Aichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 6. April.
Seine Majestät der Kaiser und König nahmen, „W. T. B.“ zufolge, heute vormittag im Königlichen Schlosse in Homburg vor der Höhe die Vorträge des Ehefs des Zivil⸗ kabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini und des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker entgegen.
Anlage Czur Eisenbahnverkehrsordnung.
Das Reichseisenbahnamt hat verfügt, daß im Verkehre zwischen Kiel und Eidelstedt einerseits und Rendsburg und Tornesch andererseits bis auf weiteres frische ungereinigte Knochen unverpackt in besonders eingerichteten bedeckten Privat güterwagen befördert werden dürfen. Die Knochen sind mit Rarbolsäure oder einem anderen geeigneten Desinfektionsmittel derart anzufeuchten, daß der faulige Geruch nicht wahrnehmbar ist. Die Wagen müssen mit Vorrichtungen versehen sein, die eine wirksame Durchlüftung der Ladung gewährleisten.
Die Königlich preußische Meßbildanstalt zu Berlin beginnt jetzt eine erschöpfende Aufnahme der hiesigen Baudenkmäler. Zuerst sollen hierbei die Privat⸗ gebäude berücksichtigt werden, welche vor oder bis Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet und von baugeschichtlichem Werte sind. Vor allen anderen kommen die Häuser zur Aufnahme, welche Neubauten zum Opfer fallen sollen. Bei der allgemeinen Wichtigkeit der Aufnahmen, besonders für die Haupt- und Residenzstadt Berlin, ist zum guten Gelingen der Arbeit das weitgehendste Entgegenkommen zu wünschen. Wertvolle Ansichten finden sich aber nicht nur auf den Straßen, sondern auch im Innern der Häuser, auf Höfen, Treppen und in Sälen und Zimmern. Zu diesen ist der Zutritt nur mit Genehmigung der Hauseigentümer und der Mieter möglich, der bisher ja auch immer bereitwilligst gestattet worden ist. Hoffentlich finden die Aufnahmearbeiten auch ferner von seiten der hauptstädtischen Bevölkerung die zu ihrem Gedeihen nötige Unterftützung, selbst wenn diese mit einigen Unbequemlichkeiten für die Bewohner verknüpft ist.
Der Staatssekretär des Innern, Staatsminister Delbrück kehrt morgen vom Urlaub zurück.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Nürn⸗
berg“ auf der Ausreise nach der ostasiatischen Station gestern in Singapore eingetroffen und setzt am 9. April die Reise nach Tsingtau fort. . 2 6
S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ ist vorgestern in Hongkong
eingetroffen.
Reusz j. L.
In der gestern erschienenen Nummer der reußischen Gesetz sammlung gibt das Fürstliche Ministerium bekannt, daß Seine Durchlaucht der Erbprinz infolge eingetretener dauernder Verhinderung Seiner Durchlaucht des Fürsten in der Führung der Regierung sich genötigt gesehen habe, die Regentschaft des Fürsten tums zu übernehmen.
Elsaß⸗Lothringen.
Im Landesausschuß wurde gestern, . folge, das Lotteriegesetz, das die Einbeziehung Elsaß— Lothringens in die Preußische Klassenlotterie vorsieht, in erster Lesung beraten und einer 18gliedrigen Spezialkommission überwiesen.
. — M. T
—
Großbritannien und Irland.
Im Unterhause brachte gestern der Premierminister Asauith die sogenannte Guillotine-Resolution ein, die die Debatte über die Vetoresolutionen auf fünf Tage beschränkt, und kündigte an, daß nach Annahme der Vetoresolutionen eine auf ihnen beruhende Bill eingebracht werden würde.
Nach dem Beri es W. T. B.“ drängte die Opposition den mi se Bill durch alle Stadien im
uf Asquith erwiderte, man
g die Bill unter allen Um⸗
ohne Rücksicht darauf, seine frühere zu pflügen,
iberweisen wolle. darüber, daß die rechtfertige, die aß sie die Resolutionen
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Meinung c lten. 4 igte ferner an, daß die Regierung am 18. April eine Guillotineresolution bezüglich des Budgets vom letzten Jahre vorschlagen werde, und daß sie. dann mit dem Budget und ei zweiten Abschlagsbewilligung fortfahren werde. Er hoffe, daß das Haus sich später zu Frühjahrsferien werde vertagen können.
Das Haus nahm darauf die Guillotineresolution mit 217 gegen 13 Stimmen an.
Frankreich.
Der Senat beriet gestern den Gesetzentwurf, durch den die Ermächtigung erteilt wird, in diesem Jahre zwei Panzer⸗ schiffe auf Stapel zu legen. .
