Giftigkeit, dagegen hat sich die Nikotinbehandlung verhältnismäßig 8 e allerdings ist 3 hier Vorsicht am Platze.
iese Behandlung ist aber nicht billig, denn die Tabaklauge unter= liegt einer Steuer und vom Ausland bei einem hohen Zoll. Eine Erleichterung der die Anwendung der Nikotinbrühe, erschweren- den steuerlichen und Zollvorschriften ist anzustreben; für die vom Auslande eingeführte Brühe sollte der Zoll, wenn sie zur Be— fämpfung der Schädlinge bestimmt ist, zurückvergütet werden. Eine Unterstützung von seiten des Reiche, wie wir sie wünschen, ist schon früher einmal dem deutschen Weinbauperein gegeben werden. Dieser Verein sucht in Wort und Schrift die Vorteile der Schädling ⸗ bekämpfung seinen Mitgliedern klarzulegen; er läßt auch diese Be— kämpfung im Auslande studieren. 3. sollten auch diesem Ver⸗ eing wieder Reichsmittel zur Verfügung gestellt werden. Es sollte auch erwogen werden, ob nicht ein Prels pon Reichs wegen auf das wirksamste Mitte! zur Schädlingsbekämpfüng auszusetzen wäre, wie es in Frankreich geschieht. Ferner wird empfohlen, Polizei— vorschriften zur Bekämpfung des Heu. und Sauerwuürmg zu erlassen, und zwar einheitlich für einen grohen Rayon. In den Winzerkreisen will man aber davon nicht recht etwaz wissen, man wünscht, daß nur Richtlinien gegeben und das gemeinsame Vorgehen von Ge— meinden angestrebt würde. Vorgeschlagen ist auch und wäre zu er— wägen, 6 für das Einsammeln von Winterpuppen Lu. zahlen. Großer Wert ist zu legen auf die möglichste Schonung aller Feinde des Sanerwurmẽs in der Tierwelt, ins besondere sollte ein intensiver Vogelschutz nutzbar gemacht werden für die Vernichtung des Rebschädlings, und war sowohl an Ort und Stelle, als auch im internationalen Wege. . ist der Massenmord der nützlichen Vögel namentlich in Frank— reich und Italien immer noch einé traurige Realität. Der Trauben wickler muß in seinem Entwicklungsgange noch viel gründlicher als bisher erforscht werden. Unsere Winzer haben zu viel anderes zu tun, als daß sie dies alles auch noch übernehmen könnten, darum müssen sie vom Reiche hierin unterstützt werden. Vielleicht könnte die biologische Anstalt in Dahlem ihr Forschungsgebiet entsprechend erweitern. Es werden Versuche gemacht, den Anbau hestimmter, gegen die Reblaus besonders widerstandsfähiger Reben zu kultivieren, die allerdings nur einen HauLztrunk liefern. Es haben sich neuer⸗ dings Petitionsstürme erhoben, diese Reben in weiterem Umfange frei zu geben, um die Verschleppung der Reblaus zu verhindern; aber warnen möchte ich doch davor, diese Reben im großen anzupflanzen, denn der Wein ist und bleibt minderwertig, und der Qualitätsbau würde pesentlich geschädigt. 19096 hat eine gemeinsame Sitzung aller Bundes— staaten zur Aufste ung eines allgemeinen Arbeitsplanes stattgefunden; geschehen ist aber seitdem nichts. Ich hoffe, meine Ausführungen
werden dazu beitragen, diesen Wünschen wieder nahezutreten. Aus
eigener Kraft kann es der Winzer nicht; alle Faltoren, Reich, Bundes rat, Kreise, Gemeinden, Korporationen iffen ihm dabei, behilflich sein, damit er wieder Mut fassen und vertrauensvoller in die Zukunft blicken kann.
Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück:
Meine Herren! Die Not der Winzer und ihre Klagen sind den verbündeten Regierungen nicht entgangen und bilden für sie den Gegenstand ernster Sorge. Es ist zu verstehen, daß Leute, denen Jahr um Jahr die Früchte ihrer Arbeit durch elementare Ereignisse jerstört werden, allmählich den Mut verlieren und sich verzweifelt fragen, wie lange sie sich noch auf der von den Vätern ererbten Scholle werden halten können. Aber, meine Herren, die Pflicht, den Winzern in diesem Kampfe um ihre Existenz zu Hilfe zu kommen, liegt nach der Verteilung der Kompetenzen zwischen Reich und Bundesstaaten doch in erster Linie bei den letzteren, und wir werden wohl feststellen können, daß die in Betracht kommenden Bundesstaaten sich dieser Pflicht auch nicht entzogen haben. Eine Betätigung des Neichs auf diesem Gebiet würde doch immer nur ergänzend und ver— mittelnd eintreten können, sie würde sich wesentlich zu beschränken haben auf die Unterstützung wissenschaftlicher Bestrebungen, auf eventuelle zollpolitische Maßnahmen und auf eventuelle Verein⸗ barungen über eine gemeinschaftliche Bekämpfung. Nun, meine Herren, hat ja jeder der beiden Vorredner darauf hingewiesen, daß neben den Pilzkrankheiten, neben der Peronospora und dem Oidium, der größte Feind der Weinberge augenblicklich der Heu⸗ und Sauer⸗ wurm ist, und daß die Verwüstungen, die dieser gerade 1910 an— gerichtet hat, auch den Hauptanlaß zu der jetzt vorliegenden Inter⸗ pellation bilden. Nun haben wir, wie auch schon die Herren Vor⸗ redner ausgeführt haben, gegen Peronospora und Oidium im großen und ganzen wirksame Mittel, wirksam, sofern sie rechtzeitig und mit der nötigen Sorgsamkeit angewandt werden, in den Kupferkalkbrühen und in dem Schwefel, bedauerlicherweise aber haben alle Versuche zu gleich erfolgreichen Bekämpfungsmethoden bei dem Heu- und Sauer— wurm zu gelangen, zu einem befriedigenden Ergebnis noch nicht ge⸗ führt. Das ist schon Ende der neunziger Jahre Anlaß gewesen, daß die Königlich preußische Regierung das getan hat, was der letzte Herr Redner angeregt hat; es ist ein Preis von 2500 S ausgesetzt worden demjenigen, der eine erfolgreiche und leicht durchführbare Methode zur Bekämpfung des Heu und Sauerwurms erfinden würde, aber bis jetzt ist es noch nicht möglich gewesen, diesen Preis zu verteilen. Im übrigen haben Botaniker, Zoologen, Chemiker nicht bloß in Deutsch⸗ land, sondern auch in denjenigen Ländern des Auslandes, die eben⸗ falls vom Heu⸗ und Sauerwurm heimgesucht werden, wie z. B. Frankreich, umfassende Arbeiten geleistet, um eine wirksame Ver⸗ nichtungsmethode zu finden. Ich darf speziell