Königlichen Opern hause findet morgen, Donnerttag, n hrung. der Walküre“ statt, die in den Hauptrollen durch
— — de Damen Kurt, Denera, Ober, die Herren Grüning und von
Schwind besetzt ist. Herr Plaschke vom Königlichen Hoftheater in y 66 hhasd den . Das Walkürenensemble besteht aus den Damen Böhm van Endert, Dietrich, Ober, Pacholski, Parbs, Rose, Rothauser, von Scheele⸗Müller. (Anfang? Uhr.)
Im Königlichen Schauspielbause werden morgen „Die Räuber“ von Schiller gegeben. Den Karl Moor spielt Herr Staege⸗ mann, den Franz Herr Kreidemann vom deutschen Schauspielhause in hamburg, als Gast. Außerdem sind die Herren Eggeling, Vallentin, Hode, Mannstaedt, Platen, Schroth, Werrack, Hoffmann, Zeigler, Kraußneck, Eichholz sowie Frau Willig beschäftigt. Die Vorstellung beginnt um 7 Uhr.
Mannigfaltiges. Berlin, 23. November 1910.
Ueber die Witterung in Norddeutschland im Monat Oktober 1910 berichtet das Königlich preußische Meteorologische Institut auf Grund der angestellten Beobachtungen: Ungewöhnliche Trockenheit war das Hauptmerkmal der Witterung ganz Nord⸗ deutschlands im diesjährigen Oktober. Dabei war die Bewölkung meist etwas zu klein; trotztem übertraf die Sonnenscheindauer im Küstengebiet sowie im Westen die normalen Werte nur in geringem Maße, während die binnenländischen Stationen rechts der Elbe sogar etwaz zu wenig Sonnenschein verzeichneten. Auch in den Temperaturverhältnissen zeigte sich ein ausgesprochener Gegensatz zwischen den einzelnen Landesteilen. Zwar war es in der ersten Monatshälfte noch überall milde; dagegen machte sich die in der zweiten Hälfte herrschende Kälte im Osten derartig geltend, daß das Monatsmittel daselbst bis zu 140 unter dem Normalwerte lag. Im Wesien traten dagegen niedrige Temperaturen nur vorüber⸗ gehend auf. Hier war es bis zu 150 zu warm. Vereinzelt war der 2. Oktober in der Gegend des Arnsberger Waldes sogar ein Sommertag. Auch die Höhenstationen hatten überall einen be— deutenden Temperaturüberschuß (1,3 bis 1,8 ). Frost wurde, mit Ausnahme weniger Küstenstriche, im östlichen, mittleren und nord— westlichen Teile des Gebietes fast überall, im Südwesten jedoch nur strichweise beobachtet. In Masuren herrschte an mehreren Tagen bereits strenger Frost (bis — 8zo), auch kamen hier drei Eistage vor, die außer auf der Schneekoppe im übrigen Gebiete noch gänzlich fehlten. Der Mangel an Niederschlägen war ein be— trächtlicher. Die normalen Mengen wurden nirgends erreicht; an der Mehrzahl der Orte fiel weniger als die Hälfte des Mittel⸗ wertes. An vielen Stationen zählte man nur 2 bis 3, keines⸗ falls aber mehr als 10 Niederschlagstage; im mittleren Binnenlande fiel mehrfach vom 7. bis 30. Oktober überhaupt kein menbarer Niederschlag. Am 2. und 3. traten im Nordwesten noch mehrfach Gewitter auf. Schnee ist nur auf der Schneekoppe gefallen und blieb hier auch mehrere Tage liegen. Im Gegensatz zur Temperatur war die Niederschlagsverteilung eine sehr gleich— mäßige. Auch die im Herbst und Winter häufige starke Zunahme der siederschlagsmenge in der Richtung von Osten nach Wessen fehlte in diesem Monat gänzlich. Der größte Teil von Norddeutschland hatte zwischen 10 und 25 mm. Aber auch weniger als 10 mm finden sich auf weiten Strecken, besonders in einem Streifen zwischen 51 und b3 Grad Breite, der im Westen etwa im Münsterlande beginnt und sich ostwärts bis zur Spreemündung erstreckt, ferner in Thüringen und an der Odermündung sowie in versprengten Gebieten, besonders im Osten. Mehr als 25 mm wurden beobachtet: Im Erm⸗ land und in den Trunzer Bergen, im größeren Teile von Hinter— pommern, in Oberschlesien, in den Sudeten, an der Grenze von Brandenburg und Schlesien, in der Eifel, außerdem im Bergi⸗ schen Lande und Sauerlande sowie den angrenzenden Gebirgen, endlich in kleineren, versprengten, vornehmlich küstennahen oder gebirgigen Gebieten. Nur ganz vereinzelt wurden nördlich der Eifel, in den höheren Teilen des Riesengebirges, am Abhange der hohen Mense sowie im Adlergebirge etwas über 50 mm Niederschlag
ruhigeg, 62 trockenes und warmes Wetter. Mit der Annäherung eines Tiesdruckgebiets vom Ozean her fanden am 2. Abends und am 3. früh im Nordwesten Gewitter statt. Auch in den folgenden Tagen bewirkten Ausläufer des nordischen Depressionsgebiets trübe und xregnerische itterung. Vom 6. ab breitete sich das schon seit dem 3. Oktober über dem Ozean ange— deutete Hochdruckgebiet über das europäische Festland aus, woselbst es längere Zeit in wechselnder Lage verharrte. Es herrschte ruhiges und mildes, Morgens vielfach nebliges, Mittags oft sonniges Wetter. Am 12. Oktober war ein Minimum vor dem Kanal und in der südlichen Nordsee erschienen, während vom Ozean her ein Hochdruck— gebiet nachdrängte. Die anfangs noch südlichen Winde drehten nunmehr mit dem Zurückweichen der Depression nach Norden, später mit dem welteren Vordringen des Maximum nach Osten. Es fand vom 14. ab starke Temperaturerniedri- gung mit Reifbildung und Nachtfrösten statt. Erst mit dem Vor- dringen eines ozeanischen Minimums stieg die Temperatur wieder, doch kam es nur im Westen zu unbedeutenden Niederschlägen. Als nun bei andauernd tiefem Luftdrucke im Südwesten ein Hochdruckgebiet über Nordosteuropa zur Ausbildung gelangte, wurde es bei vielfach lebhaften östlichen Winden wieder merklich kälter, so daß die Witterung im Osten mehrere Tage hindurch einen winterlichen Charakter annahm. Erst in den letzten Monatstagen wurde es wieder mile; gleichzeitig fanden im Küstengebiete und im Westen ausgedehnte Regenfälle statt.
