1910 / 114 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 18 May 1910 18:00:01 GMT) scan diff

S. M. S. „Iltis“ ist am 14. Mai in Kiukiang (YJangtse) eingetroffen und vorgestern von dort abgegangen. . S. M. Flußkbt. Otter“ ist am 15. Mai in Hankau ein⸗ getroffen und gestern von dort nach Itschang (Yangtse) ab⸗ gegangen.

S. M. Flußkbt. T singtau“ ist am 14. Mai in Hongkong eingetroffen.

S. M. Flußkbt. „Vaterland“ ist am 15. Mai in Hankau eingetroffen und gestern von dort wieder abgegangen.

S. M. SS. „Bremen“ und „Emden“ sind gestern von Montevideo nach Buenos Aires abgegangen.

Neues Palais bei Potsdam, 17. Mai. Seine Majestät der Kaiser ist mit Gefolge heute abend um 7 Uhr von der Station Wildpark nach London abgereist.

Oefterreich⸗Ungarn.

Unter dem Vorsitz des Ministers des Aeußern Grafen von Aehrenthal hat gestern, W. T. B.“ zufolge, in Buda⸗ pest eine gemeinsame Ministerkonferenz stattgefunden, an der die beiderseitigen Ministerpräsidenten und die Fach⸗ minister teilnahmen. Gegenstand der Beratung bildete das gemeinsame Budget für 1910. Für die Einberufung der Delegationen ist der November in Aussicht genommen.

Großbritannien und Irland.

Gestern vormittag hat die feierliche Ueberführung der Leiche des Königs Eduard aus dem Buckingham-Palast nach der Westminsterhalle stattgefunden. Dem auf einer Lafette ruhenden Sarge gingen, „W. T. B.“ zufolge, die hervorragendsten Männer des Heeres und der Flotte vorauf. Ihnen folgten die Flügeladsutanten des verstorbenen Königs, die zusammengezogenen Musikkorps der Garde und die von der Garde gestellte Eskorte. Unmittelbar hinter dem Sarge, auf dem Krone und Szepter sowie die Insignien des Hosenband⸗ ordens lagen, wurde die Königliche Standarte getragen. Dann folgte der König Georg allein, hinter ihm der Herzog von Cornwall und der Prinz Albert, des weiteren die Könige von Dänemark und Norwegen, der Herzog von Sachsen⸗Coburg und Gotha, der Großfürst Michgel Alexandrowitsch und die anderen Fürstlichkeiten. Den Schluß des Zuges bildeten die Wagen mit der Königin Alexandra, der Kaiserin Mutter von Rußland, der Königin Mary, der Königin von Norwegen und den übrigen Fürstlichen Damen. Um 12 Uhr langte der Trauerzug, den auf seinem Wege durch die dichten Reihen der Menge tiefe Bewegung begleitete, unter den Klängen des Finales des Totenmarsches aus der Oper „Saul“. dem dröhnenden Wirbeln der Trommeln und, dem Donner der Geschütze vor der Westminsterhalle an, in der sich der Sprecher mit den Beamten des Hauses, die Kabinettsminister und die Mitglieder des Unterhauses sowie die Lords, an der Spitze der Lordkanzler und der Erzbischof von York, versammelt hatten. Der Erzbischof von Canterbury, gefolgt von dem Dekan von Westminster, empfing den Trauerzug am Eingangstore, der dann langsam in die Halle einzog, wo ein feierlicher Gottes⸗ dienst abgehalten wurde. ;

Der König von Spanien und der König der Hellenen sind gestern nachmittag zu den Beisetzungsfelerlich⸗ keiten in London eingetroffen.

Rußland.

Nach Eröffnung der heutigen Sitzung der Reichs duma legte der Abg. Graf Bobrinski (extreme Rechte) entschieden Protest ein gegen eine ihm zugegangene r englischer und irischer Parlamentarier in der finnländischen An⸗

elegenheit. Graf Bobrinski schloß, „W. T. B.“ zufolge, an Ausführungen mit den Worten:

Was würden die Engländer sagen, wenn ihnen von seiten Ruß⸗ lands Ratschläge erteilt würden, wie sie sich gegenüber Irland oder Indien zu verhalten hätten? Mag die uns befreundete englische Ration wissen, daß auch in Rußland und speziell in der Duma Leute vorhanden sind, die jegliche Einmischung von Ausländern energisch

zurüͤckweisen. Türkei.

Die Deputiertenkammer hat, nach einer Meldung des „W. T. B.“, dem zwischen der Pforte und der russischen Re⸗ gierung abgeschlossenen Kompromiß zugestimmt, nach dem der alte Streitfall wegen Zahlung der Verzugszinsen für die an russische Privatleute aus dem Kriege von 1877 verspätet entrichteten Indemnitäten dem Haager Schiedsgerichte unter— breitet werden soll. Die von den Russen verlangten Zinsen be⸗ tragen 950 000 Pfund.

Zwischen den von ihrer Geistlichkeit beeinflußten Arnauten H Tor gut Schefket Pascha ist mit Zustimmung des Kriegsministers, obiger Quelle zufolge, vereinbart worden, daß die Bevölkerung nicht durch Truppen entwaffnet werden soll. Die albanischen Notabeln haben die Verpflichtung über⸗ nommen, die Waffen durch die Ortsvorsteher abnehmen und an Torgut Schefket Pascha ausliefern zu lassen. Die Regie⸗ rung hat versprochen, die Waffen dem Volke wieder auszufolgen, sobald ein dringender Anlaß dazu vorläge. Dreiunddreißig Führer der Aufständischen sind bisher festgenommen und in Verisovitsch vor das Kriegsgericht gestellt worden.

Asien.

Unter den Einwohnern der Provinz Kiangsu, Tschekiang und Hunan sind nach einer Meldung des „W. T. B.“ erneut Unruhen ausgebrochen, die sich gegen die Behörden richten und auf Mangel an Nahrungsmitteln zurückzuführen sind. Die Bewegungen stehen untereinander offenbar in keinem Zusammen⸗ hange und sind nicht sehr heftig, sie haben jedoch die Zentral⸗ regierung in große Unruhe versetzt.

Afrika.

