1910 / 120 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 May 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Laufende Nummer

Name des Promovierten.

Vor⸗ und Zuname.

Ort und Zeit der Geburt.

Deimatsort. (Pbotographie.)

Reifezeugnis.

Anstalt.

Datum der Ausstellung.

Studiengang.

Besuchte Hochschulen (Technische und sonstige einschl. der Universitãten).

Diplom prüfung.

Datum des Diploms.

Fachrichtung. Hochschule.

Dissertation.

. Verlag bezw. Zeitschrift.

Referent und Korreferent.

ingenieur, diplomz.

George Dexheimer, 19. September 1871. London. Heimatsort: London.

Realgymnasium Darmstadt. 7. Mãrz 1893.

Technische Hochschule Darmstadt 10 Semester

. . 1893 bis März 1898; Technische Hochschule Karlsrube

6 Semester

(Ostern 1899 bis März 1902). .

Zeit des Besuchs.

Abteilung für Elektrotechnik. Elektrotechnik. Technische Hochschule Karlsruhe.

31. Juli 19603.

Die Verluste in den Polschuhen von Dynamomaschinen.

n Druck von Walter Grü Berlin 8. 42, 191

Referent:

ö.

Gebeimer Hofrat, Professor Dr.⸗Ing. E. Arnold.

Korreferent:

Professor Dr. A. Schleiermacher.

Gut bestanden.

12. Ma isdn

Berichte von deutschen Fruchtmärkten. Qualitãt

gering

mittel

gut

Gejablter Preis für 1 Doppelsientner

niedrigste bächfter niedrigfter böchster nledrigster bächfter

6.

*. . * **

Verkaufte Menge Doppelzentner

Verkaufs.

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*

Durchs chnitts.˖ preis

Am vorigen Markttage

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Außerdem wurden am Markttage K 89 nach ůberschlãglicheꝛ ãtzung verkauft Do ppel zentner rels ann)

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Schneidemühl.

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166 1 .

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.

21.75

2000 20 00 18,10 18,40 19,370 1830 20 60 21.00 2075 190 20 80 18,50

8 ee. 8383333

1*

2838

1317

Kernen (enthülster Spelz. Dinkel, Fesen).

2, 80 21,00

21,50

1450 1440 1440 15.00 1390 13,80 1410

13.40 15,40 15,50

15,00 16,80 1420 16.25

13,14 13,40 1450 1480 13.350 15,00 15,00 13,350 13,60 1700 1640

2 SSB

3888

n = e de = me en, = n= o u.

88388

16.00 15,40 14,80 16,00 14 50 15,00 14310 1440 13.40 17,40 17, 00

L 6 4— 8 HWG MG a = c *

15,50

15,00

11 700

1650 1526

14580 1420 1420 1430 14594

1463

6

&

C G en Gr on

volle Derrelientner und der Verkaussrert auf volle Mack abgerundet mitgeteilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechwet. se bat die Bedeutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht feblt.

Raiserlicihes Statistijches Amt. J. V.: Dr. Zach er.

Großhandelspreise von Getreide an deutschen und fremden Bõörsenylãtzen

für die Woche vom 16. bis 21. Mai 1910 gebst entsprechenden Angaben für die Vorwoche. 1000 kg in Mark.

(Preise für greifbare Ware, soweit nicht etwas anderes bemerkt.)

Woche Da⸗

16. 21. gegen

Mai Vor⸗ 1910 woche

147,32 151,1 215, 17 217,64 150,35 151,45

Berlin. Roggen, guter, gesunder, mindestens 71 Weljen, ö = 75 Hafer, . * *

Mannheim. äljer, russischer, mittel..

Roggen, d ] Pfälzer, . amerik, rumãn., mittel.

25 55 155 87 166 37 12750

163.350 228,75 168,62 166,87 123,75

bahlfcher ruffischer, mitte badische, ö älzer, mittel russische Futter⸗ mittel

Wien. Roggen, Pester Boden ö 144,52 W 2 w w fer, ungarischer 1 ö 12822 erste, slovakische 138,57 Nais, ungarischer 103,71 Bu dapest.

Roggen, Mittelware

Wehen, .

ser, * 3 Futter · Mais, =

151,28 229,47 13093 138,53 105,39

136,44 202, 92 125, 13 105,50

141,85 208, 14 127,49 105,81

99, 86

Roggen, II bis 72 Kg das hl Welten, Ulka, 75 bis 76 kg das kl

Rig a. Roggen, 71 bis 72 Kg das hl Weljen, 78 bis 79 g das hl

Paris.

