1910 / 93 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Apr 1910 18:00:01 GMT) scan diff

der Inhaber eines Abonnementebilletts dieses nur zu den notwendigen Fahrten ausnutzen. Ganz anders liegt die Sache beim Fernsprecher. Ich verstehe nicht, wie Herren, die im Geschäftsleben stehen oder dem Verkehr nahe stehen, es verteidigen können, daß ein großes Waren⸗ haus, ein Restaurateur, der das Geld hat, sich ein Abonnement auf den Fernsprecher zu nehmen, oder ein Zigarrenhändler, der sich das leisten kann, soll verlangen dürfen, die Verwaltung müsse ihm ge⸗ statten, alle seine Kunden umsonst den Fernsprecher benutzen zu lassen. Dadurch werden doch dem kleinen Mann, der nicht das Geld für ein Fernsprechabonnement hat, auf Kosten des Staats die Kunden ent— zogen, denn diese werden lieber zu dem gehen, bei dem sie ihre Ge⸗ spräche bequem und umsonst erledigen können.

Wir wollen keineswegs die Leute hindern, so viel wie möglich zu sprechen. Ich habe mir bereits am Sonnabend auszuführen gestattet, daß ich gern jeden so viel sprechen lasse als er will; wenn er so viel Zeit hat, so ist das seine Sache. Aber die Gespräche kosten Geld, der Staat braucht Fernsprechgehilfinnen, um die Verbindungen her⸗ zustellen, und je mehr gesprochen wird, desto mehr Menschenkräfte brauchen wir und desto teurer wird die Sache. Deshalb ist es vom wirtschaftlichen Standpunkte aus ganz richtig, daß man nicht vollstãndig freie Bahn gibt.

Es wird immer so dargestellt, als ob nun diese Fernsprech⸗ gebuhrenordnung das Rigoroseste wäre, was es gäbe. Die Herren wollen sich doch gütigst einmal klar machen, daß der Fern⸗ sprecher für alle Teilnehmer, die nicht öfter als siebenmal täglich sprechen, nicht einen Pfennig teurer wird. Man wird also nicht sagen können, daß nun die kleinen Gewerbtreibenden durch diese neue Fernsprechgebührenordnung geschädigt werden; denn unter diesen sind sehr viele, die nicht siebenmal täglich telephonieren.

Einige Herren haben ausgeführt, daß der Kaufmannsstand be⸗ sonders die Belästigung fürchte. Ich muß aber nach all den Ein⸗ gaben und wir haben ja deren genug bekommen sagen, daß nicht die Belästigung das Entscheidende ist, sondern die Inanspruch⸗ nahme des Geldbeutels, der Umstand, daß es teurer wird. Wenn uns nun immer empfohlen wird, wir sollten kaufmãnnisch wirtschaften, so ist es doch sicherlich kaufmännisch, wenn die Verwaltung bei solchen Maßnahmen die Frage erwägt: wie stellt sich in den einzelnen Teil- nehmergruppen die Ausgabe im Verhältnis zur Einnahme?

Bei der Einführung einer gestaffelten Pauschgebühr so wurde gesagt brauche man ja nicht dauernd zu zählen, sondern es würde genügen, wenn man drei⸗ bis viermal im Jahre zähle. Ich glaube, mit so geringen Proben würde man nicht auskommen, und all die Herren, die das heute als möglich hinstellen, würden nach Jahr und Tag dagegen protestieren, weil eine so geringe Kontrolle häufig ein ganz falsches Bild geben würde. Denn mit Recht würde jemand, der an einem Tage sehr viel spricht, während er das sonst nicht tut, und der zufällig an diesem Tage kontrolliert wird, sich dagegen wehren, daß gerade nun dieser Tag als Durchschnittsnorm genommen wird. Bei Einführung eines gestaffelten Pauschtarifs neben dem geplanten reinen Gesprächsystem ist die Gefahr vorhanden, daß alle Lasten, die das Zählen bei Einzelgesprächen mit sich bringt, bleiben, und daß die Einnahmen geringer werden.

Bei Aufstellung dieser neuen Gebũhrenordnung ist in erster Linie die Absicht maßgebend gewesen, eine Erleichterung für die Kleinen

herbeizuführen. Auch der Abg. Kaempf bat das ja als richtig be⸗ funden, und es ergibt sich in der Tat aus der Regalität des Fern⸗ sprechwesens, daß die Verwaltung das ganze Land gleichmäßig berück⸗ sichtigen muß und nicht diejenigen Teile bevorzugen darf, die Ueber schüsse bringen. Nun hat man geglaubt, gerade damit den kleinen Orten entgegenzukommen, daß man die Bestimmung beseltigen will, wonach die Teilnehmer der kleinen Netze gezwungen sind, gegenwärtig für 400 Gespräche im Orte zu zahlen, die sie meist nicht führen. Sie bekommen dann 20 4 frei und können sie zu Ferngesprächen verwenden. Das ist doch auch ein Zugeständnis. Im weiteren be⸗ müht sich die Verwaltung, die Vermittlungsãmter derartig zu legen, daß die Entfernung zwischen je zwei Aemtern möglichst nicht über 10 km hinausgeht, sodaß auf diese Weise der Zuschlag allmählich verschwindet.

Ich glaube, daß bei der Beratung der Vorlage in der Kom mission manches falsche Urteil über die Vorlage verschwinden und daß sich bei vielen Wünschen herausstellen wird, daß sie nicht erfũllbar sind, jedenfalls nicht, obne daß die Vorteile, die die Vorlage bietet, aufgegeben oder vermindert werden.

Abg. Be ck⸗Heidelberg (nl. ] Die Vorlage ist das Ergebnis von wiederhhlten Resoͤlutionen des Hauses, die auf eine Verbilligung des Telephonverkehrs auf dem Lande hinausliefen. Der Teilnehmer auf dem platten Lande hat sich das Telephon nicht zugelegt, um mit den Ortsinfassen zu verkehren, sondern hauptsächlich, um die Möglichkeit ner telephonischen Aussprache nach der Nachbarschaft, insbesondere nach der nächsten Stadt, von der er seine Bedürfnisse bezieht, zu gewinnen. DOrtsgespräche in ungemessener spabl zu führen, ist schon wegen der geringen Zahl der Angeschlossenen für den Teil⸗ nehmer auf dem Lande unmöglich. Für die Vermittelung der Ver⸗ bindung nach einem anderen Netz wie für den Anschluß selbst wird der Teilnehmer auf dem platten Lande noch extra zu Beiträgen heran⸗ zogen, die ihm diesen Verkehr sehr verteuern. Der Wunsch nach Verbilligung hat sonach durchaus nichts Agrarisches an sich, von iner Liebesgabe an das platte Land auf Kosten der Städte sollte keine Rede sein. Eine Verbilligung der Benutzung solcher Verkehrs anstalten bringt eine Zunahme des Verkehrs mit sich; anderseits muß es eine gewisse Grenze geben, indem die Verwaltung unter die Selbstkosten nicht heruntergehen darf. Der Nutzen der gewünschten