Wie vom „W. T. B.“ gemeldet wird, hat der Sultan Mulay Hafid den englischen Konsul empfangen und ihm sein tiefstes Beileid aus Anlaß des Ablebens des Königs Eduard ausgesprochen. Der Sultan bat den Konsul, der Königlichen Familie sein Beileid sowie seine besten Wünsche für eine glückliche Regierung des Königs Georg zu übermitteln.

Koloniales.

Der Staats sekretär des Reichskolonialamts hat am 7. Mai d. J, mit der Deutschen Kolonialgesellschaft für Südwestafrika und mit der Deutschen Digmanten⸗ gesellschaft m. b. H. neue Verträge abgeschlossen, deren Wortlaut im amtlichen Teile der Nummer 10 des „Deutschen Kolonialblatts“ vom 15. d. M. veröffentlicht worden ist. Im nichtamtlichen Teile derselben Nummer des „Kolonialblatts“ wird zu diesen Verträgen das folgende bemerkt:

Im September 1508 ist zugunsten der Deutschen Kolonial⸗ esellschaft, welche ihre Rechte auf Diamantengewinnung an die Ce Diamantengesellschaft übertragen hat, der zwischen dem 269 suüdlicher Breite und dem Oranjefluß gelegene Wüstengürtel in einer Tiefe von 100 km der Schürffreiheit entzogen oder, wie der inzwischen eingebürgerte Ausdruck lautet, gesperrt . worden.

Ueber die Notwendigkeit dieser Maßnahme, welche im übrigen allseitig anerkannt wird, hat sich der Staatssekretär des Reichs⸗ kolonialamts in der letzten Reichstagssession so ausführlich aus⸗ gesprochen, daß darauf nicht mehr zurückzukommen ist. Nachdem das Gutachten des Reichsjustizamts erklärt hat, daß zugunsten anderer Personen (also auch nicht zugunsten des Fiskus) diese Sperre nicht habe verhängt werden können, lag die Aufgabe der Verwaltung darin, für die der Kolonialgesellschaft durch den Ausschluß der konkurrierenden Tatigkeit Dritter zugefallenen erheblichen Vorteile auf dem Vertrags⸗ wege möglichst große Gegenwerte zu erhalten.

Infolgedessen sieht das in zwei separaten Verträgen geordnete neue Vertragsberhältnis folgende Regelung vor:

1] Die Deutsche Kolonialgesellschaft überträgt mit einigen Aus⸗ nahmen, die insgesamt einen Flächeninhalt von 313 000 ha darstellen, ihr gesamtes Landgebiet in Deutsch-Südwestafrika an den Fiskus zu Eigentum. Der Umfang des überwiesenen Gebiets beträgt nach den Angaben der Gesellschaft etwa 11 Millionen Hektar. Hierdurch scheidet die Deutsche Kolonialgesellschaft für Südwestafrikg aus der Reihe der Landgesellschaften aus, wodurch ein Ziel erreicht ist, das vor Bekanntwerden der Diamantenfunde sowohl in der Oeffentlichkeit als auch in der Kommission zur Prüfung der südwestafrikanischen Ge⸗ sellschaften im Vordergrund der Wünsche stand.

2) Der deutschnationale Charakter der Diamantengusbeutung im Sperrgebiet wird, soweit die Diamantengesellschaft (also ein sehr er⸗ heblicher Interessenkreis) in Betracht kommt, in weiterem Umfange als bisher gewährleistet. . J

3) Der Anspruch der Deutschen Kolonialgesellschaft für Süd⸗ westafrika aus § 8 des Bergrezesses auf Verleihung von Sonder— rechten, der in der Praxis zu unliebsamen Erscheinungen und schwierigen Verhältnissen führen könnte, wird beseitigt.

4) Der kostspieligen und wegen des unwirtlichen Geländes nicht leichten Ausbeutung des Gebietes zwischen dem 26. Grad südlicher Breite und dem Kuisib wird dadurch Rechnung getragen, daß dort an Stelle der bisher bestehenden 10 060gen Förderungsabgabe nur eine solche von 4 v. H. zur Erhebung gelangt, die zur Hälfte dem Fiskus zufällt und die weitere Folge hat, daß der Gesellschaft nunmehr nur 3 der Bergverordnung vorgesehene 20; ige Förderungsabgabe zufällt.

3) Neben dem Ausfuhrzoll und den sonstigen Auflagen erhält der Fiskus eine neue Beteiligung an dem Reingewinn und einer etwaigen Liquidationsmasse der Diamantengesellschaft in Höhe von 314 v. H., nachdem eine Vorzugsdividende von 5 v. H. ausgeschüttet worden ist. . berechnet sich die Gesamtbeteiligung des Fiskus an den Aus— eutungsergebnissen der Deutschen Diamantengesellschaft unter Zu⸗ grundelegung einer Jahresförderung von 200 000 Karat zu 30 pro Karat, wie folgt:

200 9009 Karat à 30 6 000 000

Kosten:

Förderung 30 v. H.

Regie 5 b. H.

Zoll 335 v. O.. Bergwerksgeb. 10

Nutzen oder auf 200 0900 Karat à 7,15 6 .. ab 6 v. H. auf 2 500 000

31 v. H. an den Fiskus...

hierzu obige .. bleibt Nutzen für die Diamanten⸗ gesellschaft ... Dagegen erhält der Fiskus: von 5 v. H. Regiegebühr für Felderbewachung .. Zoll

Bergwerksabg. 63 v. H.

auf 200 000 Karat hierzu obenstehend ... für den Fiskus

Vom Gesamtnutzen

73,69 v. H., d

Diese Re

Recht zum Erwerb des von Briten nicht belegten Teilen des lediglich bis 31. März 1911 und nur in Ansehung von Diamanten. . dem genannten Zeitpunkte tritt die Sperre zugunsten des Fiskus ein und wird zur Ausbeutung der übrigen Mineralien auf den Feldern der Diamantengesellschaft sowie der sonst nicht belegten Stellen im Sperrgebiet eine besondere, unter Aufsicht des Kolonial⸗ amts stehende Gesellschaft gegründet, an der der Fiskus zur Hälfte zu beteiligen ist.