George Armin trug am vergangenen Sonntag im Klind⸗— worth⸗Scharwenkasgal aus der bekannten Dichtung „Enoch Arden“ von Alfred Tennyson (in der Uebersetzung von Adolf Strodtmann) die ergreifenden Abschnitte Kindheit‘, „Jugendzeit“, „Wandel und Wechsel', „Philipp“ und „Enochs Schicksal' mit tiefem Empfinden und eindruckspoller Sprechweise vor. Die bekannte, von Richard Strauß (Op. 38) dazu komponierte, melodramatisch hegleitende Musik wurde in gleich wirksamer Art von Herrn Professor Otto Becker (Klavier) ausgeführt. Die den Saal füllende Zu— hörerschaft folgte den lebendigen Worten des Redners mit gespannter Aufmerksamkeit und bezeugte ihm sowohl wie dem Mitwirkenden ihren Dank. Namentlich rief der zweite Teil der Dichtung „Enochs Schicksal' einen ganz besonders ergreifenden Eindruck hervor
Halle, 22. Nobember. (W. T. B.) Amtlich wird gemeldet: Gestern nachmittag 65 Uhr wurde auf dem östlichen Wegübergang des Bahnhofes Reußen durch eine nach Klitzschmar fahrende Lokomotive ein Fuhrwerk des Mühlenbesitzers Eberius in Döllnitz angefahren. Der Geschirrführer und Pferd sind leicht verletzt. Der Wagen ist stark beschädigt.
London, 23. November. (W. T. B.) Als der Premierminister Asquith gestern das Parlament verlassen hatte, drängten sich An⸗ hängerinnen des Frauenstimmrechts an seinen Wagen und zertruͤmmerten mit einem Stock eine Fensterscheibe des Gesa le Etwa hundert Verhaftungen wurden vorgenommen. Der Minister blieb völlig ruhig und fuhr nach dem Athengeumklub. Darauf zogen die Frauen vor die Wohnung des Premierministers in der Downing Street, wo nur wenige Schutzleute postiert waren. In wenigen Minuten erschien jedoch Verstärkung auf dem Platze, und es gelang, die Frauen, von denen wieder mehrere verhaftet wurden, zurückzudrängen; sie zogen darauf nach Whitehall, wo es ebenfalls zu Zusammenstößen mit der Polizei kam. Auch der Minister Birrell hatte einen Zu⸗ sammenstoß mit den Frauen. Sie trieben ihm die Kopf— bedeckung über die Ohren, stießen ihn hin und her und gaben ihm Fußtritte gegen das Schienbein, bis die Polizei eingriff. Der Mi— nister lehnte es ab, ein Automobil zu benutzen, und begab sich hinkend in den Athenageumklub. Im Laufe des gestrigen Abends warfen Anhängerinnen des Frauenstimmrechts bei den Ministern Grey, Churchill, Harcourt und Burns die Fenster ein. Im ganzen wurden gestern 156 Demonstrantinnen verhaftet.
Paris, 22. November. (W. B. B.) Wie aus Nantes ge⸗ meldet wird, ist ein Boot, in dem 17 Arbeiter und Arbeiterinnen über die Loire setzten wollten, mitten im Flusse an eine Leucht—
trunken, die übrigen konnten sich retten, indem sie sich teils an Boje anklammerten, teils schwimmend das Ufer erreichten. — In . Nähe von Lens wurden 29 Drähte des Stagtztelegrap hen und 16 Telegraphendrähte der Nordbahn von bisher unbekannten Tätern zerschnitten.
Saßje ka, 23. November. (W. T. B) Gestern um 8 Uhr früh traf der Zug mit der Leiche des Grafen Leo Tolstoj hier ein, von einer großen Volke menge erwartet. Die Kinder Tolstois und Bauern trugen den Sarg drei Werst bis Jaßnajg Poljana, wo er in einem Gemach aufgebahrt wurde. Nachdem der lange ug der Abschiednehmenden an der offenen. Bahre Tolstois vothel, gezogen war, wurde der Sarg von den Söhnen des Dahin— geschiedenen, sewie von Studenten und Bauern hinaus getragen während die Menge auf die Knie fiel und den Choral „Ewiges An“ gedenkenꝰ sang. Der Leichenzug bewegte sich durch den Garten zum Grabe, das, von Bauern gegraben, von neun Cichen umgeben ißt. An der Spitze des Zuges schritten Abordnungen, ein Sängerchhr und die Kranzträger, hinker dem Sarge folgten die Gräfin und bie übrigen Verwandten. Während der ganzen Zeit der Grableg ung verharrte die Menge unter dem Gesange des Chorals in kniender Stellung. Viele weinten. Reden wurden nicht gehalten. Um 45 Uhr Nachmittags war die Beisetzungsfeierlichkeit beendet.
