1910 / 290 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Dec 1910 18:00:01 GMT) scan diff

Fre a“ ist gestern von Willemstad au Ieh an ad in See gegangen.

In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Uebersicht über die Ernte der wichtigsten Feldfrüchte im Jahre 1910 im Deutschen Reich, zusammengestellt im Kaiserlichen

Statistischen Amt, veröffentlicht.

Saupark bei Springe, 9. Dezember. Seine Majestät der Kaiser ist mit 5 Jab e, „W. T. B. zufolge, um 121½ Uhr auf der Station Kaiserallee bei Springe ein⸗ getroffen, wo der Landrat des Kreises Springe von Laer sich ur Meldung eingefunden hatte. In Automobilen fuhr die Dagtacs ah hut nach dem nahegelegenen Jagdschloß, vor dessen Portal Seine Majestät der Kaiser vom Oberjägermeister und den übrigen Herren der Jägerei begrüßt wurde.

Bremen. An Stelle des in den Ruhestand getretenen Bürgermeisters Dr. Pauli ist, wie das „W. T. B.“ meldet, der Senator Dr. Marcus zum Bürgermeister bis zum Schluß des Jahres 1915 gewählt worden.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Das österreichische Abgeordnetenhaus verhandelte gestern über die Regierungsvorlage, betreffend die Verlänge⸗ rung des Privilegiums der Oesterreichisch-Unga⸗ rischen Bank. Sämtliche Redner betonten nach dem Bericht des „W. T. B.“ die hohe wirtschaftliche Bedeutung der Auf⸗ rechterhaltung der Bankgemeinschaft und sprachen sich gegen die Aufnahme der obligatorischen Barzahlungen aus, indem sie die umsichtige und mustergültige Devisenpolitik der Oesterreichisch⸗ Ungarischen Bank würdigten. Die Mehrzahl der Redner be⸗ hielt sich die endgültige Stellungnahme zur Vorlage vor, bis die Regierung über verschiedene Einzelheiten Aufklärungen ge⸗ geben haben werde.

Groszbritannien und Irland.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ sind bisher 163 Liberale, 209 Unionisten, 29 Vertreter der Arbeiterpartei, 54 Anhänger Redmonds und 5 Anhänger O Briens gewählt worden. Die Liberalen haben 14, die Unionisten l und die Arbeiterpartei 4 Sitze gewonnen.

Frankreich.

In der Deputiertenkammer brachte gestern der Abg. Girod eine Interpellation darüber ein, welche Maß⸗ nahmen die Regierung zu treffen gedenke, um künstliche Preistreibereien und das wucherische Aufkaufen von Spiritus auf dem französischen Markte zu verhindern. In der

Beantwortung dieser Interpellation und der des Deputierten de Monzie e derer führte der Handelsminister t

Dupuy laut Bericht des W. T. B.“ aus: . Die Preisschwankungen des Spiritus würden durch eine Anzahl ; d Spekulanten hervorgerufen, zu deren Verteidiger

. aufwesfen wolle. Die im vorigen Jahre angestellte nnter abe schlimme Börsenmanöver aufgereckt, denen aber Dit dem Gesetz nicht beizukommen sei. Der übermäßig hohe Preis fir Jucker und Spiritus sei im vorigen Jahre allgemein

gewesen, allerdings in Frankreich noch höher als im Aus⸗

lande. Er sei bervorgernfen worden sowohl durch die un⸗

ünstigen Witterungsverlältnisse des Jahres als auch durch Spekulanten und wucherische Auffäufe. Bevor man in Verhandlungen über die Regelung des ausländischen Marktes trete, sei es vraktischer, zuerst den einhemnnischen Markt zu regeln und die franzssische Gesetz⸗ gebung ju ergänzen. Eine Kommission studiere augenblicklich die Frage der Reform der Produk tenbörse und der Märkte. Es sei angebracht, die strafgesetzlichen Bestimmungen zu ergänzen.

Die Fortsetzung der Debatte über die Interpellation findet am Montag statt.

Der Staatsrat hat, obiger Quelle zufolge, die Be⸗ schwerde, die die deu tsch⸗lutherische Kultusvereinigung in Nizza wegen der Zuweisung der Kirche und des Pfarr— gebäudes an die Konsistorialvereinigung der lutherischen Kirche in Nizza erhoben hatte, auf Grund des Artikels 4 des Trennungs⸗ gesetzes vom Jahre 1905 abgewiesen. Ebenso wurde eine ähn⸗ liche Beschwerde der deutsch⸗-evangelischen Kultusver⸗ einigung in Lyon wegen des Heimfalles ihres Vermögens an die evangelische Kultusvereinigung in Lyon abgewiesen.

Schwe iz.

Der Nationalrat und der Ständerat haben, „W. T. B.“ ufolge, die internationale Automobil konvention rati⸗ ziert Der Beitritt der Schweiz zu dieser Konvention erfolgt miter dem Vorbehalt, daß den Kantonen das Recht zu gänz⸗ licher oder teilweiser Schließung von Straßen auf ihrem Gebiet für den Automobilverkehr gewahrt bleibt.

Türkei.

Nach mehrstündiger stürmischer Debatte in der Depu⸗ tierten kam mer, in deren Verlauf mehrere Minister heftig bekämpft wurden, hat die jungtürkische Kammerpartei,

W. T. B. zufolge, beschlossen, bei der heutigen Absti mmung dem Kabinett ein Vertrauens votum zu erteilen. Tanemarł.

Der König Friedrich ist, „W. T. B.“ zufolge, heute vormittag von seiner Neise nach Deutschland und Oesterreich wieder in Kopenhagen eingetroffen.

Amerika.

Wie aus San Antonio in Teras vom „W. T. B.“ ge⸗ meldet wird, ist der Sohn des mexilanischen Ministers des Ausmärlgen Creel von den Aufrührern gefangen genommen n , wird als Geisel in den Hergen von Chihuahua

l alten.

a. Nach einer Meldung der „Agence Havas“ ist der veruanisch⸗bolivianische Zwischenfal bedeutungslos nad wird binnen kurzem beigelegt sein.

A sien.

Das deutsche Kronprinzenpaar ist, W. T. B. zu⸗ Folge, vor abend in Kandy eingetroffen und wird heute miltiag in Colombo erwartet.