Rach dem Bericht des W. T. fragte der Destournelles de Constant, welcher Umstand die so ra stimmung dieses Gesetzentwurfs zum Schluß der Session fordere. Der Marineininister Bous de Lapervräre erwiderte, daß er Fifer daran gewandt habe, um die Pläne in fünf Monaten, statt zwölf Monaten, zu erhalten, damit er sie dem Parlament unterbrei könne. Die Einbringung des Gesetzentwurfs und der Schluß de Sefsion sel ein einfaches Zusammentreffen. — Dest ournelles EFonstant bedauerte, daß der Senat sich in der Notwendigkeit finde, eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen, ohne genau wissen, was er damit tue, denn di eiden Panzer, um die es sich handle, seien nur ein Teil eines neuen Flottenprogramms. Es sei nicht weise, sich in eine Operation
321 . 2 Midast noch einzul die das Budget no
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weiter belasten würde, ohne daß man die Gewißheit habe, daß die ebrachten Opfer ali, seien, als die seit 409 Jahren verausgabten Milliarden. — Der Marineminister Boué de Lapeyrdre er⸗ widerte, es handle sich gegenwärtig nicht um das Flottenprogramm, sondern darum, der . die Mittel zu geben fuͤr den Ersatz der beiden ältesten Panzerschiffe. Frankreich habe nur 16 Panzerschiffe, von denen neun veraltet seien. Das genüge nicht sür die Sicherheit des Landes. In Wirklichkeit müßten nicht zwei, sondern drei oder vier Panzerschiffe angefordert werden. Die Regie⸗ rung verfolge keine ehrgeizigen Absichten; es handle sich nur darum, nicht noch weiter zurückjukoammen. Er teile nicht die Meinung von Destournelles de Constant, der nicht an die Gefahr einer feindlichen Tandung glaube. Eine solche sei in Frankreich sehr wohl möglich. Ein Feind könne in 24 Stunden eine Division landen, allerdings unter? genauer Beachtung des Umstandes, daß Zeit, und Ort günstig gewählt wird. Unter. diiem Vorbehalt sei aber die. Hefahr gewiß, und derjenige sei schlecht beraten, der sich aus. schließlich auf Landtruppen glaube verlassen zu können, die eing solche Landung unmöglich machen sollten. Im Namen Ker Finanz⸗ kommission ersuchte der Senater Mon is, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Die geplanten Schiffe seien beinahe allen aus⸗ ländischen überlegen. Er bedauere jedoch, daß man sie nicht mit Tanonen von 340 mm ausrüsten könne. Er, ersuche den Minifter, diese Kanonen, die Frage der Geschütztürme und Fam! Turbinenproblem einem eingehenden Studium unterziehen zu lassen. Der Marineminister bestätigte sodann, daß die für linen Vergleich in Betracht kommenden ausländischen, Schiffe genau wie die Frankreichs, nur 123 Geschütze von 305 mm batten und ein Unterschied ihnen gegenüber nur in der Aufstellung diefer Geschüätze bestehen könne. Die beiden Zentraltürme, wie Frank- reich sie verwende, selen den englischen und amerikanischen Geschütz türmen überlegen. Er werde die von seinem Vorredner genannten Probleme untersuchen lassen. Der erste seiner Vollendung entgegen⸗ gehende Kreuzer werde versuchsweise Turbinen erhalten.
Nachdem dann noch Flaissieres, den Wunsch aus gesprochen hatte, Frankreich möge die Initiative zur Abrüstung ergreifen, nah er Senat den Gesetzentwurf einstimmig an und verhandelte sodann über das Finanzgesesz.
Der Senator Touron bekämpfte den von der Kammer an nommenen Artikel, der die Erbschaftssteuer erhöht. Er zeigte, daß Erhöhung einen Aufschlag von 400 auf die bestehenden Steuern bedeuten und Frankreich in dieser Beziehung an die Spitze aller HYäationen stellen würde. Tou ron brachte ein Amendement ein, das weniger erhöhte Sätze oder eine neue Einschätzung forderte. — Der Finanzminister a r. ry wies auf die Notwendigkeit hin, das Fleichgewicht des Budgets herzustellen und verpflichtete sich, im Monat Juni eine neue Basis für die Einschätzung in Vorschlag zu bringen. Aber er verlange, das Amendement von der Tagesordnung abzusetzen. .
Der Senat setzte das Amendement ab, worauf die Sitzung geschlossen wurde.
Die Deputiertenkammer, die gestern die Deb tte über die Interpellation, betreffend die Lage der Eisenbahn— beamten, fortsetzte, nahm, obiger Quelle zufolge, eine Tages⸗ ordnung an, in der der Regierung das Vertrauen aus gesprochen wird, daß fie dem Bahnpersonal die hinsichtlich der Regelung der Arbeitsverhältnisse, der Gehälter und der Pensionen ge forderten Verbesserungen verschaffen werde.
Rußland.
Die Reichsduma strich in der gestrigen Sitzung, wie das W. T. M“ meld. g kgen die Stimmen der. Nationalisten und der Rechten aus der Etat des Marineministeriums einen Kredit von 1 Milliouen Rubel zum Bau neuer Schiffe und beendete die Prüfung des Budgets für 1910. Der Ueberschuß der Staatseinnahmen über die Ausgaben beträgt 4240 000 Rubel. ö.
Die Dumakommission für die Reichs verteidi⸗ gung hat den Gesetzentwurf. über das mit 456 535 Mann fest— gestellte Rekrutenkontingent für 1910 angenommen.
Türkei.
In Oberalbanien, insbesondere im Bezirk Prischtina, werden, wie das „W. T. B.“ meldet, wegen der kritischen Lage umfassende militärische Operationen unter dem Be fehl Sch efket Paschas, des Nachfolgers von Dschavid Pascha, eingeleitet. Der Arnautenstamm der Hassis, der in vollem Uufruhr sich befindet, hat alle festen Ge⸗ höfte besetzt und richtet sich zur Verteidigung ein. Die Truppen sind bereits mit den Arnauten in Kampf geraten, wobei die Artillerie Verwendung fand. Von Saloniki, Serres und Monaftir sind sechs Bataillone zur Verstärkung nach Ober⸗ albanien abgegangen. Es wird beabsichtigt, den Belagerungs zustand auch über Prischtina zu verhängen.
Afrika.
Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Addis Abeba ist es zwischen Ras Wolie, dem Generalgouverneur von Jedschu, und Ras Mikael, dem Generalgouverneur von Wolls, zu 'schweren Differenzen gekommen. Die aethiopische Regierung hat Maßnahmen getroffen, um dem Ras Mikael mit Truppenmacht zu Hilfe eilen zu können, falls es zu be waffneten Konflikten kommen sollte.
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Statistik und Volksmirtschaft.
Die Gewerbeinspektion in Preußen im Jahre 1909.