In der grmenischen Kirche in St. Petersburg ist eine feierliche Messe für Tolstoi zelebriert worden. Es ist die einzige Messe, die in den St. Petereburger Kirchen für den Verstorbenen ge— lesen wurde. Gestern nachmittag versammelten sich auf dem Newsgky-Prospekt vor der Kasankathedrale zahlreiche Studenten und Studentinnen. Die Polizei war rechtzeitig auf dem Platze und drängte die Menge zurück, die friedlich auseinanderging und hierbei zur Erinnerung an Tolstoi das Lied „Ewiges Gedenken“ anstimmte. — Vor dem Wohnhaus Tolstois in Mos kau sowie auf Straßen und Plätzen fanden gestern Kundgebungen bon Studenten statt, ebenso in Kiew und Charkow. Die Polizei zerstreute die De— monstranten. — Wie aus Astapowo gemeldet wird, ließ die Bahn⸗ verwaltung am Sterbehause Tolstois eine Tafel anbringen . Inschrift: ‚Am 20. November starb hier Leo Nikolajewitsch
olstoi “.
Vardö, 22. November. (W. T. B.) Ein gestern hier ein getroffenes russisches Postschiff berichtet über heftige Stürme an der ganzen Murmanküste. Acht Fahrzeuge mit etwa 409 Mann sind untergegangen, darunter ein Motorfahrzeug. Einige Leichen sind an Land getrieben worden.
Lissabon, 23. November. (W. T. B.) Ein Eisen bahnzug der Strecke Lissabon — Sacavem überfuhr sieben Leute, die in einem Tunnel auf dem Rocio«Bahnbof in Lissabon arbeiteten; zwei wurden getötet, die fünf anderen wurden in bedenklichem Zustande in das Hospital geschafft.
Saigon, 22. November. (W. T. B.) Auch in der Provinz Quang-nam haben heftige Regengüsse große Verheerungen an— gerichtet; mehr als hundert Menschen sind umgekommen.
Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.
El Paso, 23. November. (W. T. B.) Der Kampf in Torreon, der gestern wieder begonnen hat, dauert heute noch an. Zweitausend Revolutionäre stehen 600 Soldaten gegenüber. Es heißt, die Revolutionäre hätten große Verluste erlitten, die Truppen aber zurückgeschlagen und etwa 100 Mann davon ge— fangen genommen. Chihuahua soll durch einen Angriff von acht- bis zehntausend Revolutionären bedroht sein.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und
beobachtet. — Im Anschluß an die letzten Septembertage herrschte in den ersten Tagen des Oktober unter dem Einfluß hohen Luftdrucks
boje angeprallt und zerschellt.
Sieben Arbeiter sind er⸗
Theater.
unigliche Schauspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 119. Abonnementsvorstellung. Dienst⸗- und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. Die Walküre in drei Akten von Richard Wagner. Musikalische Leitung: Herr Generalmusikdirektor Dr. Muck. Regie: Herr Oberregisseur Droescher. (Wotan: Herr F. Kronen vom Königlichen Theater in Hannover als Gast.) Anfang 7 Ühr.
Schauspielhaus. 257. Abonnementsvorstellung. Die Näuber. Ein Schauspiel in fünf Aufzügen von Schiller. Regie: Herr Regisseur Patry. (Franz: Herr Franz Kreidemann vom Deutschen Schauspiel⸗ haus in Hamburg als Gast.) Anfang 7 Uhr.
Freitag: Opernhaus. 120. Abonnementsvorstellung. (Gewöhnliche Preise) Dlenst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Die Meisterfinger non Nürnberg. . in drei Akten von Richard Wagner. Anfang 7 br
Schauspielhaug. 258. Abonnementsvorstellung. Wallensteins Lager. Schauspiel in einem Aufzug von Schiller. Die Piecolomini. Schauspiel in 5H Aufzügen von Schiller. Anfang 74 Uhr.
Neues Operntheater. Sonntag, Nachmittags 21 Uhr: Auf Allerhöchsten Befehl: 4. Vorstellung für die Berliner Arbeiterschaft: Colberg.
istorisches Schauspiel in 5 Aufzügen von Paul
eyse. (Die Billette werden durch die Zentralstelle ür Volkswohlfahrt nur an Arbeitervereine, 6 usw. abgegeben. Ein Verkauf an einzelne Personen findet nicht statt. — Abends 77 Uhr: 216. Billett⸗ reservesatz. Dienst⸗ und Freiplaätze sind aufgehoben. Nathan der Weise. Dramatisches Gedicht in fünf Aufzügen von Lessing.
Preise der Plätze: Fremdenloge 83 6, Vorder⸗ parkett 6 M, 1. Rang, Loge und Mittelbalkon 5 „S, Mittelparkett (1. — 12. Reihe) 5 Mιο, Mittel⸗ parkett (13. 22. Reihe) 3,50 S, Seitenparkett 2,50 AS, 1. Rang Seitenbalkon 2 „, Tribüne 150 M, Stehplatz 1 .
Deutsches Theater. Donnerstag, Abends 6 Uhr:
Hamlet.
erg. Judith.
onnabend: Herr und Diener. stammerspiele.
Donnertztag, Abends 8 Uhr: Gawan.
Freitag:. Die Komödie der Irrungen. Vorher: Die Heirat wider Willen.
Sonnabend: Der verwundete Vogel.
