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des Offizierkreuzes desselben Ordens: dem Major Grafen von Moltke und ö dem Major von Alt⸗Stutterheim im Braunschweigi⸗ schen Infanterieregiment Nr. M2; des Ritterkreuzes erster Klasse desselben Ordens: dem Hauptmann von Otto und . dem Hauptmann von Voigt in demselben Regiment; des Ritterkreuzes zweiter Klasse desselben Ordens:
den Oberleutnants Stieler von Heydekampf, von Brömbsen in demselben Regiment,
dem Oberleutnant von Finck im Braunschweigischen Husarenregiment Nr. 17; —
des goldenen Ehrenkreuzes desselben Ordens: dem Obermusikmeister Hischer im Braunschweigischen Infanterieregiment Nr. M; der goldenen Ehrenmedaille desselben Ordens: den Feldwebeln Meyer und Bodenstein in demselben Regiment; der silbernen Ehrenmedaille desselben Ordens:
den Vizefeldwebeln Seydel und Koch, dem Sergeanten Müller, sämtlich in demselben Regiment; sowie der bronzenen Ehrenmedaille desselben Ordens: den Gefreiten Otto, Kneiff, Kluge, Seeliger, oßhennig und Schirmer, dem Musketier Grünwaldt, sämtlich in demselben Regiment.
Deuntsches Reich.
Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht: den vortragenden Rat im Reichseisenbahnamt, Geheimen Baurat Die sel zum Geheimen Oberbaurat zu ernennen und
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dem Obersekretär bei dem Reichsgericht Schulz in Leipzig den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen.
Bekanntmachung. Der Herr Reichskanzler hat durch Erlaß vom 18. März
1910 die von dem Janus, Wechselseitige Lebens⸗ versicherungsanstalt in Wien, vorgelegten neuen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Normal⸗
versicherung, gültig für das Gebiet des Deutschen Reichs, genehmigt. Berlin, den 9. April 1910. Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung. Gruner.
Königreich Prenßen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
dem Präsidenten des Eis alamts Hoff i Berlin den Charakter als Wirklicher imer Oberregierungs⸗ rat mit dem Range eines Rates erster Klasse und
dem Eisenbahndirektionspräsidenten a. D. Taeger in Magdeburg den Charakter als Wirklicher Geheimer Oberbaurat mit dem Range eines Rates erster Klasse zu verleihen,
den bisherigen Oberlehrer an der Augustaschule zu Berlin, Professor Dr. Porg er zum Seminardirektor zu ernennen sowie
der Wahl des Oberlehrers Dr. Julius Müller an dem Kaiser Karls⸗Gymnasium in Aachen zum Direktor des Pro⸗ gymnasiums in Eupen und
der Wahl des Direktors der städtischen höheren Mädchen⸗ schule nebst Lyzeum in Crefeld Dr. Ernst Wehr mann zum Direktor der Sophie Charlottenschule in Charlottenburg die Allerhöchste Bestätigung zu erteilen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:
dem Kaufmann Ernst Nölle in Berlin den Charakter als Kommerzienrat zu verleihen.
Ministerium für Landwirtschaft, Do mänen und Forsten.
Dem Oberförster o. R. Holtzinger in Hann.Münden ist die Oberförsterstelle Dannenberg übertragen worden.
Der Steuersekretär Czapons in Lauknen ist zum Forst⸗ kassenrendanten ernannt worden. .
Der Titel Hegemeister wurde verliehen folgenden Förstern im Regierungsbezirk Trier: Hooß in Ottweiler, Oberförsterei St. Wendel, Müller in Sulzbach, Oberförsterei Fischbach, und Nicolaiy in Erlenbach, Oberförsterei Trier.
Die Oberförsterstelle Cruttinnen im Regierungs⸗ bezirk Allenstein ist zum 1. Juni 1910 zu besetzen. Bewerbungen müssen bis zum 1. Mai eingehen.
Dem Polizeitierarzt Karl Borchmann zu Berlin ist die kommissarische Verwaltung der Kreistierarztstelle zu Drossen, Kreis Westfternberg, übertragen worden.
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Die Berginspektoren Bellmann bei dem Steinkohlen⸗ bergwerke Ver. Gladbeck und Tegeler bei der Bergwerks⸗ direktion zu Recklinghausen sind zu Bergwerksdirektoren ernannt worden.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinalangelegenheiten.
Dem Seminardirektor, Professor Dr. Porger ist das Direktorat des Lehrerseminars in Hannover verliehen worden.
Dem Universitãtsgutspächter Otto Wendt in Subzow ist i Charakter als Königlicher Oberamtmann beigelegt worden.
3. .
Die von heute ab zur Ausgabe gelangende Nummer 9 der ren,, Gesetzsamm lung enthalt unter
Nr. 110639 den Staatsvertrag zwischen der Käniglich preußischen und der Fürstlich schaumburg⸗lippischen Regierung über den Anschluß der im Fürstentum Schaumburg-Lippe wohn⸗
haften Apo r an die Apothekerkammer der Königlich preußischen pinz HessenNassau, vom 3. Januar A910, und unter
Nr. 11031 bie Verfügung des Justizministers, betreffend die Anlegung des Grundbuchs für einen Teil des Benrks dez Amtsgerichts Hadamar, vom 9. April 1910.
Berlin W., den 13. April 1910.
Königliches Gesetzlammlungsamt. m ;
Sekanntmachung.
des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetzsamml. annt gemacht: . .
ö Erlaß vom 29. Januar 1910, betreffend die Verleihung des ungsrechts an das Wasserwerk für den Land⸗ kreis Aachen, G. m. b. S., zur Herstellung eines Wasserwerkes für den Landkreis Aachen, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Aachen Nr. 12 S 35, ausgegeben am 17. März 1910; ö
2) das am 16 Februar 1910 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainagegenossenschaft Leinefelde in Leinefelde im Kreise Worbis durch das Amtsb der Königlichen Regierung zu Erfurt Nr. 13 S. 77 re, am 26. März 1910 . .
