1910 / 284 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 03 Dec 1910 18:00:01 GMT) scan diff

die Kreisassistenzarztstelle in Prechlau, Kreis

au 8 reis assisten arztstelle in Marburg . die Stelle des Kreisassistenzarztes und Assistenten bei dem

Medizinaluntersuchungsamt in Koblenz sind zu besetzen.

Bekanntmachung.

Gemäß §z 46 des K vom 14. Juli 1893 (G. S. S. 152) wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der im laufenden Steuerjahre zu den Kommunal— abgaben anden, Reinertrag aus dem Betriebs jahre 1909, 10 bei der Neuhalden sleber Eisenbahn auf

70 875 M6 festgestellt worden ist. Magdeburg, den 2. Dezember 1910. Der Königliche Eisenbahnkommissar. Sommer.

Aichtamlliches.

Deutsches Meich.

Preuszen. Berlin, 3. Dezember.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten . vormittag im Neuen Palais bei Potsdam den Vortrag

es Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller. z p

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll⸗ 49 und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Ausschüsse k für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die ver⸗ einiglen Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll- und Steuerwesen hielten heute Sitzungen.

Gestern nachmittag fand in der hiesigen St. Hedwigskirche ö in Gegenwart der Herren der hiesigen chilenischen Gesandtschaft

mit Ausnahme des durch Krankheit behinderten Gesandten, vieler Mitglieder des diplomatischen Korps, zahlreicher hoher Offiziere und Vertreter hervorragender industrieller Unter⸗ k eine Trauerfeier für den am 17. August d. J. in Bremen am Herzschlage verstorbenen Präsidenten von Chile t Prälaten Kleineidam unter Assistenz der Geistlichkeit von St. ; * rng abgehalten wurde. Als Vertreter Seiner Majestät des

aisers wohnte der Oberbefehlshaber in den Marken, General- Vösung der

adjutant, General der Infanterie von Kessel, der Trauerfeier Budgetprovisoriums. 8

bei, der auch einen Kranz Seiner Majestät an Sarge des ver⸗ storbenen Präsidenten niederlegte. Nach der Einsegnung der Leiche wurde der Sarg unter militärischen Ehren nach dem Lehrter r n n, übergeführt, von wo er nach Bremen und von dort mit dem chilenischen Kreuzer „Blanco Escaalada“ nach der Heimat des Verstorbenen befördert wird.

J

Uhr, verslarb hier in der Privat. e 6. eines Magenleidens im esandte in Hamburg Gustav

. d. M., Abend klinik des Geheimrats Kör 45. Lebensjahre der Königliche Adolf rel von Götzen. Geboren am 12. Mai 1866 zu Schloß Scharfeneck in der Grafschaft Glatz, studierte er auf den Universitäten Kiel, Berlin und Paris die Rechte und genügte von 1885 86 seiner Dienst⸗ pflicht als Einjährig⸗Freiwilliger im 2. Gardeulanenregiment, in dem er 1887 zum aktiven Offizier befördert wurde. Im Jahre 1890 zur Kaiserlichen Botschaft in Rom kommandiert, unternahm er im folgenden Jahre eine Reise nach dem Kilimandscharogebiet, war darauf 1892 93 zur Kriegsakademie kommandiert und durch⸗ querte 1393 - 94 Afrika von Osten nach Westen. Nachdem er seine Studien auf der Kriegsakademie wieder aufgenommen und bis 1896 fortgesetzt hatte, war er während der folgenden Jahre zur Botschaft in Washington kommandiert, nahm 1898 am spanisch⸗amerika⸗ nischen Kriege auf Cuba im amerikanischen Hauptquartier teil und fand nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Großen Generalstabe Verwendung, wo 1900 seine Beförderung zum Hauptmann erfolgte. Nach einer kurzen Beschäftigung in der Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts ging er 1901 als Gouverneur nach Deutsch⸗Ostafrika, unter gleichzeitiger Ernennung zum Major und Kommandeur der dortigen Schutztruppe. In dieser Stellung gelang es ihm, den ost— afrikanischen Aufstand 1905/06 erfolgreich niederzuschlagen. Seine erschütterte Gesundheit nötigte ihn, 1906 in den einst⸗ weiligen Ruhestand zu treten, in dem er als Major à la suite der Armee zwei Jahre lang verblieb. Nach seiner Wieder⸗ herstellung wurde er 1908 auf den Gesandtenposten in Hamburg berufen. Mit dem Grafen Götzen ist ein auf mannigfachen Ge⸗ bieten hochverdienter Offizier und Beamter aus dem Leben ge⸗ schieden, der seine umfassenden, füchtigen Kenntnisse jederzeit freudig in den Dienst des Vaterlandes gestellt hat und vermöge seiner bisherigen großen Erfolge bei seinem verhältnismäßig noch jugendlichen Alter zu den schönsten Hoffnungen berechtigte. Das Auswärtige Amt, dem der so plötzlich Dahingeschiedene zuletzt angehört hat, beklagt in ihm einen N Beamten von hervorragender Pflichttreue und bewährtem Charakter. Es wird ihm stets ein ehrenvolles Andenken bewahren.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist der R. P.-D. „Lucie Woermann“ mit dem Transport des von S. M. S.

„Panther“ abgelösten Besatzungsteils am 30. November in

Hamburg eingetroffen. Der R.-⸗P⸗D. „Prinz Ludwig“ ist mit dem Ablösungs⸗ transport für S. M. S. „Planet“ auf der Ausreise am 1. De⸗ zember in Hongkong eingetroffen. Dort ist der Ablösungs⸗ fransport auf den R.⸗P.⸗D. „Prinz Sigismund“ ein⸗ . und hat am 2. Dezember die Reise nach Manila fort⸗ gesetzt. Der R.⸗P⸗D. „Derfflinger“ hat mit dem Rekruten⸗ transport für die Marinefelbbatterie des III. Seebataillons am 1. Dezember von an, aus die Ausreise nach Tsingtau angetreten und läuft zunächst Antwerpen an.

