1911 / 22 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Jan 1911 18:00:01 GMT) scan diff

S. M. S. „Victoria Luise“ ist vorgestern in Neapel eingetroffen und geht am 31. Januar nach Cadiz in See.

S. M. S. nn. ist vorgestern in Sabang eingetroffen und geht morgen von dort nach Kalkutta in See.

S. M. S. „Condor“ ist gestern in Auckland (Neusee⸗ land) eingetroffen.

In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ ist ein ö der auf der , ,,,, Aus stellung für Landwirtschaft in

uenos Aires 1910 (Ackerbauabteilung) an deutsche Aussteller erteilten Auszeichnungen veröffentlicht.

Sachsen.

wischen den Regierungen von Sachsen, Reuß ältere Linie und Reuß jüngere Linie ist, dem Dresdner Journal“ zufolge, vorbehaltlich der Zustimmung ber Landesvertretungen ein Vertrag abgeschlossen worden, der die Bedingungen feststellt, unter denen das sächsische Oberverwaltungs gericht auch in reußischen Verwaltungsstreitsachen in letzter Instanz Recht

sprechen soll.

Oesterreich⸗ Ungarn.

Das gestern den Delegationen unterbreitete Budget für 1911 enthält, W. T. B.“ zufolge, ein Nettoerfordernis von 418 589 803 Kronen und ist gegen das Budget von 1910 um 2 130 203 Kronen größer. Die Ueberschüsse der Zoll⸗

efälle für 1911 sind gegenüber dem Vorjahre um 10778 800 öh veranschlagt. Demnach ist das durch Quotenbeiträge zu deckende Erfordernis für 1911 um 14351 403 größer als 1910, deb der Quotenbeitrag Oesterreichs für 1911 um 9127 492,

erjenige Ungarns um 5 223 910 größer ist als im Vorjahre.

Der Voranschlag für Kommandos, Truppen und Anstalten in Bosnien und der Herzegowina weist ein um 4340 250 Kron. höheres Nettoerfordernis auf als im Vorjahre. Außerdem ersucht das Kriegsministerium um Bewilligung eines außer⸗ ordentlichen Kredits von 20 Millionen für die Ausgestaltung des Heeres. Weiterhin enthält das Budget ein außerordent⸗ liches Erfordernis von 312 400 000 Kron. für den planmäßigen, auf mehrere Jahre verteilten Ausbau der Flotte, hiervon werden als erste Rate für 1911 55 Millionen verlangt. In der Begründung des Flottenplans wird ausgeführt:

Die Notwendigkeit, die für den Handel unentbehrlichen Seewege offenzubalten und die heimische Küste zu schützen, deren Bedeutung durch die Angliederung Bosniens und der Herzegowina wesentlich er⸗ höht sei, dränge zur endlichen Ausgestaltung der Flotte. Hierzu sehe der Flottenplan 4 Dreadnoughts don 20 600 Tonnen Deplacement, 3 Kreuzer von 3500 Tonnen Deplacement, 6 Torpedofahrzeuge, 12 Hochseetorpedoboote und 6 Unterseeboote vor.

Das Gesamterfordernis wird auf sechs Jahre verteilt. Außer den 55 Millionen für 1911 betragen die Raten für 1912 67 Millionen, für 1913 68,4 Millionen, für 1914 68 Millionen, für 1915 49 Millionen und für 1916 5 Millionen. Das normale Gesamterfordernis für das Heer für 1911 weist gegenüber dem Vorjahre eine Erhöhung von 22 39 750, das für die Kriegsmarine eine Erhöhung von 115 Millionen auf.

Das sterreichische Abgeordnetenhaus sitzte in der gestrigen Sitzung die erste Beratung des Budgets fort.

Nach dem Bericht des W. T. B. setzte der Mintfter des Innern Graf Wickenburg die weitgehenden Maßnahmen aus⸗ einander, die die Regierung ergriffen habe, um strengste Objektivität und unparteiische Durchführung der Volkszählung zu beranlassen, und erklärte, falls trotzdem, namentlich in Gegenden, in welchen sich eine nationale Agitation geltend mache, Unrichtigkeiten vorgekommen seien, werde die Regierung nicht säumen, die notwendige Abhilfe eintreten zu lassen. ;

In der gestrigen Sitzung des Volkswirtschaft— lichen Ausschusses referierte der Abg. Schramml über seinen Antrag, betreffend die geplante Erhebung von Schiffahrtsabgaben auf der Elbe und Donau. Dieser Antrag verlangt, die Regierung möge den Regierungen des Deutschen Reiches erklären:

1) daß sie an dem Vertrage vom 22. Juni 1870 festhält und Verhandlungen über Abänderung dieses Vertrages ablebnt;

2) daß nach Ueberzeugung der österreichischen Regierung die Er— bebung von Schiffahrteabgaben auf der Elbe und Donau dem Völkerrecht wider spricht. J

3) daß die österreichische Regierung bereit ist, falls über die Aus⸗ legung der internationalen Verträge Meinungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten Staaten bestehen sollten, sich der Entscheidung eines internationalen Schiedsgerichts zu unterwerfen.

Der Handelsminister Dr. Weißkirchner erklärte, obiger Quelle zufolge:

Die Deutsche Regierung bat ibrer Absicht klaren Ausdruck gegeben, unser Vertragsrecht zu respeftieren. Die Anregung eines Schiedegerichts würde vielleicht Zweifel an der Festigkeit unserer Rechtsũberjeugung aufkommen lassen und dadurch unsere Position schwãchen. Die Frage der Abgaben auf der Donau gehört nicht bierber, und ich empfehle, sie auszuschalten. Der Minister betonte dann neuerdings, daß die Regierung unentwegt an den ihr durch die

Glbvertrãge gewãhrleisteten Rechten festhalten werde.

Der Punkt 1 des Antrages des Berichterstatters wurde hierauf unter Einschaltung des Wortes „unabänderlich“ an⸗ genommen. Punkt 2 wurde in der Fassung angenommen, daß nach der Ueberzeugung der österreichischen Regierung die Er— hebung der Schiffahrtsabgaben auf der Elbe den bezüglichen Vertragen widerspricht. Punkt 3 wurde abgelehnt.

Frankreich.

