1910 / 280 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 29 Nov 1910 18:00:01 GMT) scan diff

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Preußischer Minister der öffentlichen Arbeiten von hr eiten Meine Herren! Die heute zur Verhandlung stehende bedeutsame Angelegenheit ist von mir in diesem hohen Haufe im Frühjahr 1968 gelegentlich der Beratungen über die Interpellationen der Herren Ab⸗ geordneten Ablaß und Albrecht und Genossen über Einführung von Schiffahrtsabgaben erörtert worden. Ich hatte damals die Ehre, namens der preußischen Staatsregierung diejenigen Richtlinien zu kenn— zeichnen, die bei der von dem Herrn Reichskanzler in eben dieser Sitzung in Aussicht gestellten reichsgesetzlichen Regelung innegehalten werden möchten. Insbesondere konnte ich in Aussicht stellen, daß bei einer Verallgemeinerung des Gebührenprinzips auf den Wasserstraßen ein verkehrsfreundlicher Standpunkt eingenommen werden solle, und ich durfte der grundsätzlichen Auffassung Ausdruck geben, daß eine genossenschaftliche Organisation der einzelstaatlichen Fürsorge für den Aisbau der gemeinsamen Wasserstraßen erstrebenswert sei, weil sie den Interessen des Verkehrs auf diesem Gebiete nützen und dienen werde. Ich bitte, aus dem vorgelegten Gesetzentwurf entnehmen zu wollen, daß diese Gesichtzpunkte von den beteiligten Bundesregierungen in weitem Umfange als zutreffend anerkannt worden sind. Die verkehrs⸗ freundliche Tendenz erhellt nicht nur aus der Feststellung, daß die erheb— lichen Kapitalaufwendungen, welche in der Vergangenheit in unseren Stömen investiert wurden, nicht in Anrechnung kommen sollen, sondern noch welt prägnanter meines Erachtens aus der Bestimmung, daß die Schiff ahrtzabgaben in diesem Gesetzentwurfe nur als Mittel für die Finanzierung von Schiffahrtsverbesserungen dienen sollen, daß sie nicht sein sollen Einnahmequellen für die Staaten, innerhalb deren Grenzen gebaut wird, sondern lediglich dazu dienen werden, die Selbst⸗ kosten dieser Bauten zu bestreiten. Insoweit diese Bauten und die dafür aufgewendeten Kosten nicht allein der Schiffahrt dienen, sondern auch anderen Zwecken, insbesondere denen der Landeskultur, sollen der Schiffahrt Abgaben nur insoweit auferlegt werden dürfen, als ihre Interessen durch diese Bauten und die dafür aufgewendeten Kosten gefördert worden sind. Ueber diese Bestimmungen hinaus haben die beteiligten Re— gierungen für die gemeinsamen Bauten eine Reibe von wesentlichen Vereinbarungen getroffen, die in dem Gesetzentwurf verkörpert worden sind. Die Ueberzeugung von der Gemeinsamkeit der Interessen innerhalb eines Stromgebiets hat zu dem Vorschlage geführt, die Finanzierung bedeutender Strombauten durch Schiffahrts⸗ abgaben auf Zweckverbände der Gesetzentwurf nennt sie Strombauverbände zu übertragen, welche aus den be⸗ teiligten Bundesstaaten zusammengesetzt sind. Die Abgaben, welche auf den in dem Entwurf genannten Strömen erhoben werden sollen, fließen nicht in die Landeskasse, sondern in die gemeinsame Stromkasse, mit deren Hilfe das Strombauprogramm, welches nach § 2 des Art. IL festgelegt worden ist, auszuführen sein wird. Die Möglichkeit, die Abgaben innerhalb der einzelnen Hoheitsgebiete der beteiligten Bundesstaaten nur für gewisse Stromstrecken zu erheben, war nicht gegeben, weil bei einer solchen Regelung eine außerordent⸗ liche Ungleichmäßigkeit der Abgabenfestsetzung hätte erfolgen müssen; auf Stromstrecken mit starkem Verkehr und geringen Strombaukosten wären die Abgaben ganz gering ausgefallen, auf solchen mit schwachem Verkehr und hohen Strombaukosten sehr viel höher, unter Umständen unerschwinglich. Hier wäre auch zu erwägen, daß die Verbesserung innerhalb einer bestimmten Stromstrecke ja nicht nur dem Schiffahrts⸗ verkehr dieser Stromstrecke dient, sondern dem ganzen gemeinsamen Interesse eines Stromgebietes zugute kommt. Aus diesen Er— wägungen heraus schien es gerechtfertigt, die Stromkassen für solche Bauten ganz oder teilweise in Anspruch zu nehmen. Die Strombau— verbände sollen nicht selbst bauen; die Strombautätigkeit und die Strombauverwaltung bleibt bei den einzelnen Bundesstaaten, welchen auch von Reichs wegen nicht weitere Lasten über dasjenige hinaus auf— erlegt werden sollen, was ihnen auf Grund der Landesgesetz gebung oder auf Grund von Staatseverträgen obliegt. Aber die Stromkassen tragen den Zinsendienst für diejenigen Anleihen, welche die bauenden Staaten bei Bewilligung der im Gesetz vorgesehenen Strombauprogramme aufnehmen müssen, bis zur Grenze der aus Schiffahrsabgaben entstehenden Verbandseinnahmen. Die Entschließung darüber, ob diese Anleihen aufgenommen werden oder die Mittel in anderer Weise aufzubringen sein werden, bleibt nach wie vor, wenn auch die beteiligten Bundesstaaten durch ihre Zu⸗ stimmung zu dem Gesetzentwurf im großen und ganzen das Strom— bauprogramm genehmigt haben, bei den Volksvertretungen der be— teiligten Staaten, deren Zustimmung freilich dadurch wesentlich er— leichtert wird, daß die Stromkasse für die Ausführung der Bauten zur Verfügung steht.

Die Strombauverbände haben autonome Befugnisse, sind auch in der Lage, über die obligatorischen Aufgaben hinaus, welche der Gesetz— entwurf ihnen zuweist, freiwillig weitere Aufgaben zu übernehmen. Innerhalb dieser Verbände ist für den Schutz der Minorität durch besondere Bestimmungen Vorsorge getroffen. Ebenso ist eine gleich— mäßige und einheitliche Regelung des Abgabendienstes gesichert.

Die innerhalb des Deutschen Reiches demnächst zu erhebenden Schiffahrtsabgaben sind nach oben hin festgelegt durch einen fünf— klassigen Tarif, dessen Abänderung nur unter besonders erschwerenden Bedingungen möglich ist, Abgaben, die in ihren Maximalsätzen weit zurückbleiben hinter denjenigen, die heute bereits auf gewissen Strom⸗ gebieten zur Erhebung kommen.