100 Ehristen nieder gemacht. „Ikdam“ gibt Ermordeten auf vierzig an. Die Regierung hat in Gegend Truppen entsandt.

7223 Stimmen entfallen.

Toten Meeres liegt, angegriffen, die Besatzung . 9 b . die der gie edrohte Wie der „Kölnischen Zeitung“ aus Peking gemeldet wird, hat die hinefifche ö die Republik Portugal anerkannt und den inf hen Gesandten in Madrid, der China ugleich in Lissabon vertritt, beauftragt, unverzüglich Verhandlungen über die Regulierung der Grenze zwischen Macao und China einzuleiten. Nach einem gestern veröffentlichten Abkommen der Verwaltung der südmandschurischen Bahn mit der 6 Staatsbahnverwaltung wird am 1. Januar 1911 ein direkter Güterverkehr zwischen 82 Stationen der . en Bahnen . von Tokio mit neun Stationen der südmandschurischen Bahn eröffnet.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Der heutigen (98.) Sitzung des Reichstags, in der die 1. Lesung des Reichshaushaltsetats für das Rech⸗ nungsjahr 1911 und des Gesetzentwurfs über die Friedens⸗ präsenzstärke des Deutschen Heeres fortgesetzt wurde, wohnten der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück, der Staats⸗ sekretär des Reichsmarineamts, Admiral von Tirpitz, der Kriegsminister, General der Infanterie von Heeringen, der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke, der Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth, der Staatssekretär des Reichs⸗ justizamts Dr. Lisco und der Staatssekretär des Reichs⸗ kolonialamts Dr. von Lindeguist bei.

Nach Eröffnung der Sitzung ergriff der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg das Wort, dessen Rede übermorgen im Wortlaut mitgeteilt werden wird.

(Schluß des Blattes.).

Nach dem vorläufigen Resultat der amtlichen Ermittelungen sind bei der gestrigen Stichwahl zur Reichstagsersatz— wahl im Wahlkreise Labiau-⸗Wehlau im ganzen 17067 Stimmen abgegeben worden, davon sind auf den Bürgermeister Wagner⸗Tapiau (Fortschrittliche Volkspartei) 93844 Stimmen, auf den Landesrat a. D. Burchardt (Deutschkonservativ) Ersterer ist somit gewählt.

Statistik und Volkswirtschaft.

Berichtigung.

In der in der Ersten Beilage zum „Deutschen Reicheanzeiger“ vom 6. Dezember 1910 Nr. 286 veröffentlichten Uebersicht Handel Deutschlands mit Getreide und Mehl“ ist in der Tabelle 1 Spalte 2 Gesamteinfuhr 1910 bei Malzgerste statt 116729 zu lesen: 1 1627 296 (da.

Berlin, den 9. Dezember 1910.

Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.

Die Volkszählung vom 1. Dezember 1910 ergab nach vor⸗ läufiger Feststellung, wie W. T. B.“ berichtet, in Cöln 477 003 (am J. Dezember 1905 428 722) Einwohner in dem bisherigen und iI 042 (459 019) in dem erweiterten Stadtgebiet,

in Danzig 169 306 (159 64) und

in Gelsenkirchen 168 293 (147 005) Einwohner.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Gemeindearbeiter in Weißensee bei Berlin sind, der „Voss. Ztg.“ zufolge, in eine Lohnbewegung eingetreten. Der Ge⸗ meindeverwaltung sind Forderungen unterbieitet, deren hauptsächlichste sind: Neunstündige Arbeite zeit, Anfangswochenlohn für Gärtner 25,50 , jährlich steigend um 1450 F, nach 5 Jahren 33 M6; für Parkarbeiter 24 , jährlich steigend um 1ů,20 S, nach 5 Jahren 30 M. Für Handwerker und Arbeiter der Kanalisation: Anfangs⸗ wochenlohn für Rohrleger 33 M jahrlich steigend um 1 , nach 5 Jahren 38 S; Arbeiter 25,90 0, jährlich steigend um 90 3, nach 5 Jahren 30 M. Straßenreinigervorarbeiter: 31,50 M, jährlich steigend um 1,20 S, nach 5 Jahren 37,50 MS; Arbeiter 28 S6, nach 5 Jahren 34 , Burschen 185 96. Ueberstunden: Nachts⸗, Sonntags⸗ und Feiertagsarbeit 50 v. H. Zuschlag; Sommerurlaub nach einjähriger Dienstzeit eine Woche; Lieferung von Schutzkleidung; Einführung einer all emeinen Arbeitsordnung.

In einer Mitgliederversammlung der organisierten Holzarbeiter Hamhurgs, die über eine innere Angelegenheit berieten, wurde, wie der Köln. Ztg.“ gemeldet wird, heworgehoben, daß der in Hamburg bestebende Tarifvertrag zum 1. März nächsten Jahres gekündigt worden sei, daß die Arbeiter eine Verbesserung der Löhne und eine Verkürzung der Arbeitszeit beantragt hätten, daß aber die Unternehmer kaum geneigt sein würden, einzuwilligen. Unter diesen Umständen sei zu erwarten, daß in Hamburg nächstes Frübjahr ein Kampf im Holzgewerbe entbrennen werde. Die seit vielen Wochen in Hamburg ausständigen Kaffee⸗ hauskellner haben, nachdem viele Kaffeehausbesitzer sich mit dem Kellnewerein geeinigt haben, nunmehr die Ah hebung des Streiks be⸗ schlossen.

h Aus Buenos Aires wird dem ‚W. T. B.“ telegraphiert, daß der Ausstand der Angestellten der Santa Fé⸗Eisenbahn⸗ gesellschaft beendet ist. (Vergl. Nr. 288 d. Bl.)

Wohlfahrtspflege.

Der Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen

hat am 2. d. M. im Herrenhause zu Berlin seine Jahresversamm⸗ lung abgehalten. Nach dem vom Vorsitzenden, Staaitzsekretär a. D. Dr. von Hollmann erstatteten Jahresbericht stellte sich die Mitglieder⸗ zahl im Jahre 1910 auf 950, die sich verteilten auf 237 Behörden, FR rperschaften, Vereine usw., 265 Aftien, und andere Gesellschaften, 4 ständige und 444 persönliche Mitgljeder in Deutschland und außer halb Deutschlands. Die Mitgliederbeiträge betrugen 13 405 .

