Bei Kap. 60 Instandhaltung der Flotte und Werften) Tit. 1 a ldungen für das technische Personal) führt der
Abg. Dr. Leonhart (fortschr. Volksp.) aus: In ihren disziplinari⸗ schen Bestrafungen wegen der Vorgänge auf der Rieler Werft scheint die Marineverwaltung etwas zu weit gegangen zu sein. Sie hat ganz junge Leute, die erst vor wenigen Monaten die Schulbank verlassen hatten, bestraft, die als Zeugen ausgesagt hatten, daß sie gar keine dienstliche Instruktion empfangen hätten. Eine solche Dis ziplinierung auf Grund von eidlichen Aussagen ist sehr bedenklich. Eine Beschwerde der jungen Leute, die die Entschuldigungs⸗ und Verteidigunqegründe , hat man ,. mit einem einzigen Bescheide erledigt, daß ihre Behauptungen unzutreffend seien. Ferner sind Buchh alter auf der Werft zu einem Außendienst kommandiert, ö. sie körperlich nicht ger vachsen waren, und dann zur Einreichung ihrer Pensionierung aufgefordert. Es ist unerhört, wenn man Be amte, die bisher einen relativ leichten Bureaudienst gehabt haben, plötzlich zu einem schweren Dienst heranzieht, den nur junge, Leute leisten können, und sie dann zwangsweise pensioniert. Wohin soll das führen? Man . auch den Kastengeist manchmal absichtlich zu fördern nach dem Grundsatz: divide et impera. Nicht weniger als 11 verschiede ne Kategorien sind auf den Werften mit Abschreiben beschastigt, Ferner sollte man den Beamten gewähren, was man den Arbeitern längst zugestanden hat, nämlich Ausschüsse. Dann wären manche Beschwerden hier überflüssig. Ebenso sollten die geheimen Personalakten beseitigt werden. Die ungeteilte Dienst—⸗ zeit haben wir schon im vorigen Jahre gefordert. Dadurch wird ebenfalls gespart, und man kann es einem Beamten in der Großstadt, der vielleicht 10 km entfernt wohnt, nicht zumuten, daß er den Weg viermal zurücklegt und erst spät Abends nach Hause kommt. Die Denkschrift des Technikerverbandes bewegt sich in solchen sachlichen Formen, daß das Marineamt sie nicht lediglich aus formalen Gründen hätte zurückweisen sollen. Die Wünsche der Werfthilfstechniker und der Bi hreaugqehilfen auf Bess . ellung möchte ich der J zur Berücksichtigung empfehle Die Maschinisten sollten in die 1 der ,, . , werden. Die nr Geschäftsleute beschweren sich über die Art und Weise, wie die Werft mit ihnen Geschäfte macht. Es werde den Geschäftsleuten unnütze Zeitversäumnis verursacht. Nicht einzusehen ist, weshalb man z. B. Zigarren nicht von den Geschäftsleuten, sondern von den Produzenten kauft; besteht ein Verbot, bei Zwischen händlern zu kaufen? Bis zu 309 ( sollten die Werften freihändig kaufen dürfen. Mit Freuden zu begrüßen ist, daß der Chef der Marineverwaltung mit starker Hand gegen das Schmiergelderunwesen vorgeht. Ganz ausgerottet ist aber dies Unwesen noch nicht, wie ein neuerer Prozeß beweist. Leider waren die Strafen zu niedrig. Noch ein Wort zum Kapitel der Sparsamkeit. Die Kieler . hat in diesem Jahre angefragt, was sie mit den ersparten 60 000 „ machen solle. Sie hat dafür einen Wischer erhalten. Die Beamten ver dienten keine Rüge, sondern eine Auszeichnung.
Wirklicher Geheimer Admiralitätsrat Harms; Der Vorredner hat gefragt, ob ein Verbot bestinde, von Zwischenhändiern; zu kaufen. Das besteht nicht; grundsätz lich ind aber die Produzente n und Fabrikanten zu ber icksichtigen. Was den Wunsch bet trifft, es möchte möglichst viel in Kiel gekauft werden, so können wir nicht zu weit gehen. Wir müssen sehen, daß die Lieferungen, für die das ganze Reich bezahlt, auch auf das ganze Reich verteilt werden. Wenn eine Werft zuviel Geld r ben, stört sie dadurch unsere Dispositionen in Berlin aufs emnpsin d lich e. Wird die Uebertragbarkeit beschlossen, so wird uns ja die Disposition ganz erheblich erleichtert.
