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modernen Sprachen ist unbedingt notwendig. In der Weltpolitik herrscht England, und darum muß guf den Schulen mehr die englische Sprache gepflegt werden. Auch Rußland steigt in wirtschaftlicher Beziehung empor. Im Interesse eines regeren Geschäftsverkehrs mit dieseimn Lande wäre es daher erwünscht, wenn an den Real⸗ schulen, welche an der russischen Grenze gelegen sind, der russische Unterricht eingeführt würde. Wir verdanken unseren deutschen Idealismus dem alten humanistischen Gymnasium. Wenn ich auch nicht die Vorteile eines gemeinsamen Unterbaues verkenne, so dürften doch vorläufig die Versuche mit solchen Reformschulen nur in den Großstädten gemacht werden, wo mehrere Anstalten vorhanden sind, die Wahl zwischen den Schulsystemen also freisteht. Wenn dieses Reformschulfystem weiter erprobt ist, dann dürfte erst die Einführung in der Provinz in Betracht kommen, aber dann auch gleich für alle Anstalten gemeinsam. Der häufige Wechsel der Hilfslehrer wirkt störend. Tie Mittelschullehrer sind, weil pädagogisch gut vorgebildet, burchaus zu verwenden, und diese ganze Einrichtung wäre auszubauen. Hinsichtlich der Nebeneinnahmen bin ich ganz damit einverstanden, daß die Sberlehrer, nachdem sie ausreichend gestellt sind, ihre volle Kraft auf sör schwieriges Amt verwenden. Aber auch hier sollte man vorsichtig vorgehen; denn es liegt häufig gerade im Interesse der Eltern, ihre Kinder bei Lehrern in Pension zu geben. Auf die rückständigen Ge⸗ meinden, die die Nachzahlung für 1998 nicht geleistet haben, sollte die Regierung möglichst einwirken. Die Stellung der Kuratorien zu den Oberlehrern ist ganz zweckentsprechend. Zweifellos ist den Gemeinden ein entsprechender Einfluß zu gewähren, aber es ist immer schwer, an bestehenden Einrichtungen zu rütteln. Die Verwaltung foll ihr Recht prinzipiell nicht aufgeben, sondern Pöchstens kraft Delegation in gewissen Fällen den Gemeinden über⸗ tragen. Den Gemeinden soll man die Freude an ihren Schulen
genügt, wenn der Lehrer seine dienstlichen Beziehungen zu ihnen er⸗ füllt. Bei Gestattung von Nebenarbeiten sollte die Aufsichtsbehörde
treten. Die Frage, ob die Lehrer an städtischen höheren Lehranstalten mittelbare oder unmittelbare Staatsbeamte sind, kann hierbei uner⸗ örtert bleiben. Bei gutem Willen wird man zu einer Einigung kommen, sodaß die städtischen Anstalten in derselben Weise wie bisher ihre Aufgaben erfüllen können.
Abg. Dr. Gott schalt⸗Solingen (nl.): Es ist im Volke viel zu wenig bekannt, daß die Berechtigung zum Einjährigen⸗-Dienst auch durch Kunst⸗ und mechanische Arbeiten rein praktischer Art, nicht bloß auf den höheren Schulen erworben werden kann. Die Ver⸗ waltung sollte eine Statistik darüber herausgeben, in wieviel Fällen
ie Berechtigung auf jenem Wege erlangt worden ist. Ferner empfiehlt
fich die Errichtung von Rektoratsschulen, die für diesen Zweck eine abgeschlossene Bildung vermitteln. Die Art, wie hier die Frage der sexuellen Aufklärung behandelt ist, kann die Schulverwaltung kaum peranlassen, auf diesem Gebiete weitere Fortschritte zu machen. Wir hatten im vorigen Jahre einen Antrag in Lieser Richtung gestellt, jetzt verhält sich die Regierung ziemlich ablehnend und will diese Belehrung zunächst dem Elternhause überlassen. Wir halten zwar den Standpunkt der Regierung nicht gerade für unrichtig, aber es scheint uns hiernach doch, daß die Sache noch nicht genügend geklärt ist. Die sexuellen Krankheiten wirken seuchenartig, sie sind ansteckend und Dererblich, und darum kann man nicht darüber mit dem Troste hinwegkommen, daß die sittliche Erziehung schon alles tun werde. An den Üniversitäten finden bereits Vorlesungen über geschlechtliche Krankheiten für die Hörer aller Fakultäten statt. Aber es ist damit doch noch nichts geholfen. Die Jugend muß über die Gefahren belehrt werden, denen sie in dieser Hinsicht entgegengeht. Selbst gebildete Eltern versagen in diesem Punkt und klären ihre Kinder nicht auf. Wenn die Abiturienten der höheren Anstalten mit Zu⸗ stimmung der Eltern von geeigneten Pädagogen belehrt werden, so haben wir nichts dagegen, aber es darf dies nicht allein der Be⸗ stimmung des Direktors überlassen bleiben, sondern es müßte eine allgemeine Anweisung ergehen. Insbesondere müßte diese Belehrung auch den angehenden Lehrern auf den Seminaren zu teil werden. Ebenso müßte an den Universitäten der Sexualpädagogik eine Frei⸗ stätte bereitet werden. Die Lehrer müßten dazu ausgebildet werden, die Jugend in richtiger Weise zu beeinflussen, damit sie vor frühzeitigen Verirrungen bewahrt bleibt. Es ist an der Zeit, die Waffe der Sexualpadagogik wieder gegen diesen schlimmen Feind zu gebrauchen. Saneben müssen die Jugendspiele gefördert werden, um die Jugend von Verirrungen abzuhalten.
