1911 / 67 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 18 Mar 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Unterweisung in der Bürgerkunde innerhalb der anderen Fächer wird man es nicht gerade sehr ernst nehmen. Im vorigen Jahre sind hier die Zustände am Essener Gymnasium besprochen worden, wo besondere Cöten für die Schüler der besseren Stände eingerichtet werden. Ist darin inzwischen Remedur geschaffen worden? In der Schule wird auch Politik getrieben. Der Sohn eines „Vorwärts“⸗Redakteurs war Mitglied einer jener Jugendorganisationen, die Sie mit Feuer und Schwefel verfolgen, er wurde wegen Uebertretung des Vereinsgesetzes angeklagt und vom Gericht zu drei Mark Geldstrafe verurteilt. Darauf wurde ihm die Zulassung zum Abiturientenexramen unmöglich gemacht, und der Minister bestätigte die Entscheidung des Provinzial schulkollegiums, weil eine gerichtliche Strafe erkannt sei. So wurde dem jungen Mann in kleinlicher, engherziger Weise die Existenz un möglich gemacht. Im Jahre 19607 haben die Gymnasiasten unter Billigung der Schulverwaltung bei den Wahlen in regierungs⸗ freundlichem Sinne Schlepperdienste geleistet. Die preußische Unter⸗ richtsverwaltung wird ihren Pflichten gegen die Allgemeinheit nicht gerecht, sie schläagt den Verfassungsgrundsaͤtzen ins Gesicht.

Abg. Dr. Glattfelter (Zentr.): Wir sind allerdings Vaterlandsfeinde gescholten worden, aber wir sind es nicht ge⸗ wesen und werden es nicht werden. Wie denkt sich der Vor⸗ redner das zukunftsstaatliche Schulsystem? Es wäre interessant, darüber etwas zu erfahren. Die Zahl der katholischen Kan⸗ didaten für das höhere Lehramt soll zugenommen haben, insbesondere die Zahl der Lehramtskandidaten für Deutsch und Geschichte. Nun, die Befürchtung ist jedenfalls unbegründet, daß mehr evangelische Schüler von katholischen Lehrern unterrichtet werden, als katholische Schüler von evangelischen Lehrern.

Die Debatte wird geschlossen.

Der Kommissionsantrag betreffs der russischen Sprache und der Antrag Viereck betreffs des Pensionsdienstalters der Oberlehrer werden angenommen. Die Ausgaben für die höheren Lehranstalten auf Grund rechtlicher Verpflichtungen werden bewilligt.

Um 5 Uhr wird die Sitzung abgebrochen, um 7!“ Uhr fortgesetzt zu werden.

8 J

Abends

Abendsitzung vom 17. März, 71, Uhr.

Die Spezialberatung des Etats des Ministeriums der geistlichen und Unterrichts angelegenheiten wird im Kapitel „Höhere Lehranstalten“ fortgesetzt.

Bei den Zuschüssen für die vom Staate zu unter⸗ haltenden Anstalten fragt

Abg. Que hl (kons.) an, weshalb die Regierung die Genehmigung zur Umwandlung der Realschule in Glogau in eine Oberrealschule ver⸗ fagt habe, da doch ein Bedürfnis für diese Umwandlung vorliege. Auf die Einwohnerschaft Glogaus komme es nicht allein an, sondern auch auf den umliegenden Kress. Glogau sei der Sitz von mehreren Be⸗ hörden und besitze eine große Anzahl von Offizieren. Den Kindern der Beamten und Offiziere müsse Gelegenheit gegeben werden, nicht nur ein Gymnasium, sondern auch eine Oberrealschule zu be— suchen. Es handele sich hier geradezu um eine Lebensfrage für Glogau. Vor hundert Jahren sei Glogau der Sitz der Regierung gewesen; die Regierung sei damals nach Liegnitz verlegt worden, und Glogau habe sich von diesem Schlage nur allmählich erholen können. Nachdem die Festungsmauern gefallen seien, sei das Festungsgelände unter schweren Kosten erworben worden. Zur Entwicklung einer Industrie fehle es an den Vorbedingungen; Glogau sei im Begriff, eine Art Pensionopolis zu werden. Die Exrichtung einer zweiten höheren Lehranstalt würde dazu wesentlich beitragen.

Abg. Freiherr von Reitzenstein-Pilgramsdorf (Hentr.) be⸗ fürwortet die Petition des Magistrats in Rybnik um Ausbau des Königlichen Progymnasiums in Rybnik zum Vollgymnasium, welche die Kommission der Staatsregierung zur Erwägung zu überweisen empfiehlt, auf das wärmste. ;

Abg. Hoff (fortschr. Volksp.) spricht sich für eine Herabsetzung der Pflichtstunden der älteren Vorschullehrer aus.

