1911 / 42 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Feb 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Dualttãt

1911

mittel gut Verkaufte .

Februar Marktorte

Gezahlter Preis für 1 Dopperzentner.

Menge

Tag niedrigster

höchster

höchster niedrigster höchster Doppelzentner

niedrigster

6 i ͤ 6 6

Außerdem wurden am Markttage (Spalte 1) nach überschläglicher Schätzung verkauft dem Doppelzentner (Preis unbekannt)

s Am borigen . Durchschnitts⸗ Verkaufs⸗ ie. Markttage ür wert 1831 dr. zentner heel

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Ratibor Geldern. Neuß. Döbeln Winnenden Langenau ; , . Field Meckl. Chkãteau⸗Salinss ...

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Bemerkungen. . ,, 4 ö n , , . Ein liegender Strich (— in den Spalten für Preise hat die Be

Berlin, den 17. Februar 1911.

Noch: Hafer.

14,50 15,00 14,80 15 40 17,90 17,20

1450 13.50 14.55

1740 16, 85 16, 9

14,80 480 16,50 100 1480 30 15,50 18,00 84 17,40 3

. 1500 15, So 1666 173560 17 66 16 66

1600 16 vo 90h

1 14,50

Kaiserliches Statistisches Amt. van der Borght.

7032 14.65 9. 20 1475 14575 .2. 30 429 14,30 ? 2

1491 1771 520 16.77 32 16,00

14 400 16,00

Die verkaufte Menge wird auf volle Doppelzentner und der Verkaufswert auf volle Mark abgerundet mitgeteilt. Der Durchschnittspreis wird aus den unabgerundeten Zahlen berechnet. deutung, daß der betreffende Preis nicht vorgekommen ist, ein Punkt (.) in den letzten sechs Spalten, daß entsprechender Bericht fehlt.

Deutscher Reichstag. 129. Sitzung vom 16. Februar 1911, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Das Haus setzt die Beratung des Etats für die Ver⸗ waltung der Kaiserlichen Marine fort.

Ueber den Anfang der Sitzung ist Nummer d. Bl. berichtet worden.

Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz:

Meine Herren! Der Herr Abg. Dr. Weber hat gestern gelegentlich dieses Kapitels einer Notiz des „Leipziger Tageblatts“ Erwähnung getan. Ich habe darauf an die Inspektion des Torpedo⸗ wesens telegraphiert und habe eine entsprechende telegraphische Ant⸗ wort bekommen. Da diese Antwort vielleicht ein allgemeines Interesse hat und außerdem die Beantwortung für den Herrn Abg. Dr. Weber enthält, möchte ich mir, mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten, erlauben, diese Depesche vorzulesen. Der Admiral Lans telegraphiert folgendes:

An Notiz des „Leipziger Tageblatts“ kein wahres Wort.

(Hört! hört! rechts.)

Weder ist von Privatfirma oder Privatfirmen ein Angebot über Bergung „U 3“ gestellt worden, noch sind Firmen am Orte oder sonstwo vorhanden, die ein Angebot stellen könnten, das der Hilfe der Marine vorzuziehen gewesen wäre. Das Ganze ist eine dreiste Erfindung, auf die das Tageblatt hineingefallen ist.

Lans, Konteradmiral.

in der gestrigen

(Hört! hört! rechts.)

Abg. Dr. Struve (fortschr. Volksp.): Ich freue mich, daß der Staatssekretär soeben die Darstellungen des „Leipziger Tageblatts“ be⸗ richtigt hat. Die von mir gestern erwähnte „Reiseordnung“ datiert von 1892. Mit einem kaufmännischen Geist allein ist es in der Maxine nicht getan. Die Firma Krupp beschwert sich, daß jetzt erhöhte Än— forderungen bezüglich der Ausfertigung von Rechnungen an sie gestellt werden. Der Oberwerftdirektor in Kiel hat jetzt einen Assistenten; an diesen müssen, nach einem Tagesbefehl des Oberwerft⸗— direktors, Meldungen gemacht werden, und er hat einen vollständigen Einblick in die technischen Betriebe. Entspricht das den Intentionen des Staatssekretärs? Der Oberwerftdirektor hat in seiner Kaisergeburtstagsrede betont, daß er auf das Vertrauen der ihm Untergebenen angewiesen sei. Wie stimmt damit sein weiterer Tagesbefehl, daß nicht der technische Direktor, sondern er über die Reisen der Techniker zu bestimmen hat? Dies ist ein ungerecht⸗ fertigtes Mißtrauen gegen die Techniker. Der Staatssekretär hat den Korvettenkapitän Isendal in Schutz genommen und bestritten, deß dieser die Worte „was scheren mich Menschenleben“ gebraucht hat. Es bleibt bestehen, daß zwei Männer bereit waren, unter Eid auszusagen, daß sie diese Worte gehört haben. Auch auf den Abg. Weber hat der Kapitän Isendal einen guten Eindruck gemacht. Von anderer Seite wird aber behauptet, der Kapitän Isendal habe die ihm Untergebenen schlecht behandelt, sodaß einige von ihnen sich haben versetzen lassen. In der Behandlung der Arbeiter hat er jedenfalls keine glückliche Hand gezeigt. Die Arbeiter, in Wilhelmshaven sind ruhige und besonnene Leute, und es ist fast unverständlich, weshalb der Kapitän Isendal mit ihnen nicht hat auskommen können. Die Werftverwaltung in Wilhelmshaven hat sich durch ihr radikales Vorgehen um das Vertrauen der Arbeiter gebracht. Es mag dem Staatssekretär unangenehm sein, aber es ist Tatsache, daß der Ober⸗ werftdirektor tatsächlich von den Arbeitern in einem Schreiben ein Ver⸗ trauensvotum verlangt hat. Die Arbeiter haben sich auch bereit erklärt, der Verwaltung ihr Vertrauen auszusprechen, wenn die Sache gericht⸗ lich geklärt würde. Daß ein Staatsbetrieb um das Vertrauen der Arbeiterschaft bittet, ist ganz neu. Der Staatssekretär hat die Demonstration der Arbeiter abzuschwächen gesucht. Tatsache ist, daß von 4000 Arbeitern, die die gestern erwähnte Versammlung besucht haben, nur 7 für das Vertrauensvotum gestimmt haben. Daß der Arbeitersekretär des Metallarbeiterverbandes mit Bierseideln bedroht worden sei, wird bestritten. Ich verstehe nicht, warum der Ober— werftdirektor sich ohne weiteres auf den Standpunkt des Kapitäns Isendal gestellt und den Arbeitern keinen Glauben geschenkt hat. Wenn eine Arbeiterschaft so einstimmig ihre Mißbilligung gegen einen Vorgesetzten ausspricht, so muß doch etwas an der Sache sein. Der Oberwerftdirektor hat es vorgezogen, mit seinem Kollegen und den Verwaltungsjuristen die Sache zu besprechen mit dem Resultat, daß eine Anzahl der Arbeiter strafversetzt wurde. Späterhin wurden diese zum Teil zurückgenommen. Und nun verlangt der Oberwerftdirektor von den technischen Leitern, von den höheren Beamten des Torpedoressorts, die den Dingen bisher lediglich zugesehen hatten, daß sie gegen den Kesselschmied klagbar werden sollten wegen seiner Aeußerung, daß diese technischen Beamten innerlich auf Seite der Arbeiter ständen! Das spricht doch auch da— für, daß jene Aeußerung doch gefallen ist. Es hat auch keiner dieser Beamten geklagt. Es handelt sich hier, nicht um Sozialismus, sondern es ist der Kampf des Rechtsbewußtseins gegen die durch eigene Schuld verloren gegangene Autorität auf der anderen Seite. Der Staatssekretär wird hoffentlich nach diesem glänzenden‘ Ausgang niemals mehr zugeben, daß solche Vorgänge sich wiederholen. Die Militärs können sich eben nicht in die Seele, in das Denken freier Arbeiter hineinversetzen und das ist der Ursprung dieser bedauerlichen Vorgänge. Bei der Reorganisatien des Werftbetriebes, wie sie ver— sprochen worden ist, muß so verfahren werden, daß nicht mehr ein junger Offizier Herr der Arbeiter ist. Wir ersuchen den Staats sekretär, diese Reorganisation so energisch wie möglich zu betreiben, damit auch die Werften endlich nach dem Wunsch der Kaiserlichen Erlasse von 1890 Musteranstalten werden.

Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz:

Meine Herren! Der Herr Abg. Struve hat ja mit großer Leb⸗ haftigkeit im Sinne des Herrn Abg. Severing gesprochen. Ich erlaube mir, einige Worte darauf zu erwidern. Er hat zunächst darüber ge⸗ klagt, daß der Assistent des Oberwerftdirektors auch von den Ressort⸗ direktoren Mitteilungen über die Vorgänge auf der Werft erhalten solle. Das ist ganz richtig. Es muß eben eine zweite Persönlichkeit auf der Werft sein, die über alles orientiert ist. Es ist der eventuelle Stellvertreter des Oberwerftdirektors. Der Assistent hat im übrigen keine Entscheidung, er steht in keinerlei vorgesetztem Verhältnis zu den Ressortdirektoren, sondern steht ihnen absolut gleich. Er soll nur ortentiert sein. Es muß eben neben der Spitze einer großen Behörde noch ein zweiter orientiert sein. Eine gleiche Ein⸗ richtung habe ich im Reichsmarineamt getroffen. Der Vor⸗ stand der Zentralabteilung ist auch über alles orientiert. Ich muß eventuell einen Diktionär an der Hand haben, und die Herren Departementsdirektoren und Vizeadmirale genieren sich nicht, den Herrn zu orientieren. Warum soll nun der Herr Oberwerft⸗ direktor sich nicht eine Stelle aussuchen, die auch über das Ganze orientiert ist, gerade zur Verhütung von einseitigen Entschlüssen!

Der Herr Abg. Dr. Struve hat dann bemängelt, daß der Herr Oberwerftdirektor sich vorbehalten habe, die Reisen, namentlich die Verlängerung der Reisen der technischen Beamten zu bestimmen. Dasselbe habe ich auch im Reichsmarineamt getan. Wir stehen doch unter dem Druck, daß wir die Reisekosten möglichst vermindern sollen. Wer soll denn das tun? Der Direktor eines Ressorts hat gar kein Interesse daran, wohl aber der Chef der Behörde. (Sehr richtig! rechts. Demgemäß verfährt der Herr Oberwerftdirektor auf seinen Werften, genau ebenso wie der Staatssekretär im Reichsmarineamt. Ich finde diese Verordnung des Oberwerftdirektors in Kiel durchaus richtig.

Dann hat der Herr Abg. Dr. Struve gesagt, wir wollten die Arbeiterkoalition verhindern. Ich habe nur gesagt, daß wir uns allerdings bestreben müßten, die Majorisierung der Arbeiter durch den sozialdemokratischen Metallarbeiterverband zu verhindern. Das wird auch weiter unser Bestreben sein, und ich glaube, daß wir da noch weitere Erfolge haben werden.

Dann hat Herr Abg. Dr. Struve über den Fall Isendahl des längeren gesprochen und hat unter anderem gesagt, daß zwei Männer bereit gewesen wären, das zu beschwören. Davon ist mir nichts be⸗ kannt, und das war nach Lage der Sache auch nicht möglich, denn es war überhaupt kein zweiter Mann in der Nähe.

Dann ist hier von Kündigung von höheren Beamten auf dem Torpedoressort gesprochen worden. Davon ist weder mir noch dem früheren Oberwerftdirektor in Wilhelmshaven, Admiral Dick, irgend etwas bekannt. An uns sind derartige Anträge nicht herangetreten und an den Herrn Oberwerftdirektor, der doch zuerst davon wissen müßte, ebenfalls nicht.

