1911 / 9 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 11 Jan 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Staates erhöbt worden sind. Der Rechnungsabsckluß von 23,4 Mil⸗ lionen muß deshalb auf 70,9 Millionen in die Höhe gesetzt werden, wenn man ein richtiges Bild von dem Abschluß des Jahres 1909 haben will. Aber, meine Herren, auch dieser Abschluß von 7093 Mil⸗ lionen ist gegenüber einem Etatsdefizit von 18535 Millionen nech überaus und unerwartet gũnstig.

Auch das Jahr 1910 scheint sich in der Wirklichkeit erheblich besser zu gestalten, als man bei der Etateaufstellung annehmen konnte. Nach dem Etat schließt das Jahr 1910 ab mit einem Deñizit von g2'8 Millionen. Dank der Besserung der wirtschaftlichen Verhãltnisse ist nach den bisherigen Ergebnissen anzunehmen, daß das Defizit weit geringer werden wird; namentlich haben die Einnahmen der Staats⸗ eisenbahnverwaltung so zugenommen, daß man sogar hoffen darf, daß dem Ausgleichsfonds der Eisenbahnverwaltung in diesem Jahre noch erhebliche Beträge zufließen werden. (Hört, hört! und Bravo)

Meine Herren, ich darf dabei wobl an folgendes erinnern. Um den Staatshaushästsetat von den bei einem so großen Betriebe, wie ihn die Staatseisenbahnverwaltung darstellt, unvermeidlichen Ein⸗ nahmeschwankungen zu befreien, sind im vorigen Jahre im Ein⸗ verständnis mit dem Landtag für die Verwendung der Neberschũsse der Staatseisenbahnverwaltung neue Grundsãtze aufgestellt worden. Während früber die gesamten Reineinnahmen der Staatseisenbahn⸗ verwaltung in voller Höhe zu den Ausgaben des Staats haus baltes mit herangejogen wurden, ist dieser Zuschuß zunächst auf 5 Jahre hinaus nach oben hin fest begrenzt; der Beitrag soll nicht mebr als 2, 10 6 des zuletzt abgerechneten statistischen Anlagekapitals betragen, und zwar dieses auch erst dann, nachdem 1,15 des statistischen An⸗ lagekapitals von seiten der Eisenbabnverwaltung aus ihren Mitteln in das Extraordinarium eingestellt worden sind. Der dann noch vorbandene Ueberschuß soll dem Ausgleichsfonds zugewiesen werden.

Bereits in dem laufenden Jahre haben sich nun die Einnahmen so erfrenlich gebessert, daß mit Bestimmtheit zu erwarten ist, daß in diesem Jahre einige 30 Millionen dem Ausgleichsfonds zufließen werden. (Hört, hört! links) Meine Herren, dieses Ergebnis ist überaus erfreulich. (Sehr richtig! links.) 21000 des statistischen Anlagekapitals betragen im Etat jahre 1910 rund 210 Millionen Mark. Da in dem Etat mit einer Reineinnahme der Eisenbahn⸗ verwaltung von 152 Millionen gerechnet worden war, so verbessert sich das Defizit des Etats um 58 Millionen Mark.

Andererseits steben diesen Mehreinnabmen aber auch Minder⸗ ertrãge bei det Domänen und Forstverwaltung und Mebrausgaben bei den Staats verwaltaungen, unter anderem infolge der Erhöhung der Wohnungsgeldzuschüsse, gegenüber, sodaß man immerhin mit einem Fehlbetrage von einigen 40 Millionen für das Jahr 1910 heute noch rechnen muß. Auch dieser Fehlbetrag ist nicht zu erheblich, wenn man in Erwägung zieht, daß ibm im Ausgleichsfonds der Eisenbahn⸗ verwaltung einige 30 Millionen Rücklage gegenübersteben.

Meine Herren, der Etat für das Jahr 1911 stellt sich nech etwas besser. Er schließt ab mit einem Feblbetrage von 2 Millionen und einer Ueberweisung an den Ausgleichsfonds der Eisenbahnverwaltung von 3235 Millionen. Die Ueberweisung übersteigt also den Fehlbetrag um 33 Millionen. Wenn, wie in den früheren Jahren, die vollen

Eisenbahnüberschüsse zur Verwendung für den Staate haushalt noch zur Verfügung ständen, würde also in diesem Jahre ein Feblbetrag

überbhaurt nicht mehr vorhanden sein. (Hört, bört) Meine Herren, wie wichtig die im vorigen Jahre beschlossene Neuordnung ist, erhellt am besten daraus, daß, wenn diese 35 Millionen noch jur Verfũgung gestanden hätten, sie ganz unzweifelbaft zu den allgemeinen Staats⸗ ausgaben mit herangezogen worden wären. Die Anmeldungen der einzelnen Ressorts gingen weit über das hinaus, was an Mitteln zur Verfügung stand. Es mußten deshalb erhebliche Abstriche vorgenommen werden, obwobl die Einzelanmeldungen meist wohl begründet, ja zum Teil sogar sehr notwendig und vielfach von den Interessenten in der Presse und in diesem boben Hause angeregt worden waren. Wenn nicht die Finanzverwaltung infolge Mangels an Mitteln geiwungen gewesen wäre, die absoluteste Sparsamkeit zu beobachten, dann würden ohne Frage diese 3 Millionen, sofern sie zur Verfügung gestanden hätten, ebenfalls für neue Aufgaben verwendet worden sein. Ich muß infolgedessen die im vorigen Jahre getroffene Maßnabme mit dem Zwange zur Sparsamkeit als in jeder Hinsicht notwendig und wobl begründet, ja sogar als unentbebrlich bezeichnen. (Sehr gut! rechte.)

Meine Herren, der Etat des Jahres 1911 balanciert in der Ein⸗ nabme und Ausgabe mit 4085 3147498 . In dieser Zabl ist eine ganz rapide Steigerung zu bemerken; denn die erste Milliarde ist im Jahre 1884 erreicht, die zweite im Jahre 1897, die dritte im Jahre 1907 und die vierte jetzt im Jahre 1911; die Zwischenräume werden also immer kürzer. Diesmal ist die Steigerung wesentlich dem Um⸗ stande zuzuschreiben, daß die große Gehaltserhöhung mit einer Mehr⸗ belastung von 200 Millionen eingetreten und außerdem eine ander⸗ weitige Etatisierung des Schuldendienstes der Eisenbahwerwaltung vorgenommen worden ist.