Abg. Cas sel (fortschr. Volks p.): Wir sind damit einverstanden, daß Mittelschullehrer in den unteren Klassen der höheren Schulen unter⸗ richten. Dadurch werden der Volksschule keineswegs die tüchtigsten Kräfte entzogen werden; wir begrüßen vielmehr das Streben der Volksschullehrer, sich weiterzubilden, und das wird der Volksschule selbst zum Segen gereichen. Ich bin z. B. einem seminaristisch gebildeten Lehrer außerordentlich dankbar, der meine Kinder im Englischen unter⸗ richtet hat. Wir können überzeugt sein, daß nur die tüchtigsten Kräfte unter diesen Lehrern mit dem fremdsprachigen Unterricht werden beauftragt werden. Diesen besonders tüchtigen Lehrern kann man auch eine Auszeichnung gewähren, vielleicht durch den Titel Oberlehrer“. In bezug auf die Frage der Kuratorien ist es der Standpunkt meiner Freunde, daß den Städten ein geziemender Einfluß nicht nur auf die Zzußere, fondern auch auf die innere Gestaltung ihrer Schulen gin⸗ geräumt wird. Der Abg. Heß berief sich für seine gegenteilige An⸗ sicht auf eine eommunis opinig. die er daraus entnahm, daß viele Zeitungen die Frage in seinem Sinne besprochen hätten. Aber diese Ärtikel waren nicht Arbeiten der Zeitungsredaktionen, sondern Ein⸗ sendungen von interessierten Fachleuten. Es ist für den Staat selbst von Interesse, daß die Städte nicht in ihrer Fürsorge für die Schulen nachlassen. Aus den tönenden Worten des Abg. Heß klang nur der Grundsatz heraus: Wenn die Städte Geld haben, zu zahlen, so sollen sie doch nichts zu sagen haben, und wenn fie kein Geld haben, so sollen sie auch nichts zu sagen haben, fondern nur Staatszuschüsse verlangen. Wir wollen die Rechte der Städte, die sie jetzt schon haben, nicht nur aufrecht erhalten, sondern noch erweitert sehen. Der Stadtschulrat von Berlin hat z. B. nicht nur das Recht, dem Abiturientenexamen beizuwohnen, sondern auch an der Prüfung teilzunehmen. Dasselbe gilt auch für andere Städte, die auf ihre Kosten Schulen unterhalten; es bestehen darüber all⸗ gemeine Bestimmungen, wonach die Stadtschulräte an den Prüfungs— kommissionen teilnehmen können. Neben diesem Rechte bestehen noch andere Rechte der städtischen Kuratorien, Das Provinzial⸗ schulkollegium in Berlin ist in der Auslegung dieser Rechte sogar liberaler als manche Herren in diesem Hause; es sieht es fogar gern, wenn manche Vorkommnisse, die ich nicht näher be⸗ zeichnen will, durch, den Stadtschulrat in befriedigender Weise erledigt werden, anstatt, daß sie an die große Glocke kommen. Das Provinzialschulkollegium hat, die Gewohnheit, wenn es eine Revision vornimmt, dem betreffenden Stadtschulrat Nachricht zu geben. Ueber die Stellung des Ministers in dieser Frage kann ich nur meine Befriedigung aussprechen. Den Oberlehrern soll gar nicht zu nahe getreten werden. Es liegt gar keine Beschränkung der Frei⸗ beit der Sberlehrer vor, wenn sie mit zwei Behörden zu tun haben. Bei einzelnen füddeutschen Schulen sind Elternbeiräte eingerichtet worden. Vielleicht ließe sich diese Einrichtung auch bei uns in Preußen einführen. Gegen ein schnelleres Tempo in der Frage der Reformschulen muß ich energisch protestieren. Die Forderung, daß der naturwissenschaftliche Unterricht mehr an den Gymnasien berück⸗ sichtigt werden muß, ist sehr berechtigt. Das alte humanistische Gymnasium ist auch das festeste Bollwerk für die Reformgymnasien; denn die Vorwürfe, die gegen das humanistische Gymnasium jetzt ge⸗ richtet werden, werden sonst in Zukunft gegen das Reformgymnasium gerichtet werden. Ich erkenne die große Bedeutung der englischen Sprache an. Vielleicht würde es sich empfehlen, das Englische in Den Gymnafien für die drei oberen Klassen obligatorisch und dafür das Französische fakultativ zu machen. Die Handels- und Gewerbe⸗ beziehungen zu Italien nehmen von Tag zu Tag zu. Da wäre ebenso
wie die Forderung, daß das Russische gelehrt werden soll, auch die Forderung berechtigt, daß das Italienische gelehrt wird. Aber bei solchen Forderungen verkennt man durchaus den Eharakter der Schule. Die Schule soll ein einheitliches Verständnis für Natur und Welt vermitteln. Sie foll die Liebe zum Vaterlande erwecken. Gegen die Bestrebungen, das Englische obligatorisch zu machen und dafür das Griechische für fakultatlv zu erklären, müssen sich nicht nur die Gymnasiasten wenden, sondern auch die Reformschulmänner. Mit dem Griechischen steht und fällt unfer Gymnasium. Wir wollen, unbeschadet der anderen Schularten, festhalten an den Forderungen der größten Geister mferes Vaterlandes, an den Forderungen von Goethe, Schiller, Lessing, an den Forderungen auch der größten Naturwissenschaftler, von Wilhelm von Humboldt, Virchow, Helmholtz, Bunsen. Ein Gym⸗ nasium ohne Griechisch ist weiter nichts als ein Realgymnasium. Es ist falsch, das Gymnasium als eine veraltete Einrichtung hinzustellen; es ist ein durchaus modernes Institut. Ich erkenne dabei aus⸗ drücklich an, daß die anderen Schularten auch ihre Berechtigung haben und sich entfallen sollen. Ich kann unsere höheren Schulen nicht als Standesschulen anerkennen, wie der Abg. Ströbel sie be⸗ zeichnet hat. Das widerspricht, der ganzen historischen Entwicklung unferes höheren Schulwesens. Die Schüler setzen sich aus allen Ständen zusammen, auch aus den kleinen Beamten und dem kleinen Hand⸗ werkerstand. Wir haben 10 9io Freistellen, und deshalb bin. ich überzeugt, daß kein begabtes Kind, das. sich für die höhere Schule eignet, von diesem Lebensweg ausgeschlossen wird. Gewiß sind Re⸗ formen nötig; aber das humanistische Gymnasinm hat sich bewährt, und man soll es nicht unterdrücken wollen.
Ein Schlußantrag wird angenommen.
Abg. Haarmann⸗Witten (ul.) bedauert in einer persönlichen Bemerkung, daß er nicht mehr das Wort bekommen habe, um die unberechtigten Angriffe, die gegen die Kommunalverwaltungen erhoben worden sind, zurückzuweisen.
