1910 / 64 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Mar 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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Die Einbringung von Anträgen, die doch abgelehnt werden,

achten hat. Ich glaube, daß die Haltung der Budgetkommission in

, , reunden se r z ö ; 3. dieser Beziehung die richtige war. Man hat gesagt: right or wrong, Freunden, feht. cher geworden an diesem Entwurf, mitzuarbeiten.

Es würde sehr leicht fur uns gewesen sein, wenn wir un lediglich ö

Anzahl Personen erlitten Verl ind ; . anderer zahl, Personen erlitten Verletzungen, auch sind einige Schutz leut

Der Antrag der Radikalen, den Mannschaftsbestand der den an en, Ausgaben des Reichs erfahre darin eine all—

Flotte um 3000 Mann zu reduzieren, wurde mit 225 gegen ch Entscheidung dieser allgemeinen 34 Stimmen abgelehnt. Die Minorität setzte sich aus den Arbeiterabgeordneten und wenigen Radikalen zusammen. Der Mannschaftsbestand wurde dann, wie in dem Budget vorgesehen, angenommen.

Der Abg. Snowden erklärte? wenn die Regierung an die deutschen Versicherungen des guten Willens glaube, so sei nicht die geringste Rechtfertigung für das gegenwärtige Budget vorhanden. Wenn aber die Regierung den Versicherungen nicht glaube, so würde es ehrlicher sein, der Spiegelfechter! freundschaftlicher Beziehungen gleich ein Ende zu machen. Er mißbillige die Äusgabe für die Rüstungen. Freundlichere Empfindungen sproßten zwischen den Demo— kraten aller Länder auf, und hierin liege die Hoffnung auf den Frieden begründet.

Frankreich.

Die Deputiertenkamm'er setzte in der gestrigen Sitzung die Besprechung der Interpellationen über die Liqui datoren fort.

Nach dem Bericht des W. T. B.“ kritisierte der Abg. Wilm (Soz.) die Haltung der Sachverständigen und des Staatsanwalts des Seinedepartements. Der Abg. Allemane (Soz.) meinte, die öffentliche Meinung sei erstaunt darüber, daß die drei Liquidatoren nicht verhaftet worden wären. —Der Abg. aur ds verlas einen Protest, den die Pachtgesellschaft der Grande Chartreuse gegen seine am Freitag auf⸗ gestellten Behauptungen an ihn gerichtet habe, und sagte, auf alle Fälle bleibe die Verantwortlichkeit des Liquidators Lecouturier eine große. Man hätte ihn wenigstens wegen seiner Unfähigkeit abberufen müssen. Der Redner machte der Regierung den Vorwurf, daß sie nicht den Mut gehabt habe, ihrer Verantwortlichkeit entsprechend entscheidende Schritte zu tun. Die Mehrheit müsse prüfen, wen die Verantwortung treffe und dürfe die Regierung nicht aus schließen. Nunmehr ergriff der Ministerpräsident Briand das Wort und erklärte, er übernehme die volle Verantwortung und bitte die Kammer um vorbehaltlose Zustimmung. Im weiteren Verlauf seiner Rede erinnerte Briand daran, daß er gleich bei seinem Eintritt in das Justizministerium diejenige Kontrolle organisiert habe, die jetzt die Verhaftung des Duez ermöglicht habe. Es sei leicht zu sagen, nicht alle Diebe sind im Gefängnis“, aber wenn man Minister sei, muͤsse man, ehe man die Leute in die Gefängnisse schicke, seiner Sache sicher sein. Er habe nicht die Gewohnheit, Verhaftungen einzig und allein aus dem Grunde anzuordnen, weil die Menge sie fordere. Wenn die republikanische Partei seine Demission für die Wahlen brauche, möge sie ihren Willen haben, aber er habe wohl das Recht zu sagen, unter welchen Bedingungen es geschehe. Wenn er vor— schnell hätte handeln wollen, würde er heute groß dastehen, er habe aber eine ernsthafte Kontrolle gewünscht, und wenn Duez sich in Gefangenschaft befinde, so sei es dem Umstande zuzuschreiben, daß er durch diese Kontrolle in die Enge getrieben worden sei. Briand splelte darauf auf eine Wendung an, die Barthou gestern in der Kammer gebraucht hatte. Briand behauptete, Barthou habe erklärt, es sei etwas Vergiftetes in der Organisation der gerichtlichen Liquidatoren, aber Barthou habe nicht erklärt, wie gewisse Gegner ihm vor geworfen hätten, daß der gesamte Richterstand vergiftet fei. Barthou bestätigte dieses Dementi trotz des Protestes mehrerer Ab— geordneter. Briand wiederholte, daß, wenn neue Vergehungen als Tatsachen festgestellt seien, sie verfolgt werden würden, und schloß: Wenn die Majorität das Bedürfnis hat, die Regierung selbst auf Kosten einer kleinen Ungerechtigkeit zu stürzen, bebor man zu den Wahlen schreitet, so möge sie nicht zögern. Die Regierung hat das Bedürfnis nach einem vollkommenen absoluten Vertrauen des Landes. Sie bewahrt ihre Kaltblütigkeit und wünscht, daß sich die Majorität durch ihre Kaltblütigkeit des Vertrauensg des andes würdig zeigen möge,. Im weiteren Verlaufe der Sitzung mghhte der Abg. Binet (sozialistisch⸗radilal) dem Minister der öffent— lichen Arbeiten Millerand den Vorwurf, daß er Minister geworden sei, nachdem er in der Angelegenheit der Kongregationen fette Honorare bezogen habe. Man müsse mit den Parlamentariern, die sich mit etwas anderem als mit den Angelegenheiten des Landes beschäftigen, ein Ende machen. Der Abg. Delahaye übte an dem Verhalten Briands und Millerands Kritik und sagte, wenn sie sich mit einem Vertrauensvotum begnügten, so werde das heißen, daß sie für die Diebe Partei ergreifen. (Delahaye wurde zur Ordnung ge rufen. Als. Jaures nunmehr sein Erstaunen äußerte, daß Briand bei den Angriffen auf die Ehre seines Mit arbeiters nicht protestiert habe, eilte der Ministerpräsident auf die Tribüne und erklärte: „Millerand ist mein Mitarbeiter und mein Freund. Ich lasse meine Freunde niemals im Stich. Ich habe Binet nicht auf der Stelle geantwortet, weil ich kaltes Blut besitze. Es ist eine Beschimpfung, meine Handlungen in so beleidigender Weise zu interpretieren. Die Regierung wird nur eine Tagesordnung annehmen, in der ihr das volle und solidarische Vertrauen der Kammer ausgesprochen wird. In Beantwortung eines Vorwurfs Binets, Millerand habe eine Vorrede für eine von Duez verfaßte Broschüre über die Liquidationen geschrieben und 83 000 Fr. für Plaidoyeis erhalten, erklärte Millerand, das fragliche Buch sei nicht von Duez geschriebem; es sei ein einfaches juristisches Werk. Die Beleidigungen Binets verachte er.