Einrichtung liegt aber doch auch nicht nur in den Einnahmen, sondern auch in den mittelbare wirtschaftlichen und kulturellen Vorteilen, die mit der Erweiterung de elephonverkehrs auf dem Lande verbunden sind. Darum foll man nicht kleinlich nur auf die Einnahmeziffer sehen. Ent⸗ spricht nun die Vorlage dem, was vom Reichstage befürwortet worden ift? Nur schr bedingt; denn die gebotenen Vorteile werden durch die nach anderer Richtung entstehenden Benachteiligungen aufgewogen. Man hat auf dem Lande vielmehr eine Verbilligung überhaupt der Pauschal⸗ und der Gesprãchsgebühr gewünscht, auch die Hinzufügung einer Üünterjone bei den Ferngesprächen erwartet, etwa 10 3 für Ent⸗ fernungen von 10-15 Em. Daneben wünschte das platte Land die Befeitigung der Zumutung, die Kosten für die Leitung über 5 km Finaus zu ersetzen und füt die Unterhaltung zu den Kosten beizutragen. Für die Städte bringt der Entwurf geradezu eine Verkehrshemmung und Verkehrsunterbindung. Wer sind denn die Kreise, die sich gegen diese Vorlage wenden? Es hat sich nicht nur der Hansabund gegen die Beseitigung der Pauf lgebühr ausgesprochen, fondern 55 der Handwerker und Gewerbetag im Interesse der Kleingewerbe⸗ treibenden. Wir müssen uns fragen ob es nicht für die Ver⸗ waltung angãngig 6 ebe sie diese Vorlage nochmals ein brachte, den beteiligten Kreisen Gelegenheit zu geben, ihre Ein⸗ wendungen zu machen; vielleicht wäre in der gegenseitigen Aussprache ein Ausgleich der Interessen möglich gewesen. Die Konferenz, auf die sich die Verwaltung beziebt, ist ein Musterbeispiel dafür, wie

dies Beispiel

worden ist. Inwieweit wir

Hand zu legen, wollen sehen,

Abg. Teilnehmer, brauch machen, zu erschweren

und wir

seiner u Staatssekretãr Mißbrauch vor

zu ergänzen. auszugleichen,

Verwaltun prüfung und 100 0600 Gespr

den bisherigen

machen nehmen werd Abg. Lin

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wãrtige

wesentliche man sich

und vielfach

Statistik der nur bemerken, gegenwãrtigen nur 16 Tag wird.

einzelnen Behörden

Bild der ta der Frage. staatlicher decken. Die

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werden; abe

wenig solche ad hoc berufenen Konferenzen geeignet sind, die wahre

Kommissions

ginn f der

ist, der nur durch eine Erschweren wir dur . und Zählgebühr nicht den telephonischen Verkehr so, daß ein erheb— licher Ruͤckgang, aus

ob die Einführung der gestaffelter. Pauschalgebühr, wie sie vorgeschlagen ist, nici ist.

nur eine mäßige ische . . . beachten ist, daß die Einrichtung nicht in den Händen des fondern einer privaten Unternehmung liegt. ; 8. pielfach im Auslande die Benutzung der telephonischen Einrichtungen teuerer ist als bei uns. j den wollen wir uns nicht entreißen lassen.

Dr. Südekum (Soz ): die weit über den Durchschnitt von dem Telepbon Ge⸗

Wir wollen auch die Segnungen des Telephons dem platten Lande zuganglich mach

zu schaffen. Diese Vorlage erschwert möchten sie am J r Kommifsion überweisen, sondern sie der Verwaltung zurückgeben mit dem Auftrage, etwas Brauchbares zu bringen. zehrt nur von ihrem alten Ruhm; steht durchaus uch auf der Höhe. verwaltung, daß sie

Telephons bestrebt ist, Benutzung abzuschrecken.

eine Mitbürger an, e . des Verkehrs“, was „unnütze Gespräche⸗?? Gewiß kann ein

erzieẽherische Aufgabe zu erfüllen, hat nicht die Tätigkeit der Schule ũ Leistung und Gegenleistung

Unsers Tarife sind zu teuer. Die Neigun gesprãchen beruht nur darauf bei diesem unter dem Pauschaltarif Anschluß zu zu hoch für das platte r Die Teiftung der Privgtindustrie, ) 6 don Rebenanschlüssen befaßt, steht turmhoch über den Leistungen der

genügt in kiner Weise.

geradezu unglaublich, keit. Soll etwas Ordentliches geschaffen werden, so dürfen wir nach

der jetzt amtierenden Postverwaltung überlassen, sondern wir müßen

sie selbst machen, nãmli gierung ist total unbrauchbgr, ade t änktung und auf die Gefahr hin, Linen Minister, Minister gegen als für den Verkehr ist, fester in seiner P

Gar lil gilt bei uns in Deutschland in diesem Punkte die Justament politik erkläre ich, daß wir die Vorlage nicht an⸗ erden, es sei denn, daß sie wesentlich anders gestaltet wird.

spruch, den die diere Neuordnung der Teleyhongebühren in den Kreisen des Handels, der Industrie und des mittleren Gewerbe⸗

verwaltung gemacht hat, und daß trotz? e chten Abanderungsvorschläge die Vorlage in unverãnderter

Gestalt wieder eingebracht worden ist. Zustand reformbedürftig insofern, Geschẽftsbetriebe, insbesondere Warenhäuser, auf Kosten der kleinen Teilnehmer ungeb ö ̃

für Gespräche auf eine . von über 100 bis 250 km eine Gebährenstufe von 75 einge e

einen Fortschritt begrüßen. ar ü zuwenden, daß bei mehr als 19009 Gesprãchen ein neuer Apparat beschafft werden . Aber die 4

gebühr und die Ein

und deshalb als eine Erschwerung von Handel und Verkehr und eine zu starke Belastung des Mittelstandes erscheinen.

