n der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des, Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Zusammenstellung der Berichte von deutschen Fruchtmärkten für den Monat Oktober 1910 veröffentlicht.
Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Loreley“ vorgestern in Korfu eingetroffen und geht heute von dort nach Cattaro in See.
S. M. S. „Victoria Louise“ ist vorgestern in Venedig eingetroffen und geht am 17. November nach Smyrna in See.
S. M. „Jaguar“ ist gestern in Hongkong ein⸗ getroffen und von dort wieder in See gegangen.
S. M. Flußkbt. „Otter“ ist am 6. Tschungking (NYangtse) eingetroffen.
November in
Potsdam, 9. November. Gestern vormittag hat, W. T.. B.“ zufolge, im Exerzierhause an der Plantage die Vereidigung der Rekruten der Potsdamer Garnison in Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Ihrer Königlichen Hoheiten der Prinzen Eitel—
remdherrlichen Offiziere, des Generalobersten von Plessen, der Auch Ihre
ö August Wilhelm, Oskar und Joachim, der
zerren des Hauptquartiers u. a. stattgefunden. Majestät die Kgiserin und Königin sowie Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzessinnen Viktoria Luise und Victoria Margarete, die Prinzessinnen Eitel-Friedrich und August Wilhelm wohnten dem feier— lichen Akte bei. Nach der Vereidigung hielt Se ine Majestät der Kaiser eine kurze Ansprache an die Rekruten, worauf der
Stadtkommandant Generalmajor von Plüskow das Hoch auf den Allerhöchsten Kriegsherrn ausbrachte.
Bayern.
Der Generaladjutant Seiner Majestät des Königs von England Sir . Paget ist nebst den übrigen Herren der Sondergesandtschaft, die Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten die Thronbesteigung Seiner Majestät des Königs Georg V. anzeigen follen, gestern in München eingetroffen und wird, „W. T. B.“ zu⸗ folge, heute von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten in Audienz empfangen werden.
Oesterreich⸗Ungarn.
In der gestrigen Plenarsitzung der österreichischen Delegation stand das Budget des Ministeriums des Auswärtigen zur Beratung.
Nach, dem Bericht des W. T. B.“ sprach der Delegierte Sustersie im Laufe der Debatte sein Bedauern darüber aus, daß Bosnien und die Herzegowina in der Delegation nicht durch Delegierte vertreten seien. Welter erklärte er bei der Erörterung der Vorgänge der letzten Jahre, daß die Südslaven der Monarchie wie früher so auch jetzt die Annexionspolitik billigten und daher auch bereit seien, ihre Konsequenzen zu tragen. „Die Annexions⸗ krise;,. führte der Redner aus, „bewies nicht nur die militärische, sondern auch die politische Stärke der Monarchie, indem alle Völker der Monarchie eine einzige Front bildeten und ihre inneren Streitigkeiten zurückstellten. Der Lobgesang auf die Bundestreue. Deutschlands ist überflüssig, weit Deutschland bei der selbstverständlichen Wahrung der Bundes— treue nur im wohlverstandenen eigenen Interesse handelte. Die sicherste Garantie für die Dauer des Bundesverhältnisses mit Italien liegt in der Stärke der Monarchie.“ Der Redner billigte sodann die Führung der auswärtigen Angelegenheiten in den letzten Jahren und fuhr fort: „Die Slaven haben aber nicht die Be— ruhigung, daß unser Bündnissystem nicht ohne Einfluß auf die innere Politik der Monarchie ist. Den Balkanländern dürfen wirtschaftliche Konzessionen nicht auf Kosten der Landwirte gewährt werden, wohl aber bin ich für eine Zollunion mit den Balkanstaaten. Die Balkanpolitik muß auf vollständig neue Grundlagen gestellt werden, wir müssen dle Sympathien der Balkanstaaten zu erwerben suchen.“ — Der Baron Gautsch betonte die Wichtigkeit der Herstellung günstiger Handelsbeziehungen mit den Balkanstaaten, wobei nehen der not— wendigen Berücksichtigung der landwirtschaftlichen Interessen diejenigen der Industrie nicht verkürzt werden dürften. Deshalb warne er bor jeder Einseitigkeit in dieser Hinsicht. Der Redner richtete zum Schluß einen Appell an die Jugend, sie möge ihre bisherige Auslandsschen überwinden und, nach dem Vorbild Deutschlands durch Reisen ins Ausland in harter Arbeit ihren Gesichts— kreis erweitern und Kenntnisse erwerben, um auf diese Weise dem Vaterlande und dem Staat wirksam zu dienen. — Bei der weiteren Beratung wies Grabmayr nach, daß juristisch von einem Rechts⸗ oder Vertragsbruch bei der Annexion Bosniens und der Herzegowina nicht die Rede sein könne. Er betonte, Deutschland habe durch seinen trenen Beistand in kritischen Tagen Desterreichs Haltung in Algeciras mit Zinsen vergolten, was Oesterreich nie vergessen werde. Bezüglich des Verhältnisses zu Italien bedauerte der Redner, daß die italienssche Universitätsfrage noch nicht gelöst worden sei, und erklärte, das einzige Mittel gegen die zweifellos bestehende Irredenta liege darin, daß den Italienern die wirtschaftliche, intellektuelle und kulturelle Entwicklung innerhalb Oesterreichs gewährleistet werde. Oesterreich wünsche auf⸗ richtigen Frieden mit Italien und verlange nichts anderes, als den Verzicht auf unrealisierbare Träume als Gegenleistung. Der Redner appellierte an die maßgebenden Faktoren Italiens, auf die öffentliche
zeinung und die Presse im Sinne eines Ümschwungs der öffentlichen Meinung zugunsten Oesterreichs einzuwirken. Er begrüßte die Be— mühungen beider Regierungen im Juteresse der Herstellung eines ehrlichen und loyalen Bündnisses. — Der Delegierte Simionovpici betonte die lebhafte Sympathie der Rumänen für den Dreibund; die Rumänen würden den eventuellen Anschluß Rumäniens an den Drei— bund begrüßen.
