1911 / 63 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 14 Mar 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 14. März.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im Auswärtigen Amt den Vortrag des Staats⸗ ekretärs des Auswärtigen von Kiderlen⸗Waechter und nahmen im Königlichen Schloß den Vortrag des Chefs des Militär— kabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker entgegen.

Seine Durchlaucht der Fürst Leopold zur Lippe ist, W. T. B.“ zufolge, gestern mit Gefolge hier eingetroffen.

Der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika The Honourable David Jayne Hill hat Berlin verlassen. Während seiner Abwesenheit führt der Botschaftsrat Laughlin die Geschäfte der Botschaft.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Die Großherzogliche Regierung hat an die Landtags⸗ kommissare ein Reskript und dazu eine Anlage erlassen, die die Grundzüge einer anderweitigen Zu sa mmensetzung des Landtags enthält. Wie „W. T. B.“ meldet, wird in der Anlage u. a. ausgeführt:

Der Landtag besteht für Mecklenburg-Schwerin aus 92 Abgeordneten, nämlich aus 24 Abgeordneten der Ritterschaft, aus 24. Abgeordneten der Landschaft und der beiden Seestädte Rostock und Wismar, aus 7 Abgeordneten des ländlichen Großgrundbesitzes, aus 12 Abgeordneten des ländlichen Kleingrundbesitzes und der übrigen ländlichen Bevölkerung, aus 10 Abgeordneten der städtischen Bürger— schaften und der Fleckengemeinden, aus 1 Abgeordneten der Landes- universität, 1 Abgeordneten der Geistlichen, 3 Abgeordneten der übrigen wissenschaftlichen Berufsstände mit Hochschulbildung, 2 Ab— geordneten der Handelskammer. 2 Abgeordneten der Handwerkskammer, 2 Abgeordneten der Landwirtschaftskammer und 4 vom Großherzog zu ernennenden Abgeordneten.

Das Großherzogtum soll für die Wahlen des ländlichen Großgrundbesitzes in sieben Wahlkreise eingeteilt werden. In jedem Wahlkreise wird ein ländlicher Abgeordneter gewählt. Die Wahl erfolgt unmittelbar und öffentlich. Ber Sitz des Amtsgerichts ist in der Regel der Wahlort. Hierzu heißt es in einer Anmerkung: „Zu erwägen wird sein, ob die Wahl nicht durch Ausfüllung und Zurückreichung eines dem einzelnen Wähler von dem Wahlkommissar übersandten Stimmzettels erfolgen kann.“

Die Kleingrundbesitzer wählen 12 Abgeordnete. Zu dieser Wahl werden folgende Vorschriften als grundlegend aufgestellt: Das Großherzogtum wird in 12 Wahlkreise eingeteilt. In jedem Wahl— kreise wird ein Abgeordneter gewählt. Die Wahl erfolgt hier nicht unmittelbar, sondern durch Wahlmänner, die von den Ür— wählern in den einzelnen Wahlbezirken gewählt werden. KUr— wähler ist, wer ein im Wahlbezirke gelegenes Grundstück als. Eigentümer, Nutzeigentümer oder kraft bäuerlichen Rech is besitzt und bewohnt. Zum Wahlmann kann nur gewählt werden, wer zu den im Bezirke stimmberechtigten Urwählern gehört. Den Urwählern werden angegliedert alle Personen, die indestens zwei Jahre ihren Wohnsitz oder Hausstand in dem Beztffe haben, und zwar ein Gewerbe der Landwirtschaft, oder eine Wissenschaft oder eine Kunst als Haupterwerbequelle betreiben und ein Tinkohumen von mindestens 1200 Æ haben. Gewählt wird von ihnen in mehreren Abteilungen.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Sitzung des Unterhauses beantragte der Abgeordnete Murray Macdonald (liberal) die folgende Resolution:

Das Haus betrachtet mit Beunruhigung das enorme Anwachsen der Ausgaben für das Heer und die Flotte während der letzten Jahre und ist der Ansicht, daß diese Ausgaben vermindert werden sollten

Wie „W. T. B.“ meldet, führte Macdonald in der Be— gründung seiner Resolution aus, daß die Flotte stärker sei, als es der Zweimächte⸗Standard erfordere, und fragte, welcher Art die vom Ausland drohende Gefahr sei, daß sie die Fortsetzung der enormen Ausgaben für Flotte und Heer rechtfertige.

Der Radikale Ponsonby unterstützte die Refolution“ und er— klärte, daß alle nicht zu rechtfertigenden Ausgaben für Rüstungen nicht nur eine Belastung der Steuerzahler, sondern auch eine ernste Heraus—⸗ forderung fremder Nationen seien. Das ganze Machwerk der Be rechnungen MesKennas im Jahre 1969 fei zusammengebrochen, aber die darauf gegründete Politik sei geblieben. Gerade die Tatsache, daß trotz des Schreckens Deutschland in so freundlichen Beziehungen mit England geblieben sei, beweise, daß Englands freundliche Be— ziehungen zu Deutschland tief eingewurzelt und gesund seien. Er freue sich, daß Aussicht dorhanden sei, die Beziehungen mit Deutschland auf einen besseren Fuß zu bringen. Ponsonby nahm auf die kürzlichen Reden des Großadmtrals von Tirpitz und des Abg. Schrader Bezug und richtete die dringende Aufforderung an Sir Edward Grey, er möge jede Gelegenheit ergreifen, um Deutschland Freundlichkeiten zu zeigen.

. Der Liberale King! beantragte hierauf das fog ende Amendement:

Das Haus bedauert das Fortbestehen der Notwendigkeit der Auf⸗ rechterhaltung großer Rüstungen und würde die Herbeiführung einer internationalen Vereinbarung für die Beschränkung der Rüftungen willkommen heißen.