In diese Gesellschaft sind auch diejenigen Teile des streitigen Pomonagebiets, die etwa nach Erledigung des Streitfalls in das Sperrgebiet fallen, sowie die bisher in Streit befangenen Bergrechte auf der Farm Marmora einzubringen. Hierdurch hat die auf die Farm Marmora bezügliche Differenz, die darin besteht, daß diese Farm, veil sie von der Kolonialgesellschaft verkauft worden ist, von Schürf⸗ interessenten als nicht zum Sperrgebiet gehörig und daher außerhalb der Bergrechte der Kolonialgesellschaft fallend erachtet wird, ihre Er⸗ ledigung gefunden.

7) Dem Wunsche der Interessenten, hinsichtlich derjenigen Berg⸗ baufelder, die das in der Bergverordnung vorgesehene Maß von 8 ha nicht übersteigen, von der im Vertrage vom 26. März 1909 wegen Vergrößerung der Felder vereinbarten, an die Diamantengesellschaft zu zahlenden Zuschlagsgebühr von 5 v. H. befreit zu werden, ist Rechnung getrggen.

s) Für Streitfälle aus den Verträgen wird die gerichtliche Ent⸗ scheidung in den Vordergrund gestellt, während nach der bisherigen Ver⸗ tragslage eine solche durch schledsrichterliche Rechtsfindung ersetzt war.

Es ist erfreulich, daß das vorstehende Ergebnis ohne daß der Kolonialverwaltung Zwangsmittel der Gesellschaft gegenüber zur Ver⸗ fügung standen im Verhandlungswege ,. werden konnte, angesichts einer Rechtslage, die sowohl nach Ansicht der Kolonial⸗ verwaltung, als auch nach Auffassung der im Reiche zur Begutachtung von Rechtsfragen zuständigen Behörde auf seiten der Deutschen Kolonialgesellschaft einen Anspruch auf dauernde Ausbeutung ihrer bis zum 31. März 1911 innerhalb des Sperrgebiets belegten Diamantenabbaustellen sowie auf die Einbeziehung des Gebiets zwischen dem 25. Grad sadlicher Breite und dem Kuisib in die Vertragssphäre des Bergrezesses ergibt.

Förderung der Kickxiakultur in Kamerun.

Seit September 1907 werden vom Kaiserlichen Gouvernen aus Deutschland kommenden Gärtner und Landwirte der 66 anstalt für Landeskultur in Viktoria überwiesen. Nach einer 6 bildungszeit von zwei bis drei Monaten werden sie als Hilfebe . der Kautschukinspektion den Bezirken Lomie, Dume, Jaunde amte Ebolova zugeteilt mit der Weisung, unter den Eingeborenen mn Bezirks belehrend zu wirken und. Gummischulen und Pñj 2. gärten anzulegen. Die Tätigkeit dieser Beamten ist trotz . Schwierigkeiten nicht ganz erfolglos gewesen, berechtigt diene zu guten Hoffnungen. Beispielsweise berichtet die Station Du ir „In einigen Dörfern in der Nähe der Station Dume sind . Saatbeete für Kickria angelegt worden, sodaß im Herbst 1910 t jedes Dorf 5090 bis 20 000 kleine Pflanzen zum Versetzen in ) Farmen bereit sein werden. Da größtenteils dort nur Mais gepfla ( wird, so sind die neu angelegten Farmen der Eingeborenen sehr . Die Kickriapflanze soll sofort bei der Bestellung der Farmen geen werden, sodaß der Mais die jungen Pflanzen beschattet. Aus ai n Dörfern hat man je zwei junge Leute auf der Station herange g um Kenntnis zu nehmen von der Anlegung von Saatbeeten und der Anpflanzung von Kickxia. ö.

alle

Parlamentarische Nachrichten.

Das Mitglied des Hauses der Abgeordneten, Amtz= gerichtsrat Griehl (Z3entr.), Vertreter der Kreise Allenstem und Rössel im Regierungsbezirk Allenstein, ist, wie de „Schlesische Volkszeitung“ berichtet, am 17. d. M. in Breslau gestorben.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Verschuldung des land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes in Preußen im Jahre 1908.

7 Nach 5 15 des Reichserbschaftssteuergesetzes vom 3. Juni 1 wird ein Viertel des Erbschaftssteuerbetrages, der auf die 86 des Erwerbes bildenden land⸗ und forstwirtschaftlichen Grundstücke ein schließlich der dazugehörenden Gebäude und des Zubehörs entfällt, nicht erhoben. Bei der erstmaligen Darstellung der finanziellen Wirkungen des Gesetzes für das Rechnungsjahr 19081) hat die Reichsstatistik u. a. auch den Ertragswert?) der von der gedachten Vergünstigung betroffenen land⸗ und forstwirtschaftlichen Grundstücke sowie die darauf haftenden, behufs Berechnung der Steuer von jenem Werte in Abzug gebrachten Verbindlichkeiten (Schulden und Lasten) mitberücksichtigt, sodaß sih die Verschuldung des durch Erwerb von Todeswegen oder Schenkung unter Lebenden in andere Hand übergegangenen ländlichen Grund— besitzes erkennen läßt.

Es betrug nach der „Stat. Korr.“ bei den steuerpflichtigen Erb⸗ und Schenkungsanfällen der Ertragswert die Schuldenlast

der land⸗ und forstwirtschaftlichen Grundstücke

überhaupt

6 16 1404788 669 840 709 475 167 678

10188889 Z6g 453 2657 533 516 6536 zoo 6; 114 f

nach der Ver— schuldungsstatisti von 1903 bei den sselbständigen Landwirten im Hauptberufe die Verschuldung v. H. des Hundertteile ihres Erktrags. Grundvermõgent⸗ wertes wertes , 50,8

in der Provinz

Ostpreußen ..

Westpreußen ..

Brandenburg nebst Berlin.