Die Verhandlung dieses Punktes wurde hierauf ab⸗ gebrochen. In Beantwortung der sozialdemokratischen Inter— pellation, betreffend die jüngste Rede des Wiener Vize— bürgermeisters Porzer im Rathaus, erklärte der Mien ster des Aeußern Graf von Aehrenthal:
Die Regierungen hielten an dem Grundprinzip der Nichtein⸗ mischung in fremde Angelegenheiten fest. Weder der römische Bürger⸗ meister Nathan noch der Vizebürgermeister Porzer seien öffentliche
unktionäre und daher engggierten sie die Regierungen durch ihre Ausführungen keineswegs. Ferner bob e. Aehrenthal hervor, daß die Angriffe gegen den Heiligen Vater allenthalben, speziell in Italien, eine große intensive Bewegung hervorriefen.
Am Schlusse der Sitzung teilte der Präsident mit, daß der Vizepräsident Bärnreither infolge seiner zur Ordnung der bogen en Angelegenheiten notwendigen Anwesenheit in Prag den . als Vizepräsident niederlege.
— Die ungarische Delegation verhandelte gestern über das Heeresbudget. Die Delegierten , g,. und Bakonyi begründeten den ablehnenden Standpunkt der Unab—
hängigkeitspartei een das Budget mit der Nichterfülling der
ungarischen Militärforderungen.
Frankreich.
Der Ministerrat hat den Präfekten des Departements Aisne zur Disposition gestellt. Der Präfekt hatte sich, wie das „W. T. B.“ meldet, beim Ausbruch des Eisenbahnerausstandes ohne Urlaub in Paris aufgehalten und die für die Aufrecht— erhaltung der Ordnung vorgeschriebenen Maßnahmen auf dem Bahnhof in Tergnier zu spät getroffen.
— Zu Beginn der gestrigen Kammersitzung herrschte im Saale und in den Wandelgängen lebhafte Bewegung. Der Ministerpräsident Briand verlas die Erklärung der neuen Regierung, die, obiger Quelle zufolge, besagt:
Die Regierung, die an der Trennung der fkaatlichen von der kirchlichen Gewalt, an der Gerechtigkeit und der Freiheit festhaͤlt, wird sich ausschließlich auf eine republikanische Mehrheit ftützen, die aus Männern besteht, die entschlossen sind, die Eroberungen der Republik gegenüber der Kirche gegen die Reaktion zu verteidigen und weiter auszudehnen. Die Regierung wird ein Gesetz zur Ver⸗ teidigung der Laienschule einbringen und auf gesetzlichem Wege die Wahl, die Verwaltungs, und die Justizreform sowie das Beamten— und das Einkommensteuergesetz ins Leben rufen. Die Er— klärung erinnert sodann an die zugunsten der Arbeiter ins Werk gesetzten Reformen, namentlich an die Altersversorgung, und sagt, die Arbeiter dürften einzig vom Gesetz, nicht aber von Unordnung und Gewalttat ihre wirtschaftliche Befreiung erwarten. Es werde sich empfehlen, den gesetzlichen Maßnahmen zur Vermeidung der unerträglichen Fälle von Sabotage und Anarchie, wie sie beim Eisenbahnerausstand zutage getreten wären, dadurch größeren Nachdruck zu verleihen, daß man durch sie die Urheber solcher Handlungen und die, die zu ihnen aufreizten, treffe. Die Freiheiten der Spndikate würden dadurch nicht berührt, sie seien unverletzlich wie die Freiheit der Arbeit. Die Regierungserklärung weist ferner auf die Notwendigkeit hin, die Berufssyndikate in ihren nützlichen Bestrebungen zu fördern und die Beteiligung der Arbeiter am Gewinn unter den bereits angegebenen Bedingungen zu sichern. Die Regierung werde aber nicht' dulden, daß die Syndikate eine gesellschaftsfeindliche politische Aktion organi— sierten. Es werde auch notwendig sein, die Syndikatsverbände derart auszugestalten, daß sie eine richtige Vertretung der Arbeiter dar— stellten, und, die Frage des Ausstandes der Angestellten der zffent— lichen Betriebe unzweideutig zu regeln. Ein Schiedegericht sei zwar ein vorzügliches Vorbeugungsmittel, könnte aber unwirksam sein. Es wäre unzulässig, daß Angestellte, die Sondervorteile genössen, durch Laͤhmung des öffentlichen Lebens das Vaterland in Gefahr brächten. Die Regierung werde eine AÄbstim= mung über die Maßregeln fordern, die nötig aa, um den öffent— lichen Dienst im Falle eines Autstandes der Angestellten der öffentlichen Betriebe sicherzustellen. Dank dieser Maßnahmen werde die Republik, stark auch durch ihre Allianz und ihre freundschaftlichen Beziehungen, denen sie unabänderlich treu zu bleiben beabsichtige, inmitten der Nationen den Rang bewahren können, der ihr zukomme, werde ihrer Stimme nach außen Geltung verschaffen und in den Beziehungen zu den anderen Stgaten die traditionelle Politik üben können, die die Größe Frank— reichs geschaffen habe. Die Regierung sei entschlossen, die militärische Macht, die sichere Garantie des internationalen Friedens und das Unterpfand der nationalen Würde, zu stärken. Die Regierung rechne a darauf, daß das Parlament das Marineprogramm annehmen werde.
Nach der Verlesung der Erklärung trat die Kammer sofort in die Debatte über die Interpellationen der Sozialisten, betreffend die arbeiterfeindliche Politik des Ministerlums und ö Umstände, unter denen das Kabinett gebildet worden ist, ein.