schen Berechnung ; s —ͤ eiten von der falschen Voraussetzung, laß der Reinertrag

eines Geschäfts nach dem Umfang des Fernsprechberkehr

fei, aber Ladeninhaber, Spediteure, Exporteure,

Agenten und Kommissionãre mit

mittleren Betriebe von etwa 40 Gesprächen eine Vervierfachung der

ird. Neben lästigung des Gesprãches

und Publikum ahlr befonders Wirte, die ihren Kunden und Gästen das Telephon zur

Verfügung stellen, geraten in eine pelss h Lage, wenn sie dafür eine Entschädigung beanspruchen

lation bei Aufstellung des system erheblich erschwert.

der Begründung nur ganz Verhältknisse des platten

unsere größeren

weis auf das Ausland ist sehr einseitig und verschiebt den Kernpunkt ECs muß als Grundsatz gelten, Verkehrsanstalten zum

Betriebe allein die Rentabilität unseres Telephons sichern, die ganz

ei einer konsequenten Durchführun ; und Gegenleistung müßten in jedem rtsnetze die Gebühren nach den

Kosten der Fernsprechanlage und Es widerstrebt , ,, sözialen Empfinden, Staßt und Land gegen, einander auszuspielen; aber wir müssen. doch

dicht besiedelten Gegenden, unsere ö ni

dünnbevölkerten platten

lich und unrentabel, und bei der gegenwärtigen Finanzlage des Reichs solt man sich vor allen gefährlichen Experimenten hüten; auch die rfahrungen, die man mit der 3 des Aus⸗

scht mahnen. geschlagene Staffelun Gespraͤchziffern eine r

Abg. Herzog! (wirtsch. Vgg); Die Vorlage ist schon im vorigen Jahr so ausführli Malerial nicht zu Vage foͤrdern können. Die. Stellun meiner politischen Freunde hat sich nicht geändert. wie vor den Grundgedanken der Vorlage für richtig, weil in ihm zum Ausdruck kommt, daß die Leistung den n,, bilden soll für den Die Staffelung der

rrungenschaften am

platten Lande zu seinem Rechte verhelfen.

beteiligten Kreise zum Ausdruck zu bringen; zeigt, wie, notwendig ein stãndiger Postbeirat Zufallsmehrheit hier ö ch die Einführung der rund⸗

den Telephongebühren zu erwarten ist? in der Lage sein werden, an das Gesetz die bessernde das zu prüfen, wird Sache der Kommission sein; wir

In den Vereinigten Staaten besteht und hat sich rentiert, wobei zu Staats,

ich, daß

Pauschalgebühr

ugeben muß Das ist ein BVorsprung, den wir haben, und Fir wollen průfen, ob nicht stärker zu den Kosten herangezogen werden können.

en. Wir verwerfen aber jeden Versuch, den Verkehr und zu verteuern und neue agrarische Vorrechte und verteuert den Verkehr,

liebsten überhaupt nicht einer

Unsere Postverwaltung namentlich das Spre wesen Es n, . die Reichspost= ie angesichts einer so minimalen Verbreitung des den Telephonverkehr zu erschweren und von s AUnnütze Gespräche will der abschneiden. Damit maßt er sich ein Urteil über das ihm nicht zusteht. Was sind Aus-

kommen. Aber ein Chef. der Verwaltung hat keine

ei der Festsetzung der Tarife Charakter des modernen Verkehrs. im Publikum zu Einzel⸗ erfahren billiger zu fahren, finden. Die Tarife sind Land und guch für die großen Stãdte. die sich nur mit der Einrichtung

widerspricht dem

Die von der Postverwaltung aufgemachte Statistit Es fehlt uns jede Nöglich eit der Nach— manche statistischen Angaben. sind daß eine einzige Stelle jährlich Das ist eine pure Unmöglich—

Bewertung; so die, äche vermittelt hat.

Erfahrungen die Reform der Fernsprechordnung nicht

ch in der Kommission; die Vorlage der Re⸗ Gerade bei der jetzt amtierenden Post⸗ der mehr ein osition zu

z (Rp.): Es ist bedauerlich, daß der energische Wider⸗

den hat, nicht mehr Eindruck auf die Reichspost⸗ der von den verschiedensten Allerdings war der gegen⸗ als die allergrößten uhrlich bevorzugt werden. Die Bestimmung, daß tzt worden ist, kann man als Wir haben auch nichts dagegen ein

der reinen Pauschal⸗ ten Systems muß als eine

ährung eines gemis Verkehrsmittels

Verteuerung eines unentbehrlichen

Bei der arithmeti⸗ der Gebühren nach der Zahl der Gesprãche lãßt 8s zu beurteilen r vor allen Dingen einer starken Fernsprechbenutzung geringen Einnahmen beweisen das Gegenteil. Bei der Schädigungen durch die geplante Neuordnung will ich daß für unsere wefentlichen Industriebezirke bei einem

Gebühr und selbst bei einem Durchschnittsbetriebe von esgesprächen eine Verdoppelung der Gebühr eintreten der Mehrbelastung wird zugleich eine schwere Be— Mittelstandes eintreten; denn die. Zäblung jedes muß zu vielen Mißhelligkeiten zwischen führen; zahlreiche Geschäãftsleute,

sollen. Auch die kaufmännische Kalku⸗ Etats wird durch das neue Gebühren: Es ist ein Mangel der Vorlage, daß bei oße Verkehrsverhältnisse oder die kleinen andes Berücksichtigung gefunden haben; oder Mittelstãdte würden ein klareres

Provinzial⸗ haben. Auch der Hin⸗

fachlichen Bedürfnisse ergeben

ten, daß die Gebührensãätze ; mindesten die Selbstkosten Begründung selbst aber ergibt, daß die mittleren

Anlagen aber unrentabel sind.

kleinen = des Grundsatzes von Leistung

die ganz ihrer Bedienung festgesetzt werden.

trieg. t gegenüber dem Lande ungebührlich bena teiligt werden.

. daß unsere eint uns auch die geplante Maßnahme als unwirtschaft⸗

für das Srtsporto gemacht hat, sollten zur Vor⸗

Von alsen etwaigen Reformen stellt nur die vor, der Pauschalgebühr mit größeren abgestuften rauchbare und gerechte Lösung der Frage dar.

erörtert, daß die heutigen Verhandlungen wesentlich

Wir halten na

Pauschalgebühren setzt auch eine Gesprãche voraus. Ez ist natürlich, daß die technischen ersten und besten in der Großstadt 9

man kann dieser Tatsache gegenüber doch au dem

lage der Budgetkommission überwiesen.

ierauf wird die Generaldiskussion geschlossen und die Vor⸗

Nächste Sitzung Donnerstag 1 Uhr. . Lefung des Gesetzentwurfs, n en, das Reichsschuld⸗ uch, Rechnungsvorlagen, weite Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Haftung des eichs für seine Beamten.)

Schluß GM Uhr.

Preusischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 53. Sitzung vom 20. April 1910, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung, in der die zweite Beratung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten bei dem Kapitel „Elementarunterrichtswesen“ fortgesetzt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ . von Trott zu Solz:

Meine Herren! Meine Herren Vorredner haben für mich außer⸗ ordentlich wertvolle und mannigfache Anregungen gegeben, an denen ich ganz gewiß nicht vorübergehen werde, ohne sie zu prüfen und zu beachten; heute aber möchte ich nur kurz auf einige der vorgebrachten Punkte mit wenigen Worten eingehen. Zunächst möchte ich auch hier, wie ich das schon in der Kom— mission getan habe, erklären, daß das neue Lehrerbesoldungsgesetz sich im allgemeinen glatt hat durchführen lassen dank den reichen Mitteln, die der Schulverwaltung für diese Durchführung auch von diesem hohen Hause durch die Annahme der bezüglichen Gesetze zur Ver⸗ fügung gestellt worden sind. Ich möchte auch glauben, daß es doch nicht richtig ist, wenn von meinem letzten Herrn Vorredner gesagt worden ist, es sei der Zweck mit dem Gesetz nicht erreicht worden, daß nun eine gewisse Ruhe in die Lehrerschaft einziehen möge. Ich habe doch den Eindruck, daß diese gewünschte Ruhe tatsächlich in weite Kreise unserer Lehrerschaft eingezogen ist, namentlich in die Kreise unserer Landlehrer. (Sehr richtig) Ich kann das behaupten auf Grund von Mitteilungen, die an mich gelangt sind, und ich möchte das hier auch betonen, daß gerade Lehrer vom platten Lande mir wieder⸗ holt ihren Dank und ihre Zufriedenheit damit aus gesprochen haben, was von der Staatsregierung und von den Parlamenten für sie geschehen sei. Gewisse Punkte sind ja allerdings in den Gesetzen vorhanden, die zu Beunruhigung geführt haben, und diese Punkte sind ja von den Herren Vorrednern auch erwähnt worden. Das ist einmal die Frage der Mietsentschädigung und dann die Frage der Orts zulagen. Sie haben, meine Herren, bei der Verabschiedung dieses Ge⸗ setzes offenbar die Tendenz verfolgt, den Unterrichtsminister, soweit irgend angängig, aus den Einzelheiten der Ausführung dieses Gesetzes herauszunehmen, die Ausführung des Gesetzes im einzelnen den ört⸗ lichen Instanzen zuzuweisen, in dem Gedanken, daß dann den individuellen Verhältnissen, soweit das erforderlich ist, besser Rechnung getragen würde, als wenn die Bestimmungen von hier, von Berlin aus in das Land erlassen würden. Das hat gewiß Vorzüge; aber gewisse Nachteile muß man dann eben auch mit in den Kauf nehmen; sie bestehen darin, daß nicht eine durchweg gleichmäßige Regelung eintritt, sondern daß Verschiedenheiten eintreten, indem die eine Ge⸗ meinde sich so, die andere Gemeinde sich so entschließt, innerhalb des Rahmens, der ihr gegeben ist, um darin nach ihrem Ermessen die Entscheidung zu treffen. Das gilt namentlich bezüglich der Ortszulagen.

Wenn aber auf der anderen Seite die Lehrer berücksichtigen, wie erheblich besser sie mit ihren Bezügen im ganzen jetzt gestellt sind, als es früher der Fall war, dann, meine ich, sollten sie daran denken und nicht nur den Vergleich ziehen, ob vielleicht ein Kollege in einem anderen Orte nicht noch etwas mehr erhalten hat als sie selbst. Das werde zur Zufriedenheit beitragen.

Was sodann die Mietsentschädigung anlangt, so wird die Frage binnen kurzem von neuem aufgerollt werden. Ich glaube, es ist heute dem hohen Hause ein Gesetzentwurf über die Mietsentschädigung und den Wohnungsgeldzuschuß zugegangen. Wenn dieser Entwurf zum Gesetz wird, wird darin der Anlaß liegen, die Mietsentschädigungs— frage für die Lehrer von seiten der Provinzialräte von neuem einer Prüfung zu unterziehen.

Daz, was ich gesagt habe über die bis zu einem gewissen Grade verschiedenartige Gestaltung der Bezüge der Lehrer durch die Schulgemeinden gilt auch bezüglich des Punktes, der von dem letzten Herrn Vorredner erwähnt worden ist, daß die Zulagen der Rektoren so verschieden bemessen seien, indem das Gesetz nur eine Minimal; grenze angibt, es aber den Gemeinden nicht verwehrt, über diese hinausgehen. Das hängt eben auch mit der Art der Regelung in dem Gesetz zusammen.

Die Unterrichtsverwaltung bemühl sich nach Kräften, jüngere Lehrer zunächst nicht an eine einklassige Schule zu setzen, was ink besondere von Herrn Freiherrn von Zedlitz als sehr erwünscht be⸗ zeichnet wurde; indessen ist sie auch da nicht ungebunden, denn daß Besetzungsrecht der Gemeinden steht entgegen, und die haben natũrlich die Neigung, ältere Lehrer zu berufen, weil sie glauben, mit ihnen ihre Schulen besser zu versorgen als mit den jungen Anfängern. Aber soweit die Regierung in der Lage ist, auf diesem Gebiete in dem von Herrn Freiherrn von Zedlitz gewünschten Sinne zu verfahren, ist e geschehen und wird es auch ferner geschehen.

Was die nur auftragsweise beschäftigten Lehrer anlangt, so ist inzwischen darüber von mir eine Verfügung ergangen, die den Wünschen dieser Lehrer, soweit es möglich ist, entgegenkommt.

Wenn es richtig sein sollte, daß in der Tat ein Kreisschul⸗ inspektor, wie das, glaube ich, von dem Herrn Abg. Dr. Kaufmann hervorgehoben worden ist, Lehrer gewarnt haben sollte, in einen Berufsverein der Lehrer einzutreten, so würde ich das nicht für richtig halten. Ich bin auch der Ansicht, daß es unseren Lehrern wohl selbtt überlassen werden kann, welchem Berufeverein sie beitreten wollen, und daß es nicht richtig ist, wenn da von Aufsichts wegen ein Einfluß für oder gegen einen Verein, der im übrigen einwandfrei ist, ausgeübt wird. (Sehr gut! rechts und im Zentrum.)