Nach den soeben erschienenen „Jahresberichten der Königlich Preußischen Regierungs. und Gewerberäte und Bergbehörden für 1909“ boten die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse in Industrie, Handel und Gewerbe in der ersten Wälfte des Berichtsjahres das leiche Bild wie im Vorjahre. Im Monat Juli traten die ersten Anzeichen einer Besserung der gedrückten Geschäftslage ein, und gegen Ende des Jahres war es unverkennbar, daß eine aufstelgende Wirtschaftsevoche begonnen hatte. Die bessere Gestaltung des Marktes zeigte nur in wenigen Industriezweigen eine sprunghafte Bewegung, vielmehr fetzte sie meist langsam und zögernd ein. So war in Rheintand⸗Westfalen die Großeisenindustrie noch in der letzten Zeit ge⸗ nötigt, Feierschichten einzulegen, und die Lage im oberschlesischen Revier wir durch die Tatsache gekennzeichnet, daß ein großes Eisenwerk im Sppelner Bezirk noch im November nur etwa 10 p,. H. der sonst sblichen Löhne auszahlen konnte. Eine Ausnahme bildete die flotte Beschäftigung einzelner Gruppen der Textilindustrie und der Tabak— induftrie vor dem Inkrafttreten der neuen Steuergesetze. Der außer⸗ ordentlichen Anspannung der Tätigkeit in der letzteren folgte naturgemäß ein Rückschlag, sodaß eine Verkürzung der Arbeits⸗ zeit, vorübergehende Schließung der Betriebe Arbeiter⸗ entlassungen notwendig wurden. Am ungünstigsten lauten hier⸗ über die Berichte aus
dem Regierungsbezirk Minden, wo eitweise eine Arbeitslofigkeit in einem nicht, vorhergesehenen Umfange eintrat. Im allgemeinen aber haben sich die Besorgnisse, ie man hHinsichtlich der Tabakarbeiter hegte, nicht in dem Maße er⸗ füllt, wie man dies befürchtet hatte. In den anderen Industrie⸗ zweigen hat sich die Lage der Arbeiter durch zermehrte Arbeits⸗ zelegenheit entschleden gebeffert; die Höhe der Löhne aber blieb ziem—
lich unverändert, da auch in der voraufgegangenen Zeit der wirtschaftlichen Depression eine erhebliche Herabsetzung nicht erfolgt war, und wo eine Erhöhung stattgefunden hatte, wurde sie durch die fortschreitende Steigerung der Lebensmittelpreise und Wohnungsmieten wieder ausgeglichen. Daher hlieb die Errichtung billiger Wohnstätten, die Beschaffung wohlfeiler Lebensmittel und andere eihilfen, welche die trotz der Ungunft der Zeiten kaum verminderte Fürsorge Der größeren Werke gewährte, für die Arbeiterschaft von wesentlicher Be— deutung.
Für die Beurteilung der Lage der Industrie und der wirtschaft⸗ lichen Verhältnisse der Arbeiter sind die statistischen Ermittlungen der Gewerbeinfpektoren über die in den einzelnen Bezirken und Industrie⸗ gruppen vorhandenen gewerblichen Betriebe und die in ihnen beschäf— tigten Arbeiter von hohem Werte. Es betrug danach die Gesamtzahl der revifionspflichtigen Fabriken und der ihnen gleichgestellten Anlagen im Berichts jahre 150 969 gegen 146 369 im Jahre 1908. 141 999 im Jahre 1557 und 135 369 im Jahre 1806; gegen das Jahr Myöos hat mithin eine Zunahme um 3656 stattgefunden, während sich die Zahl der Betriebe in den voraufgegangenen Jahren um 4370 und 630 er— höht batte. Die geringe Vermehrung ist wohl zumeist auf die Ungunst der wirtschaftlichen Verhältnisse, zum Teil aber auch darauf zuzuck⸗ zuführen, daß sich das Streben nach Konzentration immer mehr geltend macht und daß dem Entstehen großer Anlagen das Eingehen kleinerer gegenübersteht. Die Gesamtzahl der Arbeiter betrug 3 661 30 gegen 3019137 im Jahre 1998, 3 069 498 im Jahre 1907 und 2985 773 im Jahre 1906. Gegenüber dem Rückgang um 39361 im Fahre 1908 hat im Berichtsjahre infolge der allmählichen. Besse⸗ rung der Geschäftslage eine Zunahme der Beschäftigungsziffer der Arkeiter um 2293 stattgefunden, die aber gegen die im Jahre 1907 erfolgte Erhöhung noch um fast die Hälfte zurückbleibt. Die Zahl der Krbeiterinnen, die im Jahre 1907 von 538 310 auf 563 100 ge— stiegen und 108 auf 560 309 gefallen, war, hat sich im Berichts⸗ jahre um 25 639 erhöht, während die Zahl der männlichen Arbeiter, die sich im Jahre 1906 auf 2228 613, 1907 auf 3277512 und! 1968 auf 2230351 belief, nur um 15 46 gewachsen ist. starke der Beschäftigung
Auch mögen die Streiks und hre nicht unwesentlich zu der Die Zahl
Jahre 1907 und 225 936 339 827 gegen 3241304, hren; es hat mithin
216904 Kinder
73 493 beiderlei
1907 en Mädchen).