(San Salvador dort nach Punta

Regent des il . mit Ge ta

em Groß

gestern das Budgetprovisorium in erster Lesung beraten.

zufolge, gegenüber den Sohlaldemokraten, die in der Teuerungtz debatte einzig und allein der Regierung Schuld an allen Uebeln zuschrieben, er habe stettz den Standpunkt vertreten, daß nicht der Bestand dieser oder jener Regterung dat heit und Stetigkeit der Verhältnisse im Abgeordnetenhause auf Grund . lues chen zwischen den ur

leistungsfähige Mehrheit ju schaffen und Einfluß auf die . dieser Anschauung scheine die Bildung eines einheitlichen tschechi

Richtung der tschechischen Politik zu bieten scheine.

insbesondere,

auf sich nehmen als den Vorwurf, durch einen vorzeitigen Ab⸗ bruch der Verhandlungen in Prag vielleicht ein günstiges Ergebnis in Frage zu stellen. geblieben sei, so sei doch der fast an Verzweiflung grenzende politische Pessimismus ge fassung festgestellt worden, welche die Hoffnung auf eine schließliche gedeihliche Lösung rechtfertige. s

Vorbereitung der den Abgeordneten hinsichtlich der böhmischen Frage zu unterbreitenden Vorlagen. Auf die Teuerungsfrage zurückkommend, gab Freiherr von Blenerth der Ansicht Ausdruck, daß ein übertriebener Radikalismug nicht nützlich sei und daß Straßenkundgebungen die be⸗ stehenden Schwierigkeiten nicht beseltigen könnten.

Pedro Montt statt, die von dem Fürstbischöflichen Delegaten, , sorgen, damit sich aus dem bestehenden Uebelstand nicht

Handelsvertrags sowie der Erneuerung des Bankprivilegs und der

deutsch tschechischen Streites, verlangten aber auch die Lösung der der ; k Diamand erklärte, die einzige geschichtliche Aufgabe der öster— reichischen Monarchie bestehe darin, 34. den russischen Absolutismus

aaf net fu fein. , . * 3

6 Fratischen Intérpellationen sofort verlesen zu lassen.

Erhöhung der Tarife der Südbahn. Wrba rechtfertigte die bedingungsweise bis längstens 1917 gewährten tarifarischen Zugeständnisse und legte dar, daß auch vom Billigkeits und Rechtsstandpunkte aus eine angemessene Erhöhung der Betriebseinnahmen der sprechende Tarifmaßnahmen gerechtfertigt erscheine. der Sanierungsaktion bei der Südbahn betonte der Minister aufs neue, daß für sie ausgiebige Zugeständnisse der Prioritäten

am 1. Dezember in La Libertad d ht am 4. Dezember von 6 n See.

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essen. Here Johann Albrecht, raunschweig, ist, „W. T. B.“ 8 Gefolge . vormittag in Darm⸗ von Ihren Königlichen Hoheiten und der Großherzogin am Bahnhof

Seine

9

t eingetroffen

DOesterreich⸗vngarn. Im österreichischen Abgeordnetenhaus wurde.

Der Ministerprastdent Freiherr von Bienerth betonte, W. T. B.“

ntscheidende sei, sondern nur die Sicher⸗

roßen bürgerlichen Parteien. Da⸗ ö sein, eine große, kräftige und ihr einen berechtigten der Staatsgeschäfte zu gewähren. Für die

allein werde es mögli

Leitun prechen, der die Gewähr für eine gemäßigte Der Minister⸗ räsident entkräftete sodann den Vorwurf, daß die Regierung dem deichsrat nicht genügend zt zu den Beratungen lasse, und betonte

daß man biz zum letzten Augenblick die Hoffnung uf einen gedelhlichen Abschluß der national -politischen Ver⸗

andlungen in Prag aufrecht erhalten müsse; er wolle lieber en Vorwurf einer verspäteten Einberufung des Reichsrats

en Klubs zu

Wenn auch ein voller, förmlicher Erfolg aus⸗ wunden. In vielen Punkten sei bereits eine Auf⸗

Der Ministerpräsident erklärte weiter, s bestehe auch Geneigtheit zu ähnlichen Verhandlungen in Wien behufs

J Man müsse dangch rachten, in den dringendsten Fällen Abhilfe zu schaffen, aber auch für

betonte

Ministerprãsident serbischen

entwickle. Der s Erledigung des

Katastrophe Dringlichkeit der

um Schluß die Heschäftgordnungsfrage und bat um Annahme Les In der weiteren Verhandlung erklärte

Alesnickyj, die Ruthenen wünschten eine glückliche Erledigung des

Kur vlowiez betonte die Treue

rage in Galizien. Kurylo— bett österreichische Herrscherhaus. Dr.

gegen das

iationalen Russophilen

Am Schlusse der Sitzung kam es zu lärmenden Feen der Sozialdemokraten, weil der Präsident nn, Schlusse der Sitzung eingebrachten sozialdemo⸗

Im Eisenbahnausschuß begann die Debatte über die Der Eisenbahnminister

Südbahn durch ent⸗ Hinsichtlich

besitzer eine unerläßliche Voraussetzung bilden müßten.

Frankreich. In der Deputiertenkammer, in der gestern das Budget des Ministeriums der öffentlichen Arbeiten auf der Tages⸗ ordnung stand, brachte Fournier (unabhängiger Sozialist) einen Antrag auf Wiederanstellung der Eisenbahner ein, die gerichtlich nicht verfolgt worden sind. Der Ministerpräsident Briand antwortete, zufolge, die Regierung werde mit ganzer Kraft für eine nachsichtige Prüfung einzelner Fälle eintreten, von einer allgemeinen Amnestie könne jedoch keine Rede sein. Der Antrag wurde darauf einer Kommission über— wiesen. Sodann begann die Deputiertenkammer die Verhandlung über eine Interpellation de Montis, betreffend die Zucker⸗— hausse. De Monti bat die Regierung, der künstlichen Hausse auf dem französischen Zuckermarkte zu steuern und den wucherischen Aufkauf zu verhindern. Er machte Mitteilung von Spekulationsunternehmungen des Chilenen de Santa Maria, der ungeheure Zuckerlager in Frankreich, London und Hamburg derart unterhalte, daß er sich der Wirkung des Gesetzes entziehen könne. De Monti bat die Negierung um Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs und um Einberufung eines internationalen ongyesses zur Verhinderung des wucherischen Ankaufs. Er billigte die Regelung, die die Hamburger Zuckerhändler getroffen hätten.