Ii. Severing (Soz.): Ich habe schon in der Kommission auf den Fal. Isendal hingewiesen. Es handelt sich um den Torpedodirektor der Werft Wilhelmshaven und um das 3 „8 265. Dieses
machte im vorigen. Herbst eine Fahrt und erlitt einen Maschinen de felt. Es erging ein Befehl des Kapitäns Isendal, den der Hilfe zwerkführer nicht ausführte, weil er Menschenleben in Gefahr . konnte. Da herrschte ihn der Kapitän Isendal an: Ach, was scheren mich Menschen⸗ leben, Sie haben meinen Befehl auszuführen! Die Arbeiter haben darauf eine Protestaktion veranlaßt. Das war gewiß ein Fehler; der Arbeiterausschuß hätte vermitteln sollen. Aber nach dem Verhalten der Verwaltung hat der Arbeiter⸗ ausschuß seine Autorität längst vollständig eingebüßt, denn er wird bei neuen Lohnfestsetzungen gar nicht einmal mehr benachrichtigt. Das erklärt, daß die Arbeiter nicht an den Arbeiterausschuß, sondern an ihre Organisation, den Metallarbeiterverband, gingen. Das Ver⸗ halten des neuen Torpedodirektors stach überhaupt aufs unvorteil hafteste ab von dem seines Vorgängers; er verhängte die rigorosesten Strafen und behandelte die Arbeiter durchweg wie Re kruten. Einem Arbeiter sagte er einmal, dieser könne froh sein, daß er seinen Dolch nicht bei sich trüge, sonst könnte er etwas erleben. Eine Arbeiterversammlung nahm aus Anlaß dieses Falles eine Resolution an, in der gegen das Verhalten des Kapitã ins Isendal in den schärfsten Ausdrücken protestiert wurde. Die letzten Wen dungen der Resolution sind gewiß keine Schmeichelei, sondern eine Beleidigung für Isendal gewesen; aber wenn der Staats sekretär meinte, man hätte nach der Gewerbeordnung sämtliche Arbeiter sofort entlassen können, so hätten auch die Arbeiter auf dem Torpedoboot dasselbe Recht gehabt, die Arbeit niederzulegen. Es wurde eine hochnotpeinliche Untersuchung eingeleitet, welche Arbeiter an der Versammlung teilgenommen und die Resolution mitbeschlossen hätten. 4 Bureaus wurden als Gerichtssäle ein gerichtet, die Arbeiter einzeln hereingeführt und verhört. Etwa
antwortete mit nein, 3 verweigerte die Aussage, und 1a bekannte sich zur Teilnahme an der Versammlung und an der Resolution. 5 Tage später befand sich am Werftportal ein Anschlag, worin den betreffenden Arbeitern mitgeteilt wurde, daß sie sich einer groben Beleidigung schuldig gemacht hätten, und zwar nicht ent⸗ lassen das geschah nur mit 5 Mann aber strafr , würden. 325 Arbeiter wurden in ihrem Verdienst auf längere Zeit bedeutend geschmälert und damit auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Werftarbeiter herabgesetzt. Wenn man die sozialdemokratischen Agitatoren von der Werft fernhalten will, muß man eiligst den Kapitän Isendal kalt stellen. In Wilhelmshaven war fein anderer als dieser der Friedensstörer. Mit solcher Art von Dißiplin, so sage ich frei nach Cavour, kann jeder Esel Torpedodirektor sein. Nach der Anna ihme der Resolution hat sich dann der Arbeiterausschuß um Ver— mittlung schriftlich und mündlich bei der Werft rektion bemüht. Der C . tor hat 64 dies Gesuch des Arbeiterausschusses urüͤckge wiesen und unbedingte Unterwerfung der Arbeiterschaft per⸗ langt. Der dei eee , ließ nicht locker und berief eine Versammlung ein, worin er eine Resolution vorschlug, in der der Werftverwaltung das Vertrauen der Arbeiter unter der Voraussetzung ausgesprochen wurde, daß die Maßregelung zurückgenomme en würde. Die Versammlung zat mit allen gegen 7 Stimmen das Vertrauens⸗ votum abgegeben. Der Arbeiterausschuß legte e nun seinerseits seine Aemter nieder, und bei den Ersatzwahlen wurden von 21 Yi glichen, 20 Kandidaten der freien Gewerkschaften und nur ein Kandidat des Kuddelmuddels der neutralen Gewerkschaften gewählt. Ein Min! trauensvotum hat vor allen Dingen der Direktor Isendal verdient.
Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von
rpitz:
Meine Herren! Ich habe immer den Mut gehabt, wenn wirklich ein Schuldiger gewesen ist, das anzuerkennen, und ich habe auch immer den Mut und das Pflichtgefühl gehabt, wo wirklich Fehler gemacht sind, durchzugreifen. Ich würde es auch in diesem Fall getan haben, wenn ich nicht genau der entgegengesetzten Ueberzeugung wäre, die der Herr Abgeordnete hier eben dargelegt hat. Für die Persön—⸗ lichkeit des Torpedodirektors Isendahl ist nicht nur der frühere Ober⸗ werftdirektor, der ihn Jahr und Tag kennen gelernt hat, aufs ent⸗ schiedenste auch in der Budgetkommission eingetreten. Er hat nach—
Weise diese Perfönlichkeit für e. Zeit Wohlwollen gehabt hat, hier gestern anerkennende Worte über den Kapitän IJsendchl von dem Nach meiner eigenen persönlichen Ueber⸗ zeugung — ich bin selbstverständlich dieser Frage nachgegangen, — kann ich den Kapitän Isendahl in dieser Angelegenheit nur in jeder Das ist meine Ansicht.
Der Herr Abg. Severing gibt selber zu, ganten . falsch gehandelt hätten. Das muß man dabei im Auge behalten: d haben in ö Beziehung falsch gehandelt; handelt hätten,
Untergebenen d ich habe auch
gewiesen, in welcher während der ganzen
Herrn Abg. Weber gehört.
Beziehung vertreten. daß die Arbeiter bei der Das charakterisiert den
denn wenn sie richtig ge⸗ sich auf dem vorgeschriebenen Wege be— Untersuchung erforderlich, f
daß sie das aus Mangel . Vertrauen zur Werftleitung unterlassen Vorgehen beruht auf anderen Gründen, die ich mir nachher noch zurückzukommen erlauben werde. Weshalb der Herr Abg. angelegenheit
sondern ihr falsches
Severing die das habe ich
die Wirkung der Arbelterausschüsse auf den Werften diskreditieren und Arbeiterausschüsse (Zuruf bei den Sozial Ich habe kein meine Herren, Stemmern
dem Kapitän
daß sich die Isendahl nicht an die Werft gewandt haben. demokraten.) Wort gesagt, als Sie gesprochen haben. Lohndifferenz Schlffsbauressort,
t sprechen zu lassen
also nicht bei dem Ressort, gewesen, und diese Lohndifferenz zwischen Ressor schließlich an mich herangekommen. es haben Erhebungen Fragen stattfinden müssen, und schließlich, sobald ich mir d habe ich die Entscheidung getroffen, Arbeiter getroffen. wo der Herr . Severing die Wirk gerade . er Der ö. .