Es wurden darauf sieben Tagesordnungen eingebracht. Der Ministerpräsident Briand erklärte, eine Tagesordnung anzunehmen, in der die skandalöse Hetze gebrandmarkt werde, zu der gewisse gerichtliche Liquidationen Anlaß gegeben hätten, und die Zuversicht ausgesprochen werde, daß die Regierung die Verantwortlichen ermitteln und die Bestrafung der Schuldigen sicherstellen werde. Briand nahm auch einen von Zevaes ein gebrachten Zusatzantrag an, die Kammer wolle beschlleßen, unver züglich ein Gesetz vorzulegen, durch das das System der Liquidation der Kongregationen geändert werde. Der Präsident Brisson brachte den ersten Satz der von Briand angenommenen Tagesordnung zur Abstimmung, der einstimmig mit 557 Stimmen angenommen wurde. Den zweiten Satz, in dem die Kammer die Zuversicht ausspricht, daß die Regierung die Verantwortlichen ermitteln und die Bestrafung aller Schuldigen sicherstellen werde, nahm die Kammer mit 343 gegen 75 Stimmen und darauf durch Händeaufheben einstimmig den Zusatzantrag Zevaes an. Nach Zurückweisung aller weiteren Zusatzanträge mit 394 gegen 37 Stimmen wurde sodann die Gesamttagesordnung durch Händeaufheben ohne Widerspruch angenommen und die Sitzung alsdann geschlossen.

Rußland.

In der Reichsduma stand gestern die Beratung des Etats des Ministeriums des Äeußern auf der Tages ordnung.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ begründete der Referent Krupensky (Nationalist) die Notwendigkeit, Finnland zum Unterhalt des Ministeriums des Acußern mit einem jährlichen Beitrag von 120 000 Rubeln heranzuziehen, denn Finnland bilde einen untrennbaren Teil des russischen Reiches, dessen Gesamtinteressen das Ministerium des Aeußern diene. Der Minister des Auswärtigen Iswolski erklärte zunächst, das Ministerium werde alle Maßnahmen ergreifen zur Ausarbeitung eines einheitlichen Projekts für die Re— organisation seiner Organe im Auslande und zur Herstellung eines lebendigen Verkehrs der Zentralperwaltungen mit diesen Organen. Zur Frage der Heranziehung Finnlands über⸗ ehend, betonte der Minister sodann, diese Frage gehöre in das

ebiet der Gesetzgebung über das stagtliche Verhältnis Finnlands zu Rußland. Ein Gesetzentwurf hierüber werde der Duma binnen kurzem vorgelegt werden. Die Frage der Heranziehung Finnlands zu

seitige Beleuchtung, und erst na Frage werde man zur Regelung der in Rede stehenden Spezialfrage cr g ten können. Zu Darlegungen über die laufenden Angelegenheiten der äußeren Politik, erklärte Jswolski, habe er berschiedener Ümstände wegen und unter den augenblicklichen Verhältnissen die Genehmigung des Kaisers nicht erbitten können. Der Kadettenführer Miljukow verbreitete sich hierauf ausführlich über die äußere Politik Rußlands, die nicht ein folgerichtiges System, sondern eine Reihe individueller Handlungen darstelle. Iswolski habe Aehrenthal vollkommen ver— traut, dieser aber habe sich als tückischer Freund er— wiesen. Die Kretafrage sei ungelöst geblieben, das Barometer Maze— doniens zeige auf Sturm. In der Frage der Neutralisierung der Mandschureibahnen habe es Rußland nicht verstanden, sein Verhältnis zu China zu hefestigen, im Gegenteil tue Rußland alles, um China zu reizen. Der Referent Krupens ky bemerkte hier, nachdem der Minister erklärt habe, daß er keine Genehmigung des Kaisers zu Er— klärungen über die auswärtige Politik besitze, sei das Auftreten Mil— jukows taktlos. Der Präsident Chomjakow wies diesen Einwurf zurück, da Miljukow den Gepflogenheiten des Hauses gemäß keinerlei Anträge über die auswärtige Polltik vorgebracht habe. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen bemängelte der Abg. Purifchkewitsch (äußerste Rechte) die Auslandsbesuche von Dumavertretern und die Besuche ausländischer Parlamentarier in St. Petersburg und erklärte sie für unzulässig, denn sie hätten den Zweck, in Rußland die kon— stitutionelle Idee zu festigen. Die monarchistischen Srganisationen würden dergleichen Demonstrationen in Zukunft nicht zulassen und im Falle der Wiederholung in Telegrammen an die ausländischen Re gierungen Protest erheben.

Darauf wurde ein Antrag auf Schluß der Debatte und ein vom Referenten, betreffend Finnland, eingebrachter Antrag angenommen, und zwar mit den Stimmen der Rechten und der Nationalisten gegen die Opposition und die Linke. Des gleichen wurde der Etat des Ministers des Aeußern genehmigt.

Die Regierung hat, „W. T. B.“ zufolge, der Kammer gestern einen Vertrag vorgelegt, durch den der Bau einer Eisenbahn von Soma nach Panderma der französischen Gesell— schaft Smyrng Kassaber übertragen wird, und ein Abkommen zwischen der Türkei und Rußland, durch welches der Streitfall wegen der Zahlung der Verzugszinsen für die russischen Unter tanen seit dem Kriege von 1878 zustehenden Entschädigungen dem Schiedsgerichtshof im Haag unterbreitet wird.

Der aus Sofia zurückgekehrte bulgarische Gesandte Sarafow hatte gestern mit dem Minister des Aeußern eine Besprechung, um das Programm für den Empfang des Königs und der Königin von Bulgarien, die am 21. März in Konstantinopel eintreffen, festzusetzen.

Rumänien.

Der Finanzminister hat der Kammer gestern den Budget— voranschlag von 1910,11 unterbreitet. Wie das W. T. B.“ meldet, beziffern sich die Einnahmen auf 461 69 943, die Aus gaben auf 435 795 322 Fr. Die Einnahmen sind um 25 394 619 Fr. höher als im Budget des letzten Jahres.

Afrika.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ sind in dem letzten Kampfe zwischen denhcstämmoen der Hayaina und der gegen sie ausgescndten schetrfischen Mahalla 260 Hayaina ge— fangen genommen und nch Fes gebracht worden. Mehrere Postboten, die sich in der Gefolgschaft der Mahalla befanden, sind von den Feinden ausgeplündert worden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichs tags und der Bericht über die gestrige Sitzung des Herren hauses befinden sich in der Ersten, Zwellen und Dritten. Beilage.