Bestrebungen, die dahin geben, unsere Schüler an den Volkk⸗ schulen mehr bodenständig zu machen, ihnen die Liebe zur Heimat nahe zu legen, sie zu fördern, werden in mir immer einen eifrigen Förderer finden. (Bravo! rechts) Wie es aber mit dem Vogel und Baumtag sich verhält, das, muß ich offen sagen, weiß ich nicht (Heiterkeit) und

auch meine Herren konnten mir darüber eine Auskunft nicht geber. (Bravo! rechts und im Zentrum.)

n Hoffentlich werden die beratungen dazu beitragen.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

zum Deutschen Neichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Mn 93.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

in der Schule,

Abg. Hoff e ihn, Volksp.): Es herrschen ĩ daß der Minister

Often, noch immer Verhältnisse,

haben wird, um eine 8 zu schaffen. Von ' Höillionen Schulkindern sitztn noch ? illionen in überfüllten FKlassen, und dahei ift als Rormalzahl für die einklassige Schule ogar die Kindern angenommen. Um die

et discher Unterricht 32 ist, der in den jetzigen Zwergschulen

verwerfen. Lehrerinnen aber um 195 6 zugengmmen hat, so liegt kein Anlaß vor, die Regierung zu weiterer Anstellun drängen. Bei der Zunahme der Bildungsanstalten für Lehrerinnen ist zu befürchten, daß wir bald mit einem Ueberfluß von An⸗ Värkerinnen flr den Lehrerberuf zu kämpfen. haben werden. Wenn er Abg. Kaufmann gestern die Simultanschule unter Berufung auf das Wort eines evangelischen Geistlichen als die Schule der

Knechtung und der Unduldsamkeit gekennzeichnet hat, so ist das „nndestens eine Üebertreibung. Für das Zentrum spielt in diefer Frage, die Rüchsicht auf die geistliche Schul⸗

aufsicht und die gottgewollte Abhängigkeit immer eine große Rolle. In der Frage der hauptamtlichen Kreisschulinspektion schließe ich mich den Ausführungen des. Abg. v. Zedlitz an; wenn wir hier wirklich zu einem praktischen Ziel kommen wollen, muß das Tempo in der Vermehrung dieser Stellen beschleunigt werden. In das Loblied des Abg. von Zedlitz auf, die Dezentralisation der Schulverwaltung und besonders auch der Kreisschulinspektion fann ich aber nicht einstimmen. Schon jetzt wird der Landrat als eine Instanz in der Ausführung des Schulunter⸗ haltungsgesetzes angesehen, trotzdem in dem ganzen Gesetz kein Wort von dem Landrat steht. Wir müssen die allergrößten Bedenken dagegen erheben, daß der Landrat auf dem Gebiete der Schulverwaltung ein kleiner König wird; die Schule hat Anspruch darauf, eine selbständige Verwaltung zu führen. Daher werden wir diesen Vorschlägen mit der äußersten Vorsicht, wenn nicht mit Mißtrauen gegen ůbertreten,

Große Entrüstung hat in der Lehrerschaft eine Aeußerung des Abg. Herold auf dem Katholikentag in Breslau hervorgerufen. Da die Gemeinden jetzt

Der Ubg Herold hat dort gesagt: auf die Anstellung von Lehrern einen größeren Einfluß erlangt haben, wollen wir unsere ganze Aufmerksamkeit darauf richten, daß an katholischen. Schulen nur Lehrer zur Anstellung gelangen, die wirksame Mitglieder des (atholischen Lehrervereins sind. Der Preußische Lehrerverein hat über diefe Aeußerung des Abg. Herold seine größte Entrüstung ausgesprochen, und wir können uns dieser Stellungnahme des Preußischen Lehrervereins nur anschließen. Ich frage die Zentrumsfraktion, ob sie diese Auffassung des Abg. Ferold keilt, und bemerke gleich, daß keine Antwort für mich auch eine Antwort bedeutet. Die Unbeliebtheit des Preußischen Lehrer⸗ vereins beim Zentrum geht auch hervor aus einem Vorkommnis in Sterkrade, wo ein Lehrerverein, der sich dem Preußischen Lehrerverein angeschlossen hat, auf Veranlassung der Regierung zur Bekämpfung der Schmüutzliteratur eine Ausstellung von uten Jugendschriften veranstaltet hatte. Von den katholischen Mitgliedern der Schuldeputation war auf der Ausstellung nicht ein einziger erschienen, und es wurde ein Schrift⸗ stück bekannt, das von den drei katholischen Mitgliedern der Schuldeputation unterzeichnet war, und in welchem die katholischen Mitglieder gebeten wurden, von der Eröffnungsausstellung fern zu bleiben, um dadurch klar zu zeigen, daß man mit den Bestrebungen des liberalen Lehrervereins nichts zu schaffen habe. Es wurde hier also seitens der. Mitglieder der Schuldeputation abgelehnt, diesem ,, gegen die Schmutzliteratur beizutreten. Auf eine Beschwerde des liberalen Lehrervereins hat die Regierung den drei Herren ihre Mißbilligung ausgesprochen. Das Lehrerbesoldungsgesetz hat große Befriedigung in der Lehrerschaft, hervorgerufen, und es bedeutet einen großen Fortschritt, das schließt aber nicht aus, daß trotzdem noch ein Rückstand bleibt. Was die Ausführung des Gesetzes anlangt, so ist mir ein so ungeheures Material zugegangen, daß es mir Lan; unmöglich ist, auf die Einzelheiten näher einzugehen. Die Lehrer müssen entweder eine ausreichende Mietswohnung oder eine angemessene Mietsentschädigung erhalten. Da läßt aber die Ausführung des Gesetzes noch außerordentlich viel zu wünschen übrig. Die ungleiche Handhabung in der Gewährung von Ortszulagen hat in weiten Kreisen der gr scheft große Unzufriedenheit erregt; die Vösung dieser Frage kann eine befriedlgende nicht genannt werden. In erster Linie sind diese Ortszulagen ja eine freiwillige Leistung der Gemeinden, aber die Regierung kann sie auch gewähren, wo die be⸗ sonderen Verhältnisse dies angezeigt erscheinen lassen. Die beweg⸗ lichften Klagen in dieser Beziehung kommen gaus dem xheinisch⸗west⸗ fälischen Industriegebiet. Die preußischen Lehrer, die im Dienst der Kirche sfehen, müssen dafür guch in angemessener Weise bejahlt werden; wenn so viele Millionen für das Lehrerbesoldungs⸗ gesetz verwandt werden, dann dürfen auch die Organisten nicht bergessen werden. Große Verstimmung hat eine Verfügung eines Krelsschulinspektors hervorgerufen, daß alle Lehrer sich auf ihre Vor⸗ träge und Lektionen schriftlich vorbereiten sollen. Ganz unverständlich ist das rigorose Vorgehen der Schulbehörde gegen den Lehrer Koch in Lehe bei Stade. Bieser Lehrer ist bald 36 Jahre im Amt und während dieser Zeit nur einmal 14 Tage krank gewesen; er verwaltete noch einige Nebenämter. Gegen Ende vorigen Jahres passierte ihm nun das Unglück, daß er krank wurde; s