hinweisen auf die Arbeiten des Königlich preußischen Instituts in Geisenheim, des Königlich bayerischen Instituts in Neustadt a. Haardt. Den Herren, die mit den Dingen vertraut sind oder sich aus Anlaß der heutigen Erörterungen mit ihnen vertraut gemacht haben, werden ja die Arbeiten von Lüstner, Dewitz, Schwangart, Z3schokke wohl bekannt sein. Daneben hat die Königlich preußische Regierung in umfassender Weise sich seit einer Reihe von Jahren be⸗ müht, auch durch systematische Versuche auf praktischem Ge⸗ blete namentlich mit chemischen Mitteln festzustellen, ob und mit welchem Erfolge man auf diesem Wege dem Sauerwurm zu Leibe gehen könnte, und auch in den anderen beteiligten Bundes⸗ staaten sind solche Versuche angestellt worden. Für das Jahr 1911 beabsichtigt die preußische Regierung, einen besonderen Fachgelehrten damit zu beauftragen, in den besonders heimgesuchten Weinbaugebieten des Rheingaus in dieser Richtung weitere Experimente zu machen; und als Weingutsbesitzer hat der preußische Staat auf seinen Domänen umfassende und, wie das Ergebnis gezeigt hat, auch nicht ganz erfolglose Versuche angestellt. Es ist den Herren vielleicht interessant, daß im Jahre 1908 auf preußischen Domanialweingütern auf denjenigen Flächen, wo der Heu⸗ und Sauerwurm nicht bekämpft wurde, eine Ernte von 93 hl auf den Hektar fiel, während auf den⸗ jenigen Flächen, wo die Bekämpfungsmethoden angewandt wurden, unter sonst gleichen Voraussetzungen 31,55 hl auf den Hektar geerntet wurden. (Hört! hört) Und zwar hat es sich bei diesen Versuchen wesentlich um die Verwendung von Klebfächern und Nachtlampen ge⸗ handelt — beides Methoden, die ja auch die Herren Vorredner schon erhrtert haben.
Nun, meine Herren, an den wissenschaftlichen Untersuchungen, die ich vorhin näher stizzlert habe, hat sich die Kaiserliche Biologische Anstalt in Vahlem bis jetzt nicht beteiligt, und zwar aus zwei Gründen. Einmal ist das Versuchsfeld in Dahlem ungeeignet für derartige biologische Arbeiten, und zweitens war man der Ansicht, daß die wissenschaftlichen Arbeiten in so guten Händen seien — ich habe mir vorhin ja eine Reihe von wissenschaftlichen Autoritäten zu nennen erlaubt, die auf diesem Gebiete gearbeitet haben — daß ein besonderes Eingreifen in diese Arbeiten seitens der Biologischen Anslalt nicht notwendig sei. Dagegen hat sich die Biologische Anstalt auf anderen Gebieten, namentlich bei der Frage der Spritzverfahren, betätigt; sie hat eine Reihe von Versuchen eingeleitet, um das Verfahren mit Tabak- lauge zu erproben und zu vervollkommnen, und sie wird selbstper⸗ ständlich auf diesem Gebiete zu arbeiten nicht aufhören. Die Mittel dazu — zu diesen sowohl wie zu ähnlichen Versuchen — werden ein⸗ mal aus dem Fonds der Anstalt selbst genommen werden; sie würden aber auch auß dem von dem Herrn Vorredner vorhin genannten Fonds bei Kapitel 3 Titel 24 der einmaligen Ausgaben des Etats des Reichgamts des Innern, soweit notwendig, entnommen werden können.
Meine Herren, von den Methoden, die bis jetzt am Rhein, an der Mosel, in der bayerischen Pfalz und anderwärts angewandt worden sind, erscheint am aussichtsvollsten die sogenannte Winterbekämpfung; das Verfahren ist ja von den Herren Vorrednern ebenfalls beschrieben worden. Sie ist deshalb empfehlenswert, weil sie sich in einer Zeit vollzieht, in der der Schädling nur in einer Erscheinungsform, nämlich in der Puppe, auftritt, und in dieser Form am allereinfachsten und bequemsten bekämpft werden kann. Das hat, wie auch schon erwähnt, die Königlich bayerische Regierung veranlaßt, in der bayerischen Pfalz einen großen Versuch mit der Winterbekämpfung zu machen. Es ist, wie ebenfalls schon gesagt wurde, durch oberpolizeiliche Anordnung der Königlichen Regierung der Pfalz angeordnet worden, daß die erforder⸗ lichen Arbeiten von den Besitzern von Rebgrundstücken, von Nutz— nießern und Pächtern derselben auszuführen sind, zur Vermeidung polizeilicher Strafen und zur Vermeidung der zwangeweisen Ausführung durch Dritte auf ihre Kosten. Gegen dieses Verfahren und gegen das Vorgehen der bayerischen Regiernng sind ja eine Reihe von Ein wendungen laut geworden, die sich zum Teil auf Bedenken gegen die Wirksamkeit der Methode bezw. auf etwaige üble Nebenfolgen, beispielsweise Frostgefahr usw., gründen. In der Hauptsache sind aber diese Beschwerden erhoben worden deswegen, weil man sich gegen den Polizeizwang sträubt. Wir haben nun heute, und solange wir nicht den Weg eines reichsgesetzlichen Eingreifens beschreiten, im Reichstag nicht darüber zu beschließen, ob ein solcher Zwang not— wendig ist oder nicht. Aber ich möchte mir auf Grund der Er— fahrungen, die ich auf ähnlichen Gebieten gemacht habe, doch im Anschluß an die Ausführungen des Herrn Vorredners die Betrachtung gestatten, daß derartige Verfahren im wesentlichen doch nur dann von Erfolg begleitet sind, wenn sie auch in ihren letzten Konsequenzen durchgeführt werden können. (Sehr richtig) Die Unterlassungen eines saumseligen oder eigensinnigen Besitzers sind unter Umständen hinreichend, um die Früchte des Fleißes einer ganzen gewissenhaften Feldmark illusorisch zu machen und unter Umständen ganze Weinbau⸗ gebiete, die man geglaubt hat, befreit zu haben, von neuem wieder der Gefaht, durch die Schädlinge befallen zu werden, auszusetzen. (Sehr richtig) Jedenfalls ist es mit besonderer Freude zu begrüßen, daß Bayern auf Grund biologischer Forschungen und Erfahrungen mit der Winterbekämpfung einen Versuch im großen Stil und in einer Form gemacht hat, d. h. unter Anwendung von Zwang, die wahr⸗ scheinlich geeignet sein wird, ein klares und zuverlässiges Bild über die Anwendbarkeit dieser Methode im großen und über ihre Erfolge zu schaffen, und das wird — ich werde nachher noch einmal darauf zurück— kommen — von ganz besonderer Bedeutung sein.