Im gestrigen Minister rat wurde, ‚W. T. B.“ zufolge, beschlossen, daß die Regierung in der Kammer beantragen solle, über das Marineprogramm sogleich nach Erledigung des Budgets zu verhandeln. Der Marineminister wurde zur Ein⸗ bringung eines Gesetzentwurfs ermächtigt, in dem zwei neue Flotteneinheiten vom Typ des Linienschiffes , Jean Bart“ und ihre Kiellegung in angemessener Zeit gefordert werden.

In der Deputiertenkammer brachte gestern der Abg. Clẽmentel den Bericht über das Kriegsbudget ein.

Wie W. T. B.‘ meldet, weist Clmentel darin auf die Not⸗ wendigkeit bin, die Fortschritte der Industrie und die Entdeckungen der Wissenschaft der Kriegfübrung nutzbar zu machen, was neue Ausgaben bedinge, namentlich auf dem Gebiete der Funkentelegraphie, der Luft- schiffabrt und der Flugtechnik. Der Bericht stellt. die Entwicklung des franjõfischen und des deutschen Kriegs budgets in Vergleich und bebt hervor, daß Frankreich Deutschland nur gefolgt sei und sich sogar nech weit hinter ihm gehalten habe. Das Kriegsbudget für 1311 erfordere im Vergleich zu dem des Vorjabres ein Mehr von

Der Ausschuß der Deputiertenkammer für gerichtliche Reformen hat gestern, obiger Quelle zufolge, einen Antrag zur k des Revolverunwesens

angenommen, wonach Waffenscheine nur nach voraus⸗

werden können und uner⸗

ee n, Prüfung erteilt r aubtes Waffentragen sowie mit der Waffe begangene Verbrechen strenger bestraft werden sollen als bisher.

Derselbe Ausschuß hat einen Antrag, den Ehebruch für straflos zu erklären, abgelehnt, jedoch entschieden, daß Ehebruch nicht mehr mit Gefängnis zu bestrafen sei. Ferner hat der Ausschuß die Aufhebung einer Bestimmung des Strafgesetz⸗ buches beschlossen, wonach die Tötung eines in der ehelichen Wohnung auf frischer Tat ertappten Ehebrechers als entschuldbar

bezeichnet wird. Spanien. Der gestrige Ministerrat hat, W. T. B.“ zufolge, den

2. März für den , . der Kammern und den 12. März für die Generalrats wahlen festgesetzt und dann mit der Prüfung der vom spanischen Geschäftsträger beim

Vatikan übersandten Aufschlüsse über die Haltung des Vatikans

begonnen. Türkei.

Wie der „Tanin“ meldet, hat der russische Minister des Aeußern Ssafonow auf die wegen der Mobilisation von Reservetruppen in der . von Kars neuerdings erhobenen Vorstellungen des türkischen Botschafters erwidert, diese Truppen würden nach Persien entsendet werden, falls sich dort die Lage verschlimmere. Die Zusammenziehung von Truppen sei nunmehr eingestellt, Die Meldungen über mili⸗ tärische Maßregeln an der türkisch⸗russischen Grenze seien unbegründet.

Bulgarien.

Das Finanzministerium hat ein Rundschreiben erlassen, in dem laut Meldung des ‚W. T. B. angeordnet wird, daß vom 27. Januar ab der türkisch⸗bulgarische Handels⸗ vertrag nicht mehr in Kraft steht und bulgarische Waren bei ihrem Eintritt in die Türkei dem Generaltarif unterliegen.

Amerika. Auf Weisung des Präsidenten Taft hat der Staats— sekretär Knor, „W. T. B.“ zufolge, dem Gesandten von San Domingo eine in scharfen Worten abgefaßte Mit⸗ teilung zugesandt, die auf eine sofortige schiedsgerichtliche Erledigung des 336 mit Haiti dringt.

Im amerikanischen Senat ist auf Veranlassung der

staatlichen Einwanderungskommission ein Gesetzentwu einge⸗ bracht worden, der nach einer Meldung des „W. T. die Bestimm ungen über die Einwanderung verschärft und die volle Verantwortung für die Einwanderung von Aus⸗ ländern den Schiffahrtsgesellschaften auferlegt. Die Vorlage sieht schwere Strafen und sogar Beschlagnahme der Schiffe vor für den Fall, daß Ausländer gesetzwidrig ausgeschifft worden sind. Der amerikanische Konsul in Ciudad Juarez hat an das Staatsdepartement in Washington, obiger Quelle zufolge, telegraphiert, daß die ö Bundestruppen in Gefechten bei Galena schwere Verluste erlitten haben.

Asien. Das Gericht in Tripolis (Syrien) hat vorgestern den Prozeß wegen Ermordung des Reichs deutschen Unger bei Halfa zu Ende geführt. Der Haupttäter wurde zum Tode verurteilt; sechs andere Angeklagte erhielten Zuchthausstrafen von 3 bis 15 Jahren.

Wie „W. T. B.“ meldet, schickt sich Said Jahia an, mit den vor Hodeida stehenden Arabern die Stadt zu stürmen. Die Araber lagern in beträchtlicher Stärke in der Nähe von Hodeida. Alle Telegraphenleitungen mit Sana sind zerstört. Die türkische Regierung ist bemüht, die einberufenen Reservisten schnellstens nach dem Memen zu befördern.

In der Deputiertenkam mer führte gestern der Minister des Aeußern Graf Komurg in seinem Expose über die auswärtige Politik laut Bericht des, W. T. B.“ aus:

Die Beriehungen Jarans zu den fremden Mächten nähmen ständig an Herzlichkeit zu und seien durch keinen Zwischenfall getrübt worden. Vor allem könne er mit der größten Genugtuun festsiellen, englisch⸗-japanische Bundnis, das ständig an Kraft und Dauerhaftigkeit gewonnen habe, und das ein vollkommenes Einvernehmen und Verständnis iwischen 0 den beiden Regierungen gewährleiste, auch weiterhin einen mãchtigen Faktor für die Erbaltung des allgemeinen Friedens im fernen Osten darstelle. In bezug auf das im Juli vorigen Jahres abgeschlossene russisch · japanische Abkommen, das in einigen Kreisen mit Mißtrauen aufgenommen worden sei, trage er kein Be⸗ denken, ausdrücklich zu erklären, daß der einzige Zweck dieses Ab⸗ kommens die Erhaltung des status quo in der MNandschurei und die Sicherung des Friedens im fernen Osten Lurch Be⸗ kräftigung der Grundsätze und Bestimmungen der Konvention von 1997 sei. Das freundschaftliche Gefühl, das bereits früher von Japan und Rußland im gegenseitigen Verkehr gepflegt worden sei, sei durch den Abschluß des neuen Abkommen neu belebt worden. Beide Regierungen hätten die ver⸗ schiedenen Fragen, mit denen sie sich zu befassen gehabt, im Geisie barmenischen Zusammenarbeitens und gegenseitiger Anpassung be— bandelt. Sei Besprechung der Annexion Koreas wies Kemura darauf bin, daß die Mächte ihre Unvermeidlichkeit im Hinblick auf die Sonderstellung Japans und die allgemeine Lage im fernen Osten anerkannt hätten, und daß die japanische Regierung nach Kräften be⸗ müht sei, den Abschluß neuer Handelsverträͤge zu beschleunigen.

