—
erklärte der Redner, daß die Schlichtung des Streites in Böhmen beginnen müsse, wo der Boden dafür am besten vorberestet sei. Die Regierung habe daher eine Einladung zu einer vorläufigen Besprechung der böhmischen Frage erlassen, von der sie nach dem zu⸗ stimmenden. Beschlusse der Mehrzahl der beteiligten Parteien ich wertvolle Anhaltspunkte für die Friedensaktion verspreche. Leiber habe eine böhmische Partei, die früher stets= am wärmften für eine Verständigung eingetreten sei, beschlossen, die Lösung der Sprachen⸗ frage auf anderem Wege anzustreben und sich an den gegenwärtigen ö nicht zu beteiligen. Der Minister beklage dies aufs tiefste, 6 jedoch die Hoffnung nicht auf, daß es wenigstens zu unverbindlichen Besprechungen kommen werde; Sollte diese Methode nicht zum Ziel führen, dann freilich müßte man es auf andere Weise zu erreichen suchen. „Kommt die Annäherung einmal zustande“, so schloß der Minifter, und sie muß zustande kommen, dann ist der Zusammenschluß aller großen ngtionalen Parteien zu gemeinsamer Arbeit auf kulturellem und wirtschaftlichem Gebiete ge⸗ sichert, dann wird das Haus die Kraft und die Verantwortungs⸗ freudigkeit zur Lösung der schwierigsten Aufgaben finden.“
2
Darauf wurde die Generaldebatte über das Budget ge⸗
schlossen.
—
Großbritannien und Irland.
Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, ist der englischen Regierung seitens der französischen Regierung der Vorschlag gemacht worden, über die Kretafrage in London eine Konferenz abzuhalten. Der Vorschlag werde gegenwärtig von der englischen Regierung erwogen. .
— Im Unterhause kündigte der ,,. Asqirith gestern, „W. T. B.“ zufolge, an, daß dem Hause heute Königliche Botschaften zugehen würden, die die Zivilliste und die Einführung eines Regentschafts— gesetzes zum Gegenstand haben, würden. Am Donnerstag werde die Regierung beantragen, eine Kommission zu ernennen, die sich mit der Zivilliste und der Einführung des Regentschafts⸗ gesetzes befassen solle. Auf eine Anfrage teilte der Premier⸗ minister noch mit, die Regierung beabsichtige, demnächst. eine Vorlage einzubringen, durch die der. Wortlaut, des bei der Thronbesteigung vom König zu leistenden Eides geändert werden solle. Hierauf wurden an die Regierung verschiedene Anfragen gerichtet.
Der Abg. Sir James Dalziel (liberah stellte an den Staats⸗ sekretär des Autzwärtigen die Frage, ob in bezug auf Aegypten irgend eine erhebliche Meinungsverschiedenheit zwischen dem diplomatischen Agenten Sir Eldon Gorst und dem Auswärtigen Amt bestehe, und ob dieser noch das Kolle Vertrauen der britischen Regierung genieße. — Sir Edward Grey erklärte hierauf, daß keinerlei derartige Diffe⸗ renzen beständen und da er die Gelegenheit benutze, hier aus— zusprechen, wie sehr die Regierung die Arbeit Sir Eldon Gorsts zu schätzen wisse. Er wüßte nicht, daß irgend etwas vorgefallen oder ge— sagt worden sei, das Anlaß zu einer solchen Mißdeutung hätte geben können. — Auf eine weitere Anfrage Dalziels, ob Grey dafür sorgen wolle, daß Theodore Roosevelt eine Kopie. dieser Antwort zugestellt werde, erwiderte Grey, daß hierzu keine Veranlassung vorliege.ů — Balfour erklärte, in seinem Urteil über Aegypten habe Roosevelt nichts gesagt, woraus selbst der empfindlichste Brite den geringsten Vorwurf herauslesen könne. Niemand hätte das wok freundlicher, achtungsvoller und sympathischer behandeln können. Eine Selbstverwaltung Aegyptens sei undenkbar. Ein genauer Kenner Aegyptens habe ihm, dem Redner, desggt daß die dortige Lage überaus unbefriedigend sei, weil die Autorität der herrschenden Rasse untergraben sei. Balfour meinte, er, wisse nicht, b. das die Schuld per ägyptischen Verwaltun sei oder ob es Umständen zuzuschreiben sei, über die niemand Gewalt babe; das aher wisse er, daß die Situation nach einer entscheldenden Dandlung rufe. Ohne Ansehen und Einfluß wäre es unmöglich, daß eine Handvoll britischer Beamten die große Aufgabe löfen sönne, die nicht allein England, sondern die zivilisierte Welt ihnen übertragen habe. — Sir Edward Grey erklärte, daß Roosevelt ihm seine auf den Reisen durch Britisch⸗Ostafrika, Sudan und 3 gesammelten Erfahrungen mitgeteilt habe, und er, Grey, habe se ten einer Erzählung mit größerem Pergnügen gelauscht. Wenn er gesagt hätte, daß eine Ver öffentlichung dieser Erfahrungen, die Roosevelt, wie er gewußt habe, vorgehabt hätte, irgendwie geeignet sein könnte, ihm eine Verlegenheit zu bereiten, so hätte Roosevelt damit , zurückgehalten. Aber er habe dies Empfinden nicht gehabt, und habe deshalb keine An— deutung gemacht, daß Roosevelt die öffentliche Bekanntgabe unter⸗ lassen möge. Er habe Roosevelts Rede mit ., . angehört und geglaubt, daß jeder empfinden müsse, Rooseveltz Vortrag stelle, als Ganzes genommen, das größte Kompliment dar, das der Bürger eines fremden Landes der Arbeit eines anderen Landes zollen könne. Ausgenommen die Erklärung, daß allzugroße