Der Erste Lord der Admiralität Me Kenna führte in seiner Erwiderung aus:

Pon sonby habe das Bezugnehmen auf Deutschland und die deutsche Flotte in dieser Debatte gemißbilligt. Er könne ihm die Versicherung geben, daß es absolut unmöglich sei, auf an ihn gestellte Fragen zu antworten oder die Politik der Admiralität zu erläutern wenn nicht auf fremde Flotten Bezug genommen werde. Die Re“ gierung habe ihre Politik nie verhüllt. Sie gebe den Rat, Schiffe in solcher Anzahl zu bauen, daß die brisssche Flotte in den Stand gesetzt werde, in allen möglichen Fällen die Freiheit Groß— britanniens auf der Hochstraße des Ozeans zu sichern. Diese Freiheit lönne aber nicht gesichert werden, wenn die britische Flotte nicht jeder fremden Flotte überlegen sei, und zwar jeder denkbaren und wahrscheinlichen Kombination, der Großbritannien vielleicht allein entgegentreten müsse. Nachdem MeKenna betont hatte, daß diese Politik keine Feindseligkeit gegen irgend eine Nation in sich schließe fragte er, wie er die Vermehrung erklären könne, wenn er nicht in bestimmter Weise auf die von den Mächten gemachten Vorbereitungen Heʒzug nehme. Natürlich sei die Macht, die er auswähle, diejenige, die die zweitstärkste Flotte besitze. Darum müsse er die Stärke und Vermehrung der britischen Flotte mit derjenigen der deutschen

wies Mestenna darauf hin, daß die 1906 und 1908 beschlossenen Ab⸗ änderungen des deutschen Flottengesetzes die Bestlmmungen für die olgenden Jahren in Zweifel gelassen hätten. Ponsonby, erklärte MeKenna, habe ihn in die Lage verse Verteidigung die Worte zu erklären, di er bei der Ein Budgets für 1909 gebraucht habe. Ponsonby habe seine . Worte angeführt, um zu beweisen daß entgegen seiner Annahme, Ende 1910 würden neun deutsche Dreadnoughts vollendet sein, tatsächlich nur fünf vollendet gewesen seien, und daß, während e 17 Schiffe vollendet sein, e, daß nach den ihm gemachten offiziellen Erklärungen, die schtig ansehe, die 17 Schiffe von den deutschen Werften ktiühjsahr 1813 abgeliefert sein würden. an, das Haus im Jahre 1909 irregeführt zu haben. Mestenna fort, „daß das, atsache mitgeteilt habe, wahr gewesen, es daß meine Schlußfolgerung irrig gewesen sei. wie ich zu diesem Irrtum gekommen bin. rechtfertigen,

deutsche Flotte in den darauf f zt, zu seiner ührung des des Redners)

r vorausgesetzt erbst 1912

nicht vor dem F Er klage sich Es wird zu⸗ ich damals als wird aber behauptet, Ich soll zu meiner Verteidigung zeigen, Ich kann jetzt Juli 1909 die vier Eventualschiffe verlangt habe. deutschen Schiffe Winter 190805 ersah ich aus dem mir vo Budget für 1909/10, daß die ersten beiden Baur die 1908 auf Stapel gelegt waien und zum B gehörten, fast 1 300 006 Pfd. Sterl. betrugen. Bauraten waren bis auf 90 0900 Pfd. Sterl. ersten Bauraten für die Schiffe des Programms Ich zog den Schluß, daß beabsichtigt war, Ich hatte keine Mitteilung v treter der Admiralität in Deutschland hatte kein Mittel, eine ze Information Schlüsse ziehen, wie sie die Tatsachen gestatteten. meine ursprüngliche Erklärung korrigiert und dem H offiziellen deutschen Daten der Ablieferungstermine gt, warum ich nicht die Forderung der vier Eventual— das Haus erinnern, daß der ten eine Vergröß

e Die großen Jahresraten

aten für vier Schiffe, auprogramm 19038 / 09 Das heißt, die beiden dem Beitrage der drei für 190607 gleich. die Schiffe früher zu om Gegenteil.

ich konnte Am 29. März

den Grund anlan schiffe zurückgezogen habe, so wird sich

größere Betrag der ersten zwei Baura Schiffe bedeuten mußte, wenn er nicht eine Beschle ersten vier Schiffe der Nassau⸗Klasse kosten je 1908 begonnenen 2300 000 Pfund, vermutlich auch Antwort auf zu diesen neuen Superdreadnought tapel gelegt wurden, eine Erhöhung der Bau— e 500 000 Pfund für das Schiff bedeutet.“ daß der Uebergang vom Lord Nelson- zum Dreab— noughttyp, der so viel Erstaunen erregt habe,

erhöhte Kosten für das Schiff verursacht habe. im Juli 1909 sagen können, daß er zw Regierung rückhaltlos angenommen h folgerung bezüglich der Daten falsch Schlußsolgerung bezüglich der Größe und gewesen sein müsse. Er habe nicht nur der Kritik der auch der Opposition klärung, die man, wenn au mierend hatte alarmierendere Behauptungen

habe damals nichts sagen wo hervorrufen können, aber er trage kein Bede sich im Jahre 1968 ereignet habe. Diese sich jetztẽ im Bau und England habe seine sei die Zeit für eine Panik vorüber auf die Zukunft und erklärte: Werften im Frihja werden zum salben daß das vermehrte eine irrige.

ergrößerung der unigung des Baues

1800 9000 Pfund im Sinne die Vergrößerung des Deplacements von den ersten Schiffen, die Dreadnoughts waren, Jahre 1908 auf den S kosten um wies darauf hin, nur um 50 000 Pfund Er hätte dem Hause ar die Erklärung der deukschen abe, daß aber seine Schluß— gewesen sei, s der Baukosten von Nutzen gewesen sein? Radikalen begegnen, sondern sich gegenüber verteidigen müssen.

würde das

Und jede Er— ch nur im geringsten Grade, als alar—

außerhalb benutzt worden sein. gendwie eine Panik hätte nken, heute zu sagen, was größeren Schiffe befänden Antwort erteilt, und daher MeKenng kam zum Schluß 2l deutsche Schiffe werden von den

14 abgeliefert werden und 30 britische Schiffe Renpunkt vagendet sein. Buh t in Zukun

llen, was ir

Ponsonbys Annahme, t 50 Millionen betragen wird, eine weitere Aenderung des deut Fes erfolgt, und wir haben allen Grund,

nicht der Fall sein wird, so wird das Budget ergleich mit dem für 1911

schen Flotten⸗ zu glauben, daß dies r 1912/13 eine Ver—⸗ 12 zeigen. Aber wir können bevor wir wissen, wie die künftigen tten beschaffen sein werden.“

an der verschiedene Redner teilnahmen, . be kein großes Interesse an der in bezug auf Schlüsse, die er vor zwei habe, aber er sei der Ansicht, daß die Verteidi nehme deshalb zur Zeit davon Äbstand, an Er forderte sodann von klärung über ihren Standard stellte die Frage, ob Admiral Wilson

minderung im V keine Verpflichtung übernehmen, Entwicklungen der fremden Flo

Nach weiterer Debatte, erklärte Balfour, er habe

Mort o 8; /r Ne Ke ö Verteidigung Me Kennas

Jahren gemacht gung gut sei, und er zudget Kritik zu n der Regierung eine endgültige Er— in bezug auf die Seestreitkräfte und die Regierung den Standard annehme, den in seinem Memorandum vertreten habe, nämlich zwei neue Schiffe für jedes fremde neue. Hierauf wiederholte Sir Edward Grey