daß das

Parlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordnesen befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (114) Sitzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichsschatzamts Wermuth bei—⸗ wohnte, wurde die zweite Lesung des Entwurfs eines Zu⸗ wachs st euergesetz es fortgesetzt.

des Gesetzes: ; . Die Steuerpflicht nach Maßgabe dieses Gesetzes erstrect sich

auch auf Rechte vorgänge, die nach dem 11. April 1910 bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes stattgefun den haben. Diese Vorschrift soll aber außer Anwendung bleiben auf Verãußerungen die in die Zeit vom 12. April 1910 bis 30. November 1910 fallen, und bei denen der Veräußerungspreig für bebaute Grundstücke nicht mehr

s 51 trifft die Bestimmung über die rückwirkende Kraft

Nach 5 51a unterbleibt die Besteuerung, wenn die Ur kunde über das Verãußerungsgeschãft, das zu dem Eigentums übergang führte, vor dem 12. April 1916 in öffentlich be= glaubigter Form errichtet oder bei einer Behörde eingereicht war. Der Abg. Dr. Weber (ul) will die Rückwirkung mur bis inkl. 1. Januar 1911, der Abg. Müll er⸗Fulda (Jentr bis 1. Oktober 1910 erstrecken.

9 6 wurden zur Diskussion gestellt:

3 56

An die Stelle des 5 980 des Reichsstempelgesetzes treten folgende Vorschriften:

Bei Veräußerungen, die in die Zeit bis zum 30. Juni 191 fallen, wird zu der in Tarifnummer 11 vorgesebenen Abgabe Grund. stück'umsatzstempel) von o/o des Kaufpreises ein Juschlag von 100 99 erhoben.

Nach dem 30. Juni 1914 wird der Steuersatz in Tarifnummer I von drei zu drei Jahren durch den Bundesrat einer Nachprüfung unterzogen. Uebersteigt innerhalb des dreijährigen Zeitraums der durch schnittliche Jahresanteil des Reichs am Ertrage der Juwachssteus: den Betrag von 25 Millionen Mark, so ist der Tariffatz mit Wirkung vom Beginn des der Feststellung folgenden Rechnungẽ jahres für die folgenden drei Jahre nach näherer Bestimmung dez Bundesrats entsprechend herabzusetzen.“

Nach 8 57 soll das Gesetz mit dem 1. April 1911 in Kraft treten. Die Vorschriften der Landesgesetze und die bezüglichen Satzungen der Gemeinden und Gemeindeverbände sollen mit Wirkung vom 12. April 1919 außer Kraft treten, soweit sie nicht gemäß 8 496 aufrechterhalten werden.

Der Abg. Dr. Weber will in § 56b statt „30. Jun 1914 setzen „30. Juni 1912“, und in 5 57; statt „12. April 1910“ „J. Januar 19117; nach dem Antrage Müller⸗Fulda soll in 8 57 statt „12. April 1910“ gesetzt werden 1. Oktober ln

Der Abg. Cuno cfortschr. Volks) will in S 57 die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gemeindesatzungen erst mit dem J. April 1911 außer Kraft treten lassen.

n s 51 Abs. 4 ist nach der Kommissionsfassung vorge

rieben: sch „Ist auf Grund der in § 57 mit Wirkung vom 12. April 1910 aufgehobenen Vorschriften eine Zuwachssteuer bereits entrichtet 6 wird sie dem Steuerpflichtigen ersfattet oder, soweit für denselben Rechts vorgang Zuwachssteuer nach diesem Gesetz zu erheben ist, au deren Betrag angerechnet.“

Der Abg. Cuno will diesem Passus folgende Fassung eben:

; War ein vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetretener Rechtsvorgang nach den Bestimmungen eines Landesgesetzes oder einer Satzung einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes zuwachssteuer. pflichtig, so unterliegt er der Steuer nach dem Landesgesetz oder de Satzung auch dann noch, wenn das Verfabren zur Festftellung der Steuer erst nach dem Inkrafttreten diefes Gesetzes zum Abschluz kemmt. Das danach ermittelte Steuereinkommen verbleibt dem kiten Steuerberechtigten. Sofern die Veranlagung des Rechtevorgangez nach Maßgabe dieses Gesetzes einen böberen Betrag an Steuer ergibt, wird außerdem der Mehrbetrag erhoben und fällt zu J. dern Reich und zu iss dem Bundesstaat zu.“

(Schluß des Blattes.)

Die heutige (12) Sitzung des Hauses der Ab— geordneten, welcher der Minister für Landwirtschaft . Dr. Freiherr von Sch or lem er beiwohnte, eröffnete der Prä— sident von Kröcher mit folgenden Worten:

Meine Herren! Vor der Tagesordnung habe ich noch etwas lber meine Geschäftsfübrung zu sagen. Ich habe bisher bei der Wahr nebmung der Ordnung im Hause mich von einem gewissen Woblwoll⸗ gegen einzelne Mitglieder leiten lassen, weil ich der Meinung war, daß der eigene Takt der Herren und der Wunsch, die Formen varla⸗ mentarischen Tones und parlamentarischen Anstandes unbedingt ju beobachten, mir dabei zur Seite ständen. Nach dem Auftritt und der Erklärung der sozialdemokratischen Mitglieder in den letzten Tagen habe ich die Ueberzeugung gewonnen, daß ich mich darin genn babe, und ich erkläre deshalb, daß ich mich unter diefen Um. ständen zur Aufrechterhaltung der Würde und Ordnung des Haufes genötigt sehe, die mir zustebenden Ordnungsmaßnahmen, ine be onder den 8 64 der Geschäfts ordnung (Ausschluß eines Mitgliedes von der Sitzung) obne jede Rücksicht zur Anwendung zu bringen, und er warte dabei die Unterstützung des Haufes. Ich hoffe, daß Sie mir falls sich die bestebenden Vorschriften als ausreichend nicht erweisen sollten, auch eine angemessene Verschärfung nicht versagen werden.

