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Ueberjeugung nach nun nicht noch stärker in Anspruch nehmen, als es bisher der Fall gewesen ist.
Nun sagt Herr Abg Dr. Friedberg: es ist doch ganz egal, ob man von vornherein das Extraordinarium auf die Eisenbahnanleihe übernimmt, oder ob man zwar ein hohes Extraordinarium ausbringt, dann aber den Etat mit einem Defizit abschließt, also eine Defizit anleihe übernimmt. Meine Herren, das mag im Effekt dasselbe sein, aber psychologisch ist es ein gewaltiger Unterschied. Denn eine Defizit⸗ anleihe zu vermeiden, muß das ernste Bestreben des Finanzministers sein, und er kann alle Ansprüche der übrigen Ressorts zurückdrängen, wenn er sagt: er muß zur Befriedigung der Ansprüche sonst den Weg
— der Defizitanleihe beschreiten, während, wenn wir eim für allemal es
für zulässig erachten, einen Teil des Extraordinariums auf Anleihe zu übernehmen, dann eben kein Halten mehr ist; dann kommen die An⸗ sprüche der anderen Ressorts, und dann wird dem Finanzminister ge⸗
= sagt: du brauchst das Extraordinarium der Eisenbahnverwaltung nur
etwas mehr auf Anleihe zu übernehmen, dann ist Platz für die An— sprüche der übrigen Ressorts, und so wird die Stellung der Finanz⸗ verwaltung gegenüber den Ansprüchen der übrigen Ressorts wesentlich geschwãcht.
Herr Abg. Dr. Friedberg sagte dann: in dieser Ueberlastung des
Marktes läge nicht der einzige Grund für den unbefriedigenden Stand
der Staatspapiere. Gewiß, darin kann ich ihm nur beistimmen. Ich kann aber nicht anerkennen, daß wir, abgesehen vielleicht von der Staffelanleibe, wo ich zugeben will, daß sie vielleicht nicht ein ganz geglückter Versuch war, ungeschickt verfahren seien, wie das aus seinen Worten herausklang. Wenn wir Anleihen herausbringen, so be⸗ sprechen sich der Präsident der Seehandlung, der Reichsbankprãsident auf das eingehendste mit den ersten Autoritäten auf diesem Gebiete, und danach wird die Entscheidung getroffen. Ich kann nicht an⸗ erkennen, daß bei den Anleihen im allgemeinen mit Ungeschick ver⸗ fabren worden sei.
In einem hat Herr Friedberg vollkommen recht, daß wir uns einen allgemeinen Markt für unsere Papiere suchen müssen, und ich hoffe, bier seine Unterstützung zu finden, wenn es etwa notwendig sein sollte, mit einem Gesetz an das hohe Haus zu treten wegen An⸗ legung eines Teils der Ueberschüsse der Sparkassen in Staats⸗ papieren, und ich freue mich über die Erklärung, die Herr Dr. Schroeder mir gegenüber getan hat, wonach er uns auch auf anderen Gebieten in der Beziehung seine Unterstützung zu teil werden lassen will.
Wenn ich mit dem Herrn Minister der öffentlichen Arbeiten für ein bobes Extraordinarium der Eisenbahnverwaltung eingetreten bin, so habe ich, wie gesagt, ganz gegen die Interessen der Finanz⸗ verwaltung gebandelt, weil dadurch naturgemäß die Balanzierung des Etats außerordentlich erschwert wird. Aber ich habe damit im Interesse der Eisenbahnverwaltung und der wirtschaftlichen Er⸗ schließung des Landes zu handeln geglaubt, und wundere mich, daß gerade von der Seite Bedenken dagegen erhoben sind. Gerade die Parteifreunde des Abg. Friedberg haben immer mit Recht den Wunsch ausgesprochen, daß möglichst viel für die Ausgestaltung der Eisenbahnen geschieht, und die Situation des Ministers der öffent⸗ lichen Arbeiten ist doch eine viel bessere, wenn er mit einem hoben Erxtraordinarium rechnen, darnach seine Dispositionen treffen kann, als wenn er von Jahr zu Jahr sehen muß, welche Anleihe ihm etwa be⸗ willigt wird. Gerade in der Regelmäßigkeit eines hohen Extra— ordinariums liegt für die Eisenbahnverwaltung ein großer Wert, und desbalb hat der Minister der öffentlichen Arbeiten mit Recht betont, daß ibm an einem hohen und gleichmäßigen Extraordinarium besonders gelegen sei. Wenn wir also unter Erschwerung der Balancierung des Etats, unter Bringung erheblicher Opfer diese 120 Millionen als Extraordinarium der Eisenbahnverwaltung in Aussicht nehmen, und die Eisenbahnverwaltung erklärt hat, damit, soweit sie es übersehen könne, auszukommen, so möchte ich mir die dringende Bitte gestatten, daß das bohe Haus sich bei den künftigen Beratungen auch dieser Ansicht anschließen möge, und daß nun nicht aus dem Hause ein Drängen bervortreten möge, über die 120 Millionen bezw. „15 0/0 des Anlagekapitals hinauszugehen. (Sehr wahr! rechts.)
Diese reichliche Dotierung des Extraordinariums ist für die Balancierung des Etats schon ein erschwerendes Moment. Aber ich glaube, dieses Opfer pflichtmãßig bringen zu müssen im Interesse der Gisenbahnverwaltung und Verkehrsentwicklung des ganzen Landes Dann aber bitte ich Sie, daß wir über diesen Satz nicht hinaus— gedrängt werden.