Meine Herren, die wirtschaftliche Lage scheint sich ganz langsam bessern zu wollen. Die Ernte des Jahres 1910 muß im Durchschnitt als eine zufriedenstellende bezeichnet werden. Allerdings war sie nicht überall gleichmãßig; je nach der Lage, je nach der Beschaffenheit des Bodens und der Häufigkeit der Niederschläge war sie in dem einen Teil gut, in dem anderen Teil weniger gut; der Kartoffelbau bei schweren Böden und der Weinbau am Rhein hatte sogar ein schlechtes Jabr zu verzeichnen. Trotzdem war die Ernte eine Mittel⸗ ernte, die über dem Durchschnitt des letzten Jahrzehnts hinausgeht. Das ist außerordentlich wichtig. Denn da auch die bisherigen Ernten be⸗ friedigend und die Preise auskömmlich waren, ist es der Landwirtschaft ermöglicht, größere Investititionen und Inventarbeschaffungen vorzu⸗ nehmen und außerdem der sehr wichtigen Entschuldung des landwirt⸗ schaftlichen Grundbesitzes nãherzutreten.

Meine Herren, auch die Industrie scheint sich langsam vorwärts zu entwickeln. Der Absatz hat allerdings ganz erheblich zu⸗ genommen; dafũr waren aber die Preise meist so gering, daß es oft nur durch die außerste Einschränkung der Betriebskosten möglich war, einen Gewinn zu erzielen. Die Einfuhr wie auch die Ausfuhr haben zugenommen; die Ausfuhr sogar in ganz erheblichem Maße mebr als die Einfuhr, nicht allein bei einzelnen Industrien, sondern bei fast allen Zweigen des Erwerbes. Lastend und hemmend ruht allein auf allen die Ungewißbeit der Gestaltung der Arbeiterverhãltnisse und ebenso auch die Ungewißbeit, ob die großen Syndikate, das Koblenfondikat und der Stablwerkzverband, wieder erneuert werden. (Sehr richtig! und bört! hört! bei den Nationalliberalen.

dabin. Im Interesse der Indusfrie, der Arbeiter sowohl wie auch der Staats und Gemeindefinanzen ist es dringend erwünscht, daß irgend eine Regelung erfolgt. (Sehr richtig! bei den National- liberalen) Denn wenn der rücksichtslose Konkurrenzkampf aller gegen alle wieder eintritt, bei dem namentlich die mittleren und kleineren Existenzen, die für den Staat so außerordentlich wichtig sind, zerrieben werden (sebr richtig! bei den Nationalliberalen), und bei denen eine rapide Steigerung der Produktion mit massenhaften Mehꝛreinstellungen von Arbeitern auf der einen Seite, mit großen Produktions— einschränkungen und massenbaften Entlassungen der Arbeiter auf der anderen Seite abwechseln, dann werden dem wirtschaftlichen Leben und auch den Staats- und Gemeindefinanzen die allerschwersten Wunden zugefügt. (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen) Es ist not⸗ wendig, daß hier eine Schranke gezogen wird. Wie nun auch die Regelung sein möge, meine Herren, Hauxptleitmotiv muß bei allem bleiben, daß den Interessen des Staats, der Allgemeinheit und der Verbraucher dabei Rechnung getragen wird! (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen.)

Meine Herren, gegenüber dem Etat fär das Jahr 1910 sind die ordentlichen Einnahmen um 217,7 Millionen gestiegen. Dle Ausgaben sind nicht so hoch gestiegen: im Ordinarium um 144,7 Millionen, im Extraordinarium bei Hiniurechnung der Mindereinnahmen um 9g.2 Millionen, im ganzen also um 153,9 Millionen; das macht eine Mehreinnahme über die Ausgaben von 63,8 Millionen.

Abgesehen von den 32.5 Millionen des Ausgleichsfonds, sind die Mehrüberschüsse der Steuer⸗ und Betriebsverwaltungen auf 6,6 Mil⸗ lionen veranschlagt, zu denen dann noch bei den Dotationen und der Allgemeinen Finanzverwaltung ein Minderbedarf von O, ß Millionen hinzutritt. Diese 87,2 Millionen werden durch einen Nettomehrbedarf von 141 Millionen im Ordinarium und von 9,33 Millionen im Extraordinarium bei den Staats perwaltungsausgaben berabgemindert, sodaß der Etat sich im ganzen um die bereits erwähnten 63,8 Mil⸗ licnen verbessert. Dadurch ist es ermöglicht, den Etat gegenüber 1910 statt mit 92.38 Millionen nur mit 29 Millionen Fehlbetrag ab⸗ zuschließen.

Meine Herren, wenn ich nun zu den Einzeletats übergebe, so werde ich mir erlauben, das Jahr 1910 gleich mit dem Jahre 1911 zusammen zu behandeln; denn die Schätzung für das nächste Jahr steht mit den bisherigen Ergebnissen des laufenden Jahres im engsten Zusammenhange, und dadurch, daß ich beide Jahre zusammenbespreche, werden Wiederholungen vermieden werden. Bei den Domänen wird der Etatansatz füt 1810 in der Rechnung fast erreicht; es scheint sich ein Mindererttag von O4 Millionen zu ergeben. Im Jahre 1911 ist im Ordinarium mit einem Minder⸗ überschuß von 666 000 M zu rechnen infolge Abnahme der Einnahmen aus Amortisationsrenten um 713 000 41. Erfreulicherweise sind die Einnabmen aus der Neuverpachtung älterer Domänen um 63 000 gestiegen. Im Ertraordinarium ist fũr Ostpreußen die Ablösung von Fischereiberechtigungen in den fiskalischen Gewãssern vorgesehen; die Ablösungskosten sind auf ungefäbr 700 000 4 geschãtzt, und davon sind erstmalig 50 000 M eingestellt.

