1910 / 244 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 17 Oct 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Die von Seiner Majestät dem Kaiser und König am Sonnabend bei der Hundertjahrfeier der Kriegsakademie verlesene Kabinettsorder hatte folgenden Wortlaut:

Ich entbiete der Kriegsakademie zu dem heutigen Tage, an dem sie auf ein Jahrhundert reich gesegneten Wirkens im Dienste des Heeres und des Vaterlandes zurückblickt, Meinen Gläückwunsch. Als Weiland König Friedrich Wilhelm für Offiziere ĩ große Werk der Wiederaufrichtung des preußischen Heeres fast Scharnhorsts Gedanken verfügten Ordnung der militärischen Bildungsanstalten wurde in den hehren Bau der Schlußstein eingelassen. sich in dieser langen schicksalsvollen Zeit bewährt von den Tagen der unvergeßlichen Erhebung Preußens an Einigungskampf Deutschlands und dann weiter bis jetzt! Dank dem hingebenden Streben und der treuen Arbeit aller ihrer Glieder tst die Kriegsakademie ihren Aufgaben, so vielseitig sie sich auch mit dem Fortschreiten der Wissenschaften auf allen Gebieten gestaltet haben, und so riesenhaft sie mit der Entwicklung der Kriegskunst im Lauf dieses Jahrhunderts gewachsen ist, in vollkommener Weise r Mit freudigem Stolze kann Ich ihr an ihrem Jubeltage bezeugen, daß sie das Erbe, das ihr von Clausewitz und Moltke, dem geistesgewaltigsten ihrer Lehrer, hinterlassen war, treu zu bewahren und zu mehren gewußt hat. der Kriegswissenschaften geworden, weit über die Grenzen des Vater—⸗ landes hinaus vorbildlich wirkend in ihren Einrichtungen und Zielen. Ihr hierfür Meinen Königlichen Dank und Meine uneingeschränkte Anerkennung kund zu geben, ist Mir ein Herzensbedürfnis. Geist, der die Kriegsakademie zu dem hat werden lassen, was sie ge— worden ist, der Geist gewissenhaftester Pflichterfüllung, voll der un— bedingten Hingabe an die ernsten Forderungen des soldatischen Berufs bis in die fernste Zukunft in ihr lebendig bleiben und reife Frucht tragen zum Segen des Vaterlandes, zum

III. Majestät Leben rief,

im Geiste Und er hat

dem großen

gerecht geworden.

So ist sie eine Hochburg

Wohle Meines tapferen

Diejenigen Persönlichkeiten, die durch Abgabe von Karten Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin ihre Glück⸗ wünsche zu Allerhöchst deren Geburtstage darzubringen beabsichtigen, können die Karten am Freitag, den 21. Sk— tober d. J., von Vormittags 10 bis Abends 6 Uhr, und am Sonnabend, den 227. Oktober d. J., bis 12 Uhr Mittags, im Königlichen Schloß zu Berlin, Portal 4 links, und in Potsdam zu denselben Zeiten im Königlichen Stadtschlosse in der Ecke im Lustgarten, am Aufgange zur früheren Wohnung Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Majestäten abgeben.

T. B.“ ist S. M. S. 4 See⸗ adler“ am 14. Oktober in Daressalam und S. M. Flußkbt. „Vaterland“ an demselben Tage in Schanghai eingetroffen.

Laut Meldung des

Oefsterreich⸗ Ungarn.

Der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten. der österreichischen Delegation setzte vorgestern die Be⸗ ratung des Voranschlags Mini steriums Aeuß ern fort.

Nach dem Bericht des W. T. B. gab der Delegierte German die Erklärung ab, die Polen würden die Notwendigkeit einer starken Wehrmacht und die Bedeutung der Notwendigkeit verläßlicher Bünd⸗ egenwärtige 8 ; Polen verlangten Angelegenheit ei daß wohlgemeinte und würden, die aus einem

Einmischung Staats, sie seien aber der Ueberzeugung, freundliche Ratschläge es ihnen leichter machen politischen Bündnisse entstehenden Pflichten auf sich zu nehmen. Der Redner betonte weiter die Notwendigkeit eines energischen Schutzes für diejenigen österreichischen Staatsbürger, die in Nachbarstaatlen Arbeit suchten. Er wandte sich ferner gegen den Neoflapismus, seit dessen Aufkommen die schon schwere Bedrückung der Polen in Ruß— Die Polen verlangten die Ueber⸗ einstimmung der auswärtigen österreichischen Politik mit der natio— nalen Zusammensetzung der Monarchie. .

Der Minister des Aeußern Graf von Aehrenthal erklärte, er sei mit voller Beruhigung bor die Delegation getreten, um über die auswärtige Politik Desterreich Ungarns zu rechen. wendigkeit der Annexion sei in der letzten Delegation anerkannt worden, ebenso, daß keine Zeit zu verlieren war. ĩ ; dauern, daß der Vorwurf elner Rechtsverletzung, den er schon in der letzten Delegation mit 6 neuerdings vorgebracht worden sei. Schwierigkeiten maßgebenden

land wieder härter geworden sei.

Er müsse nur be— aller Entschiedenheit zurückgewiesen habe, In der Durchführung der Aktion

