung des Landkreises Mülheim a. d. Ruhr, die Erweiterung des Landkreises Essen fowie der Stadtkreise Mülheim a. d. Ruhr, Ober⸗ hausen und Essen und die Abgrenzung der Amts⸗ gerichtsbezirke Mülheim a. d. Ruhr, Oberhausen und Essen.
Die verstärkte Gemeindekommission beantragt durch den Berichterstatter Abg. von Goßler die unveränderte An⸗ nahme der Vorlage.
Ohne Debatte wird die Vorlage angenommen und eine dazu eingegangene Petition für dadurch erledigt erklärt.
In dritter Beratung werden die Entwürfe der Stadt⸗ erweiterungsgesetze für Essen, Cöln, Ratibor, Kiel, Harburg und Magdeburg ohne Debatte angenommen.
Darauf wird die Beratung des Etats der Handels⸗ und Fewerbeverwaltung, und zwar die bei dem ersten Ausgabetitel „Gehalt des Ministers“ übliche allgemeine Debatte fortgesetzt.
Abg. Dr. Schroeder ⸗Cassel (nl): Meine Freunde halten es für nötig, bei dieser Gelegenheit die Gründung des Hansabundes zu besprechen; er ist gegründet zur Wahrung der Interessen von Handel, Gewerbe und Industrie aus Anlaß der Reichsfinanzreform. Die Führer des Bundes haben darin recht, daß heute Handel, Gewerbe und Handwerk eine zu geringe Vertretung im Parlament haben. Der Bund wird daran die bessernde Hand anlegen müssen. Diese Erwerbs⸗ kreise müssen zu den politischen Tagesfragen mehr Stellung nehmen als bisher und müssen Mandate für die Parlamente erstreben. Die Herren, die Mandate übernehmen, müssen sich allerdings bewußt sein, daß sie ein großes Maß von Arbeit, Mühe und persönlichen Un bequemlichkeiten auf sich nehmen müssen, Der Hansabund will sich nicht feindlich der Landwirtschaft gegenüberstellen, wir haben * in allen seinen Versammlungen einen vornehmen Ton gefunden, sobald die Rede auf die Landwirtschaft kam; es war immer ein anderer Ton, als derjenige, den wir im Zirkus Busch von seiten des Bundes der Landwirte gehört haben. Hier und da ist von Mitgliedern
Unterfuchung wegen des Verkehrs von Beamten mit Abgeordneten
wollen abwarten, wie sich diese
des * eingeleitet hat, so ist es ein anderer gewesen. Der Staats⸗
des Bundes der Landwirte die Parole ausgegeben worden, bei
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