6 * Asquiths Definition von dem Zweimächte⸗Standard in bezug

auf die euror Zweimächte⸗Standard MeKenna gebrauchte Satz eine Flotte, die sta See gegen jede denkbar wahrscheinliche Kombination zu be— en.“ Die Resolution Maecdonalds könne er weil sie eine Einschränkung der Ausgaben fordere,

anzuerkennen, anderen Mächte abhängig

zäischen Mächte rk genug sei, ihre Ueber⸗

nicht annehmen, ohne die Tatsache

Die Regierung

erforderliche darf die Meinung aufkommen, höher ist, unsere auswärt hat das Budget als eine Hochwassermarke deutet eine Hochwassermarke, wenn die und beabsichtsgten erfüllt wird, haben zu glauben, haben wir unzweifelhaf zerminderungen

hinausginge. daß, weil das diesjährige Budget igen Beziehungen gespannt seien. bezeichnet, und es be—

Programme der anderen

Erwartung t die Hochwassermarke er—

, e ü auswärtigen ziehungen, erklärte Grey weiter, sind und waren nicht gespannt. Worte Asëquiths in bezug auf Frankreich is Gedächnis des Hauses sein. ihre Differenzen,! der Nationen.

Zuerst beglichen die beiden ind dann folgte auf beiden Seiten die Lassen Sie mich sagen, daß gerade als den letzten Jahren seine Differenzen mit Beutschland frage beilegte, dies dem Frankreich keinen Abbruch tat.

herzliche Verhältnis zwischen uns diese kürzlich eine f nichts mehr,

Regierungen Annäherung Frankreich in in der Marokko— Verhältnis Ebensowenig heeinträchtigte es und der russischen Regierung, als Zwiesprache in Potsdam hatte. als daß unsere Freunde mit anderer Fuß stehen, und empfinden darül Was Oesterre Aeußern vor kurzem erklärt, den alten vertrauenspollen Beziehungen zurückzukehren.

diese Erklärung nur warm begrüßen und genau ebenfo erw jetzt zu Deutschland. zember gesprochen, und ich möchte seine Grey zitierte von Bethmann Hollweg in bezug auf die ziehungen, beginnend mit den Worten England in dem Wunsche, zu vermeiden usm.“ und endigend mit den Worten, das sich nicht bei den Regierungen, wohl aber in Mei ung leider vielfach geltend gemacht hat“. großen Nachdruck auf fügte hinzu:

zirwünschen 1èMächten auf gutem zer nur Genugtuung, aber keine Cifer— ich Ungarn anbelangt, so hat dessen Minister des daß beide Regierungen willens seien,

idern. Ich Der deutsche Reichskanzler hat im Fe . zorte gein dem Hause por— sodann die Erklärung des Reichskanzlertz Tr. deutsch-englischen Be— Auch wir begegnen uns mit Rivalitäten in Beziehung auf Rüstungen as Mißtrauen, öffent ichen Hierbei legte Grey nicht bei den Regierungen“ und Ich nehme ganz und gar dieselbe Stellung ein. Wenn

veigleiq en. In Erwiderung auf die Beschwerde der Radikalen, daß es der Regierung nicht gelungen sei, die Ausgaben zu vermindern,

ich bedenke, was alles in der Presse veröffentlicht oder gemutmaßt

worden ist, so würde man erstaunt sein, zu erfahren, wle leicht es

sagen, eine Einigung zu erreichen, wohl aber Differenzen zwischen den beiden Regierungen in freundlichem Sinne zu besprechen. Das bedeutete keine Aenderung der Politik auf unserer Seite. Wir haben nicht den Wunsch abseits zu stehen, und wir hatten nicht den Wunsch, daß unsere Beziehungen zu irgend einer Macht so be— schaffen sein sollten, daß dadurch herzliche Beziehungen zu Deutschland unmöglich würden. Man hat von den Großmächten Europas gesagt, daß sie getrennte Gruppen bildeten. Das stimmt; aber während der letzten fünf Jahre schwinden die Anlässe, die diese Gruppen in, Wivderstreit miteinander hätten bringen können, mehr und mehr.“ Sir Edward Grey führte weiter aus, es sei paradox, daß die Rüstungen bei den tatfächlich bestehenden Beziehungen zwischen den Mächten mit solcher Beschleunigung vermehrt würden. Di Bürde der Rüstungen sei eine größere Gefahr als der Krieg selbst. Sie bedeute ein Verbluten in Friedenszeiten. Es sei gesagt worden, daß vieles durch Abkommen erreicht werden könnte, und es sei speziell ein Abkommen mit Deutschland angeregt worden. Dazu sei ein sehr vorsichtigez Vorgehen notwendig. Er habe stets den Ausdruck „Beschränkung der Rüstungen“ vermieden; es werde im Auslande so gedeutet, als ob England anderen Ländern eine Beschränkung auferlegen wollte. Kein Land würde sich das gefallen lassen, Deutschland am wenigsten von allen. Er, habe stets den Ausdeuck gebraucht wechselseitige Be⸗ schränkung der Ausgaben“. Wenn er irgend' eine Hoffnung machen würde, daß Deutschland infolge eines Abkommens von seinem Flotten⸗ gesetz abstehen oder es ändern würde, so würde ihm sofort widersprochen werden. Nur innerhalb der Grenzen jenes Flotten— gesetzes könne vielleicht etwas zwischen den beiden Regierungen geschehen. Er sei stets der Meinung gewesen, daß ein offner Austausch von Informationen zwischen den beiden Re— gierungen durch die Marineattachés gegen Neberraschungen sichern und jede von beiden Nationen überzeugen würde, daß keine bon beiden versuche, der anderen einen Vorsprung abzugewinnen. Ein Abkommen könnte vielleicht zu einer Verlangsamung der Aus— gaben führen oder dazu, daß das gegenwärtige Programm Deutschlands keine Steigerung erfahren würde. Alles dies könne Gegenstand der Erörterung zwischen beiden Regie— rungen sein, und es wäre in jeder Beziehung vorteilhaft, wenn ein Abkommen erzielt werden könnte. Deutschland habe seiner⸗ seits Englands Budgets nie als Herausforderung angesehen. Was man anstreben müsse, sei eine heilsame Be vegung, die das Uéiebel an der Wurzel fasse und die öffentliche Meinung aller Länder so beeinflusse, daß sie die Flut der Ausgaben der Welt zum Stillstand bringe. Voraussichtlich lasse sich nur auf dem Wege des Schiedsgerichtswesens auf diese Ausgaben einwirken, aher die öffentliche Meinung müsse darin noch einen großen Schritt vorwärts tun. Zweimal im letzten Jahr, im März und im September, habe der Präsident Taft Maßnähmen zur Förderung des Schiedsgerichtswesens angeregt, die von größerer Bedeutung seien als irgend etwas, waz ein praktischer Staatsmann in seiner Stellung je zuvor zu unternehmen gewagt habe. Der Gedanke Tafts sollte nicht ohne Echo bleiben. Die Regierung würde einen Vorschlag dieser Art mit Freude begrüßen, aber es würde sich dabei um, einen so gewaltigen und in seinen möglichen Folgen so weit reichenden Schritt handeln, daß er der entscheidenden Sanktion des Parlaments bedürfen warde. Er glaube allerdings, daß man diese erhalten könnte.