Eine besondere Fürsorge ist den oberdeutschen, weit vom Meere ab gelegenen Gebieten zugewendet worden dadurch, daß die normalen Sätze in der Erwägung, daß die Leistungsfähigkeit und Brauchbarkeit der Ströme für die Schiffahrt nach den oberen Strecken abnimmt, nach unten abgestuft wurden.

Eine bedeutsame Neubildung stellen die Strombeiräte dar, die berufen sind, mitzuwirken bei dem Ausbau der deutschen Ströme und bei der laufenden Strombauverwaltung. Wir kennen gleichartige Einrichtungen bereits in den einzelnen Bundesstaaten, insbesondere in Preußen, wo sie mit Nutzen wirken. Aber hier sind es doch im wesentlichen partikulare Schöpfungen, denen keine entscheidende, sondern nur beratende Mitwirkung zusteht. Diese Strom beiräte, die durch das Gesetz geschaffen werden, sind organisierte Interessenvertretungen, die mittelbaren und un⸗ mittelbaren Interessen der Schiffahrt innerhalb eines ganzen Stromgebietes wahrzunehmen. Ich meine, daß gerade diesen Strom⸗ beiräten in Zukunft eine erhebliche, bedeutsame Aufgabe innerhalb der Stromhauperbände und zur weiteren Entwicklung unserer deutschen

divergierenden Tendenzen, die sich innerhalb eines einheitlichen Strom. gebiets doch mehr oder weniger zur Geltung zu bringen suchen werden, zu paralysteren. . ö U ;

Meine Herren, wenn die Bundesregierungen in diesem Gesetz= en twurf eine Fülle von neuen Bessimmungen gebracht haben, so ist es doch nützlich, zu erwägen, daß heute bereits, selbst bei engster Aus= legung der maßgebenden Rechtsbegriffe des Art. 54, es zulässig ist, auf natürlichen Wasserstraßen überall da Schiffahrtsabgaben zu er⸗ heben, wo die technische Methode der Kanalisierung angewendet worden ist und angewendet werden wird. Wenn und soweit der Ausbau des deutschen Wasserstraßennetzes im Wege der Kanalisierung erfolgt und wie der Gesetzentwurf es angibt, ist es ja bereits in Aussicht genommen, Ströme zu kanalisteren; für andere Ströme ist es nützlich und für sämtliche Ströme ist es technisch möglich wenn nun und soweit der Gesetzentwurf diese Methode als die zweckmäßigste und beste bezeichnet, so ist zu erwägen, daß die Bundesregierungen durch die Annahme dieses Gesetzentwurft in erheblicher Weise ihre Machtbefugnis und Bewegungsfreiheit be— züglich der Erhebung von Schlffahrtsabgaben auf allen kanalisierten Stromstrecken einschränken.

Als die Bundesregierungen sich entschlossen haben, diese Selbst⸗ beschränkung eintreten zu lassen, taten sie es in dem Wunsche und in der Hoffnung, daß der Ausbau des deutschen Wasserstraßennetzes auf der Grundlage, wie sie dieser Gesetzentwurf vorsieht, zum Nutzen des deutschen Verkehrs und damit zur Wohlfahrt des Reiches dienen werde. (Bravo! rechts.)