3) der Allerhöchste Erlaß vom 28. Februar 1910, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts an den Provinzialverband der Provinz Schlesien die Anlage eines Stauweihers bei Erdmanns⸗ dorf im Kreise Hirschberg i. 5 durch das Amtsblatt der König⸗ lichen Regierung zu Liegnitz Nr. 14 S. 101, ausgegeben am 2. April 1910.
Nach Vors
S. 357) sind 1) der
Per sonalveränderungen.
Königlich Breußische Armee.
Offiziere, 66 usw. EJ v. d. H., 9. April. Jüngling, Lt. an der Unteroff. Schule in Treptow a. R., zur Unteroff. Lor ch ie in Greifenberg ö Schnee, Lt. an der Unteroff. Vorschule in Greifenberg i. Pomm., zur Unteroff. Schule in Treptow a. R., .
Homburg v.. . 12. April. Frhr. v. Vietingboff gen. Scheel, Gen. der Kap. und kommandierender General des IX. Armee⸗ korps, in Gen seines Abschiedsgesuches, unter gleichzeitiger Stellung à L s. des Regts. Königin (Pomm.) Nr. 3, mit der esetzlichen Pension * Disp. gestellt. Frhr. v. Plettenberg, ö. Lt. und Kommandenr der 22. Div., zum Gen. der Inf. be⸗ fördert und zum kommandierenden General des TX. Armeekorps er⸗ nannt. v. Claer, Gen It. und Kommandeur der 11. Inf. Brig. zum Kommandenr der 2 Div. ernannt. v. Trossel, Sberst und Kommandeur den Inf. Regts. Fürst Leopold von Anhalt⸗Dessau (1. Magdeburg) Me. 6. mit der Führung der 11. Inf. Brig. be⸗ auftragt. 56 r. v. u. zu left n Gen. Lt. und Geuverneur von Straßburg i G. zum Gen. der Inf, Graf v. Schlieffen, . und Gouverneur von Mainz, zum Gen. der Kav., — be⸗ ördert.
e gan et nxliches. .
Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 14. April.
Seine Majestät der Kaiser und König nahmen heute vormittag im Königlichen Schlosse in Homburg vor der Höhe die Vorträge des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker und des Kriegsministers, Generals der Infanterie von Heeringen entgegen.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Handel und Verkehr, für Rechnungswesen und für Justizwesen sowie die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen hielten heute Sitzungen.
Bei dem gestrigen Festmahl des Deutschen Handels⸗ tages, dem u. a. der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, die Staatsminister Delbrück, Freiherr von Rheinbaben und Sydow sowie die Staatssekretäre Krätke und Dernburg beiwohnten, ergriff nach dem von dem Präsidenten des Handels⸗ tags Kaempf auf Seine Majestät den Kaiser und König aus⸗ gebrachten Hoch der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, „W. T. B.“ zufolge, das Wort zu nachstehenden Ausführungen:
Meine Herren! Für die freundliche Einladung, die mir von seiten des Präsidiums des Deutschen Handelstags geworden ist, bitte ich den herjlichsten Dank entgegenzunehmen. Und wenn ich an die beredten Worte, die Ihr Herr Vorsitzender soeben an die versammelte Tafelrunde gerichtet hat, mit einem persönlichen Worte an⸗ knüpfen darf, so soll es der Wunsch sein, daß es dem Deutschen Handelstage noch recht lange vergönnt sein möge, seinen Prä⸗ sidenten als Vorbild gemeinnützigen Wirkens an seiner Spi ju sehen. Die Bedeutung des Deutschen Ha unser wirtschaftliches Leben wird durch die bald 56jährie Tätigkeit erwiesen, die er entfaltet bat, schärfer noch vielleicht
1m
Ria brig durch den Aufschwung, den Handel, Industrie und Schiffahrt während dieses Zeitraums genommen haben. Die Verhandlungen und Beschlüsse des Deutschen Handelstags können, wie Ihr Herr Vorsitzender soeben ausgeführt hat, dem Geschichtsschreiber ein Spiegelbild von dem Gange bieten, den unsere innere und unsere äußere Politik gewandelt ist, so sehr bildet das Gedeihen der don Ihnen, meine Herren, vertretenen Interessen eine Grundlage unseres staatlichen Lebens im Innern und Aeußern. Hand in Hand mit der Entfaltung unseres inneren Marktes ist eine gewaltige Erweiterung unseres Exports gegangen, und es ist damit, wie ich es schon einmal an anderer Stelle ausgesprochen habe, die Pflege unserer ausländischen Wirtschaftsinteressen zu einer der wichtigsten Aufgaben unserer auswärtigen Politik geworden. Sie selbst, meine Herren, können es aber auch am zuver⸗ lässigsten beurteilen, wie diese Aufgabe mit jedem Tag komplizierter und vielseitiger geworden ist, je mehr für alle Völker die Wirtschaftsfragen ju Weltfragen geworden sind. Und was dabei staatlicher Schutz niemals ersetzen kann, das ist die Organisations⸗ kraft und Leistungsfähigkeit unserer Industrie, die Rührigkeit und Zuverlässigkeit unserer Kaufmannschaft, der Wagemut und Spürsinn ihrer Pioniere. Diese Eigenschaften in hartem Wettbewerb bewährt zu haben, ist der Ruhm unseres Handels und unserer Industrie, ihnen verdanken sie ihren Aufstieg. In der Zuversicht, daß diese
Kräfte auch künftig in unserem Volke wirksam sein werden, erhebe ich mein Glas auf das Gedeihen von Deutschlands Handel und Industrie. Ich bitte Sie, einzustimmen in den Ruf: Der Deutsche Handelstag, er lebe hoch!“
Samburg.