Dann hat der Herr Abg. Struve doch den Vorgängen zwischen dem Arbeiterausschusse und dem Oberwerftdirektor in Wilhelmshaven eine ganz andere Deutung gegeben als es den Tatsachen entspricht. Ich möchte nicht auf den ganzen Fall zurückkommen, denn ich habe gestern schon die Ehre gehabt, mich des längeren darüber auszulassen. Ich möchte nur folgendes sagen: der Arbeiter⸗ ausschuß ist an den Oberwerftdirektor herangetreten und hat gesagt, die Arbeiter hätten unrecht, und der Arbeiter⸗ ausschuß hat ferner gesagt, sie hätten sich überzeugt, daß auch die Motive nicht richtig gewesen wären, sie wollten dementsprechend eine Versammlnng einberufen. (Zuruf des Abg. Dr. Struve: Damit war der Oberwerftdirektor noch nicht zufrieden! Herr Abgeordneter, ich habe Ihren Zwischenruf nicht verstanden. Der Arbeiterausschuß hat den Vorschlag gemacht, den er der Versammlung als folgende Resolution vorschlagen wollte:

Die heute im Tivoli versammelten Arbeiter erklären nach den Ausführungen des Referenten folgendes:

a. daß der von ihnen beschrittene Weg nicht der richtige und ein der Arbeitsordnung widersprechender war;

b. daß sie in dem Glauben, daß die Voraussetzung zu den Resolutionen vom 9. und 19. Oktober richtig sei, denselben zu—⸗ gestimmt hätten;

C. daß sie aber nach den Mitteilungen des Arbeiterausschusses erkennten, daß die beiden Resolutionen vom 9. und 19. Oktober nicht aufrecht erhalten werden können und sie dieselben daher mit Bedauern zurücknehmen.

Das hat der Arbeiterausschuß dem Oberwerftdirektor gesagt. (Abg. Dr. Struve: Diese Erklärung genügte dem Oberwerftdirektor nicht; Diese Erklärung hätte dem Oberwerftdirektor vollständig genügt. Der Oberwerftdirektor hat nur gesagt: das müssen Sie unter sich abmachen, ich werde es von Ihrem Verhalten und von dem, was dabei herauskommt, abhängig machen, ob ich beim Staatssekretär befürworten soll, daß er die Versetzung der Arbeiter zurücknimmt. Er hat das in der Absicht getan, die Einrichtung des Arbeiterausschusses

zu heben. Dieser Arbeiterausschuß, der aus 21 Mann besteht, war doch aus dem Vertrauen der ganzen Arbeiterschaft hervorgegangen und hatte so viel Fühlung mit den Arbeitern, daß man sicher sein mußte, daß er der Stimmung der Arbeiter Ausdruck gab.

Mir ist die Sache nachher gemeldet worden, und nun meint der Herr Abg. Dr. Struve, ich hätte dem auch zugestimmt. Ich habe aber aus— drücklich gesagt, daß ich erst das Ergebnis einer derartigen Versammlung abwarten müßte und mir meine Entscheidung in jeder Beziehung vorbehielte, eventuell auch in dem Sinne, daß ich nicht darauf ein— ginge; denn die Sache lag so, daß wir an sich überhaupt nichts zu tun brauchten, die Sache konnte einfach laufen gelassen werden. Die Beleidigung war gefallen, die Strafe war erfolgt, und damit war die Sache gut und fertig. Für uns lag gar keine Veranlassung vor, auch nur einen Finger zu rühren.

Der Herr Abg. Dr. Struve hat dann ferner als Expert in der Sache polemisiert und hat als Kenner der Verhältnisse von Kiel aus behauptet, daß an der Spitze der Werften nicht Offiziere stehen dürften. Darüber ist schon sehr viel gesprochen worden, und ich möchte auf das verweisen, was ich früher darüber gesagt habe. Ich will nur noch daran erinnern, daß bei sämtlichen Marinen der ganzen Welt an der Spitze der Werften Offiziere stehen, daß man als⸗— überall die Offiziere für die geeignetsten Personen halt. (Sehr richtig! rechts) Die Werft ist ein Institut, welches in erster Linie für die Mobilmachung bestimmt ist und für das Zusammenfassen aller Kräfte für die Reparaturen nach erfolgter Schlacht. Die militärische Frage ist deswe immer die wichtigste dabei, wir werden das Augenmerk immer anf den Krieg und die Kriegsverhältnisse lenken müssen, darauf müssen wir die Organisation unserer Werften zuschneiden. (Sehr richtig rechts.)

Im übrigen stehen ja Techniker an der Spitze der einzelnen Ressor ts. Es haben sich ja vier Herren aus verschiedenen Parteien etwas eingehender damit beschäftigt, sie haben sich nicht nur einseitig von einer Stelle aus Nachrichten darüber zukommen lassen, sondern sie haben sich auch persönlich damit befaßt. Diese Herren sind zu einer anderen Ansicht gekommen als der Herr Abg. Struve, und dieser engeren Ansicht ist ja hier auch lebhafter Ausdruck gegeben worden.

Ich möchte es ferner dem Urteil des hohen Hauses überlassen, ob denn das richtig ist, daß die Seeoffiziere weiter nichts können, alt rechtsum und linksum kommandieren. (Abg. Dr. Struve: Dat habe ich nicht behauptet.)

Herr Struve hat dann weiter von einem neuen System gesprochen, und ich habe ihm die Prüfung dieses neuen Systems in höflicher Weise zugesagt. Der Herr Abg. Dr. Weber, der ja ein Kenner vor solchen Sachen ist, hat gestern oder vorgestern schon im voraus ein Urteil über dieses neue System abgegeben. Aber ich will mir mein Urteil vorbehalten, bis die Sache gründlich geprüft ist, und werde dann Stellung dazu nehmen.

Der Herr Abg. Dr. Struve hat ferner seine Ansicht begründet, daß man nicht Offiziere an die Spitze stellen sollte, die ja von der ganzen Sache nichts verstünden usw. Er hat besonders darüber ge klagt, daß wir da junge Herren hinsetzten. Ich bezweifle, daß die Herren, die dort gewesen sind, den Eindruck gehabt haben, daß wirklich zu junge Herren da sind; im Gegenteil, mir ist ein junger krãftiger Mann, der Mitte der dreißiger oder der vierziger Jahre steht eigentlich lieber als ein alter Herr von sechzig Jahren. (Sehr richtig! und Heiterkeit) Das kann ich nicht anders sagen, weil et doch eben auf eine gewisse Energie und das Vorwärtsgehen ankommt und auf eine starke Lebenskraft. Da sind die Ansichten eben ber— schieden; ich habe diese Ansicht und der Herr Abg. Struve jene.