Der Abg. Painlevé (unabhängiger Soz.) warf Briand vor, daß er um das Vertrauen der Kammer gebeten habe für ein Mi— nisterium, das nicht mehr bestanden habe, da es gleich darauf zurück⸗ trat.! Painlevé griff, in seinen weiteren Ausführungen die Persön⸗ lichkeit Briands heftig an, dem er vorwarf, daß er das Volk mit patriotischen Redensarten getäuscht habe und daß er erst habe Minister werden müssem, um zu jernen, daß Frankreich Grenzen habe. — Brigand erwiderte, er habe nicht darauf gewartet, die antipatriotische Taktik gewisser Sozialisten zu brandmarken, bis er Minister geworden sei. — Der Abg. Painklevs warf Briand ferner seine sozia⸗ listische Propaganda und seinen Mangel an republikani— scher Lovalitat heftig vor und rief: „Solange Sie dort sind, wird auf. der Ministerbank etwas faul sein!' — Au briot (geeinigter Sezialist) erklärte bei Besprechung der Um— stände, unter denen der letzte Ministerwechsel statigefunden, Brand habe einen wahrhaften Verttauensmißbrauch gegen seine Majorität be⸗ gangen. — Jau res sagte, die ministerielle Erklärung enthalte zwei Charakterzüge: Brutalität und Zweideutigkeit, die erstere, weil sie wage, den Arbeitern in den öffentlichen Betrieben das Streikrecht zu nehmen, die zweite, weil sie nicht angebe, wie sie diese Drohung ausführen wolle. Im weiteren Verlauf seiner Rede wünschte Jaursè ß, daß die Regierung erkläre, ob sie Anhängerin det fakustativen oder des obligatorischen Schieds— gerichts sei, und warf Brigand vor, daß er ein doppeltes Spiel fpiele mit den Parteien der Linken und des Zentrums. Der Redner erklärte ferner, die Gemäßigten und die Jonferpativen hätten den neuen Arbeitsminister Lafferre angenommen, weil fie in ihm einen Reaktionär sehen. Er griff Briand dann von neuem heftig an, der sich allen Parteien entziehe, und bedauerte zum , daß alle reakticnären Regierungen heute Briand als Beispiel anführten.
Als letzter der gestrigen Redner trat Theodore Reinach radikal für das obligatorische Schiedsgericht ein, worauf die Sitzung auf heute vertagt wurde.
— Im Senat wurde die ministerielle Erklärung von Justizminister Girard unter lebhaftem Beifall verlesen.
Spanien.
Der Minister des Aeußern hatte gestern nachmittag eine Besprechung mit El Mokri über die Garantien, die der Machsen für die Spanien zu zahlende Entschädigung geben soll. El Mokri bat, wie das „W. T. B.“ meldet, die Verhand— lungen bis nächsten Freitag zu vertagen, um sich In struktionen aus Tanger einholen zu können.
Belgien.
Der König Albert hat gestern das Parlament mit einer Thronrede eröffnet, in der er, „W. T. B.“ zufolge, zunächst des Königs Leopold . dessen Sorge es gewesen sei, Belgien schöner zu gestalten und ihm durch Schaffung einer Kolonie neue Absatzmöglichkeiten zu eröffnen, und dann, an seine eigene Thronbesteigung erinnernd, für die Sympathie⸗ beweise seines Volkes dankte und weiter feststellte, daß er und die Königin an den ausländischen Höfen eine herzliche Auf— nahme gefunden hätten, wie das belgische Volk seinerseits dem Kaiser Wilhelm einen herzlichen Empfang bereitet habe.
Die Thronrede kündigt sodann an, daß die zwischen Deutschland, England und Belgien getroffenen Vereinbarungen über die Grenze im Kongogebiet demnächst der Kammer zugehen werden, hebt den großen Erfolg der Weltausstellung hervor und betont, daß immer mehr daran gearbeitet werden müsse, auf dem Gebiete der Kunst, Literatur und Wissenschaft daz Niveau der nationalen Erziehung zu heben. Auch der gelungenen Autstellung alter Kunst des
TUI, Jahrhunderts wird gedacht. Die Thronrede „6. Sprachenkämpfe mit Mäßigung zu führen, den ich ! z Förderung des Fachunterricht zu heben und' den Kindern n n besuch durch gesetzlich: Maßnahmen zu erleichtern. em 16 vater müsse durch gesetzliche Vorkehrungen das Recht 6 werden, den ihm genehmen Unterricht für sein Kind auen l die soziale Fürsorge müsse erweitert werden durch Verdollst:m e Gesetze über die Altersrenten und den Kinderschutz und dur mm don Handels- und Industrieräten. Endlich werde die Iegier Heimarbeit regeln. Nach Ankündigung einiger Hejetz nt . nn
die Militärpensionen erörtert die Thronrede die Abnahme dez r.; enusses und das günstige Ergebnis des neuen Milit rgesete l Finanzlage des Landes sei gut, jedoch sei Sparsamkeit ,
Schluß erwähnt die Thronrede die Reformen in der , ; die in diesem Jahre vervollständigt werden sollen. Ronni a WVor dem Verlesen der Thronrede kam es zu lãrm Kundgebungen. Als nämlich der König den Si un . Kammer betrat, riefen die Sozialisten: „Auflösung! Ale, Stimmrecht!“ Sie wurden aber durch die Rufe: Ee König!“ übertönt. 2
— Im Senat erklärte gestern, obiger Quelle j der wiedergewählte Präsident Vicomte Simonis, daß . sich durch den Besuch des Deutschen Kaiserpaareö am ö Hofe geehrt fühle. Man dürfe aus diesen Freu n bezeugungen einer großen Nation schließen, daß man an wisse, und anerkenne, daß Belgien als neutrales ung hängiges Land sich allgemein Achtung verdient habe. ;
Griechenland.
Die gestrige, vom „W. T. B.“ verbreitete Nachricht einem Zusammenstoß zwischen griechischen Evzonen und liths Truppen in der Gegend von Prevesa' wird in Athen in Form für falsch erklärt. .
Serbien.
Nach dem gestern ausgegebenen Krankheitsbericht ha Kronprinz Alexander die Nacht in ruhigem, tiefem Sh verbracht. Nach Mitternacht stellte sich reichliche Sch absonderung ein. Morgens fühlte sich der Patient sehr Die Untersuchung aller Organe zeigt keine Veränden Temperatur 37,8.
Schweiz.
Das Aktionskomitee gegen den Gotthardvernn veröffentlicht einen Aufruf an das Schweizer Volk, worn „W. T. B.“ zufolge, die Bürger ermahnt, sich ernstlich dieser für die wirtschaftliche Zukunft der Schweiz wich Frage zu beschäftigen. Das Komitee fordert auf, eine Pes an das eidgenössische Parlament zu unterzeichnen und A versammlungen abzuhalten. Der Aufruf trägt 113 in schriften, darunter von 24 Mitgliedern des eidgenössischen laments, von zahlreichen bekannten Vertretern von u Militär, Universitäten, Handel und Industrie, aus allen Gegtn des Landes und von allen politischen Parteien. .