Der bereit im Jahre 1844 während der ersten Gewerbe⸗ autstellung rer deutschen Bundeg, und Zollpereinestaaten in Berlin begründete Jentralverein für das Rohl ber arbeitenden Klassen hat nach seinen Statuten die 921 „für die Verbesserung des sitt⸗ lichen und wirtschaftlichen Zustashßsß der arbeitenten Klassen im Ge— biete deg Deutschen Reicht anregend und fördernd zu wirken“ Er sucht diese Aufgabe zu erfullen durch 1) literarische Tätigkeit, 2) be⸗ sondere eigene Unternehmungen, soweit die Mittel 3 estatten, 3) durch Unterstützung von Unternehmungen und ere inen für Arbeiter— wohl. Die liter ische Tätigkeit pes , besteht ern,

* . zweimal wöchentlich erscheinenden , Sozlalkorrespondenz“, deren Artikel ö als Manuskript für Zeitungsredaktionen und auch einmal wöchentlich in einer allgemeinen Ausgabe als Wochenschrift „Volks— wohl“ erscheinen. Die Artikel der Sozialkorrespondenz“ dürfen von den abonnierenden Zeitungen ohne Quellenangabe abgedruckt werden. Im Jahresbericht wird dazu bemerkt: „daß es dem Zentralperein ge— nügen könne, auf diese Weise seine Grundsätze, wenn auch anonym, in zahlreichen Organen der deutschen Presse weiter zu verbreiten“.

er Inhalt der Vierteljahrsschrift „Der Arbeiterfreund“ ist eingeteilt in die Abschnitte: 1) Abhandkungen, 2) Materialien für die Praxis in der Arbeiterwohlfahrt, 3) Literatur über die Arbeiter frage, 4) Handfertigkeit und Haussleiß, 5) Vierteljahrschronik und 6) innere Angelegenheiten des Zentralvereins. In seinem ersten Haupt= abschnitte, Volkswirtschaftliche und sozialpolitische Abhandlungen“, hat der „Arbeiterfreund im Jahre 1910 u. a. die Haupt⸗ ergebnisse der am 15. Juni 1h07 durchgeführten deuntschen Berufs und Betriebs zählung unter Vergleichung mit der vyoraufgegangenen Berufszählung von 1882 in mehreren Auf— sätzen vorgeführt und darin die Wandlungen der deutschen Volkewirtschaft in den 25 Jahren von 1882 bis 1907 mit ihrer tiefgehenden Beeinflussung der Arbeiterfrage näher beleuchtet. Weitere Abhandlungen dez Jahres 1910 betrafen die vom Heraus geber der Zeitschrift, Professor Dr. Viktor Böhmert, seit mehr als 30 Jahren untersuchten Fragen der Löhnungsmethoden und der Ge⸗ winnbeteiligung der Arbeiter sowie die 50⸗ oder 100 jährige Entwick⸗ lung von mustergültigen Fabriken und Wohlfahrtseinrichtungen. Der Abschnitt „Abhandlungen? brachte ferner Aufsätze über den neuen Entwurf der Reichspersicherungsordnung, über die Erfahrungen der Arbeitsvermittlung, über das französische Altersversorgungsgesetz sowie Berichte üher den Internationalen Wohnungskongreß in Wien, den Epangelisch sozialen Kongreß in Chemnitz und die bevorstehende interngtionale hygienische Auestellung in Dresden. Ein Aufsatz über den Gartenbau für Knaben fällt in den Bereich der Handfertigkeit in Deutschland, worüber der „Arbeiterfreund“ alljährlich zu berichten pflegt. Auch kurze Nekrologe über die anerkannten Arbeiterfreunde Professor Dr. Julius Post und Pastor Dr. von Bodelschwingh fanden in der Rubrik „Abhandlungen“ Aufnahme. Der Abschnitt „Mate⸗ rialien‘ hat im laufenden Jahrgange in der Richtung Berücksichtigung gefunden, daß die zeitgemäße Frage einer gesunden und billigen Er⸗ nährung der Arbeiter an einer Reihe von Beispielen vorgeführt wurde. Der Abschnitt „Literatur der Arbeiterfrage“ berücksichtigte speziell das Gebiet der Volksbildung, während die als Beiheft zum „Arbeiterfreund“ erscheinende „Bibliographie für die Prapis der Arbeiterfrage“ systematisch in zehn Abschnitten alle wichtigen selbständigen und in Aufsatzform erscheinenden Publikationen auf dem Gebiete der Arbeiterfrage registriert und auch für den Ab⸗ schnitt Literatur“ des laufenden Jahrgangs eine Ergänzung bieten wird. Die bisherigen Jahrgänge der Bibliographie! haben nicht nur in Fachkreisen eine erfreuliche Anerkennung gefunden, sie haben auch im Verkehr der Vereinsmitglieder mit der Redaktion vielfach zur Auskunft⸗ erteilung und zur Vermittlung von literarischen Unterlagen geführt Die „Vierteljahrschronik“, wie der fünfte Abschnitt im „Arbeiter⸗ freund“ betitelt ist, stellte sich mit ihrer „Wirtschaftlich-sozialen Umschau“ und mit ihren „Berichten und Notizen“ auch im laufenden Jahre die Aufgabe, in zusammenfassender Darstellung eine Jahres⸗ übersicht über die wichtigsten die Arbeiterfrage betreffenden Vorgänge, über die Verhandlungen und Beschlüsse der deutschen und inter— nationalen Vereinigungen, die sich mit der Arbeiterfrage und deren Einzelgebieten befassen, zu geben.

Der Zentralverein hat in den letzten Jahren neben der Heraus— gabe des „Arbeiterfreundes“' und der „Sozialkorrespondenz“, sofern es die Mittel gestatieten, auch verschiedene andere Veröffentlichungen ins Werk gesetzt. Der neueste Jahresbericht erinnert an das selt 1903 unternommene größere Publikationswerk: ‚„Untersuchungen über die Löhnungsmethoden in der deutschen Eisen⸗ und Maschinenindustrie“, wovon bis ücpt acht inhaltreiche Hefte er⸗ schienen sind. Es sind für dieses Werk bereits über 9000 M (im Jahre 1910 noch 1750 S) verwendet worden.

Soweit noch Mittel verfügbar waren, hat der Zentralverein in den letzten Jahren noch verschiedene andere gemeinnützige Unter⸗ nehmungen, für die von ihm Hilfe beansprucht wurde, unterstützt. Der erhebliche Betrag von 3000 ½ ist auch im Jahre 1910 für die Begründung eines Volksheims in der Ansiedlung des Berliner Spar⸗ und Bauvereins in Westend, 1500 M sind als Beitrag für die Zentralstelle für Volkswohlfahrt und 2000 SJ als Bei⸗ hilfe für die „Sozlalkorrespondenz', ferner 400 S als Bei⸗ hilfe für die Rechtsauskunftsstelle in Groß Berlin und 300 4 für die Abteilung „Jugendhilfe“ des Freiwilligen Erziehungsbeirats für die Jugend in Rixdorf verwendet worden. Endlich sind im Jahre 1910 der öffentlichen Lesehalle der Deutschen Gesellschaft für ethische Kultur 245 S6 Zinsen aus der Professor Bernstein⸗Stiftung zuge⸗ flossen. Die Jahresversammlung erklärte ihr Einverständnis mit dem Jahresbericht und mit der Rechnungsführung und beschloß die Wieder⸗ wahl sämtlicher ausgeschiedenen und wieder wählbaren Mitglieder.