Die Forstverwaltung wird 1910 gegenüber dem Etat voraus sichtlich um 8 Millionen ungänstiger abschließen. Bekanntlich war in Ost⸗ preußen der Nonnenfraß eingetreten, und es war notwendig geworden, große Holibestände zum Einschlag zu bringen. Die Werbung kosten für diese zum Einschlag gebrachten Holzmengen sind im Jahre 1910 voll bezahlt worden; eine große Zahl von Kauferlösen mußte aber fũr das Jahr 1911 gestundet werden. Infolgedessen schließt das Jahr 1910 mit einem Minderertrag und das Jabr 1911 mit einem Mebrertrag ab. Die außerordentliche Mehreinnahme bei der Forstverwaltung legt es aber nahe, daß man zum Ausgleich auf der Ausgabeseite als⸗ bald der Ablösung der auf den ostpreußischen Forsten lastenden Schul holzgeldrenten nãhertritt. Diese Schulholigeldrenten betragen ins⸗ gesamt 183 Millienen Mack, und es ist in Aussicht genommen, sie in sieben Jahren abzulssen. Infolgedessen ist die erste Jabresrate mit 2.52 Millionen Mark in den Etat eingestellt.

Zum Ankauf von Domãnen⸗ und Forstgrundstãcken sind aus den Erlösen von verkauften Domänen⸗ und Forstgrundstücken 5,3 Millionen in den Domänenetat und 7,3 Millionen in den Forstetat eingestellt.

ußerdem erhält die Allgemeine Finanzverwaltung aus den Verkauft⸗ erlösen den ihr von jeher zustehenden Betrag von 1 600 000 4.

Von den Steuern bringen nur die direkten Steuern Mehregträg⸗ nisse, während die Einnahmen bei der Verwaltung der Zölle und in⸗ direkten Steuern zurückgeben. Bei den direkten Steuern wird für das Jahr 1910 eine Verbesserung des Anschlags um 3,9 Millionen erwartet; für das Jabr 1811 kann man mit einem Mehrertrag bei der Einkommensteuer von 15 Millionen und bei der Ergãnzungssteuer von 55 Millionen rechnen. Es kommt bier in Betracht, daß bei allen Ginkommen, welche nach dem drei⸗ jährigen Durchschnitt berechnet werden, das böchst ungũnstige Jabr 1907 in Fortfall kommt. Höchst bemerkenswert ist, daß im Jahre 1910, wo die neuen Vorschriften über das Kinderprivileg und die Berücksich⸗ tigung beeintrãchtigter Leistungsfäbigkeit infolge von besonderen Um⸗ ständen zum ersten Mal ex officio zur Anwendung gebracht werden mußten, um 22 Millionen geringere Einschäßungen vorgenommen worden sind gegenüber einer geringeren Einschätzung von 12 Millionen nach den alten Bestimmungen, und daß 2 600 000 Steuerpflichtige von dieser Wohltat Genuß gehabt haben (hört! hört), gegen vorher 21 Millionen Steuerpflichtige. Es sind also um 121 Millionen ge⸗ ringere Einschätzungen vorgenommen worden gegenüber der frũheren Zeit, und es haben 500 0090 Steuerpflichtige mehr Vorteil von der Neuregelung gehabt.

Bei der Ergänzungesteuer muß im nächsten Jahre, da die Er— gänzungssteuer bekanntlich alle drei Jahre neu veranlagt wird, eine Neuveranlagung vorgenommen werden. Es ist mit einem Mehrertrage von 5,5 Millionen gerechnet; das macht, übertragen auf das Ver- mögen, eine Vermõgensbermehrung von 9 Milliarden aus (hört! hört); durchschnittlich alljährlich also eine Vermögen vermehrung von drei Milliarden. Es ist das eine sehr stattliche Vermögensvermehrung, die wir alljäbrlich in Preußen haben.

Die indirekten Steuern lassen im Jahre 1910 einen Minder⸗ ertrag von 2.9 Millionen Mack erwarten, der mit etwa einer Million auf geringere Erträge der Stempelsteuern und mit 159 Millionen Mark auf geringere Verwaltungekostenentschãdigung für die Erhebung der Branntweinsteuer entfällt. Die Reinertrãge für das kommende Jahr mußten gegen den Gtat des laufenden Jahres noch mebr berab⸗ gesetzt werden, nämlich um 5,9 Millionen Mark. Der Anteil der

Uebergangszeit, für welche die frühere Cinnahm: garantiert war, von z auf 4 herabgesetzt worden. Da die Uebergangs zeit 1911 abgelaufen sst, wird in diefem Jahre zum ersten Male aur noch dieses Viertel äberwiesen; das macht eine Mindereinnahme von 356 Millionen Mack aus.

Die Verwaltungskostenentschãdigung vom Reich für die Brannt⸗ weinsteuer mußte auch geringer eingestellt werden, weil das Reich die Branntweinsteuer mit einem geringeren Betrage in den Etat ein⸗ gestellt hat, und die Vergütung, die Preußen für die Erhebung der Branntweinsteuer erhält, sich prozentual nach der Einstellung in den Reichsetat richtet.

Ebenso wie die indirekten Steuern läßt auch die Bergverwaltung im nächsten Jahre geringere Ueberschüsse erwarten. Zwar werden die Ertrãgnisse des Jahres 1910 ungefhr den Etatsansatz erreichen; es feblen voraussichtlich nur So0 000 6. Leider mußte aber der Ueber⸗ schuß für 1811 um rund 6 Millionen Mark geringer angesetzt werden (bört! hört! bei den Nationalliberalen), und erscheint jet statt mit 21,8 nur noch mit 18.5 Millionen. Der Rückgang im Ueberschuß ist einmal darauf zurückzuführen, daß infolge der Marktlage, wie sie sich auch in den Erträgnissen der Privatwerke wiederspiegelt, an ver⸗ schiedenen Stellen, insbesondere im Saargebiet, geringere Preise der Veranschlagung zugrunde gelegt werden mußten. Ferner ist es für eine gedeibliche Entwicklung des Bergbaues unumgãnglich notwendig, daß zur Erweiterung und zum Ausbau der einzelnen Werke noch er⸗ hebliche Betrãge aufgewendet werden. Fũr 1911 sind zu diesem Zweck über 5 Millionen Mark in den Etat eingestellt. Da aber diese Beträge allein noch nicht ausreichen und bei Inanspruchnahme der laufenden Mittel für die weiteren Aufwendungen eine zu große Be⸗ lastung sowobl dieses wie der folgenden Etats zu erwarten gewesen wäre, ist vorgesehen, daß ein Teil der Ausgaben auf Anleihe ver⸗ rechnet wird, und zwar derjenige Teil, welcher lediglich ganz neue und werbende Anlagen darstellt (sehr richtig R; eine besondere Ver— lage wird dem hohen Hause darüber noch zugehen.