Berliner Theater. Donnerstag, Abend 8 Uhr: Der scharfe Junker. Schauspiel in 4 Akten von Georg Engel.
. Der neue Compagnon.
onnabend: Der scharfe Junker.
Lessingtheater. Donnerstag, Abends 8 Uhr:
Wenn der junge Wein blüht. Lustspiel in drei Akten von Biörnstjerne Biörnson.
Freitag: Das zweite Leben.
Sonnabend: Wenn der junge Wein blüht.
Nenes Schanspielhaus. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die Jungfrau von Orleans. (Johanna: Irene Triesch.)
Freitag: Wann kommst du wieder?
Sonnabend, Nachmittags 34 Uhr: Weh dem, der lügt! (Vorstellung für das ‚Klassische Theater“ .) — Abends 74 Uhr: Zum ersten Male: Genoveva.
Romische Oper. Donnerstag, Abends 8 Uhr Tiefland. reitag: Die Boheme. Sonnabend, Abends 75 Uhr: Zum ersten Male: Abbes Mouret.
Schillertheater. O. (Wallnertheater) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Zum ersten Male: Die Fee Caprice. Lustspiel in 4 Akten von Oskar Blumenthal.
Freitag: Die Fee Caprice.
Sonnabend: Sodoms Ende.
Charlottenburg. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Prin , von Homburg. Schauspiel in fünf Aufzügen von Heinrich von Kleist.
. Sodoms Ende. onnabend: Das Urbild des Tartüff.
Theater des Mestens. (Station: Zoologischer Garten. Kantstr. 12.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die schönste Frau. Operette in drei Akten von Rudolf Lothar.
66 Geschlossen.
onnabend, Abends 75 Uhr: Zum ersten Male: Das Puppenmädel.
Custspielhaus. (Friedrichstr. 236.) Donnerstag, Abends 3 Uhr: Der Feldherruhügel. Schnurre in 3 Akten von Karl 4 . und Roda Roda.
Freitag und folgende Tage: Der Feldherrn
hůgel.
Residenthenter. ( Direltion: Richard Alerander) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der Uunterpräfekt. Schwank in drei Akten von Leon Gandillot.
. und folgende Tage: Der Unterpräßfekt.
onntag, Nachmittags 3 Uhr: Gretchen. Grotegke
in 3 Akten von Davis und Lipschütz.
Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Polnische Wirtschaft. Schwank mit Gesang und Tanz in drei Akten von Kraatz und Okonkowgky, bearbeitet von J. Kren. Gesangstexte von Alfred Schönfeld, Musik von J. Gilbert.
Freitag: Polnische Wirtschaft.
Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Aschenbrödel. — Abends: Polnische Wirtschaft.
Trianonthenter. (Georgenstraße, nahe Bahnhof Friedrichstraße.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der heilige Hain. Lustspiel in drei Akten von Robert de Flers und G. A. de Caillavet. Musik von Emile Lassailly.
Freitag und folgende Tage: Der 6 Hain.
Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Pariser Witwen. Lustspiel in 3 Akten von A. Sylvane und F. Carrs. Deutsch von Max Schoenau.
Modernes Theater. (Königgrãtzer Str. 768.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der Doppelmensch, Schwank in drei Akten von Wilhelm Jacobi und Arthur Lippschitz.
Freitag und folgende Tage: Der Doppelmensch.
Konzerte.
Königl. Hochschule für Musih. Donners, tag, Abends 8 Uhr: stonzert von Nikolaus Papazoglu.
Philharmonie. Donnerstag, Abends 8 Uhr: 2. Konzert des Berliner Lehrergesangvereins. Dirigent: Prof. Felix Schmidt.
Singakademie. Donnerstag, Abends 8 Uhr: 2. KGammermusikabend des Klingler⸗Quartettè.
Saal Bechstein. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Klavierabend von Gisella Grosz.
Beethoven · Saal. Donnerstag, Abends 8 Uhr:
Konzert von Leo Schrattenholz und Bruno =. e mit dem Philharmonischen rchester.
Blüthner ⸗Baal. Donnerstag, Abends 8 Uhr— Liederabend von Marietta Malten.
Zweiten Beilage.)
—
AUlindworth · Scharmenkg · aal. Donners tag, Abends 8 Uhr: Liederabend von Henny Fuchs.
Dirhus Schumann. Donnerstag, Abends 73 uhr: Das vorzügliche Programm. U. a.: Die persische Truppe Mirza Golem, Ez Personen. — Apachen zu Pferde, geritten von Frl. Dora Schumann und Herrn Karl Heß. — Der Kreisel⸗Globus, neueste Kreation des Direktors Albert Schumann, sowie: die übrigen Alttrak⸗ tionen. — Um 9] Uhr: Der große Coup der Schmuggler. Große romantische Pantomime.
Dirhus Onsch. Donnerstag, Abends 71 Uhr: Galavorstellung. IU. a. Gebr. Adones, . duktionen am 70 Fuß hohen freistehenden Mast; neueste Sensation. — Gastspiel des berühmten Dresseurs Herrn Dir. Pierre 8. mit seinen etwa o dressierten Pferden. — Außerdem: Frau Adele Althoff mit ihren hervorragendsten Freibeits⸗ dressuren. — Frl. Elisabeth v. Dynar, Schul⸗ reiterin, auf ihren eigenen Schulpferden. — Die be— rühmte Radfahrerfamilie Kleiu. — 3 Gebr. Fratellinis, urkom. Clowng. — Um 9i Uhr: „Venezia“.
Familiennachrichten.