. lieferbare Ware des laufenden Monats

Antwerpen.

Australier Am sterdam. ersburger Odessa ... 2

amerikani La Plata.

London. engl. weiß Mark Lane)

rot englisches Getreide, Mittelpreis aus 196 Marktorten (Gazette averages)

Liverpool.

russischer Manitoba Nr. 2 eien

hafer, englis Gerste, Futter⸗ 8

Odessa Nais 2 bunt La Plata, gelber Chie ago.

; Mai Deijen, Lieferungsware Juli Nai

Neu Jork. roter Winter Nr. 2 Deizen :

Lieferungsware Juli 169, 89 September 164.25 ö Mai 114,68 . Buenos Aires. Veizen ö Rais Durchschnittsware

) Angaben liegen nicht vor.

178,81 178, 16

181,94 180,19 171,80 167, 13

Nuit 1I5 5

14521 15190 163 32 16,5.

Bemerkungen.

1 Imperial Quarter ist für die Weizennotiz an der Londoner n ulsen hzrje 504 Pfund engl. gerechnet; für die aus den Um⸗ rs en 196 Marftorten deg Königreichs ermittelten Durchschnitts,

äie für einheimisches Getreide (dadette averages) isst 1 Imperial Jr. Weizen 459, Hafer 312, Gerste 400 Pfund engl. 2 t; 1 Bushel Weizen 60, 1 Bushel Mais 55 Pfund ich, 1 Pfund englisch 453,8 g; 1 Last Roggen 2100,

eien 2400, Mais kg. 1 Bei der Umrechnung der r f in Reichswährung sind die aus len nen Tagesangaben im „Reichsanzeiger ermittelten wöchent⸗ . n Dur schnittswechselkurse an der Berliner Börse zugrunde gelegt, uh söar für Wien und Budapest die Kurse auf Wien, für London Twerpgol die Kurse auf London, 26 . und Neu Jork die fe auf Neu Jork, für Odeffa und Kiga die Kurse auf St. Peters gris, Antwerpen und Amsterdam die FKurse auf diese Plätze. uenos Aires unter Berücksichtigung der Goldprämie.

Berlin, den 25. Mai 1910. Kaiserliches Statistisches Amt. y Dr. Zacher.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 70. Sitzung vom 24. Mai 1910, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Beratung des Gesetzentwurfs, betreffend die Bewilligung weiterer Staatsmittel (12 Millionen Mark) zur Ver⸗ besserung der , von Arbeitern, die in staatlichen Betrieben beschäftigt sind, und von gering be soldeten Stagtsbeamten, in Verbindung mit der Besprechung der Nachweisung der staatseigenen, an Arbeiter vermieteten Häuser im Bereiche der staatlichen Berg⸗ Hütten⸗ und Salinenverwaltung Preußens (mit Ausnahme der Gemein⸗ schaftswerke).