Unterstüũtzung Patriotismus der Bevölkerung überwunden worden. vom verantwortlichen Minister einzuschlagenden Methode müsse ihm Hauptsache seien Ziel und Zweck. Aktion die Sache sehr genau überlegt. Die Tatsachen stem Gewissen sagen, gestellt würde, würde ich den Der Minister erinnerte daran, daß er nicht . nur gewisse fung einer selchen gestellt hätte und un— bedingt hätte stellen müssen. Was die Frage der großen Kosten der Annexion betreffe, so sei er der erste, der sie lebhaft bedauerte. Uebrigens werde sich die Delegation überzeugen, daß ein Teil dieser Auslagen nicht unmittelbar durch die Annexion verursacht würde. Es handelte sich darum, daß die Armee vollkommen gerüstet dastehe, und es wären Ausgaben notwendig, die früher oder später hätten gemacht werden müssen, da die Armee rückstandig gewesen sei. i Ueberzeugung“, sagte der Minister, daß, wenn wir die Annexion nicht in solcher Weise durchgeführt hätten, wie geschehen, wir kriegerische Ich glaube, es war besser, daß wir rechtzeitig diese Maßnahmen getroffen und dadurch beigetragen haben, Hätten wir dieses unterlassen, so wären kriegerische Greignisse eingetreten, und die Bevölkerung hätte nicht nur Opfer an Gut, sondern auch an Blut bringen müssen. ni wissen ist darüber vollkommen ruhig. Dr. Kramarcz hat an ineiner und meiner Vorgänger Bündnisvolitik Kritik geübt mit dem sehr eläufigen Schlagwort vom abgespielten Klavier. Gerade die Ereignisse aben bewiesen, i : abgewonnen werden können, und ich glaube, die Schöpfer der Allianz zwischen Qesterreich⸗Ungarn und Deutschland haben von Anfang an die große Bedeutung dieses festen Zusammenstehens der beiden mittel⸗ europäischen Kaisermächte richtig eingeschätzt und die Wichtigkeit diefes Bündnisses für die Interessen der äischen Frieden erkannt. Richtigkeit dieser vor

Die Wahl der überlassen bleiben. Er habe sich vor Einleitung der haben“, erklärte der Minister, „die Erfolge für uns. sprechen für meine Politik, und ich kann mit be wenn ich wieder vor dieselbe Situation gleichen Weg wählen.“ r ; t r grundsätzlich gegen eine Konferenz gewesen sei, daß er Bedingungen für die Einberu

Es ist meine

Komplikationen gehabt hätten.

den Frieden zu erhalten.

daß dlesem Instrumente

eiden Mächte und für den euro— Die Zuspitzung der Ereignisse hat eben die 30 Jahien eingeleiteten Politik in das all—

emeine Bewußtsein gebracht, und das ist der große Vorteil fan jetzt und für alle Zukunft,. Gegenüber der Behauptung, daß die. Durchführung Annerion eine. Isolierung der Monarchie zur Folge gehabt habe, berwies der Minister mit Befriedigung auf, das Perhältnig an Italien, das sich herzlich und vertrauentvoll gestaltet habe. Die Besprechungen in Salzburg und Turin hätten nur abermals ergeben können, daß die Interessen Oesterreich⸗Ungarns und Italiens sowohl in den Fragen der euro— päischen Politik wie in denen des nahen Drients si in voller Ueber⸗ einstimmung befänden. Diese Harmonie werde auch wohl in der Zukunft erhalten bleiben. Was die nationalen Reibungen und die Grenz⸗ zwischenfälle betreffe, so könnten diese Affären, denen eine lokale, aber keine weitergehende Bedeutun zuzumessen sei, beim besten Willen nicht durch diplomatische Protokolle aus der Welt geschafft werden, sondern müßten in holler Ruhe und im Geiste der Verföhn— lichkeit geregelt und ö. rasch erledigt werden. Bezüglich der Verhältnisse zu * and und der Vorbesprechungen vor der Annexion verwies der Minister auf die bon ihm im Jahre 1908 ab⸗ egebenen vertraulichen Erklärungen sowie darauf, daß zwischen dem Wiener und St. Peterghurger Kabinett, vor Jahresfrist eine Verein- barung zustande gekommen ö. . über diese glücklicherweise ver⸗ gangenen Differenzen nichts veröffentlicht werden sollte. Der Minister wiederholte, daß die Beziehungen Desterreich⸗ Ungarns zu allen Mächten gut seien, und daß sie auch weiterhin auf das sorgfältigste gepflegt werden sollten. Das gelte selhstverständlich auch von dem , zu Rußland. Die durch die Annexionskrise hinterlassenen Verstimmungen gehörten mehr der Vergangenheit an. Hinsichtlich des angeblichen Mißtrauens, das die Aktion Desterreich. Ungarns bei den anderen Mächten hervorgerufen haben solle, wobei England und Fran kreich wohl in erster Linie in Betracht kämen, erklärte der Minister, sagen zu können, daß er in fortwährendem Verkehr mit den Regierungen dieser Staaten stehe und die pessimistische Auf fassung Dr. Kramarez' nicht teilen könne. Es fei richtig, daß betreffs der Annexien mit den Westmächten und zwar mehr mit England als mit Frankreich divergierende Anschauungen bestanden hätten. Seither aber seien die Beziehungen durchaus befriedigend geworden. „Obwohl wir einer verschiedenen Mächtegruppierung an— gehören, fuhr Graf ven Aehrenthal fort, schäßt. man in London und Paris die ruhige und auf friedliche Ziele gerichtete Politik der Monarchie richtig ein und legt großen Wert auf gute Beziehungen mit der Monarchie, was hier selbstverständlich aufrichtig erwidert wird. Die Vorkämpfer für die neoslapische Idee scheinen zu vergessen, daß der egöoistische Zug in jedem Volke stärker ist als sentimentale Aspirationen auf dem Gebiete der Annäherung der Nationen, die derselben Völker⸗ familie angehören. Das völkerrechtliche Grundprinzip, sich nicht in fremde Angelegenheiten einzumischen, darf nie übersehen werden. Wie sich ein Staat regiert, hat er selber zu bestimmen. Es scheint daher ebenso unangebracht, dem russischen Monarchismus Anweisungen zu erteilen, wie es unangebracht und von uns zurückzuweisen wäre, wenn Belehrungen über unsere innere Politik an unsere Adreffe gerichtet würden.. Betreffs der Beziehungen zu Serbien erklärte der Minister, daß diese seit dem Abschlusse der vor jährigen Krise be⸗ friedigend wären. Die Haltung der serbischen Regierung sei korrekt und entgegenkommend und bei der österreichisch ungarischen Regierung sei dasselbe Entgegenkommen vorhanden. An den abgeschlossenen serbischen Handelevertrag würden sich vier Konventionen, betreffend das Konfusar— wesen, die Rechts hilfe, die Schiffahrt und die Auslieferung, anschließen, die die Erleichterung des gegenseitigen Verkehrs bezweckten. In gleicher Richtung gedenke er auch mit Bulgarien Verhandlungen zu pflegen, wobei er erinnern möchte, daß Desterreich⸗Ungarm als erste europäische Macht seine Bereitwilligkeit zur Modifikation des Kapitulationsregimeß in Bulgarien ausgesprochen habe. Was die mehrfach n Handelspolitik anbelange, so betonte der Minister, daß er beim Abschluß der Handelsverträge nur als aus. führendes Organ fungiere, indem er auf Grund der Beschlüsse der beiden Regierungen die Verhandlungen führe. Er könne nur sagen, daß auch er mit den erreichten Resultaten nicht zufrieden sei, und daß er andere Ergebnisse gewünscht hätte. Er könne nur versichern, daß er in den Bestrebungen, die handelspolitischen Beziehungen mit den Balkanstaaten auszubilden, nicht erlahmen werde.