Darauf setzt das Haus die Beratung des Etats der landwirtschaftlichen Verwaltung, und zwar zunächst die bei dem Titel der dauernden Ausgaben „Gehalt des Ministers“ übliche allgemeine Besprechung in Verbindung mit der Erörterung des zu diesem Titel gestellten Antrags der Abgg. Reck (kons.) und Genossen, betreffend die Maul⸗ und Klauenseuche, fort. ö

Abg. Nissen (Däne): Die Einfuhrbestimmungen ber dei dänische Vieb werden recht schikanõs gebandbabt. Unter dem Deck. mantel, daß es sich um gesundbeitliche Maßnahmen handele, werden einseitige politische Ziele verfolgt. Die Milch, und Rabmeinfubr müßte im Kreise Hadersleben jedenfalls zollfrei erfolgen.

Abg. Graf von Spee (Jentr.): Der wohlwollenden Beurtellung

des Etats kann ich im allgemeinen zustimmen. Die rbeinische Wege. erdnung muß einheitlicher gestaltet werden. Die Vermehrung der Fern bildun geschulen auf dem Lande ist eine dringende Aufgabe. Der 6 Einfluß in der Regierung, den der Abg. Crüger beklogt bat, in wirklich nicht so schlimm. Wir müssen unsere Landwirtschaft gesund erhalten. Sie leidet jedoch außerordentlich unter der Verhetzung die von der äußersten Linken getrieben wird. Aber es gibt noch Zu⸗ friedenbeit. (Abg. Leinert: Ja bei den , ern!) Nein, kei den Arbeitern, bei den Klebe bauern! Der Abg. Leinert bat unt gezeigt, daß man mit der Statistik alles beweisen kann. Die Polizeiverordnungen im Rheinland, die üdcllicher we aufhe⸗ hoben sind, sind äußerst scharf gewesen. Wenn ein Misthaufer nicht in Ordnung war, wenn die Jauche nicht zur rechten Zeit aus. gepumpt wurde, kamen sofort Strafanträge, und dann kommen Sie iu, den Sozialdemokraten) als große Volkebeglücker und wollen die schikansse Behandlung noch unterstützen. Lachen bei den Sosial demokraten) Sind Sie (ju dem Abg. Leinert) Land win gewesen? (bg. Leinert; Leider nicht; ich bin nicht beitet und vergnügt gewesen, ich habe arbeiten müssen. Prat dent von Kröcher: Der Abg. Graf von Spee hat das Wort! Sie baben keine Ahnung von den Freuden des Landlebens, von der Freude der Kinder, wenn sie in der Landwirtsckaft beschäftigt werden und Labei etwas verdienen. Sie haben keine Ahnung bon der . der Eltern, mit ihren Kindern zusammen arbeiten zu können. Sie wissen auch nicht, daß ein einfaches Kartoffelfeuer ein Ver— nügen ist. (Abg. Hoffmann: Schicken Sie doch Ihre Kinde ing Perr Leinert denkt es sich auch ganz einfach, die Milch Froduktion auf größere Höhe zu bringen; er macht einfach die Domãänenverwaltung dafür verantwortlich. wischenrufe * Abg. Leinert. Präsident von Kröcher: Herr Atg. Leinert, Sie haben gestern das Wort gehabt; Sie können ja nachher wieder dat Wort nehmen und den Herrn widerlegen) Ich möchte Herrn Leinert empfeblen, seine Rede einmal in einer Bauernversammlung zu balten, namentlich im Rheinland. Die Freude, die die Bauern darüber haben würden, würde mindestens ebenso groß sein wie die, welcke nir gestern bei seiner Rede gehabt haben.

28 Millionen.

als 30 000, für unbebaute nicht mebr als 10 000 A beträgt.

Schluß des Blattes)

; ur . nebst Begründung und eine Denkschrift über die öaatliche Hilfsaktion aus Anlaß der Hochwafser— ichäden im Jahre 1909 zugegangen.

Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend ne bei einem ober st en , , ein zulegen ben Fevisionen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten,

Dem Hause der Abgeordneten sind der Entwurf eines Zweckverbandsgesetzes nebst Begründung, der eines Zweckverbandsgesetzes für roß⸗

Statistik und Volkswirtschaft.

Gefamtarmenverbände und sonstige Zweckverbände in Preußen im Jahre 1910.

Durch die Einbringung des Entwurfs eines Zweckverbandsgesetzes kr den preußischen Staat im Hause der Abgeordneten wird die Auf⸗ nerlsamkeit wieder auf. die Notwendigkeit einer erheblichen Erweiterung der Möglichkeit der Zweckverbandsbildung gelenkt,

di in England eine so bedeutende Entwicklung genommen iat. Der Umfang sowohl der obligatorischen als auch der ötultativen Gemęindeaufgaben ist im Verlaufe des setzlen Renschenalters stark angewachsen, und die Erfüllung dieser Aufgaben W in finanzieller und technischer 6 weist auf eine Ueber⸗ nindung der Gemeindegrenzen, auf eine Vereinheitlichung der Ver⸗

nalting in gräßeren Bezirken hin. Es ist daher von Interesse, einen neberblick darüber zu gewinnen, in welchem Umfange bisher in Preußen der Zusammenschluß von Gemeinden (Gutsbezirken) zu kommunalen

Berdenden stattgefunden hat. k ZJZunächst sei hier für das Gebiet der Gesamtarmenverbände Leine summarische Statistik mitgeteilt, die im preußischen Ministerium res Innern anläßlich der vom Reichstag bei der Verabschiedung der Nodbelle zum Reichsgesetz über den Unterstũtzungswohnsitz vom 3. Mai 1908 gefaßten Resolution aufgestellt worden ist, den Reichskanzler jzu ersuchen, nach Möglichkelt dahin zu wirken, daß eeniß § 3 des Reichsgesetzes über den Unterstützungswohnfitz durch

kandesgesetze die Zusammenlegung von mehreren Gemeinden und

SHutebezirken zu Ortsarmenverbänden geregelt wird-. Diefes Gebiet ft fir das gesamte Zweckverban dswefen in Preußen deswegen be—

sonders kennzeichnend, weil bereits das preußische Ausführungsgesetz

jum Reichsgesetz über den Unterstüͤtzungswohnsitz vom 8. Mär 1871

3 19 die Bildung von Gesamtarmenverbaͤnden in der ganzen Monarchie ermöglicht bat, während freilich der zwangsweise 8.