Abg. Freiherr von Maltzahn (kons.): Wie im vorigen Jahre der damaligen Vorlage, so stimmen wir auch der jetzigen Vorlage im Interesse der in den staatlichen Betrieben beschäftigten Arbeiter und der Beamten mit geringer Besoldung zu. Der Tendenz der ersten Vorlage von 1895 entsprechend wünschen wir, daß Gesetze wie dieses den Charakter von Kleinwohnungsgesetzen nicht verlieren. Wenn wir auch im allgemeinen darauf Gewicht legen müssen, daß die Darlehen, die der Staat gibt, sich ange⸗ messen verzinsen, so müssen wir doch auf der anderen Seite darauf Rücksicht nehmen, daß der Staat eine moralische Pflicht hat, wie jeder Arbeitgeber, für eine gute und gesunde Unter⸗ bringung seiner Arbeiter und gering besoldeten Beamten zu sorgen. Der Staat als größter Arbeitgeber hat hierzu eine besondere Ver⸗ pflichtung; denn gesunde und gute Wohnungen sind die Grundlage für ein gutes Familienleben, und darauf baut sich der Staat auf. Der Staat muß vorbildlich wirken für die privaten Arbeitgeber. Zu be⸗ dauern ist, daß uns die Denkschriften über die Ausführung dieser Wohnungsgesetze nicht mehr jährlich vorgelegt werden; der Landtag kann so nicht genügend darüber wachen, daß die Gesetze ihrer ur⸗ sprünglichen Tendenz gemäß ausgeführt werden. Daß diese Tendenz nicht immer strikte innegehalten worden ist, zeigt der auffällige Um⸗ stand, daß die Mieten für solche Wohnungen in größeren Städten, wie Königsberg und Berlin, sich zwischen 5065 und 1100 (6 bewegten. Die Aufmerksamkeit des Ministers möchte ich namentlich auf die Wohnungsnot der Gendarmen auf dem platten Lande lenken. Ich laube, daß der Bau von Gendarmenwohnungen mit der Tendenz dieses Gesetzes über⸗ einstimmt. Im allgemeinen bauen die Baugenossenschaften besser, billiger und rascher als der Staat. Das ergibt sich auch aus der uns jetzt vorliegenden Denkschrift der Bergwerksverwaltung; die Domänen⸗ verwaltung baut etwas billiger. Im großen und ganzen halten wir es für wünschenswert, daß mehr und mehr mit der Gewährung von Darlehen an Baugenossenschaften vorgegangen wird. Diese sind besonders imstande, den örtlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Anfangs stand man ja den Baugenossenschaften mit einem gewissen Mißtrauen gegenüber, weil man glaubte, es werde damit der privaten Bautätigkeit in mittleren und kleineren Städten und auf dem Lande Konkurrenz gescheffen, Eine derartige Konkurrenz gegenüber dem gewerblichen Mittelstande muß allerdings unter allen Umstanden vermieden werden. Es ist mir gesagt worden, daß in einzelnen Städten Hunderte von Wohnungen, die allen Anforderungen entsprechen, die Arbeiter und kleine Beamte stellen, leerstehen; das ist ein bedenkliches Zeichen. Wünschenswert ist, daß die Invalidenversicherungsanstalten auch einzelnen Versicherten Darlehen geben. Meine Freunde sind bereit, auch fernerhin an diesem sozialen Reformwerk mitzuarbeiten.

Abg. Dr. Grunenberg (Zentr.): Wie wir die früheren gleichen Gesetze en ki t haben, so stimmen wir auch dieser Vorlage gern zu; denn es besteht fortgesetzt ein Mangel an Kleinwohnungen. Trotz der Leistungen des Che res und der gemeinnützigen Bautätigkeit auf diesem Gebiete ist es indessen nötig, die private gewerb⸗ liche Wohnungsproduktion mitheranzuziehen. Die gewerbsmäßige Wohnungsproduktion wird aber leider sehr gehemmt durch die Bau— ordnungen, in denen alle möglichen Wunderdinge vorgeschrieben sind, und durch die auch die Polizeiorgane daran gehindert werden, Dispense zu erteilen. Die kleineren Städte schreiben einfach die Bau⸗ ordnungen der größeren Städte, sogar mit den Schreibfehlern, ab. Die Bauordnungen werden auch 3 schematisch und bureaukratisch gehandhabt. Der rheinische Verein für das Kleinwohnungswesen hat vorbildliche Leitsätze aufgestellt, die in alle Bauordnungen auf— enommen werden sollten. Die Mittel, welche die gewerbsmäßige Bautätigkeit bisher vom Staate erhalten hat, reichen nicht aus. Das Reichsversicherungsamt hat kürzlich die Landesversicherungs— anstalten angewiesen, die Darlehen für Bauzwecke nicht mehr zu 3 o/, sondern zu mindestens 30,0 zu geben; dies bedeutet für viele Bauvereine die Einstellung ihrer Tätigkeit und eine erhebliche Ver— teuerung der Wohnungen. Der Herstellungspreis wird sich für das Zimmer um 30 bis 386 S erhöhen. Ich bitte die Regierung, auf Aufhebung dieser Verfügung des Reichsversicherungsamts hinzuwirken oder jedenfalls dafür zu sorgen, daß sie nicht rückwirkende Kraft erhält. Ein Widerspruch mit den Intentionen der Kleinwohnungs⸗ gesetze ist es, wenn die Arbeiterwohnungen von höheren Beamten ewohnt werden. Ich bitte die Regierung schließlich, den Entwurf eines Wohnungsgesetzes vorzulegen, damit systematisch allen Mängeln abgeholfen werden kann.