Der Delegierte Graf Latour sprach seine Genugtuung darüber aus, daß das Deutsche Reich sich in kritischen Zeiten als ein treuer und wirksamer Bundesgenosse erwiesen habe; das wollten und dürften die DOesterreicher dem deutschen Volke und dem Deutschen Kaiser, dessen Persönlichkeit ihnen schon durch eine geradezu rührende An⸗ hänglichkeit an ihren geliebten Monarchen so sympathisch nahegetreten sei, nie vergessen. Der Redner wünschte insbesondere auch, daß nach den Verstimmungen, die in England wegen der Annexions⸗ politik gegen Desterreich⸗ Ungarn entstanden feien, die Wieder herstellung kordialer Beziehungen eintrete, die alten Traditionen und der gegenseitigen Hochschätzung und Sympathie zwischen den beiden Regierungen und Völkern entsprächen. Dr. Lecher erklärte, Graf Aehrenthal habe sich durch seine erfolgreiche Politik und durch sein treues Festhalten an dem Bündnis mit dem Deutschen Reich das Vertrauen der Deutschen erworben. Graf von ehren?“ thal dankte dem Delegierten Dr. Lecher für seine Erklärungen. Dr. Kramargz betonte, die Tschechen wollten kein slavisches Oester⸗ reich, das ebenso unmöglich sei wie ein deutsches Oesterreich, weil weder zwei slavische noch zwei deutsche Staaten ohne Konflikt neben— einander bestehen könnten.

In der gestern nachmittag fortge setzten Beratung des Budgets des Ministeriums des Aeußern billigten die meisten Redner die Annexionspolitik und sprachen ihre Genugtuung über die innigere Gestaltung der Allianz mit Italien und die Haltung Deutschlands in der letzten Krise aus.

Im weiteren Verlauf der Sitzung erklärte der Minister des Aeußern Graf von Aehrenthal, daß es fich bei dem Sand“ schakbahnprojekt um eine lediglich verkehrstechnische Angelegen⸗ beit handele. Nach der Fertigstellung der bosnischen Bahn habe sich die Frage ihres Anschlusses an das serbische, bezw. türkische Bahnnetz gewissermaßen von selbst ergeben. Der Ausbau der Strecke Uvac—=* Mitrowitza, die zur Verbindung mit dem tuͤrkischen Bahnnetz diene, liege gleichermaßen im mirtschaftlichen und verkehrs= politischen Inleresse der Monarchie wie der Türkei. Bei der großen Anzahl von Eisenbahnprojekten, mit denen sich die türkische Regierung im Interesse der wirtschaftlichen i des Reiches gegenwärtig beschäftige, sei es heute jedoch noch nicht möglich, zu erkennen, wann sie in der Lage sein werde, dem Projekt näher zu treten. In Beantwortung einer Anfrage bezüglich des Friedjung⸗ Prozesses führte Graf Aehrenthal N u. a. weiter aus, er könne auf das nachdrücklichste betonen, daß jene Momente, um deren Klarstellung es sich im Prozesse Friedjung gehandelt habe, für den Entschluß der Regierung, die Annexion durch⸗ zuführen, in keiner. Weise in Betracht gekommen seien. Bestimmend für diesen Entschluß sei vielmehr die Einführung der Konstikution in er Türfkei und das Vorhandensein einer auf die Lostrennung der beiden Provinzen von der Monarchie gerichteten und vom Auslande genährten und unterstützten Bewegung gewesen. Die an diese beiden Tatsachen geknüpften Erwägungen hätten die Klärung der vol kerrecht ˖ lichen Situation Bosniens und der Herjegowina als unabweisbare Notwendigkeit erscheinen lassen, und die zeweggründe hätten auch . bei reprospektiver Betrachtung nichts von ihrer zwingenden Kraft verloren.

Der Ausschuß nahm schließlich das Budget in der General— und Spezialdebatte an.

Frankreich.

Nach einer amtlichen Mitteilung des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten hat sich am Sonnabend ein vollständiges Abflauen des Ausstandes bei der Nordbahn und der staatlichen Westbahn bemerkbar gemacht und nach gestern nacht veröffentlichten amtlichen Feststellungen war der Dienst

auf den großen staatlichen Linien der Nord- und? . gesichert, Ebenso hat sich der Dienst e n Pariser Stadtgebiets verhältnismäßig glatt abgewickelt 1 den anderen Eisenbahnlinien ist die Lage normal. uf

Infolge von Nachforschungen des Ministeriums des Inn glaubt man, wie das „W. T. B.“ meldet, einen Plan * Sahotage in Paris auf die Spur gekommen zu sein, hesn Ausführung schreckliche Folgen für die Bahnlinien, die . und die Schleusen gehabt haben würde, wenn nicht die min tärische Besetzung der bedrohten Punkte den Plan pere en hätte. Das Ministerium hofft, binnen kurzem den größten gen der Urheber des Plans und ihre Komplizen in der Provinz ermitteln, und wird unerbittlich gegen sie vorgehen. in