Der Reichs tag setzte in seiner heutigen (59.) Sitzung, welcher der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, der Staatssekretär des Innern Delbrück, der Staatssekretär des Reichskolonialamts Dernburg, der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Freiherr von Schoen und der Staats sekretär des NReichsjustizamts Dr. Lis co beiwohnten, die Spezial beratung des Etats für das Auswärtige Amt fort und nahm die allgemeine Besprechung beim „Gehalt des Staats sekretärs“ wieder auf.

Abg. von Dirksen (Rp.): Wenn man ein Motto an die Spitz der Debatte über das Auswärtige Amt setzen wollte, so könnte re lauten: lasciate ogni sheranua oder: ich warne Neugierige. Das Gebiet des Auswärtigen Amtes wird für uns Laien immer ein ver schleiertes Bild von Sais sein und auch die Beamten des Auswärtigen Amtes sind im allgemeinen nicht in der Lage, alle Fäden aufudecken. Besonders in diesem Jahre verlohnt es sich nichk, eingehend über die politische Lage zu disputieren, da sie, wie alle Vorredner anerkannt haben, im allgemeinen eine friedliche und ruhige ist. Es hat deshalb auch keinen Zweck, sich mit der Frage zu beschäftigen, welche Rückwirkungen der Ausfall der englischen Wahlen auf unfere Beziehungen zu England haben kann. Eine Einmischung in die englischen Verhältnisse, ob England sich zum Schutzzoll bekehrt oder am Freihandel festhält, erscheint nicht opportun. Wir respek— tieren die Eigenart Englands und Frankreichs, ihre Interessen⸗ sphären, aber wir nehmen dasselbe für uns in Anspruch. Wir nehmen für uns in Anspruch, die kommerziellen Vorteile festzuhalten, die wir haben. Ein Volk mit einer Armee von 4 Millionen kann verlangen, daß man es respektiert. Der Abg. Stresemann hat in dieser Be ziehung das gute Wort gesprochen: wir beanspruchen eine Politik tatkräftiger und starker Entschlossenheit. Mit dem Abg. Scheidemann aber stimme ich darin überein, daß wir eine nationalliberale Politik auf diesem Gebiet nicht brauchen können. Meine Freunde sind mehr für eine regle und Gegenwartzpolitik, als für eine ideale und Zukunftspolitik. Der Abg. Skresemann hat sich eingehender mit der Mannesmannfrage beschäftigt. Nach den Ver handlungen der Budgetkommission hakte ich erwartet, daß man im Plenum diese Verhandlungen nicht wiederholen würde. Nachdem aber der Abg. Stresemann darauf ausführlicher eingegangen sist, will ich die Stellung meiner politischen Freunde zu' dieser Frage kurz erläutern. D

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Der Abg. Stresemann meinte, das Auswärtige Amt habe bei dieser Angelegenheit einen Echec erlitten. Ich bin ungefähr der entgegengesetzten Meinung. Bei der ersten Lesung des Etats existierte ein Mannesmannblock, der sehr weit von links bis sehr weit nach rechts ging. In der Kommission hat sich diese Majorität in eine Minorität verwandelt. Man h gesagt, es handle sich hier um mutige Deutsche, die sich ein großes Verdienst um das Vaterland er— worben hätten. Die Tatkraft diefer Herren ist unzweifelhaft. Man könnte sie die smartesten Amerikaner nennen, aber diefe Anerkennung verpflichtet doch nicht das Deutsche Reich, sich für die Brüder Mannesmann und die anderen Industriellen zu engagieren. Der Abg. Stresemann sagte: „Im Anfang war die Tat“. Gewiß, und wir freuen uns, daß es solche tatkräftigen Leute gibt, aber auf die Tat folgt das Recht, und man muß feststellen, wie weit die Taten der Brüder Mannesmann in Einklang zu bringen sind mit den Begriffen

my ęuntry. Das trifft für uns zu, aber die Reglerung kann un— möogli Sie ist verpflichtet, halten

unberechtigten Interessen einen nationalen Schutz gewähren. fl sich an die internationalen Rechtsgrundsätze zu weitgehenden Ansprüchen. Der Abg. i Chamade geschlagen worden, zum Rückzug geblasen worden. Wir wollen aber nicht, daß Fanfare geblasen wird, dazu eignet sich die Sache nicht. Ich glaube, daß die Erklärungen, die unsere Vertreter in der Budget⸗ kommission abgegeben haben, vollkommen ausreichen. Die Ansprüͤche der Brüder Mannesmann decken sich mit der Grundlage der Algeeiras⸗ akte nicht in dem Umfange, daß man sie rückhaltlos vertreten könnte. Man hat es in der Kommission für nötig gehalten, die äußersten Konsequenzen zu ziehen und für die Interessen der Brüder Mannesmann in der energischen Form (einer Resolution einzu⸗ treten. Wir schließen uns der Auffassung des Auswärtigen Amtes an, das eine Einigung herbeiführen will. Der Staatssekretär des Aus— wärtigen Amtes hat erklärt, daß das Auswärtige Amt nach wie vor die deutschen Interessen mit allem Nachdruck vertreten werde inner— halb der Grenzen, die durch die internationalen Abmachungen ge— zogen werden. Mehr können die Brüder Mannesmann unmöglich ver— langen. Schließlich hat auch der Vorsitzende der Budgetkommission die einstimmige Erwartung der Kommiffion ausgesprochen, daß die Regierung die in Frage stehenden wirtschaftlichen Interessen des Reichs nachdrücklich wahren werde. Im roten Tag“ hat der Abg. Erzberger dann noch einiges hinzugefügt, dem ich mich vollständig an⸗ schließen kann. Je geräuschloser die Brüder Mannesmann arbeiten, umsomehr dienen sie den Interessen des Reichs und ihren eigenen Inter⸗ essen. Auf dem Gebiete der auswärtigen Politik hat, so erklärte gestern der Abg. Scheidemann, früher der Absolutismus geherrscht, jetzt herrsche die Bureaukratie. Seine Partei hat früher dem Kaiser den Vorwurf gemacht, daß er sich in die Autlandsfragen zu prominent einmische, jetzt, wo Seine Majestät sich einer Einwirkung enthält, wird von einer Herrschaft der Bureaukratie gesprochen— Bureaukratie bedeutet doch die Anwendung der Gesetze durch Beamte. Die Politik der Regierung und die Handhabung der Geschäfte des Aus wärtigen Amtes erfordert aber eine Anzahl von Beamten, und solange wir dazu keine sozialdemokratischen Gewerkschaftsbeamten nehmen können, müssen wir sie vorläufig noch aus den Kreisen entnehmen, aus denen wir sie bisher entnommen haben. Der Abg. Scheidemann sagte ferner, früher sei unsere Politik eine Politik der Lange⸗ weile gewesen, jetzt sei sie ledern. Ich glaube nicht, daß fortgesetzte Sensatlonshascherei dem öffentlichen Interesse besser dient als ein stetes und ruhiges Fortarbeiten. Dann sprach der Abg. Scheidemann den Gedanken aus, daß man nicht nur das inter— nationale Kapital schützen werde, sondern auch die deutschen Arbeiter. Das versteht sich von selbst. Wir haben t Grundsatz befolgt, daß alle Preußen vor