Verlobt: Verw. Fr. Frieda von der Decken, geb. Neubauer, mit Hrn. Rittmeister Lucas kei fe
Margarethe
(Hamburg = Chemnitz). — Frl. alter
Rohdich mit Hrn. Staatsanwalt Otto (Breslau Ratibor).
Verehelicht: Hr. Landrichter Erich Klust mit Frli Franziska Bernau (Neisse München).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Geheimen Bergrat Anton Uthemann (Zalenze).
Gestorben: Fr. Helene von Lewinski, geb. von Sperling (Oberschreiberha). — Verw. Fr. Regierungsrat Wißmann (Bad Lauterberg).
Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg. Verlag der Expedition (Heidrich) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerel und Verlagh⸗— Anstalt Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sieben Beilagen (einschließlich Börsen ⸗ Beilage).
Erste Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger
Mn. 275.
Berlin, Mittwoch, den 23 Novemher
191.
Dentscher Reichstag. 33. Sitzung vom 22. November 1910, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Nach der Eröffnung der Sitzung und der Begrüßung der Abgeordneten durch den Präsidenten Grafen von Schwerin— Löwitz, worüber in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, teilt dieser mit, daß der zweite Vizepräsident, Erb⸗ prinz zu Hoßenlohe-Langenburg, sein Amt niedergelegt hat; auf die Wiederbesetzung dieses Postens wird der Präsident am Schluß der Sitzung zurückkommen.
Den Abgg. Träger, von Strom beck und Dr. Lender, die im Laufe des Sommers ihr 80. Lebensjahr vollendet haben, hat das Präsidium die Glückwünsche des Hauses dargebracht und aus Anlaß des 100. Geburtstages des ersten Präsidenten des Reichstages Sim son einen Kranz an dessen Grabe nieder legen lassen.
Eingegangen sind zwei Interpellationen der Sozial— demokraten und Deutsch⸗Konservativen, betreffend die Lebens mittelteuerung, und eine Interpellation der Sozialdemokraten, betreffend die letzten Kaiserreden.
Hierauf tritt das Haus in die Tagesordnung ein. Zur ersten Beratung steht der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die durch die neue Strafprozeßordnung veranlaßten Aende⸗ rungen des Gerichtskostengesetzes.
Abg. Dr. Wagner-Sachsen (8kons.): Die Vorlage ist nicht ge eignet, die politischen Leidenschaften aufzuregen. Ich gebe dem Wunsche Ausdruck, daß dieser Umstand eine gute Vorbedeutung für den Verlauf der bevorstehenden Reichstagsverhandlungen sein möge, und beantrage, den Entwurf der VII. Kommission zu überweisen.
Die Atgg. Dr. Heinze (nl. und Wellstein (Zentr.) schließen sich diesem Antrage an.
Das Haus beschließt demgemäß.
Es folgt die erste Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend den Schutz des zur Anfertigung von Reichsbanknoten berwendeten Papiers gegen unbefugte Nachahmung.
Abg. Dr. Arendt (Rp): Der Gesetzentwurf wird von keiner Seite Widerspruch etfahren. Ich möchte bei dieser Gelegenheit nur dem Wunsche Ausdruck geben, daß man dafür sorgen möge, daß wir endlich in Deutschland auch den ästhetischen und praktischen Ansprüchen ge nügendes Papiergeld bekommen. Es wäre überflüssig, unser deutsches Papiergeld gegen Nachahmung zu schützen, es schützt sich ge⸗ wissermaßen selbst durch seine Häßlichkeit. Es hat diese Frage aber auch ihre ernste Seite, denn die Häßlichkeit der Aus führung macht das Papier unbeliebt, man sucht es bald wieder abzustoßen. Dadurch ist es bald abgenutzt und muß aus dem Verkehr gezogen werden. Schon nach einem Jahre pflegt seine Erneuerung notwendig zu sein, die große Kosten verursacht.
Abg. Ortel (nl.): Meine politischen Freunde geben dem Gesetz—⸗ entwurf ihre Zustimmung. Im übrigen bin ich auch der Meinung, daß man bel der Herstellung des Papiergeldes dem ästhetischen Empfinden mehr Rechnung tragen müßte.
Damit schließt die erste Lesung.
Es folgt die erste Lesung des Gesetzentwurfes, betreffend die Beseitigung von Tierkadavern.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück:
Meine Herren! Der Ihnen vorliegende kurze Gesetzentwurf bedarf kaum einer Einführung. Ich darf mich daher auf die folgenden wenigen Bemerkungen beschränken.
Der Gesetzentwurf verdankt seine Entstehung zunächst Anregungen us landwirtschaftlichen Kreisen und insbesondere auch des Deutschen kandwirtschaftsrats und Anregungen aus diesem hohen Hause, die insbesondere gegeben sind bei Gelegenheit der Beratungen des Vieh⸗— seuchengesetzes. Das Kaiserliche Gesundheitsamt hat diese Anregungen befürwortet, die verbündeten Regierungen haben geglaubt, sich ihnen nicht entziehen zu können. Der Gesetzentwurf beruht auf der wissen⸗— schaftlichen Erkenntnis, daß nicht bloß die Kadaver von Tieren, die folge ansteckender Seuchen gefallen oder getötet sind, für die Gesund— heit von Menschen und Vieh gefährlich werden können, wenn nicht für eine gründliche Beseitigung gesorgt wird, sondern daß auch die Kadaver anderer getöteter oder gefallener Tiere, wenn sie auf die Dungstätten gebracht werden, wenn sie auf dem Felde liegen bleiben, wenn sie in die Wasserläufe kommen, oder wenn sie nur oberflächlich eingescharrt sind, die Träger von Krankheitsstoffen für Menschen und Vieh werden können. Die verbündeten Regierungen schlagen Ihnen daher vor, auch für die Kadaver von Tieren, die nicht infolge einer msteckenden Seuche gefallen oder getötet sind, eine unschädliche Be seitigung vorzuschreiben und gleichzeitig zu bestimmen, daß dem Bundes⸗ at die Ermächtigung zustehen soll, Bestimmungen darüber zu erlassen, ob und inwieweit diese Kadaver oder Teile davon etwa nicht dem Beseitigungszwange unterliegen, sondern ausnahmsweise verwertet verden dürfen.