An die Hauptversammlung schloß sich eine Sitzung des ver⸗ einigten Vorstands und Ausschusses an, in der zunächst die bisherigen In⸗ haber der Aemter im Vorstand und Ausschuß für das Jahr 1911 wiedergewählt wurden und einige Ersatzwahlen erfolgten. Der Vor⸗ anschlag der Einnahmen und Ausgaben wurde für das Jahr 1911 auf 17 445 festgestellt und genehmigt. Da nach Abzug aller Aufwendungen für die literarische Tätigkeit des Zentralvereins und für die eigenen Unternehmungen sowie der der Zentralstelle für Volkswohlfahrt und dem Berliner Spar- und Bauverein bis zum Jahre 1914 versprochenen Unterstützungen von jährlich 3000 M dem Dispositionsfonds für 1911 nur noch 660 S verbleiben, wurden auf Antrag des Wirklichen Ge⸗ heimen Rats, Professors Dr. von Schmoller für das nächste Jahr nur weitere 300 M als Zuschuß zur Ermöglichung der Herausgabe eines Ergänzungsheftes zu dem großen Publikationswerk über die Löhnungs⸗ methoden in der Eisen⸗ und Maschinenindustrie bewilligt.

Unter dem Vorsitz des Staatsministers von Möller fand am 7. Dezember im Landeshause der Provinz Brandenburg die dies⸗ jährige Sitzung des Beirats der Zentralstelle für Volks- wohlfahrt statt. Nach Erledigung geschäftlicher Angelegen⸗ heiten berichtete der Abteilungsvorsteher der Zentralstelle, Marine⸗ pfarrer a. D. Weicker ausführlich über den augenblicklichen Stand der Jugendpflege bewegung in Deutschland und insbesondere über die bisherige Tätigkeit der Zentralstelle auf diesem Gebiet, die in erster Linie darauf gerichtet ist, die mannigfachen Bestrebungen, die auf das selbe Ziel hinarbeiten, einander näher zu bringen. Die ausgiebige Diskussion, die sich an den Vortrag anschloß, brachte den n, . Wunsch zum Ausdruck, daß die Zentralstelle auf dem mit Erfolg eingeschlagenen Wege weiter fortschrelten möge. Im ferneren Verlauf der Tagung wurde über das bereits bei der letzten Konferenz der Zentralstelle in Braun⸗ schweig im Junk d. J. behandelte und inzwischen durch eine Kom mission weiter bearbestete Thema der Bekämpfung der Schund— literatur beraten. Das Ergebnis war die Annahme von Leitsätzen, die demnächst in einer Denkschrift, mit Erläuterungen verseben, der öffentlicht und zu einer weltgreifenden Agitation in allen beteiligten Kreisen verwandt werden sollen.

Der Fürsorge für die , Jugend galt auch eine von der Zentralstelle für Volkswohlfahrt herbeigeführte Besprechung einer Anzahl an leitender Stelle in der Jugend pflege e, . tätiger Persönlichkelten. Dag Ergebnis war deß alle sich bereit erklärten, die örtlichen und sonsti en Bestrebungen zu fördern, die unbeschadet der Arbelt und Selbständigkeit der einzelnen Organisationen auf eine engere ab eng. nahme der bestehenden Jugendverbände und anderer für die schul— entlassene . tätigen Organlsatlonen abzielen. Es ist von diesem i en, ein iti Fortschritt in der Färsorge für die schul⸗ entlassene Jugend zu erwarten.

Nach einer Meldung des Osmanischen Lloyd“ haben Gebuinen fi mine bie Siabht Gerat, bie im hes

*

sächlich in der Herausgabe seiner Piertelsahrseitschrift „Der Arbeiter⸗ freund, die allen , kostenlotz zugeht, und der in Dretzden

Die Wanderausstellung gegen die Schundliteratur die von der Deutschen Vie Ce nis. Ct ferh in Hamburg⸗ Großborstel ing Leben gerufen ist, konnte bisher zweimal a . Haniburgs, wo sie zunächst an zwei verschledenen Stellen hinterelnander e worden war, wie derhhst werden. In Brem en ist sie in

er . mit einem Autzschuß der größeren Ortsvereine unter Führung des Vereins „Lesehalle“ Ende November veranstaltet worden und wurde während ihrer fünftägigen Dauer von mehr als 3000 Personen, Angehörigen aller Stände, besucht. Eine in Ver= bindung mit der Ausstellung veranstaltete öffentliche Ver sammlung an der mehr als 5690 Personen teilnahmen, führte zur Bildung eines „Ständigen Ausschusses zur Betämpfung der Schundliteratur in Bremen, der die durch die Ausstellung in Fluß gebrachte Bewegung egen die Schundliteratur in praktischer Arbelt weiterführen wird! Von Bremen wanderte die Ausstellung nach Hann over, wo sie von dem dortigen Zweigverein der Veutschen Dichter Gedächtnis⸗Stiftung in Verbindung mit dem Ortsverein der Buchhändler veranstaflet war und gleichfalls einen ngchhaltigen Eindruck in allen Bevölkerungs⸗ schichten erzielt hat. Auch hier war das dauernde Ergebnis ein Autzschuß zur Bekämpfung der Schundliteratur, dessen Bildung in einer von mehr als 700 Personen besuchten öffentlichen Versammlung heschlossen wurde. In beiden Städten waren, wie bereits vorher in Hamburg, die Konfirmanden von einzelnen Pastoren auf⸗ gefordert worden, in einer eigens für sie anberaumten Versammlung die in ihrem Besitz befindlichen Schundhefle ahzuliefern, um dafür gute Schriften in Empfang zu nehmen. Das Ergebnis diefer Ver— anstaltung war überall erschreckend; in Bremen allein lieferten 115 Kinder im Alter von 12— 14 Jahren rund S800 Schundhefte schlimmster Art ab, deren Zustand nur zu deutlich verriet, mit welchem Eifer die Kinder die Hefte gelesen und offenbar untereinander autgetauscht hatten. Vor Weihnachten wir) die Ausstellung noch in Stet tin gezeigt, um dann von der Deutschen Dichter Ger ch in i⸗ Stiftung Anfang Januar 1911 zunächst in Berlin (im Reichs tags⸗ . in Verbindung mit der Deutschen Zentrale für Jugend. ürsorge beranstaltet zu werden und panach voraussichtlich nach Leipzig, Chemnitz, Mannheim usw. weiterzuwandern. Nach den bis⸗ herigen Erfahrungen darf bestimmt erwartet werden, daß die Aus— stellung üherall der Bewegung gegen die Schundliteratur einen weiteren starken Antrieb geben und so, nach dem großzügigen Plan der Deutschen Dichter. Gedächtnis Stiftung, in ganz Deutschland als ein gewaltiger Weckruf gegen die Schundliteratur wirken wird. Die Besucher der Ausstellung, die übrigens zwischendurch in etwas verkleinerter Form auch in zahlreichen kleineren Städten gezeigt wird, haben überall erklärt, daß ihnen erst diese Ausstellung die Augen über die Gefahren der Schundliteratur wirklich geöffnet habe: so schlimm hätten sie sich die Sache doch nicht gedacht. .