1428 859 439 636 o 169 264 Sh 2 h97

2194572 4065531

6 403 3593 1063 9081

2326 509 420 541

Deffen. Raffau. . 205 S565 1653543

Rheinland... 5045 882 326 313 im Staate 30 683 0943) 5 864 3779 ö

Aus den Verschuldungsziffern der Erbschaftssteuerstatistik e ines Jahres können sich natürlich noch keine genügenden Anhaltspunkte für die Beurteilung der ländlichen Verschuldung im allgemeinen er geben; solche werden aber sicher bei der Fortführung der Statistil mn Laufe der Zeit hervortreten; freilich wird sich dabei immer be— merkbar machen, daß die Deszendenten und Ehegatten von der Erb= schaftssteuer und damit auch von der Erbschaftssteuerstatistik nicht be— rührt werden. .

Während bei der Statistik der ländlichen Verschuldung von 190 die Provinz Westpreußen die höchste Durchschnittsverschuldung im Staate aufwies, steht sie bei der Erbschaftssteuerstatistik für 19068 hinsichtlich der Verschnuldung der vererbten oder geschenkten Grund— stücke unter den 5stlichen Landesteilen am günstigsten da. Weitau am meisten, und zwar recht bedenklich verschuldet erscheinen die durch Erbgang oder Schenkung in andere Hand gelangten Besitzungen i den Provinzen Posen und Ostpreußen, welche Landesteile auch sont bei den selbständigen Landwirten im Hauptberufe ein hohes Ver= schuldungsprozent zeigen. ;

In ÜUebereinstimmung mit den früheren Verschuldungsaufnahmen ist die Verschuldung der 1908 erbgangs⸗ oder schenkungsweise au neue Erwerber Übergegangenen Grundstücke in den zstlichen Provinzen im allgemeinen wesentlich bedeutender als in den westlichen, insbesondere geht sie im Osten durchweg über den Staate durchschnitt von 19,1 v. H. des Ertragswertes hinaus, wogegen sie im Westen (einschließlich der Provinz Sachsen) überall darunter bleibt, am meisten wie auch bei der Verschuldungsstatistik von 1907 im Rheinland und in Hessen⸗Nassau; in diesen beiden Pro vinzen ist sie mit noch nicht einem Zehntel des Ertragswerts durchaus geringfügig.

Solstein Vannover .. Westfalen ..

Si —— 2 OY

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Hagen meldet die ‚Rh.⸗Westf. Ztg.: Infolge der Aus⸗ sperrung in der Eisenindustrie stehen zurzeit 1500 Former und Gießereiarbeiter in Kündigung. Heute soll, falls der Ausstand bei der Firma Dieckerhoff in Gevelsberg nicht beendet ist, die Aut⸗ sperrung sämtlicher Former und Gießereiarbeiter erfelgn In allen) größeren Orten der Kreife Hagen und Schwelm haben öffentliche Versammlungen stattgefunden, um gegen das Vorgehen des Arbeitgeberverbandes Einspruch zu erheben! (Vgl. Nr. 105 d. Bl).

In den Kohlengruben zu Trifail in Südsteiermark ist, we die Röln. Itg. erfährt, wegen der Entlassung von Arbeitern ein allgemeiner Kohlenarbeiterausstand ausgebrochen. .

Die Abstimmung der Baumwollfagbrikbefitzer in gn cashire über eine fünfprozentige Lohnherabsetzung ist, wie W. T. B. meldet, gestern beendet worden und soll, wie verlautet, die notwendige Mehrkeit von S6 M der Stimmen für die Herabfetzung ergeben hahn, Dies Ergebnis wird wahrscheinlich einen großen Ausstand zur Folge haben.

WVierteljahrshefte zur Statistit des Deutschen Reichs Imh, gang 1515, S. I70 ff. *) d. i. das Fünfundzwanzigfache des. in. ertrages, den die Grundstücke nach ihrer bisherigen wiyt schastlcn Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirtschaftung nachhaltig Ce wäbren können. *) einschl. 202 500 S bei Niederschlagungen.

) desgl. 64 255 4.

Aus Paris meldet W. T. B.: Da einer der Staatsbahn⸗ trektoren es ablehnte, eine Abordnung des Eisenbahner⸗ di ifa ts zu empfangen, die mit ihm über die Wohnungsgeldfrage andeln wollte, nahm das Exekutivkomitee des Eisenbahnersyndikats . Beschlußantrag an, in welchem mit dem Streik gedroht enen falls die Leiter der Staatsbahnen bei der Weigerung, mit dem Syndikat in Unterhandlungen einzutreten, beharren sollten.

Da der Gemeinderat von Grasse (Dep. Seealpen) mehreren Industriellen die mit der Stadt prozessieren, das Wasser abgesperrt T. B.“ zufolge, alle Parfümfabrikanten,

heschlossen, W 9. n , zu entlassen und ihre Fabriken zu schließ en.

ir die

wird, f

ö Blumenzüchter in der Umgegend wird daraus der größte Ichaden entstehen.

Weitere Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage.) *.

Wohlfahrtspflege.

Auf dem weiten Gebiete der öffentlichen Wohlfahrtsbestrebungen nimmt die Kin derheilpfleg e einen breiten Raum ein. Und das uit Recht, besonders im Hinblick auf die weite Verbreitung der Skrophulose, die zum mindesten eine gefährliche Vorarbeit für die Sierkulose leistet, Aber von all diesen vorbeugenden und abwehrenden Vohltãtigkeitsein richtungen haben die Angehörigen des erwerbs⸗ tigen Mittel standes bisher wenig oder keinen Nutzen gehabt, weil fie zumeist nur für die Kinder der Arbeiterbevölkerung ge⸗ troffen wurden. Eine Autorität auf dem Gebiete der Kinder⸗ alpflege, der Geheime Medizinahzat, prof for Dr. Soltmann . Leibzig wies, guf diesen. Mangel schon 1506 in, der Dentschen Medizinischen Wochenschrift' hin in einem Aufsatz zer das Wesen und die Behandlung der Skrophulose mit folgenden Sitzen: Man ber cksichtige ferner, daß es den Eltern, die auf öffent⸗ schẽ Armenmitte] Anspru haben, ein Leichtes ist, Unterkommen und ufnahme für ihr Kind zu finden. Aber was wird bei der enormen Verbreitung der Skrophulose aus den zahlreichen unglücklichen Familien, in denen eine verschwieg ene, bitter empfundene Not Urrscht, welche Gesundheit und Leben des skrophulösen Kindes be— recht? Hier ist eine bedenkliche Lücke in unseren Unterstützungs= bereinen. Hier wäre es eine der notwendigsten, dankbarsten und delkatesten Pflichtaufgaben der Privatwohltätigkeit, weit mehr wie äber aus besonderen Stiftungsmitteln Geld flüssig zu machen.“