Was dann die Vorbildung der Herren anbetrifft, so ist das * gerade ein Punkt, auf den wir außerordentliches Gewicht legen. Wir streben darnach, die Stellen stabiler zu besetzen. Hierin liegt auch der Grund dafür, daß wir, wie ich auch in der Budgetkommission ausführte, für den Posten als Oberwerftdirektor und Torpedowerkstattsdirektor Zulagen brauchen, die aber der Herr Abg. Struve eben wieder be mängelt hat. (Widerspruch links.) .

Ich würde sogar, wenn nötig, um die Stabilisierung durch zuhalten, noch weiter gehen; denn will ich einen wirklichen Qualitat: offizier haben, und nehme ich ihm, um ihn möglichst lange in der Stellung eines Oberwerftdirektors zu halten, die ganze Frontkarriere die ganze höhere Karriere, so muß ich ihm irgend eine Entschadigun geben. Sonst kann ich den Herrn nicht halten; das wäre eine Un⸗ gerechtigkeit. ö

Im übrklgen, meine Herren, ist es früher nicht immer moglich gewesen, die Dauer der Stellung so zu bemessen, wie es dem wirk⸗ lichen Bedürfnis der Werften entsprach. Bei einer so rapiden a, wicklung, wie wir sie gehabt haben, bei dem permanenten Wechsel wie er notwendig war, so lange um jeden einzelnen Offizier, den wu in der Marine hatten, von allen Stellen, von allen Fommande, behörden gekämpft wurde, weil wir solchen Mangel hatten, war da nicht immer möglich. Bei der weiteren Entwicklung wird das it

besser werden. Wir haben den besten Anfang in der Beziehung gemacht. Alle Herren, um die es sich handelt, haben eine ganz be— sondere Vorbildung bekommen, und schon der Oberwerftdirektor in Kiel, von dem der Herr Abg. Struve eigentlich genau Bescheid wissen müßte, hat eine Vorbereitung von nahezu einem Jahre speziell für den Zweck genossen. Und wenn der Herr Abg. Struve die Stellung der Assistenten mißbilligt, so ist dagegen auch zu bemerken, daß gerade sie eine Vorbereitungsstufe für künftige Oberwerftdirektoren ist.

Mit dem Wunsche des Herrn Abg. Struve, daß wir doch die Werften mit Persönlichkeiten besetzen möchten, die voll der Stellung gewachsen sind, kann ich meine volle Uebereinstimmung aussprechen. (Bravo h

Abg. Schirmer (Zentr.) verlangt neben der Angabe der Lohn— summe die Angabe der Arbeiterzahl im Dispositiv des Etats. Weil diese fehle, könnte man auf eine Verschlechterung der Löhne der Werft— arbeiter um rund eine Million Mark schließen. Eine Lohnherabsetzung wolle aber der Reichstag nicht, wie die Annahme einer Zentrums resolution zeige. Der Redner bespricht Wünsche der Werftarbeiter und verlangt insbesondere den Ausbau der Arbeiterunterstützungskasse zur Pensionskasse. Eine höhere Form der Arbeiterausschüsse sind die Arbeitskammern. Bei der ablehnenden Haltung der Regierüngen gegen die Einbeziehung der Staatsarbeiter mache er darauf aufmerksam, daß Arbeitskammern vom Kaiser gewünscht werden, dem großen Förderer der Marine. Die Marineverwaltung solle den Wunsch ihres höchsten Herrn erfüllen helfen und ihm nicht etwa gar entgegentreten. Das Koalitions- und Petitionsrecht auch der Techniker müsse gewahrt werden. Dem Marineamt wäre keine Perle aus der Krone gefallen, wenn es die Eingaben der Technikerverbände entgegengenommen und geprüft hätte. Der Redner vertritt Wünsche des kechnischen Personals und verlangt dann größere Berücksichtigung süddeutscher Gewerbe treibender bei Vergebung von Arbeiten und Lieferungen für die Marine. Die gleichmäßige Behandlung von norddeutschen wie süd deutschen Firmen trage auch dazu bei, das Verständnis für die Flotte bei den Süddeutschen zu fördern. Von den vielen Millionen, die für die Marine aufgewendet und vom Süden mitbezahlt werden müßten, solle man auch einen entsprechenden Teil dahin zurückfließen lassen.

Abg. Severing (Soz.): Der Kollege Weber hatte sich gestern und vorgestern bemüht, dem Kapitän Isendal Komplimente zu machen, mindestens hat er für mildernde Umstände plädiert. Nicht wir haben die ganze Sache aufgebauscht, sondern daran, daß aus dieser Bagatelle eine Haupt- und Staatsaktion gemacht worden ist, ist die Marineverwaltung selbst schuld. Daß bei den Arbeitern hinsicht⸗ lich der Innehaltung der Arbeitszeit eine gewisse Laschheit ein⸗ gerissen sei, ist nicht richtig, um so weniger, als es an Kontroll apparaten nicht mangelt; ein ganz anderes Kapitel ist es mit dem Kommen und Gehen der höheren Beamten. Der mit dem Dolche bedrohte Arbeiter wollte sein Rad in Ordnung bringen; dabei wurde er von dem Kapitän Isendal überrascht und mit dem Dolche bedroht. Sagt der Kapitän Isendal etwas anderes aus, so sagt er die Unwahrheit. Die Methode, einen Fall für ausscheidend zu erklären, weil der An geschuldigte alles bestreitet, kennen wir ja bei dem Staatssekretär zur Genüge. Eigentümlich und einer Strafversetzung gleich steht doch auch die Versetzung des Hilfswerkführers Ewers nach Danzig, und zwar ohne Reisekostendergütung. Weil die Arbeiter nicht in die Versamm lung gegangen sind, hat die Versammlung amtlich für die Marine— verwaltung gar nicht stattgefunden! Das ist ja eben die Handhabung der Verwaltung, daß sie den Arbeitern gegenüber heimtückisch und hinterhältig verfährt. (Vizepräsident Schultz rügt diesen Ausdruck.) Der Staatssekretär berief sich auf den gesunden Menschenverstand; ich weiß nicht, was der mit dem Reichsmarineamt zu tun hat. Der Zweck der Versammlung war eben, den Arbeitern kundzutun, wie die Verwaltung mit ihnen umspringt. Der Staats—⸗ sekretär hat gesagt, die Verwaltung habe nicht daran ge— dacht, ein Vertrauensvotum von der Arbeiterschaft zu verlangen. Die Oberwerftdirektion hat aber tatsächlich in einem früheren Stadium von einem Arbeiterausschuß ein solches Vertrauensvotum gefordert. Dialektische Kunststücke des Staatssekretärs können daran nichts ändern. Ich muß die Unterstellung entschieden zurück weisen, daß der Arbeitersekretär nur den Zweck verfolgt habe, die Arbeiter für den Metallarbeiterverband einzufangen. Ich habe heute ein Telegramm erhalten, daß in keiner Versammlung die Arbeiter bedroht worden sind; es ist nur hypothetisch davon die Rede gewesen.