achgiebigkeit denen gegenüber, die sich der britischen Herr⸗ schaft widersetzten, die Gefahr für Großbritanniens Arbeit in Aegypten bilde, könne er alle Urteile Roosevelts unterschreiben. In der Tat habe die Lage in Aegypten Anlaß zu ernsten Erwägungen gegeben, aber sie sei nicht annähernd so ernst, als hier angedeutet worden sei. ren läge keinerlei Grund zur Beunruhigung vor, wohl aber seien Symptome vorhanden gewesen, die Anlaß zur Sorge gegeben und die Aufmerksamkeit der britischen Regierung und der britischen Beamten in Aegypten auf sich gezogen hätten. Was die Ermordung des Butros Pascha anlange,. so sei es ein Irrtum, zu glauben, im Prozeß gegen den Mörder sei mit unge⸗ wöhnlicher Langsamkeit verfahren worden. Er habe in den letzten Wochen Beratungen darüber gepflogen, welche Maßnahmen zu er⸗ greifen seien, entweder um bei Verbrechen so schwerer Art eine schnellere Bestrafung sicher zu stellen oder ob Greßbritannien es in seine eigene Hand nehmen solle, gegen solche Verbrechen mit Hilfe der Okkupationsarmee vorzugehen. er Minister fuhr fort: „Zweifellos habe ich hinsichtlich Aegyytens eine ernste Mahnung zu geben. Wir sind verantwortlich für die Regierung in Aegypten, wir müssen für die, allgemeine Politik verantwortlich bleiben und die ägyptischen Minister sind gebunden, unsern Ratschlägen zu folgen. Die ungewöhnliche Form der äßgyptischen Regierung erfordert großen Takt und großes eingefühl, um ihre Aufgabe gerecht zu werden. Es ist unmöglich, daß unser Werk weiterhin glückt, wenn zwischen unsern Ratschlägen und der Willensmeinung der ägyptischen Minister Differenzen bestehen. Daß die nationalistische
resse in Aegypten solche Differenzen als bestehend hinstellt, ist als chwere Beleidigung zu brandmarken. Die antibritischen Agitatoren sind nur eine kleine Klasse von Menschen; aber ihr Zier ist zweifellos, der hritischen Qkkupgtion dadurch ein Ende zu machen, daß sie ihr die Erfüllung ihrer Aufgabe unmöglich machen. Wir sind in erster Linie die Verwalter Aegyptens im Interesse der Eingeborenen, aber wir sind ebenso die Bevollmächtigten für die Ordnung und die öffentliche Sicherheit und für die Interessen Europas in Aegypten. Es ist sehr wahr, daß die Aufgabe der Verbesserung und der Heran⸗ bildung einer zufriedenstellenden Regierung in Aegypten durch aller— band Beschränkungen beträchtlich erschwert ist, die der ägyptischen Regierung in Form von veralteten Vorschriften und von Regeln, die für eine moderne Regierung nicht mehr paffen, auferlegt sind. Et ist dringend notwendig, daß in naher Zukunft die Vertragsrechte be⸗ züglich Aegyptens auf irgendwelche Weise mehr mit den modernen Anforderungen in Einklang gebracht werden. Es handelt sich hier nicht um britische Interessen, sondern darum, daß wir im Begriff sind, mehr und mehr ein gutes Werk zu vollbringen, und daß die Ausführung dieses guten Werketz davon“ abhängig ist, daß wir in Aegypten bleiben. Wir können Aegypten nicht ohne Schande * uns im Stiche lassen. Alle anti⸗ britische Agitation kann bloß einen Erfolg haben; unt nämlich dahin zu i. unsere Autgritct immer mehr geltend zu machen. Die Aufrechterhaltung der Okkupation und eine gute Regierung ist die
erste Aufgabe der britischen Regierung und des britischen Parlaments. Während der letzten Wochen ist übrigens die Rtgitation weniger! in Erscheinung getreten, und dies war nicht der Augenblick, eine neue Richtung in der Politik einzuschlagen ober anzukündigen und durch irgend (ine drastische Maßnahme zu zeigen, daß wir gewillt sind, unsere Autorität geltend zu machen.“ ;
Der Abg. Gib son Bopkes (liberah fragte, ob die aus Anlaß der Borromäuzfeler veröffentlichte Enzyklika des Papstes, die an der Reformation Kritik übt und die eformgtoren verdammt, der britischen Regierung mitgeteilt worden sei. Werde Grey, wenn dies der Fall sei, dem Haufe eine Uebersetzung des lateinischen Textes zugehen lassen und wolle er erklären, ob“ die englische Regierung beabsichtige, beim Vatikan eine Vorftellung über diesen Gegenstand zu erhehen? — Der Staatssekretär Grey erwiderte, die Enzyklika fei der englischen Regierung nicht mitgeteilt worden.
Auf eine Anfrage, ob der Kriegsminifter an der Absicht fest⸗ halte, daß Lord, Kitchener den Posten eines Generalinspekteurs für die Streitkräfte im Mittelmeer und Südafrika übernehmen solle, und wann dies ungefähr geschehen würde, erwiderte Haldane, daß Kitchener ihm mitgeteilt habe, daß er zurzeit das Kom mando nicht anzutreten wünsche. Die Regierung lege indessen mit Rücksicht auf bereits eingetretene und eu icht f ff. Aende⸗ rungen der Ernennung große Wichtigkeit bei und * wolle sie deshalb bestehen lassen. ber selbst wenn Kitchener die Stellung übernehme, wären Aenderungen derselben beabsichtigt. über die er demnächst sich des näheren auslassen werde. Er wolle aber jetzt schon sagen, daß mit dieser Stellung die , nn. über alle Ueberseestreitkräfte mit Ausnahme von Indien Der unden werden solle, und daß der Inhaber dieses Poftens nicht ständig in Malta residieren werde. Da der . ein rein militärischer sei, werde es nicht notwendig sein, den Titel Oberkommissar beizubehalten. Auf eine weitere Frage erklärte Haldane, daß die von ihm erwähnten beabsichtigten Aenderungen nichts mit der internationalen Lage oder mit Truppenbewegungen zu tun hätten, fondern lediglich Organi⸗ sationsfragen betrafen.