In der Landwirtschaftskommission der De⸗ putiertenkammer erklärte, „W. T. B.“ zufolge, der Land⸗ wirtschaftsminister Rayn aud, er habe, um während des laufenden Jahres, das einen Minderertrag an Getreide aufweise, die Einfuhr von Getreide zu erleichtern, die Errichtung eines Privatlagers in Paris genehmigt. Dieses Privatlager ermögliche, Getreide einzuführen, die Zoll⸗ abgaben dafür aber erst dann zu entrichten, wenn das Getreide zum Verbrauch in den n lehr komme. Die Regierung sei ersucht worden, die Errichtung von Privatlagern für das ganze Gebiet Frankreichs zu gestatten; diese Frage sei von der Negie⸗ rung noch nicht gelöst, sondern befinde sich zurzeit noch im Stadium der Erwägungen.

. Italien.

In der Deputiertenkammer wurde gestern über das Budget des Ministeriums des Aeußern weiterberaten. Der Minister Marquis di San Giuliano erklärte dabei in Be— antwortung der Ausführungen und Anfragen verschiedener

Redner, „W. T. B.“ uf fg Unsere auswärtige Politik bezweckt die Aufrechterhaltung des

W. T. B.

ö.

nicht, notwendig ist auch die ruhige Zuversicht in seine Dauer,

damit wir fortfahren können in k . im Innern

und in der Förderung der wachsenden ntwicklung unseres

Landes. Italiens auswärtige Politik hat keine Hiniergedanken

und verfolgt ausschließlich diejenigen friedlichen Ziele, die das

Parlament und das Land oft gebilligt haben. Der Dreibund

ist die feste Grundlage dieser Politik, und Italien befindet

sich in der Stellung völliger Gleichberechtigung mit seinen Verbündeten.“

Es sei zu verwundern, daß irgend ein italienischer Deputierter auch

nur einen Augenblick habe daran zweifeln können. Ein solcher Zweifel

sei eine Beleidigung für die Würde Italiens. Er stimme mit dem

Deputierten Valli darin überein, daß eine offene Aussprache mit den

Verbündeten die wesentliche Bedingung der Eintracht sei. Gerade diese

habe bei den Zusammenkünften in . Berlin, Salzburg, Ischl

und Turin statrgefunden. Bei diesen Besprechungen sei weder eine Er—

neuerung noch eine Aenderung des Dreibundes, noch etwa ein neues Ab—

kommen über besondere Fragen erörtert worden. Die drei ver—

bündeten Mächte seien einig in dem Bestreben, den Frieden und den

territorialen status quo aufrechtzuerhalten, dessen wesentlicher Bestand⸗

teil die Unverletzlichkeit des Ottomanischen Reichs und der Balkanstaaten sei, denen die verbündeten Mächte friedliche

en fer bei voller Unabhängigkeit wünschten. In diesem Bestreben eien auch die übrigen Großmächte einig. Die herzliche Freundschaft Italiens gegenüber Frankreich, England und Rußland stehe in vollkommenem Einklang mit dem Geiste des Dreibundes, und Italiens Aufrichtigkeit und Gesetzmäßigkeit allen Mächten gegen— über sichere ihm das allgemeine Vertrauen. Wenn die Aussprachen mit den Leitern der auswärtigen Politik der verbündeten Staaten nicht Neues ergeben hätten, so besage das nicht, daß sie unnütz ge— , seien; sie seien vielmehr sehr nützlich gewesen, gerade well sie die wechselseitigen Gefühle der Herzlichkeit, des Vertrauens und der Sympathie stärkten, die ihrerseits die Behandlung der inter⸗ nationalen Fragen erleichterten, wie sich neuerdings in den Eiklärungen des Grafen Aehrenthal und in der Generaldiskussion in der österreichischen und der ungarischen Delegation sowie in der italienischen Kammer gezeigt habe. Er erwidere von ganzem Herzen die freund