Wirklicher Geheimer Admiralitätsrat Harms: Die Löhne der Marinearbeiter sind in der Tat höher als die in den Privatbetrieben. Wir haben uns strikte an die Resolution des Reichstages gehalten. Die Lebenshaltung unserer Arbeiterschaft hat sich entschieden gehoben. Die Titel: „Allgemeiner Werftbetrieb“, „Ersatz beschaffung von Betriebsfahrzeugen der Werften“ und „Instandhaltung der Schiffe und ihres Inventars“ werden in der Debatte verbunden. Die Kommission hat dazu folgende Resolution beantragt:

„Den Reichskanzler zu ersuchen, im Reichshaushalt für 1912 diese Titel zusammenzulegen, sie nach bestimmten Einheitssätzen auszustatten und sie demgemäß als übertragbar zu bezeichnen, ferner mit dem Etat eine nach kaufmännischen Grundsätzen auf⸗ zestellte Bilanz über das Rechnungsjahr 1910 für die Werft Wilhelmshaven zu geben.“

Abg. von Thünefeld entr.) befürwortet einen von ihm im Verein mit den Abgg. Dr. Dröscher (dkons.), Eickhoff (fortschr. Volksp.), von Liebert (Rp.) und Dr. Semler (nl. gestellten Antrag, diese Titel bereits im gegenwärtigen Etat für gegenseitig deckungsfähig und übertragbar zu erklären, und beantragt, die Kommissionsresolution behufs Umredigierung bis zur dritten Lesung zurückzustellen.

Abg. Severing (Soz.): Der Abg. Weber hat uns empfohlen, doch auch unserseits die Kieler Werft zu besuchen. Als ich ihm sagte, daß ich das bereits getan hätte, sagte er, er hätte gewußt, daß ich da gewesen wäre, aber eine Stippvisite beim Oberwerftdirektor genüge nicht. Diese Geschichte ist amüsant, aber nicht wahr. Ich war wieder⸗ holt wochenlang auf den Werften in Kiel und Danzig. Ich will nicht sagen, daß den Herren etwas vorgezaubert worden ist, aber es ist klar, daß sie in 4 Tagen nicht alles zu sehen bekommen. Der Abg. Weber war jedenfalls auf den Werften ein gern gesehener Gast, von uns gilt das nicht. Wir sind überhaupt zu Informationsreisen nicht eingeladen worden. Die Kollegen Erzberger, Nacken und Weber haben sich also in Kiel hingesetzt, und der Abg. Erzberger ist von einem Saulus ju einem Paulus geworden. Seine diesjährige Rede weicht von der vorjährigen in vieler Beziehung ab; er forderte im vorigen Jahre eine vollständige Aenderung der Organisation, jetzt heißt er alles gut und spricht dem Staatssekretär seinen Dank aus. Die Herren hätten unabhängige Leute fragen sollen, dann hätten sie ein ganz anderes Bild von dem f erhalten.

Zustande auf der Werft Gtwas weniger rücksichtsvoll über die verschwenderische Wirtschaft in der Marineverwaltung seit dem Flottengesetz hätte sich der Kollege Schrader schon aussprechen können. Der Admiral Breusing hat uns doch in der Kommission zugeben müssen, daß erhebliche Mengen von Oel, Tauen und anderem wertvollen Material einfach verworfen und vernichtet worden sind, und zwar vielfach auf Geheiß der böheren Offiziere. In Danzig sind im vorigen Jahre, nicht in dem Wasserloch auf dem Holmen, sondern in einer Grübe viele Zentner schwere Bruchftücke des Schwungrades einer Lokomobile und die wert— volle Bronze des dazu gehörigen Wellenlagers aufgefunden worden, die angeblich als Anker benutzt worden waren, während ander⸗ seits die strengsten Vorschriften über die Ablieferung auch der geringfügigsten Abfälle bestehen. In Kiel, im 7. Ressort, dem Kapitän Paasche unterstellt, wurden brauchbare, sehr wertvolle laterialien zerschlagen und so zu altem Gisen gemacht, damit sie nur nicht als überzählig bei der Revision vorgefunden wurden. Das ist doch eine unerhörte Wirtschaft mit dem Gelde der Steuerzahler. In einem Falle wurde der Wert der zerschlagenen Kupferplatten usw.