Nachdem mit Elsaß ⸗Lotbringen ein Lotterievertrag abgeschloffen ist, mußte die Anzahl der Lose erböbt werden. Auch die Nachfrage hat zugenommen; infolgedessen kann man bei der Staats lotterie im nächsten Jahre mit einem Mehrertrag von rund 3 Millionen und mit einer Reineinnahme von 13 Millionen rechnen. Interessant ist hierbei, daß das Reich für Stempelabgaben aus der vreußischen Staatslotterie einen Betrag von 231 Millionen erlöst, daß also das Reich aus der preußischen Staatslotterie eine um mehr als 10 Millionen böhere Einnahme bat als Preußen aus der Lotterie selbst. (Hört, hört!)

Das weitaus günstigste Bild von allen Betriebs verwaltungen gewãhrt die Staatẽeisenbahnverwaltung. Sie war, als der wirtschaft⸗ liche Niedergang eintrat, am meisten von dem Niedergang betroffen; ibre Einnahmen gingen ganz erheblich zurück. Es haben die Minder⸗ überschüsse bei der Staatseisenbabnverwaltung gegenüber dem Etat betragen 1907 76,9 Millionen, 1908 1851.6 Millionen. (Hört, bört) Für 1809 batte man zur Zeit der Einbringung des Etats für 1910 bel der Eisenbahnderwaltung bereits mit einem kleinen Aufschwung gerechnet und eine Verbesserung des Reinüberschusses um etwa 33 Millionen erwartet. Diese Annahme erschien begrändet, weil bereits in der ersten Hälfte des Etatsjabres 1909, wenn auch mit einigen Schwankungen, entsprechende Mehreinnahmen erzielt waren. Dann setzte aber im weiteren Verlaufe des Jahres ganz plötzlich und unvorhergesehen eine gewaltige Steigerung des Verkehrs bei den Gütern ein, und dieser Verkehr hat bis heute angehalten. Diese ge⸗ waltige Verkehrssteigerung bei den Gütern brachte es zu Wege, daß die Reineinnahmen im Jahre 1909 sich um 103,9 Millienen ver⸗ besserten. Allerdings ist dabei zu beachten, daß dieser Mehrũberschuß nicht allein durch vermebrte Veckebrteinnahmen erzielt worden ist, sondern daß darin auch wesentlich eine Ersparnis bei den Betriebs kosten steckt. Die Betriebskosten haben trotz der erheblichen Zunahme des Verkehrs weit weniger betragen, als im Etat vorgeseben war; es ist eine Ersparnis bei den Betriebskosten von etwa 20 Millionen ein— getreten. (Hört, hört) Das ist ein hõchst erfreuliches Er⸗ gebnis der unablãssigen Bemühungen des Herrn Eisenbahn⸗ ministerz, den Betriebskoeffizienten berabzudrücken. (Bravo) Hierbei wurde der Betriebskoeffinient herabgedrũckt von 74. 69 0/o auf 68,99 090. (Bravo) Bei der Aufstellung des Etats für 1910, die im Herbst 1809 erfolgte, konnte man von einem solchen großen Aufschwung noch nichts wissen. Dieser Aufschwung setzte erst spãter ein; bis dahin waren die Eisenbabnbetriebsverbältnisse noch nicht wesentlich anders als frũber zu beurteilen. Es war infolgedessen auch garnicht möglich, den Etat anders zu veranschlagen, wie er veran⸗ schlagt worden ist, und dadurch erklärt es sich, daß die Reineinnahme der Gisenbahn auch für 1910 erheblich höber geworden ist, als nach dem Etat angenommen wurde. Der im Herbst 1899 begonnene Auf⸗ schwung im Güterverkebr hat bis heute angehalten und zur Folge gehabt, daß die Reineinnabhme der Staatseisenbahnen erheblich ge⸗ stiegen ist. Während der Reinüberschuß 1908 18257 Millionen be⸗ tragen hat, wird er heute für 1910 auf über 240 Millionen geschätzt, und für 1811 wird mit einem Reinüberschuß das Jahr von 252 Mil⸗ lionen bei der Staatgeisenbahnverwaltung gerechnet. (Hört. bört) Hiervon sind die Ueberweisungen an den Ausgleichsfonds der Staatẽ⸗ eisenbahnverwaltung indessen noch nicht abgezogen.

Die Verkehresteigerung beträgt in der Zeit vom J. April bis Ende November 1910 gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vor⸗ jabres 97 oC bei dem Personenverkebr und 7.34 60 beim Gũter⸗ verkehr, mithin 6, l o/o beim Verkehr überhaupt. Für das Jahr 1911 ist gegenüber dem Jahre 1809 mit einer Verkehrssteigerung von 7 70 gerechnet. Es ist also für 2 Jahre ungefãhr dieselbe Steigerung ver⸗ anschlagt, die wir heute schen für 1 Jahr erreicht haben. Sie sehen, daß die Einschätzung überaus vorsichtig gewesen ist, und daß wir hoffen dürfen, diese Verkehrseinnabme binterber auch zu erreichen.

Ich erwähnte vorhin, wie wichtig es sei, daß der Betrieb koefnzient herabgedrũckt wãrde. Der Betriebskoeffinient war ja be⸗ kanntlich außerordentlich in die Höhe gegangen und war von 61 0 im Jabre 1900 auf 74,62 ιο im Jabre 1908 gestiegen. Er ist dann im Jahre 1809 wieder auf 6899 o/ gefallen. Im Jahre 1910 wird er vorausgsichtlich auf 68, 50 o o fallen, und vorsichtigerweise ist im Etat für 1811 angenommen, daß er 68,63 o betragen wird. Wie sehr es zu Buche schlägt, wenn der Betriebskoeffizient heruntergeht, ist sofort klar ju überseben, wenn man sich vergegenwärtigt, daß die Betriebi⸗ einnahmen im Jabre über 2 Milliarden Mack betragen, jede Derab⸗ minderung des Betriebskoeffinienten um ein Prozent mithin eine Ver⸗

Ob eine soche Erneuerung zustande kommt, steht noch vollständig

Bundesstaaten an der Reichserbschaftssteuer ist bekanntlich mit einer

besserung um 20 Millionen darstellt.