Im weiteren Verlauf der Sitzung fa, Lord Charles Beretford den Ersten Lord der Admiralltät MeKenna, ob er dem
ause über die Stapellegung zweier osterreich i scher Linien⸗ schiffe oder Panzerkreuzer des Dreadnought⸗ oder Invineibletyps in Triest bezw. . Auskunft geben könne, und ob er amtliche oder nichtamtliche Mitteilungen erhalten habe, daß zwei andere Schiffe der gleichen Klasse auf österreichischen Werften auf Stapel gelegt worden seien oder gelegt würden. — MeKenna erwiderte, daß die Regierung nur aus den Blättern davon erfahren habe. — Lord Bereszford fragte weiter, ob die Admiralität amtliche oder nichtamtliche Mitteilung darüber erhalten habe, ob die drei Schlachtschiffe des Dreadnoughttyps und der Invineiblekreuzer, die im dies?; jährigen deutschen Marineetat enthalten seien, schon vergeben seien, und, wenn dem so wäre, in welchem Monat des Jahres 1912 diese Schiffe fertig sein dürften? — Der Parlamentssekretär der Admiralität erwiderte, daß nach deutschen Zeitungsmeldungen die Bauaufträge für diese Schiffe bereits ertést seien. Aller Voraussicht . dürfte unter normalen Verhältnissen keines dieser Schiffe eher fertig sein, als im Jahre 1913.
Frankreich.
Die Deputiertenkam mer begann Sitzung die Beratung der Interpellasionen meine Politik.
Nach dem Bericht des W. T. B.“ warf der Abg. Albert Thomas sgeeinigter Sozialisth der Regierung vor, daß sie sich durch den Kapitalismus und die großen finanziellen Unternehmungen beein⸗ alen 1. und nicht imstande sei, die Arbeiter auf ihre 'Seite zu ziehen. Der Redner verlas sodann eine Erklärung, in der das Pro⸗ ramm der Sozialisten dargelegt wird. — Der Abg. Lauche (Sozialist) , Beschwerds üher schlechte Anwendung der Arbeitergesetzgebung und erhbb Einsplüch gegen die beabsichtigten Flottenaufwendungen.
Hierauf trat Vertagung auf heute ein.
Rußland.
Der Präsident der Reichs uma Gutsch ko w ist gestern vom Kaiser Nikolgus in einstündiger Audienz empfangen worden. Wie das „W. T. B.“ meldet, berichtete Gutschlow über den Stand der Arbeiten in der Duma. Der Schluß der Session der Reichs duma und des Reichsrats wurde auf den 18. d. M. angesetzt.
— Die Reichs duma hat, obiger Quelle zufolge, gestern abend in geschlossener Sitzung die Gesetzesvorlage über die Bewilligung von Mitteln für den Bau neuer Kasernen im südlichen Finnland angenommen. Gegenüber den Aus⸗ führungen r ,. Redner, daß die Vorlage durch die Finnlandsvorlage veranlaßt worden sei, erklärte der Gehilfe des Kriegsministers, daß das Kriegsministerium die betreffenden Maßregeln viel früher ö habe.
— Die Kommission des Reichsrats zur Beratung der Gesetzvorlage für Finnland hat in der gestrigen Sitzung den Entwurf ohne Abänderung genehmigt.
Spanien.
In einer Versammlung von liberalen Senatoren und Deputierten hielt der ern fern dar Canalejas gestern eine Rede, in der er, „W. T. B.“ zufolge, ausführte:
Er habe, seit er die Regierung übernommen hätte, keine einzige von den liberalen Ideen und Forderungen verleugnet oder vergessen, zu denen er sich stets bekannt habe. Weiter erklärte Canalejas, das Steuersystem müsse geändert werden, die Reichsten müßten den schwersten Teil der Staatslasten tragen. Was die religiöse Frage anbetreffe, so habe der Protest des Heiligen Stuhles ihn nicht weiter aufgeregt, denn durch die in dem Königlichen Erlasse vom 11. d. Mt. ent- haltene Auslegung des Artikels 11 der Verfassung sei die Verfassung in keiner Weise verletzt worden. Die Verfassung von 1876 müsse in dem Geiste ausgelegt werden, der die Verfassung von 1869 beseelt habe. Canalejas legte dann dar, was die liberale Partei außerhalb und innerhalb des Parlaments sein müsse. „Meine Anwesenheit im Parlament“, sagte Canalejas dann, „wird kurz, die Ihrige wird lang sein. Se haben einen anderen Führer nötig.“
Türkei.
Der Thronfolger und der Minister des Aeußern Rifagat Pascha, sind gestern von ihrer Reise nach Kon⸗ stantinopel zurückgekehrt. Zwischen dem Sultan und dem König der Bulgaren hat, „W. T. B.“ zufolge, aus Anlaß der Abreise des Thronfolgers ein überaus herzlicher Depeschen⸗ wechsel stattgefunden. Der König drückte die Hoffnung aus, daß der Thronfolger eine gleich angenehme Erinnerung aus Sofia davontrage, wie er hinterlassen habe.