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Fa
—
Jahren. ;
Die Verteilung der Fabriken und der ihnen gleichgestellten An⸗ lagen, der in diesen beschäftigten erwachsenen Arbeiter und Arbeiterinnen fore der jugendlichen Arbeiter und Kinder männlichen und weiblichen Geschlechts ist aus folgender Tabelle ersichtlich, in der die einge⸗ klammerten Zahlen die Zu- resp. Abnahme angeben:
Anzahl der Bezeichnung ̃
der
ahren
8 .
gendlichen
jug
Jahren
lrbeiter C
Arbeiter von 14 —16
Industriezweige
männlichen
Arbeiterinnen Kinder unter 14
Bergbau, Hütten und Salinen⸗
10589 35
( 561) ( 17)
699 207 500 4467 — 4 — 1357) — 154) Industrie der
Steine u. Erden 14 880 314 375 35 628 19553 ö 785 ( - 2979) (— Q) C — 1243) — 11 684 287 218 27 562 35 939 209) ( 4 4331) 4 1623) ( 645) Industrie der Ma⸗
schinen, Werk—⸗ zeuge, Instru— mente und Appa⸗
Metallverarbeitung
437 404 34316 4151) ( 3813 7568 12173
— 1640 (4 1406
32 9690 204 C 194) ( 19) 4099 33
Chemische Industrie — 80) (= 4
Industrie der forst⸗ virtschaftlichen Nebenprodukte, Leuchtstoffe, Sei⸗ f Fette und
1344 23
(18) 42) (- 1) 164 349 34 824 688 hh) ( h397) (* 2532) (4 86) 28 922 8251 86 ( 394) (— 61) (— 9) il 2766 465) - 10) (P 24
2207 4125 (4 33) 6418 263 1929 ( 6 Lederindustrie .. 1444 4 ( 5
Industrie d. Holz⸗ und Schnitzstoffe
16 322 186 446 11788 13233 84 123) (—2
8 684 545 6 2578) 4 144) 6 z Industrie der Nah⸗ rungs⸗ u. Genuß⸗ ö mittel 47 686 253 297 85 740 23 951 247. 211214 3457) (4 2777) 4 275) (— 50
Bekleidungs⸗ und Reinigungs⸗ z . . gewerbe 28 243 50 006 146 280 27.352 199 S786 1944) ( 7469) (4. 2250) 20 3096 60095 402 3 537 8
Baugewerbe .... — 16164 1589) ( 42) (— 289)
( 3. Polygraphische in, n, 65 464 19220 10452 119 1214) (K 637 C 1791) 4 Sonstige Industrie⸗ ; z zweige 2: 3738 1831 360 296 ( 147) * 31)
Die Zahlen beziehen sich nur auf die nicht unter der Aufsicht
der Bergbehöͤrden stehenden Betriebe.
Ueber jwei Fragen: über die in den Werken der Großindustrie
vorhandenen Anlagen für Trinkwasserversorgung, Wascheinrichtungen, Badegelegenheiten und Speiseräume, und ob die Arbeiter des Morgens vor Gere. der Arbeit gefrühstückt haben, sind von den Gewerbe⸗ inspektoren im Berichtsjahre eingehendere Ermittelungen angestellt worden. Bezüglich der ersten Frage haben die Beobachtungen der Beamten ergeben, daß alle von den Betriebsleitungen getroffenen Ein—⸗ richtungen der erwähnten Art dem Arbeiter nur dann wirklich von Rutzen sind, wenn bei ihrer Anlage seine Gewohnheiten und Wünsche und die Eigenart des Betriebes berücksichtigt werden. Ferner muß sowohl bei den Unternehmern wie bei den Arbeitern ein reges Interesse für diese Wohlfahrtseinrichtungen geweckt werden, damit sie nicht in kurzer Zeit der Vernachlässigung oder gar der Beschädigung duich mutwillige Hände anheimfallen. Besonders aber erscheint es erforderlich zu sein, statt der Schaffung großer Zentralanlagen auf dem bereits von einigen Unternebmern Heschrittenen Wege der De⸗ jentraltfatior Weiter f'rrzuschrésten und WMehlfahrtsanlagen dort zu errichten, wo sie der Arbeiter am meisten braucht, d. h. möglichst nahe der Arbeitsstelle. Was die zweite Frage betrifft, so hängt die Möglichkeit, Morgens vor Beginn der Arbeit zu frühstücken, ab— gesehen von der wirtschaftlichen Lage und den individuellen Eigen⸗ schaften, in der Hauptsache von der Zeit des Arbeitsanfanges und der Entfernung der Wohnung von der Arbeitsstätte ab. Bei der großen Verschledenheit der Verhältnisse ist, wie von den Gewerbeinspektoren betont wird, eine genaue und erschöpfende Be⸗ antwortung der Frage nicht möglich. Die durch Befragen der Arbeitgeber, Meister und Arbeiter angestellien Erkundigungen haben im allgemeinen eine bejahende Antwort ergeben. Wenn man aber bedenkt, so wird in einem Berichte bemerkt, eine wie große Anzahl pon Kindern ohne warmes Frühstück zur Schule kommt, woraus man wohl folgern kann, daß auch deren Eltern keinen warmen Morgen⸗ trunk zu sich nehmen, und wenn man ferner in Betracht zieht, daß die Verpflegung der unverheirateten Arbeiter, die als Schlafgänger wohnen, erfahrungsgemäß viel zu wünschen übrig läßt, so wird man mit Recht annehmen können, daß die Fälle, in denen Arbeiter ohne Frühstück die Arbeit aufnehmen müssen, nicht allzu selten sind.