schaftlichen und herzlichen Aeußerungen des Grafen Aehrenthal und sei sicher, der Dolmetscher entsprechender Gefühle des Parlaments und Landes zu sein. In der orientalischen Frage habe Graf Aehrenthal gar keine deutlicheren Erklärungen abgeben können. Er sehe am Horizont keine Frage, die zu einer Meinungeverschiedenheit zwischen Italien und Oesterreich⸗Ungarn führen könne. In bezug auf untergeordnete Fragen, nämlich Grenzzwistigkeiten. hätten die beiden Regierungen sich bereits auf gewisse allgemeine Grundsätze zu ihrer Beseitigung geeinigt. Die Verhandlungen über die Einzelheiten seien im Gange, und man hoffe, daß sie zu einer baldigen voll— kommenen Einigung führten. Die Frage des Zwölferkogels sei im Jahre 1905 geregelt worden. Jetzt, wo die Ver⸗ messungsarbeiten beendet seien, müsse man hoffen, daß im Lande die Befürchtung schwinden werde, daß damals zum Schaden mili tärischer oder anderer Interessen Italiens ein Irrtum unterlaufen sei. Gegenüber den Deputierten Brunialti und Valli, die innere Fragen Oesterreichs behandelt hatten, erklärte der Minister, es sei ein Grundsatz des Völkerrechts, daß kein Staat sich in die inneren Angelegenheiten eines anderen Staals einmischen dürfe. Mit den Deputierten Bissolati und Brunialti sei er der Meinung, daß der Irredentismus kaum noch bestebe und in Oesterreich keine Besorgnis erwecken sollte. „Wir wissen,“ fuhr der Minister des Aeußern fort, „daß die Urheber der irredentistischen Kundgebungen nicht die Gefühle der wirklichen großen Mehrheit des italienischen Volkes zum Ausdruck bringen, das arbeitet und schafft und nicht bloß den Frieden will, sondern auch Vertrauen und Herzlichkeit in den Beziehungen zu den Nachbarn und den Verbündeten. Man legt im Ausland diesen irredentistischen Kundgebungen eine weit größere Be⸗ deutung bei, als sie verdienen, sodaß diese Kundgebungen es ver⸗— hindern, von dem Bündnis alle die Früchte zu ernten, die es liefern könnte. Die Veranstalter dieser Kundgebungen täten ein wirklich patriotisches Werk, wenn sie davon ablassen wollten.“ Auf einen Abrüstungsvorschlag Bissolatis, demgegenüber die Deputierten Brunialti und Valli immer e. Rüstungen forderten, antwortete der Minister, die österreichisch ungarische⸗ Regierung habe vollständig recht gehabt, als sie in den Delegationen wiederholt darauf hinwies, daß die Rüstungen Italiens und Oesterreich⸗Ungarns nicht gegen einander gerichtet seien, daß vielmehr ein siarkes Jialien im Interesse , . liege und umgekehrt. Jedesmal, wenn man ver sucht habe, sich über die Abrüstung zu verständigen, hätten die Be ziehungen zwischen den Mächten eine Abkühlung erfahren. Eg sei besser, den umgekehrten Weg zu gehen, nämlich, wie es beute alle Großmächte und insbesondere Italien und seine Ver bündeten täten, gemeinsam dahin zu streben, alle Ursachen zu Streitigkeiten abzuschwächen und zu beseitigen. Bezüglich der vereinzelten, Italien feindlichen klerikalen Kundgebungen im Ausland, auf die Brunialti angespielt hatte, bemerkte der Minister, es hieße ihren Veranstaltern zu viel Ehre antun, wenn man ihnen zeigte, daß das italienische Parlament sich damit beschästige. Die Rede des Bürgermeisters von Rom sei ein inneritalienisches Ereignis, über sich Italien mit keiner fremden Regierung in eine Aussprache hätte einlassen können. Uebrigens habe auch keine Macht einen solchen Versuch unternommen. Es sei überflüssig, immer wieder zu betonen, daß Rom unantastibar sei; das sei in der ganzen Welt, in Italien wie im Ausland, bekannt. Nicht minder unantastbar seien aber die freiheitlichen Grundsätze des öffentlichen Rechts in Italien. Der Minister kam dann auf die Beziehungen Italiens zur Türkei zu sprechen und bezeichnete sie als freundschaftlich. Die Politik der vier Schutzmächte habe den Frieden aufrechterhalten und dadurch Griechenland und Europa einen großen Dienst erwiesen. Der jüngste Beschluß der kretischen National versammlung zugunsten der Besitzergreifung könne keinerlei Wirkung haben und andere nichts an der Absicht der vier Mächte, den status und die Souperänttätsrechte des Sultans aufrechtzuerhalten. hätten von einem Mißtrauen der Türkei gegen Tätigkeit Italiens in Tripolis gesprochen. Die hestreite, daß ein solches Mißtrauen vorhanden Wirkungen träten vielfach zutage. Italien wünsche, daß das ottomanische Reich in vollem Umfang erhalten und daß Tripolis für immer türkisch bleibe. Bei dessen geographischer Lage müsse Italien nur Gewicht darauf legen, daß dort kein anderer fremder Einfluß vorherrschend werde. Im übrigen könne Tripolis bei seiner Lage zwischen Aegypten und Tunis, die so große Fortschritte machen, nicht all seine natürlichen Hilfsmittel un entwickelt lassen. Der Versuch, die Kapitulationen unwirksam zu machen, sei gegenüber allen Mächten und in verschiedenen Teilen des otto manischen Reichs gemacht worden. Wenn man eines Tages an die Frage der ziösch m oder der Umänderung der Kapitulationen herantrete, so werde Italien mit den anderen Mächten diese Frage prüfen, aber solange sie in Kraft seien, müßten sie eine lovale An—⸗ wendung sinden. Italien sei in diesem Punkt sehr fest. Das Mißtrauen der Tückei gegen Italiens Politik und gegen seine archäologischen Forschungsexpeditionen sei unbegründet. Italiens wirtschastliche und politische Interessen seien identisch mit denen der Türkei. Was den GEisenbahnbau in ihren europäischen Provinzen anlange, so wünsche Italien die Entwicklung des wirtschaftlichen Lebens der Türkei und die Emwicklung seines Handels mit ihr; Italien wünsche ebenso, daß die Türkei durch ihre Eisenbahnen in den Stand gesetzt werde, besser für ihre Verteidigung und die Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern sorgen zu können. Italiens Handel mit der Türkei mache große Fortschritte. Seine Ausfuhr nach der Türtei habe sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt. In seinem gesamten herbe r n sei Itallen Oester⸗ reich ⸗AnZgarn überlegen und stehe Veutschland nur wenig nach. Im welteren Verlauf der Debatte erklärte der Minister des Aeußern noch, das gegenwärtige Ministerium habe mit Spanien, Norwegen, Rußland und Belgien neue Schiedsgerichtsverträge abgeschlossen und hoffe, in nächster Zeit solche auch mit mehreren Staaten

das .

410 Einige Deputierte die wirtschaftliche türkische Regierung sei, aber seine

Friedens für uns und die anderen und daher die Erhaltung des territorialen status quo. Der augenblickliche Friede genügt aber

Amerikas, mit Schweden und Rumänien abzuschließen. Die Regierung

Lkegeben

vernachlässige die wirtschaftlichen Interessen Italiens im fernen Osten nicht. Es 89. der Plan zu . Schiffahrts linie ausgearbeitet, 2 studiere die Frage der Errichtung von Konsulaten, der Anstellung pon Handelsattachésß und der Entwicklung der italienischen Niederlassung in Tientsin. Man ,, sich auch mit dem Plan einer inter— nationalen Konferenz über die Auswanderungsfrage, die in Rom statt⸗ nden soll. Zum , erklärte der Minister, man sei auf dem sten Wege zu einem Abkommen über die Frage der Veissicherung der italienischen Arbeiter in Deutschland. .

Niederlande.

In der Zweiten Kammer gab gestern während der Debatte über das Budget des Ministeriums des Aeußern der Minister des Auswärtigen von Marees van Swinderen zur Angelegenheit van Heeckeren die entschiedene Erklärung ab, daß keine Tatsache vorliege, die die Vermutung zulasse, daß sich irgendwelche auswärtige Macht in die inneren Angelegen— heiten Hollands eingemischt habe. .

Belgien.

Der Krankheitsbericht von gestern abend stellt eine weitere Besserung im Befinden der Königin fest.

Parlamentartsche Nachrichten.

Der Schlußhericht über die gestrige Sitzung des tags befindet sich in der Ersten Beilage.

