1910 / 135 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Jun 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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Uebertretung nach 5 16 rechtskräftig verurteilt, so können die Landes zentralbehörde oder die von ihr bezeichneten Behörden den Betrieb untersagen. S 10 gilt .

Wer den Betrieb nach der Untersagung fortsetzt oder ohne Er⸗ laubnis der untersagenden Behörde wieder aufnimmt, wird mit Geld⸗ strafe bis zu sechshundert Mark . mit Haft bestraft.

§19. Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1910 in Kraft. Gleichzeitig treten außer Kraft: w das Geseh betreffend die Stellenvermittlung für Schiffsleute, vom 3. Juni 1902 (Reichsgesetzbl. S. 215), die auf die Gesindevermieter und Stellenvermittler bezüglichen Vorschriften der 85 34, 38, 53, 75 a, 5 148 Ziffer 8, 149 Ziffer 7a der Gewerbeordnung.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Neues Palais, den 2. Juni 1910. Im Allerhöchsten Auftrage Seiner Majestät des Kaisers und Königs: (L. S.) Wilhelm, Kronprinz. Delbrück.

enn ntmach ung, betreffend die Beschäftigung von Arbeiterinnen in Meiereien (Molkereien) und Betrieben zur Sterilisierung von Milch.

Vom 4. Juni 1910.

Auf Grund der 5 139a, 5 154 Abs. 3 der Gewerbe⸗

ordnung hat der Bundesrat die nachstehenden Bestimmungen über die Beschäftigung von Arbeiterinnen in denjenigen Meiereien (Molkereien) und Betrieben zur Sterilisierung von Milch, in welchen in der Regel mindestens zehn Arbeiter beschäftigt werden, oder durch elementare Kraft (Dampf, Wasser, Gas, Luft, Elektrizität usw.) bewegte Triebwerke nicht bloß vorübergehend zur

Verwendung kommen, erlassen:

ö.

In Meiereien (Molkereien) und Betrieben zur Sterilisierung von Milch dürfen für die Beschäftigung von Arbeiterinnen über sechzehn Jahre die Bestimmungen im § 137 Abs. 1 der Gewerbe⸗ ordnung und unter Ziffer 5 Abs. 1 der Bekanntmachung vom 13. Juli 1900 (Reichsgesetzbl. S. 566) mit folgenden Maßgaben außer An⸗ wendung bleiben:

1) die Arbeitsstunden müssen zwischen vier Uhr Morgens und neun Uhr Abends liegen;

2) denjenigen Arbeiterinnen, welche Abends nach acht Uhr be⸗ schäftigt werden, ist an Stelle der nach 5 137 Abs. 3 der Gewerbe⸗ ordnung und nach Ziffer 5 Abs. 3 der Bekanntmachung vom 13. Juli 1900 Reichsgesetzbl. S. 566) zu gewährenden Pause um Mittag eine mindestens dreistündige Pause zu gewähren.

II

In Meiereien (Molkereien) und Betrieben zur Sterilisierung von Milch, die von der unter 1 gewährten Ausnahme Gebrauch machen, muß an einer in die Augen fallenden Stelle eine Tafel ausgehängt werden, die in deutlicher Schrift die vorstehenden Bestimmungen wiedergibt.

Die Vorschriften im 5 138 Abs. 2 Satz 2 der Gewerbeordnung und unter Ziffer 6 Abs. 2 der Bekanntmachung vom 13. Juli 19060 (Reichsgesetzbl. S. 566) bleiben unberührt.

n.

Die vorstehenden Bestimmungen haben für zehn Jahre Gültigkeit. Sie treten am 1. Juli 1910 in Kraft und an Stelle der durch die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 10. Juni 1904 (Reichs⸗ gesetzbl. S. 217) verkündeten Bestimmungen.

Berlin, den 4. Juni 1910.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers. Delbrück.

Bekanntmachung, betreffend Aenderung der Geschäftsbedingungen der Produktenbörse zu Berlin für den Zeithandel in Getreide und Mehl.

Vom 4. Juni 1910.

Auf Grund des § 67 des Börsengesetzes (Reichsgesetzbl. 1908 S. 215) hat der Bundesrat beschlossen, die Aenderung der Geschäftsbedingungen der Produktenbörse zu Berlin für den Zeithandel in Getreide und Mehl vom 29. Mai 1908 Reichs— gesetzbl. S. 240) in folgenden Punkten zu genehmigen:

Nr. 1, 5 erhält folgende Fassung:

„Bei Roggenmehl: gutes, gesundes Roggenmehl Nr. 9/1 gemischt nach den von Sachverständigen, die für Mehl von der Handelskammer zu Berlin öffentlich angestellt und beeidigt sind, sestgestellten Typen. Das Mehl ist in guten dichten unge⸗ zeichneten Säcken, die 74 bis 80 em breit und 116 bis 125 em lang sind, zu liefern. Die Säcke sind mit Plomben zu ver— sehen, auf denen die Firma der Mühle, die das Mehl her— geftellt hat, und die Bezeichnung Roggenmehl Ol deutlich aus⸗ geprägt sind.“

In Nr. VI Abs. 1 Satz 1 ist statt 159 Sack 0 und 169 Sack 1“ zu setzen: 300 Sack“. Nr. VI Abs. 2 erhält folgende Fassung:

„Der Verkäufer ist berechtigt, jeden einzelnen Posten von

zei verschiedenen Stellen zu liefern; doch müssen an einer ö. mindestens 100 Sack liegen. Die in einer Partie siegenden Säcke müssen von derselben Mühle hergestellt sein. Erfolgt die Lieferung von zwei Stellen, so hat der Verkäufer das Recht, an jeder Stelle eine besondere Marke zu liefern. Die Ware ist innerhalb 5 Werktagen einschließlich des Tages der Andienung Zug um Zug gegen Zahlung abzunehmen.“

Berlin, den 4. Juni 1910.