Die Bürgerschaft hat den Antrag des Senats auf Be⸗ willigung von 1 339 300 4A für Erbauung eines Instituts für Schiffs⸗ und Tropenkrankheiten, „W. T. B.“ zu⸗ folge, gestern einstimmig angenommen.
Elsaß⸗Lothringen.
In der gestrigen Sitzung des Lan desausschusses wurden, W. T. B.“ zufolge, die Disziplinaruntersuchungsakten des Prozesses Gneiße⸗Wetterls weiter verlesen. Dann erklärte der Unterstaatssekretär Dr. Petri die völlige Unhalt⸗ barkeit der von Dr. Pfleger gegen die Colmarer Richter er⸗ hobenen Beschuldigung der Parteilichkeit. Die nun folgende Debatte verlor sich in persönliche Einzelheiten und wird heute fortgesetzt werden.
Oefterreich⸗ Ungarn.
Auf einem anläßlich der in Wien tagenden Konferenz der Präsidenten der Landeskulturräte und landwirtschaftlichen Gesell⸗ schaften Oesterreichs gestern veranstalteten Festmahl hielt der Ministerpräsident Freiherr von Bienerth eine Rede, in der er, den Wiener Blättern zufolge, ausführte:
Die Regierung stehe den auf die Förderung der vaterländischen Landwirtschaft gerichteten Bestrebungen mit warmer Sympathie gegenüber und sei bereit, ihr Möglichstes beizutragen, damit die an⸗ gestrebten Ziele wirklich erreicht würden. Das eigene Land bleibe immer der beste und sicherste Markt für die Produkte des heimischen Bodens. Ich kann“, fuhr der Ministerpräsident fort, mich selbst zwar nicht einen der Ihrigen nennen, ich bin vielmehr ein Mann ohne Ar und Halm, wie ein großer Staatsmann gesagt hat; trotzdem fehlt mir aber nicht das Verständnis für die Empfindungen und Anschauungen, die durch die Bewirtschaftung der heimischen Scholle ausgelöst werden. Vaterlandsliebe und Heimatgefühl, die in dem Besitze eigenen Grund und Bodens wurzeln, ruhen auf der festesten Grundlage und machen den Landwirt zu einem staatserhaltenden Element, dessen Treue die Probe stets rühmlich bestanden hat.“
Großbritannien und Irland.
Wie das „W. T. B.“ meldet, hat Lord Rosebery gestern im Oberhause folgende Resolutionen zur Erörterung in der Kommission eingebracht:
1) In Zukunft soll das Oberhaus aus Lords des Parlaments bestehen, die a. durch die gesamte Körperschaft der erblichen Peers aus ihrer Mitte gewahlt und durch die Krone ernannt sind, b. Sitze kraft ihres Amtes und ihrer sonstigen Qualifikationen innehaben, e. von den Peers nicht angehörigen Kreisen gewählt sind.
2) Die Zeit der Berechtigung soll für alle Lords des Parlaments dieselbe sein, ausgenommen für diejenigen, welche infolge ihres Amtes einen Sitz innehaben. Diese sollen sa lange Mitglieder des Ober⸗ hauses sein, als sie das Amt innehaben, das ihnen diese Berechti⸗ gung gibt.
Ein Zeitpunkt für die Erörterung dieser Resolutionen ist noch nicht festgesetzt worden.
— Im Unterhause fragte gestern der Abg. Graf Winterton (Kons) an, ob das Abkommen zwischen England und Deutschland, betreffend die deutschen Interessen auf der Schantung⸗Halbinsel und die englischen Inter⸗ essen im Hangtsegebiet, im vorigen Jahre auf das Ver⸗ langen von Deutschland hin für veraltet oder unwirksam erklärt worden sei, und ob infolge dessen Deutschland mit Erfolg das Recht in Anspruch genommen habe, an dem Projekt der Hankau — Canton⸗Bahn einen Anteil zu erhalten. Der Unterstaatssekretär Me Kinnon Wood erwiderte, obiger Quelle zufolge, hierauf:
Das Abkommen sei im Jahre 1898 von englischen und deutschen Finanzgruppen für Bahnen in den beiden erwähnten Distrikten ver⸗ einbart worden. Es sei keine förmliche Vereinbarung seitens beider Regierungen. Das Abkommen sei nicht aufgehoben worden, aber die deutsche Gruppe habe im Verein mit der englischen erklärt, daß es im Falle einer Anleihe für die Hankau— Canton⸗ und die Hankau— Szechuan⸗Bahn keine Anwendung finde, und man habe es nicht für ratsam gehalten, diesen Anspruch zu bestreiten, da dies nur zu einem scharfen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Gruppen geführt
haben würde. Rußland.
In der Reichsduma wurde gestern ein vom Finanz— minister eingebrachter Gesetzentwurf, betreffend Maßregeln zur Beseitigung der künstlichen Preiserhöhung des Zuckers, beraten. Die Finanzkommission schlug, „W. T. B.“ zufolge, vor, im Falle des Steigens der Zuckerpreise außer einer zeit⸗ weiligen Einstellung der Rückzahlung der Steuer für den exportierten Zucker die Einfuhrzölle eine Zeit lang so⸗ weit herabzusetzen, daß der Preis des aus dem Aus⸗ lande eingeführten Zuckers den vom Ministerrate für den inländischen Markt festgesetzten Normalpreis nicht übersteigt. Als Endtermin für die Gültigkeit des Gesetzes wurde der 14. September 1912 festgesetzt. Die Duma nahm die Vorlage in der Kommissionsfassung mit einem von dem Oktobristen Lerche beantragten Zusatz an, nach dem der Einfuhrzoll für Raffinadezucker, falls der erhöhte Preis des Raffinadezuckers den seitens des Ministerrats festgesetzten äußersten Preis für Rohzucker um mehr als einen Rubel übersteigen sollte, zeit⸗ weilig so herabgesetzt werden muß, daß der Preis des aus dem Auslande eingeführten Raffinadezuckers den äußersten Preis des Rohzuckers um nicht mehr als einen Rubel übersteigt.