Die verbündeten Regierungen sind ferner der Meinung gewesen, daß sich das Reichsgesetz darauf beschränken soll, hinsichtlich der Beseitigung gewisse Mindestforderungen festzulegen. Diese Mindest—⸗ sorderungen beschränken sich im Anschluß an die Bestimmungen des Viehseuchengesetzes auf die Vorschrift, daß die Kadaver durch Ver— saben an geeigneten Orten unschädlich beseitigt werden sollen. Ueber dise Mindestforderung im Reichsgesetz hinauszugehen, verbot sich, weil die wirtschaftlichen und die Verkehrsverhältnisse in den ver scheedenen Teilen des Deutschen Reichs so verschieden liegen, daß es schwer sein würde, weitergehende einheitliche Bestimmungen zu treffen, ind weil andererseits in einer großen Reihe von Bundesstaaten die Heseitigung auch dieser Tierkadaver schon in so zufriedenstellender Weise geregelt ist, daß es nicht zweckmäßig erschien, in diese Be— simmungen einzugreifen. Die verbündeten Regierungen schlagen Ihnen dementsprechend vor, den einzelnen Bundesstaaten die Er— mächtigung zu geben, durch besondere landesrechtliche Bestimmungen weitergehende Vorschriften über die Beseitigung der Tierkadaver zu lteffen. Ferner sollen die einzelnen Bundesregierungen auch ermächtigt sein, die Vorschrift der unschädlichen Beseitigung, die das Reichs— sesetß auf die größeren Haustiere beschränkt, auch auf die kleineren Haustiere auszudehnen.
Damit würde aber die Materie, nachdem sie einmal in Fluß ge⸗ kommen ist, nicht erschöpfend geregelt sein. In neuerer Zeit haben sich eine Reihe von Verfahren Geltung verschafft, die teils durch Verwendung von heißen Dämpfen, teils durch Chemikalien Tier⸗ kadaver in einer Weise unschädlich machen, die die weitere Verwendung der Rückstände nicht nur für gewerbliche Zwecke, sondern auch für Dungzwecke und für die Zwecke der Tierernährung unter Umständen geeignet erscheinen läßt. Es schien zweckmäßig, dem Rechnung zu tragen, indem die letztere Verwertungsart im Gesetz ausdrücklich anerkannt ist, vorbehaltlich auch hier der durch die Bundesregierungen zu erlassenden Ausführungsvorschriften.
Diese moderne Form der Beseitigung der aber nicht immer vereinbar mit den jetzt hältnissen des Abdeckereiwesens und mit den gesetzlichen Be⸗ stimmungen, die zurzeit das Abdeckereiwesen regeln. Die Ge⸗ werbeordnung hat zwar bezüglich des Abdeckereigewerbes die aus⸗ schließlichen Gewerbeberechtigungen beseitigt, die Zwangs- und Bann— rechte der Abdecker da, wo sie bestanden, aber ausdrücklich aufrecht erhalten. Nun wird aber die Durchführung der Kadaververnichtung und Beseitigung mit einer jener modernen Methoden schwer durchführbar sein, wenn man nicht den entsprechenden Anstalten eine gewisse ausschließliche Berechtigung des Gewerbebetriebes verleiht. Auf der anderen Seite wird aber eine solche ausschließliche Be⸗ rechtigung zu einer Monopolstellung führen, die, namentlich wenn sie in den Händen von Privaten ist, wiederum der gesetzlichen Regelung bedarf. Man wird einmal unter Umständen dahin kommen müssen, für der⸗ artige Anstalten bestimmte Taxen vorzuschreiben, und man vsrd anderseits von denjenigen, die derartige Anstalten betreiben, eine gewisse Qualifikation, den Nachweis der Befähigung und der Zuverlässigkeit, verlangen können. Auch diese Vorschriften reichs gesetzlich zu regeln, erschien nicht zweckmäßig. Die ver⸗ bündeten Regierungen haben sich deshalb entschlossen, auch hier den Einzelstaaten die Möglichkeit des gesetzgeberischen Einschreitens dadurch zu geben, daß in dem § 3 ausdrücklich vorgeschrieben ist, daß durch Landesgesetz die einschlägigen Bestimmungen der Gewerbe— ordnung abgeändert werden können. Dazu treten dann die zum Schutze der gegebenen Vorschriften notwendigen Strafvorschriften.