Nach offiziösen Meldungen hat die Regierung Beweis⸗ dafür in der Hand, daß die anläßlich des Eisenbahner ire verübten verbrecherischen Anschläge von einem a narchisti⸗ schen Ausschusse angestiftet worden sind, der beschlossen hatte, den Ausstand zu einem Gewaltstreich zu benutzen. Die er anarchistische Ausschuß habe mit zahlreichen Arbeiter syndilalen Verbindungen unterhalten und den Plan gefaßt, durch überal systematisch durchgeführte Sabotage, insbesondere durch Jer. störung der Telegraphen⸗ und Telephonleitungen, die Regierunge⸗ gewalt lahm zu legen, um auf diese Weife einen Augenblick Herr der Situation zu werden. Außer dem anarchistischen Ausschusse habe auch der Allgemeine Arbeitsverband eine sehr bedenkliche Rolle bei dem Eisenbahnerausstand gespielt. Der mit der Ueberwachung der Anarchisten betraute Polizeikommiffar Guichard, der nach den Urhebern der Eisenbahnsabotagen fahndet, hat letzte Nacht in Begleitung von 86 Schutz leuten in einem ausschließlich von Revolutionären und Sozialisten he— suchten Gasthause in Paris eine Durchsuchung vorgenommen und etwa 15 Revolutionäre, zumeist Ausländer, verhaftet.

Das Ausstandskomitee der Eisenbahner hatte gestern den Ministerpräsidenten Briand benachrichtigt, daß es für heute vormittag eine große Kundgebung im Bois de Vincennes vorbereitet habe und die Verpflichtung übernehme, daß die Ordnung nicht gestört werde und kein Umzug in der Stadt Paris stattfinde. Die Regierung beschloß, diese Kundgebung zu verbieten, da der Ministerpräsident der Ansicht ist, daß ihr die Organisatoren den Charakter einer Herausforderung geben wollten, offenbar in der Hoffnung, daß der Ausstand nicht ohne Störung der Ruhe und ohne heftigen Zwischenfall zu Ende gehe. Es sind deshalb strenge Maßnahmen getroffen worden, um die Kundgebung zu verhindern. Wie das „W. T. B.“ meldet, hat das Strelt— komitee die geplante Kundgebung aufgegeben und für heute vormittag eine große Versammlung in der Arbeitsbörse ein? berufen.

Die in Sachen des Eisenbahnerausstands zusammen⸗ getretene Gruppe von Deputierten der Stadt Paris und des Seinedepartements nahm gestern ein Schreiben des Ministerpräsidenten zur Kenntnis, in dem Briand ihnen, obiger Quelle zufolge, mitteilt, daß er bereit sei, von den legalen Eisenbahnervereinigungen deren Forderungen entgegen⸗ zunehmen, um sie den Gesellschaften zu unterbreiten, unter der Bedingung, daß die Vereinigungen aufhörten, sich gegen das Militärgesetz aufzulehnen, und daß die Forderungen nicht von entlassenen Eisenbahnern unterzeichnet seien. Die Versammlung, in der 20 Depulierte, meist Sozialisten, zugegen waren, nahm mit 18 gegen 2 Stimmen eine Tagesordnung an, in der erklärt wird, daß Briand die ihm von der parla⸗ mentarischen Gruppe gestellte Frage, ob er bereit sei, Ver— handlungen zwischen den Syndikatsorganisationen und den Direktionen der Eisenbahnen anzubahnen, nicht beantwortet habe, und daß ihm die Verantwortung für selne Weigerung überlassen werde.

Bei einem Empfange beim Minister der öffentlichen Arbeiten Millerand erklärten die Direktoren der Eisenbahn⸗ gesellschaften, daß den Beamten und Arbeitern aller Eisen= bahnnetze, soweit sie in Paris ansässig sind, spätestens am J. Januar nächsten Jahres ein Mindestgehalt von 5 Fr. für jeden Tag, an dem sie Dienst getan haben, bewilligt werde. Das Eisenbahnpersonal werde von dieser Aufbesserung benach⸗ richtigt werden.

Das Kriegsministerium gibt bekannt, daß die zur Fahne einberufenen Eisenbahner dem Einberufungsbefehl im Verhältnis von 12 zu 13 Einberufenen Folge geleiste haben. Von der Zahl derjenigen, die sich nicht gestellt haben, seien jedoch noch die abzuziehen, die infolge eines Versehens die Order nicht erhalten haben, und diejenigen, die im Begriff seien, die Arbeit wiederaufzunehmen.

Nach Beendigung einer Protestversammlung gegen die Einberufung der Eisenbahner in St. Etienne kam es vor⸗ gesten um Mitternacht zu heftigen Zusamm enstößen zwischen Demonstranten einerseits und Polizeimannschaften und Truppen andererseits. Die Menge empfing die Polizei mit Vevolverschüssen und ließ gegen die auf einer abschüssigen Straße zum Angriff übergehenden Dragoner Karren und Tonnen hinabrollen. Ein Hauptmann und drei Demonstranten erlitten Verletzungen.

Der, Ministerpräsident Briand hatte vorgestern in seiner Eigenschaft als interimistischer Ackerbauminister mit dem Direktor für Ackerbau eine Besprechung wegen der Lebens— mittelteuerung. Wie das „W. T. B.“ meldet, bereitet Briand einen Erlaß vor, der die Einfuhr amerikanischer Kartoffeln gestattet, aber lediglich solcher, die zur Nahrung dienen, und unterzeichnete bereils einen Erlaß, durch den die Einfuhr von Rindvieh aus Marokko gestattet wird. Bezüglich des Getreides bessert sich die Lage; die Preise sind gefallen, die Ernte wird als gut bezeichnet.

Rußzland.

Das Ministerium des Innern hat in der Reichs duma eine Vorlage eingebracht, die, wie das „W. T. B.“ meldet, bestimmt, daß. es fremden Wnsied lern nicht orthodoxer Religion, die russische Staatsangehörige geworden sind, sowie deren Nachkommenschaft männlicher Linie in den Gouvernements Kiew, Podolien und Wolhynien verboten sein soll, Immobilien außerhalb des Stadtrayons zu erwerben, zu mieten oder zu pachten. Das Verbot bfezieht sich auch auf Uebersiedler aus Russisch⸗ Polen. Das Kriegsministerium hat der Reichsduma ferner einen Gesetzentwurf unterbreitet, nach dem 25 000 Rubel bereit⸗ gestellt werden sollen für einen im nächsten Jahre zu ver anstaltenden Wettbewerb von Flugapparaten.