Kunst und Wissenschaft.

Aus den Kunstsalons.

Es ist sehr lehrreich, gleichzeitig die farbigen Lithographien Pierre Bonnards in der Sezession und eine gut gewählte Samm⸗ lung von Bildern dieses feinen Pariser Meifters bei Cassirer sehen zu können; lehrreich, weil uns der Vergleich einen Begriff von der Vielseitigkeit und dem Reichtum des künstlerischen Ausdrucks Bonnards gibt. Zeichnet er in seinen Lithographien mit kräftigen Farbstiften das Pariser Boulevardleben, so dichtet er mit feinem Pinsel reizvolle Farbenharmonien. Gleich Vuillard und Roussel hat er viel von Ce zanne gelernt und es ist interessant, zu beobachten, wie die drei in ver⸗ schiedener Weise die Ueberlieferung Cézannes fortspinnen. Nicht genial wie, der Maler der Provence, aber ungemein talentboll und eingefleischt pariserisch, ist Bonnard gewissermaßen eine verfeinerte Pariser Auflage von Cézanne. Er wersteht sich auf die feinsten Falbenunterschiehe und Farhenbrechungen, ohne darum je verblaßt zu wirken. Das Wein⸗ rot und die ganze Skala von rosafarbenen Tönen beherrscht und liebt er besonders. Er setzt mehrere derselben nebeneinander auf die Flache wie in den „Erdbeeren“ und stimmt sie mit den grünen Farben der Landschaft zusammen wie in den Zwei Kindern!“. Im ‚Speifesaal“ und dem Akibild zeigt er seine Meisterschaft in der Beherrschung der künstlichen Beleuchtungs wirkungen und des Helldunkels, wobei ihn weniger die Menschen als solche, mehr als Träger der Farbenbrechungen interessieren. Nichts ist seiner Palette fremd: Er malt sonnige, um⸗ zogene und schneeige Landschaften, Porträts, Interieurs und Stilleben oder auch dekorative Panneaus, wie die Katzen guf der Brüstung. Ihn interessiert ein blauer Hut um der Farbe willen und er gibt ihm die geeignete Fassung. Im Gegensatz zu den Impressionisten bilden Bonnard und die ihm Ver⸗ wandten eine Gruppe von eigentlichen Farbenkänstlern und so eine schätzenswerte Ergänzung, da sie mit viel Erfolg andere nicht minder fruchtbare Wege zeigen. „Sie scheinen besser zu uns zu passen, in unsere Wohnung, zu unsern Stimmungen, zu unsern Freuden.“ Neben Bonnard wird bei Cassirer auch eine größere Sammlung neuer Werke von Ulrich Hühner gezeigt, die ein sehr gutes Zeugnis von seiner Entwicklungs fähigkeit bilden. Hübner scheint sich in letzter Zeit viel Hehn wertie zu haben, als man noch vor emem Jahr zu boffen Grund hatte, und behauptet sich mit Erfolg in der ersten Reihe unserer heimischen Künstler. Einige seiner Hafenbilder, dann das große Bild aus Lübeck und das Damenbildnis gehören zum Beften, was er bisher gegeben hat Hedwig Moos kann ja noch kaum als Persönlichkeit hemmen werden, verfügt jedoch sicherlich über besondere Talente. Mit Les Klein Die pokd kann ich mich nicht befreunken Seine saftigen Kaftanienbaume wirken als Bilder doch etwas zu plump und oberflãchlich gesehen; die blühenden Bäume an der Havel gäben ein ausgezeichnetes Klischee für farbige Anfichte karten. Versohnlicher stimmen die holländische Landschaft und der Blumengarten. .

In der Galerie Schulte zeigt der bekannte Dresdner Hans

Un ger die Früchte seiner Tätigkeit während der letzten zwei Jahre, die er größ enteils im Süden verbracht zu haben scheint. Mag man seine Art lieben oder nicht, anerkennenswert ist jedenfalls die Be— harrlichkeit mit der er sein Programm verfolgt, Schönheit zu malen. Denn. nur darguf kommt es ihm an. Er malt immer wieder schöne Figuren in farbenfrohen, üppigen Land⸗ schaften von halb südlichem, halb märchenhaftem Aussehen, malt , mit phantastischen Zeichnungen und schöne Blumen. or 8 . önnen ihm gar nicht schön genug sein. Er liebt die KRlten gelben, roten, grünen und violetten Tone in allen Abstufungen. . natürlsche Folge seiner idealen Sucht ist aber eine dekorative xerflächlichkeit, die kein tiefergehendes Interesse an seinem Werk aufkommen läßt Es ist immer eine und dieselbe Frau, immer der— 4 e Kopf, die er mit kleinen Abänderungen nun seit Jahren malt. 34 das tun kann tut es kaum mehr aus wirklichem Schöpferdrang. ie Probleme der Schönheit liegen doch noch etwas tiefer, als es das u denpaar einer schönen Frau uns sagen kann. Unger könnte in liebenswerter Dekorateur größerer Wandflächen werden. ö 1 26 es wenn er einmal Kompositionestizien für solche Zwecke ültellen würde? Dann hätte er wie Ludwig von Hofmann Feinen

il ungakreiß erkannt. Mehr als je neigen beute moderne Villen— 6 Beltellung fi uraler Wandfriese, und selten sind unter der . . malender Künstler dekorative Talente, die solche Forde⸗ ö erfüllen könnten Hans Roßmann aus Breslau ist lit . Sonderau stellung vertreten, die ibn als tüchtigen 56 6 . 3 at üblichen bieder ländlichen Manier zeigt, . fn * beliebt ist und leider auch mit ihrer ganzen 2 i, . sich auf großen Leinwandfläͤchen breit i mm, e, man den Künstler zu den hesten Vertretern gin mn ind . 2. 66 läblen. Im gleichen Sinn sind Carl n gr ng un ö zwei bekannten Münchener Rudelf Sieck 1 53 u werten. Max Uth malt recht freundliche,

3 . mit mehr malerischer Vertiefung als seine Genossen. Re dg v, agen bat einige recht ansprechende Bilder auegestellt, nn r 8 durchschnittliche Damenmaß jedenfalls hinausgehen. Ihr

e. 63 21 vmpathischer gemalt als die Salonportrãte der Viktor . . n g. Emanuel] De genb art h zeigt einige . . serdebilder Friedrich Stab endlich eine Sammlung

en seiner gewohnten nachempfindenden Art. Dr. D.