Das Gesetz bezweckt also, um es noch einmal kurz zusammen— zufassen, ergänzend neben den schon bestehenden reichsgesetzlichen Vorschriften über die Beseitigung von Kadavern von Tieren, die in folge von ansteckenden Seuchen getötet oder gefallen sind, und neben den reichsgesetzlichen Vorschriften über die Unschädlichmachung von beanstandetem Fleisch auch noch die Beseitigung von anderen Tierkadavern zu regeln, die nicht in die eben genannten Kategorien gehören. Es setzt zu diesem Zwecke Mindestnormen fest und über⸗ läßt es den Landesregierungen, über diese Mindestnormen hinaus im Wege der Gesetzgebung weitergehende Vorschriften zu geben; es überläßt den Landesregierungen aber auch gleichzeitig, um den modernen vollkommeneren Methoden der Unschädlichmachung von Kadavern die Wege zu öffnen, die entgegenstehenden Bestim— mungen der Gewerbeordnung abzuändern. Dagegen verzichtet der Gesetzentwurf darauf, Bestimmungen über die Ablösung der Abdeckerei⸗ berechtigungen zu geben. Es erschien weder geboten noch zweckmäßig, diese Frage im Wege des Reichsrechts zu regeln, da im allgemeinen für den größten Teil des Deutschen Reiches Zwangs⸗ und Bannrechte der Abdecker bereits abgelöst sind, und nur einzelne Teile, insbesondere des preußischen Staates, noch für eine solche Ablösung in Betracht kommen, und es erschien deshalb zweckmäßig, diese Frage dem Ermessen der Einzelstaaten zu überlassen.
Abg. Siebenbürger (dkons.): Die Begründung dieser Vorlage erkennt an, daß in den bisherigen Verhältnissen des Abdeckerei wesens große Uebelstände zu finden sind, und daß es notwendig ist, das Abdeckereiwesen zu reformieren, damit die Verscharrung der Kadaver genügend Schutz gegen Ansteckungen bietet. Der Deutsche Landmwirtschaftsrat hat sich bereits 1880181 mit dieser Materie beschäftigt und das Bedürfnis für eine andere Regelung des Abdeckereiwesens anerkannt. Er hat vor allem gefordert, daß der Polizei eine Anzeige von jedem Todesfall eines Tieres
Tierkadaver ist bestehenden Ver⸗
gemacht werde, und daß die Polizei vorschreibt, wie der Kadaver beseitigt werden soll. Ferner wurde verlangt, daß der Tierbhesitzer in anderer Weise gegen die Kosten geschützt werde. Die Werte der Kadaver sind weit höher geworden, und der Besitzer hat ein Recht, durch eine Ausnutzung der Kadaver wenigstens teilweise entschädigt zu werden. Weiter wurde eine Aufhebung der Zwangs⸗ und Bannrechte, der Privilegien, und eine Regelung durch Reichsgesetz gefordert. Ich habe bereits bei der Beratung des Viehseuchengesetzes darauf hingewiesen, wie die Mängel des bestehenden Abdeckereiwesens immer schwerer empfunden werden, der Staatssekretär hat aber bei dem Antrag Neuner im vorigen Jahre erklärt, daß für ein Reichsgesetz Schwierigkeiten be⸗ ständen, und vorläufig eine Vorlage nicht kommen könne. Meine Freunde wünschen nun, daß diese Vorlage Gesetz werde, halten aber eine Kommissionsberatung für notwendig und schlagen eine Kommission von 14 Mitgliedern vor. Nicht bloß der Viehbestand, sondern auch unsere Bevölkerung muß durch dieses Gesetz vor Ansteckung behütet werden. Eine Forderung der Landwirtschaft geht aber dahin, daß eine Ausnutzung der Tierkadaver nicht ganz ausgeschlossen wird, damit die Viehbesitzer nicht vollständig leer ausgehen.
Abg. Fischbeck (fortschr. Volksp.):; Auch meine Partei hat der Frage des Abdeckereiwesens immer große Aufmerksamkeit geschenkt. Ich gebe der Vorlage darin recht, daß es nicht möglich ist, alle Verhältnisse im ganzen Reiche zu schablonisieren; das Gesetz kann nur einen allgemeinen Nahmen geben und muß der Landeggesetz gebung die Ausfüllung dieses Rahmens überlassen. Das Richtige wäre, wenn die Gemeinden oder Kreise selbst Anstalten zur Ver nichtung der Tierkadaver errichten würden. Die bestehenden Polizeiverordnungen sind vielfach angegriffen und durch Prozesse bis an das Kammergericht gebracht worden, weil zweifelhaft ist, ob sie eine öffentlich rechtliche Grundlage haben. Ich wünsche ein . Gesetz vom Standpunkt desjenigen, der die Viehsenchen bekämpfen und die Menschen vor Verwendung von Tierkadavern schützen will. Wenn man, nun aber die Verwertbarkeit der Tier kadaber in dieses Gesetz hineinbringt, so kommt man mit diesen anderen Gesichtspunkten in Konflikt. Wenn man die Tierkadaver voll⸗ ständig beseitigen will, um die Bevölkerung zu schützen und die Vieh— seuchen zu unterdrücken, so darf man nicht nach der anderen Seite Erleichterungen für die Ausnützung der Tierkadaver geben, denn dann werden immer wieder Unterschleife vorkommen. Der Bundeß— rat muß mit aller Vorsicht Vorschriften erlassen, damit nicht
das Gegenteil aus dem Gesetz herauskommt. Es muß z. B. ver⸗ hütet werden, daß unter der Firma von Hundefutter Kadaver für den menschkichen Genuß benutzt werden. Ich hoffe, daß es der Kom⸗ mission gelingen wird, alle Bedenken zu beseitigen.
Abg. Neuner (ul.): Ich habe bereits im vorigen Jahre auf die Notwendigkeit einer einheitlichen reichsgesetzlichen Regelung dieser Materie hingewiesen, da es sich hier um allgemeine gesundheitliche Interessen handelt. Der vorliegende Gesetzentwurf bildet den Ab⸗— schluß des Viehseuchengesetzes, es fragt sich nur, ob es nicht besser gewesen wäre, den einzelnen Bundesregierungen nicht so weitgehende Vollmachten zu übertragen. Sache der Kommission wird es sein, zu bersuchen, die Kompetenzen des Reiches und der Einzelstaaten auf diesem Gebiete noch genauer zu regeln.