Amerika.
In der Mehrzahl der Einzelstaaten der amerikanist Union haben gestern Gouverneurs-, Staats! Kon gxreßwahlen stattgefunden. In vielen Staaten men auch die Staatslegislaturmitglieder gewählt, die ihren
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etwa 30 neue Bundessenatoren zu wählen haben. Ange der Unzufriedenheit mit dem neuen Zolltarif und der wirrung, die über diese Frage in republikanischen Ku
herrscht, hoffen, W. T. B.“ zufolge, die Demokraten ju sichtlich auf eine Majorität im Repräsentantenhause und Zuwachs an demokratischen Bundesfenatoren. Das gil Interesse wendet sich den Staaten New York, wo die Pu lichkeit und die Politik Roosevelts im Mittelpunkte stehl, Jersey, Ohio und Connecticut zu. In den Staaten Wäözcn Idaho, Minnesota, Indiana und in Teilen von Wasphing Californien, Oregon, Colorado und Texas rechnet man! einem Siege des progressiven Flügels der republikanischen M wenn nicht der Demokraten.
Bei der vorgestrigen Eröffnung des ku banisch Kongresses erklärte der Präsident Gomez den bishen 3 für veraltet, forderte, wie das „W. T. B.“ nn anläßlich der Tarifrevision die Erhöhung der Zölle schutzzöllnerischer Grundlage und erwähnte, daß besonder⸗ Zölle auf Schuhe, Gewebe, Seife, Flaschen und Papier q Erhöhung bedürfen.
Die chilenische Regierung hat, obiger Quell folge, 96 791 500 chilenische Gold⸗Piaster angewiesen zum? von 2405 ki Eisenbahnen.
Asien.
Nach Depeschen des Wali von Van hat, wie das, W.! meldet, bei Dschar ein heftiger Zusammenstoß zwist türkischen Truppen und persischen Irre gu lären, geblich auch persischen Regulären, stattgefunden, die ein türkischen Truppen besetztes Gebiet überfallen haben, aber Verlusten zurückgeschlagen worden sind. Die Pforte bei der persischen Regierung Protest erheben.
— Nach einer Meldung der „St. Petersburger Telegrm agentur“ ist in Schiras der Belagerungszustand erklärt won
Parlamentarische Nachrichten.
Nach dem amtlichen Wahlergebnis sind hä Reichstagsersatzwahl im 4. Posener Wahlltt (Neutomischel, Grätz, Kosten, Schmiegeh am 4. Novembe ganzen 22 149 Stimmen abgegeben worden. Davon h der Schriftsteller Morawski Pole) 16413, der Ritten besitzer Schwartz kopf (deutschkons 5678, der Redch Sremski (Soz) 46 Stimmen erhalten. Zersplittert nt 12 Stimmen.
Bei der Ersatzwahl eines Mitglieds des Hausen! Abgeordneten, die am 8. d. M. im 4. Wahlbezirk Stadt Berlin (umfassend den östlichen Teil der Temhen Vorstadt und den südlichen Teil der Luisenstadt diesselt Kanals) stattfand, wurde an Stelle des Abg. Dr. Müller, de Mandat niedergelegt hat, wie hiesige Blätter berichten, Stadtverordnete drei fh deri ii c Volkspartei 269 Stimmen gegen 193, die auf den Schriftsteller Grim Son kb na entfielen, gewählt.
voenigstens 100 Personen verletzt worden. befinden sich
Statifstik und Volkswirtschaft. Zur Arbeiterbewegung.
Sch
seien sehr wollten ihr treter des 8 berhandeln.
eine Schwadron Kazallerie eingetroffen, eine zweite Schwadron wird morgen folgen. Außerdem sind dort gestern abend 270 Polizei- beamte aus London eingetroffen, die sich unverzüglich nach onypandy und Aberaman weiterbegeben haben; heute hormittag wurden noch weitere 260 Polizeibeamte dort erwartet. — Nach Meldungen aus Cardiff ind bei den Unruhen im Kohlenbergwerksgebiet von Glamorgan Unter den Verletzten Während die Polizei den Wohnsitz des Bergwerkedirektors in der Nachbarschaft der Stadt Tonhvpandy zu schützen bemüht war, war die Menge geraume Jeit Heir von Tonypandy, durchzog in Trupps die Straßen, zer— kümmerte die Ladenfenster und warf die Waren auf die Straße, sodaß die Stadt aussah, als sei sie beschossen und geplündert worden. Ein Polizeibeamter von Tonypandy, wurde schwer verletzt und sst seinen Wunden erlegen. Aus Cardiff werden Truppen er— wartet. Man hegt Befürchtungen wegen der Sccherheit Llewellvns, des Generaldirektors der Cambrianbergwerke, der mit etwa fünfzig Mann in der Hauptstation der Glamorgan⸗Kohlenberg— werke eingeschlossen ist. Llewellyn und seine Mannschaft halten die Maschinen im Betrieb, um einer Ueberflutung der Mine vorzubeugen. Während der Ruhestörungen sind die Ventilationsanlagen von zwei Schächten unbrauchbar gemacht worden, und man fürchtet, daß infolge— dessn 400 Pferde in diesen Schächten erstickt sind. Ber ganze Bezirk bietet ein Bild der Zerstörung. Mehrere Polizeibeamte sind schwer verletzt worden.
Die im englischen Schiffbau beschäftigten Kesselschmiede haben, W. T. B.“ zufolge, das von ihren Vertretern mit den Ver— tretern der Arbeitgeber abgeschlossene Abkommen mit 15 563 gegen 5850 Stimmen verworfen. (Vgl. Nr. 247 d. Bl.)
In Liverpool war gestern, wie W. T. B. meldet, infolge eines Ausstandes der Fuhrleute, die kürzere Arbeitszeit verlangten, der Verkehr im Hafen und in den Docks lahmgelegt. Etwa C00 Mann feierten. Der Ausstand ist aber inzwischen wieder bei— gelegt worden.
zwei Journalisten.