Der Reichskanzler. Im Auftrage: Richter.

Bekanntmachung, betreffend Ausnahmen von §5 4 Abs. 1. der Be⸗ stimmungen für die Feststellung des Börsenpreises von Wertpapieren (Bekanntmachung vom 28. Juni 1898 gesetzbl. S. 915 —.

Vom 9. Juni 1910.

Nach Beschluß des Börsenvorstandes zu Berlin sind vom 15. Juni 1910 ab die an der Berliner Börse zum Handel zu⸗ gelassenen Aktien a. der Chemischen Werke vorm. Dr. Heinrich Byk, für welche von der e en die Herabsetzung des Grundkapitals beschlossen ist, franko Zinsen ein⸗ schließlich Dividendenschein 1909 10,

Reichs⸗

8

b. der Sitzen dorfer Porzellan-Manufaktur A. G. vormals Gebrüder Voigt, deren Auflösung von der Gesellschaft beschlossen ist, franko Zinsen einschließ⸗ lich Dividendenschein für 1910,

der Cöln⸗Eschweiler Eisenwerke, bei welchen von der Gesellschaft der Uebergang des Vermögens unter Ausschluß der Liquidation auf den Eschweiler Bergwerks Verein beschlossen ist, franko Zinsen ein⸗ schließlich Diwidendenschein für 1909/1910 zu berechnen.

Der Vorstand der Börse in Frankfurt a. M., an welcher die Aktien zu e gleichfalls gehandelt werden, hat dem Beschlusse des Berliner Börsenvorstandes zugestimmt.

Berlin, den 9. Juni 1910.

Der Reichskanzler. Im Auftrage: Müller.

Bekanntmachung.

Der Herr Reichskanzler hat durch Erlaß vom 25. Mai 1910 der Basler Lebensversicherungsgesellschaft in Basel, . der Ersten Oesterreichischen Allgemeinen Unfall— Versicherungs⸗Gesellschaft in Wien, der Internationalen Unfallversicherungs-Aktien— Gesellschaft in Wien, . der Schweizerischen Nationalversicherungsgesell— schaft in Basel, ; der Schweizerischen Unfallversicherungs-Aktien— gesellschaft in Winterthur, der Zürich, Allgemeinen Unfall- und Haftpflicht— Versicherungs-Aktiengesellschaft in Zürich, neue allgemeine Versicherungsbedingungen für Kollektivunfall⸗ versicherung und Zusatzbedingungen zu den bereits genehmigten Einzelunfallversicherungsbedingungen genehmigt. Berlin, den 9. Juni 1910. Das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung. Gruner.

Bekanntmachung,

betreffend eine Anleihe der Deutschen Hypotheken— bank in Meiningen.

Der Deutschen Hypothekenbank in Meiningen ist die staatliche Genehmigung erteilt worden, auf den Inhaber lautende, als Emission XV bezeichnete vierprozentige Hypotheken⸗ pfandbriefe im Betrag von 30 Millionen Mark in den Verkehr zu bringen. Die Stückeeinteilung dieser Pfandbriefe, deren Rückzahlung frühestens am 1. Juli 1920 erfolgt, ist folgende:

Lit. A Nr. 1 351 2100 zu 5000 Mh „** 3781— 5880 3000 Mb . 5 401 8400 2000 . 15 391— 3940 1000 M6 , 10 801 - 16800 500 Mb . 6 h7 1 - 10 320 300 M6 . 10920 200 M6 H , S371 - 13 320 100 46.

Das Nähere über „ie Rückzahlung, Auslosung und Kündi⸗ gung ist aus den Pfa, Wiefer selbst zu ersehen.

Meiningen, den 7. Juni 1910.

Herzogliches Staatsministerium, Abteilung des Innern. Schaller.

Königreich Preußen.

Finanzministerium.

Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Rastenburg, Regierungsbezirk Königsberg, ist zu besetzen.

Ju stizm inisterium.

Den Amtsgerichtsräten Dr. Schleger in Simmern und Wamser in St. Goarshausen ist die nachgesuchte Dienst⸗ entlassung mit Pension erteilt.