Meine Herren, neben der Winterbekämpfung wird — auch das ist ja von dem Herrn Vorredner schon ausgeführt — auch auf die Sommerbekämpfung nicht verzichtet werden können. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß sich auf diesem Gebiete die Kaiserliche Biologische Anstalt in Dahlem bereits betätigt hat und auch weiter betätigen soll, und zwar daß sich diese Tätigkeit ganz besonders er— streckt hat auf Versuche mit der Bekämpfung durch Tabakslauge. Nun ist seitens des letzten Herin Vorredners zutreffend darauf hingewiesen worden, daß der Anwendung der Tabaks— lauge insofern Schwierigkeiten entgegenstünden, als die Tabakt⸗ laugen steuerpflichtig seien, es sei denn, daß infolge Ver⸗ gällung die Steuer erlassen wird, und daß die von auswärts eingehenden Tabakslaugen dem Tabakzoll unterworfen seien. Die Ausführungen sind richtig. Ich mache jedoch darauf aufmerksam, daß das Tabaksteuergesetz vom 15. Juli 1909 schon eine erhebliche Er⸗ leichterung zugunsten der Winzer gebracht hat im Vergleich zu dem Tabaksteuergesetz vom 16. Juni 1879. Das letztere Gesetz gestattete eine Rückerstattung der Steuer nur, wenn der Tabak vernichtet war; das jetzt geltende Gesetz gestattet die Rückerstattung der Steuer auch in denjenigen Fällen, wo die Lauge zur Bekämpfung von Pflanzen⸗ schädlingen und ähnlichen Zwecken verwandt wird. Ueber die gesetz⸗ liche Bedingung der Vergällung werden wir allerdings nicht hinaus⸗ kommen können ohne eine Abänderung des Gesetzes.
Anders liegt die Sache bezüglich der Verzollung. Eine ähnliche Bestimmung, wie sie für die Inlandssteuer im 5 25 Abs. 3 des Ge⸗ setzes vom 15. Juli 1909 gegeben ist, enthält das Zolltarifgesetz zwar nicht Das Schatzamt ist aber bereit, in Erwägungen darüber einzutreten, ob nicht in analoger Anwendung der Vor⸗ schriften über die innere Besteuerung auch der Zoll für die aus dem Auslande eingehenden Laugen erlassen werden kann, wenn sie zum Zwecke der Schädlingsbekämpfung verwendet werden. Ich nehme an, daß die in dieser Beziehung schwebenden Verhandlungen zu einem günstigen Ergebnis führen werden, und das würde um des⸗ willen von besonderer Bedeutung sein, weil,« soweit ich unterrichtet bin, die ausländischen Laugen wirksamer und wichtiger sind, als die inländischen. (Sehr richtig) Also, meine Herren, auf diesem Gebiete wird das Reich selbstverständlich bereit sein, sowelt das möglich ist, den Winzern zu Hilfe zu kommen, und ich habe eben schon angeführt, daß ich annehme, daß auf diesem Gebiet erfolgreich wird gearbeitet werden können.
Inwieweit eine Tarifermäßigung speziell auf den Reicheisenbahnen, wie der Herr Vorredner angeregt hat, wirklich von erheblicher Be⸗ deutung und ob eine solche zulässig sein würde, das zu beantworten bin ich heute nicht in der Lage.
Meine Herren, es ist dann der Herr Vorredner übergegangen zu
*
eingehenden Erörterungen der Förderung des Vogelschutzes im Interesse
einer wirksamen Bekämpfung des Heu, und Sauerwurmg. Ich kann
daran erinnern oder, falls es hier noch nicht bekannt sein sollte, mit,.
teilen, daß die Reichsverwaltung schon vor einer Reihe von Jahren sich an sämtliche Bundegregierungen gewandt hat, mit der Bitte, nach dem Vorgange der preußischen Regierung speziell dem Vogelschutz eine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden, und ich glaube kaum, daß es notwendig sein wird, auf diesem Gebiete eine Aktion des Reichs eintreten zu lassen. In welcher Weise der Vogelschutz wirksam zu machen sei für die Bekämpfung des Heu⸗ und Sauerwurms haben ja die beiden Herren Vorredner bereits ausgeführt; ich brauche darauf nicht wieder zurückzukommmen.
Nun, meine Herren, ist als Letztes in den Interpellationen ge— wünscht und von ihren beiden Vertretern empfohlen worden ein ein— heitliches Vorgehen der Bundesstaaten unter Führung des Reichs. Ich kann im Anschluß daran mitteilen, daß auch ein diesbezüglicher Antrag Bayerns bereits bei der Reichsleitung eingegangen ist. Ich bin aber der Meinung, meine Herren, daß dieses gemeinschaftliche Vorgehen der Bundesstaaten weniger zu erfolgen haben wird auf dem Gebiete wissenschaftllcher Arbeit. Von einer Vereinbarung über ge— meinschaftliche wissenschaftliche Bearbeitung der Frage ist verhältnismäßig wenig Erfolg zu erwarten; man muß hier den einzelnen Gelehrten und Praktikern in der Arbeit freie Hand lassen und sie nur in jeder Weise nach Möglichkeit fördern. Wohl aber würde eine einheitliche Betätigung der einzelnen Regierungen dann und in dem Falle erwünscht und notwendig sein, wenn wir uns darüber klar sind, welche Mittel wir zur einheitlichen Durchführung empfehlen und zur Anwendung bringen können, und ich werde darauf Bedacht nehmen, dieses Zusammenarbeiten der verbündeten Regierungen in dem Augenblicke in die Wege zu leiten, wo speziell die Erfahrungen Bayerns im Laufe dieses Winters aus Anlaß seiner Anordnungen in der Pfalz die erforderlichen Unterlagen gegeben haben werden, oder wenn sonst andere Methoden so weit erprobt sein sollten, daß mit Aussicht auf Erfolg ihre Anwendung auch den anderen Regierungen empfohlen werden kann. (Bravo!)
Auf Antrag des Abg. Dr. Dahlem (Zentr.) wird die Be sprechung der Interpellation beschlossen.