gegenüber zu

Stresemann meinte, es sei

stets den dem Gesetze gleich sind und dieselben Rechte, aber auch dieselben Pflichten haben. Wenn ein Arbeiter zu seinem diplomatischen Vertreter im Auslande geht, so wird er ebenso wie jeder andere zu seinem Rechte kommen. Auf die Wahlreform will ich im einzelnen nicht eingehen. Wir werden uns sehr freuen, wenn die Arbeiterklasse sich an der Entwicklung des preußischen und deutschen Staatswesens beteiligt. Aber um, wie der Abg. Scheidemann sagte, in Preußen Zustände zu schaffen, in denen es gleichwertig mit allen anderen Völkern dasteht, dazu bedürfen wir der Mitwirkung der Arbeiter nicht mehr. Wir stehen auf dem Stand punkt, daß Preußen sogar in sehr vielen Beziehungen vorbildlich für andere Staaten ist. (Schluß des Blattes.)

In der heutigen (41) Sitzung des Hauses der Abge ordneten, welcher der Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg beiwohnte, bemerkte vor Eintritt in die Tagesordnung

Abg. Dr. Lohmann (nl.), daß er bei einer Zitierung der „Donau— warte“ dieses in Vilshofen erscheinende Blatt als ein Zentrumesblatt bezeichnet habe, nach seinen jetzt angestellten Ermittlungen aber loyaler weise erklären müsse, daß das Blatt sich als parteilos bezeichne, wenn es auch nach Milieu und Inhalt einen durchaus zentrumsfreundlichen Charakter trage.

Abg. Graf Praschma (Zentr.) hält seine Behauptung aufrecht, daß das Blatt gegen das Zentrum gerichtet und von dem durchaus radikalen Bauernbund gegründet worden sei.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Beratung des Antrags der Mitglieder der Budgetkommission Freiherr von Erffa und Genossen auf Einfügung eines § 3a in das Etats gesetz für 1910, wonach die bis zur gesetzlichen Feststellung des Etats innerhalb der Grenzen desselben geleisteten Ausgaben nachträglich genehmigt werden.

Abg. Freiherr von Erffa (kons.) bemerkt, daß sich die Fertig stellung des Etats infolge der Verhandlungen über die Wahlrechts vorlage über den 1. April hinaus verzögern, daß die Etats beratung voraussichtlich noch vier Wochen in Anspruch nehmen werde. Deshalb müßten die Ausgaben, die die Regierung schon sofort nach dem J. April machen müsse, wie die Inangriffnahme von Bauten und dergleichen, nachträglich genehmigt werden. Es sei dabei Voraus— setzung, daß die Regierung sich dabei im Rahmen der im Etats entwurf in Aussicht genommenen Ausgaben halten werde.

Kommissar des Finanzministeriums, Geheimer Oberfinanzrat Hergt erklärt, daß die Regierung mit der Annahme dieses Antrags ein— verstanden sei, und gibt die Versicherung, daß die Regierung ben ihren Ausgaben sich loyal im Rahmen dessen halten werde, was der Vor redner gekennzeichnet habe.

Der Antrag wird auf Vorschlag des Abg. Dr. Porsch der Budgetkommission überwiesen. 2

In zweiter und dritter Beratung wird ohne Debatte der Gesetzentwurf, betreffend Abänderung des Gesetzes vom 27. September 1899, enthaltend die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gebühren der Rechtsanwälte und der Gerichtsvollzieher, in der von der 11. Kom mission beschlossenen Fassung angenommen. ;

Darauf folgt die dritte Beratung des Gesetzentwurfs zur Abänderung der Vorschriften über die Wahlen zum Hause der Abgeordneten.

Bis zu deren Beginn ist nur ein redaktioneller Antrag des Abg. Freiherrn von Richthofen (kons.) eingegangen, der lediglich eine Umstellung von Paragraphen betrifft.

In der Generaldiskussion bemerkt

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (kons.): Einige Mitglieder unserer Partei werden gegen den Gesetzentwurf im ganzen stimmen, teils weil sie in der gegenwärtigen Zeit eine Aenderung des preußischen Wahlrechts überhaupt nicht wollen, teils weil die Ein— führung der geheimen Wahl ein unüberwindliches Hindernis für sie ist. Was die übrigen Mitglieder der konservativen Partei betrifft, so sind sie geneigt, auf den Boden der Beschlüsse der Kommission zu treten, nicht als ob wir mit allem einverstanden wären, nicht einmal in der Meinung, daß der ganze Geseßentwurf eine unbe— dingte Notwendigkeit gewesen wäre, sondern wir sind der Meinung, daß das gegenwärtige Wahlrecht sich in vollem Maße bewährt hat. Das bisherige Wahlrecht hat, dem Mittelstand einen ausschlag— gebenden Einfluß gegeben; die öffentliche Wahl ist in hohem Grade geeignet, das Verantwortlichkeitsgefühl zu stärken; die indirekte Wahl bietet eine Sicherheit gegen die Agitation und gegen die Beunruhigung der Massen. Die Geschichte dieses Wahl— rechts hat den Beweis geliefert, daß dabei die Geschäfte des Landes so geführt werden können, wie es im Interesse des Landes nötig ist und wie es die Rechte des Volkes verlangen. Deshalb sehen wir an und für sich eine Notwendigkeit, das Wahlrecht zu