u Er bat seine vorgesetzte Be= hörde um Ürlaub und erhielt die Antwort, daß ihm der Urlaub bewilligt sei, gleichzeitig aber wurde ihm mitgeteilt, daß er infolge seiner Krankheit zu Ostern an eine andere Schule versetzt werden würde; eine etwas merkwürdige Medizin. Außerdem wurde von ihm verlangt, daß er alle seine Nebenämter niederlegen solle. Eine Be⸗ schwerde beim Minister hatte keinen Erfolg, die Entscheidung des Ministers ging dahin, daß er nur sein kirchliches Nebenamt beibehalten dürfe. Dieses Verhalten muß als ein unfreundlicher Akt gegen die gesamte Organisation des Preußischen Lehrervereins bezeichnet werden, und ich kann den Minifter nur bitten, diese Quelle des Mißtrauens zu verstopfen. ö

Abg. Korfanty (Pole): Die preußische antipolnische Landpolitik hat den Zweck, den Polen das Land zu nehmen; die preußische Schul⸗ politik hat den Zweck, den Polen das Herz zu entwinden; hat doch der Ministerpräsident gesagt, daß die preußische Regierung verlangen müffe, daß die Polen in ihrem Herzen Preußen seien. Die Lehrer werden in den hakatistischen Verein hineingejogen, um die nationalen BJegensätze verschärfen zu helfen. Ein Lehrer Rother gibt, in Ober schlesien ein Blatt heraus, in dem er allerlei falsche Nachrichten über uns Polen verbreitet. Dieser Lehrer sollte sich lieber seiner Schul⸗ aufgabe widmen, er hat aber ein polnisches Kind durch Stockschläge auf den Kopf roh gemißhandelt, sodaß der Schulinspektor seine Mißbilligung darüber aussprechen mußte. Durch die Trinkgelder der Bstwmarkenzulagen werden die Lehrer eben vergnlaßt, mit großer Strenge gegen die Polen vorzugehen. Daß die armen Gemeinden in Ober⸗ schlesien, die 300, 400, ja bis zu 600 0so Kommunalsteuern von den

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag den 21. April

armen Arbeitern nehmen müssen, den Lehrern noch Ortszulagen geben sollen, kann man nicht verlangen. In den Polnischen Kandesteilen ist der HReligionzunterricht in der Volköschule nicht Selhltzmäeck, sondern er wird mißbraucht zu Zwecken der Gen mn n, Die Erfolge eines solchen Unterrichts lassen natürlich zu wünschen übrig. Ein Lehrer hat zu den polnischen Kindern im RNeligionsunterricht gesagt; Die Polen kommen nicht in den Himmel. an hat noch nie gehört, daß ein polnischer Geistlicher gescgt hätte, die w kämen nicht in den Dimmel. Gin anderer Lehrer hat zu Pelntschzn Kindern, die den Katechismus lernten, gesagt; Das ist ja alles umpitz, glaubt nicht alles, was darin steht. Ein Kind berichtet, daß der . gesagt habe, daß die Deutschen die Polen aus der Not befreit hätten, und daß die * aus Dankbarkeit deshalb deuts sprechen müßten; die Mutter Fabe dagegen gefagt, daß das nicht wahr sei, daß der Kaiser selbst gesagt habe, daß den Polen die Muttersprache nicht genommen werden folle, und es, glaube feiner Mutter mehr als dem Lehrer, Ein anderes Kind berichtet (der Redner zitiert alle diese Fälle nach Briefen, die, von Kindern geschrieben sind dak der Lehrer die polnischen Kinder polnische Hen, polnische Affenpinscher und polnische Hunde geschimpft habe. Gin Lehrer hat auf einen Zettel heschrieben? „Ich foll nicht polnisch sprechen. und die Kinder ben, anlaßt, bei ihren Mitschülern erumzuspionieren, ob sie polnisch sprechen, und dem betreffenden Kinde diesen Zettel zu geben, das ihn dann weitergeben muß, wenn eg ein gnderes Kind polnisch sprechen hört. Das ist ein ganz verwerfliches Mittel, die Seele der Kinder wird dadurch vergiftet. Ein Lehrer versteckte beim Besuch des Schulinspektors den Stock im Schrank und verhot den Kindern, dem Schulinspektor zu fagen, daß sie mit dem Stock gezüchtigt feien. Wenn die polnischen Eltern den Mund nicht halten wollen, sondern zum Lehrer gehen, um sich zu beschweren, so werden sie wegen Hausfriedensbruchs bestraft. Dem Zweck der Germanisierung werden alle anderen Aufgaben der Schule untergeordnet, in der Schule herrscht nur stumpfsinniger Drill und Tyrannei. Im Religions⸗ unterricht wird das Gewissen des Kindes vergewaltigt, die Schule ist ein Zwangsmittel geworden, anstatt ein frejes und esundes Geschlecht zu erziehen, eine Dressuranstalt für nationale Zwecke. Da muß es zu scharfen Zusammenstößen kommen, wie beim Schulstreik. Die Lehrer haben sich dabei kein Verdienst erworben, nur der Staat hat einen Sieg der rohen Macht erfochten. Wir wollen der Vernunft und der Gerechtigkeit um Siege verhelfen; die Schule soll zu einer Yfle e⸗ stätte edler Menschlichkeit werden und die Eigenart des Volkes berücksichtigen.