Wie ich eingangs sagte, über die Frage, ob wir mit den 2,100 / für den Ausgleichsfonds, mit den 120 Millionen des Extraordinariums das Richtige getroffen haben, kann nur die Erfahrung der Lehrmeister sein. Wir wollen boffen, daß uns eine günstige wirtschaftliche Ent⸗ wicklung beschieden sein möge und damit die feste Scheidung, die hier beantragt ist, auch tatsächlich in Wirksamkeit tritt. Ich glaube, die Frage der Bemessung ist aber sekundär und kann nur durch die Erfahrung als richtig oder unrichtig erwiesen werden. Was richtig ist, ist, daß wir zu dieser grund⸗ sätzlichen Begrenzung überhaupt gelangen, und daß damit eine Barriere gegen die Ansprüche der anderen Ressorts gezogen wird⸗ falls wieder günstige wirtschaftliche Tage uns beschieden sein sollten, und ich freue mich, daß in dieser grundsäßlichen Frage eine Ueber⸗ einstimmung zwischen Budgetkommission und Staatsregierung erzielt ist, und nach den eben gehörten Reden darf ich annehmen, daß über diese grundsätzliche Frage zwischen dem hohen Hause und der Staats⸗ regierung volle Uebereinstimmung herrscht, und daß diese Ueberein⸗ stimmung ein wesentliches fruchtbringendes Moment für die Ent⸗ wicklung unserer Staatsfinanzen, der Eisenbahnfinanzen insonderheit, darstellen wird. (Lebhafter Beifall rechts.)
Abg. Gyßling sfortschr. Volke): Die Ziele, die sich die Budget⸗ kommifsion und die Regierung gesteckt haben, sind gewiß gerecht⸗ fertigt. Der Minister der offentlichen Arbeiten soll nicht, wie es sein Vorgänger einmal ausdrückte, der Goldonkel für die Staatsfinanzverwaltung sein; die allgemeine Finanzverwaltung darf nicht die Betriebsüberschüsse der Eisenbahnverwaltung in Anspruch nehmen, sodaß diese nicht tun kann, was sie im Interesse des Ver⸗ fehrs und der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes zu tun ver⸗ pflichtet ist. Die Erniedrigung der Tarife hat der Eisenbahnminister wegen der Steigerung der Selbstkosten abgelehnt, aber bei weiterer günstiger Entwicklung dürfen wir diese volkswirtschaftlich wichtige Frage nicht aus den Augen lassen. Die Ziele werden mit den vorge⸗ schlagenen Mitteln nicht erieicht werden; ebenso wie der Ausgleichs⸗
fonds, der seit 1893 gebildet werden soll, heute eine ganz wesenlose
Grscheinung ist, wird auch der neue Ausgleichsfonds nicht die er⸗
wartete Wirkung haben. Zum wenigsten hätte man ganze Arbeit machen
und im Jesegezwege vorgehen müssen. Der Ftatsvermerk, der jetzt aufgenommen ist, bedeutet nur eine Bindung für ein Jahr. Gewiß wird die Verwaltung versuchen, den betretenen Weg einzuhalten. Aber vom Verfuchen haben wir nachgerade genug.ů Ich will die positiven Gesetzesvorschläge, die Geheimrat Kirchboff in seiner Schrift nieder⸗ elegk bat, nicht ohne weiteres billigen; aber der Grundgedanke seiner Ausführungen, daß allein eine gesetzliche Regelung zum Ziele führen fann, ist kichtig. Der Finanzminister bat dargelegt, weshalb der Prozentsatz von 210 zutrifft, Ich halte ihn für zu hoch. Unsicher fft er, wie die Regierung selbst zugegeben hat, auf jeden Fall. Die Angaben der Regierung schwankten auch. Einmal sagte der Minister, in abfehbarer Zeit würde der Ausgleichsfonds aufgefüllt sein; dann bieß es wieder 1912, dann wieder 1914; bis dabin soll die Sache doch überhaupt nur gehen. fir das Extraordinarium sind zu boch gegriffen. Wenn die Staatseifenbahnberwaltung zu werbenden Zwecken Geld brauchf fo muß und wird es ibr doch bewilligt, werden. Der Finanzminister würde gut tun, wenn er den von Geheimrat Rirchboff und Minifterialdirektor Offenberg in deren veeschiedenen Aufsätzen geltend gemachten Gesichtspunkten mehr Rechnung trüge. Kirchhoff will unterscheiden die laufende Verwaltung, den Betriebsetat und den Bauetat. Er will letzteren durch Anleihen decken, nur mit einem Zuschuß, den der Betriebsfonds zum Baufonds zu leisten hat. Der Finanzminister berechnet immer nur die Passiva, ohne die Aktiva genügend hervorzuheben. Unser Eisenbahnvermögen wird auf 30 Milliarden geschätzt. Die Reichsschulden lassen sich demgegenüber zum Vergleich gar nicht heranziehen. Auch die Nebenbahnen verzinsen fich nach der Angabe des Eifenbahnministers durchaus gut. Ebenso wird eine Betriebsänderung, eine Elektrisierung der Bahnen doch nur dann vorgenommen werden, wenn wirtschaftliche Erfolge dadurch eintreten. Was der Finanzminister über die zu starke Anspannung des Anleihe⸗ marktes und das Sinken des Kurses unserer Staatspapiere ausführte, lauft in seiner Konsequenz darauf hinaus, der Zukunft Vorteile auf Kosten der Gegenwart zuzun enden, und das darf in diesem Maße nicht geschehen. Den Resolutionen der Kommission können wir fast durchweg zustimmen. Im übrigen aber müssen wir uns getrõsten, daß es allmählich dahin kommen wird, daß wir nicht einen papiernen, fondern einen wirklichen Eisenbahnetat aufstellen können.