Bei den Zuschüssen für die von anderen zu unterhaltenden, aber vom Staate zu unterstützenden Anstalten empfiehlt

Abg. Graf Moltke (freikons.) die Umwandlung des in Blankenese bestehenden Progymnasiums in eine Vollanstalt unter staatlichem Zuschuß, wie ihn auch andere holsteinische höhere Lehranstalten er halten. ;

Abg. Siebert (kons.) bittet die Regierung, das Real progymnasium in Bünde in Westfalen auf den Staatshaushaltsetat zu übernehmen, da die Stadt unter der Tabaksteuer schwer zu leiden habe und 240 ½ Kommunalsteuerzuschläge erheben müsse. Außerdem empfiehlt er den Ausbau des Progymnasiums in Rietberg.

Abg. Hum ann (Zentr.) unterstützt diesen Wunsch. Das Be— dürfnis der Umwandlung des Progymnasiums in eine Vollanstalt sei mit der Zeit immer dringlicher geworden. Andere Gymnasien in Westfalen seien überfüllt. Der Amtsbezirk Rietberg zähle rund 11300 Seelen, was im Vergleich mit anderen Orten, die Vollgymnasien haben, vollkommen ausreiche. Man müsse den kleinen Orten auch etwas gönnen, schon um das fortwährende Abwandern nach große Städten zu verhindern.

Abg. Bartscher (Zentr.) schließt sich diesem Wunsch an. Solche kleinen, gesunden, sittenreinen Städte müßten in erster Linie berüch sichtigt werden. .

Abg. Kir sch (Zentr.): Die Art und Weise, wie diese Sachen vorgetragen werden, eri an die Art, wie die Kleinbahnwünsche vorgebracht werden. selbst vorzubringen habe, geht in erster Linie den Finanzminister an. Mein Wunsch betrifft den Ausbau des Progymnasiums in Ratingen bei Düsseldorf. Es würde sich um einen Staatszuschuß von etwa 15 000 ½ handeln. Ratingen selbst hat erheb liche Lehrerbesoldungszuschüsse zu leisten und erhebt ziemlich hohe Kom— munalsteuerzuschläge.

Abg. Busch (Zentr.) bittet um möglichste Beschleunigung des Stiftisch⸗katholischen Gymnasiums in Düren.

Dle Abgg. Dr. Hintzm ann (nl. und Reinhard (Zentr.) unter⸗ stützen den Wunsch des Abg. Siebert für die Stadt Bünde und bitten um einen höheren Ergänzungszuschuß.

Bei den Ausgaben für Reisestipendien für Lehrer der neueren Sprachen bi

Abg. Ern st (fortschr. Ve

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ttet Aksp.), auch Lehrerinnen und Lehrern der Mittelschulen solche Stipendien zu gewähren.

Zu Einrichtungen behufs Ausbildung im praktischen Gebrauche der russischen 11 000 S ausgeworfen.

Abg. Viereck (freikons.) weist auf die auffallende Unkenntnis der tussischen Sprache in den interessierten Kreisen hin. Kaufleute und Gewerbetreibende, namentlich im Osten, könnten die Kenntnis des Russischen nicht entbehren. Norwegen, Schweden und Dänemark hätten das Russische in ihren Schulen eingeführt, selbst Bayern habe dies getan. In Preußen werde Russisch nur in den Militärschulen getrieben. Es müsse deshalb, seinem Antrage entsprechend, die russische Sprache an Stelle des Englischen als fakultativer Unterrichtsgegenstand in den Lehrplan bei einer Anzahl von höheren Lehranstalten der östlichen Probinzen eingeführt werden. Er denke in erster Linie an die Real— schulen. Die erforderlichen Lehrer könnten durch das orientalische Seminar in Berlin vorgebildet werden. Die Förderung der russischen Sprache sei im Interesse des Handels und freundlicher Beziehungen zu Rußland in hohem Grade erwünscht.

Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Köpke: Die Oberpräsidenten von Ost⸗ und Westpreußen haben 1990 diesen Plan befürwortet. Die Kaufmannschaft von Königsberg hat aber ein Bedürfnis dazu nicht anerkannt. Das Ergebnis der kommissarischen Verhandlungen im Ministerium des Innern war die Einrichtung von Kursen in Danzig und Bromberg für

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von Beamten Sprache sind

.

Beamte. Auch in Posen wurden Kurse eingerichtet. Die Unter— richtsverwaltung ist bereit, der Anregung des Vorredners zu ent- sprechen, verkennt aber die großen Schwierigkeiten, die in der Be⸗ schaffung geeigneter Lehrer liegen, nicht. Dazu kommt, daß an der Grenze Dlalekte gesprochen werden.

Die Anträge Viereck und der gleichlautende Antrag der Kommission werden angenommen.