. der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten von Trott zu Solz:

deine Herren! Daß der Herr Abg. Korfanty hier heftige An⸗ griffe gegen unsere Schulverwaltung richten würde, war wohl zu er⸗ warten. Ich will auf seine allgemeinen Ausführungen nicht eingehen; diese Fragen sind ja hier schon oft genug erörtert worden. Er hat aber die heftigsten Angriffe speziell gegen die Lehrer in den gemischt⸗ sprachigen, in den Bezirken mit Bevölkerung polnischer Zunge ge⸗ richtet, und dagegen muß ich mich wenden. Er hat die heftigsten An⸗ griffe gegen diese Lehrer gerichtet und sie beschuldigt, daß sie die Schule mißbrauchten, daß sie politische Agitatoren schlimmster Art wären, die sich nicht scheuten, die Unwahrheit zu verbreiten, daß sie nicht ihrer Gesinnung nach deutsch wären und deshalb das Deutsch⸗ tum förderten, sondern när deshalb, weil sie dafür Zulagen be⸗ kämen, und daß sie dann, wenn diese Zulagen etwa wegfielen, ihr Bestreben, das Deutschtum zu fördern, unterließen. In der Tat unerhörte Angriffe gegen einen ehrenwerten Stand! Wenn man solche Angriffe hier erhebt, muß man sie beweisen. Das hat Herr Abg. Korfanty wohl auch gefühlt, und deswegen hat er den Versuch gemacht, uns hier eine ganz neue Art von Beweisen vorzu⸗ führen. Ich glaube, wenn er solche Angriffe hier erhebt, dann ist er verpflichtet, Namen zu nennen. (Sehr richtig! rechts Der einzige Name, den er genannt hat, ist der eines Lehrers Rother, wenn ich ihn recht verstanden habe. Was er bezüglich dieses Lehrers vorge⸗ tragen hat, ging dahinaus, daß dieser Lehrer in einigen Punkten zu weit gegangen wäre und von der Regierung dafür rektifiziert worden sei. Also hatte, glaube ich, Herr Abg. Korfanty keinen Grund, sich über diesen Fall zu beschweren. Im übrigen, wiederhole ich, hat er Namen nicht genannt.

Nun hat. Herr Abg. Korfanty eine neue Art der Be⸗ weisführung insofern versucht, als er uns hier eine ganze Reihe von Briefen polnischer Kinder vorgelesen hat. Ja, wie sind denn diese Briefe zustande gekommen? (Sehr gut! rechts.) Ich denke, Sie behaupten immer, daß Ihre polnischen Kinder nicht in der Lage wären, polnisch schreiben zu können; Sie sagen uns immer, das sei das Unrecht der Regierung, daß sie Ihre Kinder nicht einmal polnisch schreiben lehre. Sie haben uns hier Briefe vor⸗ gelesen in polnischer Sprache von jwölßjährigen Kindern. Glauben Sie wirklich, daß man annehmen soll nach Ihren Ausführungen, daß diese Briefe spontan von den Kindern ohne irgendwelchen äußeren Anlaß an Sie gerichtet worden sind? (Heiterkeit rechts Das werden Sie, glaube ich, keinen Menschen glauben machen, der derartige Ver⸗ hältnisse zu beurteilen weiß. (Sehr richtig! rechts; Also auf den Inhalt dieser Briefe kann ich keinen Wert legen. (Sehr richtig! Wie hat denn die Nachprüfung der Briefe an Ort und Stelle statt⸗ gefunden, die Sie behauptet haben? Warum nennen Sie uns nicht die Lehrer, die solche Dinge sich haben zu schulden kommen lassen? Das ist nicht geschehen. Solange die Lehrer nicht bezeichnet werden, die sich so verhalten haben sollen, wie in den mitgeteilten Briefen ausgeführt wird, muß ich annehmen, daß die Angaben in diesen Briefen unrichtig sind, und daß solche Dinge unter den Lehrern der polnischen Landesteile nicht vorgekommen sind.

Sie sagten namentlich, daß der Religionsunterricht von den von Ihnen beschuldigten Lehrern nicht in der Weise erteilt werde, wie man es erwarten dürfte, wie es dem Zweck, dem der Religionsunterricht dienen soll, nicht entspricht. Nun, meine Herren, ich bin in der Lage, Ihnen das Urteil eines hohen katholischen Geistlischen polnischer Abstammung mitzuteilen, wie er über den in einer derartigen Schule in deutscher Sprache an Kinder polnischer Abstammung erteilten Religionsunterricht nach einer von ihm vor⸗ genommenen Prüfung des Unterrichts denkt. Er sagt, daß der be⸗ handelte Religionsstoff den Kindern nicht mechanisch und gedächtnis⸗ mäßig anhafte, sondern daß ein wirkliches Verständnis zu Tage ge⸗ treten sei, was er, der Geistliche, daraus schließen könne, daß die von

ihm selbst den polnischen Kindern in polnischer Sprache vorgelegten

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Fragen ebenso sicher und verständig beantwortet seien mie die zuvor in deutscher Sprache an sie gerichteten Fragen.

Dies Urteil (Abg. Korfanty: Namen nennenh lautet doch wesent⸗ lich anders als das, was der Herr Abg. Korfanty uns von dem in den polnischen Landesteilen durch unsere Lehrer gegebenen Religionsunter⸗ richt hier vorgetragen hat. Also auch auf diesem Gebiet sind die Aus⸗ führungen des Herrn Abg. Korfanty zurũckzuweisen.

Abg. Hirsch-Berlin (Sor): Die Auslieferung der Schule an die Kirche tritt immer schärfer hervor, wir verlangen daher die völlige Trennung der Kirche von der Schule und die Entfernung des Religiontunterrichts aus der Schule. Solange das nicht geschehen ist, darf wenigstens kein Lehrer gezwungen werden, gegen seinen Willen Religionsunterricht zu erteilen, denn ein Lehrer, der keinen Glauben hat, kann keinen Religionsunterricht erteilen. Die Nationalliberalen verwerfen gleichfalls den übertriebenen Einfluß der Kirche auf die Schule, aber beim Schulunterhaltungsgesetz sind sie dem Zentrum weit entgegengekommen, sodaß die Simultanschule nur als Ausnahme zugelassen ist. Die Schulinspektion muß nach unserer

Ansicht der Geistlichkeit vollkommen entzogen werden. In Hamburg, Bremen, Lübeck besteht keine geistliche Schulaufsicht, uͤnd doch sind die Schulen dort nicht schlechter als in Preußen.