Das Haus lehnte hierauf die Resolution Macdonald mit 276 gegen 56 Stimmen ab und nahm dag von der Regierung gebilligte Amendement King an.

Frankreich.

Ein heute veröffentlichtes Dekret über die Fremden legion hebt, „W. T. B.“ zufolge, das Dekret vom 165. Ja⸗ nuar 1910 auf und setzt die Artikel 6 und 7 des Gesetzes vom 10. März 1831 wieder in Kraft.

Die Deputiertenkammer hat gestern die Beratung des Marinebudgets beendet und mit der des Kriegsbudgets

begonnen. Nußland. X

In einem Allerhächsten Reskript an den Marine minister wird, „W. T. B.“ zufolge, darauf hingewiesen, daß die Kommission zur Untersuchung der Tätigkeit der Haupt— verwaltung des Schiffsbaues, der Marinewerke und der Kriegshäfen nach dem von ihr erstatteten Bericht nichts gefunden hat, was Grund zur Annahme von Mißbräuchen geben könnte. Abweichungen von der festgestelltn Ordnung hütten bereits die Aufmerksamkeit des Ministers und seiner Gehilfen auf sich gelenkt. Das gebe dem Kaiser die Zuver sicht, daß, da dem Marineministerium die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt würden, jede Veranlassung, einem der wichtigsten Zweige des Marineressorts Mangel an Planmäßig keit vorzuwerfen, wegfallen werde. Um jedoch einer Störung der regelmäßigen Tätigkeit des Marineministeriums in Zukunft vorzubeugen, beauftragt der Kaiser den Minister, ein Reglement über die Zusammenstellung und Bestätigung von Schiffsprojekten seiner Sanktion vorzulegen, die Frage der Reorganisation der Hauptverwaltung des Schiffsbaus und des technischen Marine komitees der Beratung des Admiralitätsrats zu unterbreiten und die Beschlüsse des Admiralitätsrats hierüber sowie das Projekt einer allgemeinen Reorganisation der Zentralverwaltung des Marineressorts dem Kaiser vorzulegen. Endlich fordert das Reskript die Beseitigung der Mängel in der Verwaltung der Marinewerke sowie die schnellste Ausarbeitung eines neuen Reglements für die Verwaltung der Kriegshäfen.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Deputiertenkam mer he

antwortete der Unterstaatssekretär im Ministerium des Aeußern Fürst di Scaleag eine Anfrage des Abg. Gui ccsardin bezüglich der Meldung eines Berliner Blattes über die Porträtausstellung in Florenz, nach der diese Aus— stellung lediglich eine Mache der Florentinischen Geschäfts leute sei. Wie W. T. B.“ meldet, erklärte der Unterstaatssekretär, daß dieses Urteil durchaus der Wahrheit widerspreche. Denn die Aut— stellung sei in rein künstlerischem und patriotischem Geiste von einem Komitee organisiert worden, das großes Ansehen und hohe Verdienste genieße und an dessen Spitze der Bürgermeister von Florenz stehe. Der Minister des Aeußern habe den italienischen Botschafter in Berlin telegraphisch erfucht, die falsche Meldung ganz entschieden zu dementieren. Der Unterstaatssekretär begrüßte freudig die Gelegenheit, der Dankbarkeit des italienischen Volks Ausdruck geben zu können gegenüber den auswärtigen Regierungen und Völkern, die dazu beigetragen haben, die Ausstellung zu einer glänzenden und vollständigen zu machen.

Spanien.

‚. In der Deputiertenkam mer griff gestern der ehemalige Minister Urzais die wirtscha ftliche und finanzielke Politik der Regierung, insbesondere die letzten Vorlagen des Finanzministers, aus denen sich ein Verlust von mehreren Millionen für den Staatsschatz ergeben würde, und den Plan der Anderthalbmilliardenanleihe heftig an und fügte laut Be— richt des „W. T. B.“ hinzu, daß feine Worte den Zweck hätten,

jederzeit innerhalb der letzten drei Jahre gewesen ist, ich will nicht

83 x . 4 * . * * ⸗— 1 2412 die Aufmerksamkeit des Königs auf die sonderbare Finanzpolitik der Regierung zu lenken.

der dänischen Bevölkerung in Nordschleswig vor. Trotz entgegen⸗

Der Ministerpräsident Canalejas antwortete dem Redner mit Ausdrücken der Entrüstung. Uxzais widersprach dem Minister⸗ präͤsidenten und nannte den vom Finanzminister vorgelegten Entwurf über die Amortisierung der äußeren Schuld unmoralisch. Darauf sprang der Finanzminister, vor Erregung zitternd, auf und . langte, Urzais möge erklären, welchen Sinn er dem Worte unmorg j . beilege, in dem er einen direkten Angriff auf seine Ehrenhastig ei sehe. Urzais hielt jedoch seine Behauptungen aufrecht und lehnte es ab, weitere Erklärungen zu geben.