Die Revisionstätigkeit der Gewerbeinspektoren hat sich gegen das Vorjahr infolge der die Arbeitskraft der Beamten in außerordentlich hohem Maße in Anspruch nehmenden Durchführung der polizeilichen Vorschriften über die Einrichtung und den Betrieb der Bäckereien und der Bekanntmachung, betreffend den Betrieb der Anlagen der Großeisen⸗ industrie vom 15. Dezember 1908, stark verringert. Trotzdem belief sich die Zahl der revidierten Fabriken und der ihnen gleichgestellten Anlagen auf 71 881 (gegen 1908. 1791) oder 4790 der ge⸗ samten fabrikmäßigen Betriebe. Da in jenen 1 863 487 erwachsene Arbeiter, 456 777 Arbeiterinnen, 179 672 jugendliche Arbeiter von 14 bis 16 Jahren, darunter 59 139 weiblichen Geschlechts, und 1959 Kinder unter 14 Jahren beschäftigt waren, erstreckte sich die Inspektion auf 2 50 S895 gegen 1908: 4 17118) oder 82,3 der überhaupt ge— zählten Arbeiter. Bei den Revisionen wurden von den Aufsichts— beamten im Berichtsjahre Zuwiderhandlungen gegen die Schutzgesetze und Verordnungen, betreffend die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter, in 662 Anlagen gegen 6465 im Jahre 1998 festgestellt. Die Mehrzahl der Uebertretungen betraf Vorschriften formeller Art, insbefondere die Bestimmungen über Arbeits- und Lohnzahlungsbücher, Anzeigen, Verzeichnisse und Aushänge; Vergehen gegen die materiellen Vorschriften wurden 1299 gegen 14027 im Vorjahr ermittelt, und zwar 141 (gegen 1908: — 130) Fälle gesetzwidriger Beschäftigung von Kindern, 531 64 33) Zuwiderhandlungen gegen die gesetzliche Beschränkung der Arbeitszeit jugendlicher Personen und Kinder, 422 ( 15) gegen die festge⸗ setzte Dauer der Pausen, 73 — 26) gegen das Verbot der Nachtarbeit und 1531 (4 3 gegen die Bestimmungen über die Sonntagsarbeit. Bestraft wurden wegen Uebertretung der Schutzgesetze und Ver⸗ ordnungen 1126 (— 61) Personen, außerdem schweben noch 24 Straf⸗ verfahren. Bei der Durchführung des Kinderschutzgesetzes vom 30. März 19063, dessen Bestimmungen sowohl den Eltern der Kinder als auch den Gewerbetreibenden noch immer nicht genügend bekannt sind, haben die von den Schulen aufgestellten Verzeichnisse der ge⸗ werblich beschäftigten Kinder auch im Berichtsjahr den Gewerbe⸗ inspektoren und Polizeibehörden wesentliche Dienste geleistet. Zahl⸗ reiche Gefetzwidrigkeiten wurden mit Hilfe dieser Listen ermittelt und, ohne daß die Interessen der Schule berührt wurden, abgestellt. Erfreulicherweise scheint in mehreren Bezirken sowohl die Zahl der gewerblich tätigen Kinder als auch die Zahl der Verstöße gegen das Kinderschutzgesetz zurückgegangen zu sein. Ob dieses günstigere Ver⸗ hältnis auf die wiederholten schriftlichen und mündlichen Aufklärungen, die polizeilichen Vernehmungen und Kontrollen und die in Wieder⸗ holungsfällen veranlaßten Bestrafungen oder etwa darauf zurück⸗ zuführen ist, daß die Kinder, von ihren Eltern oder Arbeitgebern beeinflußt, ihre Aussagen in der Schule nicht mehr mit derselben Offenhelt gemacht haben, wie bei der ersten Erhebung, läßt sich schwer feststellen. Die gegen Ende des Jahres 1908 in⸗ folge eines Erlasses des Ministers der geistlichen Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten im Kreise Herford probeweise angesteflte Erhebung über die gewerbliche Beschäftigung schul⸗ pflichtiger Kinder mittels Fragebogen, die an die Eltern zur Aus⸗ füllung verteilt wurden, hat nach dem Bericht des zuständigen Ge⸗ werbeinspektors bei dem Mißtrauen, das von den beteiligten Be⸗ völkerungsklassen im allgemeinen derartigen Erhebungen entgegen⸗ gebracht wird, zwar unsichere, aber doch immerhin wertvolle Unter⸗ lagen für die Beurteilung der Kinderbeschäftigung geliefert.
Die Zahl der Zuwiderhandlungen gegen die Gesetze und Ver⸗ ordnungen zum Schuße der Arbeiterinnen, die von den Gewerbe⸗ infpektoren im Laufe des Berichtsjahrs ermittelt worden sind, ist von 3398 auf 2594 gesunken; 1932 (gegen 1908; — 425) Fälle betrafen Verstöße gegen die Bestimmungen über Anzeigen und Aushänge, los ( 2A) Fälle Uebertretungen materieller Schutzvorschriften, die zum überwiegenden Teile in unerlaubter Verkürzung der Mittags⸗ pause und in Ueberschreitungen der zulässigen Arbeitszeit an den Vorabenden der Sonn. und Festtage bestanden. Die meisten Juwiderhandlungen wurden in den Werkstätten der Kleider⸗ und Wäfchekonfektion und im Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe fest⸗ gestellt, nächsthdem in den Ziegeleien, in den Buchdruckereien und Schriftgießereien, in der Industrie der Nahrungs⸗ und Genußmittel, in den Meiereien und Betrieben zur Sterilisierung von Milch und in der Textilindustrie. Die Zahl der Anlagen, in denen gegen ie gesetzlichen Bestimmungen gefehlt wurde, hat sich gegen das Jahr I908 um 185 vermindert, die Zahl der wegen Juwiderhandlungen bestraften Personen um 206 Rermehrt ungerechnet noch 16 schwebende Strafverfahren. Die Bewilligungen von Ueberarbeit haben infolge der in einzelnen Industriezweigen eingetretenen Besserung der Geschäftslage im Berichtsjahr erheblich zugenommen. Es wurde von den Verwaltungs behörden für Wochentage außer Sonnabend 490 (gegen 1808; 4 S9) Betrieben mit 34777 4 13680) Arbeiterinnen in 773 (4 221) Fällen für 8591 (4 2427) Tage und für Sonnabend 77 (4.412) Anlagen mit 8ols (4 3373) Arbeiterinnen in 198 6* 84) Fällen die Beschäftigung über die normale Arheitszeit gestattet. An diesen Bewilligungen find die Industrie der Nahrungs- und Genußmittel die Textilindustrie und das Bekleidungs- und Reinigungsgewerbe mit den höchsten Stundenzahlen beteiligt.