— . Depeschen des Oberkommandanten in Albanien dauert der ,, von Truppen in das Gebiet von Morina und , . an. In Prizrend wurden 22 Personen verhaftet. Die 6 ewohner des Rekagebiets lieferten ihre Waffen aus. Die Blockade von Djakova wurde aufgehoben.
Serbien.
Die Regierung veröffentlicht, „W. T. B.“ zufolge, nach⸗ stehendes Com muniqué über bie Demission des Kabinetts:
Der einzige Grund der Amtsniederlegung des Kabinetts ist die Haltung, die einige hervorragende Deputlerte der parlamentarischen Mehrhest. bei Gelegenheit der Abstimmung über Artikel! “13 des Wahlgesetzes eingenommen haben, trotzdem die Regierung die Vertrauensfrage gestellt hatte. Alle anderen Gründe, die man damit
in der gestrigen über die all ge⸗
in Verbindung bringt, seien es solche der äußeren oder der in Politik, sind reine e, n, Der König hat die An ten fete ei nicht angenommen und hat 'die Regierung, indem er sie feines voll Vertrauens versichert hat, aufgefordert, die Differenzen in der parla⸗ mentarischen Mehrheit zu beseitigen. Die beiden radikalen Klubg sind in Beratungen darüber eingetreten, von deren Ergebniffen eg ab⸗ hängen . ob das Kabinett seine Amtsniederlegung rückgãngig machen wird. .
Parlamentarische Nachrichten.
Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des a der Abgeordneten befindet sich in der 33 Hechausen
— Auf der Tagesordnung für die heutige (86.) Sitzung
. 5 der Abgeordneten standen zunächst Petitiong⸗ erich te. ö
Die Gemeinde Ranies Greis Jerichow I) u. a. petitionieren um Zurückerstattung von Bau. und Reparaturkosten für dat Pretziener, Wehr und der damit zusammenhängenden Umflut⸗. anlagen. Die Petition wird, soweit fie die Gemeinde Ranies betrifft der Staatsregierung mit der Maßgabe zur Erwägung überwiesen, daß der Gemeinde bei Ausführung der Binnenentwässerung eine er! höhte Beihilfe gegeben wird, im übrigen durch Uebergang zur Tageg⸗ ordnung erledigt.
Petitignen des Lunow-Stolper Meliorationsverbandez und der Zehdener Entwässerungskorporation in Freienwalde um Gewährung einer Staatsbeihilfe werden der Staaltz⸗ regierung zur Berücksichtigung überwiesen.
Petitionen des Verbandes deutscher Lohnfuhrunter— nehmer um allgemeine gesetzliche Einrichtung von staat— lich beaufsichtigten und unterstützten Pferdeverfiche— rungsvereinen und des Vereins ben er Viehversiche—⸗ rungsgesellschaften um Ablehnung dieser Petition werken der Staatsregierung als Material überwiesen.
Cine ganze Reihe von Petitionen um gesetzliche Regelung des Dien stbotenwesens und ferner Petitionen von Erbscholtise besitzer Elsner und Genossen in Schlottendorf bei Camenz Schlesien) und von Guts⸗ und Amtsvorsteher Peschke und. Genossen in Groß— Noßen (Kr. Münsterberg) um gesetzliche Regelung des Dienst— botenwesens auf dem Lande sollen nach dem Ant rage der Kommissjon der Staatsregierung als Material überwiesen werden.
Abg. Berndt entr.) beantragt, die beiden letzten Petitionen der Staats regierun zur Berücksichtigung zu überweisen'
Abg. Dr. Liebknecht (Soz.): Die Gesindeordnung, auf der im wesentlichen das Dienstbotenrecht beruht, ist ein Produkt der feudalen Gesellschafts ordnung. Diese patriarchalische Gesellschafts ordnung setzte ein persönliches Verhältnis zwischen dem Dienftherrn und dem Gesinde voraus. Der Dienstherr übernahm damit gewisse sittliche Pflichten gegen⸗ über den Dienstboten. Diese soziglen Voraussetzungen sind aber durch den Fortschritt der Zeit längst zertrümmert worden; nur hier und da sind noch einige Reste davon vorhanden. Das ländliche Gesinde wird förmlich wie auf einem Sklavenmarkt in der Stadt durch eine Auktion angeworben. Wenn man sich auf dem Lande über Dienstbotennot beklagt, so ist der Grund diefer Rot die Rechtlosigleit der Dienstboten. Es ist ein Irrtum, anzunehmen, daß die Dienstboten auf dem Lande sich in einer günstigen wirt schaftlichen Lage befinden. Wie die Agrarier ihre Unter⸗ gebenen behandeln und unterbringen, ist seinereit von hoher Stelle