Kunst und Wissenschaft.
Wir sind heute dabei, das Scheckwesen innerhalb der deutschen Post⸗ verwaltung mehr und mehr auszubauen und volkstümlich zu machen. Wir halten das für eine neuzeitliche Errungenschaft, und doch hat schon im Altertum ein Giro- und Scheckverkehr bestanden, dessen Einrichtungen im alten Aegypten uns durch die Papyri überliefert sind. Während zahlreiche sonstige Einrichtungen des praktischen Ver— waltungsdienstes sich durch das Mittelalter hindurch forterhielten, lonnte das Scheck und Girowesen, das sich auf gegenseiliges Vertrauen stützt, die schweren Erschütterungen, die den Untergang der antiken Welt zur Folge hatten, nicht überdauern und selbst die Erinnerung an das hochwichtige antike Girowesen ging verloren. Der Telegraphendirektor Dr. Preisigke in Straßburg hat nun in einer Schrift „Girowesen im griechischen Aegypten, enthaltend Korn⸗ Jiro, Geldgiro, Girobanknotariat, mit Einschluß des Archivwefens“ auf Grund der Papyrusurkunden ein genaues Bild von dem ägypti⸗ schen Girowesen entworfen. In der letzten Nummer des „Archivs für Post und Telegraphie“ teilt er die Hauptergebnisse seiner in jenem Buch dargelegten Feststellungen mit; iesem Aufsatz sind die nach⸗ stehenden Angaben entnommen. Im alten Aegypten, das ein Ackerbau— staat war, waren neben Geldzahlungen auch Naturalzahlungen üblich. Ein gtoßer Teil des Fruchtbodens war Staatseigentum oder Krongut, Näher waren die Steuern und Pachtzinsen vielfach in Korn statt in Held festgesetzt und diese Zahlungen erfolgten auch in der Regel durch Kern, Diese Zahlungs form war in Aegypten nicht die Folge⸗ erscheinung einer primitiven Kultur, vielmehr bei dem agrarischen Charakter des Landes durchaus zweckmäßig und ein Zeichen einsichtiger Staatsklugheit. Dieser K ornzahlungsverkehr trägt nun die Durjeln des Giro⸗ und Scheckverkehrs in sich. Die Schwierigkeit des Austausches der Naturalien drängte auf Ver⸗ linfachung; dabei richteten sich die Blicke ganz von selbst auf die staat⸗ lichen Getreidespeicher, die fast in jedem größeren Dorf errichtet waren.
n ihnen wurde das als Pachtzins für Staats, und Kronländereien lieferte Getreide gelagert, aber auch die Ernte von Privatbesitzern konnte in ihnen als Privatguthaben untergebracht werden. So ent— gickelten sich bei diesen Stgatsspeichein private Guthaben in
aturalien, von denen Steuern, Pacht oder sonstige Zahlungen in Form bon Abschreibungen geleistet werden konnten. Ba der Pridatmann bei nutzung der stagtlichen Speicher die Kesten für eigene Bauten er parte, auch vor Diebstahl und Feuer sicherer war, andererselts die
Lsicherte Lagerung der Ernte das geschäftliche Vertrauen unh damit die Steuerkraft des Landes erhöhte, war diese Einrichtung für den riwagtmann wie für den Stagt von gleichem Nutzen und 6 Korngirowesen kam in Aegypten bald zu hoher Blüte. indere Stellen zur Abwicklung von Girokornzahlungen als die staat⸗ ichen Speicher gab es nicht. — Der Girogeldverkehr hingegen lag durchweg in Len Händen von Privatbanken und drängte sich natur— keniß in den Gauhauptstädten zusammen. In jeder Gauhauptstadt fund sich freilich auch eine K die sich aber nur mit der Fäwaltung der Staategelder befaßte. Der Privatmann benutzte bei n e hungen sowohl an Private wie an den Staat Bankinstitute, ähnlich unferer Reichsbank eine Mittelstellung zwischen Behörde und Privatbank einnahmen (Staatsbanken) und die von der Reglerung er tz waren. Die Staatskasse des Gaues und alle in ihm l nglichen Staatespeicher fanden unter der Bberleitung einer Gau— bt hre, die man als Gaurechenkammer bezeichnen kann; bei
er Behörde flossen monatlich die Yechenschaftsberschte und 'Ab— ehnungen des Gaues zufammen: von der Staatskasse die Ab⸗ chnungen über Bargeld, von den Staatespeichern diejenigen über ‚ etreide. In der Landeshauptstadt Alexandrien befand sich die orgeordnete Landesrechenkammer, an deren Spitze der Finanz— ' mier stand. Von dieser Bebörde wurden die,. Geld— n Kornrechnungsbesege aus allen Städten und, Dörfern nachgeprüft. n fiten Aegyten finden wir also dieselbe Drelteslung der Behörden, un ie ch ei ung heute hesteht. — Aus den Papyri ist ersichtlich, . meist Weizen, seltener Gerste in den Staatsspeschern als Privat⸗ neu haben verwaltet wurde. In allen Belegen und Uebeisichten ⸗ . die Korngattung und der Jahrgang angegeben, Unter⸗ ih ungen nach der Güte wurden, aber nicht gemacht. Mit einer en Unterscheidung wäre das Girowesen in Korn auch garnicht