Spanien. ö. In der Deputiertenkammer machte der Minister⸗ präsident Canglejas vorgestern Mitteilung von einer lebhaften antipatriotischen Propaganda, die in den Kasernen

betriehen werde, wo umstürzlerische, im Auslande gedruckte Schriften verbreitet würden.

Wie das W. T. B.“ meldet, erklä die Herde dieser Verschwörung und v ganda in den Vorstädten zu suchen Rei jur Unterdrückung dieser Bestrebunge stimmte Beweise in Händen habe. die Revolution werde ausbrechen, so ierung werde nichts gegen die Son Lebhafter Widerspruch bei der Majo

In Madrid haben gestern die Re Straßenumzug die Ein Staatsform in Portugal gefeie republikanischen Deputierten, der dazu Portugals nachzuahmen, auseinander.

rte der Ministerpräsident, daß aterlandsverräterischen Propa⸗ en und er alle gesetzlichen Mittel n anwenden werde, sobald er be⸗ Ein Republikaner erwiderte, bald sie kommen müsse. veränität des Volks vermögen.

publikaner durch führung der republikanischen Nach der Rede eines aufforderte, das Beispiel gingen die Demonstranten ruhig

Portugal.

Nach einer Meldung des Dekrete veröffentlicht, Staatsrat und die Adels verbannt und die Wohltätig Die König in⸗Witwe gestern nachmittag, begleitet von d

„W. T. B.“ werden heute die Pairskammer, titel abgeschafft, die Dynastie Braganza ätigkeitsanstalten verweltlicht werden.

Maxia Pia begab sich, obiger em Herzog zers „Regina Im weiteren der König Manuel

durch die

Quelle zufolge, Operto, an Bord des italienischen Kreu Elena“, der hierauf nach Spezia in See Laufe des Nachmittags schifften sich ie Königin⸗Mutter Königsjacht „Victoria and Albert“ falls in See ging. Manuel und der Königin Amelia die Ehrenbezeugungen

die hierauf eben⸗ dem König vollen Königlichen Der Gouverneur geleitete den König und die Königin nach dem Kai, wo die Chefs der Be⸗ hörden in Gala versammelt waren. Gouverneur für die ihm erwiesenen Liebenswürdigkeiten. Gestern hat unter Beteiligung der Regierung und der Stadtverwaltung, der Armee und M der Bevölkerung die Beisetzung de Dr. Bom barda

Bei der Abreise wurden

Der König dankte dem

arine sowie aller Schichten s Admirals Reis und stattgefunden. Ministerpräsident und der

ermordeten D einem freien Platze hielten der dent der Munizipalität Gedächtnisreden für worauf der Trauerzug den Weg nach dem

Griechenland.

Der König hat einer Meldung des „W. T. B.“ Venizelos mit der Kabinettsbildung beauftragt. sich einige Tage Bedenkzeit erbeten, Fühlung zu nehmen.

die beiden Toten, Friedhof fortsetzte.

Dieser hat um mit den Parteien

Serbien. Kronprinzen Alexander ist nach

Der Zustand des übermittelten Erklärung des

einer vom „W. T. B.“ Belgrad berufenen Wiener Arztes Dr. Chvostek doch liegt, solange keine Komplikatio anlassung zu irgend welcher Beunruh

Monaco.

Der Fürst Albert hat dem Lande, „W. T. B.“ kommunale Selbstverwaltung und die Errichtung ein Monegassen bestehenden Reglerungsrates bewilligt. sich der Fürst mit dem Bezug einer Zivilliste im verstanden erklärt und die Aufstellung eines sowie die Schaffung eines Nationalschatzes vormittag zogen die Monegassen vor das dem Fürsten freundliche Kundgebungen.

zwar ernst, nen hinzutreten, eine Ver igung nicht vor.

Ferner hat Prinzip ein⸗ Staatsbudgets zugestanden. Gestern Schloß und bereiteten

Amerika.

In Managua sind nach einer Meldung des „W. T. B.“ von neuem Unruhen ausgebrochen, bei denen es wiederholt ju Zusammenstößen gekommen ist.

. Die chilenischen Kam me jusammengetreten. obiger Quelle zufolge, im ga

Die Lage ist kritisch.

rn sind vorgestern wieder Präsidentschafts wahlen nzen Lande ohne Störung verlaufen.

Angestchts der ortgesetzten Ruhestö di englische Regierung, hureaus/ zufolge, eine energische lierung gerichtet un . ergeben würden, wenn die Wieder lebührlich verzögert werde.

Schädigungen, die der Handel infolge der im Süden Persiens erleidet, hat einer Meldung des ‚„Reuterschen Note an die persische Re⸗ wiesen, daß sich ernste Folgen herstellung der Ordnung un

d darauf hinge

Nr. 36 des eben im Ministe t folgenden Inhalt: August 1915 über ¶AIprll Sor /j7.

Eisenbghnverordnungsblatts“, heraus— der öffentlichen Arbeiten, vom 15. Sktober Großherzoglich hessische

e Verordnung vom Abänderung

. der Verordnung ie Wahlen der Großherzoglich hessischen ür den Bezirkseisenbahnrat zu Frankfurt a. ekanntmachung des Reichskanzlers vom g leichterer Vor ischen den Eisenbahne

Juli 1997, die W

lers 16. September schriften für den wechsel⸗ n Deutschlands und der Reichseisenbahnamts vom Aenderung der Anlage 6 Nachrichten.

lo, betr. die Vereinbarun Fitigen Verkehr jw Bekanntmachung ptember 1910, betr. Ergänzung und

enbahnverkehrsordnung.