Sachlage war nicht ganz klar; und Rückfragen her . zwar . ze ich die ,, zu Gunsten der dem Falle, ö. 3 Arbeiterausschusses , was die Arbeiter wünschten. eine y von Fällen ö die kred itieren sollen, die erklären s mißgestimmt wäre.
diskreditieren
Ysendehr dis⸗ de . gegen eigentlichen Grund,
Severing wohl in der Kommission anerkannt, Es war nämlich auf dem . eine gewisse den Betrieben ein⸗ es seiner Pflicht
nicht genannt. Laschheit in der Innehaltung der Arbeitszeit i gerissen, und dem ist der Torpedoressortdirektor, entsprach, entgegengetreten und hat auch mit entsprechenden . strafen eingegriffen und dadurch das richtige ö pedoressorts völlig wiederhergestellt nicht mehr Strafen erteilt worden, dem früheren, von dem Herrn Abg. Severing ganz . geschätzten Kapitän Seifferling stattgefunden haben.
Ich möchte nun auf die Fälle eingehen, die der Herr Abgeordnete Da hat es sich zunächst um einen Vorfall gehandelt, der auf einem Torpedoboot stattgefunden hat, schaften eine Probefahrt gemacht hat, Isendahl als Führer hervorgerufen hat,
Es sind ö. 8 . früh er nr
angeführt hat. das mit Werftmannꝰ sich Kapitän und der Werkführer, 2. ses Mißverständnis in der Maschine befand. s die . hene staenn wurde herauf gemeldet, und als dap in Iser dahl gebrochen wäre, Menschenleben verunglückt das beweist am e ,, Im übrigen hat sich die Sache n es wurde ihm darauf gemeldet, mit der einen Maschine langsam angehen, die Genius⸗Bank trieb den ö ssen
welche Gesinnungsart er hat. r so entwickelt: das Boot könne ö 9 11
Herauftreiben
ibm die ä Hilda gebracht wurde t könne . , yl, um das Boot aus mit langsamer
der unangenehmen ö herauszubringen, Fahrt angehen wollen. der Meldung unten aus dem wrasch nenten im ne ins stopp“ geantwortet. weil wir ihn schon eingehend in der ö nmission be⸗ en, und weil ich glaube, Quintessenz wiedergegeben werden kann. daß langsame
entsprechend
folgte, wurde mit den ganzen Vor⸗ daß auch in abgekürzte Also Kapitän Isendahl bekam
widersprach keinen Vers daraus und das Boot drängte Darauf ging der Kapitän — arum gehen Sie nicht an,
immer mehr auf
ich befohlen das inkriminierte Wort überflüssige Dampf ab⸗ die Situation. mi Spannung abgeblasen wird, entsteh Isendahl . Maschine, führen Sie meinen Befehl aus hat auf Befragen des
der ö. rücke und rief: Bei 6 ö soll
9 starket Geräͤusch. ren Sie sich
D er Kapitän Isendahl und deutlich er⸗
Herr Kapitän
Oberwerftdirektors ganz klar daß er den betreffenden Ausspruch nicht getan hat, ,,, ff
Im übrigen genommen; denn daß bei einer solchen Situation schwere Worte fallen, haben die ,. . natürlich angesehen. ß der ö nicht gefallen ist.
der Herr Abg. Severing einen anderen Fall der Kapitän Isendahl einen Mann mit der Waffe legenheit hat sich folgendermaßen verhalten: während der Arbeitszeit wo die Privatfahrräder aufbe⸗ hatte sich der Arbeiter in diesen Es war lediglich die Pflicht des Torpedodirektors, und das hat er getan und den Arbeiter zur Rede ge⸗ der Schuppen ist ein halbdunkler Torpododirektor
Im übrigen muß ich darauf be⸗
nämlich den, ö. bedroht hat. Der Kapitän Isendahl fand einen Arbeiter nicht in der Werkstatt, wahrt wurden. Schuppen begeben. einzuschreiten, Wie der Arbeiter das sah —
sondern dort, Statt zu arbeiten,
aus der Tür hinaus. Der Kapitän Isendahl glaubte das nicht durchgehen lassen zu sollen und folgte dem Manne. Wie dieser sah, daß er gestellt wurde, drehte er sich plötzlich um und hielt ein eisernes spitzes Instrument in die Höhe. Da hat Isendahl den Mann zur Ordnung gerufen (sehr richtig!) und hat ihm nachher gesagt, daß man in einer solchen Situation geneigt sein könnte, zur Waffe zu greifen. (Sehr richtig) Wenn jemand in einer solchen Situation einen derartigen Ausdruck braucht, ist das menschlich. Im übrigen ist der Ausdruck von den Leuten gar nicht beachtet worden, er ist erst später von dem Sekretär des Arbeiterverbandes herausgeholt worden, obwohl er sich schon vor etwa einem halben Jahre abgespielt hat.
Des weiteren hat er eine große Geschichte erzählt, daß der
Torpedodirektor eine vermeintliche Schnapsflasche, die Wasser ent— hallen habe, einem Manne weggenommen und zerschlagen hätte. Es war bekannt, daß Schnaps in verbotener Weise in das Torpedoressort eingeführt wurde. Also an sich war es vollständig berechtigt, daß der Kapitän Isendahl so verfuhr. Die Flasche roch, wie der Kapitän Isendahl selbst feststellte, stark nach Schnaps, und
als er den Fall untersuchte, ist er zur Ansicht gekommen,
daß da Schnaps drin war. Darauf ist dieser Arbeiter wie der andere
Arbeiter, der die drohende Haltung gegen den Kapitän Isendahl an— genommen hatte, entlassen worden. Und so weit ich die Sache unter
sucht habe — ich habe in dieser Beziehung alles getan, was geschehen konnte —, habe ich festgestellt, daß die Leute mit Recht entlassen worden sind
Nun ist eine Versammlung einberufen worden. Ueber 1500 Arbeiter hat das Torpedoressort, die Versammlung ist ei berufen worden von dem Sekretär des Metallarbeiterverbandes, 300 Arbeiter sind tatsächlich diesem Aufrufe gefolgt und zu der Ver sammlung hingegangen. Der Sekretär des Metallarbeiterverbandes hat ihnen nun eine große Heschchte erzählt, es wäre eine menschen— unwürdige Behandlung, der Mann kümmere sich um die Menschen
nicht, er ginge über Leichen weg, und ich weiß nicht was, — und dann hat er eine Resolution vorgelesen, und da haben die Leute die Hände
in die Höhe gehoben. So hat sich die Sache abgespie elt. Diese Resolution
meine Herren, enthält eine direkte Beleidigung des Ressortdirekters, es wird ihm in der Resolution die Mißachtung ausgesprochen, eine ganz klare Beleidigung, und in der Resolution wird dann weiter aus— gesprochen: . wollen jetzt an den Staatssekretär gehen und die Ent—
lassung des Torpedodirektors fordern. Das ist der Voischlag, den der
Herr Serre ir des Metallarbelterverbandes gemacht hat. (Hört!
hört! rechts.)
