Auf den Bericht vom 18. August d. J. will Ich der Gesellschaft für elektrische Hoch⸗ und Untergrund⸗ bahnen in Berlin, die zur Erweiterung ihres Unternehmens die Genehmigung: a. zur nn, einer Zweiglinie bergplatz Tauentzienstraße Nürnberger Straße Nürnberger latz Spichernstraße = Kaiserallee, b. zur Herstellung einer weiglinie Wittenbergplatz Tauentzienstraße —Kurfürstendamm hlandstraße) sowie e. zum Umbau des Bahnhofs Wittenberg⸗ latz behufs Einführung der Zweiglinien zu a und b erhalten at, das Enteignungsrecht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des für diese Anlagen in Anspruch iu nehmenden Grundeigentums verleihen. leber n n en erfolgen zurück. Berlin, den 4. September 1910. Wilhelm R. von Breitenbach.
An den Minister der öffentlichen Arbeiten.
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Der Regierungsassessor von Anker in Berlin ist zum stellvertretenden Vorsitzenden der Schiedsgerichte für Arbeiter⸗ versicherung Stadtkreis Berlin und Regierungsbezirk Potsdam und des Schiedsgerichts für die Arbeiterversicherung im Eisen⸗ bahndirektionsbezirk Berlin ernannt und der Regierungsassessor Dr. Ercklentz daselbst von diesem Amt entbunden worden.
Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
Der . Seminaroberlehrer Carl Ziegler aus Neustadt Westpr. ist zum Kreisschulinspektor in Heydekrug ernannt worden.
Der Arzt Dr. Neumann aus Kreuzburg O. Schl. ist um Kreisarzt ernannt und mit der Verwaltung des Kreisarzt— Kerri Kreis Rosenberg O.⸗Schl. beauftragt worden.
Angekommen: Seine Siehe der Unterstaatssekretär im Reichsamt des
Innern, Wirkliche Geheime Rat Dr. Richter, von seiner Dienstreise nach Brüssel.
Aichlamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 16. September.
Während der weiteren Abwesenheit des Königlich württem⸗ bergischen Gesandten Freiherrn von Varnbüler fh nt der n e n ite e n f r, Ministerialrat Dr. von Köhler die Geschäfte der Gesandtschaft.
Der Königlich dänische Gesandte von Hegermann⸗ Lindencrone hat Berlin verlassen. Während seiner Ab⸗ wesenheit führt der Legationssekretär Nörgaard die Geschäfte der Gesandtschaft.
Oesterreich⸗ Ungarn.
Der österreichische Ministerrat hat, einer Meldung des W. T. B.“ zufolge, beschlossen, sofort mit der ungarischen Fiegierung wegen proyisorischer Bewilligung der Einfuhr argentinischen nn in Verhandlung zu treten. . wurde vorläufig für eine probeweise Einfuhr ein ontingent von zehntausend Tonnen in Aussicht genommen.
Der . würde nur unter ausdrücklicher Herkunftsbezeich⸗ nung zu gestatten sein.
Nachdem auch die Tschechisch⸗Radikalen die Entsendung von Vertretern zu den Verständigungskonferenzen be— e. haben, ist die Teilnahme aller deutschen und tschechi⸗
en Parteien an diesen Konferenzen gesichert. Der Oberst⸗ andmarschall Ferdinand Prinz von Lobkowitz hat gestern an den Statthalter von Böhmen und an die Vertreter der deutschen und tschechischen Parteien Einladungen zu den nationalen Ver⸗ en n ner handlungen gerichtet, die am 20. September in rag beginnen.
— Gestern erschienen, wie, obiger Quelle zufolge, eine Wiener Korrespondenz meldet, Vertreter der koalierten Per⸗ sonalverbände bei dem Generaldirektor der Südbahn, der e. die Zugeständnisse der Bahn zur Kenntnis brachte. In einer hierauf stattfindenden Sitzung der Vertreter wurde be— schlossen, der Generaldirektion mitzuteilen, daß die Zu— geständnisse, weil ungenügend, dem Personale zur Entscheidung nicht vorgelegt werden könnten; weiter wurde , . die Vertrauensmänner telegraphisch anzuweisen, die passive Re⸗ sistenz nur auf besondere Weisung der Leitung einzustellen.
Rußland.
um Talman des finnischen Landtages ist, W. T. B.“ zufolge, der Jungfinne Swinhuwad, zu Vize— Klmans sind ein Schwede und ein Altfinne gewählt worden.
Niederlande.
Der König und die Königin der Belgier, die Königin Wilhelmina und der Prinz Heinrich der Niederlande sind gestern in Amsterdam eingetroffen.
Türkei.
Der Patriarch hat am gestrigen Abend, W. T. B.“ zu⸗ olge, eine Note an die Pforte gerichtet, nach der sich das atriarchat . der angewandten Gewaltmaßregeln ge⸗
zwungen sehe, die Arbeiten der Versammlung zu unterbrechen, um ein Einvernehmen mit der Regierung herbeizuführen. In den Kreisen des Patriarchats wird biese Unterbrechung als eine , , auf unbestimmte Zeit betrachtet; man hofft jedoch auf eine Beilegung des Konflikts.
Griechenland.
Nach einer Meldung des W. T. B.“ hat Pologeorgis die Konsuln der Kretaschutzmächte wissen lassen, daß er seine kretischen Aemter niederlege, um an der griechischen National⸗ versammlung teilzunehmen, sich aber vorbehalte, beim Ablauf seines Mandats für die Nationalversammlung seine Stellung in Kreta wieder einzunehmen.
itten⸗
Die eingereichten
Usien.