In der Spezialdiskussion zieht bei den Ausgaben für die einzelnen vom Staate zu unterhaltenden höheren Lehranstalten .
Abg. Dr. Friedberg (nl. seine früher gemachten ungünstigen Ausführungen über das Gymnasium zu Fraustadt zurück, da diese auf unrichtigen Informationen beruhten.
Abg. Wester mann (ul.) wünscht höhere Staatszuschüsse zu den
Schulanstalten der Gemeinden in dem rheinisch⸗westfälischen Industrie⸗ bezirk, und zwar nicht bloß für die großen Städte, sondern vor allen Dingen für die Industriegemeinden, Durch solche Zuschüsse würde mehr erreicht werden als durch die Gründung neuer staatlicher Anstalten in den großen Städten.
Geheimer Oberregierungsrat Til mann: Die Fürsorge für die höheren Schulen ist auch im Industriebezirk nicht ganz so gering gewesen. In Düsseldorf und Elberfeld sind neue Schulen gegründet worden weitere werden vorgeschlagen werden für Bochum und Mülheim a. Rh. In Westfalen wird auch weiteres geschehen. Ein staatlicher Zuschuß wird den Gemeinden nicht fehlen, wenn diesen bei nachgewiesenem Be⸗ dürfnis einer neuen Anstalt' die Aufbringung der Mittel nicht mög⸗ lich ist. AÄbg. Wollkowski (kons.) tritt für eine Erweiterung des Gym⸗ nasialgebäudes in der aufblühenden Kreisstadt Neustadt in Westpr. ein. In den nächsten Etat bittet er, die nötigen Mittel ein— zustellen. .
Abg. Schmedding Zentr): Bei dem in Rede stehenden Titel werden auch zwei Gymnasien aus meinem Wahlkreise behandelt, nämlich das Königliche Paulinische Gymnasium in Münster und das Gymnasium zu Coesfeld. Bei beiden liegen Mißstände vor, um deren Beseitigung ich den Herrn Minister dringend bitten möchte. Das Gymnasium in Münster wird stark beeinträchtigt durch das. davor gelegene alte dem Abbruch geweihte Gymnasium. (Die Schäden legt der Redner näher dar.) Ich bitte, den Abbruch dieses alten Gymnasiums, welches für das nene einen Dorn im Fleisch bildet, nach Möglichkeit zu be⸗ schleunigen. Die Baufälligkeit des Gymnasiums in Coesfeld ist an⸗ erkannt worden. Wie man in Coesfeld sich erzählt, sind die Reise⸗ kosten von Beamten aus den verschiedenen Instanzen, die das Gebäude besichtigt haben, bereits so groß, daß man dafür ein neues Gebäude hätte errichten können. Jetzt ist der bauliche Zustand so schlecht, daß auch hier ein Neubau geboten erscheint.
Abg. Dr. Hauptmann (Zentr. bespricht die Frage der Stipendien an den Cölner Gymnasien, die vielfach auf Familienstipendien zurück⸗ gingen und bestimmungsgemäß auch den Angehörigen dieser Familien zu gute kommen sollten. Das könne oft nicht geschehen, weil die Tanilien keine Einficht in den Stand der Stiftungen und Die ver— fügbaren Gelder hätten. Man solle ihnen regelmäßig und fortdauernd darüber Auskunft geben.
Abg. Gruson (ul) bittet um einen Neubau für das Dom⸗ gymasium in Magdeburg.
Ministerialdireftor H. Schwartz opff dankt für die Anregung und sagt dem geäußerten Wunsche wohlwollende Prüfung im Ministerium zu.
Abg. Lü dicke⸗Spandau (frkons.): Das Spandauer Gymnasium bedarf dringend eines Neubaues. Schon aus feuerpolizeilichen Gründen wäre dieser notwendig, wie denn auch schon Versammlungen dort aus diesem Grunde unterfagt worden sind. Außerdem sind die gesundheitlichen Verhältnisse derartig ungünstig, daß schon aus diesem Grunde der Abbruch des Gebäudes notwendig wäre. Die Stadt Spandau habe von dem Militärfiskus ein geeignetes Gelände kaufen wollen, im letzten Augenblick aber habe das Reichsschatzamt Einspruch erhoben und erhebliche andere Aufwendungen für den Platz verlangt. Hoffentlich liege hier nur ein Mißverstaͤndnis seitens des Reichs⸗ schatzamtes vor. ; ,,
Geheimer Oberregierungsrat Tilmann: Es sei vollständig anzu⸗ erkennen, daß die Zustände in Spandau nach jeder Richtung hin zu wünschen übrig ließen. Die Verhandlungen wegen des Platzes würden hoffentlich zu einer Verständigung führen, die Kultusverwaltung würde ihrerseits den erforderlichen Beistand leisten.
Bei den Zuschüssen für die von anderen zu unterhaltenden,
aber vom Stäate zu unterstützenden Anstalten wünscht
Abg. Bartscher (entr.) den Ausbau des Progymnasiums in seiner Vaterstadt Rietberg i. Westf. zu einer Vollanstalt.
Abg. Bu sch (Zentr.) beschwert sich darüber, daß dem Kuratorium des katkölischen Stiftsgymnasiums in Düren der erbetene Staats⸗ zuschuß von 2000 4M für Erweiterung der Anstalt abgelehnt worden sst, während dem stiftungsgemäß evbangelischen Realgymnasium in Düren fuͤr den gleichen Zweck vom Staate ein Zuschuß anstandslos gegeben worden sei. Die Regierung habe zwar erklärt, daß konfessionelle Rücksichten hierbei nicht mitsprechen, aber die Sache habe doch unter den Katholiken der Stadt die größte Beunruhigung hervorgerufen.
Abg. Siebert (kon ) unterstützt die Bitte der Stadt Bünde i. Wesff, Tas dortige Realprogymnasium in eine Vollanstalt aus⸗ zubauen und womöglich zu verftaatlichen oder der Stadt wenigstens einen erheblichen Zuschuß zu gewähren, da die Stadt mit ihrer aus⸗ gedehnten Tabakindustrie durch die Tabaksteuer außerordentlich schwer getroffen sei.