durchführbar gewesen: ein Scheffel Weizen, den man im Dorfe A beim Staatsspeicher einzahste, mußte denfelben Wert haben, wie ein Scheffel Weizen, den der Staatsspeicher des Dorfes B an den Giroempfänger auszahlte. Die eigenartige Fruchtbarkeit Aegyptens brachte es auch mit sich, daß der Weizen in allen Teilen des Landes von gleicher Güte war. Das Staatsgetreide scheint von dem Privat— getreide nicht getrennt gelagert worden zu sein. Die Form der Giro— anweisung mag eine Aufzeichnung auf einer Tonscheibe aus dem 2. oder, 3. Jahrhundert n. Chr. zeigen. Die auf ihr enthaltene griechische Inschrift lautet in deutfcher Uebersetzung: ‚Prophetes an Amonios Gruß zuvor. Buche um aus meinem Giroguthaben uf, den Namen Lufillas 4 ] Weizen, wiederhole 41 Weizen“. Prophetes ist der AÄussteller der Giroanweisung, Amonios der Vorsteher des betreffenden. Stagtsspeichers, Lukillaz, der Giro— empfänger. Das übliche Gefreidemaß war die Artabe setwa 35 ; die, Benennung des Maßes ist als selbstverständlich fortgelassen. Die geringe, Menge der Zahlung zeigt, daß man auch kleine Schulden in Korn tilgte und sich auch bei ihnen des Giro bediente. Die Wieder— hölung, der Summe geschah, im Kassen⸗ und Rechnungswesen allgemein. Es war dem Girozahler gestattet, mehrere? Giro— anweisungen an verschiedene Empfänger auf einem Papyrus blatt, oder auf einer Scherbe niederzuschreiben. Die Anweisung verblieb als Kassenbelag dauernd beim Staatsspeicher. Die Giro= anweisungen mußten im Ausstellungsmongte beim Staatsspeicher ver⸗ pschnet werden; erst im Monat nach ihrer Aussfellung eingehende Rechnungen galten als überfällig und ungültig. Diese Vorschrift war erlassen, weil man weder sprachlich noch geschäftlich eine Unterscheidung zwischen Giroanweisung ünd Scheck machte. Beide hießen Nadryhlerü, und es war dem Aussteller eines solchen überlassen, es unmittelbar an den Speicher zu senden (Giroanweisung) oder dem Zahlungsempfänger auszuhändigen (Scheck. Durch jene Vorschrift wollte man die Lauffrist des Schecks auf den Ausstellungsmonat be— schränken. Neben den Schecks, auf denen eine beflimmte Person als Zahlungsempfänger genannt war, gab es solche, die von Hand zu Hand laufen konnten, bis schließlich ein beliebiger Inhaber den Scheck beim Speicher zur Zahlung vorwies; bei jenen mußte der Vorweiser Namensunterschrift leisten, bei diesen fiel jede Prüfung fort, doch mußte der letzte Inhaber eine besondere Antragsformel unter den Scheck setzen. Eine solche aus der Zit um 155 n. Chr. lautet in deutscher Uebersetzung: „Ich, Philoxenos, genannt Philiekos, Sohn des Dionysios, weise den Scheck hiermit vor mit dem Antrage, mir die (oben im Scheck) benannte eine Artabe Weizen auszufolgen unter Lastschrift auf den Namen des (Scheckausstellers Diogas, Sohnes des Anois“. — Das Giroguthaben wurde teils durch Selbsteinlage des Guthabers, teils durch Zahlungen anderer Personen gebildet, wobel Ein— zahlungen durch Giroumschrift oder durch Zuführung in Getreide in natura erfolgen konnten; ob ein Mindestbestand festgesetzt war, wissen wir nicht. In zahlreichen Ackerpachtverträgen findet sich die Bestimmung, daß der Pächter sich verpflichte, den Pachtzins in Weizen an den Verpächter im Girowege zu zahlen, und zwar sofort nach der Ernte. Der Verpächter besaß in solchen Fällen entweder noch andere Ländereien, um derentwillen er ein Girokonto beim Staatsspeicher unterhielt, oder er hatte ein Getreidegeschäft. Aehnlich wurde die Girozahlung von Getreidesteuern erledigt. Diese flossen dem Staat nicht un' mittelbar zu, sondern liefen vorher durch die Hand von Steuererhebern. Jährlich wurde von der Regierung ein Steueretat aufgeftellt, wobei die Einnahmen des Vorjahres als Grundlage dienten. Der Etat zerfiel in den Etat für Getreidesteuern und in den für Gesdsteuern. Jedem Gau wurde dann die Gauhauptsumme als Steuersoll zu— geschrieben. Der Gau verteilte diese Hauptsumme auf die einzelnen Gemeinden, diese wiederum auf die Zünfte, Körperschaften usw. Staat— liche Steuerbeamten besorgten die Einziehung, sie waren entweder Ge— treide⸗ oder Geldsteuererheber. Die Erheber waren liturgische Beamte, das heißt, sie hatten den Erheberdienst als Fron ein Jahr lang unentgelt⸗ lich zu leisten, und zwar auf eigene Gefahr; uneinziehbare Steuerbeträge mußten sie aus eigener Tasche decken. War ein Steuererheber für eine Torfgemarkung bestellt, so ließ er bei dem Staatsspeicher dieser Ge⸗ markung sofort ein Girokonto für sich einrichten. Alle Steuerzahler, die selbst ein solches Konto besaßen, zahlten dann ihre Steuern auf das Konto des Getreidesteuererhebers, indem sie den Steuerbetrag von ihrem Konto abschreiben ließen. Wer kein Konto befaß, mußte seine Steuer in natura, im Staatsspeicher abliefern, wo der Betrag im Konto des Erhebers gutgeschrieben wurde. Dieses Konto, das lediglich für die Steuereinnahmen diente, war an sich ein Privatkonto, der Staat hatte aber jeden Steuerbetrag vom Augenblick der Einzahlung in seinem Gewahrsam und konnte auch Tag für Tag die Steuereinnahmen feststellen. Das Privat— steuerkonto diente zugleich als Abrechnungsbuch über die dem Erheber amtlich zugefertigten und pon ihm eingezogenen Beträge. So wurde das pri⸗ vate Girokonto des Erbebers ganz von selbstzum Dienstkonto. Ein weiterer Vorteil aus der Giroeinrichtung erwuchs den Steuererhebern daraus, daß das Girowesen einen Fernverkehr ermöglichte. Im Altertum war jedermann nur in seinem Heimateort steuerpflichtig; bei neuen Schätzungen mußte sich daher jeder in seinen Heimatort begeben. um an Ort und Stelle persönlich seine Steuererklärungen abzugeben. Nach erfolgter Schätzung zerstreuten sich die Leute wieder, blieben aber zahlungspflichtig in ihrem Heimatgort. Daraus erwuchfen den Steuer⸗ erhebern große Schwierigkeiten und Verluste, denen sie durch gegen— seitige Hilfe zu begegnen suchten. Man zog gegenseitig