Das siatistische Anlagekapital wird jedesmal am Abschluß ein Rechnung jahretz berechnet. Zuletzt ift es am 31. e. . 3 rechnet worden. Damals betrug es 10 Milliarden 64 Millionen. Die für allgemeine Staatsausgaben davon verwendbaren 210 00 machen 219,8 Millionen aus, und der dem Extraordinarium uu führende Betrag von 1,ů 15 0 beziffert sich auf 120,4 Millionen. Aber auch außer diesen 120,4 Millionen, welche in den Etat eingestellt sind sollen für die bestehenden Bahnen noch weitere erbebliche Bet cge ausgegeben werden. Nach der im vorigen Jahre eingeführten Neu— regelung sind für bestimmte Zwecke bei bestebenden Bahnen auch Anleihemittel mit zu verwenden, und zwar für die Anlegung zweiter und dritter Gleise, für die Ueberführung einer Bahn in eine andere Betriebsart, für die Umwandlung einer Nebenbahn in eine Haupt- dahn und vor allen Dingen für die Neuanschaffung von Fahrzeugen über den Ersatz der Wertverminderung hinaus. Im kommenden Jabre werden zu diesem Zweck 146 Millionen im Wege der Anleihe dereitgestellt werden; davon 82 Millionen für neue Lokomotiven und agen, 27 Millionen für zweite und weitere Gleise und 28 Millionen fũr Umwandlung von bestebenden Bahnen in elektrische Bahnen. 6 ist beabsichtigt sowohl die Bahn von Magdeburg nach Leipzig ber Sitterfeld als auch die Bahn von Lauban nach Königszelt in elektrischen Betrieb umzuwandeln.

Venn man dann die Zahlen mit einander in Vergleich setzt:

120 Millionen im Extraordinarium, also Aufwendungen, welche aus den laufenden Mitteln der Eisenbahnverwaltung für die bestebenden EGisenbahnen gemacht werden, und 146 Millionen aus Anleiben zu dem gleichen Zweck, und demgegenũber die Reineinnahmen der Eisen⸗ bahnen respektive den Betrag, welcher davon zu den Staats verwal⸗ tungsausgaben verwendet wird, dann ergibt sich, daß sogar sehr viel mehr in die Eisenbabn hineingesteckt wird, als berausgebolt wird Das ist außerordentlich bedeutsam und wichtig. ö An neuen etatsmäßigen Stellen sind ˖ 3623 geschaffen. Es ist dies gescheben, um die Anstellungszeiten für die außeretatsmäßigen Beamten etwas abjukürzen. Sie müssen sonst zu lange auf die Anstellung warten. Außerdem sind 450 000 1 für Unterstũtzungen von Kriegsteilnehmern, die Mitglieder von Pensionskassen ehemaliger Beamten veistaatlichter Privatbahnen sind, bereitgestellt. (Bravo) Auch der Arbeiter ist gedacht. Um die Löhne in den verschiedenen Drotinꝛen den Lebenshaltungepreisen anzupassen, sind für Lohn—= erbõbungen 12.5 Millionen vorgeseben. (Bravo) Sie seben, der Herr Gisenbabnminister läßt in der Fürsorge für die Beamten und Arbeiter seiner Verwaltung nicht nach. (Bravo!) 5. Ich wende mich nun zum zweiten Teile des Etats, zu den Dotationen und zur allgemeinen Finanzverwaltung. Die öffentliche Schuld dermehrt sich diesmal nur um 110 Millionen und erfordert an Verzinsungs⸗ und Tilgungesdienst 2.5 Millionen mehr. Das Mehr ist von der Eisenbabnverwaltung zu tragen. Die öffentliche Schuld wächst damit auf 9531 677 198 * und der Schuldendienst von 390,9 auf 39355 Millionen. Wenn auch die gesamten Schulden durch die Altiva des Staats vermögens weit überbolt werden, so ist doch der Schuldendienst immerbin eln so erbeblicher, daß es der aller. ernstesten Aufmerksamkeit bedarf, daß diese Schulden nicht noch weiter über das unbedingt notwendige Maß erhöht werden. (Sehr richtig)

Meine Herren, der Kurtstand unserer Staatsanleihen ist immer Gegenstand der ernstesten Beachtung. Es schweben augenblicklich ein⸗ gebende Erörterungen darüber, wie dem niedrigen Kursstand abzu⸗ helfen ist. Glücklicherweise haben ja die Kurse in neuerer Zeit an- gejogen, und wir hoffen, daß dieses Steigen der Kurse auch weiterhin anhält. Meine Herren, ebenso wie das Reich hat auch Preußen für das Jahr 1911 in Aussicht genommen, den Anleibemarkt mit einer größeren neuen Emission zu verschonen. (Bravo!) Wenn nicht ganz besondere Umstände eintreten, die man natürlich nicht vorberseben kann, wird infolgedessen in diesem Jahre der Markt durch neue An⸗ leihen nicht belastet werden.

Meine Herren, das neue Staateschuldbuchgeseß mit den ver⸗ sciedenen Erleichterungen hat durchaus den damit verbundenen Ab⸗ sichten entsprochen. Infolge des neuen Gesetzes sind ganz erbebliche Mehreinzahlungen auf das Staatsschuldbuch vorgenommen worden, und zwar haben die Mehreintragungen seit dem 1. Juli 130,5 Millionen Mark betragen.