Versetzt sind: die Amtsgerichtsräte Rodewald in Dort— mund und Dr. Michaelis in Hochheim, der Landrichter Dr. Kassel in Duisburg als Amtsrichter, die Amtsrichter Ehrenberg in Pritzwalk, Vollbrechtshausen in Schubin, Thomas in Elsterwerda, Egner in Penkun, Langer in Köslin und Feldhahn in Loslau an das Amtsgericht Berlin-Mitte, der Amtsgerichtsrat Halle und der Amtsrichter Dr. Stackebrandt in Rixdorf, der Landrichter Weber in Graudenz als Amtsrichter und der Amtsrichter Weßling in Deutsch⸗Krone an das Amtsgericht Berlin-Schöneberg, der Amtsrichter Hilpert in Osterwieck an das Amtsgericht Berlin⸗ Wedding, der Amtsgerichtsrat Levy in Senftenberg, die Amts⸗ richter Hotopf in Schneidemühl, Buttler in Schwiebus, Peters in Schrimm und Vogel in Meyenburg nach Charlotten⸗ burg, der Amtsgerichtsrat von Jablonowski in Zehdenick nach Gr. Lichterfelde, der Amtsrichter Rehfeld in Strasburg i. Westpr. nach Pankow, die Amtsrichter Wundermacher in Remscheid, Hempel in Lötzen und Courtois in n,. nach Rixdorf, der Amtsrichter Prölß in Mogilno nach Zehdenick, der Amtsgerichtsrat Potempa in Löwenberg nach Breslau, der Amtsrichter Hertrumpf in Bauerwitz nach Löwenberg, der Amtsgerichtsrat Schimpf in Bergen a. R. nach Celle, der Amtsrichter Dr. Behme in Achim nach Hannover, der Amtsgerichtsrat Schwingeler in Crefeld nach Bonn, der Amtsrichter Obladen in Wiehl nach Cäln, der Amtsrichter Mügel in Völklingen nach Saarbrücken, der Amtsrichter Braunfisch in Marggrabowa nach Opladen, der Amtsgerichtsrat Runkel in Wetzlar und der Amtsrichter Scholz in Schömberg nach Frankfurt a. M., die Amtsgerichts⸗ räte Berger in Dortmund und Schoeler in Ehringshausen nach Wiesbaden, der Amtsgerichtsrat Quinke in Meschede nach Dorsten, der Amtsgerichtsrat Ehring in Gelsenkirchen nach Recklinghausen, der Amtsrichter Reinhard in Blumen⸗ thal nach Unna, der Amtsrichter Dr. Hich m in Wilster nach Kiel, der Amtsrichter Schnelle in Worbis nach Naumburg a. S., der Amtsrichter Arnold in Filehne nach Posen und der Amtsrichter Dr. Siegert in Wollin nach Kolberg.

Zu Handelsrichtern sind ernannt: der Rohseidenhändler Fritz Junkers in Crefeld bei dem Landgericht daselbst,

wiederernannt: die Kommerzienräte Leo Lustig und Louis

Levin, der Fabrikbesitzer Richard Fleck, der Bankier

Richard Dyhrenfurth in Berlin und der Bankier Emil

Kaufmann in Charlottenburg bei dem Landgericht ] in Berlin, der Kaufmann Gustav Heydenreich in Magdeburg bei dem Landgericht daselbst.

Zu stellvertretenden Handelsrichtern sind ernannt: die Kauf— leute Richard Unger in Berlin und Georg Bamberg in Schöneberg bei dem Landgericht 1 in Berlin, der Papierwaren⸗ großhändler Josef Finck in . bei dem Landgericht daselhst, wiederernannt: der Fabrikbesitzer Theodor Simon und der Bankier Eduard Friedlaender in Berlin bei dem Landgericht 1 in Berlin, der Kaufmann Herz genannt Hermann Rubensohn in Cassel bei dem Landgericht daselbst, der Kauf⸗ mann Leopold Schaub in Viersen bei dem Landgericht in Crefeld, der Kaufmann Karl Schmölder jun. in Rheydt bei dem Landgericht in M.⸗Gladbach, der Kaufmann Moritz Ulrich in Magdeburg bei dem Landgericht daselbst.

Der Staatsanwalt Bünger von der Staatsanwaltschaft in . a. M. ist an die Oberstaatsanwaltschaft daselbst versetzt. .

Dem Notar, Geheimen Justizrat Joseph von Ley in Cöln ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt zum 1. Juli 19l5 erteill.

In die Liste der Rechtsanwälte sind eingetragen: die Gerichtsassessoren Dr. Hopmann bei dem Oberlandesgericht in Cöln, Rudolf Brunzlow und Adalbert Hübner bei dem Landgericht L in Berlin, Dr. Baron bei dem Amtsgericht in . Dr. Schocke bei dem Amtsgericht in Cassel, Dr. Kolbe bei dem Amtsgericht in Barth und der frühere . Klinkhammer bei dem Landgericht in Frank⸗ urt a. M. ö

Die Amtsgerichtsräte Mühlbach in Berlinchen und Becker in Langenberg, der Amtsrichter Dr. Lax in Bünde und der Rechtsanwalt Braunfels in Frankfurt a. M. sind gestorben.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.

= Königliche Akademie der Künste.

Der Regierungssekretär Hermann Dünhölter aus Aurich ist zum Registrator und Kalkulator der Königlichen Akademie der Künste in Berlin ernannt worden.

Per sonalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Fähnriche usp. London, Buckingham Palast, 22. Mai. Ihre Majestät die Königin von Großbritannien und Irland, Kaiserin von Indien, zum Chef des Hus. Regts. Fürst Blücher von Wahlstatt (Pomm.) Nr. 6h ernannt.

Beamte der Militärverwaltung.

Durch Allerhöchsten Abschied. 29. Mai. Peters, Intend. Rat von der Intend. des X. Armeekorps, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.

Durch Verfügung des Kriegsministerium 8. 25. Mai. VahlL, Proviantamts-Unterinsp., mit Wirkung vom 12. Juni 1910 ab als Proviantamtsinsp. in Bromberg ,

1. Juni. Ka dach, Ober⸗Intend. Sekretär von der Intend, des IV. Armeekorps, zu * Geheimen erpedierenden Sekretär und Kalkulator im Kriegsministerir ernannt.

Aichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 11. Juni.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ und Steuerwesen, für Handel und Verkehr und für Rechnungs⸗ wesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗und , n . und für Handel und Verkehr, der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen sowie die vereinigten Ausschüsse für 36 und Steuer⸗ wesen und für Justizwesen hielten heute Sitzungen.