Kornstenern ein, führte sie an die Staatskonten der Staatsspeicher ab und be— wirkte den Ausgleich buchmäßig durch die an die Gaurechnungs— kammer eingelandten Monatsübersichten. Die Fremdpostenunterschiede, die gus dem Fernverkehr über die Gaugrenzen noch verblieben, wurden durch Gegenrechnung bei der Landesrechnungekammer in Alexandrien ausgeglichen. Eine andere Gattung des Girofernverkehrs war der Fernverkehr für Privatzahlungen; wurde er von den Steuererhebern zwecks Einziehung unterhalten, so bedienten sich die Privatleute seiner zwecks Auszahlung von Getreide— summen am Fernorte, was für Landwirte 8 wertvoll war. Zur Sicherung des Fernbetriebes waren Dienstrückmeldungen vor— geschrieben. Die Privatguthaben im Staatsspeicher konnten wie jeder andere Besitz verpfändet oder beschlagnahmt werden. Gehörte der Girobesitz unmündigen Kindern, so bedurfte die Giroanweisung der Gegenschtift des Vormundes. Für die Lagerung und Behandlung der Giroguthaben mußte der Guthaber an die Staatsspeicher be⸗ stimmte Gebühren zahlen. Ueber jede Zahlung erteilte der Staats— speicher Quittung an den Einzahler, gleichviel ob die Ein⸗ zahlung durch Einmessen von Korn oder durch Lastschrift im Konto des Zahlers geschah; ebenso wurde bei jeder Giro⸗ rinzahlung zu Händen des Giroempfängers eine Meldung ausgefertigt. Die Steuergiroquittung enthielt nur den Etatstitel, in den die Zahlung fiel (Gewerbesteuer, Kopfsteuer, Erntesteuer usw.). Eine Steuerquittung des Staatsspeichers lautet also z. B.: „Im Jahre X, am X. des Monats. N. Eingezahlt hat N. für Rechnung des Titels Kopfsteuer x Artaben Weizen. N., Speichervorsteher.“
Kassentagebücher und Kontobücher waren, wie heute, so auch damals die grundlegenden Kassenbücher.
Die Akademie der Medizin in Paris wählte den an Loeffler-Greifswald zum wirklichen auswärtigen Mitglied.
Literatur.
— Der Lehrprinz. Lehrbuch der heutigen Jagdwissenschaft mit besonderer Berücksi ning der Bedürfnisse des Jagdbesitzers und des Jagdverwalters. Von Oberländer. Zweite, nach den neuesten Er= fabrungen bearbeitete und verbesserte Auflage. Mit 242 Abbildungen nach Originalzeichnungen, Photographien und Originalholzschnitten. Verlag von J. Neumann in Neudamm,] Preis gebunden 10 16. — Die alten Lehrbücher der Jagd und Jagkn en f von Hartig, Diezel u. a. sind sicher auch noch heute lesenswert, für eine neue, den modernen Verhältnissen angepaßte Bearbeitung des ganzen Stoffes lagen aber unstreitig triftige Gründe vor, da sich
die Jagdverhältnisse seit der Zeit, in der jene Bücher er— schienen, durchaus geändert haben. Nicht nur die Gesetzgebung hat in sie eingegriffen, sondern auch die moderne Technik hat ihre Hilfs⸗ mittel ausgestaltet, die Naturwissenschaft unsere Kenntnis vom jagdlichen Nutzen und Schaden einzelner Tiere erweitert, und es kann auch nicht bestritten werden, daß ein verfeinertes sittliches Gefühl das Weidwerk in den Anschauungen der wirklich weidgerechten Jäger veredelt hat. Oberländer hat es in dem vorliegenden Buch ausge⸗ zeichnet verstanden, die überkommenen, noch heute gültigen weidmännischen Regeln nach, den Forderungen der Gegenwart auszugestalten, unter pietätvoller Wahrung der wertvollen Ueberlieferung den neuen Errungenschaften den ihnen gebührenden Platz anzuweisen. Sein Buch wird dem erfahrenen Jäger ebenso Anregung und Aufschlüsse bieten, wie es ein treffliches Lehrbuch für den jungen Nachwuchs ist. Ueberall zeigen sich in ihm Theorie und Praxis auf das glücklichste vereinigt, und aus jedem Kapitel spricht eine vollkommene Beherrschung des reichen Stoffes und der über— reichen Jagdliteratur. Die Anordnung ist praktisch und über⸗ sichtlich. Nachdem einleitend das Weidwerk vom Standpunkt der Ethik betrachtet ist, beschäftigt sich der erste Abschnitt mit allen Fragen, die für die Erziehung des jungen Jägers von besonderer Wichtigkeit sind. Dem Leser werden in ihm neben einer kurzen Ge⸗ schichte des deutschen Jagdwesens die Grundzüge des deutschen Jagd⸗ rechts und die der Jagdzoologie geboten und er wird mit der deutschen Jagdsprache bekannt gemacht. Der zweite Abschnitt behandelt die Vorbereitung für die Praxis, das Schießwesen, die Jagdwaffen, Schießkunst und Jagdausrüstung, während im dritten alle Fragen be⸗ antwortet werden, die den Jäger als Reyierinhaber und Jagd⸗ perwalter, angehen. In diesem besonders wichtigen Ab⸗ schnitt ist auf knappem Raum eine geradezu erstaun— liche Fülle von Material übersichtlich und eingehend behandelt: Die Erwerbung des Reviers, das Verhältnis zu den Jagdteilhabern und Grenznachbarn, Iggdschutzpersonal und Jagdverwaltung, Wildhege, Wildschaden und Wildschadenvergütung, Wildererunwesen und Gastschütze. Der letzte Abschnitt handelt von der eigentlichen Jagdausübung. Die zahlreichen Abbildungen gereichen dem Buche ebenso zur Zierde, wie sie seinen Text veranschaulichen. Ein sorgfältiges Negister schließt das fast 600 Seiten starke Werk ab. Der Umstand, daß der Verlag den Preis der zeitgemäß ergänzten Neu⸗ auflage von 18 uf 10 M herabgesetzt hat, wird sicher dazu beitragen, dem wertvollen Buch in immer weiteren Kreisen der Jäger und Jagd⸗ liebhaber Verbreitung zu verschaffen. .