Die Debatten werden heute fortgesetzt.

Türkei.

Ein Irade verlängert, W. T. B.“ zufolge, den Belagerungszustand noch auf einige Zeit, mit der Be⸗ gründung, daß die Aufhebung vor Abänberung einiger die öffentliche Ordnung betreffender Gesetze und vor Vervollständi⸗ gung der Organisation der Polizei und Gendarmerie unstatt—

ei. . 2 Wie Nachrichten aus Kreisen der Pforte, obiger Quelle zufolge, besagen, haben vorg estern die beiderseitigen Kommissare an der türkisch⸗griechischen Grenze ein Protokoll über Maßnahmen zur Vorbeugung von Grenzzwischen— fällen unterzeichnet.

Griechenland.

Der Ministerpräsident Venizelos empfing gestern eine Abordnung von Studierenden und tadelte ihnen gegenüber die Parteien, die die Sprachensfrage in ihrem Interesse auszu⸗ beuten versuchten. Der Ministerpräsident versicherte, wie W. T. B.“ meldet, den Studierenden, daß die altgriechische Eprache nicht gefährdet sei. Um der politischen Erregung ent⸗ gegenzutreten, würden die Kammer und die Regierung die er⸗ forderlichen Beschlüsse fassen.

Serbien.

Der deutsche Gesandte von Reichenau hat, „W. T. zufolge, gestern in einer Privataudienz dem König sein Ab⸗ berufungsschreiben überreicht.

91 B.

Amerika.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ erklärt der mexi⸗ kanische Botschafter in New York, daß zwischen den Re⸗ gierungen der Vereinigten Staaten und Mexiko das beste Einvernehmen herrsche. Der Präsident Taft habe ihm abermals die Freundschaft Amerikas ausgedrückt. Auch der amerikanische Staatssekretär des Krieges erklärt, daß zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten die freundschaft lichsten Beziehungen beständen. Mexiko verstehe die Mobil⸗ machung vollkommen. . .

Nach einem Telegramm aus El Paso herrschen in N ord⸗ mexiko sehr traurige Zustände. Die Insurgenten in den Staaten Chihuahua und Sonora zerstören Eisenbahnen und Telegraphenleitungen und belagern zahlreiche Städte, in denen sich Tausende von Frauen und Kindern ohne Nahrung und in hilfloser Lage befinden. Telegramme aus der Hauptstadt Mexiko geben Gerüchte wieder, nach denen die Landpolizei am Sonnabend 120 Insurgenten bei San Bartolito aufgerieben habe, von denen 50 Mann gefallen seien.

Asien. Der russische Gesandte in Peking hat nach einer Meldung

der „St. Petersburger Telegraphenagentur“ den Auftrag erhalten, dem Waiwupu eine Note zu überreichen, in der erklärt wird, bie russische Regierung erblicke in der Antwort der chinesischen Regierung über die Beschränkung des russischen Handels durch Monopole und über die Errichtung von russischen Konsulaten im Bezirke von Kobdo Beweise unfreundlicher Beziehungen seitens Chinas. Dieses entstelle den genauen Sinn der Vertragsbestimmungen durch sein Bestreben, den den russischen Untertanen und dem russischen Handel ge währten Vertragsrechten jede Bedeutung zu nehmen. Die russische Regierung fordert die chinesische Regierung auf, die Folgen einer derartigen Handlungsweise zu erwägen, die unvermeidlich zu einer Störung der freundschaftlichen Be⸗ ziehungen zwischen Rußland und China führen würden.

Afrika.

Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ berichten eingeborene Regierungsbeamte, die gestern aus Fes in Tanger angekommen sind, daß die Straßen mit Aufständischen angefüllt seien. Das ganze Gebiet von Fes bis Alcazar stehe in Waffen gegen den Sultan. Sie hätten Schwierig⸗ keiten gehabt, durchzukommen und hätten heftiges Feuern im Gebiete der Scherarda gehört, wo die scherifischen Truppen die Aufständischen angegriffen hätten. Ueber das Ergebnis des Kampfes hätten sie nichts vernommen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Bericht über die gestrige Sitzung des Reichstags und der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

Der Reichstag setzte in seiner heutigen (147.) Sitzung, welcher der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück beiwohnte, die Spezialberatung des Etats für das Reichsamt des Innern fort und nahm die allgemeine Debatte beim Gehalt des Staatssekretärs wieder auf.

3 , . (Däne) sjloß sich hinsichtlich der Kritik der Handhabung des Reichsvereinsgesetzes den Ausführungen des Abg. Dr. Müller⸗Meiningen an und brachte eine Anzahl von Fällen parieiischer und ungerechter Handhabung dieses Gesetzes gegenüber

stehender Entscheidungen des Reichsgerichts hielten die preußi— schen Behörden auch in den höheren Instanzen an einer Auslegung des Gesetzes fest, die man nur als ungesetzlich bezeichnen könne. Ganz besonders charakteristisch sei in dieser Beziehung das Ver— bot der Erteilung von Turnunterricht an jugendliche Personen, wenn nicht ein besonderes, auf Grund alter preußischer Kabinetts⸗ orders von 1834 verlangtes amtliches Attest für die Befähigung zur Erteilung von Turnunterricht vorgezeigt werden könne. (Die Einzeldarstellung des Falls wurde von dem Vizepräsidenten Dr. Spahn als nicht zur Sache gehörig bezeichnet. Das Reichsgericht habe festgestellt, daß für die Erteilung von Turnunterricht an schulentlassene jugendliche Personen nicht das Unterrichtsministerium zuständig sei, sondern daß hierauf lediglich S 35 der Gewerbeordnung Anwendung finde. Der Redner ging dann auf einen anderen Fall ein, in dem eine junge Dame wegen desselben angeblichen Delikts zu 200 4 Geldstrafe ver— urteilt und, weil sie nicht zahlen konnte, in das Gefängnis zu

Justizressort fallend, bezeichnet Der Redner brach hierauf seine i ab, indem er den Staats sekretẽr ersuchte, dem Fall seine Aufmerksamkeit zuzuwenden und der Majestät des Gesetzes Achtung zu verschaffen. .