Abg. Dippe (nl) bittet um einen Neubau oder wenigstens Um⸗ bau des Domgymnasiums in Naumburg; in dem jetzigen Gebäude fehle es namentlich in dem Grade an Licht, daß die Schüler häufig unter Augenkrankheiten zu leiden hätten.
Abg. Dr. Hauptmann Zentr,) wünscht einen höheren Staats⸗ zuschuß für das Progymnasium in Rheinbach.
Nach 4/ Uhr wird die Weiterberatung bis 71 Uhr Abends vertagt.
Abendsitzung vom 27. April 1910, 7/9 Uhr.
Es wird die zweite Beratung des Etats des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ unh Medizinalangelegenheiten im Kapitel „Höhere Lehr— anstalten“ fortgesetzt.
Abg. Fritsch (nl) lenkt die Aufmerksamkeit auf die Wichtigkeit der Stenographie, die an den Schulen mehr als bisher gepflegt werden müsse, und kommt dann auf die schwebenden Verhandlungen wegen Schaffung eines deutschen Einheitssystems zu sprechen, die hei de Reichsregierung bedauerlicherweise ins Stocken geraten zu sein schienen . als größter Bundesstaat solle diese Angelegenheit en rg ordern.
Abg. Dr. Kaufmann Gentr) bespricht die Mädchenschulreform und trikt dabei für möglichst weitgehende Zulassung der auf den höhernn
Mädchenschulen vorgebildeten jungen Damen zur Universität ein. Be, dauerlicherweife wollten manche Professoren noch nichts von der Tell,
nahme von Damen an ihren Seminaren wissen. Der Redner wendet sich dann gegen die Koedukation.
Abg. Ernst (fortschr. Volksp.) warnt vor einer Ueberbürdung der Schülerinnen an den höheren Mädchenschulen. Dem Mangel a Sberlehrern und Oberlehrerinnen müsse abgeholfen werden. Di Tehrkräfte an den Seminaren müssen angemessen besoldet weiden. Das JZufammenarbeiten von Mittelschullehrern und Oberlehrem kenne er, der Redner, aus Erfahrung. Es gehe ausgezeichnet vor sich. Von einem Standesdünkel der Oberlehrer sei keine Spur. Nur un. tüchtige Kräfte kehrten den Akademiker heraus.
Abg. Graf Clairon d'Hausfonville (kons.). hält Re Mädchenschulreform für durchaus angebracht. Das Ziel der Gr, ziehung der weiblichen Jugend müsse nach Ansicht seiner politischen Freunde aber zunächst sein; tüchtige Hausfrauen heranzubilden. Di privaten Mädchenschulen hätten Gutes geleistet. Für eine Kommu— nalifierung fämtlicher höheren Mädchenschulen könne seine Partei sich nicht erwärmen. Die Koedukation lehne auch sie ab. 9.
Abg. Graf Moltke (frkons) spricht über die Koedukation und die Privatmädchenschulen im Sinne des Vorredners. Die Frau solle nur so weit ins öffentliche Leben hinaustreten, als die harte Not⸗ wendigkeit es erfordere. Daher könne er sich nicht mit den Direktorat in Händen der Frau befreunden, Zum Schluß forden der Redner zur kulturellen Eroberung des Ostens durch Ausgestaltum des Schulwesens im Osten auf.
Abg. Dr. Maurer (ul.): Der Abg. Ernst sprach vom Dünkel
der Oberlehrer, wenn auch nur in negativem Sinne. Warum sprah er nicht vom Standes dünkel anderer Lehrerkreise? Dünkel findet min überall vereinzelt vertreten. Aber nur schwache Geister sind dünkel⸗
haft. Der Redner verbreitet sich hierauf eingehend über die Koedukation.
Es sei das einfachste, um der weiblichen Jugend eine bessere Bildung zu gewähren, ihr da, wo eine höhere Mädchenschule nicht existien, den Zutritt zu den höheren Lehranstalten für die männliche Jugend zu gestatten. Es sei eine leichte Regierungsmaxime, in dieser Sache einfach nichts zu tun.
Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal— angelegenheiten von Trott zu Solz: ᷓ
Meine Herren! Die Mädchenschulreform, deren grundlegende Bestimmungen Sie im vorigen Jahre in diesem hohen Hause fast einstimmig gebilligt haben, stellt die Unterrichtsverwaltung vor eine neue, hochwichtige Aufgabe; es ist für mich von Wert, hier aut— zusprechen, daß ich mich dieser Aufgabe mit vollem Interesse, mit warmem Herzen widme, und daß ich bestrebt sein werde, auf diesem Gebiete die Unterrichtsverwaltung nach Kräften so ju führen, daß das Ziel erreicht wird, das mit dieser Reform auch don Ihnen, meine Herren, erstrebt wird. (Bravo) Ich möchte mich auch ausdrücklich auf den Boden der Bestimmungen stellen, die zu Regelung des Mädchenschulwesens damals getroffen worden sind. Auch ich glaube, daß es das höchste Ziel der Unterrichts verwaltung sein muß, unsere heranwachsenden Frauen, unsere jungen Mädchen so zu unterrichten und zu erziehen, daß sie vor allem befähigt werden, den höchsten Beruf der Frau zu erfüllen, den Beruf der Gattin und Mutter. (Bravo) Das hindert keineswegs, Unterricht und Er— ziehung so zu gestalten, daß auch diejenigen, welchen das höchste Glüc der Frau, Gattin und Mutter zu werden, versagt bleibt, so mit Kenntnissen ausgestattet sind, daß sie die Befähigung haben, in einen geeigneten Beruf einzutreten, sich eine selbstãndige Existenz zu schaffen, ein nützliches Glied der Gesellschaft ju werden, damit innere Befriedigung zu finden und Nutzen zu stiften. Das liegt nicht nur im Interesse der Frauen, sondern geradezu in Interesse des Staates, im Interesse der Gemeinden, im Interese unserer Schulen, wo es zahlreiche Stellen gibt, in denen gerade di Frauen sich betätigen können, Nutzen bringen können, vielfach meh nützen, besser am Platze sind als die Männer, sodaß durch eine solcke Ausbildung der Frauen auch direkt der Allgemeinheit gedient wird.