Auf der Tagesordnung der heutigen (93) Sitzung des Reichstags stand die Beratung des folgenden, am 4. Dezember 1909 von den Abgg. von Normann⸗Graf von Kanitz eingebrachten Initigtivantrages: j

„Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, auf gesetzliche Maß⸗ regeln Bedacht zu nehmen, die geeignet sind, dem fortschreitenden Niedergang des Handwerks und der weiteren Abnahme der Zahl der selbständigen Gewerbetreibenden vorzubeugen.“

Abg. Paulis Potsdam (dJkons.): Wir haben unsern Antrag ein ,. um Gelegenheit zu geben, hier einmal die Mißstände im leinen und mittleren Gewerbe, besonders des Handwerks zu be— leuchten. Wir hätten vielleicht besser getan, s. Zt. eine Inter. pellation einzureichen, dann hätten wir pielleicht eine bundige Antwort vom Bundesrat erhalten können. Heute sehen wir, daß der Bundesrat nur durch einen Kommissar vertreten ist. Pi Rücksicht auf die Geschäftelage des Haufet, haben wir Uns Auf einen Antrag beschränkt. In den letzten Jahren sind verschiedene Hesetzentwürfe verabschiedet worden, die geeignet schienen, dem Mittel stande und auch, dem Handwerk zu helfen, darunter der klesne Be— säbigungsnachweis, die Sicherung der Bauforderungen, die Be. kämpfung des unlauteren Wettbewerbz. Wenn wir guch dan kbar anerkennen, daß durch diese Gesetze den Wünschen des Mittel— standes Rechnung getragen wird, so müssen wir doch sagen daß noch so viel Mißssände vorhanden sind, daß sie einer Abhilfe bedürfen. Unser Antrag hat den Zweck, die Herren von der Regierung zu veranlassen, in Erwägungen darüber einzutreten welche Maßregeln zu ergreifen sind, um entweder in geseßzgeberischer Form oder auf dem Wege der Verwaltung dem Niedergang des fleinen und mittleren Gewerbes entgegenzutreten— Nach dem Statistischen Jahrbuch von 1910 hat 'der Kleinbetrieb 1967 gegen 1895 nur um 6,4 , der mittlere Betrieb um 39 8, dagegen der. Großbetrieb um 656,9 o/o zugenommen. Daraus ergibt sich ein rend , ist u befürchten, daß ein

üickgan l len wird. W 8 so weiter geht, so kommen wir zu den Verhältnissen Amerikas, wo der Hauptteil der Bev * rung nur aus Arbeitern besteht. Im Handel liegen die Ve jaltnisse ähnlich. An die Stelle der Detaillisten sind die Warenhäuser, das Großkapital getreten, ferner die Konsum— vereine, die zum großen Teile sozialdemokratisch sind, und auch leider Beamten. und Offizierkonsumpereine. Die Konfumbereine setzen sährlich für 270. Millionen um, die Warenhäufer für 216 Millionen. Will die Regierung ruhig mit ansehen, daß Pie Beamten⸗ und Offizierpereine dem Kleingewerbe Konkurrenz machen? In Halle haben die Beamten sogar einen Vertrag mit Tuchfabriken abge schlossen. Das Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen wird in einer Weise angensendet, die Bedenken hervorrufen muß. Hier in Berlin wandten sich die Han werker, um sich vor Verlusten zu schützen, an die Polizei, um diese zu veranlassen, ihrerseils Einsicht in die Baubücher zu nehmen. Die Polizei erwiderte aber, dazu habe sie kein Recht. Diese Bestimmang steht also bloß auf dem papier. Namentlich in den Großstädten blüht der Bausch windel lustig fort. Von den erteilten Baukonsensen waren in einer Stadt nicht weniger als 60 0,½ auf Spekulationsabsichten begründet; nicht einzelne Haãͤufer sondern ganze Straßenzüge gibt es, die auch heute noch im Rohbau bereit zweimal zur Suhhastation kommen! Die Banken, die damit umgehen, bringen nachher diese Häuser sehr billig in ihre Gewalt kein Wunder, wenn inzwischen alle Lieferanten und Handwerker mit ibren Forderungen an den Strohmann ausgefallen Ind. Die Verluste der Maler usw. gehen in die Millionen. Warum setzt man den zweiten Teil des Gesetzes denn nicht in Kraft, wo zumal in Berlin der Bauschwindel nach wie vor gedeiht? Einer dieser Bauunternehmer“, der in der Provinz zahlreiche Handwerker hinein elegt hatte, ist in Berli zt, wei sich 6 . geleg is Berlin untergetaucht, weil er sich dort am sichersten fühlte; die Pelizei, an die sich die Geschädigten wandten bat sich keine Mühe gegeben, ihn ausfindig zu machen und zi verhaften, die Handwerker bekamen vielmehr zur Äntwort sie möchten nur sagen, wo er ist, dann werde er sogleich verhaftet werden. Eine solche Antwort der Berliner Polizeibehörde ist doch der reine Hohn; ist es denn Sache des Publikums, den Aufenthalt des Schwindlers h e mitteln? Im Submissionswesen bestehen auch noch erhebliche Mißstände unveränderd fort. Noch immer müssen die Handwerker gegenüber dem Großkapital zurückstehen. Es sind ja von den oberen Verwaltungsbehörden Anordnungen ergangen, dle Be sserung ejwecken, aber die unteren Verwaltungebebörden kümmern sich . 6 darum. Die Vergebung in Generafentreptise, nur dem roßunternehmer, aber nicht dem Handwerker Vorteil bringen kann, sindet immer wieder statt; in einem Fass bat sogar 8 er fi che Eisenbahnminister eine solche Vergebung auf die BGe⸗ en, ,. Danz werter gegen die betreffende, Eisenbahninspektson 2. gutgeheiß 7 de, , er. selbst einen Erlaß heraus. . at, der au em entgegengesetzten Standpunkt steht! n 1 man ju. einer olchen Intonsequenz sagen? Ich habe . Icheid des Ministers im Sriginal hier. Die Vergebung an de inestfereer men wird nach wie vor bevorzugt; bare 26 1 83. bãufig pus einem Preise übernommen, der hinter den Selbst— . zurückbleiben muß; hier müßte eine Vorprüfung ein⸗ e, . der gllnternehmer, der die Offerte gemacht bat, auch im , . aus gutem Material und in guter Ausführung . ; e gegengeit ige Unterhietung wird sogar von den sehorden in manchen Fällen noch begünstigt. (Am Bundesrats 6. erscheint der Staatssekrefär des Innern Br. Delbrü ck.) Wi ,, noch weiter schilaniert werden, dafür erinnere ich nur i ie ickerejordnung. Die Tischlereibetriebe sind durch eine neuer . e , . olizeiverordnung insofern schwer betroffen worden, als ,, ern . Rohmaterialien nicht mehr zuschneiden dürfen, Effe . dauerndem Aufenthalt von Menschen nicht benutzt . abei handelt es sich doch gar nicht um dauernden 23 on 71 . um eine zeitweilige Tätigkeit. Daß die Hand⸗ 37 n ür n , en nicht 6 leisten, ist ein ganz 3 en. ö des Vorwärts“. Bie Gefangnizarbeit bilder ü r 246 nöse Konkurrenz für das Handwerk; bei dieser wee. 1 muß er, Handwerker unterliegen. Wir verlangen neben energischen Bekämpfung der Konsumwvereine auch eine anderweite