In ihrer Abendsitzung setzte die Duma die Debatte über die Interpellation, betreffend das Reglement vom 6. September 1909, fort, nach dem der unmittelbaren Sanktion des Kaisers als des obersten Kriegsherrn alle legislativen Fragen hinsichtlich der Organisation der Land⸗ und Seestreitkräfte unterliegen, sowie betreffend die Anwendung des S 96 der Grundgesetze.
Im Laufe der Debatte erklärte der Ministerpräsident Stolypin, es sei nicht schwer, die Interpellation aus formellen Gründen zurück⸗ zuweisen. Das Reglement vom 6. September sei eine genau den Grundgesetzen entsprechende Willensäußerung des Monarchen und eine Weisung des Kaisers an seine Regierung. Er lasse die juristische Frage beiseite, wolle aber die während der Debatte geäußerten Meinungen über die Tätigkeit der Regierung nicht unbeantwortet lassen. Die Opposition meine, die Regierung babe ungesetzlich ge⸗ handelt und verfolge konseguent den Grundsaß, die Rechte dẽr Duma zu beeinträchtigen. Da die Regierung wirklich streng gegen die Revolution und die Taten der Revolutionäre vorgebe, werde ihr bon den Anhängern der Revolution eine reaktionäre Tenden; zugeschrieben. Auf dem Gebiete der Verwaltung seien wohl Fehler und Mißbräuche
möglich, aber die Regierung rotte solche aus und werde sie ausrotten. Im Laufe der letzten drei 8 babe die Regierung den Ausnahme⸗ zustand in 135 Ortschaften abgeschafft; wo jedoch der Revolutions⸗ sturm fortdauere, dort werde die Regierung mit Gewalt die Ordnung aufrechterhalten, ungeachtet des Geschreis über die Reaktion. Ruß land habe den toten Punkt schon überschritten, und allmählich würden sich normale Verhältniffe einbürgern. Nach den erlebten schweren Zeiten kõnne Rußland nicht umhin, sowohl mit der Regierung als auch mit der Duma und dem Reichsrat unzu⸗ frieden zu sein, doch werde sich die Unzufriedenbeit legen, sobald das russische Staatsselbstbewußtsein sich gekräftigt habe, was nur durch regelmäßiges Zusammenarbeiten der? . mit den gesetzgebenden Körperschaften zu erreichen sei. Zum Schluß sprach, der Minister⸗ präsident die Ueberzeugung aus, daß die Duma die Rechte des obersten Kriegsherrn hochachte. e rg babe nie. versucht, die Rechte der 33 zu schmälern. Zur Verteidigung des Vaterlandes müßten alle ihre Kräfte vereinigen, um das höchste Recht Rußlands, das Recht, stark zu sein, zu verteidigen.
Serbien.
Der König Peter ist, W. T. B.“ zufolge, gestern vor⸗ mittag in Begleitung des serbischen Gesandten in Konstantinopel und des serbischen Generalkonsuls in Saloniki von seiner Reise zurückgekehrt und festlich empfangen worden.
Asien.
Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegraphen⸗ agentur“ aus Teheran verhandelte der Medschlis gestern über die unerwarteten Folgen des in den letzten Tagen ge⸗ nehmigten Salzmonopols, , das der Preis des persi⸗ schen Salzes bis zu 80 Kran für das Karwar gesteigert wird. Das russische Salz kostet in den Häfen des Kaspischen Meeres 12 Kran für das Karwar. San ed Daulehs Salzmonopol droht infolge der verstärkten Einfuhr russischen Salzes das persische Salz aus Nordpersien zu verdrängen.
Parlamentarische Nachrichten.
Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.
— Auf der Tagesordnung der heutigen (63) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichsjustiz⸗ amts Dr. Lis co beiwohnte, stand zunächst die Interpellation der Abgg. Bassermann und Genossen, betreffend das Mül⸗ heimer Eisenbahnunglück. Auf die Anfrage des Präsi⸗ denten Grafen von Schwerin-Löwitz erklärte der Unter⸗ staatssekretär im Reichsamt des Innern Richter, daß der Reichskanzler bereit sei, die Interpellation in der zweiten Hälfte der nãchsten Woche zu beantworten. Damit fiel die Verhandlung dieses Gegenstandes für heute fort.
Das Haus setzte darauf die Generaldiskussion der Gesetz⸗ entwürfe, betreffend die Zuständigkeit des Reichsgerichts und Aenderungen der Rechtsanwaltsordnung, fort.