rügt worden. Besonders schlecht ist das Gesinde in bezug auf ie Unfallversicherung gestellt, für das Gesinde besteht auch die Krankenversicherung nicht; die Herrschaft ist nicht verpflichtet, über die Kündigungszeit hinaus für das erkrankte Gesinde zu forgen. Das Verbot der Einbehaltung des Arbeitslohns und der Aufrechnung gegen den Lohn besteht für das Gesinde nicht, die Herrschaft kann unter Umständen bei der Entlassung Lohn einbehalten. us meiner Anwaltspraxis kenne ich den Fall, daß eine Herrschaft aus sehr vornehmem Stande einem armen Dienstmädchen, das ein wertvolles 66. hatte . lassen, dafür den ganzen Lohn abzog. Der Arbeiterschu esteht ebenfalls nicht für das Gesinde, es gibt keine Beschränkung der Arbeitszeit, keine Verpflichtung der Herr⸗ schaft, für die Gesundhelt des Gesindes zu sorgen, keine Sonnslags⸗ ruhe. Früher hatte die Herrschaft wenigstens noch an dem Gesinde dasselbe Interesse wie am Vieh; heute hat aber daz persönliche Ver⸗ hältnis zu dem Gesinde aufgehört. Schützen kann sich das Gesinde nur durch den Kontraklbruch. Wir betrachten diesen Kontraktbruch als die nützlichste Reaktionserscheinung gegen die Verhãlt⸗ nisse, unter dönen das Gesinde heute lebl. Shne Kündigung den Dienst verlassen darf das Gesinde nur, wenn „Ehrverletzungen oder Mißhandlungen von ungewöhnlicher Härte“ vorkommen. n einem Fall hat aber das Gericht die Behandlung eines Diensiboten mit der Peitsche nicht als ungewöhnliche Härte angesehen, weil keine Lebens gefahr vorlag. Es sind auch Fälle vorgekommen, in denen das gende n . mit dem Nevolver niedergeknallt wurde. Die Gesindeordnung teilt die Menschen in Herren und Knechte ein. Nach dem Gesetz von 1860 besteht auch noch die Bestrafung des Kontrakt⸗ bruchs der ländlichen Arbeiter und des Gesindes. Man kann hier von einer modernen Sklaverei . Aber die Verhältnisse sind stärker als das Gesetz; die Fälle des Entlaufens aus dem Dienst und die Kontraktbrüche sind so zahlresch, daß sie selbst mit Hilfe der preußischen Polizei nicht. alle“ zur Bestrafung zu bringen sind. Wir en , die Organisation der Dienstboten und das Entstehen eines Dienstbotenorgans; es ist erfreulich, daß dieser Geist der Rebellion sich regt. Wenn Sie (zur Rechten) die Gesinde— ordnung sogar noch rückwärts revidieren wollen, so zeigt das den Geist, von dem Sie beseelt sind. Die Gesindeordnung muß als Schandfleck der preußischen Gesetzgebung schleunigst beseitigt werden.
(Schluß des Blattes.) '
Bei der am 9. Juni erfolgten Reichstagsstichwahl im 7. Wahlkreise des Regierungsbezirks Liegnitz Landeshut⸗Volkenhain⸗Jauer) sind nach amtlichen Ermittlungen insgesamt 17 207 Stimmen abgegeben worden! Davon haben der Arbeitersekretär Proll⸗Landeshut (Soz.) 7807 und der Geheime Nat Büchtem ann-Halensee (fortschr. Volksp.) , , erhalten. Geheimer Rat Büchtemann ist somit gewählt.
Nr. 24 des Zentralblatts für das Deutsche Reich“ hergusgegeben im Reichsamt des Innern, vom 10. Juni, hat folgenden Inhalt: 1) Konsulatwesen: Ermächtigung zur Vornahme von Zivil⸗ standshandlungen. — 2) Finanzwesen: Aus führungebestimmungen zum Reichsschuldbuchgesetze; Nachweisung von Einnahmen der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen, sowie der Reichs Eisenbahnverwaltung für das Rechnungsjahr 1909. — 3) Post- und Telegraphenwesen: Aenderung der Postordnung vom 20. Marz 1900. — 4 Zoll⸗ und Steuerwesen?; Veränderungen in dem Stande und den Befugnissen der Zoll- und Steuerstellen; e derungen in den Abfertigungsbefugnissen von Zoll, und Steuerstellen; Entrichtung der weiteren Abgabe! für bei Versicherun gs. Aft engesellschaften hinterlegte Wechsel ehen dieser Gesellschaften; Ergänzung des Verzeichnisses der Vergãllungsmittel für Essigsäure; ee ze für die Gewährung von Beihilfen an Tabakarbeiter. — 5) Poltzeiwesen: Ausweisung bon Ausländern aus dem Reichsgebiet.
Statistik und Volkswirtschaft.
Nachweisung
der Roh solleinnahme an Reichsstempelabgabe für Wertpapiere.
April 1910 . 1909 bis Mat is Mai 1910 1909
Mai
Wertpapiere 1910
k
Inländische Aktien und Interimsscheine Anteilscheine der deut⸗ 656 Kolonialgesell⸗ jaften und der ihnen gleichgestellten deut⸗ schen Gesellschaften — Ausländische Aktien und Interimsscheine 101 493 Inländische Renten⸗ und Schuldverschrei⸗ bungen und Interims⸗ scheine außer den unter V genannten Inländische, auf den Inhaber lautende und auf Grund staat⸗ licher Genehmigung ausgegebene Renten⸗ und Schuldverschrei⸗ bungen der Kom⸗ munalverbände und Kommunen, der Kor⸗ porationen ländlicher oder städtischer Grundbesitzer, der Grundkredit⸗, und Hypothekenbanken oder der Eisenbahn⸗ gesellschaften sowie Interimsscheine . .. Renten⸗ und Schuld⸗ verschreibungen und Interimsscheine aus⸗ ländischer Staaten, Kommunalverhände, Kommunen u. Eisen⸗ bahngesellschaften .. Auslaͤndische Renten⸗ und Schuldverschrei⸗ bungen und Interims⸗ scheine außer den unter VI genannten XVIII. Bergwerksanteil⸗ scheine und Ein⸗ zahlungen auf solche IX. Genußscheine . ... 73 —
zusammen: 4322 581 25 Berlin, den 13. Juni 1910. Kaiserliches Statistisches Amt. 263 .
8 Dr. Zacher.
3 236166 60 6 202 709 80 2432 55460
3070
221 335
289 700 83 198 — 443 181
336 250 501 1108127 509 992
230 6356 448910
bl 414 40 109 963 60 54 20
S9 6h3 7 15 137
9 045 903
4715850
263 1 237 820 80
6b 847 25
. Zur Arbeiterbewegung.
