1911 / 26 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Jan 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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Berlin, den 30. Jannar 1911.

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Deutscher Reichstag. 116 Sitzung vom 28. Januar 1911, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Nach der Erledigung des mündlichen Berichts der Kom⸗ mission für die Geschãfts ordnung setzt das Haus die erste Beratung der Entwürfe eines Gesetzes über die —̃ sung Elsaß⸗Lothringens und eines Gesetzes für die Wahlen zur Zweit en Kammer des Landtags für Elsaß— Lothringen fort.

Ueber den Anfang der Sitzung ist in der vorgestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden. t ! eta

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg;:

Meine Herren! Wer die Tagekpresse der letzten Wochen als einen absolut zuverlässigen Stimmungsmesser ansah, der mußte zu der Ansicht kommen, daß die überwiegend günstige Stinimung, mit der vor einem Jahr die in Aussicht gestellte Fortbildung der elsaß⸗ sothringischen Verfassung begrüßt wurde, in der Zwischenzeit einer sehr skeptischen, vielfach unmittelbar ablehnenden Auffassung ge⸗ wichen sei, und dieser Eindruck findet in der Rede, die wir soeben gehört haben, ja unzweifelhaft seine Bestätigung. Im übrigen habe ich aus dem Verlauf der Debatte am vorgestrigen Tage doch auch einen etwas freundlicheren Eindruck empfangen. Daß die Ver⸗ hältnisse in Elsaß⸗Lothringen ideale seien, wird ja von keiner Seite behauptet, und es wird nicht gesagt, daß wir aus. diesem Grunde kelne Aenderungen vorzunehmen hätten. Im Gegenteil, unerfreuliche Grscheinungen, deutschfeindliche Tendenzen sollen dartun, daß die Zeit noch nicht gekommen sei, um Elsaß⸗Lothringen größere Freiheit, größere Selbständigkeit zu gewähren.

In der äußersten Konsequenz kommt diese Ansicht zu dem Schlusse, daß, wenn überhaupt etwas gemacht werden solle, dann nur die Einverleibung der Reichslande, sei es in Preußen, sei es in andere Bundesstaaten, in Frage kommen könne. Ausdrücklich ist diese Ansicht bisher im Reichstage nicht vertreten worden, aber publizistisch und binter den Kulissen wurde sie in den letzten Wochen ernsthaft diskutiert. (Hört, hört! links.) Meine Herren, ich will keine Er⸗ wägungen darüber anstellen, ob eine derartige Ordnung der Dinge, wenn sie im Anfang erfolgt wäre, zweckmäßig gewesen wäre. Würde sie heute vorgenommen, so würde sie sich unzweifelhaft in den schärfsten Gegensatz zu der ganzen Politik stellen, die bisher Elsaß⸗ Lothringen gegenüber beobachtet worden ist. (Sehr richtig! in der Mitte) Bismarcks Politik das können wir aus der von ihm geleiteten Gesetzgebung unmittelbar ablesen war darauf gerichtet, den Elsaß⸗Lothringern ein den anderen deutschen Staaten möglichst gleichgestelltes Vaterland unter der Obhut des ganzen Reichs u geben. Die Arbeit, die mit diesem Ziel im Auge geleistet worden ist, ist nicht ohne Spuren geblieben. Die Einsetzung der elsaß⸗lothringischen Landesregierung, die schrittweise gesteigerte Un⸗ abhängigkeit der Landesgesetzgebung haben im Verlauf der Jahre und in Verbindung mit dem wirtschaftlichen Aufschwung des Landes das auch unter französischer Herrschaft nie ganz vernichtete Gefühl landsmannschaftlicher Eigenart, das Bewußtsein staatlichen Eigen⸗ lebens bei den Elsaß⸗Lothringern fest gegründet. Dadurch ist ein Besitzstand geschaffen worden, der nicht nur für die Elsaß⸗Lothringer selbst eine Existenzfrage ist, sondern der gleichzeitig ein festes Stück der Empfindungen bildet, mit denen das Reich diesem seinem jüngsten Gliede gegenübersteht.