auf mindestens 5000 M veranschlagt. Selbst Manometer wurden vernichtet, wobei man auch Sorge trug, daß sie bis zur Unkenntlichkeit zerschlagen wurden. Schuld an diesen unerhörten Ausschreitungen ist das militgristische System, aber auch die Art der Untersuchung durch die vorgesetzte Behörde, wie es sich ja so glanzvoll beim Danziger Wasserloch gezeigt hat; es steht das alles auf derselben Stufe mit dem unfehlbaren Ehrenworte des Kapitäns Isendal. Die Spatzen von den Dächern pfeifen es, daß diese militaristische Wirtschaft auf den Werften nicht aufrecht erhalten bleiben darf, wenn ein rationeller Betrieb geführt werden soll. Hätten die Techniker auf den Werften mehr zu sagen, so wäre solcher Unfug unmöglich. Die Kompetenz des Staatssekretärs bezüglich der Anstellung und Entlassung der Verwaltungsbeamten muß allerdings erweitert werden; aber das militärische Element darf auch bei den Bauten nicht das allein ausschlaggebende sein. Bei dem auf Stapel liegenden Panzer „Ersatz Hildebrand“ ist eine nach mehreren tausend Mark zu bewertende Arbeit nachträglich wieder vernichtet worden, weil man an dem Plan eine Aenderung vornahm. In einem andern Falle war die Aufstellung der Maschinen den dazu bestimmten Leuten unmög⸗ lich, weil das Turbinensystem inzwischen geändert war. Warum wurden nicht kundige Arbeiter ausgewählt? An den Behauptungen des „Leipziger Tageblattes“ soll kein wahres Wort sein, depeschiert heute Admiral Lans. Diese Depesche wie der Bericht des Admirals Schiöder sagen alle nur die halbe Wahrheit. Es war kein Zufall, daß der „Vulkan“ nicht zur Stelle war, sondern er lag im Dock und hatte keinen Dampf; er ist allerdings durch zwei Schlepp— dampfer der Neuen Dampfer⸗Kompagnie, also einer Privatfirma, die in Anspruch genommen wurde, herausgeschleppt worden. Daraus ergibt sich schon, daß die technischen Einrichtungen der Werft—

verwaltung keineswegs die Note J verdienen. Wenn der Werftbetrieb wirklich kaufmännisch rationell gestaltet werden soll, muß der Hebel ganz anderswo angesetzt werden, als Dr. Weber meint. Auf Grund einer Beschwerde eines Lohnschreibers ist festgestellt worden, daß bei der Inventaraufstellung zu Neujahr Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, nur um einen Materialienüberschuß zu ver— decken. Es könnte also vielfach viel sparsamer auf den Werften gewirtschaftet werden. Noch immer wird hier und da mit Kolben— maschinen statt der billigeren Turbinen bei der Erzeugung elektrischer Kraft gearbeitet. Die berechtigten Lohnforderungen der Arbeiter werden ja gerade auch mit dem Hinweis darauf abgewehrt, daß die Marine viel teuerer arbeite als die Privatwerften. Die Lohn schreiber erhalten geradezu erbärmliche Bezüge, „bei 2,40 täglich muß der Mann ja zum Verbrecher werden“, äußerte der Gerichts“ vorsitzende in einem Prozesse gegen einen dleser Angestellten. Der Staatssekretär sagte in der Kommission, die Arbeiterlöhne wären im vergangenen Jahre gestiegen. Einzelne Kategorien sind allerdings in eine höhere Lohnklasse gestiegen; in Wirklichkeit sind aber die Löhne konstant geblieben, und das ist bei der Verteuerung der Lebens mittel eine Verschlechterung. Durch Errichtung von Verkaufsstellen allein ist den Arbeitern nicht gedient, die Löhne müssen erhöht werden. Die Lohnschreiber beklagen sich darüber, daß ein Auf rücken in höhere Lohnklassen nicht nach allgemeinen Grund— sätzen, sondern nach „Führung und Leistung“ das Avancement erfolge. Wer ist der Urheber dieser famosen Bestimmung? In Wilhelmshaven sind die Akkordsätze erheblich gekürzt worden. Die Vorstellungen einer Arbeiterdeputation, diese Reduktion rück— gängig zu machen, haben keinen Erfolg gehabt. Die Schlosser und Schmiede sind in die niedrigste Stufe der Nieter und Stemmer herab— gedrückt worden; das war eine Ungerechtigkeit. Derartige Maßnahmen sind nicht dazu angetan, das Vertrauen der Arbeiter zu gewinnen. Nur die Zuziehung der Arbeiterausschüsse kann das Vertrauen der Arbeiter gewinnen. Ich möchte die Maschinisten und Heizer dem Wohlwollen des Staatssekretärs empfehlen. Diese Arbeiter beklagen sich über eine zu lange Arbeitszeit und über einen zu geringen Lohn. Es muß die achtstündige Wechselschicht eingeführt und die Löhne müssen erhöht werden. Im schreienden Gegensatz zu ihren niedrigen Löhnen stehen die hohen Gehälter und Reiseentschädigungen der . Beamten. Die Sozialpolitik auf unseren Werften wird illustriert durch eine Notiz, die im vorigen Sommer durch die Zeitungen ging. Danach soll einem alten invaliden Arbeiter auf Veranlassung des Staatssekretärs eine monatliche Rente von 55 3 aus der Unterstützungskasse bewilligt worden sein. Unsere Kritik an den Zuständen in der Marineverwaltung wird bis tief in die bürgerlichen Kreise geteilt. Nur durch eine solche Kritik ist es möglich, Besserung in den Marinebetrieben herbeizuführen.