Nun, meine Herren, wären wir auf diesen Vorgang hin, wie hr
Herr Severing ganz richtig gesagt hat, ohr wesen, die Arbeiter, die diese Mißachtung ausgesprochen hatten,
sich in die Situation hatten hineinlocken lassen, zu entlassen, da ist gar kein Zweifel. Es war eine direkte Beleidigung ausgesprochen, waren wir nach der Gewerbeordnung berechtigt, die Leute zu
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haben wir nun getan? Wir haben den Fa Richtung untersucht sowohl nach der Richtung . T Torpedoressortdirektors wie nach der Richtung des Vers
uns berechtigterweise zustehende Strafe der Entlassung nicht ver
fügen wollten, weil wir der Ansicht waren: die Leute sind einfach
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verführt worden, — und da haben wir das mildeste getan
was man meines Erachtens tun konnte. Denn diese 300 Mann
. die die Mißachtung ausgesprochen hatten, die die Absetzung
gefordert hatten, konnten doch nicht, wenn ic 2
rechtigung dazu nach keiner Richtung anerkennen konnte, unter demselben Ressortsdirektor belassen werden. Das war einfach unmöglich, und da habe ich die Leute zu einem anderen Werkẽressort derselben Werft versetzt, und ich glaube, daß das so milde gehandelt
ist, wie man es nur irgend tun kann. (Sehr richtig! rechts.)
Herr Severing hat dann weiter gesagt, einen besseren Mann als .
Agitator für die Gewerkschaften könnten sie gar nicht haben, wie
Herrn Kapitän Isendahl. Wenn das wirklich so gewesen wäre,
*
warum hat dann der Metallarbeitersekretär die Versammlung ein— berufen? Das wäre nicht nötig gewesen, dann hätte er den Kapitän Isendahl . weiter wirken lassen sollen, aber er muß doch irgend etwas anderes bezweckt haben, und das hat er auch bezweckt, und ich
komme jetzt auf den springenden Punkt der ganzen Angelegenheit.
Ich möchte zunächst sagen, daß nach diesem ersten Vorgang und
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nach der Versetzung der Arbeiterausschuß der ganzen Werft an uns herangetreten ist und erklärt hat, die Leute hätten sich verführen lassen, sie wären sich der Tragweite der Resolution nicht bewußt gewesen, und nachdem sie sich von dem Oberwerftdireltor die Situation
haben erklären lassen, haben sie gebeten, daß die Versetzung zurück—
enommen werden sollte. An demselben Tage hat aber der Metall 9 8
arbeitersekretär eine neue Versammlung einberufen. Bei der Gelegenheit hätten die Mitglieder des Arbeite aut schusses die Sache klar legen müssen, sie hätten aber, wie sie
uns nachher gesagt haben, gar nicht gewagt, sich zum Wor
zu melden, weil sie sonst mit Bierseideln bearbeitet worden wären. So ist der Ausdruck wegen der Bierseidel entstanden und nicht, mie
der Herr Abg. Severing es dargestellt hat.
Ich muß ferner dem widersprechen, daß die Marineverwaltung irgendwie daran gedacht hat, sich ein Vertrauens votum zu verschaffen, er Arbeiterausschuß ist zu uns ge⸗
s ich vorher ausgeführt habe, und
da habe ich ihm antworten lassen, dieser Ausspruch des Arbeiteraus— schusses genüge mir nicht, um die Versetzung rückgängig zu machen, denn die Beleidigung wäre öffentlich ausgesprochen worden. Ich habe ausdrücklich hinzugefügt, meine Entscheidung würde von dem Verlaufe und dem Ergebnis eines derartigen allgemeinen Beschlusses der Arbeiter abhängig gemacht werden. Ich habe nach keiner Richtung hin ein
sondern die Sache lag einfach so: d kommen und hat uns das gesagt, wa
Versprechen gemacht, denn ich wollte eben abwarten.
Wie das Ganze zustande gekommen ist, ergibt sich am besten aus den Begründungen, die der Sekretär des Metallarbeiterverbandes in den verschiedenen Versammlungen gemacht hat. Ich möchte zur Verlesung bringen das, was hier tatsächlich gesprochen worden ist. Ich habe mich allerdings des Gedankens kaum erwehren
können, daß es sich bei den Operationen des Sekretärs des Metall
arbeiterverbandes darum gehandelt hat, die Leute einzufangen für den Metallarbeiterverband, denn der Metallarbeiterverband wünscht viele Mitglieder, die kräftig zahlen. Mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten möchte ich verlesen, was er gesagt hat. In der ersten Versammlung
. / .
ie weiteres berechtigt ge⸗
ll nach jeder ätigkeit des schuldens der Arbeiter hin und da sind wir zu der Ansicht gekommen, daß wir die
am 9. Oktober hat er die ganze Angelegenheit überhaupt aufgebauscht. Die Arbeiter selber haben bis auf einen ganz geringen Teil an diese Dinge gar nicht gedacht. Er sagt am Schlusse seiner Darlegungen, wo eben die Arbeiter die Resolution fassen sollten:
Organisiert Euch, Arbeiter! Die Organisation bringt den Arbeitern Macht und Vorteile, und wenn auch der letzte Mann der Werft organisiert sein würde, dann würden Personen wie Herr Isendahl auf der Werft auch unmöglich sein.
(Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Ich hoffe, daß die Staats⸗ gewalt niemals so schwach sein wird, auf ein derartiges Vorgehen einzugehen. (Sehr richtig! rechts.) Er sagte dann am 19. Oktober:
Den Arbeitern wird zum Bewußtsein gebracht, wie notwendig ihre Zugehörigkeit zur Organisation ist, ohne die sie allen Unbilden der Verhältnisse und allen Ungerechtigkeiten schutzlos preisgegeben sind.
Meine Herren, das sagte der betreffende Herr nach den Vorgängen, die ich eben geschildert habe und nachdem ein Appell an den Vor⸗ gesetzten, an den Oberwerftdirektor überhaupt nicht stattgefunden hatte Also von einer etwaigen Remedur bei einem wirklichen Versehen hat gamnicht die Rede sein können. Der Vorsitzende sagt dann weiter, die noch Unorganisierten möchten sich der . anschließen, um ihre heiligsten Menschenrechte wahren zu können. Cachen rechts — Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.“ Mit diesen Ausd dri charakterisiert sich das Vorgehen meines Erachtens am besten. (Bravo! rechts.)
Abg. Dr. Weber (nl.): Aeußerungen, wie die beanstandete, fallen in der Erregung solcher Situationen viel leichter als im normalen Leben. Das „Leipziger Tageblatt“ nimmt heute morgen auf das Unglück des Unterseebootes „U 3“ Bezug und behauptet, daß der Unfall von e. , ,,, beobachtet worden sei, die zwei Boote zu Hilfe schickten, die aber glatt abgelehnt worden seien. Was ist Wahres an dieser te zehauptung?
Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz:
Meine Herren! Was die Frage der Werfthilfstechniker betrifft, so erhalten die schon vorhandenen Hilfstechniker dieselben Vorteile, wie die neu zu engagierenden, wenn sie sich gegen Dienstvertrag ãñ stellen lassen; da besteht kein Unterschied.
Was die Notiz wegen der Bergungsdampfer betrifft, die an
ten seien, fo ist mir das neu. Ich weiß davon nichts, ich werde
,, aber jedenfalls nachgehen. Ich glaube übrigens, ter das nichts genutzt hätte; denn das U-Boot sist mit eigener Kraft noch nach dem Lande gefahren, dann gesunken und im Shhli ck dringewesen. Durch den Schlick hätte man das Unterseeboot nicht schleppen können. Wenn ein großer Teil des Unterseeboots im Schlick sitzt, kann man es nicht durchschleppen.
Ich kann mir nicht denken, daß der Admiral Lans, wenn er irgend eine andere Chance gehabt hätte, diese nicht angenommen ö 3 sollte. Das ist so unwahrscheinlich, daß ich glaube, es handelt sich wohl nur um ein vages Gerücht, das entstanden ist. Worauf es für den Admiral Lans ankommen mußte, das hat er auch getan. Er hatte sofort den Kran zur Stelle, und mit dem Kran konnte er das machen, was er momentan für das Nötigste hielt, nämlich die Menschen retten, die im Vorderteil waren. Er hat auch nicht gewußt, daß hinten noch welche waren. Man konnte ja auch nicht wissen, daß Erstickungsgase mit in Betracht kamen, wobei es sich um Minuten handelt. Die Sache konnte auf keine andere Weise gemacht werden, als es der Admiral Lans getan hat. Ein Aufschleppen auf Land wäre durch den Schlick hindurch sehr schwierig gewesen und hätte, glaube ich, nichts geholfen. Aber ich werde die Angelegenheit untersuchen.
Nach 6i“ Uhr wird die Fortsetzung der Beratung des Marineetats auf Donnerstag 1 Uhr vertagt.
Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 27. Sitzung vom 15. Februar 1911, Vormittags 11 Uhr (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung, in der die Beratung des Etats des Ministeriums des Innern bei dem Kapitel „Landrätliche Behörden und Aemter“ fortgesetzt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Minister des Innern von Dallwitz:
Meine Herren! Der Herr Abg. Busch hat einen Fall aus dem Kreise Wipperfürth zur Sprache gebracht, der mir unbekannt ist. Ich werde den Fall prüfen und je nach Befund Entscheidung treffen.
Er hat ferner dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß darauf Bedacht genommen werde, daß bei der Ueberweisung von Annoncen durch die Landräte nicht einseitig Blätter einzelner parteipolitischen Richtungen
. werden. Ich stehe durchaus auf dem Standpunkt, den der Minister des Innern Herr von Rheinbaben eingenommen Aeußerung der Herr Abg. Busch soeben verlesen hat, und dessen , mn wenn ich richtig verstanden habe, dahin zu präzisieren ist, daß alle Zeitungen, die sich nicht etwa eines besonders gehässigen Tones befleißigen, bei der Ueberweisung von Annoncen berücksichtigt werden können, ohne Rücksicht auf ihre parteipolitische Haltung. Diesen Grundsatz billige ich vollkommen und werde Beschwerden, die dieserhalb an mich gelangen sollten, prüfen und eventuell Remedur eintreten lassen. (Bravo! im Zentrum.)
Die Herren Abgg. Schroeder und Weissermel haben vorzugsweise zu der Frage einer anderweiten Regelung der Dienstaufwands— entschädigung der Landräte gesprochen; beide sind übereinstimmend davon ausgegangen, daß das jetzige System der Entschädigung der Kosten für die Haltung von Pferden und Wagen geändert werden müsse, weil eine ausreichende Entschädigung darin nicht enthalten sei. Der Herr Abg. Weissermel ist, glaube ich, insofern von einer nicht ganz richtigen Voraussetzung ausgegangen, als er annimmt, daß die Pferdegeld zuschüss se im Gesamtbetrage von 1500 „½ die einzige Ent— schädigung ausmachen, die dem Landrat für die Haltung von Pferden justeht. Die Dienstaufwandsentschädigung ist oder soll wenigstens so bemessen sein, daß ein Teil derselben zur Entschädigung für die Haltung von Pferd und Wagen dient. Da sich dies aber im Laufe der Jahre als unzureichend erwiesen hatte, sind Zu⸗— schüsse, erst von o0 und dann bon 600 „ bewilligt worden, sodaß . die Gesamtentschädigung für das Fuhrwerk aus im ganzen 1500 s Zuschüssen und dem Teil der Dienstaufwandtentschädigung besteht, der für diese Kosten übrig bleibt.