! . . verwandte sich für die Zulassung auch der kleineren elektrotechnischen Installateurfirmen bei der Derstellung von Ueberlandzentralen, damit nicht den Großfirmen ein Monopol auf diesem Gebiete zufalle. Für den Mittelstand müsse endlich etwas Positives geschehen, lange genug ses der Bundesrat jetzt mit Ermagungen beschäftigt. In dieser Richtung sei zunächst entsprechend der Resolution von Hertling dem Reichstage ein Gesetz vorzulegen, das die Vorschriften der Gewerbeordnung über Wanderlager und Warenauktionen erhehlich verschärft. Es muüsse für die betreffenden Waren ein Ursprungszeugnis verlangt und ferner die Wanderlagersteuer erheblich erhöht werden. Der heimliche Waren— handel, der das stehende Gewerbe ganz bedeutend schädige und gegen den auch Petitionen vorlägen, müsse durch energische Maßnahmen unterdrückt werden, wie es ebenfalls die Resolution Hertling fordere. Ferner liege von seiner Partei ein Antrag Gröber vor wegen Vorlegung eines Gesetzentwurfs auf Aenderung der Gewerbeordnung über Detail reisende und Hausierer nach der Richtung, daß die Einzelstaaten nach Lage ihrer Verhältnisse weitergehende Einschränkungen treffen können. Besonderg in Süddeutschland seien solche Einschränkungen notwendig. Die Hausierer machten den kleinen Kaufleuten und der Heimarbeit eine unheilvolle Konkurrenz.

(Schluß des Blattes.)

In der heutigen (48) Sitzung des Hauses der Ab geordneten, welcher der Minister der geistlichen 2c. Angelegen⸗ heiten D. von Trott zu Solz beiwohnte, wurde zunächst eine Reihe von Petitionen für nicht geeignet zur Erörterung im Plenum erklärt und sodann die Beratung des Etats des Ministeriums der geistlichen und Unterrichts— angelegenheiten im Kapitel des Elementarunterrichts— wesens fortgesetzt.

An gesetzlichen Staatsbeiträgen auf Grund des Lehrer— besoldungsgesetzes sind 37 690 000 „SP, an. Besoldungen und Zuschüssen für Lehrer und Lehrerinnen, sowie für Schulen aus besonderer rechtlicher Verpflichtung und aus Spezialfonds sind 544 293 S0 ausgesetzt.

Hierzu liegt der Antrag der Budgetkommission vor:

»die Regierung zu ersuchen, die untergeordneten Behörden zu veranlassen, auf Vermehrung von Hilfsschulen für schwach veranlagte Kinder der Volksschulen hinzuwirken, und darüber zu wachen, daß der konfessionelle Charakter dieser Schulen gewahrt werde“.

Berichterstatter Abg. Heckenroth referiert über die Kommissions⸗ verhandlungen. . .

Abg. Goebel (Zentr): Sowohl im vergangenen wie auch in

diesem Jahre ist wiederholt darauf hingewiesen worden, daß durch das Lehrerbesoldungsgesetz leider nicht dasjenige für die Volksschullehrer erreicht worden ist, was man sich davon versprach, weil die Aus führung dieses Gesetzes nicht überall denjenigen Erwartungen ent⸗ sprochen hat, die man in Lehrerkreisen daran geknüpft hat. Ich hatte im vergangenen Jahre hervorgehoben, daß die Volksschullehrer durch die Nschtbewilligung der Ortszulagen in denjenigen Gemeinden sich benachteiligt fublten, in denen für die Lehrer die Voraus— setzungen des § 20 des Lehrerbesoldungsgesctzes gegeben sind. Die von einzelnen Provinzen beschlossenen Tarife der Miets⸗ entschädigungen entsprachen zumeist den Anforderungen des 5 12 des Lehrerbesoldungsgesetzes insofern nicht, als sie nicht eine ausreichende Entschädigung sür die nicht gebotenen Dienstwohnungen darstellten. Man hatte lediglich die Mindestsäße für den Wohnungsgeld— zuschuß der mittleren Beamten gewährt, und nur in einzelnen Provinzen war man über diese Mindesisätze hinausgegangen. Schon im vergangenen Jahre war von Rednern verschiedener Parteien be— tont worden, daß eine derartige Regelung nicht im Einklang stehe mit den Absichten, von denen das Haus bei Beratung und Erlaß des Lehrerbesoldungsgesetzes geleitet worden sei. Die Festsetzung von Gehaltssätzen, die geringer sind als die der mittleren Beamten, war unter anderem auch damit gerechtfertigt worden, daß die Lehrer jegenüber den Beamten dadurch bevorzugt seien, daß sie die volle Mien entfchib l gurch erhielten, während die Beamten nur einen Woh nungsgeldzuschuß bezögen. Im vorigen Jahre hatte ich die Soffnung ausgesprochen, daß die Provinzialräte bei der Revision der Miets⸗ entschädigungstarife nach endgültiger Regelung der Wohnungẽgeld⸗ zuschüsse in Preußen die bestehenden Härten nach Möglichkeit beseitigen würden. Ich kann mit Genugtuung feststellen, daß dieser Wunsch nicht ganz ungehört verhallt ist. Ich muß anerkennen, daß in Schlesien eine Verbesserung der Mietsentschädigungssätze erfolgt ist. In an— deren Provinzen bestehen aber nach wie vor Härten. Die Höhe der Mietsentschädigung entspricht auch in ihren neuen Tarifen noch nicht dem Verhältnis zwischen Wohnungegeld und Mietsentschädigung. Namentlich in Hannover besteht noch Grund zur Klage, und auch in den Vororten von Berlin ist den örtlichen Mietspreisen nicht ge— nügend Rechnung getragen. Die Ortsklasseneinteilung ist hier schon wiederholt einer Kritik unterzogen worden, weil sie außerordentlich mechanisch vorgenommen ist. In Zabrze und Zaborze werden ver⸗ schiedene Mietsentschädigungen gezahlt, obwohl beide Orte ganz zu⸗ sammenhängen, sodaß auch der Ortskundige die Grenze nicht zu unterscheiden vermag. Trotzdem gehört Zabrje zur Ortsklasse O, Zaborze zur Ortsklasse B. Ich bitte den Minister, hier und in anderen Fällen, wo gleiche Härten bestehen, Abhilfe zu schaffen. Die Gemeinden sind oft nicht in der Lage, Ortszulagen zu bewilligen. So hat z. B. der Oberbürgermeister von Königshütte in seiner Ctats— rede bedauert, daß Königshütte sich bei seiner finanziellen Lage nicht habe entschließen können, Ortszulagen zu bewilligen, obwohl die Notwendigkeit dieser Zulagen allgemein anerkannt werde. Ich verkenne durchaus nicht die vielen Schwierigkeiten, bei den ver schiedenen Verhältnissen der einzelnen Gemeinden den richtigen Weg zu finden. Sehr geklagt wird darüber, daß in bezug auf die Lese— bücher zwei Verlagsfirmen, eine für den Westen und eine für den Osten, eine gewisse Monopolstellung haben. Dadurch ist es nicht möglich, die Forderungen der Pädagogik und die Erfahrungen der Lehrer schaft in dem Maße zu berücksichtigen, wie es wünschenswert wäre. In Schlesien besteht der anormale Zustand, daß die Lehrer an manchen katholischen Schulen einen Anspruch auf Umzugskosten nicht haben. Es muß eine einheitliche Regelung für die Umzugskosten herbeigeführt werden, und bei der Belastung der Gemeinden muß der Staat mitwirken. t l