Meine Herren, ich wende mich dann zur allgemeinen Finanz verwaltung. Die einzige Steuer, die nach der Reichsfinanzreform den Bundesstaaten noch als Ueberweisungesteuer verblieben ist, ist die Sranntweinsteuer. Dieser Ueberweisung gegenüber stehen die dem Reich zu leistenden Matrikularbeitrãge. Da nun die Matrikular⸗ beitrãge in den letzten Jabren immer böber waren als die Ueber veisungen, so mußte ein Teilbetrag der Matrikularbeiträge noch be⸗ sonders aufgebracht werden, das sind die sogenannten ungedeckten Matrikularbeitrãge. Die übrigen werden gegen die Branntweinsteuer aufgerechnet. Je nachdem nun die Branntweinsteuer in der Rechnung gegenũber dem Etatsbetrage höber oder niedriger ausfiel, entstanden Echnanlungen für die Höbe der ungedeckten Matrtkularbeiträge. Diese Schwankungen fübrten beim Staatebaushalt zu den allergrẽßten Unzutrãglichkeiten, und es war infolgedessen freudig zu begrüßen, daß bekanntlich im vorigen Jahre eine Vereinbarung zwischen den Bundesstaaten und dem Reich dahin stattfand, daß auf der einen Seite das Reich die Brannt⸗ weinsteuer stets in Höhe des Etatsbetrags zu überweisen hat, einerlei, welche Beträge in dem betreffenden Jahre eingenommen werden, und auf der anderen Seite die Bundesstaaten auch rechnungsmäßig stets 80 3 fũr den Kopf der Bevölkerung des Reichs an ungedeckten Matri⸗ kularbeitrãgen an das Reich abzuführen haben. Wenn also bei der Branntweinsteuer ein Minderertrag in dem betreffenden Jahre sich einstellt, dann hat dag Reich den Nachteil davon; stellt sich ein Mehr⸗ ertrag ein, dann hat das Reich den Vorteil davon. Die vreußischen Finanzen werden aber nicht davon berührt, da der Betrag an un⸗ gedeckten Matrikularbeitrãgen auf 80 3 für den Kopf der Bevsölke⸗ rung des Reichs festgesezt worden ist (Widerspruch links) —, umgerechnet, meine Herten, auf den Kopf der Bevölkerung in Preußen allerdingZs auf etwas mebr. Gine Umrechnung muß folgen wegen der Verschiedenbeiten der Finanzgemeinschaften im Reich, und sie ergiebt, daß die Matrikularbeitrãge in Preußen im Jahre 1910 83,49 3, im Jabre 1911 8397 3 auf den Korf der prenßischken Beröllerung ausmachen. Meine Herren, infolge der Räckwirkung dieser Vereinbarung auf das Zahr 1909 bat das Reich im Jahre 1909 an Branntweinsteuer erbeblich meht eingenommen,

Einnabmen an Branntweinfteuer gegen den Etatsansatz voraussichtlich erheblich zurãckbleiben, und das Reich wird infolgedessen dies mal mehr ju überweisen baben alt eg einnimmt, wird allo 1910 den Schaden m tragen baben. Meine Herten, der Etat der Staate derwaltungen, der dritte Teil

un eres Etats, bedarf einiger Vorbemerkungen. Bei den eigentlichen Staatsverwaltungen sind im Ordinarium nach Abzug einer Mehr einnahme von 11.72 Millionen eine Mehrausgabe von 14,1 Millionen Mark und im Extraordinarium eine solche von 9,3 Millionen Mark vorgesehen. Ich möchte daran erinnern, daß im vorigen Jabre die Mehrausgabe im Ordinarium geringer war, und daß sogar im Extraordinarium keine Mehrausgabe, sondern eine Minder⸗ ausgabe vorgeseben war. Die Mehrausgabe im Ordinarium betrug im vorigen Jahre 7,7 Millionen Mark und die Minderausgabe im Extraordinarium 5.5 Millionen. Der diesjährige Etat enthält also erbeblich böbere Mehraufwendungen bei den allgemeinen Staate vper⸗ waltungsausgaben als der vorjäbrige Etat. Ich bitte aber, meine Herren, daraus nicht den Schluß zu ziehen, als ob die so dringend gebotene Syparsamkeit außer acht gelassen wäre. Wenn im vorigen Jahre es nicht statthaft erschien, erhebliche Mebraufwendungen in den Etat einzustellen, so ließ sich das noch durchführen. In diesem Jabre war es aber nicht mebr in dem Umfange möglich, wenn nicht die allgemeinen Staateinteressen einen Schaden erleiden sollten. Es ließ sich eine Anabl von Ausgaben auf die Dauer nicht zurückhalten. Es ist auch ferner dabei zu berücksichtigen, daß unter den Mehr— ausgaben sich zablreiche befinden, ju denen wir überbaupt gesezlich verpflichtet sind. Ich erinnere an die wesentlichen Steigerungen, die nech immer fortdauern für Pensions- und Relikten⸗ beʒũge, und auch an die Erböbung der Wohnungẽgeldzuschüsse. Diesen Steigerungen gegenüber ist der Staat überbauryt machtles; er muß diese Ausgaben leisten. Bei der Vermehrung von Beamtenstellen st große Zurückbaltung geübt worden. Es ist durchaus davon abgeseben, Beamtenstellen neu zu schaffen, wenn nur die Arbeit im allgemeinen größer geworden war, oder es wünschenswert erschien, den Beamten besser dotierte Stellen zuzuwenden. Davon ist durchaus abgeseben. Nur bei den Diatarien ist eine große Anzabl Stellen in etatamäßige umgewandelt worden, weil die Diãtare vielfach zu lange auf bre Anstellung warten müssen, und um das altbewährte Verbältnis von 1sz m zwischen Festangestellten und diätarisch Angestellten wieder bermustellen. Es war dies Verhältnis nicht mehr vorhanden, und wir mußten versuchen, es wieder herzustellen. Insgesamt sind mehr eingestellt worden an neuen Stellen 1200. Diese 1200 neuen Stellen belasten den Etat nicht erheblich, denn dafür sind meist Diätarstellen, wie ich andeutete, eingezogen worden.