Die bei den Beratungen im Reichstage von dem Staats⸗ sekretär des Reichsschatzamts Wermuth in Aussicht gestellte Verhandlung über die Frage der Gewährung von Veteranen— . und der Deckung des hierfür erforderlichen Be⸗ trages hat, „W. T. B.“ zufolge, gestern im Reichsschatzamt unter dem Vorsitz des Staatssekretärs des Reichsschatzamts unter Beteiligung aller Parteirichtungen des Reichstages statt— gefunden. Die Frage wurde in e n g Beratung ein⸗

gehend erörtert, und es wurde eine Hertsekung dieser Ver⸗ handlung für die nächste Woche verabredet.

Der Königlich dänische Gesandte von Hegermann Lindencrone hat Berlin verlassen. Während seiner Ab⸗ wesenheit führt der Legationssekretä⸗ Axel Nörgaard die Geschäfte der Gesandtschaft.

Laut Meldung des „W. T.. B. ist S. M. Flußkbt. „Tsingtau“ gestern von Macao in See gegangen.

Sachsen⸗Weimar.

Seine Königliche 9a. der Großherzog hat gestern sein 34. Lebensjahr vollendet. Der Geburtstag wurde in Stadt und Land in der üblichen Weise gefeiert.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Bei der gestern im österreichischen Abgeordneten— hause fortgesetzten Beratung des Budgets protestierte der Abg. Dr. von Mühlwert, „W. T. B.“ zufolge, gegen die un— erhörte Beleidigung, die den Protestanten in der jüngsten Enzyklika des Papstes zugefügt worden sei, und erklärte, die später erfolgte Entschuldigung des Vatikans gegenüber dem preußischen Gesandten sei absolut unzureichend.

betraut w

fall aus.

tante des Königs Alfonso, ist, „W. T. B.“ zufo

die Sperrung Behörden vor Mißhandlungen geschützt werden.

Großbritannien und Irland. . er ständige Unterstaatssekretär des Auswärtigen Amts Sir ö Hardinge ist, „W. T. B.“ zufolge, zum Vize⸗ gig von Indien ernannt worden.

Frankreich.

n der Angelegenheit des marxokkanischen Bergwerks⸗ , ist nach einer Meldung des ,, . elern folgende amtliche Mitteilung ausgegeben worden:

ö Die in Paris tagende fachmännische Kommission, die von den

Regierungen Deutschlands, Frankreichs, Englands und Spaniens mit

der Auzarbeitung eines dem diplomatischen Korps in Tanger zu unter⸗

hreitenden Entwurfs für ein marokkanisches Bergwerksreglement

; ar, hat sich über den endgültigen Wortlaut dieses Entwurfs

verständigt und damit ihre Arbeiten zum Abschluß gebracht. Rußland.

Die Reichsduma. hat gestern den ganzen Finnland⸗ Gesetzentwurf mit 164 gegen 23 Stimmen der . angenommen, in deren Namen dex Abg. Gljebow laut Meldung des „W. T. B. folgende Erklärung abgab;

Vie Oktobristen erkennen die Notwendigkeit einer allgemeinen Reichsgesetzgebung in Fragen, die Finnland wie das Reich betreffen, un, jedoch unter der Bedingung, daß die volle Selbständig keit Finn⸗ land in' inneren Angelegenheiten gewahrt bleibe. Na der Ab⸗ söhnung des von den Abgg. Lerche, AÄnrep und Kapustin beantragten

Amendements über die Schule und Presse Finnlands widerspricht der

'setzentwurf in der angenommenen Form zweifellos dieser Bedingung. . stimmen die Oktobristen gegen den Entwurf. . Bei der Annahme des Gesetzes brach stürmischer Bei⸗

Spanien. Die Infantin Josefa Fernanda , die Groß⸗ . ge, gestern in Paris im Alter von 83 Jahren gestorben. Türkei. Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, haben die Konsuln

der Schutzmächte vorgestern der kretischen Regierung die . gemeinsame Rote übexreicht, die besagt, wenn die kretische :

. 6 an den Arbeiten der Nationalversammlung nach deren zusammentritt teilzunehmen, würden die Mächte diejenigen

Regierung den muselmanischen Deputierten nicht ge⸗

Riten Maßnahmen ergreifen, die die Lage erfordere. Konstantinopeler Blättermeldungen zufolge hat der Boykott in Smyrna sehr heftige Formen angenommen. Mohammedanische Kreter durchzogen die Straßen und erzwangen . griechischen Läden. Der Dragoman des griechischen Konsulats konnte nur durch das Einschreiten der

Die Leichterschiffer, Lastträger und Karrenführer in Konstantinopel haben sich gestern dem Boykott angeschlossen.

Schweden.

Dem Marineminister Grafen Ehrensvard ist, wie das „W. T. B.“ meldet, auf sein Ansuchen gestern der Abschied bewilligt worden. Zu seinem Nachfolger ist der Kommandeur⸗ fapitän Heming von Krusenstjerna ernannt worden.

Amerika.

Die mexikanische Regierung hat nach einer Meldung des W. T. B.“ die Vorschläge angenommen, die die Regierung der Vereinigten Staaten für die schiedsgerichtliche Erledigung der Kontroverse über den El Paso⸗ Distrikt, gemacht hatte. Es handelt sich um den ganzen südlichen Teil des Distrikts, der ungefähr 5600 amerikanische Einwohner zählt und dessen Wert auf fünf Millionen Dollars geschätzt wird. Mexiko hatte seine

Ansprüche darauf gegründet, daß es sich um früheres mexikanisches

Gebiet handele, das dann durch eine Aenderung des Laufs des

Rio Grande abgetrennt worden sei.