Auch nach den heute vorliegenden Nachrichten haben die örtlichen Einigung zverhandlungen im Baugewerbe nirgends zu einem Ergebnis geführt. Gescheitert sind neuerdings nach Blättermeldungen die Verhandlungen in Bielefeld, Barmen, Eöskn, Leipzig, Mannheim, Stuttgart und Lübeck. Nur im südlichen Teile
des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben, in dem u. a. die
Städte Kempten, Immenstadt, Lindau und Kaufbeuren liegen, ist eine Einigung zustande gekommen. Das allgemeine Schiedsgericht in Dresden ist gestern zu seiner schwierigen Arbeit zusammengetreten.
In Hannover haben, der „Voss. Ztg.“ zufolge, gestern acht große Metallarbeiterversammlungen den einseitigen Arbeits nachweis des Arbeitgebervereins für unannehmbar erklärt und sich für die Fortführung des Kampfes in der Hagen-Schwelmer Metall— ind ust rie ausgesprochen. . ;
Der Ausstand in der Chemischen Fabrik Griesheim, der etwa 200 Arbeiter umfaßte, ist, wie die „Köln. Ztg.“ meldet, bei⸗ gelegt worden, dagegen sind die Arbeiterinnen der Gekatine-Fabrik Höchst a. M. in den Ausstand getreten, obschon ihnen eine Lohn⸗ erhöhung zugestanden worden war.
Die Vertreter der Regierung, der Fabrikanten und der An⸗ gestellten der Wollenindustrie in Huddersfield sind zu einer vorläufigen Verständigung gelangt. Die Angestellten werden, wie das „W. B“ meldet, infolgedessen wahrscheinlich ihre Streik— ankündigungen zurückziehen.
(Weitere Statistische Nachrichten“ s. J. d. Ersten Beilage.)
Kunst und Wissenschaft.
Das Jahrbuch der Königlich preußischen Geologischen Landesanstalt zu Berlin für das Jahr 1905 ist erschienen und kann zum Preise von 15 46 sowohl durch die Vertriebsstelle der Königlich preußischen Geologischen Landesanstalt zu Berlin N. 4, Invalidenstraße 44, als auch durch jede Buchhandlung bezogen werden.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Saatenstand in Ungarn.
Der amtliche Saatenstandsbericht vom 9. Juni d. J. schätzt den Ertrag an Weizen (in Millionen von Meterzentnern) auf 53, 65, von Roggen auf 15,74, von Gerste auf 15,7 und pon Hafer auf 1I,94 gegen den vorjährigen faktischen Ertrag von 30,85, 11,96, 15,60 und 13,39 Millionen Meterzentnern. Die Entwicklung der Maispflanze und der Zuckerrüben befriedigt. Hülsenfrüchte ver⸗ sprechen ein reiches Erträgniz. Mitte Mal und Anfang Juni herrschte günstige Witterung, wiewohl Gewitterregen und Hagel stellenweise unwesentlichen Schaden verursachten. Im allge⸗ meinen entsprach die Entwicklung der Vegetation hauptsaͤchlich für die Wintersagten, welche im Landesdurchschnitt einen günstigen Stand aufweisen. Für die Sommerhalmfrüchte war die Witterung nicht entsprechend, besonders für Hafer und teilweise auch h Sommer⸗ gerste, deren Entwicklung auch heute unbefriedigend ist. Laut ein⸗ gelangter Meldungen dürfte Hafer einen geringeren Ertrag liefern als im Vorjghre, was auf Frühlingsfröste sowie kühles, windlges und regnerisches Wetter im März und April zurückgeführt wird, und die schwache und empfindliche Pflanze konnte weder im Frühjahr noch später genügend Kraft gewinnen. Vie Hafersaaten zeigen lichtgelbe Flecken, und im ganjen Lande klagt, man über ungleichmäßige Entwicklung. Die Bebuͤschelung war ebenfalls keine entsprechende, und auch Unkraut und wilder Reps bewirkten einen Rückfasl er Hafer— saaten. All dies zusammengefaßt ist eine weitere Verschlechterung der Hasersaaten nicht ausgeschlossen. Auch Sommergerfle zeigt Fehler, Brand und sporadisch Rost. Nichtsdestoweniger dürfte der Ertrag mittel und gutmittel ausfallen. Die de f ten versprechen ein Mittel⸗ und . Die Saat wurde bereits geschnitten, und der Drusch liefert befriedigende Resultate. Von Winterbrot—
früchten verspricht Weizen und, Roggen infolge überaus gänstiger Witterung im Landesdurchschnitt eine gute Ernte. Roft hat noch nirgends Schaden verursacht und blieb, auf die Blätter beschränkt, ohne daß Halm und Aehren in Mitleidenschaft gezogen worden wären. Rücksichtlich des Umstandes, daß Weizen- und Noggen⸗ halme wie auch die Aehren kräftig und gesund sind, kann gehofft werden, daß die bisherigen Erntegussichten sich bis zur Ernte noch steigern, beziehungsweise durch Qualität, der Körner verbessern werden. Die luck enn auf die Ernte der Wintersagten steht somit günstig, sowohl hinsichtlich der Körner als auch des Strohquantum§. Der Stand der Hacfrächte wird gelobt, was insbesondere für Mais, Kar⸗ toffeln und, Rüben gilt. Diese Pflanzen beffern sich augenscheinlich, da sie rechtzeitig Regen bekamen, wobei Hackarbeiten verrichtet werden konnten. Hanf, Flachs, Tabak und Hopfen stehen eben— falls befriedigend; die beiden letzteren werden behauen. Garten⸗ gewächse stehen befriedigend, wiewohl sie des Re ens bedürfen. Futterarten versprechen reiche Ernte, Weiden und Wiesen sind ent⸗ srechend gut. Weinstock und AObstbäume sind sehr ungleichmäßig, sodaß bezüglich des Ertrags kein Prognostikon aufgestellt werden kaun“ Weizen wurde auf einer Fläche von 6,13, Roggen und Halbfrucht 1,96, Gerste 2.06 und Hafer 1953 Millionen Katastraljoch angebaut, und wird das Erträgnis per Katastraljoch auf 878, 8,0, 7053 und 6,17 Meterzentner geschätzt. (Ungar. Tel.⸗Korr. Bur.)
n. über die Cin- und Ausfuhr von Getreide und Kartoffeln in Antwerpen im Monat Mai 1910. (Nach einem Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Antwerpe n.)