Wohl gibt es auch heute schon Erholungsheime, die Kindern des Nittesstandes offen stehen, indes sind die Kosten meist noch zu hoch. Diese Lücke will nun ein Verein schließen helfen, der unter dem Famen Heilpflege Verein für Kinder des Mittel standes“ foeben einen Aufruf erläßt, in dem er edeldenkende Kinder⸗ reunde um Beitritt und Unterstützung bittet. Dem Ausschuß sind Ffänner der verschiedensten Berufe, Gewerbetreibende, Industrielle, Kaufleute, Geistliche, Schulmänner, Parlamentarier usw. freudig bei⸗ zetreken, im Bewußtsein der dringenden Notwendigkeit der gestellten Aufgabe. Seine Mittel gedenkt der Verein zu erbitten in erster Linie von den Organisationen des Mittelstandes mit nmaligen und dauernden Beiträgen von Berufsvereinen, Innungen, Handwerkerkammern, kommunalen Verbänden usw. Der Verein wendet sich im weiteren aber auch an diejenigen Kinderfreunde, die dem Prinzip des Vereins Sympathien entgegenbringen. Schlägt diese Bitte nicht fehl, so wird der Verein in die Lage gesetzt, die ihm bon den Beiträge zahlenden Mitgliedern und von opferwilligen Gännern zugeführten Kinder, sowie die aus den bezeichneten Kreisen sich selbst meldenden nach Maßgabe seiner Mittel noch in diesem Jahre an den Ostseestrand zu entsenden, woselbst die Pfleglinge im „Mittelstandskinderheim“' unter die Obhut einer Johanniterschwester und des leitenden Arztes gestellt werden. Weitere Auskünfte erteilt die Geschäftsstelle in Werder a. H., Phöbenerstr. 37.

Die Hauptversammlung des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig am 24. April. 1910 im Deutschen Buch⸗ kändlerhause zu Leipzig hat sich erneut mit der Bekämpfung der Schmutz und Schundlite ratur befaßt. Aus dem Geschäfts⸗ bericht fuͤr das Vereinsjahr 1909 1919 wurde bekannt gegeben, daß die in der Hauptversammlung 1909 beschlossene Resolution an zahlreiche deutsche Zeitungen versandt worden sei und der in ihr enthaltene Aufruf zum Kampf gegen dieses Uebel in weiten Kreisen Widerhall gefunden habe. Die Durchführung habe sich aber im einzelnen weit schwieriger erwiesen, als sich dies bei Annahme der Resolutign in der Hauptversammlung vermuten ließ. Den Worten des Geschäfts berichts schloß der Erste Vorsteher des Börsenvereins die Erklärung an, daß der Vorstand des Börsenvereins nach wie vor auf dem Stand⸗ junkt stünde, daß es niemals Aufgabe des Börsenvereins sein könne, den Erzeugnissen der Literatur und Kunst gegenüber sich ein Zensorenamt anjumaßen, dagegen werde er auch in Zukunft solchen Erzeugnissen zgenüber, bei denen das unzüchtige Moment das künstlerische oder . in J,. n,, , . Weise überwiege, . deghnigen

kaßnahmen vorgehen, die die Satzungen und der Zweck des Börsen⸗ dereins zur Pflicht machen. Es in. hierauf ein vorläufiger Bericht de fär die Bearbeitung des Materials vom Vorstande besonders an⸗ gestellten Beamten über die Gestaltung des Kampfes gegen Schmutz und Schund in Wort und Bild verlesen. Nach diesem erstreckt n der gampf über ganz Deutschland, über die Großstädte wie über das fache Sand, Eine wesentliche Einschränkung der Schundliteratur scheint in Göttingen, Bonn, en, Düsseldorf Berlin d, , in einigen Vororten) erreicht zu sein. Dem gegenüber sind auch Meldungen über Zunahme der Schundliteratur borhanden, vor lem zus dem rhesnisch westfälischen Industriegebiet und, vom ehen Lande, wo der Kampf noch nicht organisiert sei. Auch einzelne Frofstädte; Dresden, Breslau, melden stärkeres Hervortreten. Von ee, wird berichtet, daß der Schund sich nicht mehr so frech af . 4 etwas 63 . am w. ind auch die Regierungen. In Paris tagt z. Zt. eine Inter⸗ nationale Konferenz, die sich mit der Unterdrückung der obskönen n tn, beschäftigt. Unter den verschiedenen Maßnahmen sind die , e. ne ,. n,, , ,. , ,. die ganz hervorragende Tätigkeit der sich schon früher im Kampfe öeichnenden Schule herbeigeführt haben. Eine beträchtliche Anzahl n Schuldeputat onen ist in den Kampf eingetreten. Zu den alten n. sind viele neue hinzugekommen, wenn auch die Be⸗ 1 gerade hier noch zu wünschen übrig läßt; vielfach sind die fal krate in ihnen vertreten. Mittel zur Bekämpfung des Uebels en g eg h g inge soweit sie möglich ist, , ,. nigen Geschäfte, die nicht direkt gegen das Strafgesetzbuch ver—= ee nine; nn e f tg n ö, . en gutch und s. zicher mit Verzeichnissen, Flug und Merkblätter, rün⸗ ö n trastiger Unterstützung der Magistrate, Mitwirkung der Geist⸗ e n e micht: ng . in ee e in. und ef en, in . n ie r n n m nn ,, ö. . gon buchhändler r. Ruprecht Göttingen sprach dem k . die allgemeine Befriedigung über die beahsichtigte fw. ,,,, Austritt des ,, . Mitglieds er⸗ *r, Ischließung einer Firma aus dem Börsenverein wegen gef ter Verbffentlichun und Verbreitung unzüchtiger Schriften . Er bemerkte, e, ,. feststellen zu konnen, daß die Ver⸗

h don Schund⸗ und Schmutzliteratur nur in seltenen . Mit⸗

ef, des Börsenvereins feien. Sollte aber wieder ein Mitglied sich chen, so bitte er den Vorstand, genau in derselben Weise

ichtete er Im Anschluß an diese mit Beifall aufgenommene Bitte itglieder n die Versammlung die Aufforderung, daß die Verleger⸗ Herbe . allen ihren Veroöͤffentlichungen sich der hohen sittlichen . . ung, die ihr Beruf ihnen auferlege, bewußt bleiben, und 3 mn men termitglie der namentlich dafür Sorge tragen möchten, öllig en Schaufenstern jede Ausstellung und Ankündigung nicht andfreier Schriften unterbleibe.