Ich komme nun zum Gtat des Finanzminifferiums. Sehr er⸗ deblich sind die Zivilvensionen gestiegen, und war beim Etat des Finanzministerlums um 48 Millionen und bei dem Etat der Eisen⸗ babnverwaltung um 5,7 Millionen, zusammen also um 10 Millionen Mark. Außerdem sind die Witwen⸗ und Waisengelder bei dem Etat des Finanzministeriums um 1,4 Millionen, bei dem Etat der Eisen⸗ babnverwaltung um 1,35 Millionen, jusammen also um 29 Millionen gestiegen. Dazu kommt noch die Steigerung für Pensionen der Volke. schullebrer und ibrer Hinterbliebenen von 63 Millionen auf 6,5 Millionen und von 33 Millionen auf 42 Millionen. Dies be⸗ deutet eine gewaltige Steigerung. Seit dem Jahre 1907 sind die Vensionsfonds für die Beamten allein von 66,8 Millionen auf 38735 Millionen, also um über 20 Millionen gestiegen. (Hört, hört! links). Die Reliktenfonds sind von 25,35 Millionen auf 34,4 Millionen (hört, bẽrth also um beinabe 9 Millionen gestiegen. Insgesamt bat also eine Steigerung um 29 Millionen stattgefunden. (Hört, bort ) Es ist dies die Wirkung der Pensionsnovelle und des Gesetzes, betreffend die Beamtenabesoldungserbhöõhung, durch relch⸗ sowohl die Oucte, die vom Gehalt als Pension gewährt wird, wie auch das Gebalt selbst, von dem die Pension berechnet wird, erhõbt worden sind. Der diesjãhrige Mehrbedarf von rund 13 Millionen ist aber nicht das Ende der ungewöbnlichen Steigerung; sie wird vielmehr noch einige Jahre andauern. Meine Herren, den Wänschen der vor dem 1. Arril 1907 in den Ruhestand getretenen Beamten, ihnen die Wohltaten der neuen Pensions⸗ und Besoldungsgesetze auch noch zuteil werden ju lassen, konnte leider nicht stattgegeben werden; es würde das eine Ausstattung der Pensions⸗ und Besoldungegesetze mit rückwirkender Kraft bedeutet baben und würde sowohl die Reichs finanzen wie auch die Kommunal. ỹnanzen in wesentliche Mitleidenschaft gejogen baben. Dagegen bat sich die Königliche Staatsregierung in keiner Weise verbeblt, daß sebr diele Fälle vorhanden sein werden, in denen wirklich Not besteht; des⸗ balb bat die Königliche Staatsregierung die Unterstũtzungs fonds um 1 Million, nãmlich von 1750 000 auf 2750 000 M erböõht (bravo), von denen 1,1 Millionen auf dem Etat der Eisenbabnverwaltung steben. Den Wünschen des Abgeordnetenbauses entsprechend, sind auch die Bedingungen, unter denen die Unterstũtzungen gewährt werden sollen, wesentlich erleichtert worden. Die Königliche Staatsregierung begt den lebhaften Wunsch, daß alle in Betracht kommenden Pensionäre oder die Hinterbliebenen von Beamten, die sich in Not befinden, sich vertrauensvoll mit einem Gesuch an die Königliche Staste regierung wenden möchten. (Bravo! rechte.) Meine Herren, ergänzend muß ich nech binzufügen, daß auch bei der Unterrichts verwaltung 400 000 4 ju demselben Zwecke mehr ein- gestellt worden sind.

Meine Herren, das Portoaversum steigt in diesem Jahre um 72 000 auf in gesamt 14 Millicnen. Im Extraordinarium des Etats des Handelaministeriums erscheint mit rund 600 000 4 die erstmalige Einrichtung der staatlichen Eich⸗ ämter, da bekanntlich die Eichämter demnächst sämtlich rerstaatlicht werden. Beim Etat des Justijministeriums sind 48 Millionen an Neu—⸗ ausgaben binzugetreten, konnten aber infolge der natürlichen Steige⸗ rung der Gebähren und durch die Mehreinnahmen auf Grund der Gerichts kosftengesetze gedeckt werden. Neu eingestellt sind 102 Stellen für Richter und Staatsanwälte, darunter 12 Landgerichtsdirektoren. Mit Rücksicht auf die neue Prozeßregelung, welche die oberen Instanzen entlastet, sind keine neuen Stellen für Oberlandesgerichtsräte dor. gesehen. Im Hinblick auf eine Resolution des Abgeordnetenbauses sind für die unwiderruflich angestellten Kanzleigebilfen 4685 000 mebr eingestellt worden, um das Einkommen und vor allen Dingen das Mindesteinkommen dieser Kanzleigebilfen unter gleichzeitiger Derabminderung der Beyüge für Ueberarbelt mm erböben. (Grado!)

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als es zu überweisen batte. Im Jahre 1910 werden dagegen die

Jnftgebãude vorgeseben; das Extraordinarium steigt dadurch um 1,5 Millionen, nmlich ven 939 Millionen auf 11,4 Millicnen Mark. Auch beim Etat des Ministeriums des Inne: find die Ausgaben um 3,2 Millionen Mark höber geworden. Neu vorgesehen sind 100 neue Kreisassistentenstellen. Die Kosten der Polizeiverwaltung sind um 1.4 Millionen Mark gestiegen. Außerdem ist vorgeseben, um einen weiteren Anreij zum Eintreten in die Schutzmannschaft zu schaffen. den Schutzmännern unter denselben Voraussetzungen, wie es dei den Gendarmen geschehen ist, Dienstrrämien zu gewãhren. Die Kosten der Fürsorgeerziebung sind wiederum gestiegen, und zwar um 700 00 . Meine Herren, es ist das ein sehr bober Betrag, wenn man dabei in Erwägung ziebt, daß bei den Provinzen die Fürsorge⸗ erziebung auch noch ein Drittel der Kosten ausmacht die Provinjen tragen bekanntlich ein Drittel.

Die Medininalabteilung erscheint in diesem Jabre zum ersten Male in dem Etat des Ministeriums des Innern.

Der Etat des Ministeriums für Landwirtschaft ist sowobl im Drdinarium wie im Extraordinarium um je 1 Million Mark erhöht Die Zuschässe für die landwirtschaftlichen Fortbildungeschulen sind um 150 00 4 in die Höbe gesetzt. (Bravo!) Außerdem ist ein Betrag von 80 000 M für Einrichtung und Unterbaltung ven Wanderhaushaltungeschulen für schulentlassene Mädchen auf dem Lande eingestellt.

. Entsprechend der vorjährigen Zusage sind dem Westfonds die im vorigen Jahre entzogenen 30 000 4 wieder zugeführt (Bravo)

Für Meliorationen sind außerdem erbebliche Neubeträge ein gestelt Zum Ausbau der hochwassergefäbrlichen Gebirgeflüsse sind 3 Millienen Mark das sind 800 0090 mebr als im vorigen Jahre in dem Etat vorgeseben.