Erziehungs⸗ und unterrichtswesen.

Gartenbau für Knaben.

Unsere Zeit ist erfüllt von Anregungen auf allen Gebieten umanltät und Fürserge. Charakteristisch ist hierbei, daß jede hier nregungen auf Neuheit Anspruch erhebt. Dabei liegt in Wirklichkeit

die Sache so, daß die meisten Einrichtungen für Säuglingsschutz, für Kinderbeschäftigung und Kinderfürsorge, für hauswirtschaftliche Aut bildung, für Jugendhilfe, für Armenpflegereform, für Altenheime und ins besondere auch für alle auf Hebung der wirtschaftlichen und sozialen Lage einzelner und ganzer Volksklassen abzielenden Bestrebungen schon zeitlich weit zurückliegende Vorbilder haben. Gerade ver hundert Jahren, in Zeiten politischer Gärung und höchst gedrückter Erwerbsperhältnisse, war die Zahl selbstlofer Menschenfreunde sehr groß. Dabei hatten diese zur Verwirklichung ihrer Dilfs einrichtungen mit viel größeren Schwierigkeiten sowohl in finanzieller Hinsicht wie im Hinblick auf behördliche Förderung zu kämpfen, als dies in der Gegenwart der Fall ist. Auch fehlte es da⸗ mals nech an wirksamen Mitteln der Propaganda, wie sie heute durch die Presse und durch alle Verkehrseinrichtungen gegeben sind. Dennoch hahen Hingebung, und Beharrlichkeit dieser Vor— kämpfer große Werke schaffen können. Noch heute weisen ahllo Gebäude, Anstalten, Schulen, Kassen, Stiftungen Verein gungen darauf hin, daß die Grundsätze und Absichten, die por hundert Jahren und früher sie entstehen ließen, richtig waren und daß der Segensstrom, der von ihnen für Behrängte und hilfsbedürftige nus geht, noch lebendig ist. Manche gute Bestrebungen sind freilich im Wandel der Zeiten wieder untergegangen und tauchten nun von

neuem auf. Hierhin gehört auch der Gartenbau für Knaben. Schon der berühmte Pädagoge Salzmann, der in seinem 1801 in Schnepfenthal erschienenen „Taschenbuch zur Beförderung der Vater— landsliebe! die Durchführung planmäßiger Beschäftigung armer berlassener Kinder mit Feld⸗ und Gartenarbeit als „einen Schatz den die Deneschen noch heben könnten“, bezeichnet, wußte auf Vo6kilre— dieser Einrichtungen in gothaischen und weimarischen Ländern hinzu⸗ weisen. Auch gus dem dreibändigen Werke des Dresdner Diafonus ange: *eldgärtnereikolonien für Armenkinder“, dessen erster Band 133 erschjen, geht hervor, daß schon 40 Jahre vor jener Zeit rie schweizerischen Armenerziehungsäanstalten und dann auch deutsche Armen⸗ schulen den Gartenbau durch Kraken planmäßig pflegten. Die weitere geschichtliche Entwicklung dicser Ideen stizziert P. Schmitt in der Viertel. jabrsschrist. Der Arbeikerfreund“ (Jahrg. 19I0, Heft Iii). Gr weist auch auf die bon Herzog Peter von Oldenburg zu Beginn des 18. Jahr- hunderts begründeten Arbeitsschulen im Holsteinischen hin, die sich unter Leitung der am wirtschaftlichen Nutzen beteiligten Lehrer zu eigentlichen Schulgärten herausbildeten. In Württemberg ging ber Unterricht im praktischen Gartenbau und in der Obstbaumzucht Hand in Hand mit der Errichtung von Industrieschulen, sodaß nach äner Schrist von Beck über den „Wohltätigkeitsberein im Königreich Württemberg Darmstadt 1847) im Jahre 1841 gegen 40 000 Kinder Industrieunterricht und gegen 11 000 Kinder in 420 Orten Garten⸗ und Obstbauunterricht genossen. . Während die erwähnten Einrichtungen für Knabengartenbau nach und nach fast gänzlich erloschen sind, wurde doch an einer Stelle diefe Fertigkeit, allerdings wesentlich nur vom Hesichtspunkte der Be⸗ schäftigung / aus, his in die Gegenwart weiter gepflegt nãmlich in Darm stadt. Schon in seiner Schrift „Ueber die sozialen Rwumanitätsanstalten für die Kinder er unteren Volkeklassen⸗ Wien 1851, weist der Arzt und Kinderfreund Dr. Hügel auf die Darmstädter Privatanstalt für Knabengartenbau hin, di 1528 mit sechs Knaben gegründet wurde. Sie erwesterte nach und nach bei stetigem Anwachsen der Schülerzahl ihr Gartenareal, das bereits 1839 eine Fläche von 34 545 qm ausmachte. Bald darauf ging die An⸗ stalt in städtischen Besitz über. Nach dem Ve altungsbericht fur das Jahr 1905 betrug die Zahl der im Anstalts gartenbau heschãaftigten Knaben 240; mehr konnte die Anstalt nicht aufnehmen, sie muß ali. jährlich einen großen Teil der Anmeldungen zuruckweisen. Den Unter⸗ richt erteilten zwei Berufsgärtner, weiter arbeiteten in dem Anstaltsgarten ein Gehilfe, ein Lehrling und zwei Tagelöhnerinnen. Die ordentlichen Ausgahen der Anstalt beliefen sich im Jahre 1908 auf 2 5I6 M6, mn deren Deckung ein städtischer Zuschuß von 3593 4 erforder ar. Der Durchschnittserlös aus Gartenerzeugnissen Jahre belief sich auf 860 S6. Das B? über eine Million Mark, wovon auf de versicherungs wert von 63 220 S und Wert von 721 420 M entfällt.