Meine Herren, wenn Sie nun mit der Königlichen Staatẽ⸗ regierung sich damals auf den Boden der erlassenen Bestimmungen gestellt haben, wird es das Richtige sein, wenn wir jetzt in ruhiger, stetiger Ausführung diese Bestimmungen anwenden, die erforderlichen Einrichtungen treffen und dann, wenn eine gewisse Zeit vorüber sst uns fragen, ob jene Bestimmungen überall das Richtige getroftt haben, oder ob sie da oder dort einer Revision zu unterwerfen sind. Bis dahin aber brauchen wir Ruhe; nicht die Ruhe der Stagnatien, sondern Ruhe für fleißige stetige Arbeit. (Sehr richtig) Deshalb habe ich es begrüßt, daß auch die Herren Redner die heute hier gesprochen haben, sich im wesentlichen zuric⸗ haltend in ihrer Kritik der erlassenen Bestimmungen und der bieber von der Schulverwaltung getroffenen Anordnungen gezeigt babe. Ich möchte auch nach außen hin sagen, namentlich auch sagen n unferen Frauen, denen diese Dinge ja so am Herzen liegen: sie mẽgen jetzt nicht mit ihrer Kritik hervortreten, nicht mit Abänderung vorschlägen; sie können ihre Beobachtungen machen und dann, wem der Zeitpunkt gekommen ist, etwa in eine Revision der Bestimmungen einzutreten, mit ihren Vorschlägen hervortreten, uns jetzt aber eine Zeit der Ruhe gewähren, wenn sie wollen, eine gewisse arenen damit wir erst Erfahrungen sammeln und sehen, wie sich die Dingt in der Wirklichkeit bei der Ausführung gestalten, wie sie unt da erscheinen; denn es ist das ein neues Gebiet, auf dem wir auch lit Erfahrungen sammeln müssen. (Sehr richtig Mit theoretischen Ce oörterungen, mit neuen Ansprüchen, mit Abãnderungsvorschlägen ist uns j nicht gedient. Lassen Sie uns jetzt walten, und spãter wollen wir weile darüber reden! (Bravo Die einzelnen Punkte, die der Herr Vorrede hier berührt hat, werden mir vielfach erwünschte Fingerzeige geben aber im allgemeinen gilt ihnen gegenüber dasselbe, was ich vorbin fin die ganze Reform ausgeführt habe: ich muß Bedenken tragen, ct schon irgendwelche Aenderungen vorzunehmen, um eben erst zu seben wie sich die Dinge in der Praxis entwickeln.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
zum Deutschen Reichsan
M 99.
(Schluß aus der Ersten Beilage.) ; und die Zu
Zu einer Frage jwingen mich allerdings die Ausführungen des letzten mne ,, , n, .
urn Redner? doch noch einige Worte zu sagen, zu der Koedukation. Grundsätzlich ist ja diese Frage entschieden in den Bestimmungen über
Zweite Beilage
Berlin, Donnerstag, den 28. April
eng wird um 11 Uhr ein Schlußantrag angenommen, chüsse und Unterstützungen für die vom Staate zu
Nach 11 Uhr wird die Fortsetzung der Beratung bis
Donnerstag, 11 Uhr, vertagt.
das höhere Mädchenschulwesen, und da ist die Koedukation verworfen worden. Man hat sich entschlossen, den andern Weg zu wählen indem man besondere, der Art der Mädchen angepaßte Schulen schuf, die der Individualität der Mädchen Rechnurg tragen, aber doch ö. zen Knabenanstalten halte das für die uns gestellt haben, mehr an den Verstand, weniger an das Gemüt appellierende Bildung zu geben, andererseits ihm den Besuch der Universität zu ermögsschen — für besser, als wenn man den Mädchen einfach die Knabenschusẽn
gleichwertige bessere Erfüllung der Aufgabe, dem Mädchen
vermitteln.
Meine Herren, wir wollen doch schließlich als Ziel der Erziehung und des Unterrichts ansehen, daß wir tüchtige Männer und tüchtige Frauen erziehen (Bravo), und das wird man am besten tun in An— stalten, die der Individualität der Knaben und der der Mädchen mög— lichst angepaßt sind. Stelle ich aber dieses Prinzip auf, dann ist es sehr bedenklich, davon Ausnahmen zu machen. Ich habe mir grade diese Frage eingehend überlegt, habe alle Möglichkeiten erwogen, wie nan etwa Kriterien festlegen könnte, nach denen es angängig wäre, Ausnahmen von dem Grundsatze zuzulassen. eingehender Erwägung geworden, gar keine Ausnahmen zuzulassen. daß das für einzelne Falle, der
Ich bin aber lnach schließlich dahin schlüssig Ich weiß sehr wohl, namentlich vorgetragen
reiflicher und
heute hier auch wieder daß ein Beamter, der bisher in einer Stadt lebte, wo eine Studien anstalt war, nun in eine andere Stadt versetzt wird, wo sich eine solche nicht befindet, und nun wegen der Erziehung seiner Tochter in eine schwierige Lage kommt. Aber ich kann das nicht ändern; denn es ist nicht möglich, für diesen einzelnen Fall eine Ausnahme Ausnahme und man kommt bald (Sehr richtig!
lasses des serbischen 7. Rr. 126, sind Ursprungszeugnisse, die von Gemeindebehörden solcher Staaten ausgestellt find, aus denen die zugehörigen Waren herstammen auch ohne Beglaubigung der Fein ehe. . zeugnisse anzunehmen.
ist es unvermeidlich, weiterzugehen, dem Prinzip in einen schweren Widerspruch. Es entstehen daraus schließlich die größten Hemmungen für die ganzen Reformen, und deshalb wird man nicht anders handeln können, als fest auf dem Prinzip stehen zu bleiben und zu sagen: Ausnahmen sind nicht erträglich.