Finanzminister Freiherr von Rheinbaben:
Sie wollen mir einige Erwiderungen auf die eben vernommenen Ausführungen des Herrn Vorredners gestatten, meine Herren. Der Herr Abg. Gyßling hat der Meinung Ausdruck gegeben, daß die jetzige etatsmäßige Regelung nicht in Einklang zu bringen sei mit dem Gesetz vom Jahre 1903 wegen Schaffung des Ausgleichsfonds. Diese Frage haben naturgemäß sowohl der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten wie der Finanzverwaltung eingehend geprüft, und sind nicht zu dem Ergebnis gekommen, wie der Herr Abg. Gyßling. Wir glauben nicht, daß die etatsmäßige Regelung, die wir vorschlagen und der die: Budgetkommission sich angeschlossen hat, mit dem Gesetz vom Jahre 1903 irgendwie im Widerspruch steht. Das Gesetz vom Jahre 1903 will die rechnungs mäßigen Ueberschüsse des gesamten Staats— haushalts bis zur Höhe von 200 Millionen Mark auffangen, um daraus den E Diepositionsfonds des Eisenbahnministers zu speisen, rechnungkmäßige Minderüberschüsse der Eisenbahnverwaltung aus— zugleichen und eventuell das Extraordinarium der Gisenbahnverwaltung besser auszugestalten. An dieser Bestimmung des Gesetzes von 1903 wird nichts geändert; denn die etatsmäßige Regelung, wie wir sie. vorschlagen, tritt zu der gesetzmäßigen insofern hinzu, als durch diese etatsmäßige Regelung schon die über eine gewisse Höhe hinaus⸗ gehenden Ueberschüsse der Eisenbahn verwaltung dem gleichen Zweck zugeführt werden sollen, und zwar ganz unabhängig davon, ob der ge⸗ samte Staatshaushalt mit einem Ueberschusse oder mit einem Febl⸗ betrage abschließt. Es bleibt also dabei, daß nach dem Gesetz von 1903 ein etwaiger Ueberschuß in der Rechnung des gesamten Staat ⸗ haushalts dem Fonds zugefahrt wird, und hierzu tritt, daß jetzt auch ein gewisser Ueberschuß der Eisenbahnverwaltung selbst nach Maßgabe des Etats dem gleichen Fonds zugeführt werden soll. Wir glauben also, daß die Ordnung, wie wir sie vorschlagen, eine Ergänzung, nicht aber eine Abänderung des Gesetzes von 1903 darstellt.
Meine Herren, gegenüber meinem Hinweise, daß im Reich viel schärfer amortisiert wird als bei uns, hat der Herr Abg. Gyßling ausgeführt, die Schulden Preußens wären mit den Schulden im Reich gar nicht zu vergleichen. Darin irrt er sich; denn die Regelung, die im Reich getroffen ist, bezieht sich auch auf die Schulden für werbende Zwecke. So müssen beispielsweise die Schulden, die im Reich für Telephonanlagen und für Eisenbahnzwecke aufgenommen sind, in 30 Jahren getilgt werden, und die Schulden für nichtwerbende Zwecke mässen sogar in 22 Jahren getilgt werden. Gerade auch vom Standpunkt der Er—⸗ haltung der Leistungsfähigkeit der Cisenbahnen muß, wie ich glaube, eine zunehmende Inanspruchnahme der Mittel der Eisenbahnver⸗ waltung für den Schuldendienst hintangehalten werden.
Ich habe vorhin in Kürze — in der Budgetkommission habe ich es ausführlicher getan — die Bedenken hervorgehoben, die aus einer Zunahme der Verschuldung sich auch für unsern ganzen Staat, für die Allgemeinheit ergeben. Speziell würden aber auch für die Eisenbahn⸗ verwaltung die nachteiligen Folgen naturgemäß in absehbarer Zeit hervortreten. Man würde sich für den Augenblick Luft schaffen und dann schon in verhältnismäßig kurzer Zeit eine außerordentliche Belastung für den Schuldendienst erfahren. Man würde auf diese Weise der Eisenbahnverwaltung in verhältnismäßig kurzer Zeit die Mittel entziehen, die ihr jetzt zur Ausgestaltung ibrer eigenen Anlagen ur Verfügung stehen. Die erheblichen Kapitalsaufnahmen, die er— heblichen Anleiben, die wir im Interesse der Eisenbahnverwaltung in den letzten Jahren haben machen müssen, haben den Schuldendienst der Eisenbahnverwaltung vom Jahre 1906 bis zum Jahre 1910 um nicht weniger als 50 Millionen gesteigert. (Hört, hört! Also all⸗ jährlich hat jetzt die Eisenbahnverwaltung wegen dieser Anleihen an Zinsen und Tilgung 50 Millionen mehr ju zahlen, die ihr natur⸗ gemäß für ihre andern Zwecke nicht mehr zur Verfügung stehen. Wenn man nach dem Antrag, der in der Kommission gestellt war, das Extraordinarium nicht auf 120 Millionen, sondern nur auf 60 Millionen bemessen hätte in der Absicht, die übrigen 60 Millionen aus Anleihe zu bestreiten, so würde sich das folgende Exempel ergeben haben. Im ersten Jahre würde ein Anleihebetrag von 60 Millionen hinzutreten, und zu dessen Verzinsung und Tilgung würden 276 Millionen erforderlich fein; im Jahre 1911 hätte sich der Betrag schon auf 5,52 Millionen verdoppelt; im Jahre 1912 hätte er sich auf 8,36g Millionen und im Jahre 1913 auf 11,29 Millionen erhöht. Der Schuldendienst der Eisenbahnverwaltung wäre dann so weiter gestiegen, und nach 18 Jahren hätte er schon den Betrag von 0 Millionen in Anspruch genommen. Also der Betrag, um den man jetzt: das Extraordinarium entlasten will, würde zur Verzinsung
Auch die 120 Millionen
und Tilgung mehr erforderlich sein, und nach 28 Jahren wäre der Schuldendienst um nicht weniger als 106 Millionen gestiegen. Die Sache hätte sich dann so gestaltet, daß man der Eisenbahnverwaltung die Situation für den Augenblick erleichtert, ihr aber in Zukunft die Erfüllung ihrer eigenen Aufgabe erschwert hätte. Ich glaube, eine Staatsregierung sowohl wie ein Parlament darf bei dieser Frage nie den Blick in die Zukunft verlieren, sondern muß sich vor Augen halten, wie eine Regelung auch für die Zukunft wirken würde. Wenn man das aber tut, so wird man sich sagen müssen, daß eine Minderung im Extraordinarium und eine starke Beschreitung des Anleiheweges für die Staatsverwaltung wie auch fü die Eisenbahnverwaltung von hohem Nachteil sein würde, und deshalb kann ich nur erneut für die Bewilligung des hohen Extraordinariums eintteten. Die Rollen haben sich vollkommen ver⸗ tauscht. Die Linke hat immer gewünscht, daß man der Gisenbahn⸗ verwaltung möglichst hohe Mittel zur Verfügung stellt; und in dem Sinne möchte ich hier auch eintreten, indem ich bitte, der Gĩisenbahn⸗ verwaltung ein bohes Extraordinarium zu bewilligen. Ein hohes regelmäßiges Extraordinarium, auf das eine Verwaltung rechnen kann, macht erst eine planmäßige Disposition möglich und ermöglicht es erst, die nötigen Ausgestaltungen weitschauend auszuführen. Deshalb ist für die Eisenbabnverwaltung eine solche Regelmäßigkeit von der größten Bedeutung.