Abg. Dr. Weber (ul.): Ich bin dem Staatssekretär dankbar, daß er den Fall des „Leipziger Tageblattes“ aufgeklärt hat; dieser Fall ist damit für uns abgetan. Ich halte es für zweckmäßig, den zu diesem Kapitel gestellten Antrag und die Resolution heute zur Abstimmung zu bringen. Der Abg. Severing sprach von einer Kritik, die der Abg. Erzberger an den Werften geübt hat. Nicht der Abg. Erzberger hat die Werften kritisiert, sondern ich. Inter— essant war mir, daß der Abg. Severing 6 Wochen die Einrichtungen der Werften kontrolliert habe. Wie hat er das fertiggebracht? Er konnte doch nur dort einen Spaziergang machen und als Schlosser keinen Einblick in die kaufmännischen Arbeiten erhalten. Wir sind nicht ein gebildet genug, daß wir alle Fehler und Mängel auf diesen Werften gesehen haben. Aber ein Arbeiter, und als solcher kann der Abg. Severing nur dort tätig gewesen sein, kann dies auch nicht. Einen kaufmännischen Betrieb können Sie nur unter richtiger Führung kennen lernen. Wie kann ein Schlosser beurteilen, ob ein Direktor seine Pflicht tut! Wir lassen uns keinesfalls durch die Herren von den Ministerien heeinflussen. Wir sind jedenfalls unabhängiger diesen Ministern gegenüber, als Sie (zu den Sozialdemokraten) gegenüber gewissen Gruppen. Ich bin vom Staatssekretär usw. ganz un abhängig. Nicht der Staatssekretär hat uns eingeladen, sondern wir haben uns bei ihm zu Gaste geladen. Er hat sich mit mir in Ver bindung gesetzt und hat mich zunächst eingeladen. Die kleinen Mißgriffe, die Sie erwahnt haben, sind nicht wichtig genug, uns damit zu befassen. Auf 5 Kilo Bronze oder einen zerbrochenen Stuhl kommt es nicht an. Das Altmaterial lohnt oft kaum das Geld, um es von der Werft abzufahren. Der Abg. Severing hat entweder die Denkschrift des Ab geordneten Struve nicht gelesen oder nicht verstanden. An die Spitze müßte gestellt werden: Nicht nur Offiziere und Ingenieure dürfen an die Spitze der Werft gestellt werden, sondern ein tüchtiger Mann, der kaufmännisch vorgebildet ist und den Rummel von unten auf kennen gelernt hat. Wir haben feststellen können, daß die Ein— richtungen auf der Werft in hygienischer Beziehung besser sind als in einer großen Zahl der Privatwerke im Deutschen Reiche. Der An— drang der Arbeiter zu den Werften ist denn auch größer als in anderen Betrieben. Auch ich wünsche eine Heranziehung der Arbeiter ausschüsse, aber im Falle Isendal hat der Arbeiterausschuß ver sagt. Die Frage der Inventarisierung der Magazine hat uns auch beschäftigt. Die Inventarisierung der Magazine in Kiel ist außer⸗ ordentlich gut, fast zu gut durchgeführt. Eine einzige Fälschung bei einem so großen Betriebe fällt wahrhaft nicht ins Gewicht. Mir ist mitgeteilt worden, daß die Arbeiter sich an der Festsetzung der Akkord— sätze beteiligt haben. Im übrigen hatten wir uns mit der kauf⸗— männischen Revision zu befassen gehabt, und wir sind dem Staats sekretär dankbar, daß er unsere Anregungen befolgt hat. Ich kann nur wünschen, daß auch andere Ressorts diesem Beispiele folgen. Das Personal an leitender Stelle ist mindestens so gut wie das in anderen Betrieben. Der Abg. Severing hat sich bei seinem Besuche nur mit Kleinigkeiten wie den 5. Kilo Bronze beschäftigt. Es sieht jedenfalls nicht so schlimm auf den Werften aus, wie es immer dargestellt wird.

Abg. Severing (Soz.): Ich habe nicht gesagt, daß ich mich 6 Wochen auf der Werft aufgehalten habe; ich habe mich einige Wochen dort aufgehalten. Der Abg. Dr. Weber hat noch viel mehr RVosenöl für die Marine verzapft als die Abgg. Erzberger und Dröscher. Ich habe die Informationsreisen der Herren nicht bekrittelt (Wider— spruch) ; ich habe den Schinken überhaupt nicht angeschnitten, sondern der Kollege Weber war das Karnickel. Der Abg. Weber sprach von meiner zweistündigen Stipppistte auf den Werften; er nannte meine Information mit der ihm eigenen Sicherheit eine einseitige. Ueber die kaufmännischen Verhältnisse habe ich nicht sein Urteil, aber über die tech

nischen und Arbeiterverhältnisse habe ich mindestens ein so gutes Urteil als er. (Zuruf des Abg. Erzberger. Vizepräsident Spahn: Lassen Sie die Zurufe unbeachtet) Das ist sehr schwer, Herr Präsident. Wir wissen nun, was wir von den Nationalliberalen zu erwarten haben, wenn es sich darum handelt, die Ver⸗ hältnisse auf den Werften zu bessern. Was im Kieler Werftprozeß festgestellt ist, läßt sich nicht durch dialektische Kunststücke wegreden. Es handelt sich wahrhaftig nicht um 5 Kilo Bronze oder um ein paar Zentner altes Eisen, sondern um die Vandalenwirtschaft, wie sie mit den Materialien auf den Werften, wie sie mit dem Gelde der Steuerzahler getrieben wird. Die vernichteten Materialien allein im Ressort des Kapitäns Paasche haben wenigstens 20 000 S. Wert gehabt. Die Werft zahlte für die Müllabfuhr früher 75 , jetzt 1 4M für den Kubikmeter, obwohl billigere Angebote . 75 J vorlagen, und dabei müssen die Werftarbeiter den Müll noch aufladen. Ich habe mich nicht an den Oberwerftdirektor ge⸗ wandt; auch meinem Freunde Bebel wurde der Besuch der Wil⸗ belmshavener Werft nicht gestattet. (Zuruf: Wann war das? Das weiß ich nicht. (Ruf bei den Sozialdemokraten: Vor 10 Jahren h Ich bin jeden Tag auf die Werft gegangen, Vormittags und Nach mittags, und habe so Gelegenheit gehabt in mehreren Jahren, meistens zwischen Weihnachten und Neujahr, in Kiel und Wilhelms— haven die Verhältnisse kennen zu lernen. Sind diese Dinge wirklich nicht wichtig genug, um uns darüber zu unterhalten? Die Steuerzahler denken darüber anders. Zu unserem Vergnügen stellen wir uns doch wahrhaftig hier nicht Jahr für Jahr mit diesen Beschwerden hin. Ich habe mich mit dem Organisationsplan des Kollegen Struve nicht identifiziert, aber ich stimme mit ihm darin überein, daß das bürgerliche technische Element nicht zurückgesetzt wird. Diese Techniker sind häufig viel klüger als die Mandarinen mit dem Zopf. Gewiß entsprechen die neueren Arbeitsräume modernen Anforderungen, es gibt aber solche, die den bescheidensten Ansprüchen Hohn sprechen. Die Arbeitsverhältnisse im ganzen sind auf den Werften nicht besser als in der Privatindustrie; ganz besonders mangelt es an einer wirklichen Arbeiterfürsorge, einzig und allein abgesehen von der Arbeitszeit. Fest steht also jedenfalls daß das Zeugnis des Dr. Weber nicht genügt, um die geübte Kritik zu entkräften.