Abg. Huber (Soz.): Wie groß die Not der Winzer ist, ergibt .
sich schon daraus, daß der Wert des Grund und Bodens in den Wein baugegenden rapid gesunken ist. Seit Erlaß des bestehenden Reblaus eseßzes sind Millionen an Werten verloren gegangen. Es handelt 9h um keine vorübergehende Erscheinung, sondern um einen dauern— den Notstand, der um so drückender ist, als die Winzer fast ausschließlich auf den Weinbau angemiesen und Kleinbesitzer sind. Die Einzelstaaten haben zur Bekämpfung der Rebschädlinge bisher nur halbe Arbeit geleistet, weil man dem kleinen Winzer die be treffenden Arbeiten ohne Entschädigung zumutet. Die Winzer in Bayern müssen für das Abreiben der Rebstämme entsprechend ent schädigt werden. Die Heu- und Sauerwürmer arbeiten schneller als die Bundesregierungen. Es muß von Reichs wegen eingeschritten werden, und zwar sofort, denn es stehen viele Millionen des Nationalvermögens auf dem Spiele. Wir brauchen ein ein heitliches Zusammenarbeiten. Was nützt uns der Fonds von 30 0090 6 im Etat des Reichsamts des Innern? Für Kulturzwecke hat das Reich keine Mittel; der Militarismus frißt alles auf. Läge der Weinbau in den Händen der Junker und 6, n Tann wäre den Winzern längst geholfen worden. Es fehlt auch an Obst und Weinbauschulen, um die Winzer zu belehren. Ohne Stagts mittel kommen wir hier nicht weiter. Wir Sozialdemokraten sind bereit, für solche Kulturzwecke alle Mittel zu bewilligen.
Königlich bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrat, M inisterial rat Ritter von Strößenreuther: Die Königlich bayerische Regierung bat sich mit der Prüfung dieser Frage um so ernstlicher be— schäftigt, als die Not der Pfälzer Winzer Gegenstand ernster Sorge für sie ist. Infolgedessen hat sie vor mehr als Jahres frist eine Besprechung eingeleitet zwischen den weinbauenden Interessenten und Sachverständigen über Maßregeln zur Be kämpfung der Rebschädlinge. Auf Grund dieser Beratungen hat dann die Königliche Lehr⸗ und Versuchsanstalt für Wein⸗ und. Obstbau eine größere Anzahl von Versuchen mit verschiedenen Mitteln zur Bekämpfung der Rebschädlinge durchgeführt. Auch an Versuchen, aufklärend auf die Kreise der Winzer zu wirken, hat es nicht gefehlt. 1910 hat eine Besprechung über Maßregeln zur Bekämpfung des Heu, und Sauerwurms stattgefunden, wobei auch die Frage aufgeworfen wurde, ob polizeiliche Vorschriften zu erlassen seien. In der ersten Zeit hat man sich noch gegen den Erlaß derartiger Vorschriften ausgesprochen. Die Meinungen hahen sich im Laufe des Jahres erheblich geändert, sodaß eine neue Ver sammlung der Kommission sich am J. Oktober einstimmig für den Erlaß dieser polizeilichen Vorschriften ausgesprochen hat. Die Königliche Regierung der Pfalz hat am 9. Oktober diese Vorschriften , m, von denen wir uns den besten Erfolg versprechen, allerdings nur dann, wenn sie getragen werden von dem guten Willen der Pfälzer Bevölkerung. Ich kann dem Abg. r. Jaeger nur danken für seine freundliche Beurteilung dieser Vo: schriften und für seine Mahnung an die Pfälzer Bevölkerung, daß alle Beteiligten zusammenhalten möchten. Gemeinschaftliche Arbeit ist allerdings die Grundbedingung alles Erfolges, und ich möchte deshalb nicht unterlassen, auch von meinem Platz diese Mahnung an die Pfälzer Bevölkerung hinausgehen zu lassen. Auf Strafandrohungen legt die Königlich bayerische Regierung nicht den Hauptwert. Sie hofft vielmehr von der Einsicht der Be völkerung der Pfalz, daß sie auch in dieser Frage freiwillig das tun wird, was sich als eine absolute Notwendigkeit ergeben hat. Durch Gewährung weiterer Ausnahmen dürfen wir aher nicht das Ganze in Frage stellen. Wo solche Ausnahmen ohne Gefahr möglich sind, sollen sie allerdings gewährt werden. Der Vorredner hat gewünscht, es möchte mit finanziellen mn er fen, vorgegangen werden. Um nicht den Irrtum aufkommen zu lassen, als sei in dieser Beziehung unserseits noch nichts geschehen, möchte ich hervorheben, daß die Königlich baverische Staatsregierung Unterstützungen in Aus sicht gestellt . Sie wird den Winzerkreisen, die freiwillig die er wähnten Vorschriften freudig durchführen, ihre finanzielle Unterstützung nicht versagen. .