Während also in Darmstadt die Garten⸗-Arbeitsschule für Knaben“ schon über 80 Jabre wir und ein Beweis far die Bedeutung des Knabengartenbaues * ; Nittel zur Ueberwachung unbeaufsichtigter Knaben u ur Er5stchung derselben zur Arbeit, Ordnung, Reinlichkeit, zu Gehorsam unk guten. Sitten, sowie auch zur Erzielung eines Beitrag bei ihrer Konfirmation (im Jahre 1905 wurde an S zn

ausgezahlt) liefert, lieg

auf dagogis

sem Sin ; erwaltung der Stad ein mustergültiges Beispiel. J aben sich, hauptsächlich planmäßige Arbeit des Sta?tschulrats, Geheimen Regierungsrats Dr. Pfundtner, die Schülergärten (nicht Schulgarten für botanische Lehrzwecke) großartig entwickelt. Bie erste praktische An⸗ regung gab der Lehrer G. Ernst (Breslau), der in den Psingstferien 1900 einen vollständig verraten Acker von 10060 am im Vereim mit 70 Knaben der vier obersten Volkeschulklassen urbar machte, einteilte und jedem der Kaaben ein Beet zur eigenen Pflege überwies. Das Er⸗ trägnis der Anpflanzungen war von Anfang an das volle Eigentum des Bebauers. Was aus diesem Anfang im Laufe eines Zeitraumes von knapp 19 Jahren geworden ist, davon geben die alljährlichen Berichte der Breslauer Schulverwaltung ein interessantes Bild. Nach dem letzten Berichte arbeiteten im Schuljahre 1965/10 in den sieben Schülergärten mit einer Gesamtbodenfläche von 36 812 4m 2z306 Knaben aus 43 evangelischen und 24 katholischen Volks— schulen und einer häheren Schule unter Anleitung geeigneter Lehrer täglich einige Nachmittaaestunden in frischem, frohem Wett⸗ eifer mit Spaten, Hacke und Gießkanne. Die der Stadt erwachsenen Kosten erreichten eine Höhe von 673 s, von denen 3250 4 auf Honorare für die Gartenbauleiter, 3163 auf die Unterhaltung der Garten und 360 M auf sonstige einmalige Ausgaben entfielen. An der Spitze der mustergültigen Bewirtschaftung siebt noch jetzt das vem Begründer Ernst geleitete Areal, das fich auf das Zehnfache nämlich auf 9844 m, erweitert hat. Auch in den zur Breslauer Schulverwaltung zählenden 11 Hilfsschulen wird in kleinerem Maße der Knabengartenbau gepflegt. Im Sommer 1909 waren fünf Hilfẽ⸗ schulen mit eigenen Schülergärten versehen.

Von ähnlichen Ginrichtungen in Leipzig, Berlin und auch im Auslande ist das Bree lguer Beispiel bel weilkem nicht erreicht worden. In Breslau ist das Motiv für den Gartenbau durch Knaben ein pädagogisches, durchdrungen von der Liebe für die Kinder und von der Anschauung, daß im Gartenbau ein fördernder Faktor für die Lösung der Aufgaben der Schule zu erblicken sei. Diese Auffassung töilt auch ein schweizerischer Pädagoge, Dr. Zabler (Bern), der nach Bearbeitung seiner an Schalknaben überwiesenen 1398 Beete sagt: Wir wollen, nicht unerwähnt lassen, daß Schüler, die Rin den theoretischen Fächern zu den Schwa und Schwächsten gebörten, im Garten sich durch Geschick, Fleiß und Anstelligkeit aus⸗ zeichneten. Es ist qut daß es so war. Der Garten lebrte ung ein- dringlich, daß die Talente oft gleichmäßiger verteilt sind, als wir recht oft anzunehmen belieben; der eine hat fein Talent hier, der andere dort; recht oft ist das eine das andere wert; nicht felten be— währt sich später das Verkannte im Kampfe um dag Dasein besser als das Gepriesene. Der Garten batte im erfieherischen Sinne auch nach anderer Seite sein Gutes; er lehrte den Wert der Arbeit schãtzen, nicht nur der eigenen, sondern auch der freinden. Er lehrte erkennen, welche Summen von Mübe und Sorgfalt es braucht, um die

182 7 4* . nstaltsgebäude ein Brand⸗

8 5 1 * 1 den Anstaltsg arten ein

anzen groß zu zieben. Diese gewinnen dadurch an Wert len des Kindes. Ganz unwillkürlich wird man an zur 8335

* ö

nung dessen, was andern gehört, erzogen. Der Aufsatz von Else H m , in der g i hrf der Zentralstelle für Vo ar , . „Concordia, Jahrgang 1515, Nr. z und 14h, Ler den porstehenden Ausspruch Zahlers hringt, behandelt auch den Stand der Schüler⸗ gärten, wobei aher die Einrichtungen in Darmftadt und Breslau nicht erwähnt sind. Von der . wird ein erhebliches Fortschreiten ,. 4 n,, fe . , . von ülergärten ö. Topold Kgtscher in der „Sozialen h 1908, Nr. 1) ein . Beispiel 3 ,

Literatur.

een, Die Weihnachtsnummer der, Modernen Kun st“, die all— jährlich als Sonzerheft erscheint, bictet diesmal, da . i en. ahrgang dieser illustrierten Zeitschrift begonnen hat, eine befondere Fühle bon literarijchen und bildnerischen Beiträgen. Mit hübschen Dandzeichnungen sind die beiden Aufsätze, Weihnachten im Mittelalter“ und Das Weihnachts kripperl ! geschmückt. Weshevolle Weihnacht bräuche tauchen hier aus dem Dammer früherer Jahrhunderte wie aus einem erzenschimmernden Kreuzgang und führen uns beim Klange der Glocken in unsere Zeit, der die Weihnachtsfreude stets neu ersteht. Die Stimmung der Liebe und Versöhnung klingt auß E. Krickebergs Erzählung Senator Haber mann“ wieder. W! hach en auf der Bühne“ schildert Eugen Zabel und Ernst Boerschels Planderei berichtet bon dem Komponisten des Weihnachtsliedes „Stille Nacht, heilige Nacht!‘ Ven den jahlreichen Bildern bes Heftes seien die Kunstbeilagen: Und Friede auf Erden“ von Alfred Schwarz „Grüße aus dem Süden! von F. Andreotti und Vor dem Aus! ö bon R. Eichstaedt hervorgehoben. Da reichhaltige Heft Dstet 60 . .