Das Ordinarium des Etats des Kultusministerlums ist um 57 Millionen Mark erhöht, vorwiegend im Interesse der Velkeschule. Neu eingestellt sind 14 bauxptamtliche Kreisschulinspekteren, (bravo!) und * neue Seminare, darunter ein Lebhrerinnenseminar. Für Einrichtung der in der Thronrede erwähnten Jugendpflege ist 1 Million vorgeseben. Diese Millien soll vorwiegend zur Unter⸗ stũtzung und zur Erweiterung der auf diesem Gebiete bereits vor⸗ bandenen Vereine und Organisationen dienen. Das Extraordinarium bleibt auf demselben hoben Stande don 196 Millienen Mark, gewiß ein recht erheblicher Betrag.

Meine Herren, ich komme zum Schluß.

Wie Sie geseben haben, ist der Etat etwas reicher ausgestaltet als im Vorjahre, aber nicht zu reich. Das Extraordinarium beträgt 5,2 9 der Gesamtausgaben, also genau so viel wie im Vorjahre.

Bei der Aufstellung des Etats bat überall das Bestreben ob⸗ gewaltet, einen wabren, der Wirklichkeit entsprechenden Etat auf⸗ zustellen, damit nach Möglichkeit Ueberschreitungen vermieden werden. (Bravo)

Die allerernsteste Aufmerksamkeit erfordert aber die Beseitigung des Defizits. Es ist völlig unstatthaft und mit einer soliden Finanz wirtschaft in Preußen unvereinbar, daß Preußen auf die Dauer mit einem Defizit wirtschaftet (sebr richtig); dieses Defizit muß unbedingt beseitigt werden. (Bravo!) Ganz ohne Zweifel bat die möglichste Heranziebung der Ginnabmen und die äußerfte Zurück- baltung bei den Ausgaben es bieber schon erreicht, daß die in den einzelnen Feblbeträgen steckenden dauernden neberlastungen erbeblich berabgemindert worden sind. Tas ergeben ganz deutlich die Abschluß⸗ jablen der einzelnen Jabre. 36

Wenn man diese Zablen auf eine gleiche Grundlage bringt, so baben oder werden sich ergeben: im Jahre 1908 135 Millionen Deñzit, nämlich 202 Millionen abzüglich der damals noch nicht vorbandenen Einnahmen aus neuen Steuern mit 67 Millionen, im Jabre 1909 70 Millionen, im Jahre 1910 einige 40 Millionen und im Jabre 1911 29 Millionen. In den Feblbeträgen der beiden Jahre 1908 und 1909 sind allerdings noch Konjunkturdeftite ent⸗ halten, denn der Betrag von 2,1000 des statistischen Anlagekapitals bei den Eisenbahnüberschüssen ist in diesen beiden Jabren im Staats⸗ baushalte nicht erreicht worden. Dagegen wird dies in den Jabren 1910 und 1911 der Fall sein, trotzdem aber gebt der Feblbetrag berunter. Ob es nun aber möglich sein wird, ibn in den folgenden Jahren ganz zu beseitigen, stebt noch dabin, dazu ist vieles noch zu ungewiß und zu unklar. Ganz gewiß werden nach den bisberigen Erfahrungen die Einnahmen in den folgenden Jahren weiter steigen; aber ebenso gewiß werden auch die Ausgaben weiter steigen, und zwar auf Gebieten, wo eine Zurückbaltung bei den Ausgaben garnicht möglich ist. Die neue Reicheversicherungsordnung wird den

preußischen Haushalt im übernächsten Jahre mit einigen Millionen mebr belasten; ebenso werden die ungedeckten Matrikularbeiträge in den nächsten Jahren einige Millicnen Mark mehr betragen, da sie nach der Kopfzabl der Bevölkerung erbeben werden und eine neue Volke zãblung stattgefunden hat. Ebenso ist gewiß, daß die Ausgaben für Pensienen und Witwen und Waisengelder in den folgenden Jabren auch noch erbeblich steigen werden.

Das folgende Jahr, 1912, wird infolgedessen erft Klarbeit darũber schaffen, cb eg möglich ist, den Feblbetrag auf dem bie berigen Wege zu beseitigen. Stellt sich dann heraus, daß das nicht möglich ist, so müssen Mittel und Wege gefunden werden, um dem vreußischen Staat vermehrte Erträge zuzuführen.

Dies ist auch der Grund, weshalb die Konigliche Staatsregierung sich entschlossen hat, in diesem Jahre von der Einbringung der in dem neuen Besoldungsgesetz vorgesebenen Steuernovelle noch abzuseben, weil das nächste Jahr erst Klarbeit darüber bringen soll, in welcher WDeise diese neue Steuernovelle auszugestalten sein wird.

Ist es somit nicht möglich gewesen, den Feblbetrag ganz zu be⸗ seitigen, so haben wir doch gar keine Veranlassung, der Zukunft mit Besorgnissen entgegen zusehen. Die vreußischen Finanzen sind gesund und solide, das können wir obne Ueberbebung und ohne schädlichen Orxtimismus behaupten. Ist es doch binnen wenigen Jahren gelungen, eine sebr starke Ueberlastung lediglich durch Zurückbaltung in den Ausgaben und durch Heranziebung der Einnabmen wieder auf ein bẽchst geringes Maß herunterzubringen, zu gleicher Zeit einen Riegel vorzuschieben, daß die Einnahmen der Staatzeisenbabnverwaltung nicht in ungemessenem Maße ju den Bedürfnissen der Staatz verwaltungen berangezogen werden, (sehr richtig!), und außerdem noch für die Staats ei senbahnverwaltung einen Aungleichsfonds zu schaffen. Ich bege die feste Ueberjeugung, daß es bei einer vertrauen vollen Zusammenarbeit jwischen der Könlglichen Staattzregie rung und dem Land⸗ tage in nicht zu sernet Zeit gelingen wird, auch den letzten Schatten zu

Im Ertraordinarium ist eine besonders stattliche Zahl neuer

beseitigen, der heute noch auf den preußischen Finanzen lagert. (Gravo!)