Der kanadische Finanzminister Fielding hat den Ab⸗

schluß von Handelsabkommen mit Belgien, Holland und Italien bekannt gegeben.

Parlamentarische Nachrichten. Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses

der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (864) Sitzung des Hauses der Ab—

geordneten, welcher der Finanzminister Freiherr von Rhein⸗

aben beiwohnte, wurde die zweite Beratung des Gesetz⸗

ö entwurfs zur Abänderung der Vorschriften über die Wohnungsgeldzuschüsse gungen, und zwar zunächst die gestern abgebrochene Debatte

und Mietsentschädi⸗

über Artikel J und II, fortgesetzt. Artikel IL enthält den

neuen Wohnungsgeldtarif und die Bestimmung, daß das

, , ,, des Reichs auch für Preußen gilt. Dazu liegen die übereinstimmenden Anträge der Abgg. Aronsohn (fortschr. Volksp., Klußmann (nl. und Bartscher (Zentr.) vor, wonach das Ortsklassenverzeich⸗ nis des Reichs nur so weit maßgebend sein soll, als dadurch eine Herabsetzung der Orte im Vergleich mit der bisherigen preußischen Servisklasseneinteilung nicht eintritt, und

insoweil dies der Fall ist, der Ort seine bisherige Stellung

behält. Abg. von Pappenheim (kons.) zur Geschäftsordnung: Meine

Freunde haben sich in einer Fraktionssitzung damit einverstanden er⸗

.

klärt, daß von jeder Fraktion je ein Redner die sachlichen Momente

vorbringen und auf lokale Verhältnisse nicht eingehen soll.

Abg. Dr. Sch röder⸗Cassel (ak): Auch meine Fraktion ist damit elnverstanden, möchte aber die Redner, die nicht zum Worte kommen, bitten, nicht etwa zur Geschäftsordnung nach Schluß der Debatte ihr Bedauern darüber auszusprechen, daß sie nicht zum Worte

dGgekommen sind.

Die Abgg. Kir sch (Zentr), Dr. Rewol dt (freikons.) und Wald⸗ stein ern n l Volksp,) erklären ebenfalls namens ihrer Parteien die Zustimmung zu dem Vorschlage des Abg. von Pappenheim.

Abg. Boisky (nl): Hat schon die Regierungövorlgge im Lande unter den Beamten großes Erstaunen erregt, da die Vorlage über 90 große und mittlere Städte deklassiert, so mußte der intransigente Standpunkt der Regierung in der Kommission und gestern hier im

ause ein noch größeres Befremden und Bedauern hervorrufen, Eine ganze Reihe von Industriestädten mit teuren Wohnungtverhältnissen, za B. Hettstedt, wird Purch die Vorlage in die letzte Klasse gesetzt,

ie können Sie diese ngleich eiten vor den Beamten verantworten? * Dr. Rewoldk: Meine Freunde sind, in dieser Frage nicht überall derselben Meinung. Ein Teil meiner Freunde hält ie ganze rechnerische Grundlage des Entwurfs für verfehlt. Man hat. die Zimmer der Dienstboten mit als Zimmer. erechnet, was den bbsichten der gestellten Rundfrage widerspricht. Man (könnte dielleicht selbst ein Scheitern dieser Vorlage dem Zustande dorziehen, ber eintreten würde, wenn die Vorlage Gesetz wird.

Hervorheben muß ich indessen, daß für alle meine politischen Freunde

lediglich allgemeine Gesichtspunkte maßgebend sind. Niemand von uns macht von kleinlichen oder lokalen Verhältnissen der Er⸗ wägungen seine Zustimmung zu dem Gesetze abhängig. der Kommifsion vorgeschlagene Propisorium ist um so unbedenklicher, als nach dessen Ablauf nur noch ein verhältnismäßig unerheb⸗ licher Teil der Beamten in den betreffenden deklassierten Orten vor⸗ handen sein wird. Der Hinweis des Finanzministers darauf, daß bei der Gehaltsverbesserungsvorlage doch auch Ungleichheiten vorgekommen seien, ist nicht stichhaltig; denn die jetzige Ungleichheit trifft ein volles Drittel der preußischen Beamten. Ebensowenig kann ich den Ein— wand des Ministers gelten lassen, daß das Propisorium neue Ungleich⸗ heiten schaffen würde. Diese kommen gar nicht in Betracht gegen⸗ über den vielen Ungleichheiten, die die Regierungevorlage enthält. Die jetzige en ,,, des Reichs lag uns auch schon im vorigen Fahre vor, aber wir konnten sie aus schwerwiegenden sachlichen Gründen, die auch jetzt obwalten, nicht akzeptieren; wir wollten damals in der Kommission die Deklassierungen wieder rückgängig machen, aber die Regierung erhob Widerspruch, und deshalb kamen wir zu dem Provisorium einer Erhöhung des Wohnungsgeldes um 33 0n, weil dies ungefähr das trifft, was der ,, zukommt. Manche hielten schon damals es für einen Fehler, daß das Provisorium gemgcht wurde; nachdem die Majoritäk des Hauses es aber angenommen hat, kann man es jetzt doch nicht einfach wegwischen. Wir haben das Probisorium unter der Voraussetzung gemacht, daß die, dadurch ge⸗ schaffene Erhöhung dauernd beibehalten werden würde. Die Wohnungs— gelder reichen tatsächlich nicht aus. Wenn darauf ann,, wird, daß 70 0/9 der Beamten mehr bekommen sollen, und daß nur 30 9 etwas genommen wird, so ist dies irreführend; denn die 700/o erhalten im ganzen 6. Millionen, aber 5 Millionen davon sollen von den 30 aufgebracht werden. Wir müssen doch die soziale Fürsorge für die Beamten walten lassen, und diese kommt gerade in dem Woh⸗ nungsbedürfnis der mittleren und unteren Beamkenklassen zum Aus⸗ druck. Allerdings wird keinem einzelnen Beamten etwas von seinen bisherigen Bezügen entzogen, und sie bekommen alle etwas mehr, aber das Plus beträgt im Minimum nur 4 6. . werden durch die De⸗ klassierung den Unterbeamten in der Klasse A S0 ( und in der Klasse B 70 M von dem abgezogen, was sie nach dem Provisorium hatten. Sollte die Regierung die sozialen Gesichtspunkte nicht in Erwägung ziehen, so würde auch ich sagen, daß es besser ist, die Vor⸗ lage scheitern zu lassen.