Es ist etwas ganz anderes, wenn sich die Regierung dazu ent⸗ schließt, in kleineren Staaten, wo die Verhältnisse leichter übersehbar sind, solche Ausnahmen zu machen, als wenn dies für einen großen Staat wie Preußen geschieht. (Sehr wahr)
Darüber kann gar kein Streit sein, meine Herren, daß — und das haben mir auch die Freunde der Koedukation zugestanden — daß es nicht angängig wäre, jede unserer Knabenschulen zu öffnen und Mädchen als Schülerinnen hineinzulassen. würden keineswegs alle unsere höheren Knabenschulen ohne weiteres Da kommt es doch auf eine gewisse Zusammensetzung des Lehrerkollegiums an; es kommt auch an geradezu auf räumliche Es würde auch da noch eine Auswahl getroffen werden müssen, welche Knabenschulen von diesem Gesichtspunkte aus geöffnet werden können.
Dann hat man gesagt: man sollte die Ausnahme je nach der Fähigkeit des einzelnen Mädchens, das zugelassen würde, gestatten. Das ist nun schon gar nicht ausführbar. Ich brauche das wohl nicht weiter auseinanderzusetzen.
Dann hat man gesagt: ja, eine gewisse beschränkte Zahl von Mädchen könnte man wohl in der Knabenschule zulassen. Da kommt auch wieder die Schwierigkeit: wo ist die Grenze zu ziehen? — und die Härte tritt auch dann für die Eltern dort ein, wo die Grenze erreicht ist.
Alles das sind so große Schwierigkeiten, daß man eben dazu kommen muß, zu sagen: gar keine Ausnahme! (Sehr richtig!)
Und schließlich, meine Herren, das sind Dinge, die ertragen werden müssen, die ja die Eltern von Knaben auch ertragen müssen, die als Oberförster im Walde, die als Gutsbesitzer auf dem Lande leben; die müssen auch ihre Söhne aus dem Hause in die Schule einer Stadt geben. (Sehr richtig So müssen eben auch die Eltern, die Töchter haben und an einem Orte wohnen, wo eine Studien⸗ anstalt nicht besteht, das ertragen und ihre Kinder, wenn sie dazu in der Lage sind, in eine Stadt in Pension geben, wo eine Studien⸗ anstalt ist. Ich glaube, wir werden darüber nicht hinwegkommen, und ich kann jedenfalls nicht in Aussicht stellen, daß ich den von mir eingenommenen Standpunkt verlassen werde.
Der Herr Abg. Ernst hat eine Anfrage an mich wegen des Er⸗ lases vom 7. Februar 1910 gerichtet, ob nämlich dieser Erlaß auch für höhere Mädchenschulen gelte, wie das anscheinend an einigen Stellen angenommen würde. Ich kann ihm bestätigen, daß das nicht der Fall ist, daß dieser Erlaß sich lediglich auf höhere Knabenschulen bezieht, was auch aus seinem Inhalt hervorgeht, indem er an ein Progymnafium gerichtet ist, welches eine Anfrage über die Beschäfti⸗ 4 von Mittelschullehrern in höheren Klassen an mich gerichtet . Der Erlaß gilt also nicht für höhere Mädchenschulen.
ö kt Derr Abg. Graf Moltke hat warme Worte für Hadersleben . ie Errichtung einer höheren Mãdchenschule dort gesprochen. Ich ö augenblicklich in der Prüfung dieser Angelegenheit begriffen, und war mir deshalb um so interessanter, die Ausführungen des Herrn Grafen zu hören. Das wären die Ausführungen, die ich zu machen hatte. (Leb— hafter Beifall.
14 St vezyngz ki (Pole) lehnt ebenfalls die Koedukation ab. . eren europäischen Staaten habe man damit ungünstige Er⸗ , Lasse man Ausnahmen zu, so möchte die Aus⸗ . zur Regel werden. Schon die ausnahmsweise Zulassung chen in die Knabenschulen würde zu unerträglichen Zuständen
(Hört, hört!) geeignet sein.
Verhältnisse.
Handel und Gewerbe.
(Aus den im Reichs amt des Innern zusammengestellten Nachrichten für Handel und Industrie“* )
Lieferung für Staatsbehörden in Spanien. Durch Königliche Verordnung vom 26. März d. J., veröffentlicht
in der Gaceta de Madrid vom 1. April, wird bei Staatslieferungen der auslandische Wettbewerb bei den Lieferungen bon feuerfesten Metall. möbeln für die spanische Flotte sowie für elektrische Signalapparate System „Scott“, welche die Landesverteidigung benötigt, zugelassen.
Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Madrid.)
Lieferungswesen in der Türkei. Einige Konstantinopler Blätter haben eine Reform des Liefe—⸗
rungswesens für den türkischen Staat‘ unter Beseitigung des bis⸗
herigen Systems der Zuschlagerteilung angekündigt. Wie eine An⸗ fag an zuständiger Stelle ergibt, sind, die erwähnten Zeitungs⸗ na s
richten verfrüht. Man geht jwar im Finanzministerium mit
dem Gedanken um, das Lieferungswesen neu zu organisieren, jedo liegt dort zurzeit weder ein bestimmtes Projekt vor, noch ist man si darüber schlüfsig, nach welchen Gesichtspunkten ein derartiger Neu⸗ entwurf auszuarbeiten ist. (Nach einem Bericht des Kaiserlichen General⸗ konsulats in Konstantinopel.)
Serbien. ,,,, für die Wareneinfuhr. Laut Er⸗
6 Cx .
inanzministers vom 6. Januar a. St. d. J.
örde als vollgültige Ursprungs⸗
Die Anmerkung zu Punkt 2 des Erlasses vom 3. 16. Novembe 1909. 7. I 6d, ist dadurch aufgehoben. .
Einfuhrhandel Argentiniens 1909.