Abg. Erzberger (Zentr.): Die Herren von der Linken reden ganze Tage, ohne daß irgendein Antrag von ihnen vorliegt, der positive Verbesserungen vorschlägt. Unsere Informationsreisen zu kritisieren, fehlt dem Abg. Severing jedes Recht; dem Reichstag fehlt jede Kompetenz, uns darüber zur Rechenschaft zu ziehen, wie wir unser Geld auszugeben haben. Wie ist der Abg. Severing auf die Werften gekommen? Darüber fehlt noch jede Auskunft. Wenn man in einem Ressort gearbeitet hat, weiß man doch noch nichts von anderen Ressorts. Immerhin hat die Webersche Rede schon Gutes gewirkt, die zweite Rede des Abg. Severing klang schon sanfter als die erste. Auch auf dem berühmten Alteisenhof ist manches besser geworden. Auf Einzelheiten gehe ich nicht ein. Es liegt da allerlei Gerümpel, für das die Abfuhr nicht lohnt. Der Staatssekretär wird dem Abg. Severing gewiß dankbar sein, wenn er es täte. Der Abg. Severing wirft mir eine Wandlung in meinen An⸗ schauungen vor und verweist auf einen Prozeß. Es ist gut, daß in Deutschland überhaupt solche Prozesse geführt werden. Glauben Sie, daß solche Prozesse in Frankreich oder Rußland geführt werden? Es ist jedenfalls heute besser geworden im Alteisenhofe nach der jetzigen Organisation. Wir haben uns durchaus nicht nur allein an das ge⸗ halten, was man uns gezeigt hat. Wir haben in einem gewissen Falle die Akten bis zum Jahre 1905 geprüft, und die Verwaltung war an⸗ gewiesen, uns alles zu zeigen. Die Techniker werden im Betriebe nicht zurückgesetzt, aber sie dürfen nur da hingestellt werden, wo sie hingehören, und dürfen keineswegs überall dem Kaufmann vorgezogen werden. Dieser ist der Verwaltungsbeamte und ermöglicht es, daß der Betrieb nicht zu teuer wird. Der Abg. Severing hat ge⸗ tadelt, daß wir den Betrieb gelobt haben. Ein so gutes kon⸗ stitutionelles, demokratisch geleitetes Lohnbureau wie auf der Werft haben wir nirgends getroffen, in dieser Beziehung war unsere An⸗ erkennung durchaus verdient. Man kann nicht mehr an Fürsorge für die Arbeiter tun, wie es hier geschieht. Die Fabrikräume sind bis auf das alte Gießhaus ausgezeichnet; aber dieses soll durch ein neues ersetzt werden.

Damit schließt die Debatte.

. Abg. Severing (Soz.) Gur Geschäftsordnung) behält sich vor, die Behauptungen der Vorredner zu widerlegen.

Der Antrag von Thünefeld und die Resolution werden an⸗ genommen und die betreffenden Ausgabetitel bewilligt, ebenso die Ausgaben für das Waffenwesen und Befestigungen, das Torpedowesen, Minenwesen, Kassen⸗ und Rechnungswesen.

Bei den „Verschiedenen Ausgaben“, und zwar den— jenigen für die Wohlfahrtseinrichtungen, führt der

Abg. Ahlhorn (fortschr. Volksp.) Klage Über die Verkaufsstellen auf der Werft, die nichts weiter seien als offene Läden, in denen an jeden ohne Unterschied verkauft gäben die ver⸗ schiedensten Artikel ab, von denen er eine Anzahl auf den Tisch des Hauses niedergelegt habe: Wurst, Zigarren, Schokolade, Strümpfe, die angeblich von Invalidenfrauen angefertigt, in Wirklich— keit aber sofort als Fabrikarbeit zu erkennen seien. Sie vernichteten zahlreiche Mittelstandsexistenzen. Er frage an, ob die Waren⸗ lieferungen zu den mäßigen Frachtsätzen für die Marineverwaltung

geschlossen werden

befördert würden. Die Verkaufsstellen sollten und der Staatssekretär dem Unfug entschieden ein Ende machen.

r So * verde. Sie

Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz:

Meine Herren! Die staatlichen Gelder, um dle es sich dabei handelt, werden verwaltet von einer Abteilung des Arbeiteramts für staatliche Wohlfahrtseinrichtungen, und sie werden kontrolliert und berechnet auf Heller und Pfennig wie alle Staatsgelder. Hier handelt es sich um etwas ganz anderes. Wir haben allerdings früher dem Wohlfahrtsvereine Räume auf der Werft gelassen, well die Ar⸗ beiter mit dem Wunsch an uns herangetreten sind, sie möchten hier kaufen, um billiger zu kaufen und nicht auf andere Vereine 2c. an— gewiesen zu sein. Das war der Ursprung.

Nun ist ja im vorigen Jahre hier zum Ausdruck gebracht worden, daß das nicht zulässig wäre, und daß wir diesen Wohlfahrts« verein nicht in den staatlichen Räumen der Werft lassen könnten. Darauf haben wir dem Verein mitgeteilt, er müßte die Räume in der Werft aufgeben, wir könnten sie ihm nicht mehr lassen, er můßte sich selber helfen. Das hat der Wohlfahrtsverein getan und dadurch natürlich größere Kosten gehabt; denn er mußte nun für die Räume, in denen er seinen Verkauf eingerichtet hatte, Miete bezahlen, und dieser Umstand bedingte, daß er nun auch mehr Geld einnehmen mußte, und das hat ihn natürlich dazu gebracht, den Konsum zu er⸗ weitern. Aber der Staat und die Reichsmarineverwaltung hat mit dieser Sache gar nichts zu tun. Ich bedauere ja, wenn dies und jenes dort billiger verkauft wird. Ich könnte ja vielleicht auch ver⸗ suchen, auf privatem Wege meinen Einfluß nach der Richtung geltend zu machen; denn ich empfinde es auch, daß es nicht gerade zweckmäßig ist, die Detaillisten zu sehr zu schädigen. Aber einen staatlichen Einfluß habe ich darauf nicht, und darum ist die Voraussetzung, unter der der Herr Abgeordnete vorhin den Vorwurf gegen die Marineverwaltung ge⸗ richtet hat, unzutreffend. Ich könnte höchstens, wie gesagt, da ich im allgemeinen im Prinzip darin übereinstimme, daß die Detaillisten nicht