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Einigungsverhandlungen derörtlichen Tarifkommissionen für das Baugewerbe sind in den meisten Städten der Nieder⸗ la us itz, wie die ‚Voss. Ztg. meldet, an zu hohen Lohnforderungen gescheitert.

In der Schleifmaschinenfabrik der Naxos⸗Unionwerke in Frankfurt a. M. sind die Arbeiter (etwa 169) in den Ausstand getreten, worauf die r drill tun die zubor angekündigte Maßnahme ergriff, sämtliche ausständigen Arbeiter endgültig zu entlassen. Wie die „Köln. Ztg. mitteilt, scheinen die augenscheinlich auf Drängen der Gewerkschaft erhobenen Forderungen der Firma unannehmbar, sie lehnte sie deshalb ohne weiteres grundsätzlich ab, worauf die Arbeiter in geheimer Abstimmung den Ausstand beschlossen. Die Abteilung Schmirgelfabrik wird von diesem Vorgang nicht betroffen.

Die Ausständigen der Mechanischen Baum wollspinnerei und Weberei in Nürnberg haben bedingungslos die Arbeit wieder aufgenommen.

Der Ministerpräsident Briand empfing, wie W. T. B.“ aus

Paris meldet, eine Abordnung des Verbandes der Lokomotiv⸗ führer und Heizer und wies auf die Gefahren hin, die eine Unter— brechung des Dienstes, die übrigens nur von kurzer Dauer sein würde, für die Eisenbahnangestellten mit sich bringen würde. Seitens der Abordnung wurde versichert, daß der Zugverkehr am Sonntag, wo in Ghantilly das Derbyrennen stattfinde, keine Störung erleiden solle. Die Regierung erklärte sich bereit, mit der Nordbahngesellschaft Maß⸗ nahmen im Interesse der Heizer zu beraten, die von diesen angenommen werden könnten. Der Minister Millerand empfing Vertreter der Nordbahngesellschaft, die erklärten, binnen kurzem Maßnahmen jur Besserung der Lage der Lokomotivführer und Heizer vorschlagen u wollen. . Ein später eingetroffenes Telegramm desselben Bureaus meldet: Da die Abgg. Berkeaux und Willm versprochen haben, die Regierung bezüglich der Forderungen der Lokomotivführer und Heizer der Eifenbahnen zu interpellieren, haben die Delegierten der Föderation der Lokomotivführer und Heizer beschlossen, den Ausstand vor⸗ läufig aufzuschieben.

Kunst und Wissenschaft.

In der gestern eröffneten 3. Ish resbersammlung des deuffchen Werkbundes hielt der K. K. Sektionsrat Dr. Adolf Vetter aus Wien einen Vortrag über die staatsbürgerliche Bedeutung der Qualitätsarbeit. Einleitend wies er nach, daß die Jugend und die Reife jener Männer, die den Werkbund gründeten, mit der Jugend und Reife jenes Gedankens zusammenfalle, der im Werkbund verwirklicht werden will, des Gedankens der bewußten Veredlung der gewerblichen Arbeit. Zur Zeit der Jugend der Werkbundgründer trat in Deutschland eine iti Bewegung auf, die sogengnnte moderne kunstgewerbliche Bewegung, die sich gleich anfangs kein geringeres Ziel setzte, als das, geradewegs einen unserer Zeit und dem deutschen Volke eigenen, neuen Stil in den Werken der Kunst zu finden. Bald erkannte man aber, daß ein neuer Stil nur mittelbar gewonnen werden könne, sowie daß das Suchen nach einem Stil über das Gebiet des künstlerischen Schaffens weit hinausgehe, und daß er sich nur am deutlichsten in den Werken der Kunst zeige. Dies führte zur Einsicht, daß das ursprüngliche Ziel der Bewegung nicht so rasch erreicht werden könne. Ihr Ergebnis bestehe vielmehr darin, daß man auf die Grundlagen alles Schaffens, das Notwendige und Vernünftige, zurückgriff und die drei von der Technik herüber⸗ genommenen Gestalkungsgrundsätze der Zweckmäßigkeit, Konstruktions⸗ richtigkeit und Stoffechtheit als erste und wichtigste Forderungen gegenüber jeglicher Produktion, der handwerklichen der fabrikmäßigen und der künsflerlschen, verkündigte. So ging die Bewegung, die nun zu einem klaren Programm ausgereift ist, wohl vom Kunstgewerbe aus, um allmählich die ganze Produktion zu er . und überall die warn, ung der Eid ifa de e, als Ziel hinzustellen. Da die seelische n, ,,, des Bekenntnisses zur Qualitãts⸗ arbeit eigentlich ein selbstbewußtes und ehrliches Bekennen der eigenen Persönlichkeit sei, werde es begreiflich, daß die Qualitätsarbeit da am meisten) verbreitet war und ist, wo in den wirtschaftlichen Zuständen der menschlichen Ge⸗ sellschaft eine bewußte Ordnung bestand. Der Vortragende seigte dies an Beispielen aus der Geschichte, insbesondere an den be wunderungswürdigen Einrichtungen, die in den alten Zünften zur Zeit der Blüte der Skadtwirtschaft borhanden waren und die bald durch Gesetze, bald durch Verwaltungseinrichtungen, hald durch einen bewußt entwickelten öffentlichen Geist die Herstellung gerechter Ware“ sicherstellten. Als dann, die neue und neuste Zeit heraufkam und unseren Händen wieder einmal die Herrschaft Über die wirtschaftlichen Vorgänge ö und an die Stelle der früheren Ordnung bloße ö hänge traten, igen alle jenen Schutzmittel der Qualitätsarbeit wieder verloren. Die zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und der Mitte des 19. Jahrhunderts überall verkündigte schrankenlose, wirtschaftliche Freiheit sei fast einem Eingeständnisse gleichzuhalten, daß nun mit dem bewußten Aufbaue einer wirtschaftlichen Ordnung von vorne angefangen werden müsse.