Reichs⸗

i 1

Regelung des Hausiergewerbeg. Spezialisierte Vorschläge können wir in, dieser Richtung nicht machen; das ö. . nicht unsere Sache. Die Resolutionen des letzten Handwerks und Gewerbe⸗ fammertages in Stuttgart muß die Regierung ebenfalls beachten. Andererselts müssen auch gegensätzliche Meinungen innerhalb des Pandwerks selhst beseitigt werden; das Handwerk muß in sich einig n wenn es beim Reichstage und bei den verbündeten Regierungen Gehör finden will. Das von mir vorgetragene Material därfte bei Er ernsen, . . we, . zu er n, daß Mißstände

. er Beseitigung bedürfen. ie Anna . trags wird dazu das . ö. J

Schluß des Blattes.)

Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis der Reichs— tagsersgtzwahl im Wahlkreise 9 für Burchard (Kon) 7216, für Wagner (Fortschr. Vp.) hhl7 und für Linde (Soz) 3708 Stimmen abgegeben worden. Mithin findet Stichwahl zwischen Burchard und Wagner statt.

Etatiftik und Volks mwirtschaft.

ö Zur Arbeiterbewegung.

Eine stark besuchte Versammlung der Berliner Gasarbeiter (vgl. Nr. 272 d. Bl.) nahm gestern abend, der ‚Voss. Itg.“ zufolge den Bericht der in der letzten Versammlung gewählten) Lobn⸗ kemmission über die Verhandlungen mit den städtischen Körperschaften entgegen. Die Gaswerkedeputation habe die Grhöhung der Stunden⸗ löhne um 3 4 beschlossen. Es sollen dabei 2750 Arbeiter in Be⸗ tracht kommen und 231 000 S als Mehraufwendungen in den Etat eingestellt werden. Zum Schluß wurde folgende Erklärung angenommen: „Die Lohnzulage von 3 3 ie Stunde entspricht nur zum Teil den Forderungen der Arbeiter. Wenn trotzdem im Augenblick von weiteren Schritten Abstand ge⸗ nommen wird, so geschieht dies in der bestimmten Erwartung, daß die Femmisston der Stadtverordnetenversammlung, die zurzeit die 2 in den 1. Betrieben prüft, zu den noch

rrledig nträgen der Gasarbeiter Ste ĩ 1 die

ir ,. g asarbeiter Stellung nimmt und diese . gestrigen Versammlung der ausständigen Belegschaft der Zeche , u egg? bei Dortmund (vgl. Nr. 283 d. Bl.) wurde, wie zien: & ln. Ztg.“ berichtet, ein Schreiben der Zechenberwaltung an die Belegschaft bekanntgegeben. Darin fordert die Verwaltung die Ar⸗ beiter auf, spätestens am Montag, den H. Dezember, zu der regel⸗ mäßigen Schicht wieder anzufahren. Wenn dies geschehe, sollen die vorgetragenen Beschwerden gewissenhaft geprüft werden. Blieben dann noch Streitpunkte bestehen, so würde die Zechenverwaltung den Schiedsspruch des Berggewerbegerichls annehmen. Fahre die ausständige Belegschaft jedoch am H. Dezember nicht an so würde die ZHechenverwaltung die Namen diefer Ärbeiter . Arbeitelisse streichen und bei der Auszahlung des Nestlohns den durch Kontraktbruch verwirkten Lohn von sechz Schichten gbdichen. Nach längerer Besprechung beschloß die Versammlung der Aus ständigen einstimmig, daß dem Angebot der Zechenvewwaltung erst donn nähergetreten werden solle, wenn die Jechenderwaltung diesem Angebot noch folgende Zugeständnisse schriftlich anfüge: 1) Verhand— lungen über die Mißstände in der Streiklommission und 2) keine Maßregelungen. Erst nach Zusicherung dieser Zugeständnisse würden die Ausständigen in einer neuen Versammlung am Sonntag endgültig Stellung nehmen. Die Streikkommission wurde beauftragt der Zechenverwaltung den Beschluß der Versammlung vorzutragen. ;

(Weitere Statistische Nachrichten, s. i. d. Ersten Beilage.

Kunst und Wissenschaft.

. 7 Meß d 2 119 3Ris⸗ a . 6. den lehten z ahistorischen Fachsitzung der Ge⸗ 1 ür Anthropologie standen auf dem Platz neben dem Rednerpult u. a. zwei Urnen, die vor Eintritt in die Tagesordnung wegen ihres ausgezeichneten Erhaltungszustandes und ihrer künftle⸗ rischen Formen viel bewundert wurden. Sie könnten jedem Salon zur Zierde gereichen, schien die allgemeine Ansscht. Beide Urnen sind mit einigen kleineren Gefäßen durch Herrn Herm. Busse. Woltersdorfer Schleuse, den bekannten, eifrigen Sammler, einem von ihm geöffneten Grabe des Urnenfriedhofs bei Gosendorf im Kreise Beeskow Storkow Mntnommen worden. Sie gehören dem sogenannten Taufitzer Typus“ an, scheinen also dafür zu sprechen, daß die betreffende Be⸗ völkerung, deren besondere Leistungsfähigkeit in der Keramik, obgleich die Drebscheibe noch unbekannt war, kennzeichnend für sie ist, auch in der bezeichneten Gegend gesessen hat. Beide Gefäße sind Buckelurnen. Vie größere zeigt 6 über den Umfang gleichmäßig verteilte, von innen berausgedrückte Buckel. Ueber jedem ist ein kleiner und zwischen je 2 derselben ein fein modellierter Buckel mittlerer Größe angebracht die abweichend bon den großen Buckeln jedoch aufgesetzt sind. Das zheite Lleinere Gefäß ist mit Henkel versehen Und ahnlich geschmackt. Noch zeigte Herr Busse ein nachträglich bei den lanierungtarbesten auf dem Reiherwerder im Tegeler See gefundenes, ihm vom Kommerzienrat Ernst Lorsig üherla ssenes merkwürdiges Tonfragment. Es stellt ungefähr den pterten Teil eines Rades vor, ist von Handtellergröße und zeigt Nabe Speiche und Radkranz in guter Erhaltung. Vielleicht gehörte diet Rad einem sogenannten Kultwagen an, wie deren mehrere, aus Bronze geformte, an verschiedenen Stellen unserer Heimat gefunden worden sind. Räder oder Bruchstücke solcher aus vorgeschichtlicher eit. sind in unseren Sammlungen sehr selten; das Breslauer Museum, enthält ein bei Wohlau gefundeneg aus der Hallstatt Zeit. Im Gebiet des Lausitzer Typus ist bisher noch kein ganzes Rad bei Gräberöffnungen entdeckt worden. In der iich an den seltenen Fund knüpfenden Diskussion bob Herr Robert Mielke hervor, daß es aus späterer Zeit tausende, Räder darstellende Giebel; eichen an deutsche Bauerhäuser gebe, auch die Sitte, alte Räder als Unterlage für Storchnester auf dem Dachfi ij anzubringen gehört hierher gegebenenfalls fei aber bei der Un ehrscheinlich⸗ keit der Deutung als Teil eines Kultgerätg die Best. mung des im Bruchstück vorliegenden Rades rätselbaft, wenn man nicht an⸗ nehmen wolle, daß der spätere Brauch die Ausstrahlung einer