Abg. Borgmann (So). ): Wir stehen prinzipiell auf, dem Standpunkt, daß nach Möglichkeit dahin gestrebt werden muß, die wirtschaftlichen Unternehmungen des Staates völlig von der all⸗ emeinen Finanzverwaltung zu trennen, da sie ja nur dann ihre wirt⸗ e lch Zwecke völlig zu erreichen vermögen. Die Zustimmung zu den Kommissionsvorschlägen wird uns erleichtert dadurch, daß es sich nur um einen Versuch handeln soll; es werden Erfahrungen gesammelt, und es wird deren Ergebnis abgewartet werden müssen. Was die Höhe des Extraordinariums betrifft, so steht es allerdings fest, daß eme hohe Bemeffung desselben die bessere Dotierung des Aucgleichs fonds verhindern muß. Aber ein hohes Extraordinarium tann niemals einen Schaden, sondern stets nur eine wesentliche Verbesse⸗ rung der finanniellen Verhaltnisse, herbeiführen; da wir außer. ordentlich niedrig amortisieren, stellt die hohe Dotierung des Extraordinariums nichts anderes als einen Ausgleich dafür dar. Wenn es sich um kommunale Anleihen handelt, schreibt der Finanz- minifter den Kommunen mindestens 2 l. Amortisation vor. Er müßte also doch auch mit eigenem guten Benpiel vorangehen. Die Streitfrage, was werbende Anlage ist, was nicht ist selbst den Finanz⸗ technikern nicht ganz klar. Man sollte sich dahin entscheiden, daß das Hauptgewicht nicht darauf gelegt wird, ob die Anlage eine werbende, sondern ob sie eine Ergänzung oder ein Ersatz für etwas Verbrauchtes oder der Ergänzung Bedurftiges ist. Eine Gefahr siegt in der hohen Dotierung des Extraordinariums nicht. Ander⸗ feilrs empfiehlt sich obne weiteres eine stärtere Tilgung der Anleihen desbalb, well wir außerordentlich starken Veranderungen in der Technik entgegengehen; haben wir bohe Anleiheschulden, so wird es sebhr schwer i technisch notwendig gewordene Neuanlagen rasch ur Durchführung zu bringen. Aufjallenderweise ist bisher eine Leußerung des Ministers in der Diskussion nicht beachtet worden. Er sagte, die günstigere Entwicklung der Eisenbahneinnahmen sei erfolgt, weil es gelungen sei, die Ausgaben troß der erheblichen Fort⸗ schritte des Bekriebes einzuschränten; er nannte den Betrag von 160 Millionen. Wenn das innerhalb eines einzigen Jahres er— möglicht werden konnte, so erscheint das doch außerordentlich merk⸗ würdig. Es wird mit der von dem Minister gegebenen Begründung dafür nicht recht stimmen; die Eisenbahnverwaitung dürfte vielmehr Mittel und Wege gefunden haben, trotz des außerordentlich gestiegenen Verkehrs die Arbeitskrafte so übermäßig in Anspruch zu nehmen, daß diefe Arbeit geleistet werden konnte. Das stimmt auch mit den Klagen überein, die uns aus den Cisenbahnarbeiter, und Beamten= kreifen entgegengetreten sind. Der Minister lollte da doch die Ansprüche nicht zu hoch spannen, sonst könnten die Kräfte versagen, und was das heißt, brauche ich angesichts der auf Ueberanstrengung der Beamten jurückzuführenden. GEisenbahnunfälle nicht weiter auszuführen. Im vorigen Jahre hat bei der Beratung des Eisenbahnetats der Abg. Gröber erklart, daß man in der Vereinheitlichung des denischen Gisenbabnwefens nicht uber eine gemeinsame Gestellung der Wagen binausgehen wolle. Man müsse die Hoheitsrechte der Ginzel⸗ staaten wahren, als deren Beschützer sich gerade Preußen fühlen müsse. Aus dieser Aeußerung scheint mir ein hoher Grad von Reichs⸗ verdrossenheit ju sprechen, die ja allerdings bei den Kon⸗ fervativen' selbst bei der Gründung des Reiches bestanden hat. Es kann kein Zweifel sein, daß unter den jeßigen Verhãäͤltnissen die preußische Eisenbahnverwaltung die einzelnen tleinen Bundes⸗ staaten bochnimmt, ja sogar darauf binarbeitet, die einzelstaat= lichen Eifendahnverwaltungen zu erdrosseln. Von diesem Standpunkt aus scheint mir die Weigerung der kleineren Staaten, ihre Hoheits⸗ rechte Preußen zu opfern, berechtigt. Wenn wir ein einheitliches Eisenbahnwesen haben wollen, dann dürfen wir es nicht unter die
preußischen Junker stellen, sondern unter die Kontrolle des Reichs. Die meisten Mängel unseres Eisenbahnwesens sind darauf
jurückzuführen, daß wir tein einbeitliches Reichseisenbahnwesen be⸗ sitzen. Nicht die angebliche Aufgabe Preußens, die Poheitsrechte der Einzelstaaten zu schützen, ist es, die den eigentlichen Grund fur den Widerstand der Konsewativen gegen eine RNeichseisenbahn bildet, fondern vielmehr die Befürchtung, daß dann eine Korperschaft mit dem allgemeinen, gleichen Wahlrecht uber die Eisenbahnen verfügen würde. Dat doch der Abg. von Oldenburg von Januschau angesichts der Bestrebungen nach einein allgemeinen Wahlrecht in Bayern und der Worte eines Angehörigen des baperischen Königshauses gesagt: Wenn die Dinge so weiter fortgehen, so munen die preußischen Bajonette da unten Ordnung schaffen.“ Von unserer Eisenbahn⸗ verwaltung ist die Unterhaltung der ersten und zweiten Klasse auf Kosten derjenigen, die die dritte und vierte Klasse benutzen, nicht kauf⸗ männisch gedacht. Die erste Klasse müßte auf jeden Fall ganzlich beseitigt werden, das Beste ware aber die Einführung einer einheit⸗ lichen Wagenklasse. Auf jeden Fall dürfte den Schnellbahnen in den Städten, wie z. B. der Berliner Hoch⸗ und Untergrundbahn, nicht das Zweiklassenspstem ausoktroviert werden. Es geht doch bei den Straßenbahnen mit einer einheitlichen Klasse. Ich möchte den Minister fragen, wie es kommt, daß sich die Eisen⸗ bahnverwaltung der Anordnung der Landespolizeibehörde Berlin betreffs Sperrung des Treptower Babnhofs anlaßlich des Wahlrechts fpazierganges gefügt hat. Man kann doch nicht annehmen, daß der Minister gezwungen worden wat, sich dieser Anordnung zu fugen. Ünverständlich ist die Maßnahme, daß Arveiterruckfahrtarten nicht mehr fur Entfernung von mehr als 50 Kilometer ausgegeben werden sollen. Tausende von Aibeitern sind dadurch in ihren wirtschastlichen Verhältniffen schwer geschadigt worden. Die Folge ist doch nicht die, daß die Arbeiter nun die höheren Fahrpreise jahlen, sondern vielmehr, daß sie nun nicht mehr Sonntags zu ihren Familien zuruck⸗= kehren. Duich diefe Verfugung tragt der Minister indirett dazu bei, daß das Familienleben noch mehr, als es schon durch unsere ganze Wirtschaftsordnung geschiedt, jerstort wird.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
M S5.