J . D. Naumann (fortschr. Volksp.): Auf keinem Gebiete der Landwirtschaft ist die Spannung in der Erzeugung in den, ver schiedenen Jahren nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ sö roß wie beim Weinbau. 1904 war das finanzielle Ergebnis 143 Iller n, 1909 nur 73 Millionen. Gute und, schlechte Jahre aus zugleichen, ist nur der große Weingutsbesitzer im stande, der kleine Winzer nicht; der Ausgleich vollßfieht sich in den Kellern Les Handels, während der einzelne Winzer im Herbst verkaufen muß. 6 muß in guten Jahren alte Schulden abtragen Der Winzer kann sich dagegen auch durch Organisationen nicht schützen. E 46st ob es Mittel gibt, um den Winzern zu helfen. Die Schädlinge ge, deihen am been bei Feuchtigkeit, diese wäscht die, Schu zmittel weg. Der Regen tötet zugleich diejenigen Insekten, die die Schäd⸗ linge ruinierten. Gegen den Heu. und Sauerwurm besteht jetzt die Sommerbehandlung, aber diese Behandlung geschieht wohl oder übel, d. h. in der einen Gemeinde wohl, in der anderen übel, und außen dem in einer Zeit, in der die Hauptarbeiten bein Weinhau statt finden müssen. In der Pfalz hat man eine Winterbehandlung bersucht, die alle anderen Weinbaugebiete mit großer Aufmerksamteit verfolgen, um sie, wenn sie sich bewährt hat, allgemein ein. zuführen. Von einer erzwungenen Tätigkeit verspreche ich mir aber
aber —
Es fragt sich nun,
nicht viel. Richtiger als der Zwang ist eine allgemeine Auf⸗ llärung und ein Gintreten der beteiligten Körperschaften. Der Preis von 2500 S, den die preußische n . ausgesetzt hat, genügt allerdings nicht. Die Lösung des Problems erfordert zu viel praktische Untersuchungsmittel, da wird man die Preife etwas höher fetzen müssen. Man wird nicht nur an mikroben— artige. Tiere denken können, sondern hier spielt einen wesent— liche Rolle der Vogelschutz. Man sollte verfüchen, die Vögel, denen man die Wälder und das letzte Fleckchen Erde genommen hat, durch künstliche Hecken wieder zurückzurufen. Das freilich wird schwierig sein, nachdem man sie einmal von sich gestoßen hat. Vor allem halte ich es für umwahrscheinlich, daß durch politische Verhandlungen etwas erreicht wirs. Eine Besprechung im Reicht amt des Innern könnte ein Anlaß sein zu einer dauernden Verständigung. über die Landesgrenzen hinaus. Wir sollten nach dem Müster der Strembeiräte in der wafferwirtschaftlichen Vor= lage eine Organisation schaffen, die systematisch diefe Frage vor⸗ behandelt, damit sie in den Parlamenten, wo sie jetzt da und dort in einer Nebenrolle auftritt, mit gutem Erfolge behandelt werden kann. . Abg. Dr. Dahlem Jentr. : Der Militarismus ist nicht schuld an der Reblaus. Er Hat nichts mit ihr zu tun. Wir haben jetzt an den Ufern des Rheins einen Notstand, der größer nicht gedacht werden kann. Die Leute sind so arm, daß sie keine Steuern zahlen können, und die Zwangsvollstreckung erfolglos bleibt. Eine der wichtigsten Aufgaben auch des Deutschen Reichs⸗ tages müßte, darin siegen, die geeigneten Mittel zu finden, um die Weinbauer wieder hoch zu bringen, Um ihnen wieder Mut zu machen. „Das wird aber nicht anders möglich sein, als daß man ihnen finanziell zur Seite steht. Mit Ratschlägen und Lehr vorträgen ist nicht geholfen. Die haben wir im Weinbau schon massenhaft. Die ganze Bevölkerung am Rhein meint, es Foölle zunächst versucht werden, zu einer einheitlichen Bekämpfung der Reb— schädlinge zu kommen. Es müßte allerdings eine zwingende Polizei= verordnung geschaffen werden. Man kann die Bekämpfung unmöglich als Sache des freien Willens betrachten. Wenn auch nur (iner nicht mittut, so ist die ganze Arbeit umsonst. Eine bessere Gestaltung des Vogelschutzes ist gewiß gut, aber die Hauptsache bleibt doch die sinanzielle Unterstützung der armen Winzer.
Hierauf wird um 6i/ Uhr die Fortsetzung der Besprechung auf Freitag 1 Uhr vertagt.
Statifstik und Volkswirtschaft.
Die Zunahme der mittleren Schichten der Bevölkerung Deutschlands seit 1895.
Bekanntlich ist der wichtigste Glaubensartikel des unentwegten Marxisten der, daß die Entwicklung der kapitalistischen Produktion mit Naturnotwendigkeit zu einer Zertrümmerung des sogenannten Mittelstandes — der Bürger und Bauern, wie das kommunistische Manifest sagt — führen mmüsse. Uebrig bleiben würden nur einige wenige Großktapitalisten, die sich dann noch gegenseitig durch rücksichts lose Konkurrenz aufzehrten. Auf der anderen Seite wachfe daz Elend und die Unterdrückung, der immer mehr ausgebeuteten Massen des Volkes, Schließlich ein gewaltiger Ruck! Die dünne Schicht der kapitalistischen Unterdrücker fliege in die Luft, und das gesamte Volk trete ihr Erbteil an, indem es die Früchte der Arbeit auch zum Wohle der Gesamtheit verwende. Die stürmische Entwicklung der Groß⸗ betriebe im Anfange des Maschinenzeitalters und die unleugbar un— günstige Stellung mancher Telle des Handwerks schienen diefem Ge— dankengang eine Zeitlang Recht zu geben. Aber allmählich zeigte sich doch, daß er eine ungeheuerliche Üebertreibung enthielt. Besonders in der Landwirtschaft trat genau das Gegenteil von dem ein, was die Propheten des Marxismus vorgusgesagt hatten. Ueberall ist hier der NUlein und Mittelbetrieb im Vordringen begriffen — auch die letzte , , bewelst es wieder — der Großgrundbesitz aber geht zurück
Wie steht eö nun aber mit dem Handwerk? In der Industrie hat der Großbetrieb infolge der Entfaltung der Maschinentechnik und des modernen Verkehrs- und Reklamewesens unleugbare Vorteile gegenüber dem Kleinbetriebe, der sich diese Hilfsmittel weniger dienstbar machen kann. Man sollte denken, daß er deshalb den Kleinbetrieb immer mehr aufsaugen oder wenigstens stark zurückdrängen müßte. Die letzte Berufs und Betriebs zahlung zeigt jedoch, daß dies keineswegs der * ist. Allerdings gibt es einzelne Daudwerke, die einen nicht unbeträchtlichen Rückgang aufzuweisen haben. Diesen steht aber eine weit größere Zahl anderer gegen⸗ über, die noch heute in raschem Wachstume begriffen sind, ja von denen einzelne noch stärker zunahmen als die Bevölkerung selbst. Der Direktor des Statistischen Amts in Bremen Dr. Böhmert untersucht am Schlusse einer in der Vierteljahrsschrift Der Arbeiter freund. veröffentlichten Artikelreihe über die Ergebnisse der letzten Berufs« und Betriebszählung auch insbesondere die Entwicklung des Dandwerks während der Jahre 1895 bis 1907. Er teilt dabei die einzelnen Handwerkszweige nach den Veränderungen, die in der Zahl der Einzelbetriebe eingetreten sind, in drei Gruppen, nämlich in solche, die an Zahl abgenommen haben, in solche, die einen Stissstand auf⸗ weisen, und in 2367 die zunehmen. Als stillstehende Handwerke be— trachtet er solche, bei denen die Zunahme oder Abnahme der Betriebe weniger als 5 betragen hat. Man gelangt dann zu dem Ergebnisse, daß aufweisen:
einen Rückgang von mehr als H. Yso: die Steinmetzen, Töpfer, Goldschmiede, Kupferschmiede, Zinngießer, Uhrmacher, Seifensieder, Seiler, Gerber, Böttcher, Kammacher und Schuhmacher,
einen Stil(lstand: die Grohschmiede, Buchbinder, Bau, und Möbeltischler, Bürstenmacher, Kürschner und Hutmacher, eine Zunahme von mehr als 5 oo: die Klempner, Messer⸗ schmiede, Nadler, Stellmacher, Sattler, Tapezierer, Drechfler, Bäcker und Konditoren, Schlächter, Schneider, Handschuhmacher, Barbiere, NVaurer und Bauunternehmer, Zimmerer, Glaser, Stubenmaler, Stuklateure, Dachdecker, Brunnen macher, Ofensetzer und Schornsteinfeger.