sanmenschluß zu Gesamtarmenverbänden abgesehen von den Be— neindeverbänden zur Tragung der außerordentlichen Armenlast in

Hanncber erst auf Grund und nur im örtlichen und

sachlichen Umfange der §5§ 128 flg. der Landgemeindeordnung vom

3 Juli 1891 fur die östlichen Provinzen und der entfprechenden

Parngrapben der nachgebildeten Landgemeindeordnungen für Schleswig⸗

dolstein und Hessen, Nassau zulässig wurde. Nach der im Minifterium

8 Innern bearbeiteten Statistik weisen nur die Provinzen

Schlesien. Sachsen, Schleswig -Holstein und der Regierungebezirk

Denabrück eine bedeutende Entwicklung der Gesamtarmenverbände auf,

md zwar zählt Schlesien 2663 (darunter 45 zwangsweise gebildete),

Sachsen 1465 (darunter 8 zwangsweise gebildete). In Schleswig⸗

bolstein sind mehr Gesamt- als Drtsarmenverbände vorhanden, nur in einem Falle bedurfte es des Zwanges. Im Bezirk Osnabrück kilzen die Gesamtarmenverbände sogar die Regel. Diesen Landes- teien gegenüber weisen die übrigen Provinzen beziehungs⸗ weise Regierungsbezirke nur sehr geringe Ziffern auf. So sablte die Rheingrovin; nur 567, Westfalen 15, Brandenburg

2, Ost-⸗ und Westpreußen je 2 Gesamtarmenverbände. In dem Regierungsbezirk Aurich finden sich 43, in den Bein ken Lũneburg und Stade 25, im Regierungsbezirk Cassel 9 Gesamtarmenverbãnde; in Hannover und Hildesheim, in Wiesbaden und in der Provinz Posen ist kein einziger vorhanden. Ganz vereinzelt kommen Gesamt“ ammenderbände in den Bezirken Stettin und Köslin vor; Stralfund

lat, aus schwedischer Zeit eine Anzabl aus Kirchspielverbänden

gebildete Gesamtarmenverbände.

Um einen weiteren Ueberblick über die Bildung von Zweck— kerbänden für die Gebiete der sonstigen (nicht auf Armen. und Schulwesen bezuüglichen) kommunalen Aufgaben zu geben, haben m Jahre 1910 Zählungen in den dabei allein in Betracht kmenden Provinzen Ost. und Westpreußen, Posen, Schlesten, Yrandenburg, Pommern, Sachsen, Schleswig - Holstein und Hessen⸗ Uuffau stattgefunden. Diese Zählungen ergaben den Bestand von A derartigen Zweckoerbänden, die sich mit R ι auf Wegeverbãnde nebesondere in den Provinzen Schlesien, Ostpreußen, Schleswig⸗ Tolttein und Sachsen), mit 15 auf Kirchbofz verbände Schlesien, Ithreußen und Brandenburg), mit je 2 00 auf Wasserleitungs. und gmalifationsberbãnde Schlesien, Hessen⸗Nassau, Sachsen, Branden nig mit bis o auf Verfehrs⸗ und Gas⸗ Elektrizitãts⸗) Ver⸗ Rnke und mit 38 auf einzelne andere Gebiete verteilen. Sehr Hhwach oder gan; unentwickelt sind hierbei die Zweckverbandtorgani⸗ Etünen in den Provinzen Pommern, Posen, Westpreußen und Hessen⸗Nassau.

Ven diesen 315 Zweckverbänden waren nur 39 oder etwa 400 angeweise gebildet (insbesondere in Ostpreußen, Oberschlesien, Scleewi Holstein, Sachsen), während in 67 Fällen, T. ü. in 70/o ler ga e, das Statut auf autoritativem Wege zustande kam. Diese Uebersicht zeigt, daß Neigung und . zum Zu⸗ nmenschluß im Kreise der beteiligten Kommunen ganz verschicden d ohne jede Einheitlichkeit auftritt, daß vielmebr hier geschichtliche mnwigluag und Ueberlieferung ausschlaggebend wirkt. Man wird nicht * lagen darfen, daß die Existenz von. Zwerggemeinden der keste n für die Entwicklung von Zweckverbänden sei, sonst müßten Ost., . Mreußen, Posen und Brandenburg die meisten Verbände auf⸗ pen teilweise ist das gerade Gegenteil der Fall. Das jedem ettischen Verwaltungsbeamten bekannte Selbständigkeitsstreben in * Semeinden, auch in den kleineren Landgemeinden, läßt sich meist mn durch das Uebermaß finanzieller Anforderungen, die an die Ge— ndeangehörigen herantreten, überwinden. Einen Impuls zur Ver⸗ Frebildung kann neben der finanziellen Not nur der te Blick einer Gemeindeverwaltung geben; die Erkenntnis

3 Rmeinsamen Interesses nachbarlicher Gemeindegebiete ist, 1 die Erfahrung lehrt, schwierig und eine Verbands⸗ ng auf der Grundlage einer solchen Gemeinsamkeit des

ten sses nur bei beharrlicher Ueberwindung lokaler Widerstände durch- ihn, Von großer Bedeutung ist ferner für die praktische Ent- 4 ang des Zweckverbandswesens das Verhältnis der Leistun sSfaähig⸗ * ae betelligten Gemeinden (Hutsbertrke) zueinander. benso⸗ Fg wie die Verbindung zweier armer Gemeinden einen leistungs— wen Verband schafft, kann die Vereinigung zweier leistungsfähiger meinden das Ziel bilden; meist wird die Anlehnung eines i chen stärkeren Kommunalverband erforderlich sein, aber gerade z pflegt die Abwägung der Vor⸗ und Nachteile im Kreise der

Errersahbler eine hemmende Fäolle zu spielen.

ki sen ausgesperrt.

iber die Hlätter melden, ist der Ausstand der Bühnen—

äeiter in Wien beendigt. Die Arbeit wird heute wieder auf⸗

Vgl. Nr. 20 d. BI.) ;

1689 le Lage in dem Ausstandegebiet von Lüttich (vgl. Nr. 17

Ich. bleibt ziemlich unverandert. obwohl, wie die Köln. Itg. be⸗

Ker am Sonntag der Verband der Bergleute wiederholt die gung und Wiederaufnahme der Arbest beschlossen hatte. In

mehreren Bezirken gibt es immer noch Teilausstande, so auch im erveland und in Herstal. In Lüttich und Seraing dagegen t sich in den letzten Tagen eine Besserung gezeigt, viele der Aus stäöndigen sind wieder eingefahren. An mehreren Srten ist es wieder zu Ruhestörungen und Angriffen auf Arbeitswillige gekommen. Bie Gendarmerie bat mehrere Verhaftungen vorgenommen.