Abg. Dr. Heß (Zentr.): Im Regierungsbezirk Marienwerder be⸗ steht in Mewe eine Schule mit 530 bis 540 katholischen und 80 bis 0 evangelischen Kindern; der Lehrkörper hat 7 katholische und 5 evangelische Lehrer, während nach dem Prozentverhältnis der Kinder nur 2evangelische Lehrer da sein dürften. Die Schule wünscht, daß bei einem Wechsel an Stelle einer evangelischen Lehrkraft eine katholische an— gestellt wird, und daß auch ein katholischer Rektor stait des evan— gelischen an die Spitze der Schule gestellt wird. In dem amt— lichen Schulblatt für die Regierungsbezirke Danzig und Marien—

werder wird trotzdem jetzt wieder eine Stelle für eine evangelische Lehrkraft ausgeschrieben. Ich bitte den Minister um eine An— ordnung, daß dem Wunsche der Schule nachgekommen wird. In Annahütte im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. gibt es 228 katho lische Kinder, und doch ist die Errichtung einer besonderen katholischen Schule nicht zu erreichen. Die Regierung in Frankfurt g. O. hat er⸗ klärt, daß die Entwicklung der dortigen Schule nicht durch überstürzte Maßnahmen gestört werden solle, und daß für die religiösen Interessen durch eine katholische Lehrkraft, die den Religiongunterricht erteilt, ausreichend gesorgt sei. Es gibt dort ein Schulsystem mit zwei Schulen, an deren Spitze ein gemeinsamer Rektor steht. Der Religionsunterricht für die katholischen Kinder wird nur

in übertriebener Weise für die religiösen Interessen gesorgt.