Die Zahl der Personen, die in den angeführten Dandwerksarten beschäftigt war, betrug im Jahre 1895 insgesamt 3 4099 519, im Jahre 1907 dagegen 4580 558 Personen. Das ist alfo eine ö. stattliche Zahl, die sich mindestens zur Hälfte auf rein handwerksmäßige Be— triebe verteilt. Es waren nämlich in diesen 39 handwerksmäßigen Betriebsarten beschäftigt:
in Betrieben bis zu 5 Personen 2238 817 Personen,
= ö von 6 bis 50 Personen 1 233 101 ö
ö ö von über 50 . 1108720
Wenn
man bedenkt, daß die Periode von 1896 bis 1907 durch eine geradezu stürmische Entwicklung unserer Volkswirtschaft charaf— teristert war, wie . schwerlich in dieser Intensität wiederkehren wird, — drängt sich mit Notwendigkeit der Schluß auf, daß der kleine Betrieb eine geradezu überraschende Lebengenergie bewiesen hat. Bel den angeführten Handwerkzarlen waren im Jahre 1895 im ganzen rund 1232 000 Kleinbetriebe von weniger als 5 Personen gezählt warden. Das Jahr 1997 sah fiatt ihrer 1274 000, atfo keine Ab, nahme, sondern eine , . Wir sind mithin von dem marx sist ischen Ideal des Verschwindens dleser Betriebe weiter entfernt als im Jahre 1895.
Nun wird ja allerdings niemand leugnen, daß der Großbetrieb und die von ihm Abhängigen sich erheblich stärker vermehrt haben als das Handwerk, Cs wäre geraden ein Wunder, wenn dies nicht so wäre. Der Großbetrieb hat eben in Jeiten . Kultur unzweifelhaft einen starken Vorsprung gegenüber dem Kleinbetrieh, und demgemäß setzt er sich au unwiderstehlich durch. Das sst, nebenbei bemerkt, in allen Menschheitperloben ähnlicher Ärt F gewesen, ohne daß eine einzige dabon zum Kommunssmuüg. ge fährt hätte, Aber neben diesen Bom Großbetrieb er aßten Menschen— massen erhalten sich eben in der Landwirtschaft und, wie
ständiger Berufstätigen. Dasselbe ist in Handel und Verkehr der in Außerdem aber wächst im Großbetriebe selbss und in den mit
m verwandten staatlich organisterten Betrieben eine stes Schicht in mittlerer Lebenslage hesindlicher Personen heran, die ihrer * Stellung und Lage nach dem , Mittelstand angehören. So lommt es, daß die eigentliche Ärbeiterbevölkerung keineg wegs in dem 93 zunimmt, wie man es nach der gewaltigen Entwicklung des Großbetriebs erwarten sollte. Auch hierfür seien einige Zahlen aus dem schen erwähnten Aufsatze herangezogen. Böhmert geht von der Ansicht aus, daß die allgemelne Einteilunj der Reichs⸗ statistik in a. Selbständige, b. Angestellte und C. Arbeiter für bie hier in Betracht kommende Frage nichl zu perwerten sel. Denn unter den Arbeitern (e) seien dabei 6 die mithelfenden Familienangehörigen und die Verkäufer und Verkäuferinnen aufgeführt, von denen die ersteren ihrer sozialen Stellung nach zu den Selbständigen, die letzteren zu den Angestellten gehörten. Indem er dann auch noch die in den freien Berufen und die im Fffentlichen Dienst Tätigen nach drei Schichten gliedert, gelangt er für die anze, nicht in der Landwirtschaft tätige Volkzmasse (ohne Rentner und Berufslofe zu folgendem Ereb— nisse: Die Gesamtzahl dieser ,, betrug in Tausenden:
1907
in der oberen Schicht 3540 (29,3 ) 4090 (24,1 o, mittleren, 19065 6 930 , 5 2030 (13 3, unteren 7470 (617) 10 570 (637 5.
Danach hat also auch die obere Schicht in absoluter Zahl zu— genommen. Aber ihre prozentuale Bedeutung ist infolge des noch größeren Wachstums der anderen Schichten 6 ie stärkste berhůltn is ma ige Zunahme weist ihr gegenüber die mittlere Schicht, die der Angestellten, auf. Ihre Bedeutung ist weit stärker gewachsen als die der unteren Schicht, deren Anteil an der Gesamtbebölkerung sich nur um 209½ vermehrt hat. Bei dieser Berechnung sind die Deimarbeiter für beide Zählungsjahre, der oberen Schicht, den Selbständigen, zugerechnet. Die Dienstboten find überhaupt nicht einbejogen. Rechnet man diese beiden Klassen der unteren Schicht zu, so ergibt sich, daß diese im Verhältniß zur Gesamt⸗ bevölkerung genau dieselbe e ban einnimmt wie im Jahre 18275. Sie macht nämlich bei beiden Zählungen 61,7 Gso aller Berufstätigen aus. Eine Verschiebung ist nur zwischen den beiden ersten Klassen eingetreten, indem die Klasse der Angestellten sich auf Kosten der Selbständigen stark vermehrt hat. Demnach be— weist, die Berufszählung genau das Gegenteil von dem, was die heutigen Marxisten behaupten. Eine zunehmende Proletarisierung der Volksmasse findet überhaupt nicht statt.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.
Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten.
(Aug den ‚Veröffentlichungen des Kalserlichen Gesundhertgamtz⸗ Nr. 48 vom 30. November 19160.)
Pest.
Rußland. In einem am Dnjestr gelegenen Dotfe des Kreises Odessa sind zufolge einer Mitteilung vom 11. November 3 Pest— fälle vorgekommen, welche n rn aus Odessa zurückzuführen sind. In Ode ssa, woselbst am 11. November noch 9 Pestkranke in Behandlung waren, erkrankten angeblich noch immer wöchentlich 1 bis 2 Personen an der Pest.
Aegypten. Vom 5. bis 11. November wurden 30 Erkrankungen 8 9 Todesfälle) angezeigt, davon 19 (66) in Deirut, 5 (3) in Manfalut, 4 in Embabeh und 2 (1 in Damanhur, vom 12. bis 18. November 25 (), davon 11 (4) in Deirut, 11 in Manfalut, 2 in Tukh und 1 (1) in Alexandrien.