uralten Sitte sei.

Es sprach hierauf Professor Dr. C. Schuch hardt über Aus— grabungen auf dem Heiligen Stadtbergen bei Schöningen (Colbitzow) in der Nähe von Stettin, die er mit dortigen Freunden im letzten Monat Juli während einer Woche aus, geführt batC, Der , Heilige Stadtberg“ ist eine 30 Morgen große ebene Hochfläche, vierzig Meter über dem Oderspiegel am ilnken* fer des Stromes gelegen. Im Norden gegen das ho he Land hin ist sie mit starkem Wall und Graben , en, im Süden ist ihr äußerster Zipfel durch 2 tiefe Gräben abgeschnitten und für einen lgwischen Burgwall benutzt. Auf der Hochfläche finden s zu neun Jehnteln germanische (Spät -Lausitzer) zu einem Zehntel lawische Scherben. Der Nordwall erwies sich als regelrecht gebaut, mit Holz verschalt. In seinem Kern fand sich nicht eine einzige Scher be Es folgt hieraus, daß er erst am Ende der germanischen ö esiedelung aus dem Material der Burgfläche aufgebracht sein kann. Der vorliegende Graben enthielt dagegen germanische 14. in großer Zahl, doch keine einzige slawssche, fodaß er nur in germanischer * offen gelegen hat. Die Hochfläche, welche dieser Wall und Graben schützte, ist also, ähnlich der Römerschanze bei Potsdam, Rhe germanische Volkeburg“ gewesen, die eiste, die damit in Pommern nachgewiesen wird. Der Burgwall! an der Südspitze des „Heiligen. Stadtberges⸗ zeigt, ün Gegen atz zu dem oben erwähnten Scherbeninhalt des Grabeng, nur ei ge Scherben,

ebenso seine Abhänge und die weite Fläche unter d entlang. Diese Stelle heißt noch blaß 0 26