Abg. Scheidemann (Soj.): Der Gesetzentwurf scheint im großen ganzen auf der Grundlage der früheren Beratungen beim Viehseuchengesetz aufgebaut zu sein. Ob an den Einzelheiten noch etwas zu ändern ist, wird die Kommission zu prüfen haben.
Abg. Dr. Varenhorst (Rp.): Es handelt sich hier bloß um ein Reichsmantelgesetz, das durch die einzelstaatliche Gesetz gebung erst ausgebaut werden soll. Wir müssen darauf dringen, daß möglichst feste reichsgesetzliché Normen geschaffen werden. Ebenso wie die Landwirtschaft bereits durch die Zollgesetze geschützt ist, so müssen wir dafür sorgen, daß die berechtigten Inter⸗ essen der Landwirtschaft auch auf dem Gebiete der Beseitigung der Tierkadaver wahrgenommen werden. Die Zwangs- und Bannrechte
sollte man nicht plötzlich aufheben, sondern allmählich aussterben lassen und so zum Erlöschen bringen.
Die Vorlage wird einer Kommission von 14 Mitgliedern überwiesen.
Schluß 31½ Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch 1 Uhr. Interpellationen Albrecht und Normann, betreffend die Fleisch⸗ teuerung, Interpellation Albrecht, betreffend die Kaiserreden, und Interpellation Ablaß, betreffend die Versicherung der Privatangestellten.)
Statiftik und Volkswirtschaft.
Deutschlands Ein, und Ausfuhr von Fleisch, Fleisch⸗ waren und Speisefetten im 3. Vierteljahr und in den 9 Monaten Januar bis September 1910.9)
Nach den „Monatlichen Nachweisen über den auswärtigen Handel Deutschlands? wurden an Fleisch und Fleischwaren in das deutsche Zollgebiet eingeführt:
— Januar /
Septbr. 1910 Wert
in 1000 4
Januar / Wegen
. Januar / . Septbr. ; 1909
42 d z 103 oh 4. 23 269 9893 — 11579 35 de = 33 zo 23 236 4
4 540 — 2 2410 4
Juli / Septbr. 1910
9 484
723 3138
2161 717 302
Rindfleisch, frisch .. ..
ö einfach zu⸗ bereitet
Schweinefleisch, frisch .
r
zubereitet Schweineschinken Hammelfleisch Ziegen- und zum feineren Tafelgenuß zubereitetes
Fleisch Schweinespeck Fleischwürste
2909 575
533
864 48 J
6 521 — 1103 789
254 4 30 45
55 338 183 439 — 9924 173568.
Die Einfuhr von Fleisch und Fleischwaren ist im 1. Vierteljahr 1910, in dem sie 70 944 dz betrug, am größten gewesen; dann hat sie sich von Vierteljahr zu Vierteljahr vermindert, im 2. auf 58 057 und im 3. Vierteljahr auf 55 338 4. Im Vergleich mit der ent⸗ sprechenden Zeit des Vorjahres ergibt sich aber für das 1. Vierteljahr 1910 eine Abnahme der Einfuhr um 19077 42, dagegen für das 2. eine Zunahme um 4933 4 und für das 3. Vierteljahr eine solche um 4220 dz, sodaß im ganzen nur eine Mindereinfuhr von g9g24 dz ver⸗ bleibt. Besonders erheblich sind die Veränderungen in der Einfuhr frischen Rind⸗ und Schweinefleisches. Frisches Rind⸗ fleisch ist namentlich aus Dänemark und den Niederlanden bezogen worden, und zwar zeigt die Einfuhr aus Däne⸗ mark (60 017 dz) eine Zunahme um 14001 42z und diejenige aus den Niederlanden (34 199 dz) eine solche um 66589 dz. Die Einfuhr von von frischem Schweinefleisch aus Rußland, die sich nur aus den im Grenzverkehr eingebrachten zollfreien Mengen zusammensetzt, hat sich mit 10 876 4z auf der Höhe des Vorjahres gehalten, dagegen die⸗ jenige aus den Niederlanden (16933 42) um 28 244 dz und die aus Dänemark (1118 dz) um 7709 dz abgenommen.
Der vorläufig berechnete Wert der Einfuhr in den neun Monaten Januar bis September 1910 bleibt um 1 075 000 „ hinter dem endgültig festgestellten Einfuhrwerte der gleichen Zeit des Vor⸗ jahres zurück.
Aus dem deutschen Zollgebiet ausgeführt wurden an Fleisch und Fleischwaren:
Januar /
gegen Septbr.
Januar / Septbr. 1910
1909 Wert 42 in 1000
Rindfleisch, frisch . . .. 366 206 — 134 119
ö einfach zu⸗ bereitet 3 — 138 24 Schweinefleisch, frisch .. — 312 4 50 50 einfach
Januar / Septbr. 1910
zubereitet 5 — 72 — Schweineschinken 4125 2 Dammelfleisch .. 88 3 . Ziegen- und zum feineren
Tafelgenuß zubereitetes
Fleisch 264 829 4 564 Ich weinespeck 82 24 4 62 Fleischwürste 843 3385 464
Fleisch, unvollständig an⸗ ᷣ gemeldet 41 129 72 5 043 hböz. 3 930.
H Ucher Deutschlands Einfuhr von lebendem Vieh in derselben Zeit s. Nr. 267 des „Reichs- und Staatsanzeigers! vom 12. d. M., Irste Beilage.