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breiten bach:
Meine Herren! Ich glaube, innerhalb des Verhandlungsplanes mich halten iu sollen und in meiner Antwort mich auf folgende Richtigstellung beschränken zu können. . ̃
Der Herr Abg. Borgmann wollte aus den Worten des Herrn Finanzministers herausgehört haben, daß die Betriebsergebnisse des laufenden Jahres zu einer Ersparnis von annähernd 100 Millionen gegenüber dem Vorjahre geführt hätten. Ich glaube, Herr Abg. Borgmann ist bei meiner Aufklärung nicht zugegen gewesen, die ich über die Betriebsergebnisse des vorigen Jahres gegeben habe. Ich hatte festgestellt, daß gegen das Voriahr eine Mehreinnahme von 105 Millionen und eine Minderausgabe von 10 Millionen Mark er⸗ zielt worden sei. .
Herr Abg. Borgmann war der Meinung, die von ihm voraus⸗ aesetzte erhebliche Minderausgabe wäre erzielt worden durch eine un⸗ angemessene Ausbeutung der Arbeitskräfte; mit der Feststellung des Irrtums fällt dieses Argument in sich zusammen.
Dann hat der Herr Abg. Borgmann, anknüpfend an eine Aeußerung des Herrn Grafen von der Groeben, Preußen die Absicht unterstellt, die süddeutschen Eisenbahnen zu verpreußen; er wandte sogar den Ausdruck an, sie zu erdrosseln. (Zuruf links.) Meine Herren, ich stelle fest, daß die preußische Regierung, daß Preußen nicht die Absicht und den Ehrgeiz hat, sein eisenbahnwirtschaftliches Einflußgebiet über die bisherigen Grenzen auszudehnen. (Sehr gut! rechts.)
Die Ausführungen des Herrn Abg. Borgmann, die nicht inner⸗ halb des Verhandlungplans erfolgten, behalte ich mir vor, gelegentlich zer weiteren Erörterung des Etats zu beantworten.
— Da aʒit schließt die Besprechung.
Die sämtlichen Anträge der Kommission werden mit den
Stimmen aller Parteien angenommen.
Die Diskussion wendet sich hierauf zu der wirtschaftlichen Seite des Eisenbahnetats. J
Abg. von Hennig s⸗ Techlin (kons.) Wir begrüßen die erfreulichen Mitteilungen des Eisenbahnministers über die günstigen Ergebnisse ves Betriebsjahres 1909 und über die Aussichten des Jahres 1910. Diese Befferung ist im wesentlichen zurückzuführen auf. Ver⸗ besserungen in unseren Betriebseinrichtungen. Es muß zugestanden werden, daß diese Einrichtungen notwendig und nützlich gewesen sind nicht allein zur Sicherstellung, sondern auch zur Ver- einfachung und Verbilligung des Betriebes. Besonders erfreulich ift es, daß ein relativer Rückgang in der Zahl des Beamtenheeres durch Verlangsamung bei Neuanstellungen möglich gewesen ist, ohne die Betriebsstcherheit zu gefährden. Wenn die Betriebskosten stetig steigen, so kann man nicht die Tarife ermäßigen, wie es von mancher Seite gen h ät wird. Ich, kann nur davor warnen, durch eine solche Ermäßigung unsere Einnahmen zu schmälern. Wir müssen Grsparnisse eintreten lassen, wo dies möglich ist. und auf der anderen Seite unsere Einnahmen steigern. In dieser Beziehung ist a' der Kommission angeregt worden, oh vielleicht dadurch eine Pesserung eintreten könnte, daß das Postaversum ermäßigt wird. Bas Reich geniert sich auch gar nicht, die Einzelstaaten bei der Be⸗ messung der Rückvergütung der Ausgaben für die Erhebung von Zöllen und indirekten Steuern zu drücken. Mit Recht hat der Eisenbahn⸗ minister es als einen Nonsens bezeichnet, daß die preußische Eisenbahn⸗ perwaltung die kleineren Deutschen Eisenbahnbetriebe erdrossele der so etwas anstrebe. Diese Behauptung ist so völlig aus der Luft gegriffen, daß sie eine Widerlegung kaum verdient. Wir müssen ibr aber widersprechen, damit, man uns nicht vorwirft, wir hätten ein schlechtes Gewissen. Alle Verwaltungen Preußen? stellen sich in den Dienst deutscher Interessen. Die Eisenbahntarifgemein⸗ schaft und Wagen gemein schaf hat gerade den anderen deutschen Gtaaten erhebliche Vorteile gebracht. Die sozialdemokratischen Aus sührungen müssen von den anderen Parteien mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Wer hat denn Reichseisenbahnen empfohlen? Bismarck, der zugleich Ministerpräsident von Preußen war, und sein Vorschlag begegnete dem Widerspruch der anderen Bundesstaaten. Abg. Borgmann hat auch die Frage der ersonenwagenklassen gestreift Man kann bierüber verschiedener Ansicht sein. Andere Länder, auch Süͤddeutschland, fühlen sich ohne IV. Klasse wohl, aber wir haben nun einmal die J. bis LF. Klasse, und gs würde nicht nützlich sein, pie J. und LV. Rlasse zu streichen. Das Prinzip der Gleichheit läßt sich nicht so allgemein durchführen; indem man die eine Klasse zu, srieden macht, macht man die andere unzufrieden Wenn wir einmal diese Einrichtung haben, so müssen wir auch dafür sorgen, daß sie gut funktioniert. In dieser Beziehung