sich hieraus zweifellos Der Burgwall mit der Siedlung ng das alte slawische Lubin“, ar Otto von 6 der ö. Pommerns, 1124 von Stettin die Oder hinauffahrend, zufammen mit Gartz hesuchte. Der „Heilige Stadtberg“ siegt an der Fe ne, der , . Kultur, die an den Volksburgen und manchem andern erkenn, bar, ibren Brennpunkt in der Mark und der Lausitz hatte und von da nach derschiedenen Ri tungen ausstrahlte. Dieser Kultur der La Tene Zeit . sowohl die Burgwälle, wie jener Rordwall als von keramischen , solche vom Späãt⸗Lausitzer Typus an. Den zweiten Vortrag des Abends hielt Dr. J. Kiekebusch über „den . en Stand der Ausgrabung eine bronzezeitlichen Here bei Buch.“ Einleitend Ia der Redner dar, wag die moderne Autgrabungskechnik ber Limes Forschung herdanke welche Bedeutung die auf Beobachtun der Pfostenlöcher gelenkte Au smerlsamteit gewonnen and wie sie zu neuen Entdeckungen geführt habe. Auch hei den bon Dr. Kiekebusch geleiteten Auggrabungen in Buch die sich auf ein 64 Morgen oder 160 66 Geviermeter großes Feld aus kiesigem Sande erstrecken, hat die Feststellung der Löcher fru ß vorhanden gewesener Pfosten an der abweichenden Färbung des Sandeg, an der etwa gleichen Tiefe dieser so markierten Stellen und einer Ausdehnung, wie sie einem runden Holzstamm entspricht, zur denkbar genauesten Ermittlung von Gestalt und Größe der äuser oder Hütten einer ausgedehnten Siedlung geführt. Doch hatten sich die Ausgrabungsarbeiten hiermit keineswegs zu begnügen. Nach⸗ dem erst der Plan des Hauses, der Hauptwände an den hinter lassenen Spuren stärkerer, der Zwischenwände an schwächeren Pfossen erkannt war, konnte auch an den im Erdreich sich borfindenden Resten von Lehmbewurf, der, ses es durch Brand, sei es durch Erhärtung, die Gestalt behalten hatte, die ihm bet Bekleidung der Hauswaände gegeben werden, allerlei Interessantes gefolgert werden. Man fand nämlich Lehmbewurf in einer solchen Entfernung von der an den Pfosten⸗ löchern erkennbaren Außenwand im Erdreich, daß kein Zweifel bestand, er hätte einst die betreffende Wand belleldet. Rr un! Krtete Lehm hatte zugleich die Form der horizontalen runden Querhölzer des Blockhauses, die er sie umfassend bekleidete, so genau estgebalten, daß man nun auch deren Maße erkannte. Geringere Mühe als in diesem Falle hatte man mit der Feststellung der Herd⸗ grube und der Form des Herdes, denn der von Steinen gekrönte Herd war meist noch in natura vorhanden, mit geschwärzten teilweise mürbe gewordenen Steinen und verkohltem Holz darauf; ja in einem Falle fand sich noch ein Topf mit gerösteten Eicheln als Beweis, daß die Bewohner selbst Liebhaber davon gewesen waren, denn als Vieh futter verwandt, würden die Eichein nicht geröstet worben sein War anfänglich kein Anhalt dafür gewonnen worden welche Höhe die Häuser wohl gehabt, deren Grundrisse und Vorbauten man im einzelnen festgestellt, so wurde später in einigen Fällen an dem herabgestürzten Lehmbewurf an Giebelwänden eine Höhe von 2. 3,5 m ermittelt. Zweifelhaft blieb und bleibt 6. 3. noch die Frage ob die Pfosten und die sie verbindenden horizontalen Rundhölzer imden ig auch mit Lehm bekleidet waren und welches Dach die Häuser wohl gehabt haben mögen? Für den Herdrauch waren ersichtlsch keine Ab⸗ Rüge vorhanden gewesen, von sehr dichter Beschaffenheit fann das Dach also kaum gewesen sen. Daß es sich im Innern aber behaglich leben ließ, scheinen einzelne steinerne rohe Herdsitze zu bewessen' Merkwürdig ist das dichte Aneinanderstehen der Häuser. An einer Stelle hat man 8 gleichwie in einer Straße dicht nebeneinander ehende, übrigens fast, nie genau rechtwinklige Häufer an den Pfostenlöchern festgestellt. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen daß sich schwer mit Sicherheit behaupten läßt, daß diesẽ so in ihrem Grundriß markierten Häuser zu gleicher Zeit bestanden ja in einigen Fällen erscheint es fast gewiß, daß man die Pfosten⸗ löcher von Häusern vor sich hat, von denen das eine nach Abbruch des anderen in etwas anderem Grundriß errichtet worden war. Dr. Kiekehusch hat von allen seinen Funden sehr scharfe und über⸗ zeugende Photographien gengmmen. Es lag ihm namentlich daran über die Grundlagen seiner Entdeckungen, die Pfostenlöcher und die von ihnen ermöglichte Drientierung im gewachsenen Boden aufzuklären. Das ist ihm durch die vorgezeigten Lichtbilder sicher gelungen. Seine Ausgrabungen umfassen zurzeit schon über 89 Häuser. Die Einzelfunde ; auch zu einem großen Teil im Bilde vorgestellt sind fehr zahlreich. Artefakte finden sich dabei aus Stein (Beile, Ton (Gefäße) Knochen Dirschgeweihe und Bronze, Eisernes fehlt vollstãndig. Vie Tierknochen werden noch genauer untersucht werden. Auf die Chronologie der Jundst che zu Buch übergehend, erklärte der Redner sich für jüngere Bronzezeit, d. i. für die Zeit um 1500 vor Christo und spãter. Was für eine Bevölkerung es war, die diese Häuser angelegt und sie spãter dem Verfall überlassen denn die Spuren stattgehabter Brände sind selten das ist schwer zu sagen. Waren es Germanen oder die von Südost eingewanderten Thraker-Karpodaker? Die wichtige Frage harrt noch der umfassenden Antwort, zu deren Begründung die Scha ße ere Museums noch nicht genügend durchforscht sind. Neues Material für dies Studium verspricht auch die soeben vom Museum erworbene Züllichauer Sammlung zu bringen. Die Bucher vorge⸗ schichtliche Fun stãtte ist bisher erst ungefähr zur Hälfte aug zegraben Sie darf das öffentliche Interesse beanspruchen; denn sie . den ersten und zurzeit einzigen Fund einer Wohnstätte der Bevölkerung dieses Landes in einer Vergangenheit dar, von der wir ziemlich wenig wissen. Bezeichnend und unerwartet ist, daß die viereckige Hausform in allen Fällen festgestellt ist, während man bisher den runden Bau fũr das Urhaus als gegeben erachtete. Dr. Kiekebusch schloß seinen sehr beifällig aufgenommenen Vortrag mit einem Dank an die städtischen Behörden von Berlin für ihre einer Kulturaufgabe der reinen Wissenschaft ge⸗ währte, ausgiebige Unterstützung sowie an die hilfreich gewesene Ge⸗ sellschaft für Anthropologie und die Museumsverwaltung. In der sich anschließenden Vie lussion hob 2. Professor Dr. Schuchhardt die nicht hoch genug zu schatzende Teilnahme Berlins und seiner Be— hörden an den Arbeiten in Buch herbor und sprach Dr. Kiekebusch warme Worte der Anerkennung aus für die Umsicht, den Scharfsinn und die Ausdauer, mit der er sich diesen Arbeiten unterzogen habe.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause wird morage ; Mignon mit den Damen Boehm van Endert, 9 . Philipp, Egenieff, Habich, Aschner und Platen in den Hauptrollen wiederholt. Montag findet eine Aufführung von „Lohengrin“ mit Derrn Berger in der Titelrolle statt. Frau Denera singt die Eisa, . i. die k Bischoff den Telramund, Herr Gris— zold d onig, Herr Bachmann den Heerrufer. Diese Vo e g, * en Heerrufer. Diese Vorstellung

Im Neuen Königlichen Operntheater geht rge Madamg Butterfly in der bekannten Besetzung der gin e, . Szene. Den. Jamadori singt Herr Schöffel, die Rolle des Sharpleß singt Derr Nils Spanseldt vom Stadttheater in Graz als Gast. Im Königlichen Schauspielbause werden morgen, Wallen⸗ steins Lager“ und Die „Piccolomini“ gegeben. Am Montag folgt . Wallensteins Tod in der bekannten Besetzung. Als nächste Aufführungen im Königlichen ö haue sind in Autsicht genommen . Kaufmann von Venedig“, der in vollkommen neuer Augstattung und neuer Ein= studierung noch ber Weihnachten in Szene gehen soll. Spãter werden dann, gleichfalls in neuem Rahmen und in neuer Be— setzung DSebbels Nibelungen“ folgen. Außerdem, um einen dringenden Wunsch der Frau Anna , die bor kurzem ihren fünfundsiebzigsten Geburtstag gefeiert hat, zu erfüllen, wird der hochverdienten Künstlerin Hel! enheit ge⸗ boten werden, sich wieder einmal in einer ihrer ihren alten und neu erworbenen Berliner Freunden zu zeigen alg Geheimrätin in dem harmlos vergnügten Lustspiel Der Stszren⸗ fried“ vom alten Benedir, an dem sich seit nahezu einem halben Jahrhundert, seit Nobember 1861 bis in die sängste Zeit hinein, das Publikum ergötzt hat; das Stück wird zugleich als Vorfeier dez 100, Geburtstags des gemütlichen Dichters am 11. Januar n. J.

bereits in den ersten Dezembertagen, nicht eiwa mo verjüngt, sondern unter non 69 des .