Als Anlage zur Statistik über die Fürsorgeerziehung Minder⸗ jähriger für 1908 ist ein Verzeichnis der . Provinzen ge⸗ ordneten Erziehungsanstalten, die sich mit der Erziehung von Waisen, Verlassenen, Verwghrlosten Lowie Fürsorge⸗ zöglingen befafsen, erschienen. (Nach dem Stande vom 1. Ok⸗ tober 1909.)

Kunst und Wissenschaft. Die große Berliner Kunstausstellung. 1

Interieur und Stilleben.

So heißen zwei der schönsten Aeste am Blütenbaum der holländi⸗ schen Malerei. Wer möchte sie missen! Ohne sie hätten wir keinen Jan Vermeer, keinen Pieter de Hoogh, keinen Willem Kalf, Claesz . Willem van Aelst, De Heem und wie sie alle noch heißen.

ir wüßten das Sonnenlicht weniger zu schätzen, das durch die Fenster in die üblen Stuben dringt und über die saubere Diele, die teppich⸗ belegten Tische, die braunen Schränke mit blinkendem Geschirr all⸗ mählich hingleitet, an der pelzverbrämten blauen Samtiacke einer blühenden Frau noch hängen bleibt, um endlich zu verblassen. Alles Getier und Ungetier aus Neptuns Tiefen, alle Früchte aus Pomonas Garten und alle Blumen aus Floras Reich zauberten die Maler auf kleine und große Holztafeln und Leinwandstuͤcke, und oft wählten sie die schönsten Stücke aus und stellten sie zu einem köstlichen Frühstück zusammen, auf silbernem Geschirr serviert, mit Prunkkrügen geziert. Intaͤrieur und Stilleben sind seither zwei be⸗ liebte Tummelplätze der Maler geblieben. Letzterem wußten in Frank⸗ reich Chardin im achtzehnten und Cézanne im neunzehnten Jahr⸗ hundert neue, ungeahnte Reize zu entlocken. Von diesen seltenen Aus⸗ nahmen aber abgesehen, sind beide bis heute gut holländisch geblieben. Ganz besonders das Interieur. Daß es nicht so recht ein Spiegel⸗ bild unserer Zeit werden kann wie einst in Holland, liegt wohl daran, daß diese Zeit kein deutlich ausgeprägtes Bild bietet und daß von einem Zeitstil noch immer nicht die Rede sein kann. Was wäre uns Vermeer, hätte er außerzeitliche nichtholländische Interieurs gemalt! Schon die einzige Allegorie von seiner Hand im Mauritshuis befremdet uns trotz ihrer malerischen Reize. Unsere Maler aber was tun sie? Sie malen holländische Interieurs und Barock,, Rokoko⸗, Empire⸗ und Biedermeierzimmer, unsere Wohn⸗ räume aber malen sie nicht. Die modernen Interieurbilder der Aus⸗ stellung könnte man an den Fingern einer Hand zählen, trotzdem wohl sechzig Innenräume, von den Kirchen abgesehen, ausgestellt sind. Nennt man den Jung-⸗Düsseldorfer Josse Goosens mit seinem wirklich modernen Interieur und Otto Boyer, der ein malven⸗ farbenes Kleid als Grundstimmung einer farbigen Komposition benutzt, ferner Hughitt Halliday,. O. Brue nauer und E. Lieber⸗ mann mit je einem Bild, so ist man eigentlich fertig. Carl Wentorfs „Abendfriede“, in der Glasveranda, kann kaum mehr als charakteristisches Interieurbild gelten, wenn es auch ein geschickt gemaltes Bild ist. A. von Brandis zeigt mit seinem „Treppenhaus“, wie vortrefflich er malen kann, wenn er nicht seiner süßlichen Kitschmanier frönt, die sich ja leider besser verkauft. Schließlich bemerkt man noch zwei feingestimmte Atelier⸗ ecken von Willy Lukas und W. Blanke. H. Klingem ann, Car! Mücke, Ernst Kolbe, Müller-⸗Schön feld, R. Breßler setzen die altholländische Ueberlieferung fort, wenn sie ihre Vorbilder auch öfters in friesischen Bauernhäusern von heute finden. Und dann treten wir in das Reich der historischen Stile ein, um sitets rück— wärts schreitend bis in das siebzehnte Jahrhundert zu gelangen. W. Stumpf und Maxp Pietschmann verstehen es sehr gut, die Reize des Biedermeierstils zur Geltung zu bringen, F. Martin und Adolf Bock leider zu gut. . Schaeffer leitet uns mit seinem Schlafzimmer der Herzogin und der Hirsch⸗ alerie völlig auf das kulturhistorische Gebiet hinuͤber, ebenso wie die . aus den Goethehäusern in Weimar von Otto Rasch und

ermann Graf, die alle recht tüchtig in, sind. Die Bilder von J. Kühn und Rudolf Possin endlich geben barocke und alt— holländische Interieurs wieder. Recht zahlreich er auch die Kirchen⸗ interieurs vertreten. H. Tomee dient eine Taufe als Vorwand, um das Innere einer der schönen Wiener Barockkirchen zu zeigen, W. Pape führt in die Rostocker Marienkirche, H. Hermanns in St. Maria am Kapitol, E. Hausmann gibt eine gut beobachtete Stimmung aus Or San Michele in Florenz. Allen ziehe ich jedoch Ludwig Dettmanns Danziger Marienkirche vor, ein glänzend gemaltes Bild.