. Illustrierter Deutscher Flottenkalender für 1911. Begründet von Köontreadmiral, Plüddem ann, redigiert von z Persius, Kaiserlichem Kapitän zur See. Verlag von Wilhelm Köhler, Minden in Westfalen. (Preis, gebunden, 1 6. Der In⸗ halt des über 300 Seiten starken, geschmackre l eingebundenen, nun jum 1 Male ersche nenden Flottenkalenders ist auch diesmal sehr reichhaltig. Zahlreiche mehrfarbige Kunstbeilagen und etwa 269 inter- essante Abbildungen schmücken das Buch, das außer einer Fülle lehr⸗ äicher. gemieinverständlich gehaltener Aufsätze aktiver und inaktiver Feenssiziere auch mehrere zum Teil ernste, zum Teil humagristische Erjählungen enthält Die wachsende Beliebtheit des Flotten kalenders geht aus der Stärke seiner Auflage hervor, die jetzt die Höhe bon 0 ooo 3 erreicht hat. Die Verlagẽftrma liefert den Kalender direkt durch die Post, sofern die Buchhandl im O

des Bestellers ihn nicht vorrätig haben. ae,, .

Verkehrswesen.

Im Reichẽpostgebiet ist die Zahl der Kontoinhaber im Postscheckserkehr Ende Nobember auf 45 366 gestiegen. C Jugang im Monat November allein über 11309. Auf die len Yostschẽ Nronten wurden im Nobember gebucht äber 935 Millionen Mark Gutschristen und 9355 Millienen Mark Lastschriften. Das Gesamtguthaben der Kontoinhaber betrug Ende Nobember äber JI Millionen Mart, ihr durchschnittliches Gesamtguthaben während des selben Monats 1066. Millionen Mark. Im Verkehr der Reichspostscheckimter mit dem Postsparkassenamt in Wien, der Postsparkaff? in Bubapest, den schwezerischen Postscheckbureguz und der seit J. November an diesem Verkehr mitteilnehmenden belgischen Postverwaltung wurden Rber . . Mark umgesetzt und zwar auf 1950 1bertragungen in w n , . , , . und auf 7060 Uebertragungen in der Richtung aus

g4g*aut Telggramm aus Herbegthal ist die heute nachmittag 5 Uhr in Berlin fällige Post aus Frankreich ausgeblicken. Gruns⸗

Zugverspätung infolge von Hochwasser.

Theater und Musikt. Berliner Theater.

Die Direktion des Berliner Theaters hat mit der Neuaufführung kon Ludwig Fuldas vieraktigem dramatischen Märchen Der Talis man* offenbar einen sehr glücklichen Griff getan, denn es fand gestern so starken Beifall, daß man ihm ohne große Propheten- gabe eine stattliche Reihe von Wiederholungen voraus sagen kann. Seit den unvergeßlichen Aufführungen des Stücks im Deutschen Theater mit Ftainz in der Rolle des Königs, Engels als Korbflechter Habafu Noa Mettig als Rita, Sommerstorff als Omar, Teressna Geßsner als Maddalena, ist diese aus Fuldas bester Schaffenszeit ssammende Transkription des Andersenschen Märchens von des „Rönigz neuen Kleidern, vom Spielplan verschwunden. So kam ez denn, daß es gestern mit seiner formgewandten, geistvollen und inhaltreichen Verssprache wie eine Neuheit wirkte. Auch die Aufführung brauchte den Ver⸗ gleich mit der weit zurückliegenden des Deutschen Theaters nicht mehr zu scheuen. In Karl Clewing, einem der zu den größten Hoffnungen derechtigenden Darsteller der jungen Schauspielergeneration, hat das Theater einen Vertreter für den König Astolf, wie es sich ihn nicht besser wünschen kann. Mit einer vornehmen, fympathischen Er— scheinung verbindet sich bei ihm ein, wohllautendes, ausgiebiges und gutgeschultes Organ und jener Sinn für den musikalischen Fluß der gebundenen Rede den man so häufig heute vermißt. Im Verein mit der Fähigkeit, Charaktere in scharfen Umrissen ju zeichnen, ergeben alle 36 igenschaften bei 0 seinen schauspielerischen Leistungen ein hochekfreuliches . das auch gestern seine Wirkung nicht verfehlte. Neben ihm efiel auch der Omar des vom Schauspielhause nach dem Berliner nel über⸗ gesiedelten Herrn Lindner und auch die Rita Fräulein Käthe Ehrens biwar der naive Ton bei ihr nicht immer ganz ungekünstelt erschien. Den Habakuk gab Herr Meinhard, seiner Individuasität entsprechend ganz anders als der verstorbene Engels, aber nicht minder wirkung voll. Auch Fräulein Serda, die Herren Botz, Picha und dle anderen Mitwirkenden sind mit Anerkennung zu nennen, ebenso wie Derr Bergen als verständnisvoller Regisseur.

Im Deutschen Theater finden morgen, Donnerstag, Sonnabend und nächsten Senntag Wiederholungen des neu in Szene gesetzten Othello“ statt. Montag wird Faust !, Mitt⸗ woch „Hamlet“ wiederholt. Für Freitag ist Sumursn? angesetzt. In den Kammersptelen des Deutschen Theaters wird Ein Engel! Dienstag, Donnerstag und nächsten Sonntag wiederholt. Fur Mittwoch und Sonnabend ist Der berwundete Vogel“ an esetzt, für dreitz Gawän“, für Montag der Shakespeare⸗Molisre Abend.

as Les singtheat er bringt in 26 ter Woche Wiederholungen von Arthur Schnitzlers Einafterreibe Anator= außer am morgigen Sonntagabend noch, am Dienstag, Miftwoch, Donnergta sowie am Sonnabend und nöächftfolgenden Sonntagabend. Im bsenzvrtlus wird am Montag Baumeister Solneß -, am nächstfolgenden Mont

. —— , geht Bijörnsons Lustspi Wen nge Wein blüht! in Szene, am ĩ = nachmitta a , der 5. ! ,

Im Neuen Schauspielhause wird morgen sowie am . woch, Donnerstag, Sonnahend und nächsten e, . Po 6 Zerrissene! wiederholt. Montag und Freifag wird das hi e Wann kommst du wieder?, Dienstag Ueber unsere Kraft (I. Teil) . Mitwoch und Sonnabend, FRachmittags 3 hr, wird das

eihnachtsmärchen Frau Holle aufgeführt.

Im Schillertheater 9. (Wall nertbeater wird morgen und nächten Sonntag, Nachmitta s, Die Ehre, morgen abend Nobert und Bertram gegeben. Montag wird Wallensteims Tod“, Bleng ag ; Der Dummkopf. Mittwoch und nächlten Sonntagabend Min;

riedrich von Homburg“ aufgeführt. Donneretag geßt

price, Freitag Sodom Enden, Sonnabend Anzengrubers , ,

Das ertheater arlotten bur ;

nächsten Sonntag, Nachmittags, Egmont⸗ =

wie am Dienstag,

Macht der Finsternis :; Nontag nd war fen