Erfüllt die Volksschule überhaupt ihre Aufgabe? Wenn man die Schule, wie der Abg. von Zedlitz, nur als eine Dressuranstalt zur Erziehung des Volkes gegen die Sozialdemokratie ansieht, dann mag man vielleicht sagen, sie ihre Aufgabe erfüllt. Die Eltern der Kinder, die die Volksschule besuchen, sind doch zumeist Sozial⸗ demokraten, und soweit sie es noch nicht sind, werden wir dafür sorgen, daß sie es werden. (Lachen rechts) Säe sorgen übrigens auch dafür. Wenn die Lehrer die Schule mißbrauchen müssen, um die Kinder gegen die Sozialdemokraten zu dressieren, wird in den Schulkindern nur ein Zwiespalt hervorgerufen. Die Schule kann dabei ihre Aufgabe nicht erfüllen, den Kindern die Kenntnisse zu verschaffen, die für den Kampf ums Dasein notwendig sind, und die Gewerkschaften müssen nachholen, was die Schule versäumt hat. Gerade die Schüler, die mit guten Kenntnissen die Volksschule verlassen, stellen die gebildeten Arbeiter dar, die sich der Sozialdemokratie zuwenden, die Zurück⸗ gebliebenen können Sie (rechts5 in Ihren Reihen finden. Daß die Volkeschulen ihre Aufgaben nicht erfüllen, liegt zum Teil an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern, die gezwungen sind, ihre Kinder in die Volksschule zu schicken. Die Ernährungs⸗ derhältnisse der Schulkinder sind sehr mangelhaft, eine große Zahl von Kindern hat vor dem Schulbesuch nichts genossen und bringt auch kein Frühstück mit. Was die Ueberfüllung der Schulklassen anbetrifft, so haben sich die Verhaltnisse ja etwas gebessert, aber es bleibt noch viel zu tun übrig. Ein weiteres Mittel zur besseren Ausbildung der Schulkinder würde darin liegen, daß man auch den Unterricht in der Gesetzes kunde einführte. Die Schulbauten sind stellenweise so mangelhaft, daß sie gesundheitsschädlich sind. Es genügt nicht, daß man die Lehrer vollständig besoldet, sondern man muß ihnen vor allen Dingen auch dieselben Rechte wie den anderen Staatsbürgern geben; das ist in Preußen noch nicht der Fall. Die Sozialdemokratie dersucht alles, um das Volk auf allen Gebieten zu bilden, sie erfüllt also eine Aufgabe, die eigentlich dem Staate obliegt. Der Staat er⸗ schwert ihr aber die Erfüllung dieser Aufgabe in jeder Weise. Be⸗ zeichnend ist ein Erlaß des früheren Ministers, nach welchem unter Hinweis auf eine uralte Kabinettsorder den Turnvereinen, welche schulpflichtige Kinder und ju endliche Personen zu ihren Ver⸗ anstaltungen heranziehen, die Genehmigung dazu wegen Mangels sittlicher üchtigkeit der Veranstalter versagt wird, wenn ihre . gehörigkeit zur sozialdemokratischen Partei festgestellt ist. Wer zur sozialdemokratischen Partei gehört, ist also ohne weiteres unsittlich. Wir werden niemals jemanden, weil er ein politischer Gegner ist, als , hinstellen. Ich bitte den Minister um Auskunft, ob dieser

Erlaß heute noch besteht. Jedenfalls werden wir weiter die Jugend aufklären und sie zu frischen, freudigen Mitkämpfern für unsere Ideale heranziehen.

Abg. von Gaßler (kons.): Wir überlassen es getrost dem ge⸗ sunden Sinn der Lehrerschaft, zu entscheiden, wer mehr für die Lehrer getan hat, die Konservgtiven oder die Sozialdemokraten. (Zuruf des Abg. Hoffmann: Die entscheiden gegen Sie) Es zeugt von einer merkwürdigen ÜUnkenntnis, wenn man behauptet, daß die Leistungen der Gutsbezirke nicht gestiegen seien, denn in Wirklichkeit sind diese Leistungen ganz außerordentlich gestiegen. Wir haben diese Leistungen ohne Murren auf uns genommen, aber wir können auch verlangen, daß man hier nicht sagt, wir hätten überhaupt nichts für die Volksschule a Wir halten grundsätzlich jede Beeinflussung der Schulaufsichts⸗ beamten auf die Lehrer, irgend einem Verein betzutreten oder nicht, für unzulässig. Im ubrigen will ich mich enthalten, auf irgend eine Polemik einzugehen, denn ich hatte mich zu Worte gemeldet, um hier etwas vorzutragen, was sich auf ganz neutralem Boden be⸗ wegt, nämlich über den Gesangunterricht in den Schulen. Der Vor⸗ redner hat die Frage, ob der Unterricht in den Volksschulen aus⸗ reiche, mit nein beantwortet. Hätte er seine Behauptung auf den Gefangunterricht beschränkt. so hätte ich ihm zu meinem Bedauern beistimmen müffen. Der Gesang, wie er heute in der Volksschule betrieben wird, ist ein durchaus fehlerhafter. Der Gesang in der Volksschule befteht nur aus einem lauten und gleichmäßigen Schreien. Wenn Sie einer Gesangstunde beiwohnen, so sehen Sie vor An⸗ strengung gerötete Gesichter und hören etwas, was jedem musikalischen Empfinden nur Schmerzen bereiten kann. Die meisten Eltern haben uͤberhaupt kein Interesse an dem Schulgesang und sehen zu, daß die Kinder nach Möglichkeit davon dispensiert werden, Die musika⸗ lischen Eltern legen auch keinen Wert darauf, die meisten denken, daß der Muftkunterricht jeder Art, nur, für einige wenige geeignet sei. Das ist für den Gefangunterricht ein großer Mangel, denn die Be⸗ deutung dieses Unterrichts geht weit hinaus in das allgemein soziale Gebiet! So verstockt unmusikalisch wird wohl keiner sein, daß er nicht einsieht, welchen großen Einfluß ein guter Gesang auf die

Bildung von Herz und Gemüt ausübt. Ein Spaziergang bekommt fröhlicher Gesang dazu

erst dann Gehalt, wenn ein frischer,

erschallt. Die Musik veredelt den Menschen. Das alte Wort, daß böse Menschen keine Lieder haben, hat auch heute noch seine volle Gültigkeit. Deshalb sollte man dem Gesangunterricht eine ganz besondere Bedeutung zuerkennen. Es ist ein Zug unserer Zeit, daß man dem Unterricht, der den einzelnen in den Stand setzen soll, seine wirtschaftliche Lage zu verbessern, eine ganz besondere Pflege angedeihen läßt, der Gesangunterricht aber darauf immer noch warten muß, vielleicht gerade deshalb, weil er die innere Bildung des Menschen fördert. Der Gesangunterricht hat aber auch eine große praktische Bedeutung; ein guter Gesangunterricht ist nicht nur das Mittel, um gut singen, fondern dient auch dazu, gut sprechen zu lernen, und insofern hat er für jeden einzelnen einen bleibenden Wert für das ganze Leben. Es ist zu ver⸗ wundern, wie wenige Menschen einen richtigen Gebrauch von ihrem Organ machen. Was ich vorhin über den Gesang in den Schulen gefagt habe, möchte ich auch über das Sprechen behaupten; die Schüler werden angeleitet, zu schreien. Dadurch ruinieren sie sich ihre Stimme schon in der Schule für, das ganze Leben. Wer nun erst, wie die Herren von der äußersten Linken, eine Passion für Reden im

Freien bekommt, wird bald die Erfahrung machen, daß es dann

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