Abg. Dr. Heinze (ul.): Darüber, daß die Zivilsenate über⸗ lastet sind, besteht nicht der geringste Zweifel. Die Richter dürfen nicht bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angespannt werden, sie müssen auch Zeit übrig behalten, die Erscheinungen des öffentlichen Lebens nach Möglichkeit zu verfolgen. Wie soll nun das erstrebte Ziel erreicht werden? Gine Vermehrung des Richter⸗ personals wird vielfach vorgeschlagen und vielfach bekämpft. Die Gegengründe möchte ich nicht ohne weiteres für durchschlagend halten; allerdings liegt die Gefahr vor, daß dadurch der oberste Zweck des Reichsgerichts, die Rechts einheit aufrecht zu erhalten, verfehlt wird. 7 Senate kõnnen die Rechtseinheit besser aufrecht erhalten, als 9 oder 11, und es ist daher durchaus begreiflich, daß das Reichsgericht selbst vor diesem Mittel der Vermehrung der Senate und der Plenarentscheidungen zurückschreckt. Die einbeitliche Fortführung der Rechtsentwicklung ist wesentlich leichter, wenn sich das Gericht auch nach der persönlichen Seite konzentrieren kann. Die großen interessantesten Fragen des bürgerlichen Rechts lassen sich auch nicht nach Materien sondern. Bleibt also für die Entlastung des Reichsgerichts nur die Verminderung des von ihm zu bewältigenden Stoffes. Mit einigen der vorgeschlagenen kleinen Mittel sind wir durchaus einverstanden; nur darf das Reichs⸗ gericht in diesen Punkten nicht durch oberste Landesgerichte ersetzt werden. Unter den größeren Mitteln, die zur Abhilfe ergriffen
werden sollen, stebt die Einführung des Difformitätsprinzirs obenan. Die Zabl der Revisionen bei konformen und difformen Entscheidungen der Vorinstanzen ist seltsamerweise fast genau die gleiche. Wird dieses Prinzip eingeführt, so erscheint mi ie Sicherung der Rechtseinheit gefährdet, es können in verschiedenen Landes⸗ teilen zwiespältige Entscheidungen derselben Frage eintreten. In gewissen Fallen entscheidet schon heute das Oberlandes⸗ icht Hamburg anders als das Oberlandesgericht Dresden. Wir baben dagegen das fernere Bedenken, daß dann auf alle Fälle nach Präjudizien gesucht werden wird und ältere Reichsgerichtsentscheidungen rangejogen werden, sodaß wir zu höchst verwickelten und ebenso uchtlosen Entscheidungen kommen können. Aber nicht bloß ie Reichseinheit kann durch dieses neue Prinzip gefährdet werden; es kann auch die Rechtseinheit innerhalb desselben Landes⸗ gebiets leiden, wenn dessen verschiedene Oberlandesgerichte verschiedene Entscheidungen fällen. Jedenfalls muß in der Kommission versucht werden, wirksame Kautelen zur Verhütung so unerwünschter Folgen des Difformitätsprinzips zu finden. Bei den kleinen Mitteln wird es schließlich darauf hinaus kommen, was als das kleinste Uebel anzu⸗ sehen ist. Vor der Vertagung läßt sich diese so wichtige Vorlage nicht mehr erledigen; hoffentlich können wir sie im Herbst verabschieden. Abg. Stadthagen (Soz.): Bei den Zivilsenaten hat man das Personal des Reichsgerichts nur um einen einzigen Richter vermehrt, bei den Strassenaten ist eine Vermehrung fast auf das Doppelte eingetreten. Sollte da nicht in erster Linie eine Verminderung der Arbeit bei den Strafsenaten ins Auge gefaßt werden? Könnte nicht das über⸗ flüssige Recht der Staatéanwaltschaft auf unbeschränkte Rerxisionen eingeengt werden? Dann würden sehr bald zwei bis drei Strafsenate entbehrlich. Die Gefahr eines Durchbruchs der Rechtseinheit in Zivilsachen liegt gar nicht vor. Mit dem Difformitätsprin zip wird lediglich die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte verschlechtert und die Rechtseinheit erheblich gefährdet. In den Reichsgerichts entscheidungen macht sich übrigens eine zunehmende Weltfremdheit bemerkbar, besonders in Arbelterfachen, ich erinnere nur an die Entscheidung, die das Verbot des Koalitionsrechts für die Angestellten des Bremer Lloyd als rechtsgültig anerkennt, sodaß man dazu kommen muß, ein oberstes Gericht fur Arbeitersachen zu fordern. Die Hinweise auf oberste Gerichtshöfe anderer Länder, Tie auf den französischen Kassationshof, sind ganz verfehlt. Wenn Re Laien in allen Instanzen stärker herangezogen werden, werden die Revisionen ganz von selbst abnehmen. Die Reichsverwaltung sollte von diesen Gedanken der Reform des Reichsgerichts ganz Abstand nehmen und täte vielleicht am besten, die Vorlage zurückzuziehen. Der richtige Weg der Abhilfe wäre in einer anderen Vorbildung der Richter zu suchen. Ob im Reichsgericht mehr oder weniger Richter ien, ist absolut gleichgültig; es kommt lediglich darauf an, was sie leisten. Warum foll die Verschlechterung gerade bei den Zivilsachen stattfinden, warum wird die Straffustiz ignoriert? In die Justiz müssen Leute von Kopf hinein, aber mit der philologisch⸗ zialektischen Kunst ist es auch nicht getan. Die Hauptsache ist, daß nie für die wirtschaftlichen Verhältnisse und für die soziale Struktur
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des Volles Verständnis befitzen. Bier muß der Hebel angesetzt werden. Die Regierung faßt die ganze Sache am falschen Zipfel an und schafft nur . Wandel kann schon durch eine Verminderung der Strafsachen beim Reichsgericht geschaffen werden.
Abg. Dr. Varenhorst (Rp.): Wir sind an dieser Vorlage mit⸗ zuarbeiten freudigst gewillt und sind dafür, daß die Vorlage noch in dieser Tagung vor gien n verabschiedet wird. Eine langsame Justiz ist stets eine schlechte Justiz. Es steht zahlenmäßig fest, daß das Reichsgericht äberlastet ist und langsam arbeitet, weil die Zahl der zu erledigenden Sachen eine zu große ist. Zur Abhilfe dieses Uebelstandes hat nun die Regierung die Durchführung des sogenannten Difformitätsprinzips vorgeschlagen, wodurch die Sachen beim Reichsgericht auf die Hälfte redujiert werden würden. Dieser Grundsatz dürfte aber in vielen Fällen ein zweischneidiges Schwert sein, weil die beiden Gerichte von ganz verschiedenen Gesichts⸗ Eunkten zu demselben Resultat kommen können. Wir werden diese eg in der Kommission eingehend prüfen und eventuell nach einer
rgänzung dieser Bestimmung suchen müssen. Wir legen das Haupt- ewicht auf eine gute Ausbildung der Richter, nicht auf ihre große Zabl.
ir hoffen, daß die Vorlage möglichst bald erledigt wird, und können nicht damit einverstanden sein, daß ihre Erledigung bis zur Reform der Zivilprozeßordnung verschoben wird.