Alle diese Werte geistiger und materieller Art würden wir ver⸗ nichten, wenn wir heute daran gehen wollten, die Reichslande an⸗ grenzenden Bundesstaaten einzuverleiben. Nur Gründe zwingendster Natur könnten einen derartigen Entschluß rechtfertigen und es dann auch notwendig machen, den bisberigen Operationsplan über den Haufen ju werfen und auf neuer Grundlage wieder von vorn an⸗ jufangen.

Was ist denn nun aber geschehen, das uns einen solchen Entschluß abzwingen könnte? Ich bin in diesen Wochen wohl der Ansicht be⸗ gegnet, daß, wenn Bismarck erlebt hätte, wie sich die innere Ver⸗ schmelzung der Reichslande mit dem Reiche so langsam vollzöge, wenn er Zeuge der Erscheinungen der letzten Zeit gewesen wäre, die wir alle gleichmäßig auf das schmerzlichste beklagen, daß er sich dann keinen Augenblick besonnen haben würde, mit seiner ursprũnglichen, aber in ihren Folgen als fehlerhaft erkannten Politik kurz entschlossen zu brechen. Richtig ist, daß auch Bismarck derartige Gedankengänge tatsächlich nicht fremd geblieben sind. Als gegen das Ende der achtziger Jahre das Protestlertum zur Blüte kam, da bat er ernstlich erwogen, ob nicht die bisherige staatenãbnliche Verfassung Elsaß⸗ Lothringens aufzuheben und anstatt dessen die Reichslande mit den benachbarten Bundesstaaten zu vereinigen seien. Er hat diesen Ge⸗ danken durchgedacht und durchgearbeitet, aber er hat ihn fallen lassen. Er hat es trotz der Enttäuschungen, die er damals in Elsaß⸗ Lothringen erlebte, für richtiger gehalten, an der von ihm bis dahin geführten Politik obne Schwanken festzuhalten. Dieser Vorgang sollte auch denen zu denken geben, welche uns jetzt eine Politik nach ganz neuen Richtungelinien anempfehlen. Allerdings, meine Herren, seit jener Zeit sind über zwanzig Jahre verflossen, und wir haben in der Zwischenzeit neue Erfahrungen sammeln können. Wären diese Er⸗ fahrungen durchaus befriedigend, dann würden wir Ihnen keinerlei Aenderungen vorschlagen. Aber es wird ja gerade behauptet, diese Erfahrungen seien so unbefriedigend, seien so schlechte, daß wir keine Aenderungen wagen dürften.

Meine Herren, in der Abwägung dessen, was wir mit der reichs ländischen Politik erreicht, und was wir nicht erreicht haben, sollten wir vorsichtig und gerecht sein. Der Gang der deutschen Geschichte, unsere Neigung zum Partikularismus und zur Rechthaberei, ver⸗ bunden auf der anderen Seite mit einer selbstzerfleischenden Kritik, die ihre Lust daran findet, täglich die deutschen Verhältnisse vor dem Auslande möglichst schwarz in schwarz zu malen (Sehr richtig! bei den Nationalliberalen und rechts), diese Eigenschaften und Verhãltnisse haben die ursprüngliche Assimilierungskraft des Deutschen und die Neigung des Auslandes zu uns nicht gerade gestärkt. (Sehr wahr! rechts.) Und Elsaß⸗Lothringen gegenüber befinden wir uns in besonderen Schwierigkeiten weil es sich da um ein Land handelt der Herr Staatssekretär hat bereits =vorgestern nähere Ausführungen darüber gemacht um. ein Land, das in den für die politische, für die kulturelle, für die wirtschaftliche Entwicklung entscheidenden Epochen des acht⸗ zehnten und des neunzehnten Jahrhunderts seine Verbindung mit Deutschland verloren hatte. Man soll sich also nicht wundern, daß

der Verschmelzjungsprozeß nicht so schnell vor sich geht, wie wir alle wünschen. Aber ein Fehler wäre es, aus dieser Langsamkeit den Schluß zu ziehen, daß wir nun gar nichts machen sollen, daß wir Im Gegenteil,

viel mehr, die kulturelle

die Hände ich halte es bisher geschehen und nicht in letzter Linie auch die für die Entwicklung von Politit und Kultur heute so entscheidende wirtschaftliche Schwerkraft Deutsch⸗ lands zur Anziehungskraft für Elsaß-Lothringen machen. (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.)