Die zur Verhütung eines unverhältnismäßigen Schadens gemäß lohf der G.⸗O. bewilligten Ausnahmen von den Vorschriften über Sonntagsruhe haben im Berichtsjahr sowohl hinsichtlich der Zahl der Betriebe, denen . gestattet wurde (948 gegen 711
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im Jahre 19068), als auch hinsichtlich der Zahl der bewilligten Arbeits⸗ stunden (515 328 gegen 428 170) und der an der Sonnkagsbeschäfti⸗ gung beteiligten Arbeiter (17 945 gegen 40 555) eine Steigerung erfahren. Wie im Vorjahre waren die Rohzuckerfabriken und Zucker⸗ raffinerien, denen für 98 Betriebe 102 463 Arbeitsstunden bewilligt wurden, am stärksten an der Sonntagsarbeit beteiligt, danach die Industrie der Nahrungs., und Genußmittel und die In— dustrie der Maschinen, Werkzeuge, Instrumente, und Apparate mit 73 refp. Ss Betrieben und 45 398 resp. 33 245 Arbeitsstunden.
Die Zahl der Unfälle hat sich im Vergleich zum Jahre 1908 nicht unerheblich verringert. Dies günstige Ergebnis dürfte aus der verminderten Betriebsintensität und dem geringen Arbeiter⸗ wechsel in der ersten Hälfte des Berichtsjahres, zum Teil aber auch aus der sinkenden Tendenz des Verhältnisses der Unfall- zur Arbeiterzahl zu erklären sein, die bereits seit mehreren Jahren beobachtet worden ist. Zahlreiche und schwere Unfälle sind wieder in den Steinbruchbetrieben vorgekommen. Eine Besserung in dieser Beziehung wird nach der Ansicht des Gewerbeinspektors in Dillenburg nur durch eine sorgfältigere Ausbildung des Aufsichts⸗ personals und die Einführung eines besonderen gesetzlichen Befähigungs⸗ nachweises, wie er bereits für die Aufsichtspersonen der bergpollzeilich überwachten Betriebe besteht, zu erreichen sein. Jetzt begnügen sich die Unternehmer in der Regel damit, ältere Leute oder Vorarbeiter mit der Leitung des gesamten Betriebes zu beauftragen, was für kleine und ein—⸗ fache Anlagen ohne maschinelle Einrichtungen auch genügen mag; dagegen muß es doch äußerst bedenklich erscheinen, wenn in Betrieben größeren Umfanges mit schwierigen Abbau⸗ und Arbeiterverhältnissen ein einfacher Arbeiter, wenn auch in gehobener Stellung, das Amt eines Betriebs⸗ führers einnimmt. Schon der Mangel an Ansehen seinen früheren Arbeitsggnossen. gegenüber erschwert eine strenge Durchführung der zum Schutz der Arbeiter erlassenen Vorschriften. Dazu kommt vielfach neben dem Mangel an einer ausreichenden Schulbildung das Fehlen der elementaren Kenntnisse in der Gesteinskunde, der Behandlung und Verwendung von Spreng stoffen ꝛc., worunter sowohl' die Sicherheit wie die Wirt⸗ schaftlichkeit der Steinbruchbetriebe leidet. Erheblich haben sich im Berichtsjahr die schweren Handverletzungen an den Holz— bearbeitungsmaschinen verringert, seitdem die Gewerbeaufsichts— beamten 'energisch darauf dringen, daß die gefährlichen Maschinen mit runden Sicherheitswellen ausgerüstet werden. Aus dem reichen Material, das in den Berichten der Gewerberäte ent— halten ist, seien einige für die Unfallverhütung bemerkenswerte Fälle mitgeteilt. Die Gefährlichkeit des Benzols ist wiederum durch einen Todesfall in einer Anilinfabrik des Regierungsbezirks Merseburg erwiesen worden. Dort war infolge falscher Ventil⸗ stellung durch einen Arbeiter Benzol in den Arbeitsraum ausgelaufen, sodaß der Mann angewiesen wurde, den Raum sofort zu verlassen. Dieser Anweisung kam er zwar nach, wurde aber von dem Werk meister, als dieser nach Verlauf von etwa zehn Minuten sich über zeugen wollte, ob das Benzol abgelaufen sei, in dem noch stark nach Benzol riechenden Arbeitsraum in einem Winkel am Boden liegend aufgefunden. Vorgenommene Wiederbelebungsversuche durch den sofort ö,, Fabrikarzt blieben erfolglos. Dieser Unglücksfall ist durch eigenes Verschulden des Arbeiters herbeigeführt worden, der darüber belehrt war, daß ein vorzeitiges Betreten des mit Benzoldämpfen erfüllten Gebäudes mit Gefahr für Gesundheit und Leben verknüpft sei, und der sich entgegen ausdrücklicher Weisung in den Raum zurückbegeben hatte. Mit welchem großen Leichtsinn im Dampf kesselbetriebe hin und wieder verfahren wird, läßt ein Fall erkennen, in dem der Besitzer einer Mühle im Regierungsbezirk Minden das Sicherheitsventil seines Dampfkessels mittels eines 6 kg schweren essernen Gewichtsstücks überlastet und den Dampfdruck im Kessel 14 Atmosphären über den Konzessionsdruck gesteigert hatte. In richtiger Erkenntnis der Gemeingefährlichkeit einer solchen Handlungs— wesse verurteilte das Schöffengericht den Müller zu 300 M Geld strafe oder 60 Tagen Gefängnis, indem es über den auf 100 S Geldstrafe lautenden Strafantrag des Amtsanwalts erheblich hinausging. Durch das Springen eines Schwungrads ist in einer Fabrik im Regierungsbezirk Cassel ein Todesfall herbeigeführt worden. Dieser Fall ist deshalb von grundsätzlicher Bedeutung, weil das Springen, wie ausgedehnte Erhebungen und Berechnungen ergeben, nicht durch übermäßige Geschwindigkeit (Durchgehen der Maschine), sondern durch plötzliche elektrische Bremsung in der Weise hervor— gerufen