Ich gebe ohne weiteres zu, daß durch diese Verhaltnisse eine ge⸗ wisse Unklarheit entsteht, und ich habe mich bereits in der Budget— kommission dahin ausgesprochen, daß es mir wünschenswert erscheint, in eine Prüfung der Frage einzutreten, ob nicht die Feststellung der Beträge, die den Landräten als Ersatz von Pferdegeldern überwiesen werden werden sollen, ganz unabhängig von der sogenannten Dienst— aufwandsentschädigung erfolgen könnte. Meine Herren, ich bin nicht allein bei der Sache beteiligt; aber ich werde jedenfalls in eine Prüfung der Frage eintreten, ob sich das event. ermöglichen lassen würde.
Nun ist gesagt worden, daß die Dienstaufwandsentschädigungen ganz allgemein oder mindestens zum überwiegenden Betrage unzureichend seien. Ich kann das nicht in diesem Umfange zugeben. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, daß die Dienstaufwands— entschädigungen in diesem oder jenem Falle unzureichend sein mögen; ö der überwiegenden Mehrzahl glaube ich das bestreiter zu müssen. Es ist die Einrichtung getroffen, daß die Regierungepräsidenten all—⸗ . eine Nachweisung derjenigen Dienstaufwandsent err enden aufstellen lassen, die in einzelnen Fällen in ihren Bezirken nicht aus gereicht haben. Diese Nachweisungen werden von den Landräten ein gereicht, und nach erfolgter Prüfung durch den Regierungepr sitenten wird derjenige Teil der Anträge, der als begründet anerkannt wird, ans Ministerium weiter gegeben, und im Ministerium erfolgt dann eine weitere Prüfung. Nun liegt es ja auf der Hand, daß gerade bei der Haltung von Pferden, Equipagen usw. sehr verschiedenartige Grundsätze von den einzelnen Land räten befolgt werden, daß einzelne Landräte auf eine besonders elegante Pferdehaltung Wert legen, daß andere Landräte mit zwei Pferden nicht glauben ausreichen zu können und unter Umständen die Kosten für 3 Pferde einstellen, unter der Annahme, daß ein Pferd einmal lahm werde. Diese Anträge müssen auf ihre Begründung ge— prüft werden. So sind im vorigen Jahre nur etwa 25 Anträge beim Ministerium eingegangen, von denen einige auch noch nicht als ganz begründet erkannt wurden. Durch Barerhöhung ist in 9 Fällen Ab⸗ hilfe geschehen, während in den anderen Fällen eine Abhilfe dadurch stattfindet, daß den betreffenden Landratsämtern ein neuer Kreis assistent zugewiesen wird. Diese Eimichtung der Zuweisung von
1 n 4 U
Kreisassistenten entspricht nach meinem Dafürhalten im Prinzip der Anregung, die Herr Abg. Schröder soeben gegeben hat, das System der Pauschquanten, wenn nicht ganz aufzuheben, doch tunlichst einzu⸗ schränken. Denn an Stelle des Pauschquantums oder eines Teils
desselben ist eben die Ueberweisung der nötigen Bureaukräfte in natura
getreten. Wenn dieses System weiter verfolgt wird, so würde das zur Folge haben, daß die baren Dienstaufwandsentschädigungen immer geringer werden und die Zahl der in natura überwiesenen Hilfskräf
l 2 Vilsstraste
sich vermehrt. Wir haben also jetzt das Bestreben, auf zwei Wegen Abhilfe
schaffen: einmal durch Erhöhung der Dienstaufwandkt ,, in Fällen, in denen positiv nachweisbar die Dienstaufwandsentschädi⸗ gung nicht ausgereicht hat, zweitens durch Ueberweisung von Kreis— assistenten, durch die eine Ersparnis in den Aufwendungen der Land— räte insofern herbeigeführt werden kann, als sie bei Ueberweisung eines Kreisassistenten in der Lage sind, sich zwei, unter Umständen auch
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drei von den sogenannten Jungen, von denen die Rede war, weniger zu halten als bisher. Ich habe auch in der Budgetkommission keines⸗ wegs gesagt, daß ich eine systematische Abänderung von vornherein perhorresziere oder bis nach Erledigung der Verwaltungsreform hinaus— schieben wollte. Ich habe nur gesagt, daß ich eine allgemeine Auf— besserung der Dienstaufwandsentschädigungen nicht für notwendig
halte, sondern es für richtig halte, daß wir auf dem bisher ein
geschlagenen Wege tunlichst unter Erhöhung der baren Mittel, soweit sich das ermöglichen lasse, fortschreiten sollten. Wir werden also zunächst bestebt sein, etwas höhere Mittel zur Aufbesserung unzu— reichender Dienstaufwandsentschädigungen flüssig zu machen als bisher, und werden weiter darin fortschreiten, Kreisassistenten zu überweisen. Ob eine Aenderung des Systems eintreten muß, indem man die Pauschquanten ganz beseitigt und andere Einrichtungen an ihre Stelle setzt, das, habe ich in der Budgetkommission gesagt, wird sich erst
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dann genau übersehen lassen können, wenn nach Beendigung der Vor
beratungen über die wem alte nge gr m sich erweisen sollte, daß eine veränderte Organisation der Landratsämter notwendig werden sollte. Ich wiederhole daher: ich bin 3659 soweit es mit den etatsmäßigen Mitteln möglich sein wird, nach wie vor, vielleicht und hoffentlich in etwas rascherem Tempo als bisher, zunächst weiter zu helfen. (Bravo!)
Abg. Richtar ky Zentr.): Bei der Ernennung der Amtsvorsteher
sind für die Landräte polstische Rãck icht en maßgebend. Der Wahl— kreis eobschütz gehört . größten Teil der Zentrumspartei an, von den 25 Anne korssehemn gehören aber nur zwei unserer Partei an.