Abg. von Stockhausen (kons.): Die Bedingung, daß von den Landesversicherungsanstalten nur solche Arbeiter für den Wohnungsbau Darlehen erhalten können, die selbst bei der Anstalt versichert sind, wird man für gerechtfertigt halten müssen, denn die Mittel der Landes⸗ versicherungsanstalten werden von den Arbeitern selbst mitaufgebracht. Die staatlichen Arbeiter sind nicht versicherungspflichtig und liefern keine Beiträge; sie haben also keinen Anspruch auf solche Darlehen, denn das wäre eine Schädigung der Arbeiter, die versicherungspflichtig sind und ihre Beiträge zahlen müssen. Ich bitte deshalb aber, bei der Verwendung der staatlichen Mittel auf Grund dieser Klein— wohnungsgesetze in erster Linie diejenigen Arbeiter zu berüͤcksichtigen, die von den Versicherungsanstalten nichts bekommen können. Die Ausgestaltung der Wohnungen muß den heutigen Ansprüchen ent— sprechen. Die Eisenbahnverwaltung hat aber an vorhandenen Häusern manche Ergänzungsbauten gemacht, die den modernen Anschauungen in keiner Weise entsprechen. Es müssen bei der Einrichtung der Wohnungen für die Staatsarbeiter und die Beamten unbedingt die Gesichtspunkte als leitend gelten, die bei den heutigen Anschauungen auch anderwärts Platz greifen. Auch ich befürworte eine Vermehrung der Dienstwohnungen fuüͤr die Beamten, insbesondere unterstreiche ich den Wunsch, daß in dieser Hinsicht für die Gendarmen besser gesorgt wird. Die privaten Hausbesitzer haben zwar den Hüter des Gesetzes gern in der Nähe, aber als Mieter in ihrem Hause sehen sie ihn nicht gern. Der Gendarm kann auch leicht als Mieter in seinen dienst⸗ lichen Obliegenheiten mit dem Hauswirt in Konflikt kommen. In dem von mir vertretenen Kreise Cassel-Witzenhausen wird z. B. von den Gendarmen lebhaft darüber . t. Ich möchte deshalb die Regierung bitten, durch Beschaffung von Bienstwohnungen Abhilfe zu schaffen.

Abg. Dr. nig⸗Crefeld (Zentr.): Nachdem in bedeutendem Um⸗ fange Dienstwohnungen für die geringbesoldeten Staatsbeamten hergestellt sind, sollte dem Bestreben, den Arbeitern zu eigenen Wohnungen zu verhelfen, mehr als bisher Vorschub geleistet werden. Das eigene Heim, das später auch den Kindern und Enkeln zugute kommen kann, ist am besten geeignet, den Arbeiter seßhaft zu machen und seinen pc mtc iel lie anzuregen. Zur Erreichung dieses Zweckes müssen die für die Darlehen geltenden Bedingungen abgeändert werden. Für Amortisation und Verzinsung sollten etwa 49 os aufzuwenden sein; jetzt beträgt der Satz 6 'C, und das ist für den Arbeiter zu viel. Ebenso darf man nicht streng an der Altersgrenze von 45 Jahren festhalten; den Arbeitern gegenüber braucht man da nicht so ängstlich zu sein. Dasselbe gilt von der Bedingung, daß die Wohnung innerhalb des Zweikilometerumkreises von der Arbeitsstätte gelegen sein muß. Bei den heutigen

Verkehrseinrichtungen spielen zwei Kilometer keine Rolle mehr; sechs Kilometer wären nicht zu viel. Die Gewährung darf nicht an un⸗ mögliche Bedingungen geknüpft werden. Auch sonst sind diese Be⸗ dingungen vielfach viel zu rigoros. So wird die Beibringung aus⸗ gearbeiteter Zeichnungen verlangt. Auf dem Lande bedarf es für so einfache Arbeiterhäuschen überhaupt keiner Zeichnung. Die Förderung der Seßhaftigkeit der Arbeiter wird nicht nur ihren Familien zugute kommen, sondern auch in weitestem Umfange zur Hebung der Sittlich⸗ keit dienen.

Abg. Fritsch (nl): Wir erblicken in der Vorlage einen weiteren erfreulichen Schritt auf dem bewährten Wege, der bisher zu guten Ergebnissen geführt hat; wir werden die geforderten 12 Millionen gern bewilligen.

Damit schließt die erste Beratung. Die erwähnte Nach⸗ weisung wird durch Kenntnisnahme für erledigt erklärt, die Vorlage in zweiter Lesung ohne Debatte unverändert ange⸗ nommen.