Das von

*

Wenn uns nun auch klar sei, daß ein neuerlicher, vollkommener Sieg der Qualitätsarbeit gleichbedeutend sei mit, der Durch⸗ setzung jener sicherlich wiederkommenden Ordnung, der wirtschaft⸗ lichen Verhältnisse, so könnten wir doch schon jetzt teils mittelbar, indem wir die Ansätze zur neuen Ordnung pflegen, teils unmittelbar durch die Verbreitung der Erkenntnis des stgatsbürger⸗ lichen Wertes der Qualitätsarbeit, die Entwicklung beschbeunigen. Selbstverständlich dürften unter den Ansätzen der neuen Ordnung nicht die Reste der alten. Ordnung verstanden werden, die hie und da in mehr oder weniger brüchigem Zustande vorhanden seien. Die Genialität der Führer werde sich vielmehr darin zeigen, daß sie die Schäden der Zeit mit den dieser Zeit selbst eigentümlichen Heil⸗ mitteln zu beseitigen verstehen. Die bewußte und unmittelbare. Pflege der Qualitätsarbeit anderseits werde schon jetzt von keiner Stelle so erfolgreich betrieben wie vom Deutschen Werkbunde. Hoffentlich werde der Bundesgedanke noch festeren u fassen und der Einfluß des Bundes sich allenthalben geltend machen. Im Verlaufe seiner Ausführungen versäumte der Vortragende nicht, auf das Gegenstück der Qualitätzarbeit, die Schundproduktion und ihre wirtschaftlichen und moralischen Folgen für die Produzenten (Arbeitnehmer und Arbeitgeber), den Handel und die Konsumenten hinzuweisen.! In gewisser Beziehung sei die ungeheure Leistung, die das deutsche Volk beim Ausbaue seiner Arbeiterschutzgesetz⸗ gebung vollführt habe, eine Folge weit verbreiteter Erzeugung von minderwertiger Ware. Denn die Qualitätsarbeit setze Arbeits⸗ bedingungen voraus, die über das noch beträchtlich hinaus⸗ gehen, was der Fabrikinspektor zu fordern berechtigt sei. Die üblen Folgen, die die Beteiligung an der Herstellung und der Ver⸗ brauch minderwertiger Ware nach sich zögen, lägen ebenso klar zutage, wie die segensreichen der Schaffung und des Gebrauchs von Qualitäts⸗ arbeit und von seinen Verzweigungen gingen sogar die Wurzeln einer neuen Sittlichkeit aus. Sicher sei, daß jenes Volk, das seine Pro⸗ duktion bewußt zur Qualitätsarbeit auszubilden bemüht sei, in gleichem Schritte nicht nur seine Stellung in der wirtschaftlichen Welt be⸗ festigen, sondern in seinem Kreise auch die schwierigsten Probleme der sozialen Fragen lösen werde.

Unter den Pergament⸗ und Papyrusbruchstücken, die im Juli 1908 in den Besitz der Universitaͤtsbibliothek in Gießen gelangt ind, befanden sich Teile einer Pergamenthandschrift, die von dem