Abg. Dr. Am Zehnhoff (Zentr.): Ich beantrage, den Gesetzentwurf einer besonderen Kommissien von 28 Mitgliedern zu überweisen. Meine politischen Freunde sind mit dem hohen Ziel der verbündeten Regierungen, . Beförderung des Ausbaues der natürlichen Wasserstraßen eine Hebung der nationalen Erwerbstätigkeit herbei⸗ zuführen, einverstanden. Auch wir glauben, daß durch die großen Stromgebiete des Rheins, der Weser und der Elbe eine Gemein⸗ schaftlichkeit der Interessen dadurch erzielt wird, daß die Abgaben in eine gemeinsame Kasse fließen. In den letzten zehn Jahren ist unendlich darüber gestritten worden, ob die Erhebung von Be⸗ fahrungsabgaben . begründet sei oder nicht. Meine politischen Freunde tragen kein Bedenken, diese Frage zu bejahen. Nach unserer Meinung entspricht die Erhebung dieser Abgaben so—⸗ wohl der Billigkeit wie der ausgleichenden Gerechtigkeit. Es ist nicht einzusehen, warum die Staaten für Benutzung der Eisen⸗ bahnschienen eine Abgabe erheben, für die Benutzung der Wasser⸗ straßen aber nicht, denn in der Eisenbahnfracht steckt auch eine Ab⸗ gabe für die Benutzung des Schienenweges. Fuͤr Preußen ist die Frage zu einem gewissen Abschluß gekommen durch das Wasserstraßen⸗ gesetz von 1905. Bei Erlaß dieses Gesetzes ging der preußische Gesetzgeber davon aus, daß Art. 54 der Reichsverfassung nicht im Wege stehe. Man verstand diesen Artikel dahin, daß durch ihn nur verboten würde die Wiederherstellung der alten Flußzölle, die als reine Finanzzölle erhoben wurden, daß aber der Art. 54 nicht verbietet die Erhebung von Abgaben für Aufwendungen, die der Staat im Interesse der Schiffahrt mache, wobei die Methode der Verbesserung keine Rolle spiele. Nach dein Abschluß des preußi⸗ schen Wasserstraßengesetzes sind Zweifel über die Nichtigkeit dieser Auffassung aufgetaucht, und um diese Zweifel zu beseitigen, ist Art. 1 dieser Vorlage vorgeschlagen. Meine politischen Freunde sti nn d R ö stimmen grundsätzlich dem Art. I der Vorlage zu und behalten sich nur vor, in der Kommission Verbesserung des Wortlautes zu be⸗ antragen, insbesondere auch die Frage anzuregen, ob es nicht richtiger ist, die kommunalen Anstalten der Wasserstraßen gleichmäßig mit den staatlichen zu hehandeln. Bezüglich des Schleppmonopols möchte ich der Hoffnung Ausdruck geben, daß es in Preußen eine solche Ge— staltung finde, wie es dem Geiste des Gesetzes entspricht, daß also der Staat das Schleppmonopol selbst in Regie nimmt, aber es nicht nach dem Vorbilde ganz oder halb bankrotter Staaten verpachtet, denn dadurch würde die Ausübung des Schleppmonopols deterioriert werden. Die Frage, ob es sich um eine Verfassungsänderung hier handelt oder nicht, ist durch das einstimmige Votum des Bundesrats ent— schieden, und man kann angesichts der Einhelligkeit des Bundesrats sagen: Wie fein und lieblich ist es, wenn Brüder friedlich neben⸗ einander wohnen. Die Strombauverbände charakterisieren sich als Finanzierungsgesellschaften zum Ausbau eines bestimmken Strombaugebietes. In der Kommission wird zu prüfen sein, ob das Verhältnis der Beiräte zu den Ausschüssen richtig geordnet ist. Schon jetzt werden auf den kanalisierten Wasserstraßen 6 Millionen Abgaben in Preußen erhoben. Daß die Regulierung des Rheins bis nach Basel in dem Gesetz nicht vorgesehen ist, erscheint uns als ein Vorteil; es fehlte sonst jeder Anreiz für die Schweiz, die Kanalisierung von Basel bis zum Bodensee vorzunehmen. S 8 bestimmt die Höhe der Sätze. Diese Abgaben dürfen als mäßig bezeichnet werden, denn es würde sich danach die Fracht für die Tonne Kohlen von Ruhrort bis Mannheim auf zu⸗— sammen 5 , die Tonne Getreide von Rotterdam zusammen auf 45,5 3, nach Straßburg auf 51 3 stellen. Der Kommission wird zu empfehlen sein, diese Sätze als Maximalsätze festzulegen. Die Frage, ob die Abgabensätze ausreichen werden, glaube ich bejahen zu können. Die gesamte Verkehrsleistung des Landes betrug 1895 3 Milliarden Tonnen und wuchs bis 19605 auf 6,5 Milliarden, jähr— lich um 8 00. Man kann mit einer gleichen Steigerung bis 1920 ohne Bedenken rechnen; in dieser Ansicht bestärkt es mich, daß Rotterdam seinen Hafen um das Dreifache, Antwerpen den seinigen um mehr als das Vierfache vergrößert, und daß am unteren Rhein fortwährend neue Häfen entstehen, und unsere großen Industriewerke am Rhein immer neue Häfen anlegen. So hat die strebsame Stadt Neuß ihren Hafen immer mehr ver— größert. Auch die beiden Kanäle, die Preußen jetzt baut, der Lippe⸗ kanal und der Rhein⸗Hernekanal, jeder mit einer Leistungsfähigkeit von vielen Millionen Tonnen, werden den Verkehr auf dem Rhein beeinflussen. Ich rechne für das Tonnenkilometer durchschnittlich 0, 03 Abgabe, das macht jährlich eine Einnahme von rund 6 Millionen (. Dem stehen insgesammt für Flußverbesserungen auf dem Rhein und dem Neckar 77 Millionen Mark gegenüber, oder bei einer Verzinsung von 4 jährlich 346 Millionen Mark, sodaß von den 6 Millionen Mark noch 2.54 Millionen Yar gi. eventuelle Neubauten übrig bleiben. Nicht so günstig wird die Rechnung für die Weser ausfallen, da muß man sich mit dem Satz begnügen: in magnis voluisse sat est. Eine ganz besondere Sorge macht meinen Fraktionsgenossen und wohl auch dem ganzen Reichstag die Lage der Kleinschiffer, da zweifelhaft ist, ob sie über⸗ haupt ihrerseits Nutzen von all den Wasserbauten haben werden. Ich übersehe die Verhältnisse noch nicht ziffernmäßig, erwarte aber, daß in der Kommission ausreichendes Material dafür beigebracht werden wird. Ich kann versichern, daß der Reichstag für die Wünsche der Klein— schiffer ein offenes Ohr haben und ihnen nach Kräften beistehen wird. Abg. Kreth (dkons. ): Wir brauchen auf die Einzelheiten jetzt nicht einzugehen. Die einstimmige Annahme der Vorlage im Bundeß⸗ rat erübrigt es auch, auf die Vorgeschichte des Entwurfs und auf die alte Streitfrage über die Auslegung des Art. 54 der Verfassung einzugehen. Hin Konservativen können erklären, daß wir der Vorlage im ganzen zustimmen, allerdings mit der Ein schränkung, daß unsere Fraktionskollegen aus dem Königreich Sachsen sich vorbehalten, ihren ablehnenden Standpunkt noch zu begründen. Nach der Meinung der Mehrheit meiner Freunde ist win hut eine Forderung der Gerechtigkeit, daß die Schiffahrteinteressenten zu den Kosten für die großen Ströme beitragen. Die Staatgeisen« bahnen, auf die doch der größte Leil im Lande angewiesen ist, verlangen Gebühren in einer Höhe, daß nicht nur die

uschüsse zu den allgemeinen Staatsausgaben geleistet werden. Verfrachtern, die nicht 8 den ;