(Schluß des Blattes.)
Nr. 29 des Zentralblatts der Bauverwaltung“, heraus⸗ egeben im Minssterium der öffentlichen Arbeiten, vom J. April, at folgenden Inbalt: Amtliches: Dienstnachrichten. — Nichtamt⸗ liches: Die neuen Museumsbauten auf der Museumsinsel in Berlin. — Karl Theodor Müller . — Ueber den Wert des Wassers zur Krafterzeugung und Bewässerung. — Die Hebung der Oderbrüscke bei Zäckerick. — Vermischtes: Allgemeine Städtebauausstellung in Berlin 1910. — Keilbremse für Eisenbahnfahrzeuge. — Sprengwagen, bei welchem das Sprengmittel durch Preßdruck ausgetrieben wird.
Statistik und VBolkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
In den meisten deutschen Städten soll am 15. d. M. die Aus— sperrung der Bauarbeiter (vgl. Nr. 86 d. Bl.), erfolgen. Nur in Magdeburg baben die zwischen Arbeitgebern und Arbeit nehmern des Baugewerbes durch Vermittlung eines Stadtrats geführten Ver⸗ handlungen in den Hauptpunkten zur Verständigung geführt. Diese Verständigung soll nach der Magdeb. Ztg. als Grund⸗ lage für die Einwirkung auf die großen kämpfenden Ver— bände benutzt werden. — In den oberrheinischen Städten macht sich das Bestreben der Bauunternehmer geltend, diejenigen Arbeiter nicht auszusperren, die keiner Organisation an⸗ gebören und dieses schriftlich bestätigen. In mittel- und nieder⸗ rbeinischen Städten dürfte die Aussperrung am Freitagabend erfolgen. In zahlreichen Arbeiterversammlungen wurde beschlossen, die bekannten Bedingungen des Arbeitgeberwerbandes nicht anzunehmen. — Die Ziegeleibesitzer des Münster landes beschlossen, wie der Voss. Itg.“ gemeldet wird, einstimmig, die Bauunternehmer bei der Aussperrung zu unterstützen und Steine nur zu liefern, wenn diese während der Aussperrung nicht verarbeitet werden, an nicht organi⸗ sierte Unternebmer aber überhaupt keine Steine zu liefern. Die Hol;⸗ und Baumaterialienhändler beabsichtigen einen ähnlichen Beschluß.
Eine Generalversammlung der Steinmetzen und Grabstein⸗ arbeiter Groß⸗Berlins, die am Dienstag stattfand, erklärte sich, wie die Voss. Itg. berichtet, mit den zwischen den beiderseitigen Fommissionen — dem Verband der Steinmetzgeschäfte von Berlin und Umgegend und der Lohnkommission — getroffenen Vereinbarungen in geheimer Abstimmung mit 163 gegen 77 Stimmen ein⸗ versftanden. Die Vereinbarungen lauten in den Hauptpunkten: Die bisherige Arbeitszeit von 87 Stunden auf Bauten und 8 Stunden auf den Werkplätzen bleibt bestehen. Der Stunden lohn für Steinmetzen wird vom 1. April 1911 ab um 5 3, von S5 auf 90 die Stunde erhöht. Ueberstunden 25 3 Zuschlag, Nachtarbeit 45 3 Zuschlag, Sonntagsarbeit 1,30 die Stunde vom 1. April 1911 ab 1,50 66. Der Akkordtarif bleibt unverändert be⸗ stehen, dagegen wird bei allen Vereinbarungsarbeiten der Stundenlohn garantiert, mit Ausnahme der Versetzerarbeiten von Fassaden. In den Grabsteingeschäften werden alle Arbeiten, die sich nach dem Akkord⸗ tarif berechnen lassen, nach diesem bezahlt, ausgenommen davon sind Felsen, Baumstãmme und andere Massenartikel. Kommt dagegen ein Reichsakkordnormaltarif zustande, so soll dieser Geltung haben. Tarif⸗ vertragsdauer drei Jahre, bis zum 1. April 1913.
Bei Hermann Schött Aktiengesellschaft in Rheydt haben, wie die Köln. Ztg.“ meldet, gestern fast sämtliche Drucker und Lithographen gekündigt.
Zur Tarifbewegung im Leipziger Kürschnergewerbe teilt die pz. Ztg.“ mit, daß in einer Versammlung der Kuͤrschnergehilfen berichtet wurde, daß die Arbeitgeber zwar den zwischen den Vertretern der Prinzipalität und der Gehilfenschaft vereinbarten Tarifvertrag mündlich anerkannt hätten, daß aber ein großer Teil die schriftliche Unterzeichnung verweigere. Daraufhin beschloß die Versammlung, bei diesen Geschäften die Kündigung einzureichen und, wo eine solche nicht besteht, die Arbeit sofort einzustellen.
Der in Paris tagende Kongreß der französischen Eisen⸗ bahnarbeiter nahm, wie W. T. B.“ meldet, geftern eine Tages⸗ ordnung an, daß eine Kommission ernannt werden soll, um den Gene ralstreik vorzubereiten, damit die hauptsächlichsten Forde⸗ rungen der Arbeiter, insbesondere die Erhöhung der Löhne, durchgesetzt werden.