Es folgt die Beratung des Antrags der sozialdemokratischen Abgg. Borgmann und Gen., „die Regierung zu ersuchen, so bald als möglich einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die 85 9, 10 und 41 des preußischen Preßgesetzes vom 12. Mai 1851 aufgehoben werden“.

(6 9 lautet: Anschlagzettel und Plakate, welche einen anderen Inhalt haben, als Ankündigungen über gesetzlich nicht verbotene Versammlungen, über öffenkliche Vergnügungen, über gestohlene, verlorene oder gefundene Sachen, über Verkäufe oder andere Nach⸗ richten für den gewerblichen Verkehr, dürfen nicht angeschlagen, an⸗ geheftet oder in sonstiger Weise öffentlich ausgestellt werden. S 10: stiemand darf auf öffentlichen Wegen, Straßen Plätzen oder an anderen öffentlichen Orten Druckschriften oder andere Schriften oder Bildwerke ausrufen, verkaufen, verteilen, anheften oder anschlagen, ohne daß er dazu die Erlaubnis der Ortspolizeibehörde erlangt hat, und ohne daß er den Erlaubnisschein, in welchem sein Name aus⸗ gedrückt sein muß, bei sich führt. Die Erlaubnis kann jederzeit zurückgenommen werden. 3 41: Wer den Vorschriften der 8, 9, 10 zuwiderhandelt, bat eine Strafe bis 50 Taler oder eine Gefaͤngnis⸗ strafe bis zu sechs Wochen verwirkt.)

Zur Begründung des Antrages bemerkt

Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Wer annehmen würde, daß Plakate mit dem Inhalt, von dem der § 9 spricht, ohne besondere Genehmigung von jedermann angeheftet werden dürfen, würde sich eines Irrtums schuldig machen. Das Gesetz hat eine ganz andere Bedeutung, und die Auslegung, welche ihm in kon⸗ stanter Praxis das Kammergericht gibt, entspricht der Entstehung des Gesetzes und dem Willen des Gesetzgebers. F 9 bestimmt über die Plakate, welche überall zulässig sind, sei es mit polizeilicher Genehmigung, sei es ohne sie; alle anderen dürfen selbst mit Genehmigung der Polizei nirgends angebracht werden. Und auch die erlaubten darf keineswegs jedermann anschlagen, sondern dazu