zu sein scheint, daß beim Einschalten auf das Netz ein Strom— stoß aus diesem die Maschine getroffen hat, der auf sie einen Zwang zur Drehung in entgegengesetztem Sinne ausübte. Die Firma hat inzwischen Minimalschalter angebracht, die auch für ähnlich liegende Verhältnisse empfohlen werden können. Ein bemerkenswerter Unfall ereignete sich ferner in einer Motorbäckerei im Regierungsbezirk Osnabrück, in der die Rohrleitung vom Benzinlager bis, zum Motor unmittelbar in den sauren, lehmigen Marschboden verlegt und in dieser Umhüllung verrostet war. Da außerdem das Benzinfaß nicht luftdicht verschlossen war, floß das Benzin in die Leitung, aus dieser in das Erdreich und fand den Weg bis zu einer 10 m entfernten Zisterne im Hause des Besitzers. Bei Annäherung mit einer Stallaterne entzündeten sich die Benzingase, wodurch vier Personen teilweise schwer verletzt wurden. Besondere Auf inerkfamkeit haben die Gewerbeinspektoren im Berichtsjahre den Unfällen während der Nachtschicht zugewandt. Nach ihren Mitteilungen ist die Annahme, daß die Unfallgefahr bei Nacht ver⸗ hältnißmäßig größer sei als bei Tage, statistisch widerlegt; ferner wird festgestellt, daß sich charakteristische Merkmale für die Art, Schwere und Ursache der Unfälle während der Nachtschicht aus den erstatteten Anzeigen nicht haben gewinnen lassen. Diese Ergebnisse werden darauf zurückgeführt, daß in der Nachtschicht die Haupt masse der ungelernten, unständigen Arbeiter nicht beschäftigt wird, daß die jugendlichen Arbeiter und die Arbeiterinnen gänzlich fehlen, Nachts mit weniger Hast und vorsichtiger gearbeitet zu werden pflegt, schwierige und besonders gefährliche ziert auf den Tag ver⸗ schoben, Transport und Verladung eingeschränkt werden oder ganz unterbleiben, daß manche störenden Einfluͤsse, die sich am Tage geltend machen, in der Nacht fortfallen, und die größte Gefahrenquelle mangelhafte Beleuchtung, in allen größeren Betrieben beseitigt ist.
Zur Arbeiterbewegung.
Die Berliner städtischen Arbeiter und Handwerker hielten hiesigen Blättern zufolge, am Montag eine Protestversammlung ab wegen der Ablehnung der von ihnen gestellten Lohnforderungen. Es wurde mitgeteilt, daß die Arbeiterausschüsse der städtischen Be triebe sich aufgelöst hätten, weil ihre Anträge doch nicht berücsichtigt würden. In einer Resolution wird aufgefordert, für den Verband
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Grundlage haben.
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Ebenfalls müssen die Verbandstage es ablehnen, in dem Vertrags—⸗
muster Durchschnitts. oder Staffellöhne festzulegen. Völlig unan—
nehmbar für die Zentralpverbände ist auch jede einschränkende Be⸗ stimmung bei der Lohnfestsetzung, soweit nicht alte, invalide und jugendliche Arbeiter in Frage kommen. Völlig undiskutierbar sind für die Verbandstage die Forderungen des Arbeitgeberbundes, be⸗ treffend Akkordarbeit und Arbeitsnachweis. Die Verbandstage legen Wert darauf, festzustellen, daß sie in der Frage der Akkord⸗ arbeit keine Aenderung des gegenwärtigen Zustandes erstreben, ihre Regelung vielmehr den örtlichen Organisationen zu⸗ weisen. Dagegen werden die Zentralverbände niemals einer Regelung der Akkordarbeit in dem Sinne zustimmen, wie sie der Arbeitgeberhund fordert, wodurch den Arbeiterorgani⸗ sationen jeder Einfluß auf die Akkordarbeit, insbesondere auch auf die zu zahlenden Löhne genommen werden soll. Der Zweck der vom glibeitgeberbund geforderten Arbeitsnachweise ist durch die Führer des Bundes so klar gekennzeichnet, daß sie auch ohne die praktischen Er— gahrungen der Arbheiterschaft als Maßregelungsbureaus bekannt sind. Die Zentralverbände haben längst erkannt, daß mindestens in den Großstädten die Arbeitsvermittlung einer Regelung bedarf. Dies kann jedoch nur auf dem Boden vollster Parität geschehen, und die Zentralverbände erklären sich zu wiederholten Malen bereit, gemeinsam mit den Unternehmerorganisationen an die Löfung diefer Aufgabe heranzutreten. Schließlich müssen die Verbandstage unter allen Um ständen darauf bestehen, daß der Arbeitgeberbund seine zwar außerhalb des Vertragsmusters, aber damit im Zusammenhang stehenden Be⸗ schlüsse über Lohnhöhe und Arbeitszeit aufhebt. Den alverbänden der Maurer und Bauhilfsarbeiter ist es unmöglich, Ve einzugehen oder überhaupt über ein Vertragsmuster zu verhandeln, wenn nicht upor die Bahn frei gemacht ist für eine Verkürzung der Arbeitszeit unter 10 Stunden, zunächst in den großstädtischen Arbeitsgebieten, n 11
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Verständigung darüber erzielt wird, daß die Löhne den teuern verhältnissen entsprechend aufgebessert werd Bauhilfsarbeiter 6