Dem „Temps“ wird aus Smyrna gemeldet, daß der dortige französische Konsul infolge einer ihm von seinem Minister erteilten Ermächtigung einen aus Aegypten wegen Verurteilung geflüchteten Tunesier Kitani durch zwei Ka— wassen an Bord eines absegelnden Schiffes festneh men ließ. Als Kitani hiergegen nn n erhob und ausrief, daß er Ottomane sel, habe ihn die Smyrnger Polizei den Händen der Kawassen entrissen und 9 das , geführt, wo0 man einen französischen Paß bei .. fand. Nichtsdestoweniger abe der türkische Polizeikommissar trotz wiederholter Reklamationen des französischen Konsuls sich geweigert, den Tunesier den . zu übergeben. Der „Temps“ hebt hervor, daß der französische Minister des Auswärtigen die Ermächtigung zur Verhaftung auf Grund eines Ansuchens der algerischen Regierung erteilt habe, und fügt hinzu, daß dieser Vorfall derselben Art sei, wie die vor einiger Hit ohne Ermächtigung des französischen Konsuls in Syrien erfolgte Verhaftung mehrerer Tunesier und die Weigerung des Mutessarifs von Jerusalem, ein vom französischen Generalkonsul überreichtes Ansuchen eines Algeriers entgegenzunehmen. Wie die „Agence Havas“ aus Konstantinopel von amllicher Stelle erfährt, hat sich der fran⸗ zösische Botschafter, sobald er von den Vorgängen in Smyrna Kenntnis erhielt, dieserhalb an die Pforte gewandt.
— Auf die Anfrage des Vertreters Rußlands am Pekinger Hofe, ob die unter den d ift in Transbaikalien umlaufenden Gerichte, der chinesische Nesibent in Lhassa habe den russischen Pilgern den Zugang nach Tibet verboten, begründet seien, hat die chinesische Regierung, wie das, W. T. B.“ meldet, geantwortet, das Verbot beziehe sich nur auf Reisende; für Pilger aller Nationen sei Tibet offen.
— Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Kirin hat eine aus Anlaß des russisch⸗japanischen Abkommens und der Annexion Koreas von Vertretern der Landschaft ein— berufene Versammlung beschlossen, auf eine Vermehrung der Truppenzahl in der Mandschurel hinzuwirken, japanische Waren sowie russische und japanische Wertzeichen zu bohkottieren, Vertreter nach . zu entsenden, die um möalichst baldige Eröffnung des Parlaments bitten sollen, und in diesem Sinne unter der Bevölkerung weitestgehende Agitation zu betreiben.
Afrika.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ erklärte El Mokri dem Tangerer Korrespondenten des „Temps“ bezüglich ie Madrider Mission, daß ue der versöhnlichen Ge⸗ innung des Sultans seine Aufgabe keine leichte sein werde. So verlange die spanische Regierung, daß der Machsen seine Verantwortlichkeit für die durch den Riffeldzug entstandenen Kosten anerkenne. Der Sultan verweigere dies mit Recht, ebenso lehne Muley Hafid es ab, auf den spanischen Vor— schlag ,, im Nachbargebiet von Ceuta eine gemein⸗ y. * izei zu errichten, da dort die Grenze genau fest— gelegt sei.
— Gestern haben die Wahlen für die Zweite Kammer des Südafrikanischen Parlaments überall unter großer Beteiligung stattgefunden. Nach den bisherigen Feststellungen sind im ganzen Lande, obiger Quelle hit el 34 Nationalisten, 33 Unionisten, zwei Mitglieder der Arbeiterpartei und sechs Unabhängige einschließlich der ohne Opposition gewählten Kandidaten gewählt worden.
Der im ee, r unterlegene Premierminister Botha erklärte in einer nach der Verkündigung des Wahlergebnisses ehaltenen Rede, er werde sein möglichstes tun, um dem Rassen— 6 ein Ende zu machen. Sein siegreicher Gegenkandidat Fitzpatrick gab der Hoffnung Ausdruck, daß aus dem mit n,, Mitteln geführten ilfe, eine Zeit des Friedens und der Wohlfahrt für Südafrika hervorgehen möge, in der sein ausgezeichneter Gegner eine Hauptrolle zu spielen berufen sei. r
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Parlamentarische Nachrichten.
Nach vorläufiger amtlicher Feststellung haben bei der Reichtagsersatzwahl im Wahlkreise Frankfurt a. O. Lebus der Schuhmachermeister Fa ber⸗Frankfurt a. O. (Soz.) 14316, der Geheime Archivrat Winter⸗Magdeburg (nl. 757 und der Arbeitersekretär Dunkel ⸗ Berlin (kons. 6595 Stimmen erhalten.
Statiftik und Volkswirtschaft.
Die deutsche überseeische Aus wanderung im Monat August 1910 und in dem gleichen Zeitraume des Vorjahrs. Es wurden befördert deutsche Auswanderer im Monat August über 1910 1909 171 1012 k a 569 deutsche Häfen zusammen . 1768 1581 fremde Hafen (soweit ermittelt) 218 675 überhaupt.. 1 JIS5 2256. Aus deutschen Häfen wurden im Monat August 1910 neben den 1768 deutschen Auswanderern noch 14196 Angehörige fremder Staaten befördert, davon gingen über Bremen 7471, über Hamburg 6535.
Zur Arbeiterbewegung.
Aus Dortmund meldet die ‚Rh.⸗Westf. in der gestrigen Lohntarifversammlung des heinisch⸗West⸗ fälischen Brauereigewerbes den Vertretern des Boykoitschutz⸗ verbandes erklärt worden war, daß weitere Zugeständnisse über Ver kürzung der Arbeit zeit als die bereits b. kanntgegebenen (57 Stunden Arbeitszeit für die Woche im Durchschnitt) nicht gemacht werden könnten, die Arbeitervertreter die Verhandlungen 6 (Vgl. Nr. 217 d. BI.)
Die Direktion der 5sterreichischen Südbahn teilt, W. T. B. zufolge, mit, infolge Scheiterns der vorgestrigen Ver— handlungen hahe in der Nacht jum Donnerstag, in der Zeit zwischen 12 und 1 Uhr, die pafsive Resistenz auf allen Böster« reichischen Linien begonnen (ugl. Nr. 217 d. Bl). Die Züge erlitten bedeutende Verspätungen. Der Personen⸗ und Schnell ugö⸗ verkehr sei bereits in , m. gejogen. Die Stationen Matz leinsdorf Marburg, Innsbruck, Kufstein, Triest und Laibach litten an großem Platzmangel. ;
In Choisy le Roi wurden, wie W. T. B. meldet, etwa ein Dutzend Erdarbeiter von etwa 260 Aus ständigen über— fallen und durchgeprügelt. Als etwa 20 Schutzleute zur Hilfe⸗ leistung herbeieilten, wurden sie von den Ausständigen schwer m iß⸗ Tie Ruhestarer vernichteten hierauf sämtliche Werkzeuge.
ta, f nachdem
handelt.