Auf der Oberstufe in Annahütte hieß ein Aufsatzthema: Wegegen wandten sich die Reformatoren?“ Bei der Besprechung dieses Themas hat der Lehrer nicht gerade die katholischen Gefüble geschont. Wir rechnen auf das Wohlwollen des Ministers und hoffen auf Aenderung in den erwähnten Fällen. Wiederholt hat mein Freund Marx hier über den Fall in Bütow gesprochen. Schon 1906 verlangte man dort für die 135 katholischen Kinder die Errichtung einer besonderen konfessionellen Schule. Fünf Monate nach der ersten Eingabe erging der Beschluß, daß es bei der vorhandenen Schule sein Bewenden haben müsse, da die Schule nicht konfessionell, sondern simultan sei. Das ist nicht richtig. Der Beschluß von 1907 wurde der Regierung überreicht, und 1908, nach 9 Monaten, genehmigte die Regierung in Köslin den Be⸗ schluß; der katholische Pfarrer in Bütow erhielt einen entsprechenden Bescheid. Offenbar infolge der Besprechung des Falles durch meinen Freund Marx forderte der Minister die Regierung in Kötlin zum Bericht auf, und diese vertrat ihren Standpunkt auch dem Minister gegenüber in einem Bericht vom 30. April 1908. Der Minister hat einen ganz anderen Standpunkt eingenommen, als die Regierung in Köslin. Er hat der Schule einen konfessionellen Charakter zugesprochen, da der Magistrat die Anstellung weiterer katholischer Lehrkräfte abgelehnt habe. Auch sei 8 39 des Vol ksschul⸗ unterhaltungsgesetzes als vorliegend anzusehen. Es folgten nun im Anschluß an diesen Erlaß des Ministers Verhandlungen zwischen der Regierung in Köslin und dem Magistrat von Bütow über die Kosten des Baues usw,, aber die Gemeinde machte Schwierigkeiten. Nach 11 Monaten griff dann der Minister durch einen neuen Erlaß ein. Der Magistrat wendete ein, es handle sich nicht um eine Konfessions⸗ schule, sondern um eine Simultanschule, die katholischen Lehrer an dieser Schule erteilten in der Hauptsache nicht Religions⸗ unterricht, sondern Unterricht in anderen Fächern. Im De— zember 1909 fragte der Bezirksausschuß beim Magistrat an, ob die katholischen Hausväter, die im Jahre 19096 den Antrag gestellt hatten, auch am 1. April 1908 noch mindestens 120 Schul⸗ kinder vertreten hätten. Am 7. Januar 1919 erklärte der Magistrat, daß nicht mehr 120, sondern nur noch 107 Schulkinder vertreten gewesen seien. Auf Grund dieser Mitteilung beschloß der Bezirks⸗ ausschuß, daß der Feststellungsantrag abzulehnen sei. Gegen diesen Beschluß erfolgte nun seitens der katholischen Väter Be⸗ schwerde beim Provinzialrat. Dieser entschied, daß die Beschwerde der Regierung zurückzuweisen sei. Es wurde anheimgegeben, nunmehr einen neuen Antrag auf Grund des 539 des Volksschulunterhaltungs⸗ gesetzes zu stellen, und bei diesem Punkt steht die Sache nun heute. Man kann sich ungefähr denken, wie die Sache sich weiter entwickeln wird. Wenn es der katholischen Gemeinde in Bütow gelingt, nach⸗ zuweisen, was ihr nicht schwer fallen wird, daß die gesetzliche Kinderzahl vorhanden ist, dann wird die Stadtgemeinde dazu übergehen, die Frage auf eine neue Basis zu stellen und Erhebungen darüber anzustellen, ob es sich überhaupt um eine konfessionelle oder Simultanschule handelt, und dann wird mit derselben Genialität die Sache in die Länge gezogen werden, wie es bisher bereits der Fall gewesen ist. Es können noch zehn Jahre darüber vergehen, bis die Sache überhaupt zur Erledigung kommt. Dieser Fall ist, wie gesagt, typisch dafür, wie man bei Mangel an gutem Willen billige Ansprüche einer konfessionellen Minderheit unberücksichtigt läßt. Wenn die Stadt Bütow geltend gemacht hat, daß die Errichtung einer konfessionellen Schule ihr zu hehe Opfer auferlege, so könnte der Minister ihr ja mit seinen Mitteln unter die Arme gieifen. Wenn sie aber die Frage aufgeworfen hat, ob es sich überhaupt hier um eine konfessionelle Schule handelt, so sollte in allen solchen Fällen ein- für allemal estimmt werden, daß, wenn ein Lehrer der konfessionellen Minderheit zur. Erteilung des Religiensunterrichts angestellt wird, dann gleichzeitig festgestellt wird, daß es sich hier nicht um eine Simultanschule, sond ern um eine Konfessionsschule handelt. Dann würden künftig solche Irr⸗ tümer nicht vorkommen wie in Bütow. Nach dem von Wredeschen Kommentar unterliegt es keinem Zweifel, daß die Entscheidung über die Frage, welchen Charakter eine Schule trägt, unbedingt der Schulaufsichtsbehörde zusteht. nicht dem Ermessen einer einzelnen Stadtverwaltung oder dem Bezirktausschuß usw. Die Frage, ob sich in Bütow die gesetzlich vorgesehene Mindestzahl der Kinder von 120 gefunden hat, ist nach der amtlichen Statistik unbedingt zu bejahen. (Der Redner führt die betreffenden Zahlen an,) Die katholischen Gemeinden haben sich der evangelischen Minderheit gegenüber in zabl= reichen Fällen viel entgegenkommender verhalten als Bütow der katholi— schen Minderheit gegenüber. Einzelne sind soegar so weit gegangen, daß sie für 10 bis 12 evangelische Kinder eine Konfessionsschule eingerichtet baben, ohne dafür die sehr erheblichen Kosten zu scheuen; sie haben sich also viel weitherziger gezeigt als die evangelischen Gemeinden. Sonderbar sind auch die Gründe, welche die Stadt Bütow für die Ablehnung angeführt hat. Sie hat gemeint, durch die Errichtung einer katholischen Schule würde man sich an den katholischen Kindern ver sündigen, weil diese eigentlich nur einen Dorfunterricht genießen würden, und eine solche Schule würde die konfessionellen Gegensätze verschärfen. Wir meinen, daß gerade das Gegenteil eintreten würde Die katholi⸗ schen Eltern machen dech nur von einem ihnen gesetzlich gewähr— leisteten Recht Gebrauch, und es streift an das Unerhörte, wenn die Stadtverwaltung von Bütow ihnen daraus einen Vorwurf macht. Ich bitte den Minister, seinen Einfluß dahin geltend zu machen, daß diese langweilige Geschichte etwas beschleunigt wird. Daß er an seinem Standpunkte festhält, halte ich für selbstverständlich. Im Interesse der Einheit in diesen Rechtsfragen müßte eine Verusu nge instanz beim Oberverwaltungsgericht eingerichtet werden. In Lauen⸗ burg liegt ein ähnlicher Fall vor, der nech schlimmer ist. Da giht es über 260 katholische Kinder, und die Stadtgemeinde hat ebenfalls die Errichtung einer Konfessionsschule verweigert. Hier hat sich der Bezirksausschuß vollständig auf den Beden der katholi— schen Minderheit gestellt und die Errichtung einer Kon fefstonsschule angeordnet. Auch der Minister hat für den fatholischen Antrag Stellung genommen. Ich habe im porigen Jahre bereits dem Minister die Bitte ausgesprochen, daß er den Fonds zu Entschädigungen an Lehrer und Lehrerinnen für die Teilnahme an amtlichen Kretskonferenzen erhöhen möge. Ich freue mich, daß in diesem Jahre eine Eihöhung eingetreten ist.. Vielleicht wäre es möglich, einen Dispositionsfonds für die Kreisschulinspektoren für iese Zwecke zu schaffen. . ö a. . ne, beklagt sich über ungleichmäßige Bemessung der Amtszulagen für evangelische und katholische Schulleiter im Re— gierungsbezirk Münster. Es werde sogar von der Königlichen Ne— gierung in Münster ein Druck auf die Gemeinden ausgeübt, die inen Ausgleich schaffen wollen. Es kämen Benachteiligungen der katholt⸗ schen Schulleiter bis zu einer Höhe von 500 46 im Jahre vor.

Geheimer Oberregierungsrat Klotzsch: Die Regierung ist be⸗ müht, die Schwierigkeiten, die sich bei der Ausführung der Bestim⸗ mungen über die Amtszulagen ergeben haben, auf dem Verwaltung wege zu beseitigen. Daß bei den Mietsentschädigungen T ift renzen besteben, ist ganz selbstverständlich. Hätten wir eine einheitliche, Regelung haben wollen, dann hätie die Miet entschädigung einhentlich für die ganze Monarchie geregelt werden müssen. Mit der Negelung der Mietsentschädigung ist aber ein ganz ungeheurer Fortschritt erreicht worden. Es sind allein 6 Millionen Mark dadurch den Lehrern mehr zugefallen.

(Schluß des Blattes.)

Nr. II des Zentralblatts für das Deutsche Reich heraus

* 9m 3.2 541 C * 9

gegeben im Reichßamt des Innern, vom 4. März bat folgenden Ink alt:

Zoll- und Steuerwesen: Anleitung für die Zollabfertigung von Roggen⸗ und Weizenkleie.

Tondern abgeführt worden sei. (Auch hier wurde die Einjeldarlegung vom Vizepräsidenten Dr. Spahn als nicht hierher gehörig, sondern in das

von einer Lehrerin in beiden Schulen erteilt, es ist also nicht gerade