Auf staatsrechtlichem Gebiet drängt sich mir da die Frage auf, ob es nicht ein Fehler gewesen ist, die von Bismarck zwar angesetzte, aber nunmehr seit 30 Jahren fast zum Stillstand gekommene Politik so lange ruhen zu lassen, und ob nicht gerade dieser Stillstand für manche unerfreuliche Erscheinungen verantwortlich gemacht werden muß. (Sehr richtig! in der Mitte und links.)

Ich bin geneigt, meine Herren, diese Frage zu bejahen, und setze War einmal der Wunsch nach

den Schoß

notwendig, daß wir sehr

mich darum füt die Vorlage ein. staatlicher Selbständigkeit als berechtigt anerkannt, wurde er in der Anfangeperiode durch die Gesetzgebung sanktioniert, so war es nicht erstaunlich, daß das Beharren auf einem Zustande, der von niemand als fertig und abgeschlossen angesehen werden kann, auch in dem Teile der Bevölkerung Unmut hervorrief, der den Vorwurf chauvinistischer, reichsfeindlicher Bestrebungen von sich abweist, weil er sich mit dem den hat. (Sehr richtig! rechts.)

die Zwischenzeit hat uns auch noch ein anderes gelehrt. Sie hat uns gelehrt, daß eine Politik der Nachgiebig⸗ keit und des Entgegenkommens gegen diejenigen Elemente, welche in Presse, Vereinen und Versammlungen gegen den Anschluß an Deutsch⸗ land schüren und betzen, uns um keinen Schritt vorwärts sondern nur rückwärts bringt. (Lebhafte Zustimmung.) Es ist einfachste Pflicht staatlicher Würde und staatlicher Selbsterhaltung, Hand des Gesetzes mit allem Nachdruck fühlen zu lassen. (Sehr richtig! rechte.)

Meine Herren, ich habe bereits im vorigen Jahre gesagt, daß es mir fernliegt, aus speziellen Vorkommnissen generalisierende Bei den Vorkommnissen in Metz und in Tendenzen mit Auf⸗

Frankfurter Frieden abgefun Aber, meine Herren,

diese Elemente die

Folgerungen zu ziehen. anderen Orten scheinen sich deutschfeindliche lehnung gegen staatliche Obrigkeit überhaupt verbunden zu baben. Wenn das zutrifft, wenn das nachgewiesen wird, dann müssen diese Bestrebungen mit aller Energie unterdrückt werden, und sie werden Die Veranstalter dieser Manifestationen und us dem Unwillen, den sie in ganz Deutsch⸗ welchen Dienst sie damit ihren Landsleuten

unterdrückt werden. ihre Hintermänner haben a land erregt haben, gesehen,

Man hört so oft ruhig gestimmte Elsaß⸗Lothringer äußern, An⸗ erkenntnis und Verständnis für ihre Eigenart würde am besten die Wohlfahrt des Landes fördern. Nun, meine Herren, wo soll ein unumwundenes Anerkenntnis herkommen, wenn es in dieser Weise von Elsaß⸗Lothringern selbst untergraben wird? (Sehr wahr! rechts.) Wir dienen nicht nur Recht und Gesetz, wenn wir gegen diese sondern wir dienen damit der Wohlfahrt des Landes. Aber und ich gebe mich dabei einem übertriebe mismus nicht hin ich kann ebensowenig, wie es vorgestern der Bassermann getan hat und mit ihm noch eine Reihe anderer für Vorgänge dieser Art die gesamte aß⸗Lothringens verantwortlich machen (sehr wahr! und es haben

Strömungen auftreten,

Redner aus diesem Hause, Bevölkerung Els Nationalliberalen und mich um deswillen diese Vorgange nicht in der Ueberzeugung wankend gemacht, daß es ein Fehler wäre, an den bisherigen un⸗ fertigen und wegen ihrer Unfertigkeit unbefriedigenden Zuständen un⸗ verändert festzuhalten.