von Vertrags- und internationalem Recht, die die Regierung ju'beob—

ändern, nicht ein, und deshalb ist es auch meinen politischen

auf den einseitigen Standpunkt unferer Partei gestellt hätten, es dahin zu bringen, daß nichts zustande gekommen wäre. Wenn wir nur den Verhältnissen und der Entwicklung diefer Vorlage ihren Lauf gelassen hätten, wäre das Ergebnis ein negatibes ö. worden. (Zuruf links: Tun Sie's doch jetzt noch) Ich weiß nicht, wenn wir eine Abstimmung unter unseren Freunden im Lande vornähmen, wo die Mehrheit ist. Wenn wir un? doch entschlossen haben, in positiver Weise mitzuarbeiten, so ist dies geschehen, weil wir wissen, daß die Vorlage dieses Gesetzentwurfs die Ausführung eines Versprechenz, einer festen Zusicherung sst, die seitens des Träger der Krone feierlich gegeben ist, und weil wir alles tun wollen, um solche Wünsche des Trägers der Krone zu verwirklichen. Wir legen auch Wert darauf, mit einer Staatsregierung, die im wefentlichen unser Pertrauen genießt (Zuruf sinks: Im wesentlichenh zu sammnen zuarbeiten, und wir hoffen, daß es der Regierung möglich sein wird, obwohl die Grundlage des Entwurfs, den sie uns vorgelegt hat, in wesentlichen Punkten eine Abänderung erfahren hat, 6 Werk der Kommission und des Hauses als mit den) Interessen des Staats vereinbar anzusehen, imst uns auf den Boden unferer Be— schlüsse zu treten und sie mit ihrer Verantwortung zu decken. Vir werden ja hören, was der Ministerpräsident in dieser Beziehnng zu sagen hat (Hzuruf bei den Sozialdemokraten: Pas wissen wir jetzt schon ). Ich habe zu erklären, daß meine politischen Freunde dieser Haltung, der Regierung bei ihrer eigenen Haltung das allergrößte Ge⸗ wicht beilggen Es ist im preußischen Staate ganz ausgeschlossen, daß eine Partei für sich allein, und wäre fie auch noch so bedeutend ihre Meinung zur Geltung bringen kann. Wenn etwas Dauerndes fustande kommen soll, so ist es nötig, daß Die Kräfte der bürger— lichen Gesellschaft zusammentreten Rund gemeinschaftlich arbeiken. Und zwar müssen von allen Seiten Opfer gebracht werden nicht bloß von uns, sond ern auch von anderen Parteien. Es würde uns ftehen, weng es möglich wäre was ich in diesem Augenblick noch nicht übersehen läßt daß eine große Mehrheit der bürgerlichen Parteien sich bei dieser Vorlage vereink. Wir sind bereit, Anträgen die sich dahin bewegen sollten, den Vertretern der ; Mittel: parteien den Beitritt zu dem Gesetzentwurf zu ermöglichen mit aller Sympathie entgegenzutreten. Wir werden solche Antrage auch an— nehmen, wenn die Majorität dann auch noch dafür ist, das ganze Gesetz anzunehmen. Unsere politischei Freunde haben ein Entgegenkommen gezeigt, das Ihnen (links) vielleicht nicht genug gewesen ist

darüber haben Sie zu urteilen —ů aber wir können ie Versicherung abgeben, daß es loyal und ehrlich gewesen ist. Diefes Zeugnis werden sie uns hoffentlich nicht verwehren. Es ist für uns, die wir selbst mit wenigen Ausnahmen auf der Grundlage der öffent? lichen Wahl stehen, ein schweres Opfer gewesen, hier unsere 3u

stünmung dazu zu geben, daß ein Teil der Wahl geheim ist. Wenn es sich nicht bei der Abstimmung, die wir bei der zweiten Lesung herbei geführt haben, ganz unzweideutig ergeben hätte (Lachen links) daß die Mehrheit des Hauses auf einem anderen Standpunkte steht, fo hätten wir es nicht getan. Weshalb lachen Sie (links) nur? Das sind doch Tatsachen! Es ist im Hause eine Majorität von 30 bis 40 Stimmen

borhanden, die auf dem Boden der geheimen Wahl steht. So weit wir mit gegebenen Größen

sind wir doch praktische Politiker, daß rechnen. Wir sind bereit, auch heute entgegenzukommen; aber selbst⸗ berständlich muß dann die Vorlage in den anderen Punkten so ge staltet sein, daß wir sie annehmen können. In dieser Beziehung ift für uhns die öffentliche Abstimmung der Wahlmänner und die indirekte Wahl von höchster Bedeutung. Die Wirkung eines Wahl rechts ist von ganz unberechenbarer Tragweite; die Geschicke des Landes beruhen darauf. Den Beifall der Theoretiker und Phantasten die unser Leben nur von außen kennen, und den Beifall der Hiassen werden wir natürlich nicht finden. Aber das darf uns nicht von unserer Haltung abhalten. Es beruhigt uns sogar, wenn wir diesen Beifall nich finden. Die Sorge betreffs der Wirkung drückt auch uns, aber wir haben das Vertrauen zum Volke, daß es das Wahlrecht richtig ausüben wird, und die Regierung möge bedenken, daß die Erhaltung des Reichs nicht zum wenigsten auf der Stärke Preußens beruht. . Abg. Herold (Zentr. ): Die Beschlüsse der zweiten Lesung werden unseren Ansprüchen durchaus nicht gerecht, aber wir sehen ein, daß unser Ziel nicht zu erreichen ist. Deshalb haben wir weit— gehende Zugeständnisse gemacht, um wenigstens eine Verbesserung des ictzigen Wahlrechts zu erreichen. Wir haben nur schwer der indirekten Wahl zugestimmt. Wir erblicken in der Vorlage immerhin eine so weit— gehende Verbesserung, daß wir den Beschlüssen der zweiten Lefung zustimmen können. Wir denken, daß wir durch unsere energische Mit⸗ wirkung bei dem Werke für Jahre he'naus ein Gesetz zustande bringen das dem Vaterlande zum Segen gereichen gereichen wird. ö.

Von den freikonservativen Abgg. Dr. Arendt und Ge nossen wird der Antrag eingebracht, daß in Gemeinden mit mehreren Stimmbezirken die Drittelung der Steuersumme ein— heitlich für die ganze Gemeinde erfolgt.

Abg. Dr, Friedberg (nl): Es liegt im Interesse des Landes, daß die Wahlrechtsfrage zum Abschluß koinmt. Dabei ist für mich nicht maßgebend, wie es bei den Koönservativen zu sein scheint, daß der Träger der Krone sein Wort gegeben hat, dag nun ein— gelöst werden muß. Wir sind dem Träger der Krone dafür dankbar, aber er hat dabei nur die Interessen des zandes gewahrt, bedauern außerordentsich, daß die Verständigung mit den Parteien, die augenblicklich die Majorität haben nicht möglich gewesen ist. Das liegt aber daran, daß die Regierungs vorlage zum großen Teil gerade in ihr Gegen. teil verkehrt worden ist. ie Regierungsvorlage enthielt die direkte Wahl. Direkte und geheime Wähl haͤngen eigentlich vollstäündig zusammen. Nur bei der direkten Wahl ist es möglich, größere Abstimmungsbezirke zu schaffen und dadurch die geheime Wahl zu sichern. Bei der indirekten Wahl bietet die geheime Wahl die größten Schwierigkeiten. Herr von Devdebrand legt den größten Wert darauf, daß bei der indirekten Wahl die geheime Wahl nur jum Teil verwirklicht wird, aber wir wünschen, daß die geheime Wahl in vollem Umfange ver⸗ wirklicht wird. Deshalb haben wir das Gremium, aus dem die Wahl. manner entnommen werden, vergrößern wollen. Das ist abgelehnt worden. Andere Vorschläge, die eiwas Aehnliches erreichen, sind uns nicht gemacht worden. Sollten sie noch gemacht werden, so werden wir ihnen selbstverständlich zustimmen. Ich glaube, die Konservativen käuschen sich über die Wirkung der Kombination der geheimen und der indirekten Wahl. Bei diesem System wird die Bevölkerung bald einsehen, daß ihr das geheime Wahlrecht recht wenig nützt, und dann wird sie die Agitation gegen die indirekte Wahl kehren. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, wann sie beseitigt wird. Die Konservativen haben von Anfang an die Tragweite ihrer Stellungnghme nicht erkannt. Im Westen werden die Beschlusse gerade nach der Richtung des Reichtagswahlrechts wirken, und diefe