en sollen. der Maurer und ter Deutschlande daß sie gern bereit sind, einen vertra und für den Frieden im Baugewerbe ndlage schaffen zu helfen. Sie können das aber nur, wenn der Deu brit geberbund für das Baugewerbe seine der Parität har schlagende Forderung fallen läßt und sich wie die Zentralverbände zu der Tarifidee bekennt, die die notwendige Vorbedingung für verträge ist. Die Abstimmung ergab die ein stimmige der Resolution und damit die Verwerfung des musters der Arbeite Der Verbandstag verwarf gleichfalls das Vertragsmuster Auch der ? einmütigen Beschluß, der der Arbeit⸗ geber richtet. amit ein großer Ausstand im Baugewerbe unvermeidli in. Aus Zabrze wird dem W. T. B.“ telegraphiert, daß Schlepper vom Delbrückschacht in isstand getreten sind; bei der heutigen F d die Arbeitswilligen wurden an der Aufnahme der Arbeit gehindert. er Grund zu dem Ausstand ist Unzufriedenheit mit den neuen beitsbedingungen, durch die sich die Bert In Paris beschlossen gestern, wi Fuhrleute von Ke weil die von ihnen verlangte Lohnerhöhung g Franes verweigert wurde. Der Polizeipräfekt wird wagen von Schutzleuten begleiten seiten der Ausständigen zu verhindern. In Marseille beschlossen e e eingeschriebenen Seeleute
ee fortzusetzen, und forderten die
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e Verbands organisationen, Stauer, Dockarbeiter und Fuhrleute auf, sie zu unter gen. — Der Unterstaatssekretär der Maxine Charon begab sich gestern an Bord zweier Dampfer und hielt Ansprachen an die neu gebildeten Besatzungen, in denen er sie zur Achtung vor dem Gesetze er⸗ mahnte. Von diesen Dampfern ging der eine darauf nach Korsika, der andere nach Dran in See. Auf einem dritten Dampfer, dem Pakethoot „Moise“, der Nachts nach Tunis abgehen sollte, gab die Mannschaft dem Unterstaatssekretär das Versprechen ab, daß sie das Schiff nicht verlassen werde. Dennoch verweigerte in vergangener Nacht ein Teil der Mannschaft der ‚„Moise“ in dem Augenblick, als das Schiff in See gehen sollte, den Dienst. Vier Matrosen wurden verhaftet und ins Gefängnis gebracht. Die Moisen wird nicht vor morgen abfahren. Das Marineministerium ist telegraphisch um Bereitstellung von Matrosen der Kriegsmarine ersucht worden. Der Präsident des Zentralkomitees der Reedereien Charles? x hat an den Ministerpräsidenten ein Schreiben gerichtet, in dem er sich ie Tragweite der Streikbewegung unter den Seeleuten der Handelsmarine ausläßt und deren Folgen für die Handelsmarine kennzeichnet. Es handle sich hler nicht um die Regelung wirtschaftlicher Fragen, die als Gegenstand für gegenseitige Unterhandlungen geeignet seien, sondern hier käme die der Gesetze in Frage, denen alle ausnahmslos unterworfen seien. Die Gesetzgebung aber gestatte die Beschäftigung von Ausländern in der Schiffsmannschaft bis zu einem Viertel der Gesamtzahl. Die Be schwerde der Matrosen hierüber sei also ungerechtfertigt. Das Schreiben zählt fodann die an Bord der Handelsschiffe im Monat März vorge— kommenen Zwischenfälle auf, die sich als förmliche Gehorsamsverweige— rung darstellten. Die Seeleute hätten eine Disziplinlosigkeit bewiesen, unter der die franzoösische Handelsflotte furchtbar leide. Die Regie rung habe versprochen, alle gesetzlichen Mittel in Anwendung zu bringen, um die ständig wachsenden Gefahren der Disziplinlosig keit abzuwenden. Die Reeder rechnen darauf, daß die in diesem Ver— sprechen angekündigten Maßregeln nicht wirkungslos bleiben werden. Sie seien überzeugt, daß die Seeleute sich nicht zu tadelnswerten Sandlungen würden hinreißen lassen, wenn man sie ihnen nicht als ein ihnen gesetzlich zustehendes Recht hinstelle. Die Re⸗ gierung müsse diesen Irrtum zerstreuen und die Autorität an Bord fichern. Die Reeder hoffen, daß die Regierung sich ihrer schweren Verantwortung bewußt sei und sich ihren Verpflichtungen nicht entziehen werde. — Auch in Algier hat die Marseiller Streikbeweg ung große Aufregung verursacht. Alle Körperschaften wandten sich an die Regierung mit der Bitte um energische Maß nahmen zur Bekämpfung der für Algier so verhängnisvollen Folgen des Ausstandes. — In Bordeaux billigt das Syndikat der ein⸗ geschriebenen Seeleute die Bewegung in Marseille und erklärt, gegebenenfalls mit allen eingeschriebenen Seeleuten solidarisch vor⸗ zugehen.
(Weitere „ Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.)
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Wohlfahrtspflege.
Aus Anlaß der gestrigen Feier ihres 100jährigen Bestehens machte, wie dem W. T. B.“ aus Oberhausen gemeldet wird, die Gutehoffnungshütte Stiftungen und Schenkungen an die Gemeinden Oberhausen, Sterkrade, Osterfeld, Hiesfeld, Holten und Borbeck sowie an die Beamten, Meister und Arbeiter im Gesamtwerte von 1300000 .
Kunst und Wissenschaft.
Die für das Achilleion auf Korfu im Auftrage Seiner Majestät des Kaisers von Professor Johannes Götz geschaffene Achillesstatue wird in der diesjährigen Großen Berliner Kunstaus stellung aufgestellt werden. Bei der von Professor Kallmorgen geleiteten Aus⸗ stelkung wird in diesem Jahre die ausländische Kunst weniger berück⸗ sichtigt, dafür aber eine besonders starke Vertretung der deutschen, insbefondere der Berliner Künstler erzielt werden. In der Anordnung der Kunftwerke wird insofern eine Aenderung eintreten, als die Werke der einzelnen Kunststädte nicht in besonderen Sälen gezeigt werden.