Auch das Stilleben wird noch sehr häufig im alten holländischen Geschmack schlechterer Qualität gemalt. Da dieser nicht mehr der unsrige ist und die Bilder außerdem nicht annähernd so gut gemalt sind, , sie uns gar nichts bieten. Als eigenartig und manchmal fein gestimmt wären nur die Stücke von E. Toepfer, Henny Kümmerfeld, A. von Brandis, Hildegard Lehnert, Carl Bloos hervorzuheben. Die besten Blumenstücke stammen von dem besonders durch seine Radierungen bekannten tüchtigen Dresdner Künstler Otto Fischer. Er tritt eigentlich iwd fr in der Ge⸗ fellschaft der Sezessionisten auf, in Wien ebenso wie hier, wo er noch in der letzten graphischen Ausstellung zu sehen war. Jedenfalls hatten seine Blumenstücke der Sezessionsausstellung sehr zur Zierde gereicht. Ein feines Bild ist ferner Marie von Brockhausens Schwarze Iris, das hoch über dem Nivegu der sonst bei Frauen so beliebten, auch hier zahlreich vertretenen Blumenmalerei steht. Mit diesen wenigen Stücken sind wir aber auch hier zu Ende. Dr. D.

Der Historien⸗ und Genremaler, Professor Franz Skarbina ist, wie W. T. B.“ meldet, heute früh in Berlin gestorben. Er wurde am 24. Februar 1849 hier geboren, war Schüler der Berliner Kunstakademie und machte wiederholt Studienreisen nach Tirol, den Niederlanden und Frankreich. Sein unermüdliches Schaffen offen⸗ barte sich in dem Reichtum und den scharfen Wandlungen seines Werks. unt suchte er nach Menzels Art in der Zeichnung das Wesentliche, dann wurden seine Bilder stark realistisch (. Erwachen in der Morgue“). Seit 1881 wandte er sich fast ganz von der historischen Kunst ab und malte in der Weise der fran⸗ zösischen Impressionisten Szenen aus dem Pariser Leben. Dann ent— deckte er gleichsan die malerische Seite des Straßen— lebens von Berlin und brachte seine Bilder zu immer höherer Vollendung in der Farbe, Leuchtkraft und Stimmung. Vielseitig wie die Wahl und Behandlung der Stoffe ist auch 6. Technik, er war gleich geschickt in Oel, Aquarell und Pastell. Zu seinen bedeut samsten Arbeiten gehören: „Die Spitzenklöpplerinnen in Brügge“ Nationalgalerie), Mondnacht“, „Im Zentrum von Berlin“, „Der Schnitter“ ꝛc. Professor Skarbina war Mitglied des Senats der Königlichen Akademie der Künste und gehörte ferner der Sach⸗ verstaͤndigenkommission der Reichsdruckerei sowie der städtischen Kunst⸗ deputation an.

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Saatenstand in Itglien während des letzten Drittels des Monats April 1910.

Das Getreide entwickelt sich bestens in ganz Italien mit Aus— nahme einiger Gegenden in den Marken, wo es unter übermäßiger Feuchtigkeit zu leiden gehabt hat. Die Weiden, Wiesen und Gemüse⸗ pflanzungen zeigen überall reiche Vegetation. In manchen Gegenden Ober- und Mittelitaliens ersehnt man wärmere und trockenere Witterung, während den Feldern in der Basilikata und auf Sizilien Regen not tut. Mit der Aussaat des Getreides und Gemüses wurde lebhaft fortgefahren. Der Mais begann hier und da aufzu⸗

) Vergl. Nr. 108 u. 112 d. Bl.

gehen. Mit dem ersten Heuschnitt wurde y, Der gute Frucht⸗ ansatz der Obstbäume bestätigte sich. (Bericht des Raiserlichen Generalkonsulats in Genua vom 10. Mai d. J.)

Saatenstand und Getreidehandel in Bulgarien.

Der Kaiserliche Konsul in Varna berichtet unterm X d. M.: Die Witterung des Monats April war mild und den jungen Sommer⸗ saaten durchweg günstig. Der Stand der Wintersaaten wird all⸗ gemein als außergewöhnlich gut eingeschätzt; in der hiesigen Presse wurde sogar der Ansicht Ausdruck gegeben, daß der heutige Stand , . dem Durchschnittsertrag der letzten 10 Jahre in Weizen,

oggen und Gerste ein Mehr von 16— 180, erwarten läßt. Bedroht erschienen die Getreidefelder vereinzelt und auch da, nur vorübergehend durch das Auftreten einer seit langer Zeit nicht mehr beobachteten Wurmart, von der die Wurzeln der jungen Pflanzen abgefressen wurden; die Würmer sind indessen, wie verlautet, schnell abgestorben; mit einer Gefahr durch sie wird daher nicht mehr gerechnet. Angenommen wird, daß die Erntearbeiten ausnahmsweise fruͤh begonnen werden dürften.

Im Getrei dehandel konnte sich das Geschäft infolge Rück gangs der Preise nicht beleben; auch die Zufuhren blieben schwach; sie betrugen während des Monats April:

in Waggons in Wagen zusammen Tonnen Weizen.. . 3741 243 k 96 17 Mais 416 107 Safer . 4

,, 48 1 k 108 ö,, 24 24.

Verschifft wurden 4000 t Mais nach England und Marseille; etwa 39000 t Weizen und 200 t Gerste gingen nach Antwerpen. Eine kleine Partie Hartweizen wurde von Kavarna nach Smyrna verfrachtet

Bei fallender Tendenz notierten die Preise für den Doppel⸗ zentner fob Varna:

Weizen je nach Qualität. Fr. 17,80, 18,50, 19,00, J

Saatenstand des Weizens in Kansas.

stach dem ersten diesjährigen Saatenstandsbericht des Landwirt⸗ schaftsamts des Staates Kansas vom 27. April 19109 ist der Saaten stand des Weizens in Prozenten des Normalstandes, die sogenannte Qualitätszahl, für den ganzen Staat 76. Von einer Alem. von rund 6 500 000 Aeres zu 40468 a sind rund 1 968 000 Acres, also 32,76 0,69, ausgewintert worden und müssen mit anderen Frucht⸗ sorten neu bestellt werden. Die Auswinterung ist gerade in den wich⸗ tigsten Teilen des zentralen Weizengürtels am stärksten; sie beträgt in den Bezirken Marion 95, MePherson 90, Dickinson 75, Harvey 70, Saline 62, Rice 58, Clay 54, Ellsworth 50, Sumner 49, Ottawa 45, Sedgwick 43 vom Hundert der Anbaufläche.