Erft als Gendarmen heranrücten, flüchteten die Ausständigen. Doch
wurden vier von ihnen verhaftet.
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In Barcelong sind, wie die „Köln. Ztg. erfahrt zes ekalsfab ti ken niit Ii Cad. Kirkeikeri here f äh mn ö,, tieg am Mittwoch auf 7600. Man befürchtet die Beteiligung e Eisenbahnan beiter und der Trambahnangestellten. Ez sind un fig der polizeiliche Sicherheitsmaßregeln getroffen worden. ende
(Weitere Statistische Nachrichten“ s. i. d. Ersten Beilage)
Wohlfahrtspflege.
Die diesjährige Generalversammlung des Stiftungsvere ,,,, leber d. J. Nachmittags 4 Uhr im Anstaltshause, Neue Königs ; Nr. 122, daselbst statt. Die Mitglieder des Vereins werden i mit dem Bemerken eingeladen, daß die Rechnungen der Ziln s hauskasse für das Kalenderjahr 1969 im Anftaltsfaale in den ö bom 12. bis 26. Oktober und am Tage der Sitzung selbst vor a während dieser für die stimmberechtigten Herren ausliegen werden m
Kunst und Wifsenschaft.
A- . Die - Brgandenburgia“ Gesellschaft für Heim
hat nach 6 der Ferienzeit den schwindenden . 3 drei Ausflügen in das märkische Land benutzt. Am Nachmittage ain der letzten Tage des August wurde Blumberg an der Wrie sene Bahn, diesseits Werneuchen, besucht und hier die alte Kirche dez statt lichen Dorfes sowie nachher der Gutspark besichtigt. Blumberg gehirn wie Prediger Blasche in längerem Vortrage mitteilte, zu den aitesn Dörfern deutscher Siedelung im Osten von Berlin. Eiste urkundlich Erwähnung seiner geschieht 1250. Damals gehörte es einem Ritter Dietrich von Blumberg, nach dem es wahrscheinlich benannt ist, nan indessen nicht ohne weiteres darauf , läßt, daß nicht bereh bor der deutschen Ansiedlung eine wendische Niederlaffung an dieser Stelle, war, was durchaus wahrscheinlich ist. Später gehörte Blumben den Bischöfen von Brandenburg, aus deren Besitz es bei der Auflösun des Bistums an Joachim II. überging, der es Hans von Krummen verlieh. Spätere Besitzer waren die Familie von Loeben, Finn bon Burgsdorff und der Staatsminister und bekannte mãrkische Dichter Freiherr von Can der hier mit seiner Gemahlin Dor pen Arnim. glückliche Tage ve lebt hat, wie mehrfach in seinen Gedichten bekundet ist. Durch Erbgang kam Blumen nach dem Tode der kinderlosen v. Canitz (1599) an die Familie von Canstein, von ihr an die von der Schulenburgs, an de Großkanzler von Goldbeck (F 1816), endlich an die bon Arnim. Boitzenburg. Ein Werner von Arnim ist der gegenwärtige Besitze Die Kirche gehört in ihrem ältesten Teile der Ihn des 13. Jahr, hunderts an, neuere Erweiterungen stammen aus dem 15. Jahrhunder Unter zahlreichen, ihr Inneres schmückenden Bildern und Büsten — fast alle Besitzer sind vertreten — ist das Porträt des obengenannten Dichters von Canitz von besonderem Interesse. Die drelmal der heiratet gewesene Frau von Canstein hat den eigenartigen Gedanka gehabt, ihr Portraͤt mit denen ihrer drei Ehegatten zu' einem Bilde bereinigen zu lassen. Dig Gruft unter der Kirche beherbergt i irdischen Ueberreste von Mitgliedern der Familien mehrerer Vorbesttzu Eine Wanderung durch den im Schmuck des Sommers . Park beendigte den als recht lohnen anerkannten Ausflug. Nach Westen hin, nämlich nach Rathenow, war' die zweite einen ganzen Sonntag heanspruchende Wanderfahrt gerichtet. Au dem Bahnhof von zahlreichen Rathenower Herren begrüßt, die sih während des ganzen Tages der Führung ihrer Berliner Gäste danken. wert unterzogen, nahm die Gesellschaft ihren Weg zuerst zu den Denkmal des ebenso berühmten als volkstümlichen Feldmarschalt a. Joachim von Zieten. Es ist auf dem Kasernen, ofe des hier in Garnison liegenden Zieten Husarenregimentt errichtet und besteht in einer bronzenen Kolossalbüste, deren Aehnlichkeit mit dem Urbilde auf Grund der letzten von Zielen bor, handenen Porträts zweifellos ist. Rathenow ist seit 1751 dauerm Garnisonstadt gewesen. Bis zu den Kriegen im Anfang des vorigen Jahrhunderts lagen hier in Bürgerguarkieren 2 Schwadronen de Leibkarabinerregiments, auch Derfflingsche Dragoner enannt, desselben Regimenis, das sich am 15. Juni 1675, dem Tage der Uchet, rumpelung des von den Schweden besetzten Rathenow, rühmlich aut, gezeichnet hatte. Die Husaren kamen erst im Laufe des J9. Jahrhundert, nachdem zur Aufnahme des ganzen Regiments eine stattliche Kaferne erban worden war. Sie liegt weit außerhalb der Altstadt von Rathenon, an der mit Häusern neuen Ursprungs bebauten , nach den ziemlich entfernt liegenden Bahnhof.. Jene Altstadt bildet zursel überhaupt den bei weitem kleineren Teil von Rathenow, nachdem di leßbzten 35 Jahre einen großartigen Aufschwung gebracht haben, de sich in der Erhöhung der Einwohnerzahl von 760090 auf 247 bekundet. Im Jahre 1800 war die Einwohnerzahl erst 4080. De 1733 in den ersten Anfängen begründeten Neustadt gehört auch daß 1894 von Schwechten in edlem Stil aus den weit und bret bekannten Rathenower Ziegeln in Backsteinrohbau erbaute, inmitten schöner Gartenanlagen belegene Kreishaus an, dem der nächste Besich galt. Hier in dem mit sehr gediegenen Glasgemälden, R Wappen der in Westhavelland begüterten er er f echt darstellend, geschmückten Sagl, wurde ein Fkostharer alte Kelch mit Patene, ein