Briti sch⸗Ost indien. Vom 16. bis 22. Oktober wurden in ganz Indien 6619 Erkrankungen und 4765 Todesfälle an der Pest angezeigt. Von letzteren kamen 1255 auf Rajpu kana (davon 795 auf die Stadt Tonk), 1162 auf die Präsidentschaft Bombay (davon 13 auf die Stadt Bom bay und 7 auf Karach ih, 530 auf die Zentralprovinzen, 403 auf Zentralindien, 379 auf den Staat My sore, 301 auf das Punjabgebiet, 294 auf die Ver—⸗ cinigten Provinzen, 219 auf Hyderabad, jo4 auf Bengalen, 95 auf die Präsidentschaft Madras, 23 auf Burma davon 1 auf die Stadt Baffe in), 1 auf Kaschmir.
China. In Schanghai ist am 26. Oktober ein Chinese an der Pest gesterben. In dem ärmlichen, schmutzigen, nur von Chinesen bewohnten Stadtteil, in welchem der Todesfal h ereignete, sind an⸗ geblich bereits seit einiger Zeit pestverdächtige pestkranke Ratten vorgekommen.
Pest und Cholera.
Britisch⸗Ostindien. In Kalkutta starben vom 2. bis 22. Oktober 27 Personen an der Pest und 52 an der Cholera.
Cholera.
Oesterreich⸗Ungarn. In Ungarn sind vom g. bis 12 No— vember 19 Personen erkrankt (und 6 gestorben), davon in den Komi— taten Bae s⸗Bodrog 11 (5, Torontal 6 (3), Baranva und de ves je.
In Slavonien sind in derselben Zeit 10 Personen an der Cholera erkrankt.
Italien,. Vom 3. bis 16. November wurden in den 11 Pro— pinzen 142 Erkrankungen (und 45 Todesfälle) gemeldet, und zwar 15 G) in der Prov. Lecce saus 7 Qrtschaften, dabon 5 ( aus Brindisi; 4 (3) in der Prov. Salerno 13; 31 (i) in der . Neapel 16], dapon 15 (— aus Fratta maggiore; di
Erkrankungen und
21) in der Prob. Caserta [3], dapon 11 (3 aus Gancello rnone, 19 (4) aus FItri, 9 (4 aus Formia; 1 (= in der Prov. Compobasso aus Castelpiszuto; 21 (6) in der Prov. Rom [9], davon 6 (1) aus Terracina; 1 (- ) in der ręv. Perugia aus Fossato Vico; 16 (6 in der Prov. alermos davon 13 (3) aus der Stadt und 3 (9) aus der Irren— anstalt Palermo; 5 6 in der Prov. Girgenti aus Porto Empedoele; 1 — in der Prov. Trapani aus Monte S. Giuliano; 3 (3) in der Prov. Caltanisfetta aus 3 Brtschaften. Von der Gesamtzahl der in beiden, Wochen gemeldeten Erkrankungen Todesfälle) entfielen 68 (21) auf die erste und 74 (24) auf die zweite Berichtswoche. Rußland. Vom 30. Oktober bis 5. November sind 170 Er— krankungen (und 110 Todesfälle) angezeigt worden, davon in:
Stadt St. Petersburg mit Vorstädten . 25 43 Gouv. St. Petersburg (sonst z.... 3 — K 3
Mohilew r r itebsk. Kiew. 1 er mn nn n,, Stadthauptmannschaft Sewastopol . ö , I ,, , Stadthauptmannschaft Baku Goup. Tiflis.... Akmolingkgebiet. ; erghanagebiet. ... r. Dar lagebiet· — 1 Gebiet 1 J / Küstengebiet. w, 9). Nach neuerer amtlicher Mitteilung betrug die Gesamtzahl vom 23. bis 29. Oktober Erkrankten (und Gestorbenen) 333 ehh
de de
J ,
R 0 ,
wir gesehen haben, auch in der Industrie große Schichten selb⸗
d. I. 75 (26) mehr, als in der vorlgen Woche angegeben worden j
Es entfielen u. a. auf die Gouvernements ,,. 156), Kiew
55 ic Baku s (1). Die Gesamtzahl der seit Beginn dieg⸗·
j⸗hrigen Seuchenausbrucht an der Cholera gesterbenen Versonen wird
. S582 beziffert, d. i. auf 46,7, der als erkrankt gemeldeten ersonen.
Türkei. In Konstantinopel wurden vom 8. bis 14. No⸗ vember 132 Erkrankungen (und 70 Todesfälle) , in Tuzla vom 7. bis 14. November 106 (68), davon 92 (O7) im dortigen Lazarett, im Bezirk Adrianopel vom L. bis 11. November 123 (7), davon 5 (3) in der Stadt Adrianopel, im Bezirk Trapezunt vom 6. bis 12. Nopember 39 (23), davon 28 (15) in der Stadt Trgpezunt, ferner in Zon⸗ guldak und Umgebung vom 5. bis 11. November 6 (3), in den Be⸗ zirken Erzerum und Van vom 4. bis g. November 5 (4), im Be⸗ zirk Bagdad vom 7. bis 13. November 18 (17), davon 12 (12) in der Stadt Bagdad, endlichin Ba ssra vom 4. bis 13. Nobember 109 (9z). dapon 26 (6) im Lazarett von Salghiehunter den dort ihre Quarantäne erledigenden Personen. Von Militäͤrmannschaften erkrankten im Bezirk Adrianopel, und zwar in Rodosto, Ereglt (Marmarameer) und Mustafa Pascha, vom 2. bis 10. Nobember 73 und starben 15 an der Cholera. ᷣ
Aus Saloniki wurde am 13. November ein vereinzelter e, ,, bei einem aus Konstantinopel angekommenen Reisenden gemeldet.
In Smyrng sind am 19. November 7 Cholerafälle, davon 2 mit tödlichem Verlauf im Türkenviertel festgestellt worden.
Tripolis. In der Stadt Trivolis sind vom 6. bis 2. November 50 Erkrankungen und 31 Todesfälle an der Cholera festgestellt worden.