Zum allgemeinen Ausstand in Marseille (vgl. Nr. 86 d. Bl) erfährt W. T. B., daß die eingeschriebenen Seeleute in einer gestern abend abgehaltenen Versammlung beschlossen, den Ausstand allein fortzusetzen, die übrigen Verbände aber aufzufordern, die Arbeit wieder aufjunehmen. — Die Straßenbahnwagen sind gestern zum Teil wieder in Betrieb gestellt worden. Die Dock⸗ arbeiter, Fubrleute und Gasarbeiter befanden sich aber 14 im Ausstande. — Fünf Dampfer sind gestern mit gemischter Besatzung na Algier und Tunis in See gegangen. Am Abend waren die Straßen militäãrisch besetzt. ;
Auch in Spanien sind jetzt verschiedene Lohnkämpfrte im Gange. Nach den Hafenarbeitern von Gijon und den Arsenal— arbeitern von Ferro sind, wie der Frkft. Ztg. gemeldet wird, aun auch die Hafenarbeiter von Coruña ausständig geworden. Beim Ausladen eines Schiffes wurde der Kapitän mißhandelt und ein Streikbrecher tödlich verwundet.
Auf den Zechen von Bracquegnies bei Charleroi ist der Ausstand jetzt voll stãn dig (vgl. Nr. S4 d. BJ.). 2200 Berg⸗ leute haben, wie die Köln. Itg. berichtet, dort die Arbeit eingestellt und einstimmig die Fortsetzung des Ausstands für die Dauer eines Monats beschlossen. Im Becken von Mons hat eine große Anzahl Arbeiter ihre Kündigung gegeben. Am 24. d. M. wird in Quaregnon ein Regionalkongreß der Bergarbeiter des Beckens von Mons stattfinden, der sich mit der Lohnfrage befassen soll. Eine Lohn⸗ oder vielmehr Ausstandsbewegung soll sich auch in der Eisen industrie Belgiens vorbereiten. . den Konstruktionsanstalten Nicaise, Charleroi, sind 200 Zuschläger in den Ausstand getreten.
Die Delaware, Lackawanna and Western Eisenbahn⸗ gesellschaft kündigt, einer Nachricht des W. T. B.“ aus New Jork zufolge, eine sechsprozentige Lohnerhöhung für 6500 Angesteltte der Transpertabteilung an sowie eine m des Stundenlohns um 3 Cents für 1500 Weichen teller.
(Weitere Statiftische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)
Kunst und Wissenschaft.
Das Zentralburegu der Internationalen Erdmessung in Potsdam veröffentlicht den Bericht über seine Tätigkeit im Jabre 1909 und seinen Arbeitsplan für das Jahr 1910. Das Heft 4 der Lotabweichungen wurde danach im Druck herausgegeben, es führt den Titel: Verbindung der russisch⸗standingvischen Breitenmessung mit dem astronomisch⸗geodãtischen Netz in Norddeutschland . Die Arbeiten für die Längengradmessung in 480 Breite von Brest bis Astrachan, die sich über 52 Längengrade erstreckt, wurde weiter⸗ gefördert. In diesem Jahre soll auf dem Gebiet der Berechnungen für das europäische Lotabweichungsspstem die Bearbeitung der Längen⸗ gradmessung in 480 Breite fortgesetzt werden. — Der inter⸗ nationale Breitendienst auf dem Nordparallel in * 390 8 Breite hat auch im Jahre 1809 ohne Unterbrechung gearbeitet.
Die Station Tschardjui mußt - wegen Sommerüberflutungen des B 9 8 9
Amu⸗Darja 7 Em nach Osten verlegt werden. Im ganjen sind auf den sechs Stationen im Berichts jabre 12 025 Sternpaare beobachtet worden. Der Band II der Resultate des Internationalen Breiten⸗ dienstes wurde im Druck fertig gestellt; der JV. Band soll im Jahre 1911 erscheinen. Die Beobachtungen auf dem Su dparallel in — 319 55 Breite wurden nur auf der Station Oncativa an 2092 Sternenpaaren ausgeführt. In diesem Jahre wird eine neue Station in Johannesburg (Transvaal) hinzukommen. Kooperative Beiträge für den Breitendienst lagen für 1909 nur aus Pulkowo vor; für dieses Jahr sind Beiträge in laufenden Beobachtungen von Zenitsternen auch aus Odessa und Lissabon, voraussichtlich auch aus Christiania und Upsala zu erwarten. Die Reduktionen der Schwerkraft⸗ bestimmungen, die an Bord des von der russischen Marine zur Verfügung gestellten Schiffes Pruth auf dem Schwarzen Meere ausgeführt wurden, sind so weit fortgeschritten, daß zur Ab⸗ leitung der endgültigen Resultate nur noch die Ausgleichung der Be⸗ obachtungsergebnisse erforderlich ist. Die unausgeglichenen Werte ergaben bereits, daß man im allgemeinen das Schwarze Meer als annähernd kompensiert betrachten kann, daß also auch bei diesem im Vergleich mit den Ozeanen kleinen Meere die Prattsche Regel von der isostatischen Lagerung der Massen der Erdkruste zu⸗ trifft. Für die früher auf dem Indischen und dem Großen Dzean ausgeführten Schwerebestimmungen ist eine Neuausgleichung im Gange. — Für die Bestimmung der Lotbewegung unter dem Einfluß von Sonne und Mond sind die instrumen⸗ talen Hilfsmittel so weit vorbereitet, daß mit den Be⸗ obachtungen begonnen werden kann, sobald die Beobachtungs⸗ ãume von den betreffenden Bergwerksbebörden zur Ver⸗ fügung gestellt sein werden. Die säachsische bat die Errichtung einer vom Geodätischen Institut zu unterbaltenden Station im Bergwerk zu Freiberg im Prinzip genehmigt; für die Errichtung einer weiteren Station in Pribram (Böhmen) sind ein⸗ leitende Schritte getan; die Bearbeitung der in der Potsdamer Brunnenkammer angestellten Beobachtungen wird demnächst beendet sein. — Die Einnahmen des Zentralbureaus im Jahre 1909 be⸗ iefen sich auf rund 140 306 , denen an Ausgaben 71 801 4 gegen⸗ ũberstanden.