Eingeführt wurden: Roggen: aus Deutschland . Rußland... den Niederlanden
Chile
11480 dæ2
12 6690 2760 1980
283 880
auß Hent ch tn . 10 Australien J 566 640 Argentinien w 519910 kJ 499 010 den Vereinigten Staaten von
. 215320
Amerika. Rumänien 139 370 Bulgarien 1 53 8 56 000
Canada
Britisch⸗Indien 25 670
den Niederlanden 14060 1350
Uruguay 2142 330
Gerste: aus we , . 300 Rußland . . 90 200 Rumänien ö 40 250 den Niederlanden 8080 Argentinien. 5320 Aegypten. 4180 Canada JJ 1400 Binn, 890 Oesterreich⸗ͤngar n.... 480 i 290
151 390 Rußland . 40 240
Argentinien. V 1610 den Niederlanden... 10
Weizen:
41 860
ann,, , an 330 Rumänien ,,,, 206 870 den Vereinigten Staaten von
K. 39770
Amerika. Rußland ö 3 ? 0
Natal
Bulgarien 25 340 dem Kap. 22 360 Argentinien. — 22 110 den Niederlanden. 5810 Großbritannien. . 1990 Britisch Indo⸗China. ... 120 Frankreich ö 100
w
379719
Kartoffeln: aus den Niederlanden 3 680 k 1400 w 190 miele 1950 Großbritannien.... 40
D D d N
5 460 Ausgeführt wurden:
Roggen: nach Deutschlande. den Niederlanden
1210 1500 2710 580 060 83 110
nach Deutschlande. den Niederlanden Dänemark 6 500 Schweden. ö 3000 Großbritannien.. 50
Weizen:
7 7 2220 1550 777 õ
nach Deutschland .
Gerste: s den Niederlanden
Hafer: nichts.
Mais: nach Deut schland . 13 280 ,,, 27950 , 640 1 , 490 , 490 Großbritannien. 40
42 890
Kartoffeln: nach Deut schland. ... ö 20 e 3680
den Niederlanden.. 250
k / 150
2 130 Girl,, 100
,, 30
, , 10
wille, 10
1386
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Saatenstand und Getreidehandel in Rumänien.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Galatz berichtet unterm 7. d. M.: Das der Vegetation heuer außergewöhnlich günstige Frühlingswetter hat auch noch durch den Monaf Mai hindurch angehalten. Aller⸗ dings sind hier und da auch Hagelschläge aufgetreten, doch haben die- selben bisher keinen nennenswerten Schaden angerichtet. Aebhnliches gilt von den aus verschiedenen Gegenden geineldeten eberschwem mungen.
Im allgemeinen können die ,, nach wie vor als recht ünstig bezeichnet werden. Diese Sachlage im Verein mit den gleich⸗ 3 sehr guͤnstigen Meldungen aus af allen wichtigeren Getreide⸗ ländern darf wohl als die Hauptursache des starken und andauernden Preisrückganges bezeichnet werden, der dem rumänischen Getreldegeschäft im vergangenen Monat sein befonderes Gepräge verlieh. Beeinflußt wurde diese rückläufige Bewegung in erster Linie durch die Gestaltung der Verhältnisse auf den russischen Märkten. Alter Weizen ist um 5, Fr. pro 100 kg zurückgegangen und wurde hauptsächlich nach Italien abgesetzt, während Deutschkand und Belgien trotz dieser Preis⸗ reduktion noch immer zurückhielten. In Neuweizen fanden ebenfalls größere Ahschlüsse nach Italien statt. Mais hat namentlich in der zweiten Hälfte des Berichtsmonats einen starken Preisrückgang er⸗ litten, der hauptsächlich dem großen Angebot Argentiniens zu . he r leren Preisen zuzuschreiben ist. In Roggen fehlt fast jede achfrage. Ueber Sulina seewärts wurden in der Zeit vom 1. bis 28. Mai verfrachtet:
Weizen
Roggen
Gerste
Hafer. . J, Außerdem 1469 6 Bohnen.
Die Preise stellten sich, wie folgt: 1000 kg eif Kontinent Weizen 80/81 kg 20/9... Hz 146, — prompt J, 140, ö pr. Juli / August 140, — (neue Ernte) Helenen.. 110, — . 98, — N, — prompt 0
24 430 t
, 23 559 t 6029 t 130 321 t.
Roggen
Geiste
Hafer 46 . 95, J d ;
Me;, ö ö, . GKGinquantin 13.
Die Frachten waren sehr ruhig und notierten: Donau = Rotterdam h /6– 6
ö Antwerpen 6 / — —= 63. Charterdampfer 7 /9— 8 — Sulina.