sind wir in der. letzten Zeit falsche Wege gegangen. Die Hälfte der Reisenden 1. Klasse bezahlt, wie ich höre, nichts, die Tarife müssen so bemessen werden daß die J. Klasse auch tatfächlich ausgenutzt wird. Die Fahrkartensteuer kann nur da⸗ durch gerecht wirken, daß auch die LV. Klasse herangezogen wird, Der mißbräuchlichen Benutzung der Speisemagen mußte ein Riegel vorgeschoben werden; ob das angewandte Mittel das Richtige war, „des bb eg nicht vielleicht besser wäre, einen Zuschlag für die Be— nutzung des Speisewagens zu erheben, will ich nicht entscheiden. goöͤllte aber die getroffene Maßregel nicht ausreichen, so muß sie weiter ausgebaut werden. Unsere Zustimmung möchte ichM dazu. aus⸗ sprechen, daß der elektrische Betrieb nur dann in größerem Maßstabe eingeführt werden darf, wenn die Verzinsung sichergestellt worden ist. Wir müässen bei allen solchen Maßnahmen mit der größten Vorsicht vorgehen.
Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach:
Meine Herren! Mehrere der Herren Vorredner baben sich mit der Fahrkartensteuer befaßt. Ich habe bereits im vorigen Jahre und diessäbrig in der Kommission meiner Auffassung dabin Ausdruck ge⸗ geben, daß, da eine Aufhebung der Steuer nicht zu erreichen ist, eine Aenderung angestrebt werden müsse. Der Zeitpunkt ist aber zurzeit einer Aenderung ungünstig, und es muß vermieden werden, sich einem Mißerfolg auszusetzen.
In Verbindung mit der Erörterung der Frage, ob und in welcher Weise die Fahrkartensteuer umzuformen wäre, ist nun in der Budget fommission angeregt worden, da die J. Klasse erweislich eine schwere Schädigung durch die Fahrkartensteuer erfahren hat, diejenigen Fahr⸗ preise der J. Klasse wiederherzustellen, die vor der Personentarifreform für Rückfahrkarten J. Klasse erhoben wurden. Diese Anregung trat zum ersten Male an mich heran, und ich habe zu derselben nicht Stellung genommen, sondern nur erklärt, daß sie nabe liege, weil ja die J. Klasse die einzige ist, die bei der Reform der Personentarife in den Einbeitssätzen erhöht wurde.
Zweite Beilage
Berlin, Dienstag den 12. April
Herr Graf von der Groeben gab anschließend der Sorge Ausdruck, daß, wenn diese Anregung etwa verwirklicht werden könnte, zu be⸗ fürchten sei, dann weitergehend eine Ermäßigung auch der Tarife der übrigen Klassen verlangt werden könnte; ich habe ihn so verstanden .˖ Meine Herren, an eine solche Konsequenz denke ich nicht; ich würde diese Frage, falls sie verfolgt würde, auf die erste Klasse beschränken wollen.
Dann hat Herr Graf von der Groeben darauf hingewiesen, daß eine Vereinheitlichung der Fahrplanperioden — wir haben heute zwei, eine Winterfahrplan- und eine Sommerfahrplanperiode — in Aussicht genommen sei. Dieses trifft zu. Es handelt sich aber um eine rein formale Angelegenheit, die im Interesse der Vereinfachung und der Verbilligung des Geschäftsganges durchgeführt werden soll. Die umfänglichen, Zeit und Geld kostenden Vorarbeiten, die der Fahrplanaufstellung vorhergehen, sollen eben nur einmal ausgeführt werden. Materiell würde nichts geändert werden; das verkehrtreibende Publikum würde dadurch also nicht geschädigt, die Zahl der Züge bleibt ganz genau dieselbe.
Herr Abg. von Dewitz und auch Herr Abg. Gyßling haben der Sorge Ausdruck verliehen, daß die geplante finanztechnische Regelung des Eisenbahnetats, wie sie jetzt beschlossen werden soll, die Frage einer Ermäßigung der Gütertarife in aeternum vertagt habe. Meine Herren, wir rechnen noch heute, obwohl die Verhältnisse sich günstiger gestaltet haben, mit dem hohen Betriebskoeffizienten von 70 o,, und es ist wohl in solchen Zeitläuften nicht angebracht, über Tarifermäßigungen Erwägungen anzustellen, wenigstens nicht in dem Sinne, daß sie alsbald in die Praxis übersetzt werden mögen. Ich könnte mir aber doch denken, daß die Regelung, welche durch die Be— schlüsse des hohen Hauses für den Etat der Eisenbahnverwaltung in Geltung gesetzt wird, im Endergebnis die Frage einer Ermäßigung der Gütertarife nicht ungünstig beeinflussen wird, wenn nämlich die Hoffnung, daß der Ausgleichsfonds nachhaltiger und kräftiger auf⸗ gefüllt wird, auch über diejenigen Beiträge hinaus, die demselben bereits nach der jetzigen Gesetzgebung zugewiesen werden konnten, zur Wahrheit wird; denn dann würde dem Ausgleichsfonds ja nicht allein die Aufgabe zufallen, Defizite oder Mindererträge auszugleichen, sondern auch schließlich Ausfälle ausgleichen zu helfen, die die Folge von Tarifermäßigungen sind. Mir scheint also diese Perspektive keine
ganz günstige und die Schlüsse, die aus der Neuregelung in dieser Be⸗ ziehung gezogen werden, nicht ganz zutreffende zu sein.