in Tübingen, in dem de Dichter von seinem fünfzigsten Lebensjahre bis zu seinem To
wohnt hat, und das bisher pietätvoll in seinem alten Zustande lten wurde, steht in Gefahr, durch Verkauf in andere Hände über⸗ zugehen und vielleicht zu geschäftlichen Zwecken ausgebaut zu werden. Wie die Köln. Itg. mitteilt, hat es jedoch den Anschein, als ob diese Gefabr noch rechtzeitig abgewandt werden könnte. Die Tübinger Stadtverwaltung erwägt den Gedanken, das Haus zu erwerben und später ein städtisches Museum daraus zu machen. Auch der Schwäbische Schiller Verein und der Bund für Heimatschutz haben Schritte getan im Sinne der Erhaltung der denkwürdigen Stätte. Das Haus liegt an der Neckarbrücke und hat einen terrassenförmig aufsteigenden, aussichts reichen Garten.
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Unsere Kenntnis der antiken Kleinkunst, insbesondere des Prunk⸗ eräts der römischen Kaiserzeit, hat sich durch den Silberfund von
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Boscorea le bei Pompeji aus dem Jahre 1895 mannigfach erweitert. Das realistische Storchennest auf einem Henkelbecher, der Totentanz
antiker Philosophen und Dichter auf einem Trinkgeschirr zeigen uns zwei neue Motive, deren letzteres sich weiterhin in der bildenden und Dichtkunst auf das reichste entfalten sollte. Andere Bestandteile des kostbaren Fundes haben vorwiegend historisches Interesse, und der Geschichtsschreiber der römischen Kaiserzei Alfred von Domaszewsfi hat sich, wie die Frankf. Ztg. mitteilt, im letzten Sitzungsbericht der neuen Heidelberger Akademie der Wissen⸗ schaften Verdienste um die Deutung dieser geschichtlichen Beziehungen erworben. Einer der Silberbecher von Boscoreale ist mit Szenen geschmückt, die die Herrschergröße des Augustus verherrlichen. Die eine Seite zeigt ihn als Behberrscher des Erdkreises auf dem Thron⸗ sessel, in einer Hand die Weltkugel, in der anderen jene Urkunde, in der er nach seiner Rückkehr aus dem Orient im Jahre 29 vor dem versammelten Senat die Befreiung der Erde bekannt gab. Die Sieges⸗ göttin des Julischen Hauses, Venus Genetrix, gekennzeichnet durch den ihr folgenden Amor, führt ihm die Victoria zu, die ihn bekränzen soll. Von der Rechten begrüßt ihn Mars Ultor an der Spitze der befreiten Provinzen. Die andere Seite des Bechers zeigt Augustus als Mehrer des Reichs im Feldlager. Dem Herrscher zu Füßen liegen drei ausländische Fürsten, die von kindlichen Söhnen begleitet werden. Domaszewski deutet sie als die Beherrscher der von Augustus persön⸗ lich unterworfenen, spanischen Stãmme. In dem spanischen Feldzuge aber begleiteten ibn zwei Prinzen des Kaiserlichen Hauses, Marcellus und Tiberius; auf diese deutet der Erklärer die beiden Bewaffneten hoben Ranges, die hinter dem Thronsessel des Kaisers Platz ge nommen haben. Auch der Schmuck eines anderen Bechers aus Bos⸗ coreale wird auf Augustus gedeutet, obwobl der Triumphator die Züge des Tiberius trägt. Es handelt sich vielleicht um eine späte, unter der Regierung des Tiberius vorgenommene Nachbildung der Reliefs, welche die Quadriga des triumphierenden Augustus auf dem römischen Forum schmückten.
Literatur.
Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule und Haus. Herausgegeben von D. David Koch, Munchen, Georg D. W. Callwey. Preis vierteljährlich 2 4. — Die Durchsicht der bis jetzt vorliegenden drei Hefte des Jahrgangs 1910 gewährt einen besonderen Genuß. Es ist erstaunlich, welche Mannigfaltigkeit des Inhalts der Herausgeber bei steter Betonung der Grundgedanken in seiner Zeit⸗ schrift zu entfalten weiß. Den Auftakt bildet die Programmrede für christliche Volkskunst und religiöse Kunsterziehung! von David Koch (2 Nummern). Ergänzt werden die Ausführungen dieses Aufsatzes durch einen Beitrag von C. Sattler: Christliche Kunst im Konfirmandenunterricht“, sowie durch einen Beitrag von Immanuel Friz: „Förster und die Kunsterziebungsfrage . — Erinne⸗
rungen an die Düsselderfer Kunstausstellung werden ge⸗ weckt durch die kunstkritischen, gründlichen Bemerkungen des Herausgebers über die genannte Ausstellung. Unter den
dem bekr. Aufsatz beigegebenen Abbildungen fallen die wuchtigen Ent⸗ würfe Franz Brantzkys zu einer Totenhalle sowie die leichteren gefälligeren von Peter Behrens (zu einem Krematorium in Hagen), endlich die originellen Entwürfe des jedenfalls hochbegabten Kirchen⸗ baumeisters Max Benirschke auf. Den im Schwabenlande rühmlichst bekannten Martin Elsäßer führen uns Kopp und Rieger in zwei seiner neueren Schöpfungen: dem Betsaal und dem traulichen Pfarr⸗ hause in Kirchheim, vor. — Die Kunst der Illustration ist in zwei stimmungsvollen Bildern von Franz Stassen (aus der Menge⸗Stassen⸗ Bibel) und in zahlreichen anheimelnden Bildern von Rudolf Schäfer (aus der Schmuckausgabe des Sächsischen Gesangbuchs) berücksichtigt. Das Kunstgewerbe ist vertreten durch Abbildungen von Kirchengeräten,
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