Die Weizenbörsen in Chicago, St. Louis und New Jork haben den Bericht als ungünstig aufgefaßt und zu einer Hausse in den Weizenpreisen benutzt. Sie berechnen nach dem heutigen Stande die kommende Weizenernte im Staate Kansas auf nicht mehr als 64 Millionen Bushels gegen 85 78 000 Bushels im Herbste 1909 nach der endgültigen Angabe des Landwirtschaftsamts in Washington.

Das letztere Amt hatte den Weizenstand im Staate Kansas am 1. April 19659 mit der Qualitätszahl 85 und am 1. Mai 1909 mit S4 angegeben. Während also im vorigen Jahre die Qualitätszahl sich im Laufe des April um ein geringes verschlechtert hatte, stünde dies⸗ mal eine 3 . der für den 1. April 1910 mit nur 64 angegebenen Qualitätszahl des Amtes in Washington in Aussicht, wenn die An— abe des Amtes in Kansas, die die Qualität heute auf 12 Punkte höher t einigermaßen zutrifft. Da diese Qualitätszahl von der Auswinterung . erührt wird, so dürften indessen die Börsen mit ihrem Pessimismus schließlich doch Recht behalten, zumal auch aus Nebraska. Missouri und Illinois Auswinterungen und Schaden durch tierische Angriffe in allerdings geringerem Umfange, als in Kansas, gemeldet werden. Die ungewöhnlich lange andauernde, mit starken Nacht⸗ und auch Tagesfrösten verbundene kalte Welle, die in der Zeit vom 17. bis 26. April 1910 die innere Kornkaminer Amerikas bis tief in den Süden hinein heimgesucht hat, hat den durch die außergewöhnliche Witterung des Winters und den heißen und trockenen März sowie durch Insektenschädlinge schwer bedrängten Saatenstand nicht nur des Weizens in seiner natürlichen Entwicklung hintangehalten und stellen⸗ weise neuerlich vernichtet. Selten waren die Ernteaussichten so unsicher und so schwer zu beurteilen, wie in diesem Frühjahr. (Be⸗ richt des Kaiserlichen Konsuls in St. Louis, Mo., vom 28. April 1910.)

Der „Schweizerischen Landwirtschaftlichen Zeitschrift vom 13. Mai wird über die Witterung, den Stand der Kulturen und Feldarbeiten aus der Ostschweiz unter dem 3. Mai geschrieben: Seit Ende April ist wieder das naßkalte Wetter vorherrschend mit außerordentlichen Niederschlägen in den Talschaften und Schneefall in den höheren Lagen bis in die Voralpen herunter. Heute morgen, den 3. Mai, schneit es sogar in den Talschaften wie mitten im Winter, und die gesamte neuerwachende Natur ist in eine Schneedecke gehüllt. Die Birnbäume haben trotz der unstäten Frühlingswitterung in den Niederungen schon die meisten Blüten geöffnet, in den geschützten Lagen am See entlag stehen sie sogar im schönsten Blütenschmuck da; auch die Apfelbäume schicken sich an, die Blüten zu entfalten. Dieser Kulturrückschlag, die Un⸗

unst der Witterung, zumal aber der Schneedruck beinflussen leider die lühenden Obstbäume außerordentlich schädlich. Weniger Schaden haben bis jetzt alle spättreibenden Obstbäume in den ' Gherẽ agen mit ihren noch fester geschlossenen Knospen genommen. Sofern Frost⸗ wetter eintreten würde, was leider noch sehr zu befürchten ist, würden roße Schädigungen an allen Kulturen eintreten. In den Niederungen ö. man seit Ende April mit dem Eingrasen für das Vieh begonnen. Der Futterbestand ist nun durch den liegenden Schnee zu Boden ge⸗ drückt und en li geschädigt. Die Frühkulturen in den Gärten und Anlagen haben bur die ungünstige Witterung ebenfalls erheblich gelitten. Die Kirschbäume haben fast durchwegs ver⸗ blüht und reichlich Früchte angesetzt; sofern 69 keine schädlichen Fröste einstellen, haben diese Kulturen weniger aden genommen.

Dieselbe Zeitschrift meldet aus der Zentralschweiz unter dem 8. Mai: Seit 14 29 haben wir anhaltend sehr ungünstige Witte⸗ rung, und die erste Woche des Wonnemonagts hat sich besonders übel verhalten, anhaltend trübe, kalt und regnerisch, und an mehreren Tagen warf Frau Holle bis in die Talschaften ihre Flockenschauer; 9. tut es auch heute. Der Graswuchs leidet stark durch die frostige Nässe, der Bestand ist dünn, und gerade die Kleearten und besseren Gräser hleiben stark zurück. Das naßkalte Futter wirkt auch ungünstig auf die Milch⸗ produktion. Weidgang und Grasung dehnen sich , . ich weit aus, was den Heuertrag schmälert. Der Nässe wegen kann vielerorts nicht mit Gülle ausgefahren werden. In höheren Lagen hat das Wetter dem Kirsch⸗ baumblühet übel mitgespielt, auch die teilweise oder ganz ausgebrochenen Blüten der Birnbäume müssen abserbeln, wenn nicht bald sonnig⸗ warmes Wetter eintritt. Die Ackerarbeiten können gar nicht vor⸗ genommen werden, und gar viele haben sie in den günstigen Tagen um Mitte April nicht ausgeführt. Das Allerschlimmste ö die nun noch länger bestehende große eg r wenn die Aufheiterung folgt. Der Bauer sieht mit großer Besorgnis den kommenden Tagen ent gegen. Es ist für ihn, besonders in unseren Obstbaugebieten gar viel auf dem Spiele.