Nun, meine Herren, befürchtet man von den Vorlagen, die wir Ihnen unterbreitet haben, eine weitere, dem Reichsgedanken abt saß⸗lothringischen Partikularismus. sich von keinem Menschen Stärkung des

liche Förderung des el partikularistische Wirkung an sich läßt ableugnen. Aber man solite sie nicht schlechthin einer Protestlertums gleichstellen. Sehr wahr! in der Mitte.)

Meine Herren, Bismarck hat in der partikularistischen Ent⸗ wicklung, die Deutschlands Geschichte genommen hat, keinen Grund gegen seine Einigung gesehen

Ich glaube, man soll fragen, wenn man's der Bevö gemeinsam sein, wie weit kann der große Mund des hineinbeißen in den Apfel; m absolut gemeinsam sein? Und dasjenige, zu sein braucht, das soll man der speziellen Entw Damit dient man der Freiheit.

Diese durch und durch in der deutschen Geschichte wurzelnde Auf⸗ Politik gegenüber den Reichs landen llmählich zu verwirklichenden Selb⸗ ein Mittel, um die Reichslande fester Das Reich soll die Stämme einigen, soll den Rabmen abgeben, in dem sich unbeschadet der Und was

Er sagt einmal:

sich in den germanischen Staaten nicht lkerung recht machen will: was kann Gemeinwesens sondern man muß sich fragen: was was nicht gemeinsam icklung überlassen.

fassung hat auch Bismarcks Er erblickte in der a stãndigkeit Elsaß⸗Lothringens an das Reich zu knüpfen. aber nicht nivellieren. die Eigenart Interessen des Ganzen so den Bayern, den Preußen un erhalten wissen wollte, das sollte nach auch den Elsaß -Lothringern nicht vorenthalten bleiben, ihrer selbst willen, sondern um den Reichsgedanken zu fördern.

Meine Herren, dem Einwande, daß den Partikularismus zum der andere Einwand entgege genügend und zu wenig sei, gefunden, daß Elsaß⸗Lothringen Bunde Autonomie vorenthalten bleiben.

Den Wunsch nach der Ver sonders der Herr Abge Munde und nach den Zielen, die er finde ich diesen W Lothringer, ich wür die Zwischenbemerkun gestatten —, nicht auf rep (Sehr Igut! re sicher: trotz Herrn Naumann wür Lothringen eine überwiegend große finden. (Sehr richtig! rechts.)

und Eigenkraft der Stämme entwickeln kann. d allen anderen Stämmen des Reichs seinem Wunsch und Willen

nicht nur um

der vorgelegte Gesetzentwurf Schaden des Reichs fördern werde, ngesetzt, daß das, was wir bringen, un— und das Zuwenig wird namentlich darin gratsstimmen und die volle

leihung dieser Rechte hat ganz be⸗ und aus seinem als Elsaß Lothringer verfolgt, begreiflich. Wäre ich Elsaß⸗ de ihn möglicherweise auch aussprechen, aber g möge mir der Herr Abgeordnete Naumann ublikanischer, sondern auf monarchncher chts und in der Mitte ] de ich auch in dem heutigen Elsaß— Zahl von Gesinnungsgenossen

ordnete Vonderscheer vertreten,

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Grundlage.