rivatdozenten Liz. P. Glaue als Bruchstücke des ältesten uns bisher bekannt Gwordenen literarischen Denkmals aus der germanischen Vergangenheit erkannt worden sind. Ueher die Zeit und die Art der Entstehung sowie über die Schicksale dieser kostbaren Handschrift berichtet ihr Finder jetzt in einem Aufsatz in der Deutschen Rundschau'. Die ‚Voss. Ztg.“ teilt aus diesem Aufsatz a , mit: Die Pergamenthand⸗ schrift, die ursprünglich eine Breite von etwa 21— 22 em und eine Höhe von höchstens 36—- 31 am gehabt hat, stammt aus Scheékh Äbäde in Uegypten, einem Ort, der sich in der Nähe der Trümmer des alten Antinoe befindet. Nun waren aber nur von vier Seiten etwa je ein Sechstel erhalten; auf zwei Seiten befanden sich Ab⸗ schnitte aus der lateinischen Bibelübersetzung! von den beiden anderen Seiten vermutete man, daß es sich um ein Stück koptischer Literatur handele. Glaue stellte aber fest, daß es gotische Buchstaben waren, die auf dem Pergament vorlagen. Die Bibelstellen auf den gotisch geschriebenen Seiten ließen sich mit Hilfe der len ge, Handschrift feststellen, da sie die Fortsetzung zu den lateinischen eiten bildeten. Es ergaben sich Abschnitte aus dem 23. und 74. Kapitel von Lukas, die unter den bisher gefundenen gotischen Fragmenten noch nicht vorhanden 6 Auch in dem berühmten Godex Argenteus, der die gotische Bibelübersetzung des Ulfilas enthält, fehlen diese Stücke. Der besondere Wert, der dem neuen Funde eines gotischen Handschriftenfragments zukommt, besteht, vor allem darin, daß es in Aegypten wieder ans Licht gekommen ist. Zahlreiche germanische Truppen befanden sich im 4. Jahrhundert n. Chr. in Aegypten, denn die neugeworbenen gotischen Soldaten wurden über die verschiedenen Gebiete des römischen Reichs verteilt, um sie an die römifche Kriegszucht zu gewöhnen. Wie ein wanderndes Volk zogen sie nach dem neuen Quartier, ihre Weiber und Kinder auf langen Reihen von Ochsenwagen mit sich führend. So ist auch in Antinoe, wo es schon seit dem Jahre 220 eine Christengemeinde gab, eine gotische Kolonie entstanden, deren Insassen wohl zum größten Teil Christen waren. Wir dürfen also annehmen, daß die Hand⸗ schrift, zu der das Fragment gehört, mit St en Truppen nach Aegypten und nach Antinoe gewandert ist. Wahrscheinlich gehörte es einem Geistlichen, der aus der heiligen Schrift den Soldaten beim Gottesdienst in ihrer Muttersprache vorlas. Möglich ist es auch, daß das Manuskript sich im Besitz eines gotischen Geist⸗ lichen ben der sich mißliebig gemacht hatte und nach Antinoe in die Verbannung geschickt worden war, wie es von einigen Geistlichen aus er Zeit berichtet ist, oder die Handschrift gehörte einem hotischen Mönche, der in das berühmte Kloster bon Antinoe eintrat und seine gotisch⸗lateinische Evangelienhandschrift als Er⸗ bauungsbuch mitbrachte. Während Ulfilas für seine gotische Ueber⸗ fetzung des Neuen Testaments den gröechischen Text benutzte, ist die li e g der neuaufgefundenen Hand chrift nach einer lateinischen Vorlagẽè gearbeitet. Dle bereits vorhandenen lateinischen Bibel⸗ übersetzungen unterzog nun im Jahre 382 der Kirchenvater Hieronymus einer durchgehenden Revision, aus der die im ganzen Mittelalter allgemein gebräuchliche lateinische Bibel, die Vulgata, entstand. Diese Bibelausgabe des Hieronymus, fand aber nicht fogleich den Beifall aller, sondern es regte sich eine Opposition, bie besonders auch von einigen schriftgelehrten Goten vertreten worden sein wird. Es ist nämlich ein Brief des Hiero⸗ nymus an zwei gotische Bibelkenner. Sunja. und Frithila, erhalten, der in den Jahren 493 495 geschrieben sein muß. Es iff die Antwort auf ein Schreiben, in dem Sunja und Frithila Einwendungen gegen die Uebersetzung verschiedener Bibelstellen durch Hieronymus erhoben und, ihre eigenen, textkritischen Grundsätze darlegten. Sunja und Frithila da f gte sich also zu Anfang des 5. Jahrhunderts damlt, das Uebersetzungswerk ihres Meisters Ulfilas zu vervollkommen und es gleichzeitig nach der sateinischen Seite hin zu ergänzen. Sie sind daher mit größter Wahrscheinlichkeit als die Verfasser der gotisch⸗ lateinischen Bibel⸗ übersetzung anzusehen, auf die in der Einleitung zu dem Codex zrixiüänus, einer in Brescia aufbewahrten lateinischen Bibel⸗ handschrift, Bezug genommen wird. Die keitische Ausgabe der otischlateinischen Bibel ist in dem ersten Jahrzehnt des 5. Jahr⸗ 6 entstanden, nachdem die Goten unter Alarich wieder in das ihnen angewiesene Illyrien i,, . waren, bevor sie im Jahre 408 zum zweiten Male gegen Rom aufbrachen. In dem neuen Fragment liegt also ein Rest von einer Abschrift der gotisch lateinischen Bibel vor, die bald nach der Entstehung der kritischen Ausgabe des Sunja und Frithila 3 sein muß. Jedenfalls muß die Hand schrift im Anfang des 5. Jahrhunderts verfaßt worden sein; sie liegt vor den Codices Brixianus und Argenteus, die beide dem 6. oder auch schon dem 5. Jahrhundert zugeschrieben werden. Ein eigen⸗ artiges Schicksal war diesem ältesten uns erhaltenen literarischen Monument des Germanentums beschieden; es mußte über das Mittelländische Meer wandern, um anderthalb Jahrtausende in Aegyptens Boden zu ruhen und dann erst wieder auf germanischen Boden zurückzukehren.

In der Mikroskopie, die der Medizin und, der enn Natur⸗ wissenschaft, aber auch der Technik große Vorteile gebracht hat, war man en lange bemüht, die Geheimnisse, die das Mikrostop dem Forscher erschließt, auch im Bilde, der Allgemeinheit ge fern zu machen. Das gelang durch die , die Photographie der mikroffopischen Bilder. Jetzt ist es auch gelungen, die Vorgänge, die scch in flüfsigen Schmelzen abspielen, nicht nur mit dem Mikroskop zu studieren, sondern sm 2 photographisch festzuhalten. Die „Wiener Abendpost“ teilt aus den Berichten der Wiener Akademie