Etatistik und Volkswirtschaft. Gewerbeunfallstatistik 1907.

richten des Reichs⸗ von Behrendt Betrieben, die

Vollarbeiter, ent⸗ Diese Angaben sind nach enschaften zum ersten Male s nach Reichs⸗ und Verwaltungsbezirken) aufgestellt. Unfallhäufigkeit

(gte Unfälle und rungtträgern, für die Berufsgenoss den wichtigsten Betriebsgrup GBundesstaaten

hlen der Vollarbeiter z unter 16 Jahre alte,

Verletzte.

nach Alter und erwachsene P Weitere Abschnitte dieses Teiles

der entschädigten Ünfälle, die Art der drperteile und die verle ihrer Beschäfti e ermittelt ist. iebsein richtungen un ereigneten, unter eingebender er Unfälle und die Schuldfrag

Verletzungen, die tzten und getöteten Personen nach gungsart bor dem Unfall, die ebenfalls zum

Der zweite Teil der Statistik behandelt Vorgänge, bei welchen sich die textlicher Besprechung des Her— Der dritte Teil enthält die

Ergehnisse der Statistik der Unfallfolgen. Hier werden auch die Vorjahre von 1896 ab, für welche gleichmäßige Nachweise vor⸗ lagen, mitgeteilt und die Er ebnisse auch für 22 land- und forstwirt⸗ schaftliche Berufsgenoffenschaften veröffentlicht.

abl der bei den preußischen Justizbehörden im 1910 beschaftigten Referendare und ihre Zunahme eit 1833.

Nach einer im „Justizministerialblatt“ veröffentlichten Nach⸗ weisung der Zahl der bei den preußischen Justizbehörden in den Jahren 1898 bis 1910 beschäftigten Referendare waren bei diefen Behörden am 1. August 1919 incgesamt 77091 Justizreferendare vor⸗ handen gegen 7694 zu derselben Zeit des Vorjahres. 6524 am L. August 1905, 4802 am 1. August 1900, 4063 am J. August 1898. Ihre Zahl ist also seit 1398 um 3639, d. i. um S9, 6 o , seit 1900 um 3099, in 5. Jahren seit 1905 um 1177, im letzten Jahre aber nur um 7 gestiegen. Im Kammergerichtsbezirk erhöhte sich die Zahl der bei den Justüibehbsrden beschäftigten Referendare von 864 im

Jahre 1898 auf S489 i. J. 1969, 1633 J. 1905, 1316 i. J. 1909

und 1338 i. J. 1910: im Oberlandesgerichtsbezirk Cöln, bon dem im Jahre 1306 größere Gebiete abgetrennt und dem Bezirk des neu errichteten Oberlandesgerichts Düsseldorf zugeteilt worden sind, betrug sie 1898 575, 1900 645, 1905 906, 1gog 895 und 1910 922, im Oberlandesgerichtsbezirk Hamm, von dem im Jahre 19906 kleine Gebiete abgetrennt und ebenfalls dem Bezirke des neu errichteten 2Aberlandesgerichts Düsseldorf zugeteilt worden sind, in denselben Fahren 415, 471. 3, S886 und (1910 926, im Oberlandesgerichtsbezirk Breslau 424, 531, S2, 836 und (1910) 856, im Oberlandesgerichtsbezirt Naumburg 370, 411, 632. 678 und 653, im Oberlandes⸗ gerichtsbezirk Celle 319. 379, 610, 596 und 566, im Oberlandesgerichtsbezirk Düsseldorf 1907 381, 1969 463 und 1910 450, im QAberlandesgerichtsbezirk Frank furt a. M. 1898 194, 1900 208, 1905 301, 1909 353 und 1910 36, im Qberlandesgerichtsbezirk Königsberg in denselben Jahren 219, 241, 366, 398 und (1910) 375, im Oberkandes“ gerichtsbezirk Casfsel 149, 165, 2395, 278 und 285, im Ober⸗ landesgerichtsbezirk Stettin iss, 215, 310, 284 und 269, im Oberlandesgerichtsbezirk Kiel 135, 147, 187, 239 und 246, im Oberlandesgerichtsbezirk Marienwerder 133 226, 249 und 213, im Oberlandesgerichts bezirk Pofen 162 Wö, 219, 221 und 212. Verminderungen der Zahl der beschäftigten Justizreferendare weisen für das letzte Jahr (1909 10) 7 von den 14 Oberlandesgerichtsbeztrken auf: Marienwerder (356 Celle (- 30), Naumburg (- 25, Königsberg (— 23), Stettin (— 15), Düsseldorf ( 13) und Posen (— 9). Unter den bei den Justizbehörden des Oberlandesgerichtsbezirks Naumburg beschäftigten Referendaren be— fanden sich am 1. August 1910, wie im Vorjahre, 25 aus dem Herzog⸗ tum Anhalt und 7 aus dem Fürstentum Schwarzburg⸗Sondershausen, unter den in den Oberlandesgerichtsbenirken Eelle' und Hamm be⸗ schäftigten je 1 aus dem Fürstentum Schaumburg Lippe.

Zur Arbeiterbewegung.

Der Kampf zwischen dem Solinger Industriearbeiter verband und dem Deutschen Metallarbeiterverband nimmt, wie die ‚Rh-⸗Westf. Ztg.“ berichtet, immer schärfere Formen an. Der erste teilt mit, daß er abermals in zwei Fällen festgestellt habe, daß der Metallarbeiterverband denjenigen Firmen Ausstandsbrecher stelle, über die der Industriearbeiterverband den Ausstand verhängt habe. Infolgedessen beschäftigten sich die dem Industriearbeiterverband angeschlossenen Fachvereine mit der Frage, ob nicht nur mit dem Metallarbeiterverband als solchem, sondern auch mit den einzelnen Mitgliedern jede Gemeinschaft zu brechen sei.