die Herren doch selbst nicht herbeiführen. Bei

Wir

Wirkung wollen dem Zusammengehen der Konservativen mit dem Zentrum mußte die don Konservativen erstrebte Verständigung scheitern; eine Verständi⸗ fung auf diesem Boden war nicht möglich. Der Abg. von Heyde— brand. ist noch heute zur Verständigung bereit, unter der Bedingung, Riß die Mgjorität für die ganze orlage nicht gefährdet wird. Dieses Hreblem ist schwierig. Unter den beiden Parteien zeigt sich selbst Widerspruch. Der Abg. von Heydebrand will der demokratischen Wirkung . Neichstagswahlrechts eutgegenarbeiten mit Hilfe eines anderen Wahlrechts in Preußen. Für den Abg. Herold bedeutet die Vorlage ah egen einen weiteren Schritt zum demokratischen Wahlrecht. Wir ö. den durch unsere Eventuglanträge bei der zweiten Lesung großes Entgegenkommen gezeigt; sie sind abgelehnt worden. Befonderes Entgegenkommen haben wir gezeigt bezüglich der Wahlkreis. hteilung, hinsichtlich deren wir eine Resolution vor⸗ chlugen, die die mildeste Form hat. Wenn wir nuf die Wiedereinbringung von Anträgen in diesem Stadium verzichten, so tun wir es nicht, weil wir eine positive Mitarbeit

,, liberalen Gewicht Vorlage Mehrheit annehmen, wenn Andernfalls werden wir sämtlich gegen das Gesetz stimmen und wir glauben, ñ Vater land über die Partei!

von der Auffassung ausgegangen, daß an dem System des Wahlrechts grundsätz ich festgehalten werden müsse und das und Sie der Vorlage schieden, die die Oeffentlichkeit der Die Königliche Staatsregieru ig hält diese Lösung auch für die zweckmäßigste. Mehrheit dieses hohen Hause aufrecht zu erhalten und die geheime Stimmabgabe für die Wahl der Wahlmänner vorzusehen, so wird die Königliche Staatsregierung diese Lösung annehmen (Unruhe links), ohne sich im übrigen an alle einzelnen Bestim mungen des Entwurfs in

Brav O!

SES monstration machen wollen., Sollten solche Änträge von . kommen, so werden wir ihnen selbstverstandlich zustimmen. ; enn wir jetzt eine ablehnende Haltung einnehmen, so müssen wir uns den Soörwurf gefallen lassen, daß wir einen Abmarsch nach linkz machen. ielenigen, die diesen Vorwurf erheben, ühersehen doch, daß wir eine el bstãndige Partei sind. Die „Kölnische Volkszeitung“ schilderte die Vorgänge in diesem Hause so, daß das Zusammengehen der Mationalliberalen mit den Sozialdemokraten vorzüglich geklappt habe Daß unsere Mitglieder mit den Sozialdemokraten verhandelf hätten Wer die Dinge kennt, weiß, daß dies Unsinn ist, daß eine Ver— stän digung zwischen uns und den Sozialdemokraten gar nicht möglich ist. Daß die „Kölnische Volkszeitung“ jenes schreibt, wundert mich aber garnicht. So verwerflich diese Art und Weise der „Kölnischen Volks⸗ zeit ung; ist, wie sie uns hier verleumdet, so bedauerlich finde ich es, daß die Kreuzzeitung, diese Notiz aufgenommen hat und daran anknüpfend bemerkt, die Nationalliberaken im Lande würden iet selbst einsehen, wie äußerst verhängnisvoll das Vorgehen ihrer Führer sei, Unbeirrt durch solche Angriffe und ebenso unbeirrt durch die Angriffe der Anhänger des gleichen Wahlrechts, werden wir den Weg gehen, den die Pflicht gegen das Vaterland und die Grundsätze unserer Partei uns vorschreiben. ; Abg. Freiherr von Zedlitz und Neukirch sfreikons.): Wie ich Ihnen bereits bei der ersten Lesung ausführlich dargelegt habe, steht der größte Teil meiner Freunde auf dem Stand⸗ punkt, daß die öffentliche Wahl weit besser fei. Aber es kann doch kein Zweifel darüber sein, daß durch die Wendung, die die Dinge nun einmal genommen haben, die öffentliche Wahk definitiv ausgeschaltet worden ist. Deshalb mußten wir uns fragen, ob und unter welchen Bedingungen wir uns auf den Standpunkt des Dauses stellen können. Da sind nun meine Freunde zu den Entschluß gekommen, daß wir wohl auf den Boden des S 4 (indirekte. Wahl, geheime Wahl der Wahlmänner und öffentliche Abstimmung bei der Wahl der Abgeordneten) treten können, aber doch nur dann, wenn die Bedenken, die gegen diese Wahl bestehen, gemildert und abgeschwächt werden. Die geheime Wahl begünstigt zweifellos die Sozialdemokraten und die P Olen. Diese ungünstige Wirkung wird aber noch verstärkt durch die Qrittelung nach den Urwahlbezirken; durch sie wird gerade aaäilenigen Teilen der Bevölkerung ein überwiegender Einfluß auf die Wahl) gewährt, die der sozialdemokratischen Fahne folgen. Es liegt im dringenden Interesse der Erhaltung des Dreiklassenwahlsystem? daß wir diese Form der Drittelung beseitigen. Wenn' man e darauf ausgeht, die Bedeutung des Einkommens auf

herabzusetzen, so gelangt man f schiefe beim gleichen e

go Igel bald auf die,. en,, ben, n Wahlrecht an. Die demokratisierende Wirkung dieser Drittelung wird noch verschärft durch die Maxi— urier ung. Wenr diese Bestimmungen aufrecht erhalten werden sollen, können meine Freunde dem Gesetze im ganzen nicht zustimmen. Wir haben deshalb den Antrag eingebracht, wieder zur Drittelung nach der Gemeinde zurückzukehren. Wir würden aber auch bereit ein, auf einer mittleren Linie zu verhandeln. Es handelt sich darum, eine Form zu finden, in der auch die National; an dem Gesetz mitwirken wollen. Wir legen ein großes darauf, daß eine möglichst große Mehrheit für die zustande kommt; wir werden aber das Gesetz mit jeder unsere Bedenken Berücksichtigung finden.