Die Einfuhr nach Argentinien bewertete sich im Jahre 1999 auf 30256 Millionen Doll, Gold (1 Goldpeso — 4,05 ) gegen 272,97 Millionen Doll. Gold im Jahre 1908. Die i elch r im Werte von 29579 Mill. Doll. 2 fast ausschließlich in zollpflichtigen Artikeln, deren Wert von 187,86 Mill. Doll. i. J. 1908 auf 22152 Mill. Doll. i. J. 1999 anwuchs; die zollfreie Einfuhr, welche sich der Hauptsache nach aus Material für den Bau und Betrieb von Bahnen und andere öffentlichen Arbeiten zusammensetzt, ist von 3124 Mill. Doll. Gold i. J. 1908 auf 8511 Mill. Doll. i. J. 1909 gestiegen. Diefe bedeutende Zunahme der Einfuhr wurde durch eine Vermehrun der Ausfuhr von 366,00 Doll. Gold i. J. 1908 auf 397,35 Mill. Doll. i. J. 1909, also um 31,35 Mill. Doll., mehr als ausgeglichen. .Die von der Statistik unterschiedenen Warengruppen hatten in den Jahren 1909 und 1908) folgende Finfuhrwerte in 1090 Pesos Gold aufzuweisen: Lebendes Vieh 1546 (1769), Nahrungs⸗ mittel 23 015 (23 545), Tabak 6201 (6558), Getränke 13419 (13280, Textilwaren 595 gag (49 911), Oele 11853 (11952), Chemikalien 10203 (9189), Farben 1997 (1701), Holz 7640 Gels Papier 6638 (5943), Leder 2581 (2136), Eisen 36 575 (30075), Andere Metalle 10 211 (8750), Ackerbau 16 632 (15 849), Transportmittel 31711 (30 750), Keramische Artikel, Kohle 21 7538 (24 899), Baumaterial 28366 (21 182) E ektrotechnische Erzeugnisse 4217 (3329).
In erster Linie zieht die große Zunahme der Einfuhr ven Textil, waren die Aufmerksamkeit auf. sich. Auch Eisen, sowohl Rohmaterial wie Halbfabrikate, wurde in stetig steigenden Mengen importiert; in einem gewissen Gegensatze hierzu steht der geringere Wert der Einfuhr von Kohle. Eine weitere bedeutende Steigerung der Einfuhr ist bei Baumaterialien zu verzeichnen; sie ist durch das ununterbrochene Wachstum , . zum Teil wohl auch durch den Bedarf für die Bauten de Centenarausstellung bedingt. Der Gesamtwert der Maschinen für den Ackerbau war nicht viel größer als im Jahre 1908, obgleich gerade im 4. Vierteljahr, jedenfalls auf Bestellungen aus einer
Zelt, als die Hoffnungen auf eine große Ernte noch nicht zerstört
9
waren, in dieser Branche im Verhältnis zum entsprechenden Zeitraum
des Jahres 1998 eine bedeutende Mehreinfuhr stattgefunden hat. (Nach der Buenos Aires⸗Handelszeitung.)
Ausbeute von Mineralien in Alaska. Von dem Direktor der Münze in Washington wird die Gold
gewinnung Alaskas für das Jahr 1908 auf 19 292 218 Doll. ange—⸗ geben. Biesen Wert dürfte auch die Produktion im Jahre 1909 er⸗
reicht haben. Goldminen, die eine reiche Ausbeute erwarten lassen,
sind im vorigen Jahre auf der Halbinsel Kenai nahe dem Moosepaß
entdeckt worden. Die Produktian im Bezirke Fairbanks hat erheb= lich zugenommen; es sind dort allein 300 Gruben im Betriebe.
Dahingegen ist der ö der mehr und mehr erschöpften i
Gokrdwäschereien auf der Halbinsel Seward, namentlich in der Nähe
von Nome, zurückgegangen, In jüngster Zeit sollen jedoch in dem dortigen Distrikte neue Goldlager aufgefunden worden sein, die voraussichtlich im kommenden Sommer wieder einen stãrkeren Strom von Goldsuchern nach dem nördlichen Hafenorte Nome,
wohin von Seattle aus während der milden Jahreszeit eine regel⸗
mäßige Schiffsverbindung besteht, lenken werden. Nach hierher ge⸗
langten Berichten, deren Zuverlässigkeit aber schwer zu kontrollieren ist, sollen kürzlich auch neue Funde in den Tälern Susitna und
Kuskokwim gemacht worden sein. Ausstände der, Bergarbeiter und fonstige von den Arbeitern bereitete Schwierigkeiten, die im Jahre
1905 namentlich in dem Bezirke Fairbanks stöͤrend einwirkten, sind
im Berichtsjahre ausgeblieben.
Silber wird in Alaska nur als Nebenprodukt von Gold ge⸗
wonnen. Der Ertrag belief sich im Jahre 1908 auf nicht mehr als
135 672 Unzen. Die Ausbeute der zweifellos im Innern des Territoriums vor—
handenen reichen Kupf er lager wird erst nach der Vollendung der im Spätherbst 196 von dem Küstenorte Cordopg aus in Angriff
nommenen. Copper River and Northwestern Eisenbahn geschehen önnen. Bis jetzt sind ungefähr 168 kmn in der Richtung nach dem
Tale des Copper River ferliggestellt. Da indessen die Arbeiten nur im Sommer vorgenommen werden können, so schreiten sie nur lang⸗ sam vorwärts. Im letzten Jahre hat die Gesellschaft ungefähr 3000 Arbeiter beschäftigt. (Bericht des Kaiserlichen Konsulats in Seattle.)
zeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.
1910.
Ausschreibungen. . An lage einer Wasserleitung in Rustschuk ul arien). Vergebung durch die Stadtverwaltung am 15. 28. Mai. Anschlag: 1141 909. Fr. Verzeichnis der Detailkosten und Bedingungsheft daselbst für 4 Fr. erhältlich. Bulgarische Handelszeitung.)
Der Arbeitsmarkt in Deutschland im Monat März 1910.
Der Arbeitsmarkt gestaltete sich im März im allgemeinen ifi als im Vormonat. In allen Industrien mit Ausnahme des ohlenbergbaus und der Textilindustrie konnte eine regere Tätigkeit . . ö uf dem Ruhrkohlenmarkt war die Beschäftigung nur schwach; auch im Sagrrevier und in rie gf ft it sich 7 öᷣ. i . ö. beer , Grenzen. In der Braun⸗ ohlenindustrie war die Beschäftigung infol ̃ Abrufs Hausbrand unbefriedigend. 1 . . ö hielt die Besserung ormonat an. ei den Werken des Stahlwe . der . ö. i. im , . ö ie Textilindustrie leidet unter hohen Rohmgteri isen; besonders hart wurde die Baumwollweberei davon d, , ,,
Das Baugewerbe hatte im großen und ganzen gut zu tun, wenn auch in einzelnen Städten über den Geschäftsgang geklagt wird. Auf dag Bekleidungsgewerbe war das SOsterfest von günstigem Einfluß und bewirkte, daß alle Hände angespannt * k ⸗
Na en Berichten der Krankenkassen hat sich der = schäftigungsgrad im Laufe des März gehoben. Es . sich . 1. April gegenüber dem J. März eine Zunahme der versicherungs— pflichtigen Mitglieder abzüglich der Kranken um 103 375, und zwar um 91 701 männliche und 12174 weibliche. Gegenüber dem März 1909 war die Zunahme im März 1910 etwas geringer.