Man kann also den e k nicht zumuten, daß sie noch Steuern dafür zahlen ,. daß die Anlieger an den großen Strömen wesentliche Er, sichterungen durch die Schiffahrt haben. Wir wünschen eine Ant. gleichung der Interessen. Eine Ueberlastung der Schiffahrtz— interessenten durch die Abgaben ist nicht zu befürchten. Wir stimmen dem Prinzip zu, daß die Geher nach dem Vorteil en werden sollen, die der einzelne von der Wasserstraße hat. Für Rhein, Elbe und Weser ist das eine glückliche Löfung der . Unsere Stellungnahme zu den e . des Entwurfes behalten wir unz vor. Die Vorlage muß einer Kommission überwiesen werden, und wir stimmen dem Antrage darauf zu. Persönlich habe . noch zu be merken, ich habe am 1. April 1968 in diesem Hause behauptet, daß Holland innerhalb seiner Grenzen für den Rhein nur gexinge Auf. wendungen gemacht und die größeren Vorteile von Preußen gehabt habe. Es ist nunmehr erwiesen, daß Holland innerhalb seiner Grenzen in den letzten 52 Jahren größere Aufwendungen dafür gemacht hat als Preußen; ich halte es für meine Pflicht, dies zu berichtigen. Abg. Dr. Frank⸗Mannheim (Soz.): Wir stehen der Vor— lage mit dem schärfsten Mißtrauen gegenüber; wir werden stie ablehnen, denn sie verfolgt nicht die Förderung, sondern die Hemmung des Verkehrs. Der Entwurf ist doch auf sehr seltsame. Weise, zustande gekommen. Es ist wohl das erste Mal gewesen, daß einzelne Staaten sich mit ihren bundesrat— lichen Schmerzen an die Oeffentlichkeit haben wenden müssen: Sachsen und Baden haben einen wahren Notschrei in ihrer Denkschrift er— schallen lassen, die mit ausführlichen staatsrechtlichen, nationalen und wirtschaftlichen Argumenten belegt war. Aber was helfen alle guten Gründe gegen die starken preußischen Bataillone? Der preußische Adler sagte einfach: „Du bist mein, denn ich bin groß, und du bist klein!“ Auf die einstimmige Annahme der Vorlage im Bundes— rat wurde heute von allen bisherigen Rednern mit tiefer Rührung hingewiesen. Aber mit dieser Einmütigkeit muß es wunder— bar bestellt sein; vor 13 Jahren sagte die Denkschrift die schlimmsten Folgen 6. die deutsche Einheit, für das gute Einvernehmen zwischen den deutschen Bundesstaaten von der Abschaffung der Abgabenfreiheit auf den natürlichen deutschen Wasserläufen voraus. Was mag wohl im geheimen vorgegangen sein, um auch diese beiden Staaten zu bewegen, ihren Standpunkt aufzugeben? Preußen hat 1905 ein Gesetz geschaffen, das die Reichsverfassung verletzte. Ueber die Aus— legung des Art. 54 ist nie ein Zweifel gewesen; diesen Zweifel hat die preußische Regierung erst künstlich geschaffen. Die bisher auf. der Allgemeinheit i , für den Ausbau der natürlichen Wasser— straßen sollen jetzt auf die Interessenten übergewälzt werden. Das bedeutet die Ueberwälzung von direkten auf indirekte Steuern; es wird auf diesem Wege gelingen, das Getreide zu verteuern. In der Denkschrift ist ja offen mitgeteilt, daß das Getreide in die oberste Tarifklasse eingereiht werden soll. Die Regierung, die in der Zeit hochgradiger debensmittelteuerun mit einer solchen Zwecken dienenden Vorlage kommt, ist . nicht zu beneiden. An einer wirtschaftlich technischen Begründung des Entwurfs fehlt es ganz und gar. Die süddeutschen Staaten, die Oberanlieger der natürlichen Wasserstraßen konnten natürlich nur durch Drohungen oder Versprechungen gezwungen werden, von der Abgabefreiheit abzulassen. Warum hat uns nicht die verantwortliche Stelle eine Kostenrechnung aufgemacht? Entweder sind die Bauprojekte oder aber die niedrigen Abgabensätze nicht ernst gemeint. Die Ausschüsse der Strombauverbände werden nichts weiter sein als ein verkleinerter und verschlechterter Bundesrat. Auch in den angeblich eine gewisse Selbständigkeit verbürgenden Strombeiräten hat Preußen die Mehrheit, und es wird für Preußen auch nicht schwer sein, die sa⸗Mehrheit zu erlangen. Viel schwerer wiegt das Bedenken hinsichtlich des Verhältnisses zu Holland und Oesterreich. Die Frage begann mit dem preußischen Kanalgesetz, dessen z 19 der Reichs verfassung widersprach. Jetzt soll ein e cher , ohne Rücksicht auf die internationalen Verträge gemacht werden. Im S 6 steht zwar, den Rechten Oesterreichs und Hollands werde nicht vorgegriffen; aber tatsächlich werden diese Rechte doch berührt, und es muß doch ver— letzend wirken, wenn diese Staaten vor eine vollendete Tatsache ge stellt werden. In Wien wird man es sich mit dem Denkmal der Nibelungentreue vielleicht noch überlegen; denn zur Nibelungentreue gehört auch die Vertragstreue. Und wenn die Verständigung nicht gelingt, sollen dann die fremden Schiffe abgabefrei fahren und die einhennischen Schiffe allein zahlen? Oder ist die Absicht, Oesterreich und Holland in die Ausschüsse und Beiräte hineinzunehmen? Dann könnten wir in diesen Körperschaften bald auch eine Tschechen- eine Sprachenfrage bekommen. Die Vorlage wird lediglich benutzt werden zum Ausbau der deutschen Wucherpolitik. Abg. Wölzl (ul.): Im Gegensatz zum Vorredner sind wir der Meinung, daß der Gesetzentwurf nicht, bundes und verkehrsfeindlich, sondern ein Produkt des bundesfreundlichen Entgegenkommens weiser Selbstbeschränkung und Rücksichtnahme auf die gegenseitigen Interessen ist. Troß der großen Schwierigkeiten, die ein solches gesetz⸗ geberisches Problem mit Rücksicht auf die Interessenkämpfe bietet, halten wir, die wir schon vor Jahren eine freundliche Haltung zur Einführung der Schiffahrtsabgaben eingenommen haben, den Versuch für geglückt und den Entwurf in seinen Grundzügen und seinen Einzelbestimmungen vorbehaltlich Korrekturen für eine ge eignete Grundlage. Wir können mit Genugtuung feststellen, daß namentlich verfassungsrechtliche Bedenken nicht zu erheben sind, und es ist gewiß loyal, wenn durch einen besonderen Artikel eigent lich überfluͤssigerweise ausdrücklich hervorgehoben wird, daß auch die Rechte der ausländischen Staaten gewahrt bleiben sollen. Auch die Befürchtungen, daß die Schiffahrtsabgaben zu fiskalischen Zwecken mißbraucht werden könnten, sind hinfällig. Sollte man es für notwendig halten, so könnten diese Bestimmungen noch ver schärft werden. Es ist auch nicht zu befürchten, daß sie aus agrar— politischen Rücksichten zu einer Verkümmerung und Erschwerung der Getreideeinfuhr ausgenutzt werden. Begrüßenswert ist auch die ein geführte Staffelung und insbesondere die Möglichkeit bon Er mäßigung und Befreiung von den Abgaben. Auch sehr angesehene Dandelskammern haben sich für die Abgabenerhebung ausgesprochen. Eine willkommene Nebenwirkung des Gesetzes ist die, daß auf lange Jahre hinaus eine bedeutende Arbeitsgelegenheit geschaffen wird durch die Ausführung dieser großartigen Strombauwerke. . Gesetz wird zur Hebung des deutschen Nationalwohlstandes ienen. Abg. Kaempf (fortschr. Volksp.): Diese Vorlage ist eine der wichtigsten, die seit langer Zeit dem Reichstage vorgelegt ist, und wirft ein grelles Licht auf unsere innere Politik im allgemeinen und auf das Verhältnis Preußens zu den anderen Bundesstaaten. Die Ab gabenfreiheit auf natürlichen Wasserstraßen wurde herbeigeführt, um die schwächeren Staaten gegen die stärkeren zu schützen und Mißhelligkeiten zwischen den einzelnen Bundesstaaten zu befeitigen. Diese Vorlage ist keine verkehrsfreundliche, die Abschaffung der Schiffahrtsabgabenfreiheit ist im Gegenteil ein außerordent licher Verkehrsrückschritt. Die Zweckverbände sind ausgestattet mit Verwaltungsausschüssen und Strombeiräten. Es wird ein kleiner Bundesrat mit einem kleinen Parlament eingerichtet werden. Hiermit tun wir einen Sprung ins Dunkle. Der Aus angspunkt der ganzen Aktion sind die Beschlüsse des preußischen e f n zum Kanalgesetz. Was hat man aus dem mit Jubel aufgenommenen Mittellandkanalprojekt gemacht! Durch hoch agrarische Einflüsse ist dieses Projekt verstümmelt worden, und statt daß der Kanal von Osten nach dem Westen geht, verläuft er bor Hannover im Sande. 5 19 des Kanalgesetzes macht den neuen Kanal abhängig von der Einführung von Schifffahrtsabgaben auf natürlichen Wasserstraßen in ganz Deutschlaud. Sz 3 der setzigen Vorlage steht aber mit dem § 19 des e . Kanalgesetzes im Widerspruch. Die Begründung geht auf diese Sache nicht mehr ein, sondern sie schiebt in den Vordergrund das nationgle Interesse. Die ganze Aktion