Vaß innerhalb des Kreises nicht genügend befähigte Männer vor
handen sein sollten, kann man nicht behaupten. Die Amtsvorsteher tun sich in der Bekämpfung der Zentrumspartei hervor, besonders bei den Wahlen zum Kreistage. Auch aus anderen Kreisen kommen
Klagen über parteipolitische Zurücksetzung unserer Parteigenossen Abg. Traeger fortschr. Volksp.): Auf der Insel Fehmarn ist ein polnisches Mädchen Josefa Ciaston acht Monate lang in Polizeih ft gehalten worden, ohne daß irgend etwas gegen sie vorlag. Be schwerden in allen Instanzen waren fruchtlos. Das Mädchen war kein Saisonarbeiterin, und die Verhaftung wäre überhaupt nur dann gerechtfertigt, wenn die Ausweisung sonst gefährdet 9 wesen wäre. Schwere Schuld uff den Regierungspräsidenten, der die Sache ein fach an den Landrat zurückgegeben hat. Der ganze Fall ist ein öffent licher Skandal. Er hat auch schon das österreichische Parlament be schäftigt. Ueberhaupt wünschen wir eine ganz andere Praxis bei den
Ausweisungen. Im österreichischen Abgeordnetenhause und in der
Delegation ist der Fall unter heftigen Angriffen auf Preußen
besprochen worden, und das Ministerium des Aeußern hat mitgeteilt,
daß es in einer außerordentlich großen Zahl von Fällen zu Gunsten
der Ausgewiesenen interveniert hat. Schon 1849 hat der Minister
von Manteuffel die Reformbedürftigkeit unseres Ausländer⸗ und Aus
weisungsgesetzes anerkannt. Gerade Preußen in seinen Anfängen
verdankt seine Blüte der Hochherzigkeit einzelner Monarchen, welche fremden Flüchtlingen Zuflucht gewährten. Ich bitte den Minister, der vernachlässigten Vusweisungspolizei Aufmerksamke eit zu schenken und, wo nötig, . eintreten zu lassen.
Abg. Dr. Mizerski (Pole) führt Beschwerde darüber, daß für polnische Orte urg fcteische und inhaltlose deutsche Namen gewählt würden, und geht besonders auf die Namensänderung der Stadt Inowrazlaw ein.
Minister des Innern von Dallwitz:
Meine Herren! Ich stehe gewiß auf dem Standpunkte, daß es nicht angebracht ist, unhistorische und inhaltlose Namen zu wählen Nach meinen Ermittlungen findet aber eine Namensänderung in der Provinz Posen in der Regel nur auf Antrag der Interessenten statt. Der Fall, den Herr Dr. Mizerski erwähnt hat, der die Stadt
Inowrazlaw betrifft, liegt schon 7 oder 8 Jahre zurück und gehört also doch wohl der Vergangenheit an. Dann möchte ich aber das eine erwähnen, daß der weitaus größte Prozentsatz der Neubenennungen sich auf neue Ansiedlungen bezieht. Wenn ein Gut aufgeteilt wird, fällt der Gutsname fort, und es tritt an Stelle des Guts eine Ort schaft. Dann ist es an sich nicht unbegründet, wenn, dem Win , der neuangesiedelten deutschen Bauern entsprechend, ein ihnen zusagender Name gewählt wird.
Den Fall, den der Herr Abg. Träger erwähnt hat, die Dienst⸗ magd Ciaston betreffend, habe ich ja bereits ausführlich in der ersten Lesung besprochen, und ich habe ausdrücklich erwähnt, daß ich das dabei kö Verfahren gemißbilligt habe. Meine Herren, wenn eine offizielle Zeitungsmitteilung nicht erfolgt ist, so ist das darauf zurückzuführen, daß, soweit ich mich entsinne, in dem ersten Artkkel, der die Sache zur Sprache brachte, einem Artikel der „Frankfurter Zeitung“ vom 28. Mai, direkt gesagt wurde, daß die Angelegen heit bereits erledigt war. Jedenfalls war der Artikel so gefaßt, daß man bei aufmerksamem Durchlesen wissen mußte, daß die Ciaston bereits entlassen war, daß es sich also um eine Sache handelte, die der Vergangenheit angehörte.
Von dem Prinzip der Saisonarbeit können wir nicht ab⸗— gehen, und zwar aus nationalen Gründen. (Sehr richtig!) Wir miüssen es vermeiden, daß durch die große Flutwelle, die von Osten nach Westen dringt, auch die westlichen Provinzen slawisiert werden. Das würde ein , sein, der dann einträte, wenn man die Seßhaft⸗ machung der alljährlich zu uns gelangenden ausländischen Landarbeiter ö. statten er e , hen lassen wollte. Es würde meines Erachtens
zer ang viel inhumaner sein als das jetzige Prinzip der jedesmaligen
urückschiebung ode Ausweisu ng, wenn sie die bestehenden Be
mmungen nicht innehalten. Ich erinnere an die Massenausweisungen,
Sim Jahre 1885 zur Zeit des Fürsten Bismarck erforderlich waren, weil man längere Jahre hindurch nicht darauf geachtet hatte, daß eine Zurückdrängung des von Osten nach Westen vordringenden slawischen len ng im nationalen Interesse zur Notwendigkeit ge worden war. (Bravo! rechts.)