Auch die Berichte der Arbeitsnachweise legen von einer er— heblichen Besserung der Arbeitsmarktlage Zeugnis ab, Bei der Ge⸗ samtzahl der berichtenden Arbeitsnachweise, für die vergleichbare n g en vorliegen, kamen im März 1910 auf 100 offene Stellen bei den männlichen Personen 184, bei den weiblichen 82 Arbeitsgesuche gegen 231 bezw. 81 im März 1909 und 229 bezw. 90 im Februar 1919. Auf dem Berliner Arbeitsmarkte steigerte sich die Nachfrage nach Arheitskräften erheblich. Das Baugewerbe war in allen Zweigen gut beschäftigt. In Schleswig⸗-Holstein und da m bu rg war die Nachfrage nach jüngeren landwirtschaftlichen Arbeitskräften recht bedeutend. Im Regierungsbezirk Düsseldorf konnte eine wesentliche Besserung der Verhältnisse bei fast allen Berufsgruppen nachgewiesen werden. In Bavern, Württemberg und Baden hat sich die allgemeine Lage gleichfalls erheblich gebessert. Auch hier wurden landwirtschaftliche Arbeiter besonders stark begehrt. Nicht so günstig lag zu Anfang des Berichtsmonats die Lage in Elsaß-Lothringen; erst gegen Ende des Monats wurde auch hier die ö . rege.
ie Einnahmen aus dem Güterverkehre deutscher Eisen⸗ bahnen betrugen im März 138 947 562 S, d. h. . J als in demselben Monate des Vorjahres, Dies bedeutet eine Mehr⸗ einnahme von 44 (M oder 166 v. H. auf 1 Rm. (Reichsarbeitsblatt.)
Konkurse im Auslande. Galizien.
Konkurs ist eröffnet über das Vermögen des Josef Schmierer in Zbaras, registriert unter der Firma Josef . Seidenwarenhandlung in Zbaras, mittels Beschlusses des K. K. Kreisgerichts, Abteilung N, in Tarnopol vom 21. April 1910. — o. 2. 5. 210. — Provisorischer Konkursmasseverwalter: Advokat Dr. Stefan Bochenski in Zbarat. Wahltagfahrt (Termin zur Wahl des definitiven Konkursmasseverwalters) 4. Mai 1910, Vormittags 10 Uhr. Die Forderungen sind bis zum 1. Juni 1910 bei dem K. K. Bezirksgericht in Ibaraz anzumelden; in der Anmeldung ist ein in e,, an, e, irn en n ns namhaft zu machen. Liquidierungstagfahrt (Termin zur Feststellung der Ansprüche) 6. Juni 1910, Vormittags 10 Uhr. 6
Wagengestellung für Kohle, Kots und Briketts am 27. April 1910: Ruhrrevier Oberschlesisches Revier Anzahl der Wagen Gestelltt... 23 573 !. Nicht gestellt — —.
— Der Aussichtsrat der Vereinigten Köln⸗Rottweiler Pu lverfabriken hat, laut Meldung des W. T. B.. aus Berlin in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, der auf den 18. Mai d. F anberaumten Generalversammlung die Verteilung einer Dividende ven 160½ (129½ im Vorjahre) vorzuschlagen, bei reichlichen Ab⸗ schreibungen und einem Vortrag auf neue Rechnung von 460 554,38 4A. — . Bei der Vaterländischen Vieh ⸗⸗Versicherungs⸗ Gesellschaft zu Dresden stieg die Versicherungssumme von 9 405 202 M auf 2 485 82 06, die Prämieneinnahme von 404411 auf 412 412 4. An Zinsen aus Kapitalanlagen wurden vereinnahmt 20 172. 4, an Vieherlös 84 748 . Die Gesamteinnahmen betrugen 62 171 4. Die Schäden gus dem laufenden Jahre erforderten 347 823 6 — S453 0 der Prämieneinnahmen. Die Verwaltungs— kosten betrugen 123 79, der Gesamteinnahmen. Die Prämien— reserve stieg von 156 463 M auf 164 001 S, der Reservefonds und die Spezialreserven von 338 311 4 auf 418 190 M und die zins⸗ tragenden Kapitalanlagen von 512 548 ½ auf 613 583 . Der Ueberschuß betrug 32 072 “ und wurde wiederum zur Hälfte zu einer nachträglichen Zuzahlung von 60 auf die statutarische Entschädigungs⸗ quote verwendet und zur anderen Hälfte dem Reservefends zugeführt. Für Entschädigungen wurden bisher insgesamt 5 559 438 M auf⸗ gewendet. 3 . ; Wien, 27. April. (W. T. B.) Der Finanzminister hat heute 236 Millionen vierprozentiger österreichischer Kronenrente an das Postsparkassenamt fest begeben.
Berlin, 27. April. Bericht über Speisefette von Gebr. Gause. Butter: Die Nachfrage nach feinster Butter war diese Woche lebhafter, und konnten die Einlieferungen zu unveränderten Preisen geräumt werden. Die heutigen Notierungen sind: Hof⸗ und Genossenschaftsbutter La Qualitãt 130 123 - 125 X. Rn 120 bis 124 64. — Schmalz: Die Schweineauftriebe in Amerika sind recht klein, und für lebende Schweine mußten täglich höhere Preise ewilli t werden. Dagegen waren die Schmalzpreise rück⸗ gängig. Die zeutigen Notierungen sind: Choice Western Steam ( — 114 , amerkkanisches Taselschmalz Borussia 73 M, Berliner Stadtschmali Krone 72— 78 S½., Berliner Bratenschmalz Kornblume 73—73 44. — Speck: Unverändert.
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