Wasserstraßenpolitik erwachsen kann; sie werden berufen sein, die

Unterhaltungskosten der Eisenbahnen und die Tilgung und Ver

wird aber nur dazu fuhren, lebhafte Interessenkämpfe, deren wir in

g des Anlagekapitals ersetzt werden, sondern auch noch erheh— e *

a9 ] Wasserstraßen. bieten liegen das sind meistens . nicht bor gn

Uehberschwemmungen. Statt neue Abgaben auf den Flüssen einzuführen,

Deutschland wahrlich schon genug haben, und lebhafte Mißstimmung herbeizuführen. Es ist nicht richtig, wenn es in der Be— gründung heißt, daß die Abgabenfreiheit nur einzelnen Inter— essenten zu gute komme, aber nicht der, Allgemeinheit. Das Interesse der Allgemeinheit liegt namentlich in der Sicherung vor

sollte eine weitsichtige Politik möglichst auch die künstlichen Wasser⸗ straßen abgabenfrei machen. Der 8 19 des preußischen Wasserstraßen gesetzes hat eine finanzielle Bedeutung; der Finanzminister von Miquel hat schon vor Jahren gesagt, daß die Wasserstraßenabgaben geeignet seien, die Finanzen des Staats zu verbessern, und daß die Wasser⸗ straßen ein sehr entwicklungsfähiges Steuerobjekt seien. Ohne Kon— trolle und Mitwirkung des Parlaments können die Abgaben auf eine erhebliche Höhe gebracht werden. Preußen hat allerdings erklärt, daß es weitere Ausgaben für die Verbesserung der natürlichen Wasser— straßen nicht machen könne, Was hat denn aber Preußen in den letzten 20 Jahren dafür aufgewendet? Elsaß-⸗Lothringen hat 14, Baden 33, Bayern 73, Hessen 11, Preußen nur 437 Mil lionen für diesen Zweck aufgewendet, Preußen kann sich alse nicht darauf berufen, daß es durch die Verbesserung der natürlichen Ströme zu stark in Anspruch genommen sei. Preußen hat die Devise ver— folgt: divide et impera, es hat mit Bayern, mit Württemberg, mit Hessen verhandelt; allein Sachsen hat widersprochen; warum es den Widerspruch aufgegeben hat, darüber ist keine Klarheit vorhanden. Durch die Zeitungen geht die Nachricht, daß Sachsen bereit sei, in die preußische n n gen mn f. einzutreten, und daß ingn Sachsen neue Eisenbahnen konzediert habe. Die sächsisch-badische Denkschrift würde in wirtschgftlicher Beziehung die außerordentlich dürftige Begründung dieser Vorlage ergänzt haben können. Der Wille der agrarischen Mehrheit in Preußen hat sich in den gesamten Bundesstaaten in dieser Frage durchgesetzt. Wenn diese Vorlage Gesetz wird, dann wird der Deutsche Reichstag für alle Zeiten aus der Mitwirkung bei den Schiffahrtsabgaben ausgeschlossen. Die Abgabensätze können durch die Verwaltungsausschüsse der Strom⸗ verbände und die Strombeiräte allein mit 3. Mehrheit erhöht werden, die Kompetenz des Reichstags wird beiseite geschoben. Die Tarifpolitik ist in das Belieben der Verwaltungsausschüsse und der Strombeiräte gestellt. Ob der Deutsche Reichstag eine derartige capitis deminutig annehmen soll, muß ernstlich überlegt werden. Aus wirtschaftlichen Gründen muß die Ueberwachung der Tarife dem Reichstag vorbehalten werden. Die Konstruktion des Gesetzes läßt ferner die Befürchtung aufkommen, daß die Schiffahrtsabgaben auf den preußischen Wasserstreßen in einer Weise erhöht werden können, daß der mäßigende Einfluß der Wasserstraßen auf die Eisenbahn verloren geht, und daß z. B. auf der Oder viel früher als auf anderen Strömen Preußens Schiff— fahrtsabgaben eingeführt werden. Wer soll ferner die Entscheidung darüber haben, welcher Teil der Kosten von Neuanlagen usw. auf die Wahrnehinung der allgemeinen Landesinteressen und welcher auf die Deckung durch die Interessenten entfallen soll. Auch die Schiffahrt ist doch nur ein Teil der gesamten Volkswirtschaft; daraus ergibt sich ganz von selbst, daß die süddeutschen Staaten, die Gebiete am Oberlaufe der Ströme, wo die Industrie sich nicht so stark entwickelt kann, geschädigt werden. Leistung und Gegen— seistung will die Begründung gegeneinander abgewogen wissen. Damit steht aber doch in grellem Widerspruch, daß von dem In— krafttreten des Gesetzes an solche Abgaben schon gezahlt werden müssen zu einer det wo die betreffenden Bauwerke und Anlagen noch gar nicht vorhanden sind, also auch noch nicht, benutzt werden können. Wo bleibt da die „ausgleichende Gerechtigkeit‘ von der die Begründung spricht? Das Schlimmste ist das Verhältnis zu den auswärtigen Staaten. Man befleißigt sich in dieser Beziehung in der Begründung einer Zurückhaltung, wie sie sonst nicht oft geüht worden ist. Der Kanzler will in freundnachbarlicher Weise mit ihnen verhandeln. Sollen sie unseren Abgaben zustimmen? Sollen sie Jmit ihren Schiffen frei auf unseren Strömen fahren dürfen ? Sollen sie das Recht erhalten, auch ihrerseits Abgaben einzuführen? Das hieße ja unsere gesamte Industrie dem Auslande gegenüber zum Aschenbrödel machen. In letzterem Punkte sollte so bald wie möglich eine Erklärung vont Bundesratstische erfolgen. Wir werden in der Kommission eifrig mitarbeiten; aber so wie er an uns gekommen ist, werden wir ihn ablehnen. Wir hoffen, daß es gelingen wird, die Abgabenfreiheit, das Wahrzeichen der deutschen Einheit und das Bollwerk des Einvernehmens im Bundesrat, zu rhalten. . ; eh Abg. Freiherr von Gamp (Rp.): Wäre es wirklich an dem, daß die Vorlage ein grelles Licht auf das Verhältnis Preußens zu den übrigen Bundes sta aten werfe, so wäre sie nicht einstimmig im Bundesrat angenommen worden. Mit X19 sollen die ostelbischen Agrarier eine Gewalttat begangen haben. Die Freikonservativen haben für den 5 19 nicht gestimmt und eben sowenig für das Kanalgesetz; dafür gestimmt haben aber die sämtlichen Nationalliberalen und eine große Anzahl Freisinniger. Wie kann man da von einer agrarischen Tat reden, wo es sich um ein Gesetz handelt, das hauptsächlich von den westlichen Großindustriellen erstrebt wurde? Die Verhãältnisse haben sich seit 1870 doch erheblich geändert; die Ansprüche, die damals an die Leistungsfähigkeit der natürlichen Wasserstraßen ge⸗ stellt wurden, waren doch viel, geringer, als sie heute sind. Der Kollege Kaempf scheint das eingesehen zu haben, denn er ist eben weg⸗ gegangen. (Heiterkeit und Zuruf.) ... Ich konstatiere nur eine einfache Tatsache; der Abg. Kgempf hatte allerdings wenigstent die moralische Verbindlichkeit, auch die Erwiderungen auf seine Aus⸗ führungen anzuhören. Wir gehören jedenfall nicht zu denjenigen, die nach dem Abg. Kaempf eine heimliche 6 über die Vorlage empfänden; ich persönlich hätte viel lieber gesehen, sie wäre gar nicht oder in anderer Gestalt gekommen. Der Abg; Kaempf ist auf den Mittellandkanal zurückgekommen, der Abg. Kagempf und die Dderren in Berlin haben mit den Verhältnissen im Osten zu wenig Fühlung, wenn sie perlangen, daß dort eine große Industrie errichtet nerde. das für eine Industrie will, denn der Abg. Kaempf dort haben? Außer Holz fehlen im Osten die Rohmaterialien. Wenn er meint, daß die ostelbischen Agrarier dem, Mittellandkang! wegen der Befürchtung, es konnte auf ihm Getreide nach dem Osten gelangen, nicht hätten haben wollen, so schätzt er sie doch sehr naib ein. Es wäre ganz ausgeschlossen, daß Getreide den Rhein herauf oder herunter und dann über den Mittellandkanal hinauf nach den Osten käme, Was die abzuschließenden Gemeinschaften betrifft, so übervorteilt Preußen seine Teilnehmer nicht, wie dg Beisziel der pren hi ch. ifm Eisenbahngemeinschaft zeigt. Wir würden auch essen gern ein Kündigungsrecht einräumen, und ich höre eben zu meiner Freude, daß Sachen nicht daran denkt, in diese Eisenba hn emęin: schaft einzutreten. Meine Freunde werden in überwiegender Mehrheit für die 5 1 und 2 stimmen. In der preußischen i vom November 1909 ist ausgeführt, man wolle die Verwaltung se r ein. fach gestalten und jeden übermäßigen Kostenaufwand vermeiden. Des ist ei ehr werter Gedanke, aber seine Realisierung wird ist ein sehr lobenswerter Gedanke, 5. . 1 roßen Schwierigkeiten begegnen. Nach der Vorlage werden sich 3 Mitglieder beschließend oder begutachtend u, beteiligen e Gin solcher Vermwaltungsapparat wird nicht billig sein. 4 überhaupt die Konstruktion dieser Yrgani gti gen ,,, gedacht? In den Bundesstagten liegt die Erelutin? ei den Re⸗ ser uts Re ird sie vom Bundesrgt und glerungen. Im Deutschen Reich wird i n,, Reiche lanzler ausgesßlbt. Hier seßt das Reich selbständige . fationen ein. Der Reichstag wird, nicht darauf, e , 6 darüber zu wachen, daß die Organisationen die ihnen ie een, ich übertragenen Funktionen auch in dem gewünschten Sinne wahrnehmen.