Weitere . Statistische Nachrichten s. i. d. Zweiten Beilage) Kunst und Wissenschaft.

Im Kunstgewerbemuseum fällt der Vortrag des Dr. Fischel über die graphische Kunst der Neuzeit am Donnerstag, den 26. Januar, aus; der nächste Vortrag findet am Donnerstag, den 2. Februar, statt.

Die belgische Akademie hat, wie W. T. B. aus Brũssel meldet, den Universitãtsprofeffor B se r Berlin zum korrespondierenden Mitglied gewählt.

Literatur.

Die Geschichte der Familie von Haugwitz. Nach den Urkunden und Regesten aus den Archiven von Dresden Naumburg, Breslau, Prag, Brünn und Wien bearbeitet von Eberbard Grat Haugwitz. Erster Band. Darstellung. Nit 1 Wappen und 14 Stammtafeln. Zweiter Band. Regesten. Leipzig, Verlag von Duncker u. Humblot. I910. Preis 18 S6, gebdn. 20 4. Der in Breslau lebende Verfasser des vorliegenden Buches stellt ibn im Vorwort den alten Wappen. und Wahlspruch der Daugwitze: Vitam impendere vero! Daß Leben für die Wahrheit! voran. Nach einem kurzen Blick auf die sagenhafte Ueberlieferung Ton dem Ursprung der Familie werden die ersten ur!

kundlich genannten Haugwitze in der Lausi angeführt. Die erste bekannte Urlunhe über den . i . ist vom Jahre 1225 datiert und lautet; Sifridus

Hugkitz stiftet 2 Schock Jahreszins zu der vom Ober— zausitzschen Adel gegründeten Schloßkapelle zu Budißin (Bautzen). Vermutlich bandelte es sich um die Stiftung eines Sterbenden. Das große Gut Neukirch (Ober- und Nieder Neukirch, füdösssich von Bischofs. werda) wird sehr bald als erster Besitz genannt; die Dörfer Haugwiß oder Haubitz, von denen eines bei Borna, das andere bei Grimma liegt, haben nicht der Familie den Namen gegeben, sondern diefe ihnen, als die betreffenden Güter in ihren Besitz kamen, etwa um L4öo' Die ersten Lehnsherren der Haugwitze waren die Bischöfe von Meißen; ein Teil des Besitzes ging bei der Krone Böhmen zu Lehen. Die Schreibung des Namens Haugwitz begegnet man zuerst in einer Urkunde vom 1. Oktober 1273. Alle jetzt noch lebenden Haugwitz stammen von dem 1254 urkundlich erwähnten Träger dieses' Namens mit dem Vornamen Johannes ab, der 1239 nach Schlesien in die Gegend von Slogan, Wohlau, Gubran z0g. Andere Zweige der Familie sind ausgestorben; ihre Ausbreitung wird 6 mehreren Kapiteln dargestellt. George Carl von augwitz, General im Dienst der Krone Kursachsen⸗ olen, wurde . in den erblichen Freiherrnstand und dann (1733) in den erblichen Grafenstand erhoben, als Graf von Haugwitz, Freiherr von Klein⸗-Obisch (im Kreise Glogau). Er begründete 1742 dag schlesische Fideikommiß. George Carl war strenger Protessant und hatte sich dem großen . aus voller Ueberzeugung angeschlossen; sein Sohn Graf Friedrich Wilhelm stand in österreichischem Staatedienst und war vor seiner Verheiratung mit Maria Eleonore Gräfin Nostiz zur katholischen Kirche übergetreten. 1745, in der Zeit des erbitterten Kampfes um Schlesien zwischen Preußen und Oesterresch, war der junge Haugwiß Minister der Kaiserin Maria Theresia' Dieser Gegensatz zwischen Vater und Sehn hatte für die Familie Haugwitz die schwersten Folgen. Als der Vater 1745 starb, zog die preußische Krone Klein⸗Obisch und andere Guter, die durch neue Generationen (eit 1474) erworben und erbalten waren, ein und machte sie zu Domãnengũtern. Der Sohn stiftete seinerfeits auf Namiest in Mähren das zweite Familienfideikommiß. Nach dem Tode riedrich Wilhelms im Jahre 1765 erbte sein Vetter Carl Wilheim reiherr von Haug— witz aus dem Hause Schlaube das nunmehrige Ge deFideikommiß und stiftete aus diesen Mitteln 1771 das ideikommiß Krappitz Rogau im Kreise Oppeln. Dessen Sohn Curt Heinrich Christian (1752 1832), 1285 bei Gelegenbeit der Breslauer Erbhuldigung König Friedrich Wilhelms 1Iö. in den preußischen Grafenstand erhoben, ist der bekannke Minister Friedrich Wilhelms III., der nach der Schlacht bei Austerlitz X Dezember 18056) mit Napoleon den Vertrag“ von Schönbrunn schloß. Der Verfasser hat ganz recht, wenn er ausführt, daß die Schuld an diesem unrühmlichen Vertrag feinen Ür roßvater nicht allein trifft; aber man merkt es ihm guch hier an, wle schon gelegenlich seines Urteils über das Verfahren , des Großen in dem Fideikommißstreit, daß das Festhalten allgemeiner Gesichtspunkte und die Würdigung politischer Vorgänge nicht gerade seine Stärke ist. In dem begreiflichen Bestreben, eine Ehren- rettung seiner Vorfahren durchzusetzen, geht er seinerseits in den Vorwürfen gegen Hardenberg und die Historiker, die über beide zu urteilen haben, twas weit. Der Enkel des Staats manneg wurde 1885 durch seine Gemahlin, Lucy Prinzessin zu Schonaich⸗Carolath, dänischer Lehnsgraf mit dem Namen Graf von Daugwitz⸗Hardenberg⸗ Reventlow. Diesen Namen führt seitdem der jedesmalige Majoratz⸗ herr auf KrappitzRogau. Der augenblickliche Inhaber des Majorats, Graf Heinrich, der älteste Bruder des Verfassers, nahm im Husaren⸗ regiment Nr. an der Schlacht bei Königgrätz teil und stand mehrere Stunden dem österreichischen Infanterieregiment Haugwitz (Nr. 38) gegenüber. Dieses Regiment ist nach dem Feldmarschallleutnant Graf Eugen benannt, der in der Schlacht bei Leipzig eine öfterreichifche Brigade führte. Ebenso wie die beiden Zweige des Hauses Schlaube, Krappitz und Namiest werden auch die Linien Cadlewe, Großen⸗ Bohrau und Schaez bis zur Gegenwart verfolgt. Mit hem Lebensbild des langjaͤhrigen Seniors des Haugwitzischen Familien- berbandes, des 1854 geborenen Generalleurnants 3. 3. = . Wilhelm von Haugwitz aus dem Hause Schaetz, der ältesten Linie der Haugwitze, erreichen die Betrachtungen ihr Ende. Bie Rachkommen der ehemaligen Ritter haben sich in hervorragenden Stellungen im Heeres- und Verwaltungedienst vielfach ausgezeichnet, und manches Nubmesblatt verkündet ihre Taten. So wird man, solange der Sturm der Garde auf St. Privat in Erinnerung bleibt, auch des jungen Berengar von Haugwitz gedenken, der im Gardeschützenbatalllon, nachdem sämtliche Offiziere gefallen waren, als Faͤhnrich die Führung übernahm und als einer der ersten im Gardekorps das Eiserne Kreuz erhielt. Und wie dieser junge Held dann als neunzehnjähriger Leutnant am 30. Oktober beim Sturm auf Le Bourget fiel, so tst in diesen Blättern auch von manchem anderen Haugwitz zu lesen, daß er, seinem König treu, den Tod in der Schlacht fand.