ausgezeichnetes Werk der Goldschmiedekunst mit herrlicher Goldfiligranarbeit, vorgezeigt, der ih seit einigen Jaht⸗ hunderten im Besiß von Rathenow befindet. An seine Erwerhunt, angeblich während des 30 jährigen Krieges, knüpft sich eine auf ihren möglicher weise richtigen Kern nicht mehr zu untersuchende Sage Der Kelch war vor einiger Zeit zum Kauf ausgeboten worden, in der Absicht, daraus einen Fonds für eine zweite bel der Vergrößerung der Stadt erwünschte Kirche zu gewinnen; es wurde indessen ein annehm, bares Gebot nicht erzielt. Auf der weiteren Wanderung duch Rathenow wurden 66 wenigstens die großen optischen Elablissements. von Nitsche u. Günter sowie der Aktien, gesellschaft Busch gezeigt, die zusammen etwa 2000 Personen beschäf tigen, und alsdann zweien Denkmälern Aufmerksamkeit geschenkt, die solche in verschiedenem Sinne verdienen; das eine vor allem durch di lebenspolle Darstellung, die in Üüberlebensgroßem bronzenen Stand bilde General von Rosenberg gefunden hat, der einst Kommanden des Zieten Regiments war und im letzten Feldzuge als hervorragende Reiterführer, im nachfolgenden Frieden als Leiter der Reitschule in Hannover bekannt geworden ist. Ganz verschieden hiervon ist der Ein⸗ druck eines bereits 1736 durch die Ritterschaft von Westhapellam dem Großen Kurfürsten auf dem Paradeplatz errichteten Denkmall Sein,. Schöpfer war Glume, ein Schiller des großen Messten Schlüter, und manche Züge des aus Sandstein errichteten Stand bildeg erinnern auch an Schlütersche Vorbilder, so die Änbringum von 4 überlebensgroßen sitzenden Figuren von Kriegsgefangenen oder Sklaven (als solche e, etten gekennzeichnet)R, welche (ie 4 Ecken oder Blenden am Unterbau des sich über 16 m erhebenden Denkmal einnehmen und die gleiche Idee verkörpern, die am Berliner Relten⸗
denkmal des Großen Kurfüͤrsten i zum Ausdruck gebracht it. Der Kurfürst, dem Geschmack des Barockz
. m eitalters entsprechend, in det Gewandung eines römischen Imperators, trägt in gebietender Haltung den Kommandostab in der Rechten. Die Seiten del Unterbaues zeigen nächst, zwei Kurfürstlichen Wappen, das eins mit der Unterschrift Gott mit uns“, das andere mit dem Wappen spruch des englis en Hosenbandordens „Honny soit qui mal] n,. versehen in jedem der vier Felder ein figurenreiches Basrelie ezeichnet als Schlacht bey Fehrbellin d. 18. 3 1675, „Massaere in Rathenow d. J5. Juny 675, „Bgtaille bey Warschau d. 20. Jul Itzbs“ und „Eroberung der Festung Stralsund d. 11. Oktober 1655. Eine Merkwürdigkeit knüpft sich an das Denkmal: Es gibt eine früher durch einen runden Stein im Pflaster bezeichnet gewesene Stelle, links etwa 20 Schritt seitwärts des Denkmals, von det aus man die Nasen aller fünf an ihm zur , ng . brachten Gestalten sieht. Das Denkmal heißt deshalb im Voll
munde das K Natürlich hat sich die Sage auch bereits dieser Zufälligkeit bemächtigt. Sie erzählt darüber folgendes; Der ausführende Künstler, über die tadelnde Kritik des den Beftellern vorgeführten Modells, daß die Nasen der 4 Sklaven im Vergleich zu der getreu wiedergegebenen Adlernase der Hauptperson zu fein ausgefallen
seien, erzürnt, soll absichtlich die Nasen der Figuren am Unterbau—
besonders kräftig modelliert haben, auf daß man alle fünf gleichzeitig sehen und vergleichen könne. — Bei der weiteren Wanderung gelangte die Gesellschaft an einen Punkt des Stadtgrabens, der gegenüber einer Stelle der Altstadt am jenseitigen steilen Ufer liegt, an der in einer Winternacht von 1394 die Söldner des die Mark befehdenden Magdeburger Bischofs die Stadt überfallen hatten. Schriftsteller Wilhelm Kotzde schilderte hier dies zu den traurigsten Erinnerungen Rathenows gehörende Ereignis, bei dem die Bürger ausgeplündert und aus der Stadt vertrieben wurden, in lebhaften Farben. Es ist typisch für die Herrschaft des Faustrechts, das unter dem Regiment des pflichtvergessenen Markgrafen Jobst blühte und die Städte zur Selbsthilfe zwang. Noch in demfelben Jahre schloß sich Rathenow dem Trutzbunde an, zu dem Berlin, CGöln. Brandenburg, Nauen und Spandau sich vereinigt hatten. Da Rathenow gegen das damals dem Magdeburger Bischof gehörige Jerichower Land am ö linken Havelufer Grenzposten war, dürfte sein Anschluß an den Bund den anderen Städten willkommen ewesen sein. Der Weg führte nun an eine Oertlichkeit, die in ihrem . „»der Weinberg“ daran erinnert, daß auch in Rathenow, wie an vielen anderen Stellen der Mark, einst die Rebe angebaut worden ist. Die Zeit liegt gar nicht soweit zurück. Offenbar wurde diese Kultur von den rheinischen und fränkischen Kolonisten ein— geführt, die Albrecht der Bär ins Land rief; denn die erste Er— wähnung datiert von 1175, wo vom Weinbau auf den a f Bergen bei Brandenhurg die Rede ist. Von den Hohenzollern waren die ersten beiden Kurfürsten und später Joachim II. und Johann Georg eifrige Förderer des Weinbaues. Die Ümgegend von Rathenow muß nicht gerade zu den erfolgreichen Weingeländen gehört haben; denn 1612 sah 16 der Rat zu ernstlichen Schritten genötigt, um dem Verfall des Weinbaues Einhalt zu tun. Nach 1740 bestanden hier von 70 früher vorhanden gewesenen Weingärten 46, und noch 1798 wurden 28 Oxrhoft gekeltert. Das Aufhören