damit unserem alten Grundsatz getren zu bleiben: Das

Präsident des Staatsministeriums, Reichskanzler Dr. von

Bethmann Hollweg:

. ging Serro 3 . -. f j Meeine Herren! Nachdem die Herren Vorredner nunmehr die Ab—

sichtem ihrer Parteien für die Abstimmung klargelegt haben, gebe ich namens der Königlichen Staatsregierung folgende Erklärung ab:

Die Königliche Staatsregierung ist bei Ausarbeitung der Vorlage abgestuften . direkte geheime Wahlrecht gleichzeitig nicht gegeben werden könne. hat sich aus den Gründen, die ich bei Einführung hier darzulegen die Ehre hatte, dahin ent— indirekte durch die direkte Wahl zu ersetzen, Wahlhandlung aber aufrecht zu erhalten.

j heute noch (Unruhe.) Wenn sich indessen eine erhebliche

cs dahin entscheidet, die indirekte Wahl

seiner jetzigen Gestalt zu binden.

rechts und in der Mitte.) (Schluß des Blattes.)

Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes zur

Ausführung der revidierten Berner Uebereinkunft zum vom

n der Literatur und Kunst 1908 nebst Begründung zugegangen.

Schutze von Werken 133. November

den vier Zentralverbänden“ der Zimmerer deut sche ergebnis Los Ueber die Frage, ob ein Reichstarifvertrag zwischen den Organisationen abgeschlo ssen werden soll, konnte eine Einigung nicht erzielt werden. Die Arbeiter wollen örtliche Tarife. Einheits Lohn nur für gelernte und tüchtige Arbeiter gezahlt wird, womit die Arbeiter nicht einverstanden waren. daß die Arbeiter nicht mehr ihren Einfluß aufbieten sollten zur Ver⸗ hinderung der Akkordarbeiten. lehnten Arbeits nachweise ab. es auch ab, wegen Verkürzung der Arbeitszeit während der Vertragsdauer nkcht gestellt werden.

zahlreiche stätten Arbeitgeberverband beschlossen, Ankündigung

cht zu besch 2400 hundert zuhalten. Trupps und der Polizei mehrfach zu Zusammen stöß en. Schutzleute wurden hart bedrängt und mußten in einen Laden flüchten,

nicht für fruchtbringend halten, fondern deshalb, well wir nicht durch

dessen Fen ster

Etatiftif und Volks mirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

dem Arbeitgeberbund und ) rb Bauarbeiter (Maurer, usw.) wegen Abschluß eines neuen Reichstarifs für das Baugewerbe sind, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, ebenso

verlaufen, wie die Verhandlungen im November v. J.

. 9. Die zwischen

Verhandlungen

Die , verlangen, daß ein

Mz. ö Die Arbeitgeber verlangten,

; Die Arbeiter lehnten dies ab. Diefe auch die Anerkennung der paritätischen und unparitätischen Sie verlangten vielmehr freie Hand Und lehnten eine Verpflichtung zu übernehmen, daß neue Forderungen

2

Da gestern wegen der geplanten Wahlrechtsversammlungen „Arbeiter aus Kiel und ümgegend den Arbeits! ferngeblieben sind hat, wie W. T B.“ meldet, der alle Arbeiter, die ohne vorherige gefeiert haben, drei Tage ; ; Germaniawerft, wo etwa Arbeiter nicht erschienen sind, hatten sich mehrere Personen angesammelt, um die Arbeitswilligen zurück—

Abends kam es zwischen den durch die Straßen ziehenden Einige

Entschuldigung l

bezw. äftigen. Vor der

sodann von der Menge zertrümmert wurden. Eine

durch Steinwürfe verwundet worden.

Aus Barmen. berichtet die Köln. Itg.“, Die Vereine der Färberei⸗ und Bleichereibesitzer sowie der Seiden und Kunstseidenfärber haben einstimmig beschlossen, die Still⸗ legung ihrer Betriebe aufrechtzuerhalten, da die ausständigen Färber noch keine Anstalten machen, die Arbeit wieder aufzunehmen. Der anwesende Vorsitzende der bergischen Arbeitgeberverbände sicherte den Färbereibesitzern uneingeschränkte Unterstützung zu und er— klärte, daß zur Durchführung des Kampfes große Summen zur Ver⸗ fügung gestellt würden.

In der Webereiabteilung der me cha nischen Baumwoll⸗ spinne rei in. Bayrguth brach, wie die Voss. Ztg. erfährt, ein Ausstand aus, angeblich wegen Entlassung. eines Webers, der nach der Erklärung der Direktion, freiwillig die Arbeit verließ. Die Direktion glaubt hinreichend Arbeitswillige einstellen zu können. In einer Versammlung des Vereins Basaltlava⸗Werke für Mayen und Umgegend wurde, wie der Köln. Ztg.“ berichtet wird, ein von den beiden Arbeiterkörperschaften gemeinschaftlich ein⸗ gereichter Lohntarif nach Stundenlohn abgelehnt, weil sie dem früher gefaßten Beschlusse, einen Tarif nach, Meter und Mark einzu⸗ reichen, der den heutigen Geschäftsverhältnissen angepaßt ist, nicht nachgekommen sind. Der Verein erklärt, daß ein Tarif nach Stunden lohn den Grubenverhältnissen überhaupt nicht entspreche.

Aus Chambon-Feugerolles wird dem W. T. B.“ tele⸗ graphiert; Die durch den Streik (vgl. Nr. S3 d. Bl.) geschaffene Lage hat sich bisher nicht gebessert. Im Laufe des Vormittags wurde ein hekannter Agitator verhaftet umd nach St. Etienne gebracht der der Teilnahme an vorsätzlicher Brandstiftung beschuldigt wird. Ein Zug streikender Arbeiter, mit Musik an der Spitze, setzte sich nach St, Etienne in Bewegung gesetzt, um die Freilassung des Ver? hafteten zu verlangen.

Die Eisenbahndirektio nen der von Chicago Westen führenden Linien haben, wie „W. T. B.“ Regierung ersucht, in den Maschinenpersonal zu sprochen werden. Die ? gierung angenommen.

(Weitere . Statistische Nachrichten“ s. i. d. Dritten Beilage.)

nach dem n erfährt, die Lohnstreitigkeiten mit dem vermitteln. Dem Ersuchen wird ent⸗ Heizerunion hat die Vermittlung der Re (Vgl. Rr. 63 d. Bl.)

Kunft und Wissenschaft.