Der Herr Abg. Borgmann hat sich lebhaft über die Verteilung der Klassen in den Zügen und die Zusammensetzung der Züge auf⸗ gehalten und hat von einer Verekelung des Reisens gesprochen. Ich glaube, diese Wendung schloß er an die Schilderung eines Vorganges an, der sich heute nacht auf dem Bahnhofe Hamm zugetragen hat. Ich kenne die Gründe nicht, die zu einer Aussetzung eines Wagens, der in einem D-Zug läuft, geführt haben; ich könnte mir denken, daß reine Betriebsgründe, z. B. das Heißlaufen einer Achse, das Aus⸗ setzen veranlaßt haben. Ich würde es aber mißbilligen, wenn diese Aussetzung aus anderen Gründen erfolgt wäre, da nach den bestehenden Plänen eine Aussetzung in Hamm nicht er— folgen soll. Ich werde über diese Frage nähere Ermittlungen an—
stellen. Was die Frage der Klassenzahl in unseren Personenzügen an⸗
wert wäre, in jedem Zuge in maximo drei Klassen zu führen: in den Personenzügen die zweite, dritte, vierte Klasse, in den Schnell— zügen und Eilzügen die erste, zweite und dritte Klasse. Dieses Ideal, möchte ich sagen, läßt sich für die Personenzũge nicht rein durchführen; wir werden aus bestimmten Gründen veranlaßt sein, auch in den Personenzügen in beschränktem Maße die erste Klasse weiterzuführen. Ich glaube aber, daß wir an der Klasseneinteilung, an der Zahl der Klassen im großen und ganzen auf den preußischen Staatsbahnen bis auf weiteres werden festhalten müssen. Sie entsprechen den Gepflogen⸗ beiten des reisenden Publikums, und ich bin fest überzeugt, daß, wenn wir nur daran denken wollten, die erste Klasse auszuschalten, wir auch, obwohl es nicht ganz zwei Millionen Reisende sind, die die erste Klasse benutzen, lebhafte und vielfältige Beschwerden bekommen und voraussichtlich genötigt sein würden, sie wieder in diesen oder jenen Zuglauf einzuführen. Dagegen werden wir, falls die Minderbenutzung der ersten Klasse anhält, auch eine weitere Einschränkung der ersten Klasse, der Zahl der Abteile nach, unter allen Umständen vornehmen müssen. Die zweite Klasse ist stark ausgenützt (sehr richtig!); sie ist eine geldbringende Klasse. Der Herr Abg. Borgmann hat bei seinem Vergleich vollkommen vergessen, daß der Passagier der ersten Klasse 3,5 mal so viel zahlt als der Passagier der vierten Klasse und 7 mal so viel wie der Arbeiter, der mit einer Arbeiterwochenkarte oder Rückfahrtkarte zu 1 4 pro Personenkilometer fährt; das übersieht er, und darum ist seine Rechnung unzutreffend.
Dann bat der Herr Abg. Borgmann eine Beschwerde vor⸗ gebracht, die an den Wahlrechtsspaziergang an einem der letzten Sonntage anknüpft. Es ist von ihm behauptet worden, der Polizei⸗ präsident von Berlin hätte die Schließung des Bahnhofs Treptow angeordnet. Ich bin heute nicht in der Lage, auf diese Behauptung eine Erklärung abzugeben; es ist mir und allen Herren von der Eisenbahnverwaltung, die mit mir hier sitzen, von dem Vorgang nichts bekannt geworden.
Ueber die Frage der Arbeiterrückfahrkarten, die ja eine grund⸗ sätzliche ist, behalte ich mir vor, nachdem ich das Aktenmaterial ein⸗ gefehen habe, eine weitere Aufklärung zu geben. (Bravo!)
Hierauf wird gegen 135 Uhr die Weiterberatung des Eisenbahnetats auf Dienstag 11 Uhr vertagt (vorher no ch⸗ malige Abstimmung über die Wahlrechtsvorlage).
betrifft, so ist auch diese in der Budgetkommission eingehend erörtert 2 ee er 2. . i. worden. Ich habe mich zu der Auffassung bekannt, daß es erstrebens⸗
]
zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
18940.
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichsamt des Innern zusamm engestel lten Nachrichten für Handel und In dustrie“ .)
Portugal. Erhöhung der Zölle für Zigarren und bearbeiteten
Tabak. Durch Königliche Verordnung vom 24. Februar 1910 sind
die Zölle für Zigarren und sonstigen verarbeiteten Tabak und ge⸗ schnittene Tahakstengel (Tarifnummer 381 und 582) bei der Cerfikk⸗ in das Festland des Königreichs vom Tage der Veröffentlichung der Verordnung ab auf 5000 Reis für 168 erhöht worden. (Diario do Governo vom 2. März 1910.)
Bericht der Handelskammer von Harlingen (Niederlande) für 1909.
Der Bericht der Kammer für Handel und Fabriken in Harlingen für das Jahr 1909 liegt während der nächsten drei Wochen im Bureau der Nachrichten für Handel und Industrie“, Berlin RW. 6, Lu isenstraße 33 34, im Zimmer 241, für Interessenten zur Einfichtnahme aus, und kann nach Ablauf dieser Frist deutschen Interessenten auf Antrag für kurze Zeit über⸗ sandt werden. Die Anträge sind an das vorgenannte Bureau ju richten.
Aenderung des koreanischen Berggesetzes.