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Meine Herren, ich möchte Ibnen allen dringend die Bitte ans Herz legen: treiben Sie nicht eine Alles⸗ oder Nichts⸗Politik; sie würde nur ju nichts führen können. Verfolgen Sie auch nicht Probleme, die, solange Elsaß⸗ Lothringen kein Bundesstaat ist, unlösbar sind. Die Frage der Beteiligung Elsaß⸗Lothringens am Bundesrat kann nicht mit humoristisch⸗sarkastischen Bemerkungen über den Bundesrat und die Verteilung der Machtverbältnisse in ihm erledigt werden. (Sehr wahr!) Ich kann mich nach den Worten des Herrn Abg. Winckler weiterer Bemerkungen zu diesen vorgestern gefallenen Aeußerungen enthalten. (Bravo! rechts) Auch ein Bismarck, das möchte ich zu bedenken geben, hat das Gewicht des historisch Gewordenen so hoch eingeschätzt, daß er bei der Begründung des Bundes die Stimmen⸗ verteilung des Frankfurter Bundestages fast unverändert einfach auf den Bundesrat übertragen hat, obwohl die reale Machtverteilung vielleicht damals auch eine andere Stimmenverteilung hätte angemessen erscheinen lassen können.

Dem Herrn Abg. Bassermann, möchte ich erwidern, daß wenn er die Zuteilung von Bundesrates stimmen an Elsaß-Lothringen in inner⸗ wirtschaftlichen Fragen befürwortet hat, ich doch in seinen Worten eine Lösung des Rätsels nicht gefunden habe, wie man aus dem Gesamtkompley der vom Bundesrat zu erledigenden Geschäfte die innerwirtschaftlichen Fragen aussondein könne. (Sehr richtig!) Ich glaube, daß die ausführlichen Bemerkungen des Herrn Staats⸗ sekretärs von Herrn Bassermann nicht widerlegt worden sind, ja ich halte sie überhaupt nicht für widerleglich.

Meine Herren, Sie werden demgegenüber anerkennen müssen, daß die Vorlage der verbündeten Regierungen auch in ihrer Be⸗ schränkung einen bedeutsamen Schritt auf dem Wege zu größerer Selbständigkeit des Reichslandes bedeutet mit dem Ziele, die innere Vereinigung Elsaß-Lothringens mit dem Reich zu fördern. Soll aber dieser Zweck erreicht werden, so können die Institutionen, in denen sich das Eigenleben Elsaß Lothringens entwickeln soll, nicht von außen hereingetragen werden, sondern sie müssen aus den Verhältnissen des Landes heraus entwickelt werden, sie müssen bodenständig sein. Ich kann aus diesem Grunde die Einwände, welche in der konservativen Presse und, wie mir schien, auch in den Ausführungen des Herrn Abg. Winckler eben gegen die Gestaltung des Wahlrechts zur elsaß⸗ lothringischen Landes vertretung erhoben worden sind, nicht für stichhaltig ansehen. Wir können nicht nach Elsaß⸗Lothringen ein beliebiges fremdes Wahlrecht importieren. Wir müssen auf der Grundlage weiter bauen, welche dem Lande kraft seiner Geschichte, kraft der sozialen Schichtung und der Denkungsart seiner Bewohner eigen⸗ tümlich ist. (Sehr richtig! Sonst verlieren wir jede Berührung mit den Realitäten des Lebens.