Die Berliner Universität hat den Tod des ordentlichen Professors der philosophischen Fakultät, Geheimen Regierungsrats Dr. Hans Landolt zu beklagen, der gestern im Alter von 79 Jahren verstorben ist. Im Jahre 1831 in Zürich geboren, studierte Landolt in seiner Vaterstadt, in Breslau, Berlin und Heidelberg Chemie; 1855 habili— tierte er sich in Breslau, im Jahre darauf wurde er als außer⸗ ordentlicher Professor nach Bonn berufen, wo er 1867 Ordinarius wurde. Als solcher wirkte er in der Folgezeit an der Technischen Hochschule in Aachen und seit 1880 an der Landwirischaftlichen Hoch— schule in Berlin. 1891 wurde er als Nachfolger Rammelsbergz Professor der Chemie an der hiesigen Universität und Direktor des zweiten chemischen Universitätsinftituts. Schon vorher war er zum ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften gewählt worden. Im Jahre 1905 trat er in den Ruhestand. Als Haupt⸗ werke des Verstorbenen, der mit Ostwald und ban t Hoff zu den Be gründern und hervorragendsten Vertretern der physikalischen Chemie gehörte, sind die grundlegenden „Untersuchungen Über das optische Drehungsbermögen organischer Substanzen und seine praktischen An wendungen“ an erster Stelle zu nennen.

Die Ausstellung von Werken amerikanischer Kunst der Gegenwart wird im Akademiegebaäͤude, Pariser Platz 4, morgen Vormittags 10 Uhr, in Vertretung Seiner Majestät bes Kaifers durch Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit den Kronprinzen eröffnet werden. Die Ausstellung enthäst nur Werke der Malerei und besteht aus etwa 200 Kunstwerken. Alle hervorragenderen lebenden Maler Amerikas sind in der Ausstellung vertreten.

Literatur.

befannten „Handbuch der Verfassung und Ve rwaltung in Preußen und im Deutschen Reiche“ von dem Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat, Regierungspräsidenten ö.. ö ö ö 8 . —— 20 . ö Graf Huede Grais, das zum ersten Male 1851 erschien, liegt die 20. 2 3 N Julius Spri j zerlin 20 Auflage vor (Verlag von Julius Springer in Berlin, geb. ö0 C, Es erübrigt sich, auf die Vorzüge dieses altbewährten Sandbuches hier hon neuem einzugehen, es sei nur darauf hingewiesen, daß, die neueste Auflage besonders zahlreiche Veränderungen aufweist, 2. . ; ,,, w ; hen, . 6 ,,. 1 *** da in dem leßten Jahre ungewöhnlich diele ein grei hende Gesetze erlassen worden sind. Als wichtigste seien hervorgehoben: Die Besoldungsgesetze im Reiche und in Preußen nebst dem Wohnungsgeldzuschußgesetz, die Kom⸗ munalbesteuerung der Beamten, die Aenderung der Doppelbesteuerung der Einkommen. und der Ergãnzungssteuer, der preußischen Stempel? steuer, der Wechselstempel⸗ und der Reichsstempelsteuer, die Erhöhung des affe und des Teejolles, die Aenderung der Schaumweinsteuer, der Branntweinsteuer, der Brausteuer, der Tabak- und Zigaretten steuer, der Leuchtmittel⸗ und. Zündwarensteuer, die Reichsfinanzreform die Aenderung des Gerichts verfassungsgesetzes, der Gebühren⸗ s 4 2 8 P 1 1 * * ö. ordnung für Rechts auwälte, des Gerichtskostengesetzes, der Zivil prozeßordnung, des Diensteinkommens der Geistlichen und Lehrer 3 ri nn 22 o sotos Or 3 r 3 ! Aenderung des Berggesetzes, Ordnung der höheren Mädchenschulen, Aenderung des Viehseuchengesetzes und der Gewerbeordnung u. a. m! Außerdem sind in der neuen Auflage eine größere Zahk von Er⸗ gänzungen und Eweiterungen das alphabetische

Von dem

s er . aufgenommen, auch Sachregister ist erheblich erweitert worden. Die 30. Auflage schließt mit dem Jahre 1909 ab. Die später während des Druckes ergangenen Vorschriften haben in einem Nachtrage Aufnahme gefunden.

. Die Verhandlungen der sechsten ordentlichen Generalspnode der evangelischen Landeskirche Preußens, die vom 23. Oktober bis zum 12. Nobember 1969 in Berlin geführt wurden sind vom Vorstande der Generalsynode im Druck veröffentlicht worden! Das Druckwerk, das bei Wiegandt und Grieben in Berlin erschienen ist, umfaßt zwei Bände, deren erster die Sitzungsprotokolle, Ver⸗ zeichnisse, der Beschlüsse und der Redner sowse das Sachregisler für beide Bände umfaßt, während der zweite die Drucksachen zu den Sitzungsprotokollen und den Wortlaut der Eröffnungspredigt enthalt.

Berliner Architektur welt.“ Zeitschrift für Malerei

Plastik und Kunstgewerbe der Gegenwart. Preis des Jahrgangs 20 66. Verlag von Ernst Wasmuth, Berlin. Hest 16 des laufenden Jahrgangs enthält Arbeiten aus der Berliner Kunstgewerbe⸗ schule, die ihr Ziel jetzt in der Erziehung der jungen Leute zu gutem Dandwerk erblickt. Ein Fortarbeiten auf dem beschrittenen Wege wird vielleicht ein Handwerk von speziell Berliner Charakter entwickeln. Die erste Ausstellung von Schülerarbeiten unter der neuen Leitung läßt erkennen, wie neuzeitliche Aufgaben im Sinne der besten Zeiten einfacher Kunstübung gelöst werden. Die Entwürfe des Architekten Kohtz zu einer Synagoge, zum Rathaus, Friedenau und zum Som für Freiberg be⸗ weisen ein sicheres Gefühl für große Wirkungen. Recht gut ist das ausgeführte Portal zum Hause Wensdorf von Schütze und Kohtz. Grenanders Arheiten, Heft 11, sind durch schlichte Sachlichkeit und ausgesprochen struktiven Sinn gekennzeichnet. Seine Villen und

größeren Landhäuser sind hübsch gruppiert, ohne unruhig zu wirken

bisweilen etwas schwer detailliert. Beim Kontor, und Fabrikgebäude bon L. Löwe ist wieder einmal bewiesen, daß derartige Gebäude ohne jeden Aufwand auf eine freundlich anmutende Form gebracht werden können. Die Zeitungskioske und Wartehallen werden manchem etwas zu bizarr und gesucht erscheinen. Der Schlu des. Jahrgangs ist der Ausstellung von Wohnrlumen bei

Keller und Reiner gewidmet. Das moderne Kunssgewerbe bat em

andere Richtung genommen, als man erwartete. Die Reife ist ein—

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