— Friedrich Lienhard; Oberlin. Roman aus der fran— zösischen Revolutionszeit. Buchschmuck und Einband nach Zeichnungen bon Kurt Jäckel. Broschiert 4 50 , gebunden 550 Mä. Verlag von Greiner u. Pfeiffer in Stuttgart. Dieses Buch gibt uns die Entwicklungsgeschichte eines jungen Elsässers und zugleich ein an— chauliches Bild der französischen Revolution und ihrer Wirkungen auf das Elsaß. Leidenschaft, Freundschaft und Liebe und daneben die Erschütterungen und leidvollen Erfahrungen, die durch die französische Revolution hervorgerufen werden, sind es, die einschneidend in Viktor Hartmanns inneren und äußeren Lebensgang eingreifen. Sein Lehrer, Führer und Meister wird Oberlin, ein bedeutender Pfarrer und eigenartiger Mann, dessen Trachten und Wirken dahin geht, die Menschen von innen heraus zu veredeln, zu erleuchten, zum Frieden der Seele und zu wahrem Herzensadel zu leiten. Geschickt sind Geschichte und Phantasie zu einem Ganzen verbunden, und wir gewinnen einen tieferen Einblick in jene bewegte Zeit. Vertraute Namen, wie Lili von Türckheim, Friederike Brion, Pfeffel ꝛc., treten als redende und bandelnde Menschen vor uns hin, oder wir vernehmen die Wirkungen von Persönlichkeiten wie Goethe, Kant 2c. an anderen. Der Roman hat genaue Studien, unveröffent⸗ lichte Papiere aus Privatbesitz, Reste von Oberlins Bücherei, eine Reihe von Briefen und Memoiren der auftretenden Personen zur Grundlage. Das gediegen ausgestattete, 480 Seiten starke Buch eignet sich gut zum Geschenk für die Jugend.
Aus stellungsnachrichten.
Wie die Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche Industrie, W. T. B.“ znfolge, mitteilt, wird die Internationale Eisenbahn- und Verkehrsmittel⸗-Ausstellung in Buenos Aires am 2. Januar 1911 geschlossen werden.
Land⸗ und Forstwirtschaft.
Wien, 8. Novemher. (W. T. B.) Das Ergebnis der Obst⸗ ernte ist befriedigend bis sehr befriedigend, das der Olivenernte infolge Umsichgrelfens der Oelfliege verschlechtert. Der heimische Weinbau hat ein Mißjahr gehabt; im allgemeinen ist die Qualität schwachmittel.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Das Kaiserliche Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Maul⸗ und Klauenseuche aus Pignovo, Kreis Kosten, Reg. Bez. Posen, Kandlau, Kreis Fraustadt, Reg. Bez. Posen, und Peitz, Landkreis Kottbus, Reg Bez. Frankfurt, sowie aus Pirmasens, Bezirksamt Pirmasens, Reg.⸗Bez. Pfalz, Niederlustadt, Bezirksamt Germersheim, Reg. Bez. Pfalz, und Schlacht- und Viehhof zu Nürn⸗ berg am 7. November 1910.
Türkei.
Der internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat folgende Quarantänemaßnahmen verfügt:
Die für die Herkünfte von Neapel angeordneten Quarantäne⸗ maßregeln sind aufgehoben, Herkünfte von Neapel unterliegen bei der Ankunft im ersten kürkischen Hafen, in dem sich ein Sanitätsarzt be⸗ findet, einer ärztlichen Untersuchung. Das Lazarett von Touz la ist für die Handelsschiffe geschlossen. Schiffe, die Konstantinopel ver⸗ lassen, haben sich je nach ihrem Reiseziele nach einem anderen türki⸗ schen Lazarett oder nach einer türkischen Sanitätsstation zu begeben, um sich hier der vorgeschriebenen ärztlichen Besichtigung und der Desinfektion zu unterwerfen. Die für die Herkünfte von den Sägtenstrichen zwischen Anapa und Poti, diese beiden Häfen ein⸗ geschlossen, Kertsch⸗Yäni⸗Cäla und Eupatoria, diese beiden Häfen ein⸗ geschloslen, sowie von den Städten Akerman und Taganrog angeord⸗ neten Quarantänemaßregeln sind aufgehoben. Von dort kommende Schiffe, welche Passagiere an Bord eg, unterliegen im Lazarett von Sinope oder in demjenigen von Monastir. Aghzi (Cavak) einer ärztlichen Untersuchung nebst Desinfektion. Haben Cite dieser Her⸗ kunft Passagiere nicht an Bord, so unterltegen sie einer ärztlichen ren,, im ersten türkischen Hafen, wo sich ein Sanitätsarzt efindet.
ö Der internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat für die Herkünfte von Rodosto und Eregli (Marmarameer) eine ärzt⸗ liche Untersuchung angeordnet, die im ersten türkischen Hafen, wo . ein Sanitätsarzt befindet, zu erfolgen hat. Treffen Schiffe aus diesen Häfen in einem Hafen des Marmarameeres ein, wo sich ein Sanitäts⸗ arzt nicht befindet, so erfolgt die ärztliche oi e Fans durch den Munizipalarzt des Ortes. Die für die Konstantinopel zu Schiff ver⸗ Fir Reisenden angeordnete ärztliche Untersuchung bei der Ab fahrt ist aufgehoben. Die für die Herkünfte von Adalia ange⸗ ordnete ärztliche Untersuchung ist aufgeboben.
Nieder lande.
Die Königlich niederländischen Minister des Innern und der Finanzen haben unter dem 3. d. M. (Bekanntmachung im Nieder⸗ ländischen Staatscourant Nr. 259 vom 6. d. M. ihre 6 vom 24. 25. v. M. (vgl. Deutsch. Reichganz. vom 2. d. M. Nr. Bs), betreffend das Verbot der Ein⸗ und Durchfuhr von Lumpen, ge⸗ brauchten Kleidungsstücken und ungewaschener Leib und Bettwäsche, soweit es Barletta betrifft, vom 6. d. M. ab aufgehoben. derselben Nummer des Stagatscourants ist eine Verfügung deg genannten Ministers des Innern vom 5. d. M. ffentlicht,