Zum Werftarbeiterausstand wird dem W. T. B.“ aus Hamburg gemeldet: Die Verhandlungen zuwsschen, den Ver⸗ tretern des Gesamtverbandes Deutscher Metallindustrieller und den

Vertretern der Arbeiter sind mit der am Sonnabend erfolgten Zu⸗ stimmungserklärung der Werften zu den gefroffenen Verein harungen über die Sicherung der Akkordüberschüsse beendet. Nun⸗ mehr finden noch Verhandlungen mit der Hamburg - Amerika⸗ Linie und Lokalverhandlungen der auswärtigen Werften statt, die, wie man hofft, eine baldige Aufnahme der Arbeit gestatten werden. Die Aufforderung der Aktiengesell⸗ schaft We ser! in Bremen an ihre Arbeiter, sich zur Wieder aufnahme der Arbeit zu melden, ist bisher ohne Erfolg geblieben. Es hat sich niemand gemeldet, da die Werft dem Verlangen der Arbeiter, alle Arbeiter sofort wieder einzustellen, aus betriebstechnischen Gründen nicht entsprechen konnte. Die Werft machte am Sonnabend durch Anschlag bekannt, daß, nachdem inzwischen in Hamburg die grundlegenden Vereinbarungen beiderfeits unterzeichnet worden sind, weitere Mitteilungen Montag, den 17. Sktober

1910, Nachmittags 5 Uhr, durch Anschlag erfolgen werden. Die

am Sonnabend zu Ende geführten Verhandlungen zur Beilegung des Hafenarbeiterstreiks in Brake (vgl. Nr. 240 d. Bl.) haben das Ergebnis gehabt, daß die Arbeit heute, Montag, wieder aufge— nommen werden sollte. Die fremden Arbeiter werden bis zum 22. Oktober entlassen werden. Die Einstellung erfolgt nach Maßgabe des Bedarfs. Den Arbeitern ist eine Erböhung des Lohnes für Senntagsarbeit und für Ueberstunden, den Stundenarbeitern eine Er höhung des Tagelohnes zugestanden worden.

(Weitere Statistische Nachrichten“ s. i. d. Zweiten Beilage.)

Kunst und Wissenschaft. Am Mittwoch, Abends 83 Uhr, spricht der Architekt Ernst Fried

mann auf. Veranlassung des Vereins für deutfches Kunst? gewerbe im großen Festsaale des Künstlerhauses über das Schau⸗ fenster und selne Dekoration. Der Vortrag wird von einer Aus⸗ stellung Gwei vollständig dekorierte Schaufenster, ausgeführt von der höheren Fachschule für Dekorationskunst) und Lichtbildern begleitet sein.

Theater und Musik.

; Königliches Schauspielhaus. Die Besucher des Königlichen Schauspielhauses verlebten am

Sonnabend bei der Erstaufführung von Hermann Bahrs Lustspiel „»Der Krampus“ einen recht vergnügten Abend. Krampus“ be⸗ deutet in Wien, wo das Stück im Ausgang der Theresianischen Zeit svielt, etwa sopviel wie Brummbär“ oder Wauwau “„ und ist in diesem Falle der ominsse Beiname eines grantigen“ Hofrat, der wegen seines rücsichtslosen Egoismus und seiner kleinlichen Pedanterie als Tyrann und Schrecken seiner Umgebung gefürchtet wird. Der alte Herr hat sich neben der Liebe zur Musik aber noch einen Rest von Weich— herzigkeit gegenüber den Erinnerungen an frühere Tage bewahrt, und an diese gutmütige Seite weiß seine Jugendverlobte, die jetzige Frau Generalin, mit Erfolg zu appellieren, als es gilt, des Gefürchteten junges Nichtchen, das dieser einem alten Freund und Musikgenossen aufzudrängen im Begriff steht, für den jungen Neffen zu erobern, der des Fräuleins Herz 3

dramgtischen Ausführung des selbst für feine drei Akte nur recht dürftigen Stoffes, sondern in der feinen und ansprechenden Zeitschil derung, die namentlich die beiden ersten Akte auszeichnet. Im übrigen ist die Sjenenfolge mehr eine Reihe von genrehaften Bildchen als ein dramatischer Organismus. Auch von den auftretenden Personen ist nur eine, die des Hofrats, in der Charakterzeichnung wirklich durchgeführt; sie aber hat der Dichter mit einer Fülle eie enartiger Züge und mit Humor und Einsicht lebenswahr ausgestaltet. Die freundliche Aufnahme, die das Stück fand, war in erster Linie dieser gut gezeichneten Figur zu verdanken, zumal die Kunst des trefflichen Volmer alles, was an Wirkungen in ihr lag, zur vollen Geltung brachte. Wo es den

itzt. Die Vorzüge des Stückes beruhen nicht in der

Krampus“ als Einzelwese unendlich feinen kleinen 3 seines stummen Spiel übertreff lich. Die

n darzustellen, seine verschrobene Natur mit ügen auszumalen, mit der ganzen Kunst

s augenfällig zu machen galt, war Vollmer un—

u Generalin, selbst so wenig gemeistert,

ot ] mit einer so tüchtigen Partnerin, wie es

nicht lebendig auszufüllen anmutig gespielten die mit kleineren und Fräulein

daß sie auch ein Vollmer Frau Butze war,

des ersten Aktes, Frau Meyer,

denen der Dichter einen viel zu sicherer Charakterisierung. die Regie des Herrn Patry, die ihres Amts daß auch nicht die eser Erstaufführung zu bemerken war. stattung war überaus reizvoll.

spielten ihre Dienstbotenrollen, Raum zugewiesen hat, mit erkennung verdient auch

Besondere An⸗

ringste Unsicherheit bei di sjenische Aus

Berliner Theater.