Wir haben keinen Vorgang dafür, daß Verwaltungsbeamte und

ändig ei ; effe Vorlage J ten selbständig Gnischeidungen tiefen. Nach der Borlag ö und Strombeirat über die y erhebung beschließen, und was sie festseßen, kann vgh leiner Seine angefochten werden., Gegen die Zuverlässigkeit der wenmten werde ich ten Vedenken haben, aber, die Intersssenten müssen doch bum mindesten unabhängige Leute sein. Gs ist auch nicht gesagt⸗ n ( lange sie dem Strombeirat angehören. Nach dem Entwurf muß

daß die Abgaben den Verkehr nicht übermäßig belasten. Dies wird

ein Bild entworfen, wonach vier Schiffe 890 „M6 Abgaben bezahlen, aber 3000 60 Schaden erleiden müßten durch die Verzögerungen, die durch die Abgabenerhebung nach den Erfahrungen an den Zollgrenzen ver⸗ ursacht werden. Das läßt sich doch schwer rechtfertigen. Es werden also noch manche Bedenken zu zerstreuen sein. Ich hoffe, daß das Gesetz in wesentlichen Beziehungen geändert, dann aber auch die Zu⸗ stimmung von Handel und Industrie und der Schiffahrtsinteressenten finden wird.

Preußischer Minister der Breitenbach: Meine Herren! Ich glaube auch ohne ausdrückliches Einver— nehmen mit der Königlich sächsischen Regierung feststellen zu können, und zwar im Hinblick darauf, daß von zwei der Herren Vorredner die Frage erörtert worden ist, daß irgendwelche Verhandlungen zwischen der sächsischen und preußischen Regierung über die Ein— richtung einer Eisenbahnbetriebsgemeinschaft nach dem Muster der preußisch⸗hessischen nicht schweben und nicht geschwebt haben. Diese Mitteilung, die durch die Presse gegangen ist, gehört in den Bereich der Fabel. Meine Herren, ich habe aus den bisherigen Verhandlungen den Eindruck gewinnen können, daß eine große Majorität des hohen Hauses den Grundzügen des vorgelegten Gesetzentwurfs zuzustimmen geneigt ist. Ich habe freilich auch eine große Zahl von Einwendungen, auch von seiten der Freunde des Gesetzes, gehört, deren Bedeutung ich nach keiner Richtung unterschätze. Ich glaube aber, daß es nicht angezeigt erscheinen wird, heute hier von meiner Seite im einzelnen auf diese Einwendungen einzugehen. Die Frage der Einführung der Schiffahrtabgaben ist ja in der Oeffentlichkeit seit vielen Jahren in einer so ausgiebigen, so gründlichen Weise behandelt worden, daß es kaum möglich ist, auch nicht einem Parlamente, das die Frage auf das tiefgründigste anfaßt, der Sache neue Seiten abzugewinnen. Ich maße mir auch nicht an, am heutigen Tage noch neue Seiten zur Erörterung zu stellen. Aber, meine Herreu, von seiten der Gegner der Vorlage sind doch einige Fragen mit solcher Schärfe betont worden, daß ich nicht unterlassen darf, auf dieselben einzugehen und Angriffe ab⸗ zuwehren. Zu diesen Einwendungen gehört an erster Stelle die Behauptung, daß die preußische Regierung durch das Wasserstraßengesetz und durch den kritischen 5 19 dieses Gesetzes einen Bruch der Reichsverfassung gutgeheißen oder gebilligt habe. Ich muß als preußischer Bundesrats— bevollmächtigter und als preußischer Staatsminister gegen eine solche Unterstellung auf das bestimmteste und entschiedenste angehen. Dieser Vorwurf richtet sich nicht nur gegen die preußische Regierung, er richtet sich auch gegen die preußische Legislative (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten), gegen die gesetzgebenden Faktoren in Preußen, und es will mir scheinen, daß diejenigen, die diesen Vorwurf erheben, sich nicht zur Genüge darüber informiert haben, mit welch über⸗ wältigender Majorität das Gesetz, das grundlegend ist für den weiteren Ausbau der Wasserstraßen in Preußen, das bekannte Gesetz vom 1. April 1905, mit der einzelnen Bestimmung des 19 ange⸗ nommen worden ist. (Sehr richtig! rechts) Ich nehme für die Regierung und für die gesetzgebenden Faktoren in Preußen in An⸗ spruch, daß dieses Gesetz emaniert worden ist mit voller Loyalität und in vollem Bewußtsein der Pflichten, die Preußen gegenüber dem Reiche zu erfüllen hat. Meine Herren, ich möchte davon absehen, den Irrgängen in den Ausführungen des Abg. Dr. Frank zu dieser Frage zu folgen. Auch vom Standpunkte derjenigen, die der Auffassung sind, daß ð 19 eine Abänderung der Reichsgesetzgebung erzwingen wollte, wäre ja dieser der preußischen Gesetzgebung unterstellte ursprüngliche Mangel dadurch saniert, daß Preußen aus eigener Initiative in eine reichs⸗ gesetzliche Regelung gewilligt hat. Aber das möchte ich doch feststellen, daß auch die abgesagten Gegner der Schiffahrtabgaben, und zwar Männer von großer Autorität, immer wieder ausgesprochen haben, daß die Bestimmung des Art. 54 ihrem Sinne und ihrer Bedeutung nach zweifelhaft sei. U Im Zusammenhange mit dem Vorwurfe des Verfassungsbruchs ist der preußischen Regierung vorgeworfen worden, daß sie sich gelegentlich der Emanation des preußischen Wasserstraßengesetzes einer Kapltulation vor dem Willen großer politischer Parteien schuldig ge— macht habe. Dieser Vorwurf, dieser Angriff fällt bei nüchterner Be⸗ urteilung der Sachlage vollständig in sich zusammen. Wie lag die Sache? Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts bildete sich eine scharfe Strömung gegen die Erhebung von Schiffahrtszöllen und steuern, und diese Strömung betätigte sich in Gesetzgebung und Ver⸗ waltung: es wurde ausdrücklich von der Gesetzgebung wie auch von der Verwaltung anerkannt, daß Schiffahrtszölle und Schiff⸗ fahrtesteuern zu dem Zwecke erhoben, um den Staaten Reineinnahmen über ihre Selbstkosten zu bringen, wirtschaftlich abträglich wirken müßten. Meine Herren, wenn Sie den Verhandlungen der Parlamente aus den ber Jahren bis hinein in die 80er Jahre folgen, so werden Sie im Gegenteil finden, daß immer festgestellt worden ist, daß Ge⸗ bühren zur Deckung der Selbstkosten angezeigt, ja notwendig wären. Noch in den ber Jahren, als gerade die Frage der Schiffahrtszölle und steuern die Oeffentlichkeit auf das eingehendste beschaftigte, ist im preußischen Abgeordnetenhause bei Erörterung über die Erhebung von Abgaben auf Rhein und Elbe festgestellt worden, daß eine solche Abgabenerhebung notwendig sei, insofern sie zur Deckung der Selbstkosten erforderlich wäre. Diese Auffassung finden wir auch in dem Beschlusse einer Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses anfangs der 60er Jahre, also in einem Hause, das sicherlich streng liberale Auffassungen verfolgte. Auch im Norddeutschen Reicht tage im Jahre 1869 ist mit großer Schärfe ausgesprochen und gewünscht, daß Schiffahrt gebühren zur Deckung der Selbstkosten erhoben werden möchten. Auch nach Gründung des Reichs im Jahre 1870 sind diese Auffassungen hier im Reichstag von dem Abgeordneten Koppe mit großer Bestimmtheit vertreten worden. Also die Meinung, daß die Staaten Veranlassung hätten und unter Umständen verpflichtet wären, die Selbstkosten durch Ge⸗ bühren zu decken, hat sich bis in das neue Reich hineingezogen. Dann, meine Herren, möchte ich Sie bitten, sich der Vorgãnge bei Beratung des Gesetzentwurfs über die Weservertiefung im Jahre 1886 zu erinnern, wo Bremen in die Notwendigkeit versetzt worden

öffentlichen Arbeiten von

die es von den Interessenten befürchtet. Ein Kollege aus Sachsen hat uns der Selbstkosten heranzuziehen. (Hört! hört! in der Mitte) Der Abg. Dr. Barth hat dem Wunsch Ausdruck gegeben, daß dieser Vorgang, der sich im Jahre 18865 verkörpert habe, sich fortpflanzen möge in der Gesetzgebung des Reichs. Das hat der Abg. Dr. Barth ausgesprochen. Er ist also durchaus nicht davon ausgegangen, daß die Freiheit der Ströme in dem Sinne, daß nicht Gebühren erhoben werden' dürfen, ein Palladium des Reichs sei. Mit dieser Auffassung hat die preußische Regierung zu allen Zeiten rechnen dürfen und hat damit gerechnet bezüglich der Festsetzung von Gebühren für Benutzung der Wasserstraßen ganzer Systeme, wie z. B. der märkischen Wasser⸗

ermöglichen werde, die Interessenten zur Deckung

straßen, aber auch der Wasserstraßen zwischen Oder und Weichsel, die den Verkehr nach dem fernen Osten vermitteln. Es konnte daher für die preußische Regierung durchaus nichts leberraschendes haben, als gelegentlich der Beratung über das wasserwirtschaftliche Gesetz vom Jahre 1905, dem ja lange Kämpfe vorangegangen waren, von großen politischen Parteien, nicht nur von einer Partei, gewünscht wurde, daß bei einem so bedeutsamen Vorgange, wie der Beratung des Wasserstraßengesetzes, das doch schließlich eine neue Wassenstraßenpolitik für Preußen inaugurierte, diese Frage der Abgabenerhebung auch auf den natürlichen Wasserstraßen mit gelöst werden möge. Im Gegenteil, bei eigener Betätigung ihrer bisherigen verkehrspolitischen Auffassung konnte sie einer solchen Anregung wohl zustimmen. So, meine Herren, liegt die Sache bezüglich des Vorwurfs, der hier der preußischen Re⸗ gierung gemacht worden ist, und nicht anders!