des Rathenower Wein— baues gehört also ganz dem veränderungslustigen 19. Jahrhundert an. Er verschwand nahezu gleichzeitig mit dem Gewerbe der Tuchmacherei, das an vielen Orten des östlichen Deutschland in Verbindung mit dem Weinbau genannt wird, obgleich ein innerer Zusammenhang kaum ersichtlich ist, es sei denn in der historisch nachgewiesenen Gleich- zeitigkeit der Einführung beider Erwerbszweige, des einen durch flamändische, den anderen durch rheinische und fränkische Einwanderer. Dem märkischen Weinbau hat offenbar das Aufhören des Schutzes der Entfernung durch die Anlage von Landstraßen und Eisenbahnen ein Ende gemacht, eine Ursache, die auch beim Verschwinden der Tuch— macherei mitwirkend war, obgleich hier im wesentlichen der völlige Umschwung in der Technik durch Einführung der Maschine bestimmend war. Es ist anerkennenswert, daß in Rathenow an dem alten Namen der Oertlichkeit Weinberg“ festgehalten wird. Die 30-50 m über dem Havelspiegel sich erhebende Anhöhe wird H wt an der Stadtseite durch einen mit hohen Bäumen und Gartenanlagen schön geschmückten Kirchhof eingenommen, auf dem sich neben einigen Grab⸗ malen von künstlerischem Wert auch eine aus drei massiven, hohen Spitzbogen bestehende Grabeinfriedung so angebracht befindet, daß man durch die Bogenöffnungen einen prächtigen Ausblick in die Um— ebung genießt. Noch umfassender ist die Fernsicht außerhalb des Kirchhofs auf der Höhe des Weinbergs, die neuerdings vom Ver— schönerungsverein mit hübschen Parkanlagen versehen worden ist. Hier oben nahm Herr Kotzde nochmals das Wort, um angesichts des prangenden Haveltales, das sich stromauf⸗ und abwärts dem Blick erschließt, und der Fluren der Altmark am jenseitigen Ufer, nach einer kurzen Orientierung über die Lage Rathenows, von jener stolzen Er— innerung zu erzählen, da in der Nacht zum 15. Juni 1675 die in der Stadt liegenden Schweden durch einen kühnen Handstreich Derfflings, überfallen und, in wenigen Stunden unter Mitwirkung des herbeieilenden Kurfürsten überwältigt wurden. Es konnten von der Höhe aus die Punkte, an denen der Angriff er⸗ folgt war, gezeigt und so ein anschauliches Bild der Vorgaͤnge ge— eben werden. Vie Rathenower Waffentat, gegen das Zentrum des fh dil en Aufmarsches geführt, bereitete den 3 Tage später erfolgenden Fehrbelliner Sieg vor. Der Lageplan von Rathenow ist wegen der verschiedenen Wasserläufe nicht ganz leicht zu verstehen. Ganz am rechten, östlichen Ufer der hier südnördlich gerichteten Havel, genauer rechts vor 3 Armen, in die sich der Fluß oberhalb Rathenow teilt, gelegen, wird die Altstadt auch an ihrer Mittags-, Morgen⸗ und Mitternachtsseite von einem künstlichen Havelarme, dem 15651-1561. durch Joachim II. angelegten Schleusenkanale, also dem vierten Arme, umflossen, jenseits dessen die Neustadt liegt. Da auf diesem künstlichen Kanal aller Schiffsverkehr vor sich geht, sind die Trantportverhältnisse für Rathenow so vorteilhaft als möglich. Ursprünglich besaß Rathenow natürlich auch eine Ringmauer mit Graben und Toren; aber die Altstädter Ringmauer ist schon im 17. Jahrhundert zu einem großen Teil eingestüͤrzt und nicht wieder erbaut worden, und von den 4 Toren, dem Mühlen⸗, Havel⸗, Jederitzer⸗ und Urmtor sind begreiflicherweise nur die Namen übrig geblieben. Reste der Ringmauer sind noch an einigen Stellen vorhanden. — Nach im Saale der Loge im Verein mit den Rathenower Herren eingenommenem, durch zahlreiche Tischreden gewürztem Mittags⸗ mahle wurde dem altstädtischen Rathause und einer hier vorhandenen Sammlung, den achtungswerten Anfängen eines Rathenower Museums, ein Besuch abgestattet, hierauf die Altstadt durchquert und nach dem Restaurant Bellevue am Haveltor gewandert. Hier erfreute Stadtarchivar Specht durch einen Vortrag über die geschichtliche Vergangenheit Rathenowß, soweit von ihr nicht bereits vorher be⸗ richtet worden war: Die , , , . verbirgt sich im Dunkel der Zeiten. Ursprünglich mögen hier Niederlassungen von Fischern bestanden haben. Daß die Gegend auch schon zu germanischer Zeit bevölkert war, beweisen Urnenfunde; daß sie von den der Fischerei obliegenden Wenden bewohnt war, beweist die zweifellose Existenz von drei auf dem Stadtgebiete früher vorhandenen „Kietzen“, von denen der große oder . Weinberge, unter dieser Bezeichnung 1333 erwahnt, sich zwischen Weinberg und Havel hinzog, der zweite oder kleine Kietz längs der Havel sich erstreckte und der dritte oder Jederitzer Kietz eine ö Stunde unterhalb Rathenom am rechten Havelufer lag. Jedes dieser drei Dörfer hatte nicht bloß sein eigenes Schulzengericht, mit dem später der Magistrat von Rathenow beauftragt wurde, die beiden erst⸗ enannten besaßen 6 ihre besondere Kapelle, ja ihre umwallte Burg. H Burgen sind noch im 13. Jahrhundert verschwunden, die Ver— einigung der Kietze mit Rathenow wurde 1294 durch die landes, herrliche Schenkung an Jederitz Rathenow vollendet. Man darf also sagen: Die Vereini lung der Kietze zu ,, . . der ursprünglichen Stadt Rathenow das Dasein. wähnt ist