Abg. Leinert (Soz.); Die Landräte werden zu Repräsentationen und Ausgaben veranlaßt, die in gar keinem Zusammenhang mit ihrem Amte stehen. Der ö ist oft höher als die persönlichen Gehälter der Landräte. (Lachen rechts.) Ihr Lachen beweist gar nichts. Der Landrat soll der Vertrauensmann für den Kreis sein. Das kann er aber nur sein, wenn er bloß ausführender Ver waltungsbeamter ist und nicht ein politischer Beamter, der nur zur Schikanierung der Bevölkerung da ist. Sozial demokraten werden von den Landräten nicht als Mitglieder der Schulvorstände bestätigt, weil sie nicht in der Lage sein sollen, die Kinder zu Vaterlandsliebe und Gottesfurcht zu erziehen. Dazu ist die Schule aber nicht da; sie soll vielmehr die Kinder ausbilden, damit sie imstande sind, den Kampf ums Dasein aufzunehmen. Nun will man die Macht des Landrats auf dem Gebiete der Schule noch erweitern. Wir müssen dagegen protestieren, daß die Landräte sich in das Ar bei its verhältnis einmischen, wie es besonders beim Mansfelder Bergarbeiterstreik der Fall war. Hat der Minister keine Kenntnis von den dortigen Vor kommnissen erhalten, und hat er die Landräte nicht angewiesen, sich von solchen Streitigkeiten fernzuhalten? In Bunzlau wurde ein Schlossermeister, der ,, , her war, vom Landrat gezwungen, einen organisierten Gesellen zu entlassen. Auf dem Landratsamt wurde dem be r e m. Schlossermeister erwidert, die Gründe seien Amtsgeheimnis. Was für Grausamkeit und Vergewaltigung, was für Mißbrauch der Amtsgewalt wird wohl alles unter em . zigeheimnis begangen! Die Land ratsämter sind ant? Micki zanstalten für die Freiheit der gewerkschaftlich organisierten 1 Die Erklärung des Mi—⸗ nisters bezüglich des Landrats von Rönne war äußerst schwach. Wenn dem Minister darum zu tun wäre, die Landraͤte unparteiisch zu stellen, dann müßte er den Landräten verbieten, unter eine Partei⸗ aktion den Titel König icher Landrat“ zu setzen. Es ist vorgekommen daß ein 323 eines Kriegervereins die Geschäfte dieses ꝛreins gen Benutzung des Siegels des Königlichen Landrats geführt hat, ja da er sogar für diese Schreiben ̃ Portofrei. eit der amtlichen Schriftsti icke in Anspruch nahm. (Abg. Hoffmann: Das ist ja Betrug! Sie sehen den Landrat für einen Kämpfer gegen die Sozialdemokratie an. So sind auch die meisten Landräte Mitglieder des Reichslügenverbandes. In einer Versammlung der Saalbesitzer in Breslau wurde eine große Zahl von
Schikanierungen der Landräte gegen Saalinhaber mitgeteilt. Wir müssen gesetzliche Schutzmaßregeln schaffen, um der Willkür der Landräte mit ihren Saalabtreibungen ein Ende zu machen. Ich möchte den Minister fragen, ob er die Petition der Saalinhaber erhalten hat. In Kilt igerode bei Heiligenstadt hat der Amts vorsteher eine Versammlung, in der über die Reichstagswahlen ge sprochen werden sollte, verboten. Auf eine Beschwerde erklärte er, daß er pol ui sche Versammlungen nicht gestatte. Dem Beschwerde führer erwiderte der Landrat: Nehmen Sie sich in acht, Sie roter Bruder! in meinem Kreise gibt es überhaupt keine Ver sammlungen. Als unter Berufung auf das Vereinsgesetz unser Genosse darauf hinwies, daß der Landrat eine Versammlung überhaupt nicht verbieten könne, meinte der Landrat: Wenn Sie aber nun keinen Saal kriegen! Und in der Tat verweigerte dann der Gastwirt die Hergabe des Saales. Die Landräte wollen das Vereins ee gar nicht lesen. In bezug auf den Fall der ausgewiesener
ler ser gt schl ieße ich mich dem Abg. Traeger vollkommen an. 8 urch die Ausweisungspolitik gegen ausländische Aer n zerstören wir unser z' chen im Auslande. Ich kenne einen Fall, wo ein aus ländischer Arbeiter ausgewiesen wurde, obwohl seine Frau in hoch schwangerem Zustande war; der Grund der Ausweisung war der, daß der Mann einmal an einer sozialdemokratischen Versammlung teil⸗ genommen hatte. Irgendwelche Rücksichten gibt es bei zer Barbarei der Ausweisungen nicht. Weil das Vereinsgesetz die Ueberwachung von Vereinsversammlungen nicht mehr , . suchen sich die Landräte auf irgendwelche andere Weise Kenntnis von den Vereins vorgängen und Vereinsmitgliedern zu verschaffen. Der Landrat von Woyna in Neustadt in Hannover, Mitglied dieses Hauses, hat einmal gesagt, er kenne die politische Gesinnung seiner Kreis⸗ eingesessenen ganz genau und könne sagen, daß Arning nicht wieder gewählt werden würde. Der Fall des Bürgermeisters Schücking in Husum hat uns gezeigt, wie die Landräte die Selbstverwaltung in Schleswig⸗Holstein respektieren. Die Bürgermeister in Schleswig⸗ Holstein haben an den Minister eine Eingabe gegen die Uebergriffe der Landräte eingereicht; ich möchte den Minister fragen, was aus dieser Eingabe geworden ist. Aus Anlaß des Prozesses wegen Beleidigung des Landrats Schroeder in Wittgenstein sind zwei Beamte „im Interesse des Dienstes“ versetzt worden, weil sie in Prtʒzessen wahr heitsgemäß ihre Aussage gemacht haben. Dieser Landrat dürfte längst nicht mehr Landrat sein. Der Minister hat vor kurzem gesagt, daß er über diesen Fall wegen de schwe benden Verfahrens noch nichts sagen könne. Vielleicht kann sich der Minister jetzt darüber äußern. Der Landrat Freiherr von Schenck in Kirchhain ist wegen Geistes krank heit entmündigt worden, . aber nach wie vor als Landrat weiter. (Zwischenrufe rechts Na, wenn er nur vorübergehend geisteskrank gewesen ist, so fem also eine vorübergehende Geistes⸗ störung keinen r, . auf die Ausübung eines Landratsamtes zu üben. Schon 1997 hat sich der Abg. Friedberg darüber beschwert, daß bei den Reichstagswahlen in unzweckmäßigen Wahlurnen die Wahlkuverte der Reihe nach aufeinander geschichtet wurden, und danach die Stimmen kontrolliert werden konnten. Ich möchte
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