Der Herr Abg. Frank hat dann mit großer Schärfe darauf hin⸗ gewiesen, daß die Vorgänge im Bundesrat sehr eigenartig gewesen sein müßten; er hat sich den Kopf darüber zerbrochen, wie es möglich gewesen sei, obwohl ein Dissensus zwischen den Bundesstaaten vorlag, doch eine Einigkeit zu erzielen. Ich kann dem Herrn Abg. Frank darauf erwidern, daß der nationale Gedanke die Bundesstaaten ver anlaßt hat, einig und einmütig vorzugehen, daß dieser Gedanke sie veranlaßt hat, sich gegenseitig Konzessionen zu machen, Konzessionen, um dieses Gesetz, das wir als eine wirtschaftliche Notwendigkeit an⸗ gesehen und erkannt haben, durchzubringen. . Dann sind, ebenfalls von dem Herrn Abg. Frank, eine Reihe von Einwendungen erhoben worden, die ja auch in der Publizistik dauernd geltend gemacht wurden.

Es ist darauf hingewiesen worden, daß die Einführung von Schiffahrtsabgaben eine Verteurung wichtiger und notwendiger Lebensbedürfnisse herbeiführen werde. Meine Herren, der Herr Abg. Am Zehnhoff hat ja schon Zahlen bekannt gegeben, aus denen ohne weiteres erkennbar ist, daß dieser Einwand in sich hinfällig ist. Denn wenn eine Tonne Getreide, die 1909 in Mannheim 250 ½ preiste, mit 47 3 Schiffahrtsabgaben belastet wird, im Verkehr von Notterdam nach Mannheim, so würde wohl kein Volkswirt anerkennen wollen und können, daß dieser kleine Aufschlag auf den Preis für den Ken⸗ sumenten sich fühlbar macht.

Aber die Ausführungen des Herrn Abg. Frank haben eine legenden Fehler; er übersieht vollkommen, daß nach der 1 ffa der Regierung die Einführung von Schiffahrtsabgaben solche besserungen in den Strömen herbeiführen soll, daß sich dadurch eine Verbilligung der Frachten und damit ein Ausgleich der Abgaben ergibt, oder vielmehr nicht nur ein Ausgleich der Abgaben, sondern ine solche Verbesserung der Verkehrsverhältnisse, daß noch sehr erhebliche Frachtvorteile für die Interessenten der Schiffahrt übrig bleiben.

Der Herr Abg. Am Zehnhoff hat, wie ich mich zu erinnern glaube, auch darauf hingewiesen, daß eine Tonne Kohlen wischen Ruhrort und Mannheim, die etwa 20 ½ in Mannheim preist, mit 5 3 Schiffahrtsabgabe belegt werden soll, den 400. Teil des Wertes der Tonne loko Mannheim. Ich meine, diese absolute Zahl beweist schon, daß solche Einwendungen nicht durchzuhalten sind. . ö Aber, meine Herren, ich kann es mir doch rächt versagen, zwei ganz typische Fälle hier vorzubringen, welche zeigen, wie verschieden die Belastung durch Abgaben oder sonstige Frachtaufschläge be⸗ urteilt wird. . .

Im Jahre 1908 beschwerte sich eine aus Straßburg datierte Zuschrift in der „Süddeutschen Reichs korrespondenz darüber, daß die Mannheimer Reeder die Schleppfracht für Getreide um 25 * ver Tonne erhöht hatten. 25 3 per Tonne zwischen Mann⸗ heim und Straßburg sind 0 3 per Tonnenkilometer. Beiläufig bemerke ich, daß der Maximalsatz des Tarifs nach dem Gesetzentwurf nur 110 d pro Tonnenkilometer, und zwar für höchstwertige Güter, also wahrscheinlich auch für Getreide, vorsieht. Die Mann⸗ heimer Handelskammer, die bekanntlich eine ausge sprochene Gengnerin der Schiffahrtsabgaben ist, erwiderte darauf durch Uebersendung eines Gutachtens, daß eine Belastung von 25 3 per Tonnenkilometer vollständig irrelevant sei bei einem Artikel, dessen Preis von einem Tage zum anderen oft 2 bis 3 M per Tonne schwanke. Ich meine, dieser Fall gibt zu denken. .

Ein weiterer Fall: der Magdeburger Elbschiffahrtsverein be— schwert sich beim preußischen Minister der öffentlichen Arbeiten über die Ausnahmetarife für Düngemittel auf Staatsbahnen, die 20 9½o Fracht⸗ ermäßigung gewähren. Er beschwert sich darüber, weil er der Auf⸗ fassung ist, daß diese Ausnahmetarife den Schiffahrtsstraßen, in diesem Falle der Elbe, Kunkurrenz bereiten. Ich lasse einfließen, meine Herren, daß Ausnahmetarife von seiten der preußischen Eisenbahn⸗ verwaltung grundsätzlich nur vom Gesichtspunkte des allgemeinen Nutzens gewährt werden, und daß wir niemals daran denken, der Schiffahrt Konkurrenz zu machen. Diese Ermãßigung würde im Verkehr zwischen Schönebeck und Hamburg einen Nutzen von 1/34 per Tonne für den Empfänger oder Versender, je nachdem der eine oder der andere die Fracht trägt, bringen, die Schiffahrts abgabe zwischen Schönebeck und Hamburg würde 4.6 3 betragen. Ich meine, daß, wenn der Magdeburger Schifferverein der Meinung ist 8 sei für die Absatzfähigkeit eines Gutes völlig irrelevant, ob es eine Eisen⸗ bahnfrachtermäßigung von 1B⁊ 4 3 per Tonne bekommt oder nicht, er dann auch anerkennen muß, daß eine Last von 4 , in derselben Relation auf die Schiffahrt gelegt, ebensowenig bedeutet.

Der Einwand, daß die Kleinschiffahrt durch die Erhebung von Abgaben Not leiden würde, würde ja auch dann nur eine Be⸗ rechtigung haben können, wenn der Kleinschiffahrt durch die Ver⸗ besserung der Ströme wesentliche Vorteile nicht zugewendet würden. Es ist, glaube ich, ein weit verbreiteter Irrtum, anzunehmen, daß die Kleinschiffahrt um deswillen Kleinschiffahrt heißt, weil sie kleine Fahr⸗

Ver⸗

war, um die Vertiefung der Weser durchzuführen, Abgaben zu erheben. Da hat gerade der Führer der Liberalen, Theodor Barth, ausgesprochen,

ö ö . 9. 91 * 55 sor . man annehmen auf Lebenszeit. Vor allem müssen wir dafür sorgen,

daß er in diesem Gesetz den Anfang einer neuen Aera erblicke,

zeuge fährt, das trifft meist nicht zu, die Kleinschiffahrt wird als solche bezeichnet, weil der Schiffer nur über ein oder doch wenige