athenow urkundlich zum ersten Male 1217 als zum . Brandenburg gehörig. Gefestigt und dauernd begründet wurde seine Stellung unter den Städten des Landes durch drei landes herrliche Schenkungen: jene schon erwähnte von Jederitz aus d. J. 1294, dann die 1319 durch den großen Waldemar erfolgte ee, . des Dorfes Rodenwolde mit der Gerichts bar⸗ keit und allem Zubehör an Wald und Wiesen und zuletzt die Ueber⸗ eignung der Havelmühle an die Stadt durch Markgraf Ludwig L., der sich in der betreffenden Urkunde von 1351 Lodowich schreibt. Die Rodenwolder Schenkung umfaßt den 7036 Morgen großen Stadtforst, der beute noch das bedeutendste Wertobjekt der Kom]mmune Rathenow bildet und bis in die neueste Zeit den Bürgern auch manche Extra— borteile gewährte. Das Anwachsen Rathenowtz in den letzten 59 Jahren hat hierin Wandel geschaffen. Um den Anforderungen dieser Ent— wicklung zu genügen, werden zur geit über 200 69 der Staatessteuern an Kommunalsteuern erhoben. Ueber den Namen Rathenow“ und seine Entstehung sind die Ansichten sehr geteilt. Die Aehnlichkeit der Namen Rodenwolde und Rathenow legt den Gedanken nahe, daß in den Namen das Wort „Roden“ in Verbin⸗ dung mit „Wald“ und „Aue“ gesetzt ist. Ein adliges Geschlecht von
Rathenow ist im Mittelalter J fraglich bleibt aber, ob es einen Namen dem Srt gegeben oder ihn von dem Srt entlehnt hat. Ein Hans von Rathenow hat 276 im Namen der Rathenow ein Grenzprotokoll unterzeichnet, und ein Mann des gleichen Namens war 1417 erster Bürgermeister von Berlin. Ob die. Rathenows jemals ein Stammgut in der Stadt besaßen, ist nicht nachweisbar; aber es gab innerhalb der Stadt ein Gut mit adliger Freiheit und Gerechtsame, desfen Schloß nahe am Kirchhof lag, das um 1300 im Besitz der brandenburgischen
arkgrafen war, etwa im 16. Jahrhundert aber in en inf ge⸗ langte und darin geblieben ist. Von der Gewerbtätigkeit Rathenows ist zu sagen, daß von den frähesten Zeiten an hier Wollenweberei zu Hause war, daß Tuch! und Raschweberei, Kanevas und Barchent— fabrikation noch im 18. Jahrhundert in mäßiger Blüte standen, aber an der Wende des 19. ahrhunderts dag ehrwürdige Handwerk so im argen lag, daß der Gedanke, den fremden Gesellen durch Einführung einer anderen Industrie Brot zu verschaffen, ebenso menschenfreundlich als praktisch war. Ihn in die Tat umgesetzt zu haben, ist das unverlöschliche Ver= dienst, des Predigerß Dunker, der im Verein mit Rathenows Geschicht; schreiber Wagener im Jahre 1800 die erste optische Industrieanstalt am Ort errichtete, in der fabrikmäßig alle Arten von Sehwerk— zeugen, verfertigt werden sollten. Das 19. Jahrhundert ist Zeuge der erfreulichen Entwicklung dieser Industrie in Rathenow geworden. Ihr und an zweiter Stelle der Ziegelfabrikation ist der bewundernz— werte Aufschwung zu danken, den Rathenow, in den letzten 50 Jahren zumal, genommen hat, allerdings auch nächst der hohen Intelligenz und geschäftlichen Umsicht der Unternehmer, gefördert durch die Aus breitung der Photographie. Heute ist das Rathenower Fabrikat, besonders in Gestalt von Brillen und photographischen Apparaten, über die ganze Welt verbreitet. Neben 9 Fabriken ist , Haus⸗ industrie vorhanden, sodaß die Zahl der mittelbar oder unmittelbar für die optische Industrie tätigen Personen auf etwa 7000 zu ver⸗ anschlagen ist. Der Große Kurfürst hatte s. 3. unter Verwertung der Wasserkräfte der Havel auch einen Eisenhammer in der Stadt an⸗ gelegt, der nahe an der Stelle stand, wo dem großen Fürsten später ein Denkmal errichtet wurde. Diese industrielle Schöpfung ist aber 1722 bereits eingegangen. (.
Nach Anhörung des beifällig aufgenommenen Vortrages begab sich die Gesellschaft zu der neuen Havelschleuse, die bestimmt sst, dem wachsenden Verkehr auf dem Flusse besseren Vorschub zu leisten als bisher und ihn im. Vergleich zu der gegenwärtigen Abfertigung zu beschleunigen. Von dort aus wurde auch der St. Marig⸗Andregs Kirche ein Besuch gemacht und hier mit Dank eine längere Mitteilung des Superintendenten Herrn Ettel über die Geschichte des Gotteshauses entgegengenommen. Der Name der nebst ihrem Turme ganz massiv gebauten Kirche schließt die Namen der beiden Heiligen ein, denen die oben schon ge⸗ dachten, früher im oberen“ und unteren! Kietz bestehenden Kapellen geweiht waren. Es verstand sich bei diesem Sachverhalt gewisser— maßen von selbst, daß bei der n n der Kietze zur Ge— meinde Rathenow die , als Symbol dieser Vereinigung den Namen Marta⸗Andreas⸗Kirche erhielt. Ihre heutige Gestalt empfing die Kirche, weil das alte, baufällig gewordene Gebäude sich als zu eng erwies, im 19, Jahrhundert. Der Anfang des Neubaues wurde 1517 gemacht; doch verzögerte sich die Vollendung an Kirche und Turm wegen allerlei Hindernisse und vor allem wegen Geldmangels bis 1580, ohne daß während des Ausbaues die Benutzung der Kirche Unter—⸗ brechung erfuhr. Der Uebergang zum Protestantismus vollzog sich bereits 1540. — Da von der Höhe des Kirchturms sich eine weite Fernsicht eröffnen sollte, Hhte ein Teil der Gesellschaft der Ein— ladung, ihn zu hesteigen. Man hatte es nicht zu bereuen; denn das Wetter hatte sich vollkommen aufgeklärt, die entferntesten Gegenstände zeigten sich im Licht der späten Nachmittagssonne in den nr . Umrissen, und der Rundblick auf das grüne Havelland gab den zahl⸗ reichen angenehmen Eindrücken des Tages einen harmonischen Abschluß.