Der Kaiserliche Konsul in Igssy berichtet unterm 6. d. M.: Der vielversprechende Stand der Saaten hat durch die während des ganzen Mai anhaltende Trockenheit Einbuße erlitten, besondeis in den nördlichen, zum Teil auch in den wesflichen Bezirken der Moldau; in den südlichen waren die Niederschläge wenigstens so hin⸗ Teichend, daß Auksichten für eine mittlere Ernte vorhanden sind. Die Körnerfrüchte, Weizen und Roggen, stehen im Norden des diesseitigen Amtsbezirks ungünstig, im Süden mittelmäßig, desgleichen der Hafer; Gerste hat weniger gelitten, Raps dagegen j durch Würmerfraß geschädigt. Der Mais 'steht bisher befriedigend; die erste Behackung ist beendet, und bei günftigen Witterungsverhält⸗ nissen verspricht wenigstens diese für den Bed rf des Bauern so wichtige Fruchtart eine gute Ernte. Die Zuckerrüben, obwohl sie stellenweise durch Würmer gelitten haben, zeigen im allgemeinen ein gutes Aussehen.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungẽ⸗ maßregeln.
Niederlande.
Die niederländische Regierung hat durch Verfügung vom 9. d. M. veröffentlicht im Niederlaͤndischen Staatzeourant ** 133 vom 10. d. M., Rostoff am Don und Cherson für cholera⸗ verseucht erklärt. Die Quarantänefrist ist auf 5 Tage festgese zt.
Mannigfaltiges. Berlin, 14. Juni 1910.
In der gestern abgehaltenen Sitzung des unter dem Protektorat Seiner Majestät des Kaisers und Königs stehenden Vereins zur Besserung der Strafgefangenen in Berlin machte der Präsident, Generalstaatsanwalt Supper Mitteilung von einem Schreiben des Staatssekretärs des Reichs amts des Innern, in dem der Herr Reichskanzler für die Uebersendung des letzten Jahresberichts danken unz mitteilen läßt, daß er dem Verein nach wie vor als Mit⸗ glied angehören wolle. Des ferneren machte der Vorsitzende bekannt, daß die Gemeindebehörden von Berlin dem Verein für 1910 einen Zuschuß von 5000 , die von Schöneberg einen solchen von 50 S überwiesen haben. Nach dem hierauf von dem Leiter des Arbeitsnach⸗ weisebureaus Herrn Neckes erstatteten Berichte haben im Monat Ma er. „24 Personen die Gewährung der Vereinsfürforge nachgesucht, 356 mit der Bitte um Arbeitsnachweis; 264 Personen konnte Arbeit nachgewiesen werden; seit J. Januar er. stellten sich die Zahlen auf 2654 resp. 1785 resp. 1219. Die weitere Entlassenenfürsorge betreffend, unter— stehen dem Verein zurzeit 174 Polizeiobservate und 124 bedingt Ver⸗ urteilte. Bei 374 Personen hat der Verein bei der Polizeibehörde die Zurücknahme der Ausweisung in den meisten Fällen befürwortet; für 10 Personen, die um ihre vorläufige Entlassung gebeten, hat der Verein Beschäftigung und Wohnung vermittelt; an Jugendlichen sind ihm im Monat Mal 21 Personen zur Fürsorge überwiesen worden. Infolge des. besonderß guten Einvernehmens mit dem Königlichen Polizeipräsidium ist es dem Verein gelungen, einem Strafentlassenen, der schwer bestraft war, die Konjession zum Restaurationsbetriebe zu erwirken. Als dankbares Zeichen hat der Betreffende dem Verein einen Geldbetrag überfandt und fich verpflichtet, Schützlinge des Vereins in Arbeit zu nehmen. Nach einigen anderen ä. Mitteilungen aus der Praxis wurde über die Unterbringung von Knaben (Fürsorgezöglingen) als Schiffsjungen verhandelt. Eine längere und eingehende Diskussion knäpfte sich an einen Vortrag des Herrn Pastor Diestel, betr. Verwaltung der dem Verein Üüberwiesenen „Therese Bernstein⸗Stiftung“ im Betrage von 20 000 6. Diese Stiftung verdankt ihr Entstehen der Initiative des auf dem Gebiete der Gefangenenfürsorge hervorragend tätigen Wirklichen Geheimen Oberregierungsrats, Professors Dr. T o st; die Zinsen des,. Kapitals (36090 S) sind ausschließlich zur Förderung der freiwilligen, individuell intimen Einzelfürsorge Individualpflege) an den Entlassenen aus der Strafanstalt Meabit, den Strafgefäng⸗ nissen Plötzensee und Tegel und dem Untersuchungegesängnis Alt= Moabit 11, soweit es männliche Strafgefangene enthält, bestimmt. Es kommen hierbei 8-10 Sträflinge in Betracht, und zwar solche mit langfristigen Strafen. Die Zinsen können angesammelt werden, sodaß dem Bedachten nach Verbüßung der Skrafe mit einem größeren Betrage nachdrücklich gebolfen werden kann. Der Verein hat auf die Verwendung der Stiftung keinen Einfluß und wird es Sache der Strafanstal is direktoren Ein über die Bestellung von Pslegern Beschlüsse zu fassen. Hierau wurde beschlossen, daß Derr Lehrer Névpe auf Verelnskosten auch in diesem Jahre wieder eine Revisiensreise unternimmt, um an Ort und Stelle die Wünsche der Schützlinge und der Arbeitgeber entgegenzunehmen, und wahrheits⸗ getreue gehn ien über die Erfolge der Füuͤrsorgetätigkeit des Vereins zu erhalten. Der Verein begnügt sich nämlich keineswegs damit, den Strafentlassenen Arbeitsgelegenheit zu verschaffen, sondern hãlt, soweit es ihm möglich ist, seine Hand auch noch längere Zeit hindurch über seinen Schutzbefohlenen. Diesem Zwecke dienen denn auch diese Revisionsreisen. Die nächste Sitzung des Vereins findet erst im September statt.