Mit dem dreiaktigen Schauspiel von Henry Bataille (d Sonnabend das Berliner Th des vom Publikum dem Stücke gesp berechtigt angesehen werden. Es h dadurch entsteht, daß ein junge des elterlichen 8 Gefühle der bet

»Die törichte Jungfrau“, eutsch von Julius Elias) eröffnete am interspielzeit. Ein großer Teil endeten reichen Beifalls darf als voll⸗ andelt darin sich um einen Konflikt, der s Mädchen einen verheirateten Freund zauses liebt und sich von ihm entführen läßt. Die ü rogenen Frau einerseits und die nicht sondern tiefe Liebe des verfolgten für sich beansprucht und sie Triebfedern

eater die R

etwa oberflächliche, Paares, das Freiheit und Recht ir sich durch eine Tlucht zunächst verschafft, bilden die ĩ in, diesem Stück, Abbé, von dem Vebhaber,

Vieles von dem, was dürfte der Wirkung d Es spricht für das dr Hörer fesselt. setzungen geschraub

vermittelnden dem Advolaten Armoury, und von dessen gesagt wird, hört sich gut an, aber es es Ganzen förderlich sein, wenn gekürzt würde. ramatische Können des Autors, daß er tro erdings muß man vergessen können, d t sind, daß die Gesinnungen auf aber abgesehen, kann man die dramatische lich da einsetzt, wo die Fra wieder unnatürlich groß legenheit geratenen Paar eine Helferin Die Sache spi überwältigt

Stelzen gehen, davon Spannung genießen, die gewöhn. 1èArmoury auftritt und in ihrer allerdings stverleugnung dem in Ver— wird, wo sie zu rächen kam. daß das junge Mädchen,

en Liebe und Selb

tzt sich zuletzt darauf zu, von der Großmut der törichte Jungfrau“ gehandelt hat, sich

Leidenschaftlichkeit

andererseits und manches auch

. . dem gespannt Hinhorchenden Dekorationen

nach Entwürfen Paul Erkens Grundstimmung j d Jungfrau. Herr Hartau, war bemüht, dem verheirateten e Sorge im stillen beschäftigt, sympath upt darf dem Zusammenspiel

Ihr Partner, den auch di ische Züge zu geben. uneingeschränktes Lob gespendet und abgerundet. wieder in einer sehr o lebendig zu gestalten Forderungen ihrer Rolle so und das will in diesem Stücke gab Herr Zelnik ein wenig gemäß der obigen Angabe über lung, desgleichen Herr Clewing

betrogene Gattin matischen Rolle ausleben, und sie und durch ihr Spiel die unglaubwürdigen zu motivieren, daß man sie ihr glaubte, des Mädchens zu sehr in zischendem Ton, im übrigen die vorzügliche Ausgestaltung der Vorstel einen jungen Herzog.

Den Vater

findet am Mitt⸗ Romeo und Julia“, mit Fräulein „In dieser Vorstellung wird Herr Kammer— m Großherzoglichen Hoftheater in Karlsrube den Am Sonntag beschließt Fräulein Farrar Madama Butterfly. In der Gastspiele ist eine Umstellung er⸗ s finden nunmehr statt: tober, Carmen“ am 27. Oktober, „Liebestrank“

Das Königliche Schauspielhaus bleibt morgen geschlossen.

Die Erstaufführung von den 21. d. M. im Trianontheater stattfinden so Freitag, den 28. d. M. verschoben.

Der Spielplan des Modernen Theaters für diese lautet: Dienstag und Mittwoch: tag (zum 1. Male): Der Moloch“; beste der Frauen“.

Das jweite Symph unter der Leitung des findet morgen, Abends 77 Uhr, im J Die Matinee Das Programm lautet: Symphonie in A— Sasns; „Pastorale“ von Beethoven;

Im Neuen Königlichen Operntheater woch die letzte Wiederholung von Farrar als Julia statt. sänger Jadlowker vo Romeo als Gast sin ihr diesmaliges Gastspiel Reihenfolge der drei Caruso forderlich geworden. am 24. Ok⸗ am 30. Oktober.

heilige Hain“, die am Freitag,

beste der Frauen“; Der Moloch“; Freitag und folgende Tage— Sonntag, den 23. d. M., Nachmittags 3 Uhr: zoniekonzert der Königlichen Kapelle Generalmusikdirektors Dr. Richard Strau keuen Königlichen DSpern“

honi Moll von Saint⸗ Ein Heldenleben' von Richard

t sein erstes Konzert

Der Königliche Hof- und Dom chor gib 3 c es Direktors. Professors Hugo

in diesem Herbst unter Leitung sein Rüdel im Saale der Singakademle am 7. Programm besteht aus altklassischen, selten Chören, von denen ganz besonders ei von Caldara, ein A „Davidde ] wird die gro

aufgeführten a cappella- n sechzehnstimmiges Orucitixus doramus te von Corsi und ein Doppelchor aus enitenten von Mozart genannt werden. Als Hauptwerk Motette „Singet dem Herrn“ von J. S. Bach auf— te sind bei Bote u. Bock und A. Wertheim (espziger Straße und Kantstraße) zu haben.

Mannigfaltiges. Berlin, 17. Oktober 1910.

Seine Majestät der Kaiser stattete sige Blätter melden, den st esuch ab. Dort wurde Seine Majest Kirschner, dem Bürgermeister Dr. berordnetenvorstehern und mehreren Stadträten empfangen und be⸗ sichtigte unter Führung des Oberbürgermeisters Alte Leute Heim, die städtische Irrenanstalt, eimstätte und die anderen Anstalten. Buch, der Sommerwohnung des Familie der

am Sonnabendnachmittag, ädtischen Anstalten in Buch ät vom Oberbürgermeister Reicke und den beiden Stadt⸗

baurats Hoffmann das

die Zentrale Buch, die 8 dieser Rundfahrt wurde im Schloß Oberbürgermeisters, im Kreife von

In der Wäsche⸗ und Schürzenfabrik von D. Arndt vermutlich durch Unvorsichtig⸗ angreicher Brand aus, bei dem, gestellt hat, im ganzen sieben Frauen in den Flammen fanden. eichen sind durch

in der Neuen Freitagnachmittag ein umf wie sich nachträglich heraus und Mädchen den Tod stark verkohlten L es sind die der Frauen Fechtner, Fräuleins Mischke und Wentzel. identisch mit der Plätterin Klara zwei Plätterinmen, die zu früh in d

Friedrichstraße 790 a brach,

Sechs der Angehörige wiedererkannt worden; Aumann, Czock und Kootz, der Die siebente Tote ist wahrscheinlich Schwer verletzt wurden as von der Feuerwehr bereit-