Literatur.
Von der 5. Auflage des Deutschen Wörterbuchs von Fr. L. K. Weigand, die nach des Verfassers Tod von den Leipziger fiuipe fl teh r fn Karl von Bahder und H. Hirt sowie von dem . K. Kunt in Leipzig besorgt wird (Verlag von A. öpelmann in Gießen), liegen die 10. und 11. 6 vor. Die , in der die neue amtliche Rechtschreibung berücksichtigt wurde, bedeutet eine völlige neuzeitliche Bearbeitung des verdienft⸗ vollen Werkes K. Weigands, an dessen Hauptprinzipien festgehalten ist. Das Buch ist geeignet, sowohl dem Sprachgelehrken, dem so umfangreiche und teure Werke, wie z. B. das noch immer unvollendete Grimmsche Wörterbuch, nicht zur Hand sind, wie auch jedem Gebildeten, der ein tieferes Verständnis für die Entwick— lung des ,,. seiner Sprache anstrebt, gute Dienste zu leisten. Es gibt bei jedem Wort die sachliche Bedeutung in ihren verschiedenen Shetre an, gibt dann seine Entwicklung aus der mittel⸗ oder auch althochdeutschen Ferm, hält Umschau nach Verwandtem in den germani= schen und anderen Sprachen und führt endlich in den meisten Fällen den frühesten Beleg in der Literatur auf. Eine besondere Be— reicherung vor anderen Wörterbüchern zeigt das Weigandsche dadurch, daß in ihm auch die im Deutschen geläufigen Fremdwörter Be⸗ rücksichtigung gefunden haben. Die vorliegenden Lieferungen behandeln den Wortschatz bis zu dem Worte Tapioka. Die das Wörterbuch ab⸗ schließende 12. Lieferung dürfte noch in diesem Jahre erscheinen. Jede Lieferung kostet 1,60 4.
— In der Sammlung gemeinverständlicher Darstellungen, die der r gl. Dr. K. Lampert unter dem gemeinsamen Titer Natur⸗ g en tlicher Wegweiser herausgibt (Verlag von Strecker und Schröder in Stuttgart), ist als Band 2021 ein „Praktisches Pilztaschenbuch“, Anleitung zum Sammeln und Bestimmen unserer wichtigsten eßbaren und giftigen Pilze, von Dr. W. Migula, Professor an der Forstakademie in Eisenach, erschienen (geh. 2 , geb. 280). — Wenn man bedenkt, welch eine Menge von Nhl ftolfe mit den in unseren Waldungen ungepflückt verfaulenden Pilzen verloren geht und wie viele Fälle von Pilzvergiftung anderseits i lich vorkommen, weil die Pilzenesser keine genügende Kenntnis von unseren giftigen Pilzen besitzen, wird man dieses von einem Fachmann geschriebene Büchlein ern begrüßen und ihm eine weite Verbreitung wünschen. 8 der richtigen Erkenntnis, daß eine noch so eingehende Beschreibung die Anschauung nicht ersetzen kann, wurde die Schrift mit Tafeln in. Vierfarhendruck ausgestattet, die Abbildungen der wichtigsten Pilze nach Zeichnungen enthalten, die der Verfasser sehr naturgetreu und charakteristisch selbst entworfen hat. Im Text findet der Leser sachkundige Anwelsungen über das Sammeln, Trocknen und Zurichten der Pilze, . über ihre Standorte, ihren Bau und Frucht= körper sowie über die Eßbarkeit oder Schädlichkeit der einzelnen Arten.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Ernteaussichten, Ernteergebnisse und Getreidehandel in Rumänien.
Der Kaiserliche Generalkonsul in Galatz berichtet unterm 10. d. M.: Im Getreidehandel hat sich nach der starken Hausse eine gleiche Baisse bemerkbar gemacht, die etwa 2 Wochen anhielt. Man hatte nämlich erwartet, daß Frankreich wegen seiner schwachen Ernte den Einfuhrzoll reduzieren und Rußland wegen der Cholera— efahr den Export einschränken würde. In dieser Erwartung sahen ö die Exporteure ge ft und wurden dadurch 6 ihre
fferten zu geringeren Preisen abzugeben. Im Innern des Landes
jedoch sind die Landwirte bei ihren hohen Preisen stehen geblieben.
Die Hoffnung auf Regen im Anfang August hat sich nicht ver⸗ wirklicht, infolgedessen haben sich die Aussichten für die Maisernte in den letzten Wochen an manchen Vrten verringert.
Die Weizenzufuhren auf dem Land⸗ und Wasserwege waren groß; der Wassertransport war aber wegen des niedrigen Wasserstandes der Donau mit Schwierigkeiten verknüpft.
Die Zufuhren an Mais sind z. Zt. noch sehr unbedeutend und dürften es auch so lange bleiben, bis der Weizentransport nachgelassen hat und die Feldarbeiten beendigt sind. Große Abschlüsse sind noch nicht erfolgt, da die Landwirte vorläufig noch nicht verkaufslustig sind und das, Ausland infolge anderweiter billiger Preise zum Kaufe wenig geneigt ist. Nur nach Italien sind schon mehrere Geschäfte zum Ab⸗ schluß gekommen. .
Die Zuführen an Roggen, Gerste und Hafer sind gleichfalls noch gering, wenn auch eine allmähliche Steigerung zu bemerken ist. Die Preise sind sebr hoch; der Handel wird durch die deutsche und russische Konkurrenz sehr beeinträchtigt. Als Hauptkäufer für Hafer kommt fast nur Italien in Betracht.
Der Ertrag an Bohnen und Hirse ist infolge der Dürre der letzten Zeit sehr schwach. Ueberhaupt leidet unter der herrschenden Dürre der ganze Anbau; z. B. baut man sehr wenig Raps an, da der Termin hierfür fast vorüber ist.
Ueber Sulina seewärts wurden in der Zeit vom 31. Juli bis 27. August verfrachtet:
Weizen 308 gö4 t Roggen Mais
167
8
.