Wohlfahrtspflege.

Der Magistrat von Nürnberg hat zur Feier des 90. Geburts« tages Seiner Königlichen Hoheit des Prinz-⸗Regenten die Errichtung e et iftung ür Veteranen im Betrage von 100 000 M be—

en.

Technik.

A. E. In, der 303. Versammlung des Berliner Vereins 6 Luftschiffahrt nahm vor CGintrltt in die Tagez ordnung der eiter des Fahrtenausschusses Dr. Bröckel mann daz ort, um über die Unglücksfahrt des Ballons . Hildebrandt zu berichten, bezüglich deren am 9. Januar noch esnige Hoffnun bestand, daß der Ballon mit seinen beiden Insege nach Norwegen oder Finnland verschlagen sein könne. , . ist es ja nun schmerzliche Gewißheit geworden, daß der Ballon noch am Abend bet Aufstiegtagesz (29. Dezember) in den Göhrensee bei Wildenbruch in

Pommern gestürzt ist, wobes der Rechtsanwalt Br. Fohrg und der

Prokurist Keidel den ,. fanden. Dr. Kohrs gehörte, wie hervorgehoben wurde, iu den erfahrenften Ballonführern bes Vereins Den Vortrag des Abends hielt der Vereins vorsitzende, Geheimer Regierungsrat. Professor Dr. Mie the über Tas Thema: Von der arktischen Zeppelin⸗-Expeditien?. Jene wunderschönen farbigen Lichtbilder begleiteten ihn, deren an dieser Stelle schon ausfübrlich in Nr. 272 vom 22. November vorigen Jahres gedacht worden ist. Da auch in Nr. 15 vom 18. Januar d. J. an der Hand des Berichts von . von Drygalsti der Verlauf der Spit bergen— fahrt des rafen Zeppelin geschildert worden ist, versa gen wir uns ein näheres Eingehen auf den Mietheschen Vortrag und bemerken nur noch, daß dessen Anschaulichkeit und am geeigneten Ort ebenso oft schwungvolle wie humoristische Färbung großen Beifall ernteten. Der Verein Deutscher Flugtechniker war in letzter Zeit mit außerordentlicher Rührigkeit darauf bedacht, die deuische Aviatik aus der Rückständigkeit, die bei Eröffnung der vorigen Sommersaison von ihr im Vergleich zu der' fran— zösischen mit mehr oder weniger Recht behauptet wurde, (eine Behauptung, die nach den Erfolgen des Sommers in Johannis⸗ thal, Bork und an vielen Flugplätzen außerhalb aber nicht mehr ganz aufrechterhalten werden kann) zu regem Forischritt anzuspornen. Was in dieser Richtung durch e,. von Preisen geschehen kann, das ist für 1911 ja von verschiedenen Seiten befriedigend in die Wege geleitet; denn es stehen für dies Jahr Preise von etwa ] Million Mart zur Ver⸗ fügung. Aber diese Preise gelten ohne Ausnahme bei allen Wettbewerben den Fliegern allein; nicht bedacht werden dabei, auch nicht in einem alle, die , sein, die sich zumeist nicht mit den liegern dedken. Zu ihren Gunsten sollte, fo wurde in einer denk⸗ würdigen Sitzung des Vereint ausgeführt, ein Teil der . ab⸗ nr n werden, und deshalb möchte man rechtzeitig mit allen Wett⸗ ugveranstaltern und Preiestiftern verhandeln, daß sie einen Prozentsatz der eise für die Konstrukteure“ ber sieg⸗ reichen. deutschen Flugmaschinen bestimmen. wohlgemerkt nicht für die Fabriken, ondern für die Werkstattleiter und Ingenieure. Der Gedanfe hat, so schwierig erfichtlich feine Durchführung sein wird, Beifall gefunden. Eine 12gliedrige Kommission wird sich ohne Sãumen in der angedeuteten Richtung bemühen und auch manche in der Aussprache gemachten. weiteren Vorschlaͤge und empfohlenen Aenderungen in den Kreis ihrer Erwägungen 66 . 55 ö. a. der 6, Sa, Geld⸗ reisen renpreise auszusetzen, u. a. dur affung einer Lilienthal⸗Medaille für Konsirukteure, sowie die k 5 dafũr Sorge zu tragen, daß in den Begriff ‚Konstrukteure auch 6 Verbesserer oder Neuerfinder von Motoren eingeschlossen werden. In letzterer Richtung bewegte sich, angesichts der hohen Wichtigkeit des otors, auch der Vorschlag, einen Wettbewerb für deutsche Flugmotoren zu, veranstalten. Auch diese Anregung hat alk seitigen Beifall . Sie tunlichst schnell int Werk zu . ist die, ständige technische Kommission des Vereins Deutscher Flugtechniker beauftragt worden. Eine sehr inter⸗ essante Besprechung knüpfte sich in einer späteren Versammlung an die Tatsache, daß die Flugwettbewerbe bisher fast ausschließlich Schnelligkeitswettbewerbe gewefen sind. Die Zuverlãässigkeit ! steht