Sultanat Oman. In Mas kat, wo seit dem 21. September keine Choleraerkrankungen vorgekommen waren, sind am 19. und 22. Oktober wiederum 5 Fälle, davon 2 mit tödlichem Ausgang, an⸗ gezeigt worden; vom 6. bis 12. November sind dort 22 Personen an der Cholera gestorben. —
Persien. In Kermanschah wurden vom 17. bis 29. Oktober 200 Todesfälle an der Cholera angezeigt, im ganzen sest dem ß. Okteber 497, in Hamadan und Umgegend vom 27. bis 30. Oktober 12 Erkrankungen und 6 Todesfälle, in der Prov. Aserbeidschan einige Fälle in Ahar und Baklu; ferner er⸗ krankten in Vescht selt dem Ausbruch der Krankheit am 13. Ottober bis zum 30. Oktober 19 und starben 7 Personen. In der Prov. Cho⸗ ra ssan sind in Mesched und Umgebung dom. bis 23. Oktober 7 Erkran⸗ kungen (und 18 Todesfälle) sowie einige Fälle in 3 Quartieren der Stadt vorgekommen, in Golkhadan am 10. und 11. Oktober 5 (2) und in einem Dorfe unweit der russischen Grenze 7 (6).
In Mohamera wurden in der Zeit vom 6. bis 12. November 43 Erkrankungen mit 16 Todesfällen beobachtet.
. Nieder ländisch⸗Indien. In Soerabaya und Umgegend sind vom 21. August bis 8. Oktober 62 Cholerafälle, davon 41 mit tödlichem Ausgang, festgestellt worden.
Gelbfieber.
Es erkrankten (starben) vom g. bis 15. Oktober im Manaos 2 (2) Personen, in Para 11 (7, in Honolulu am 5. November und in Campeche am 25. Oktober je 1 (—, in Fre town (Sierra Leone) vom 1. bis 30. September — ¶ I). , e. sind auf dem am 24. September von Mangos nach Liverpool abgefahrenen Dampfer „Augustine. 5 Personen an Gelbfieber erkrankt, won denen 2 auf See starben, 2 in Para und 1 in Liverpool ausgeschifft wurden.
Pocken.
Deutsches Reich. In der Woche vom 20. bis 26. November wurde 1 Erkrankung in Grösdorf (Bezirksamt Eichstätt, Reg.-Bez. Mittelfranken) fesigestellt.
Fleckfieber.
Deste reich. Vom 13. bis 19. November in Galizien 10, in der Bukowina 2 Erkrankungen.
Gen ickstar re.
Preußen. In der Woche vom 13. bis 19. November sind 2 Erkrankungen (und 1 Todesfall) angejeigt worden in folgenden Regierungsbezirken und Kreisen]: Landesvolizeibezirk Berlin 1 Berlin], Reg. Bez. Düffeldorf 1 1) Mörs].
Spinale Kinderlähmung.
Preußen. In der Woche vom 13. bis 19. Nover ber sind 6. Erkrankungen (und 1 Todesfall) . worden in r Regierungsbezirken und Kreisen; Cöln 1 Rheinbach. BDüffel⸗ dorf 4 1Düsseldorf Stadt, Essen Land je . Milheim a. d. R. Stadt 21, Wie gba den 1 1) Frankfurt 4. M. Stadt).
Die in der Vorwoche im Reg.⸗Bez. Düsseldorf ng ge⸗ meldete Erkrankung hat sich nicht als spinale Kinderlähmung erwiesen.
Verschiedene Krankbhelten.
Pocken? Motkau 2. St. Petersburg 7, Warschau 1, Kalkutta (2. . 22. Oktoher) 2 ebe nfs Paris 4, St. Petersburg 25, Warschau (Krankenhäuser) 4 Erkrankungen; Varizekflen: Buda! pest 29, New Vork 39, St. Petersburg 23, Wien 95 Erkrankungen; leckfieber: Metkau 11, Warschau 1 Todesfälle; 2 3. St. detersburg 1, Warschau (Krankenhäuser) 6 Erkrankungen; ückfall⸗ fieber: Moskau 2 Todesfälle; Odesfa 2 Erkrankungen; Genick⸗ starre: Glasgow 1, New Vork 8 Todesfälle; New Vork Erkrankungen; Tollwut: Odessa 1 Todesfall; spinale Kin derlähm ung: Wien 1 Erkrankung; Influenza: Berlin 8. Cbarlottenburg. Amsterdam je 1, London 13, Moskau h, New Jork 2, Perf 1, St. hene n 3, Stockholm 1 Todesfälle; Kopenhagen 48, dessa 56 Erkrankungen; Körnerkrgnkheit: Budapest 34 Er⸗ krankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Scharlach Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 1685.189046: 1,04 cοÜ‘. in Buer — Erkrankungen wurden ge⸗ meldet im Landespolizeibesirk Berlin 143 (Stadt Berlin 34), in Breslau 30, in den =. . Arnsberg 119, Dässel⸗ dorf 159, in Hamburg 43, Budapest 192, Edinburg 43, Kopen= hagen 78, London ,, ,. 180, New York 85, Odessa 97, . 40, St. Petersburg 109. Rotterdam (16. bis 22. Nobember), arschau (Krankenhäuser] je 25, Wien 88; desgl. an Diphther le und Krupp (1866.1904. 1,62 ): in Braunschweig, Dessau, Erfurt, Hamm, Potsdam — Erkrankungen wurden gemeldet im Landes polizeibezirk Berlin 214 (Stadt Berlin 147), in den Regierungs⸗ bejirken Düsseldorf 124, Frankfurt los, Merseburg 123, Potädam 143, Schleswig 168, in Hamburg 140, Buda— . 29. Christignia 26, Kopenhagen 37, London (Kranken- ääuser) 107, New York 2565, 8. 35, Paris 38, St. Petersburg 75, Stockholm b2, Wien 80; ferner kamen Erkrankungen zur Anzeige an Masern und Röteln in Nürnberg So, Kopenhagen 28, Rew Jork S5, 8 34, St. Petersburg 22, Wien 126; desgl an Keuchhusten n Hamburg 22, Kopenhagen 28, New Jork 41, Wien 27; dergl. an ö vp h 3 in New Jork 113, Odessa 32, Paris 25, St. Petersburg 46, rag 27.
Daß Kaiserliche Gesundheitsamt meldet den Ausbru der Maul, und Klauenseuche aug: Eoöln, . H . Cöln, Bockenem, Kreis . 1. 9 esheim, und aus Thiengen, Amtsbezirk * urg i. Gr. aden, am 30. November, . das Erlöschen der Maul. Klauenseuche vom Schlachtviehhofe zu Dresden am 30. Nobember 1910
. Gut eren i ge e n
e haben einer Nie isch r. 270 vom 29. November 8. J, veröffentlichten B bom 26. /28. November das Verbot der Cin un von Lumpen, gebrauchten Kleidunggstücken
wa schener Leib und Bet twäsche aut Bpessa au faen Durch eine zweite, in derselben 26 66 u]