ehört für den Betreffenden wiederum eine polizeiliche Er⸗ aubnis, und der Erlaubnisschein muß stets mitgeführt werden. Nach diesem seinem Inhalt ist das Gesetz ein geradezu unsinniges und unmögliches Gesetz. Des Rätsels Lösung ist nicht gar weit ent⸗ fernt, denn es handelt sich um einen konterrevolutionären Akt, der dem preußischen Volke gesetzwidrig aufoktroyiert wurde, und zwar nicht einmal, wie das Wahlrecht, sondern sogar zweimal, nämlich am 30. Juni 1849 und am 5. Juni 1850, und später von den Gesetzgebern acceptiert worden ist. Es ist ein Umsturzgesetz im eigentlichen Sinne für die damalige Zeit, das geht aus der Begründung der Oktroyierungen und aus den Kammerberhandlungen hervor. In der ersten Begrundung wird davon gesprochen, . die Hoffnung, den Aus⸗ schreitungen begegnen zu können, sich nicht erfüllt habe, daß die Auf— forderung zum Ungehorsam gegen die Gesetze, die Störung des öffent⸗ lichen Friedens, die Herabsetzung des Ansehens der Obrigkeit usw, usw. durch die Anheftung von Plakaten fortdauere, und daß deshalb für erforderlich erachtet sei, dieses Gesetz auf dem Wege der Verordnung zu erlassen. Bei der zweiten Oktrohierung war man deutlicher; da hieß es, Leute ohne Befähigung und ohne Beruf hätten sich zu Dol⸗ metschern der öffentlichen Meinung aufgewgrfen, die Grundpfeiler des Staates würden erschuͤttert, Wg. Patriotismus, Achtung vor König und Fürsten würden untergraben, und so müsse auf diesem Wege der Verbreitung dieser vergiftenden Lehren entgegengetreten werden. Charakteristisch ist die geradezu belustigende Form, in der hier die Angst vor der Revolution zu Tage tritt. Immer und immer wieder wird z. B. in den Motiven und in den Beratungen auf die gefährliche Rolle hingewiesen, welche die Bahnhöfe spielten; sie seien 1818 Sammelplätze für revolutionäre Elemente gewesen; besonders auf den Bahnhöfen solle jedes gefährliche Plakat vermieden werden. In dem Bericht der Kommission der zweiten Kammer ist damals mit Entrüstung auf den Mißbrauch hingewiesen worden, der durch die Verteilung von Druckschriften auf den Bahnhöfen ausgeübt wird. Jetzt gestattet die Eisenbahnbehörde durch die Feilhaltung von Druck⸗ schriften auf den Bahnhöfen selbst diesen Mißbrauch, wenn sie auch immerhin noch eine kleinliche Zensur ausübt. Dieses Gesetz steht in der Gegenwart noch wie ein alter Großpapa da, mit Vater⸗ mördern und in Biedermeiertracht. Und wenn man auch meint, es müßte längst versteinert sein, so hört man immer wieder: es lebt noch. Durch das Reichspreßgesetz ist es nicht beseitigt worden; denn der z 2 dieses Gesetzes laßt die landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft. Als bei dem großen Bäckerstreik die einzelnen Arbeitgeber in ihren Schaufenstern Plakate des Inhalts aushängten, daß sie die Forderungen der Gehilfen bewilligt hätten, wurden diese Plakate in allen Instanzen als Verstoß gegen § 2 angesehen, nicht nur etwa in dem Sinne, daß es einer polizeilichen Erlaubnis bedurft hätte, sondern in dem Sinne, daß eine polizeiliche Erlaubnis ja nicht möglich gewesen wäre, weil derartige Plakate unter allen Umständen verboten sind. Bei den Berliner Landtagswahlen wurden von Gastwirten Listen der Wahlmänner ausgehängt, die sozialdemo⸗ kratisch gewählt, und derjenigen, die freisinnig gewählt hatten. Gegen diese Aushängung wurde zunächst auf Grund des Unfugsparagraphen vorgegangen. Das Kammergericht hielt die Urteile der Vorinstanzen nicht aufrecht, da ein grober Unfug nicht vorliege, wohl aber wies es auf den 8 9 des preußischen Preßgesetzes hin, auf Grund dessen dann auch die Verurteilung erfolgte. Die üblichen Gewerkschaftsplakate, die nichts weiter enthalten, als Mitteilung der Statuten und viel⸗ leicht des Orts und Datums der Sitzungen, sind von der Polizei in sehr vielen Orten verfolgt worden. In Hannover wurde ein Plakat für strafbar erachtet, auf dem unter dem Wappen des Königreichs Hannover ein echter, alter hannoverscher Kümmel empfohlen wurde. Man hat offenbar darin eine politische Demonstration erblickt. Vielleicht wäre die Strafverfolgung nicht eingetreten, wenn es sich um einen Bismarck-Kłümmel, einen Bethmann Hollweg-Kümmel oder gay um einen Moltke⸗Küämmel gehandelt hätte. Man muß sagen, daß sich formal genommen gegen die Judikatur nichts einwenden läßt, aber das Gesetz selbst ist eine Unmöglichkeit, ist ein Hemmschuh für unsere ganze moderne Entwicklung. Darauf ist von den Gerichten selbst wiederholt hingewiesen worden. Eine ganze Menge von Plakaten, die wir tagtäglich vor unseren Augen sehen, sind danach schlechterdings er unzulässißt. An den Bahn⸗ höfen sehen wir überall z. B. Mittellungen des Roten Kreuzes und anderer Vereine, von Organisationen, die nicht dem . Verkehr dienen, sondern rein gemeinnützig sind. Nach dem Gesetz ist das Aushängen ie Plakate unbedingt straf⸗ bar; und doch duldet sie die Shen nbehörde in den Wagen und in den Bahnhöfen. Man würde den ganzen Unsinn zeigen können, wenn man in allen Fällen Strafanzeige erstattete. Protektorin eines solchen Vereins ist z. B. die Deutsche Kaiserin. Ja, weiß die Deutsche Kaiserin, daß sie sich durch diese Plakate einer strafbaren Handlung schuldig macht? Weiß die Eisenbahnbehörde gar nicht, daß diese Sachen strafbar sind? Aber diese ,, und das ist das ganz besonders Empörende werden immer nur gegen politisch unliebsame Erscheinungen angewandt, gegen die Sozial⸗ demokratie, gegen die Gewerkschaften. Hier haben wir ein Beispiel,