ö. 75 Helenen Gerste 58/59 kg ö 67168 . Hafer 43144 , !. 48 Mais Donau SGalfox Quinquantino .... 1 Die Frachten sind gestiegen, und man erwartet auch noch weitere Steigerungen, da die Reeder infolge der starken rufsischen Aufnahme an Tonnage auch ihre Forderungen erhöht haben. Die Frachten betrugen: Rotterdam 103 — 1056 Antwerpen 1110-113 Charter D. Sulina 100.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maß regeln.
Cöln, 15. September. (W. T. B.) Bei dem unter cholera⸗ verdächtigen Erscheinungen erkrankten Schiffer, der mit einem Bremer Schiff von Danzig hierher gekommen war, hat sich nach amtlicher Feststellung der Verdacht nicht bestätigt. Deshalb hat ö. , n, die angeordneten Vorsichtsmaßregeln wieder aufgehoben. :
Wien, 16. September. (W. T. B.) Die seit dem 13. d. M. isolierte Schwägerin des an Cholera erkrankten Zimmermanns Travnicek, Maria Travnicek, ist als Trägerin von Cholerabazillen erkannt und in das Krankenhaus gebracht worden.
Bu dapest, 15. September. (W. T. B.) Seit gestern sind im Choleragebiet sechs verdächtige Erkrankungen vorge⸗ kommen, davon drei in Mohacs und eine auf einem aus Komor hier eingetroffenen Schleppschiff.
Rom, 15. September. (W. T. B.) Während der letzten 24 Stunden sind in Apulien fünf Neuerkrankungen an Cholera und zwei Todesfälle vorgekommen.
Neapel, 15. September. (W. T. B.) Eine amtliche Fest⸗ stellung des Leiters des städtischen Gesundheitsamtes besagt, daß der Gesundheitszustand in Neapel andauernd git ist und daß bei den als choleraverdächtig gemeldeten Fällen der Choleraverdacht sich nicht bestätigt hat.
Bukarest, 15. September. (W. T. B.) Die bakteriologische Untersuchung eines am Dienstag in Galgtz gestorbenen Beamten einer italienischen Schiffahrtsagentur hat Cholera ergeben. Der Beamte hat sich die Krankheit wahrscheinlich auf einem kürzlich hier eingetroffenen italienischen Dampfer .
Almeria, 15. September. (W. T. B.) An Bord des von Alexandrien V , ü. Dampfers „Antoine haben sich vierzehn verdächtige Krankheitsfälle ereignet. Der Dampfer ist unter Beobachtung gestellt worden.
Theater und Musik.
Volksoper.
Die Opernspielzeit wurde gestern abend in der Volksoper im alten Bellealliancetheater mit einer ,, , Aufführung von Nicolais „Lustigen Weibern von Windsor“ eröffnet. Den Taktstock führte der umsichtige und temperamentvolle Kapellmeister Rudolf Schüller, der schon mit der Ouvertüre eine starke Wirkun erzielte. Die einzelnen Rollen waren fast durchweg gu . Als Sir John Falstaff stellte sich Herr Oskar 6 ter, eine neue Kraft, zum ersten Male vor. Der Künstler ver⸗ ügt über eine schmiegsame, wohlgebildete Baßstimme, die er mit Ge⸗ schmack verwendet; zu rühmen sist ferner an seinem Gesang die vor⸗ treffliche Aussprache. Auch in der Maske war er katze nur hätte er die Wohlbeleibtheit Sir Johns nicht zu sehr übertreiben . weniger wäre hier mehr und vor allem wahrscheinlicher gewesen. e beiden listigen und lustigen Frauen fanden in Fräulein Zeuner (Frau Fluth) und besonders in Frau Sachse⸗Friedel (Frau 23 der stets zuverlässigen, angemessene Vertreterinnen. Darstellerisch wie gesanglich fiel wiederum Herr Rünger als Fluth auf, den er mit Schaͤrfe charakterisierte. Sehr . war auch 2 Eggelings Jungfer Anna. Der Tendgrist Herr Gombert, der den Fenton 6 machte als Anfänger auf der Bühne 3. keine glück⸗ liche Figur, aber die vorhandenen Anlagen dürften sich noch ent⸗ wickeln Ein mit guten Mitteln ausgestatteter Sänger ist ferner Herr Erke, der 6 in der kleinen Rolle des Reich vorstellte. Die Herren Kaiser (Dr. Cajus) und Tewis (Junker Spärlich) bewährten sich in ihren Partien ebenso wie der Chor. Fur eine würdige szenische Wiedergabe des Werks hatte der Oberregisseur ile gesorgt. Das Publikum zeichnete sämtliche Mitwirkende durch reichen Beifall aus und rief außer dem Kapellmeister und dem Regisseur auch den Direktor Dr. Alfieri mehrfach hervor.
Im Neuen Königlichen Qperntheg ter, findet , , Sonnabend, eine Aufführung von Rossinis „Barbier von Sevilla“, mit Fräulein Hempel als 46 stafst. (Im III. Akt Einlage aus „Das Lotterielos! von Isonard.) Den Figaro 2 Herr Tillmann Liszewsky vom Opernhause in Cöln als Gast, den Grafen Almaviva Herr Sommer, den Dr. Bartolo Herr Aschner, den Basilio Herr von Schwind. Die musikalische Leitung der Oper hat der Kapellmeister Blech. Vorher geht „Caxvalleria rusticana“ unter der musikalischen Leitung des Kapellmeisters Dr. Besl. in Szene. Die Besetzung lautet: Santuzza: Frau Kurt; Turridu: Herr Maclennan; Lucia: . von Scheele⸗Müller; Lola: Fräulein Artöt de Rö Alsio: Herr Habich.
Im Königlichen Schauspielhause wird morgen Ernst von Wildenbruchs Schauspiel Der ö , mit Herrn Staege⸗ mann in der Titelrolle, aufgeführt. 2 ihm sind in den Haupt⸗ rollen die Herren Sommerstorff, Gelsendörfer, Werrack, Nesper, Pobl. Zeisler, Patry sowie die Damen Poppe, Willig, Ressel und von Arnauld beschäftigt.
Rostands Schauspiel Die Romantischen' wird sür den 21. Sep⸗ tember im Deutschen Theater vorbereitet. Die Romantischen sind das Erstlingswerk Rostands und erlebten in der Comédie
Frangaise die Uraufführung. Das Werk wurde noch in demselben
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