Die beiden im Jahre 1906 erlassenen koreanischen Minengesetze für Bergwerke und Erzwäschereien nebst Ausführungsbestimmungen baben im Laufe der Zeit einige Aenderungen erfahren. Seitens der Generalresidentur ist foeben ein Neudruck der amtlichen eng— lifchen Ueberfetzungen unter Berücksichtigung der Aende—⸗ rungen herausgegeben. Neu hinzugekommen ist das Gesetz Nr. 21 vom ?'I19. August 1508, betreffend Befreiung einiger für den Betrieb von Gold, Silber⸗ oder Kupferminen nötiger Artikel vom Einfuhrzoll. Den Schluß bildet eine Liste der vormals Kaiserlichen Minen und Erzwãschereien, welche dem Handelsministerium abgenommen und dem Minifter für Ackerbau, Handel und Industrie unterstellt worden sind.
Für fremde Konzessionäre ist als wichtigste Gesetzesverbesserung hervorzuheben, daß der neue Artikel 19 des Bergwerksgesetzes Ver⸗ kauf, Uebertragung und Verpfändung von Minenrechten ganz all⸗ gemein zuläßt und nur Registrierung der Eigentums veränderung vorsieht, während früher die Genehmigung des Ackerbauministers dazu nötig war, was die Realisierbarkeit von Minenkonzessionen beeinträchtigte.
Westerhin sei bemerkt, daß Artikel A des nämlichen Gesetzes mit seiner eigenartigen Negierung jeder staatlichen Schadensersatz pflicht für Maßnahmen des Ackerbauministers ganz gestrichen worden ist.
Nach dem neuen Artikel 4 der Ausführungsbestimmungen haben in Zukunft Ausländer ihre Konzessionsgesuche nicht mehr der General resientur, sondern direkt dem Ackerbauministerium einzureichen.
Ziemlich viel Umstände hat das Zusatzgesetz Nr. 21 vom 19. August 1908 verursacht, welches bis auf weiteres die zollfreie Einfuhr von vier Klassen von Waren, falls letztere für den Betrieb von Gold⸗, Silber⸗ oder Kupferminen bestimmt sind, zuläßt. Die weite Klasse bilden instrumentst. Das im koreanischen Text gebrauchte Wort lautet Kiku, welches aber die Generalresidentur anfänglich nicht wie jetzt mit: „instruments“ oder „tools“, sondern mit dem ganz allgemeinen Ausdruck mining implements“ übersetzt hatte. Durch diefe Faffung verleitet, verlangten die Minenbesitzer Zollfreiheit für alle möglichen importierten Minenbedürfnisse, wie Rerzen, Del für Grubenlampen, Maschinenöl, Kalk, Delfarbe, ja selbft Steinkohlen und fühlten sich benachteiligt, als die Zollverwaltung solches ablehnte, was dann weitläufige Auseinandersetzungen und Reklamationen zur Folge hatte.
Schließlich wurde festgestellt, daß in der koreanischen Sprache Kika das „gebrauchsfertige Handwerkszeug“ bedeutet, wozu Kerzen und Oele usw. sicher nicht gehoren. Da indessen manche Bergwerks⸗ instrumente als Halbfabrikate eingeführt und erst an Ort und Stelle fertig gemacht werden (J. B. Stahl in Stangen für die Herstellung von Meißeln verschiedener Längen je nach dem augenblicklichen Be⸗ darf, so ist die Zollverwaltung dazu bestimmt worden, eine erweiterte Auslegung des Ausdrucks „Kiku“ zuzulassen und darunter auch halb⸗ fertige Werkzeuge zu verstehen, vorausgesetzt, daß nur noch eine geringe Ueberarbeitung zur Instandsetzung nötig ist.
Die betreffende Zollentscheidung von Anfang September v. 8 hat folgende Fassung:
„The term: „mining implement‘ as mentioned in Law 2 means all the implement necessary for mining purposes and shall be applied to all implements fully made or to their constituent parts or accessories.
But material for implements which can not necessa- rilz be imported as full made implements. but which an be made so by the application of a little work shall be regarded as implements.
In dem vorliegenden Neudruck ist die geschilderte Schwierigkeit dadurch wesentlich behoben worden, daß sich = wie gesagt — „Kiku“ mit dem präziseren Ausdruck instruments. übersetzt findet als Ver⸗ besserung und Ersatz für das verleitliche Wort: „mining imple⸗ ments“. welches noch in der mitgeteilten Zollentscheidung vorkommt.
Ein Exemplar des Neudrucks liegt während der nächsten drei Wochen im Bureau der Nachrichten für Handel und Industrie? Berlin NW. 6, Luisenstraße 3334, im Zimmer 241 für Interessenten zur Einsichtnahme aus. Gin zweites Exemplar desselben kann sofort, das erstere nach Ablauf der erwähnten Frist, deutschen Inter- effenten auf Antrag für kurze Zeit übersandt werden. Die Anträge sind an das genannte Bureau ju richten.
Nach einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Sul.)
Ausschreibungen.
Anlage einer Trinkwasserleitung in Santa Cruz de Teneriffa (Canarische Inseln). ushtan: ob4 630 Pesetas; Raution: 28 231,50 Pesetas. Verhandlung am 16. Mai bei der Alcadia Constitucional, Sala Gonsistoria, in Santa Cruz. Ver- tretung am Orte notwendig. (Commercial Intelligence.)
Bau einer Markthalle im Hafen von La Luz (Canarische In seln). Anschlag: 189 172 Pesetas. Kaution: hö // ⸗. Verhandlung: 3. Mai, 3 Uhr, bei der Stadtverwaltung in Las Palmas. (Moniteur des Intérèts Matériels.)
Oeffentliche Arbeiten in Transvaal. Dem Roodeport⸗ Marctisburg Town Goungil ist die Genehmigung erteilt worden, zur Ausführung städtischer Arbeiten eine Anleihe von 20 099 Pfd. Sterl. aufjunehmen. Hiervon sollen u. a. verwendet werden für; Schlacht⸗ haus 2000 Pfd. Sterl. : Ausdehnung der Wasserleitung 1260 d. Sterl. Anlage elektrischer Beleuchtung 5090 Pfd. Sterl. ; ampfwalze 800 Sp. Sterl. Eifenbahnbrücke 1000 Pfd. Sterl. (Commereial Intelligence.)