Das möchte ich auch dem Herrn Abg. Naumann entgegenhalten, der am Schluß seiner Rede die Systematik ironisiert hat, in der ein preußisches Klassenwahlrecht neben einem freieren elsaß⸗lothringischen Wahlrecht bestehen könne. Ja, meine Herren, wer an das Unbedingte politischer Institutionen glaubt, wer im Besitze eines solchen absoluten Dogmas sich befindet, hat einen bequemen Kamm, über den er alles scheren kann (Sehr gut! rechts und in der Mitte), und dem mag es leicht sein, über die Individualitten der Länder und Völker hinwegzuseben. In der Politik sollte man nach meiner Ansicht beim Vergleich bestimmter Institutionen verschiedener Länder nicht die Doktrin, sondern die nach Geschichte, Lebensart und politischem Beruf verschieden bedingten Verhältnisse zum tertium comparationis nehmen. Ein Vergleich aber, der fragt, wie man hier das Festhalten an einem abgestuften Wahlrecht gut oder erträglich finden, dort ein freieres, allgemeines Wahlrecht empfehlen kann, hat doch nur für diejenigen Theoretiker einen Sinn, welche den Wert staatlicher Existenz danach bemessen, ob das Wahl⸗ recht mehr oder weniger demokratisch gestaltet ist. (Unruhe links.) Ich kann diesen Schematismus nicht mitmachen; ich kann mich bei Elsaß⸗ Lothringen nur fragen: wie ist das in diesem Lande übliche, seinen Bewohnern gewohnt gewordene Wahlrecht zu gestalten, damit die aus ihm hervorgehende Landesvertretung die Geschäfte so besorgen könne, daß die Wohlfahrt des Landes und zugleich die Wohlfahrt des Reichs besser als bisher gefördert werden? Auf denselben Stand⸗ punkt stelle ich mich auch in der preußischen Wahlrechtsfrage, und würde ich mich stellen, wenn ich über das Wahlrecht irgendeines anderen Bundesstaats zu entscheiden hätte.

Diejenigen, welche diesen Standpunkt für falsch halten, scheinen mir doch von den Verschiedenheiten der Länder zu abstrahieren und namentlich von dem verschiedenen politischen Beruf der einzelnen Länder ganz abzusehen. Es ist ganz unmöglich, die Rolle, die Auf⸗ gabe, welche Preußen dem Reiche gegenüber zugewiesen worden ist, mit der Stellung irgendeines anderen. Gliedes des Reichs in Ver⸗ gleich zu setzen. Denken Sie sich doch: wenn sich nun Preußen, nach den radikalen Wünschen, mit einem Wahlrecht ausrüstete, das den Massen die Herrschaft über das Parlament, und dann nach Ihrem Wunsche auch die Herrschaft über die Regierung ausantwortete, wenn also, je nach der Stimmung im Parlament und jedenfalls bei einem Wechsel im Wahlausfall, das preußische Ministerium und mit ihm der Reichskanzler und seine Stellvertreter wechseln sollten Zurufe von den Sozialdemokraten), wenn die Präsidialmacht und die Reichs⸗

leitung die Reichsleitung, die doch gleichzeitig Führerin der preußischen Bundesratsstimmen ist dann bald diese, bald jene,

vom preußischen Parlament diktierte Reichspolitik treiben sollte —, meine Herren, das wäre gleich einer Desorganisation unseres Reichs! (Zustimmung rechts, Unruhe links.)

Preußen lassen Sie mich noch diese, von unserem eigentlichen Thema ja abliegende Bemerkung machen wird sein Wahlrecht nach seinen eigenen Bedürfnissen, und ohne da Muster anderer Bundesstaaten zum Vorbilde zu nehmen, so gestalten, daß es als Präsidialmacht eine konstante, staatserhaltende Reichs⸗ politik führen kann. (Bravo! rechts) Und deshalb ist es für die preußischen Verhältnisse vollkommen unverbindlich, ob wir Ihnen jetzt für Elsaß⸗Lothringen ein freieres oder ein weniger freies Wahl⸗ recht vorschlagen.

Meine Herren, wenn Sie von diesem Gesichtspunkte aus die Bestimmungen über das Wahlrecht zur Zweiten Kammer ins Auge fassen, so können Sie davon die Vorschriften über die Bildung der Ersten Kammer nicht loslösen; beide stehen in notwendiger Wechsel wirkung zueinander. Nun ist es ja richtig, daß ein Oberhaus eine Einrichtung ist, die Elsaß⸗Lothringen bisher unbekannt war. Aber, meine Herren, auch derjenige Grad von Selbständigkeit, den wir etzt Elsaß⸗ Lothringen geben wollen, ist in Elsaß ⸗Lothringen sowohl unter

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