aber höher. Diesem Gedanken Autdruck zu verleihen, bat die technische Kommission für den Schwäbischen Ueber⸗ landflug Vorschlage ausgearbeitet, die neben der Schnelligkeit

auch die erreichte Höhe, Steig⸗ und Fallgeschwindigkeit, Abflug und Landung berücksichtigt, sowie die beförderte Nutzlast. Sehr . wurde Front gemacht gegen den Versuch einer Scheidung der Flieger in Herren- und Beruföflleger. Die Sportkommission des Deuntschen Luftschiffer⸗ Verbandes scell. dringend ersucht werden, eine solche Trennung bei den bevorstehenden Wettbewerben keinesfalls eintreten zu lassen. Sehr schnell hat die technische Kommission in Sachen eines Wettbewerbs für Flugmotoren gearbeitet. Eh ist hierfür schon die Zustimmung des Deutschen Luftschiffer Verbandes eingegangen. Der Wetthewerb, dem seitens der Industrie großes Interesse entgegen⸗ gebracht wird, soll im Oktober dieses Jahres stattfinden.

Auch der sehr rege Berliner Flugsport-Verein gibt seinem großen Interesse an der Entwicklung des Schwinger⸗Flugzeuges , . „Fliegzeuges ), mindestens aber an der Vorbildlichkeit des

ogelfluges, erneuten und lebhaften Uusdruck Seine jüngste Versammlung war auf die Ankündigung der Vorführung eines neuen Eindeckers des Oberleutnants H. von Pofer und der Demonstration von zwei Modellen fehr stark besucht. Der Apparat ist einer segelnden Schwalbe nachgebildet. Mit dem kfeineren von den vorgeführten beiden Modellen bewies der Vortragende, daß die Torsion (Schraubendrehung) der zurückgerichteten Flügelspitzen den im Absturz begriffenen Apparat selbsttätig in der Luft wieder auf⸗ richtet, sodaß er im Gleitflug , , . Die Abfederung bei der Landung ist so gehalten, daß zuerst bie Räder den Boden berühren und sich dann nach und nach unter steter Vergrößerung des e,, ihrer eigenartig gebogenen Reifen auf dem Erdboden agern. Ein Kopfstürzen ist auch hierbei ausgeschlossen, da durch sinn⸗ reiche Anordnungen mit einer Herstẽrung des Druckes auf das vordere Laufgestell der hintere Teil des Tragkörpers mitniedergezogen wird. Die „Verwindung‘ geschieht nausschließlich· durch Verlegung des Körpergewichtes, die bei jedem Menschen ganz mnstinkttiv nach der der ö. entgegengesetzten Seite erfolgt; sie ist also nicht von der Willkür oder Aufmerksamkeit des Führers abhängig. Es ist hiermit auch ein „Irrtum“, der gleich- bedeutend mit „‚Unglück‘ ist, anscheinend vollkommen ausgeschlossen. Ebenso erfolgt auch die Steuerung zu einer Kurve uur durch Gewichtsverlegung, wenngleich auch ein Seitensteuer vorhanden ist, was aber eigentlich nur als Hilfessteuer oder Gefahrsteuer bei plößlich auftauchenden Hindernissen, wie z. B. von Fabrik⸗ schornstelnen gedacht ist. In ganz kurzer Zeit ist, wie vorgezeigt wurde, der Apparat demontiert und mittelt Reibungskupplung des Motors nach den Laufrädern in ein Automobil umgewandelt, das die Tragflächen und ubehörteile selbst mit sich befördert. Ebenso schnell ist auch die Montage besorgt und der Apparat wieder fliegfertig. Ob die Zuversicht des . auf die „nie versagende“ instrüktive Verle ung des Körpergewichts bei einer Neigung des Apparates sich als vollkommen begründet heraus⸗ stellen wird, mag bis auf größere 5 dahingestellt sein. Jedenfalls hat Orville Wright in Ue ereinstimmung hiermit sich wiederholt dahin ausgesprochen, daß seine Hände die bei seinem Apparat bekanntlich vom Flieger zu bewirkende Verwindung ganz instinktiv vornähmen. Zweifellos erfolgen auch beim Vogel die ent- brechenden Schutzbewegungen unwillkürlich; denn der vom Blei des Jägers e, . Vogel int sofort zu Boden, weil bei schwerer Verwundung oder Tötung der Inftinkt zu funktionieren aufhört.

Gesundheitsmwesen, Tierkrankheiten und Absperrnngs⸗ maßregeln.

London 24. Januar. (W. T. B.) Wie das Reutersche Bureau erfahrt. hat die , zur Beratung über die Be— lämpfung der Schlafkrankheit heute ihre Ärbeiten beendet.

ür den Bau neuer bezw. die Weiterführung hin n Eisenbahnen ält es die Konferenz für wichtig, die in Autsicht genommenen Strecken auf das Vorkommen von (ilossing alpalis zu untersuchen sowie Karten der von diesem Insekt a Gebiete anzufertigen. Die Eisenbahnen dürften solche Gebiete nur auf kürzeste Entfernun kreuzen mit der Maßgabe, daß dort Stationen Halteplätze oder Gebäude nicht errichtet werden dürfen. Auch se bei der Anwerbung von Bahnarbeltern zu bers sichtigen, daß Krankheitsübertragungen vorgebeugt werde. Ferner wird empfoblen beim Bau auf belden Seiten der Hal ede Lichtungen von Jo0, bel Hr egen en solche von 1000 Jards Breite henne len und beim etrieb der Bahnen eine ständige Ueberwachung dabin auszuüben, daß bei Personen⸗ und Güterwagen soweit als möglich alle Oeffnungen mit fliegendichten Gazevorhängen verseben find. Da wdr bein lich die 96 nag südlich von der Kongo. Sambest. Wasserscheide ulcht vor? komme, sollte die Rhodesia⸗ KatangaGEisenbahn in zwei Abschnitten gebaut werden, um die Möglichkeit einer Uebertragung des Insckts von

einem Gebiet in das andere zu vermelden.

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