Bei den Ausgaben für die Auskunftsstelle für Lehr bücher des höheren Unterrichtswesens weist

Abg. Dr. Schmit t⸗Düsseldorf (Zentr.) auf ein Buch mit dem Titel „Angewandte Geschichte, eine Erziehung zu politischem Denken“ hin, das in die Hände der Schüler gelange und große Verbreitung finden werde, weil es von einem Professor verfaßt sei, der seit einer Reihe von Jahren den Geschichtsunterricht in den oberen Klassen des Gymnasiums in Düsseldorf erteile. Das Buch sei auch von dem Direktor des Reformrealgymnasiums in Düsseldorf günstig beurteilt worden. Das Buch sei aber seiner Tendenz nach in radikalem alldeutschen und schroff antikatholischem Geiste geschrieben. Obwohl der Verfasser im Vorwort schreibe, daß die Politik nicht in die Schule gehöre, werde die dauernde Verbesserung der politischen Zu— stände empfohlen. In dem Buch selbst würden die germanische und die römische Kirche einander gegenübergestellt und die letztere als intolerant und deutschfeindlich bezeichnet und ihr planmäßige Geschichtsfälschung vor— geworfen. Das Buch wende sich auch gegen das Zentrum und dessen Zoll politik. Das Tollste sei, daß in dem Buch stehe, im 19. Jahrhundert habe ein Kardinal ausgesprochen, jedermann könne einen Exkommunizierten un⸗ gestraft ermorden. Das Buch sei in 500 Exemplaren für Schulen geschenkt worden und werde damit in fast allen Vollgymnasien ver⸗ breitet werden. Eine Stelle sei in dem Buch besonders empörend, wo es heiße: der Ausgang der Ereignisse von 1870 war für die klerikale und jesuitische Partei zerschmetternd. Eine solche Insinugtion müsse das Zentrum mit der größten Entrüstung zurückweisen. Es wäre im höchsten Grade bedauerlich, wenn durch ein solches Buch die konfessionellen Gegensätze verschärft werden sollten. Den kon— fessionellen Frieden zu fördern, habe die Rechte sich neulich bereit er⸗ klärt. Katholische Oberlehrer, die den Antimodernisteneid geleistet haben, würden niemals eine Methode verfolgen wie jenes Buch. Er bitte die Unterrichtsverwaltung, dieser einseitigen tendenziösen Ge— schichtspolitik keinen Eingang in die Schule zu verschaffen.

Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. Köpke: Dieses Buch ist keineswegs ein Lehrbuch, kann auch als ein Schulbuch nicht in Frage kommen. Daß die vorgelesenen Stellen nicht unbedenklich sind, wird unbedingt anerkannt werden müssen. Von einer Schenkung des Buchs ist uns nichts bekannt. Es ist ein anderes Buch geschenkt worden; es liegt eine Verwechslung vor.

Abg. Dr. Schmitt (Zentr.) weist darauf hin, daß nach seinen Informationen 500 Exemplare an Schulen verschenkt worden sind.

Bei den Zuschüssen für die vom Staate zu unterhaltenden höheren Mädchenschulen bedauert

Abg. Graf Clairon d'Haussonville (kons.), daß die Frage der Frauenbildung in einer Abendsitzung besprochen werden müsse. Was den sogenannten vierten Weg betreffe, d. h. die Möglichkeit des Universitätsbesuchs durch Damen, so müsse man sein Urteil darüber zurückhalten, bis Erfahrungen vorliegen. Bei der Konzessionierung der Privatschulen müsse die Befähigung des Leit Leistungsfähigkeit und die Bedürfnisfrage streng geprüft Eine gesetzliche Aenderung des Privatschulwesens sei notwen älteren Privatlehrer befänden sich in einer schwierigen Lage. Ihre Beiträge zur allgemeinen deutschen Pensionskasse seien verhältnismäßig hoch und die Pensionen gering. Vie Kasse müsse mehr alimentiert verden.

Abg. Dr. Kaufmann (Zentr.) führt aus, daß die Entwicklung des deutschen höheren Mädchenschulwesens nach dem Erlaß von 1908 im allgemeinen eine günstige sei. Man müsse aber zwischen höheren Mädchenschulen und Studienanstalten unterscheiden. In die letzteren sollten nur die geistig bevorzugten Mädchen geschickt werden. Die wissenschaftlichen Anforderungen an diesen An⸗ stalten seien besonders hoch. Darum könnten sie auch nur körperlich kräftige Mädchen besuchen, die durch gesellschaftliche Verpflichtunger nicht in Anspruch genommen werden. Der „vierte Weg“ müsse für die Lehrerinnen offen stehen, obwohl er seine Schattenseiten habe. Einige Fakultäten hätten die Prüfungsbestimmungen für die Stu dentinnen verschärft, ohne die Genehmigung des Ministers einzuholen. Das sei bedenklich.

Abg. Ernst nachtschlafender 3

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bedauert ebenf man bei

Frage behandele; als ehrlicher

vohnt, um 10 Uhr zu

gegen 105 Uhr geworden.) Der Redner be

Oberlehrer und

rerinnen an den höheren Mädchenschulen, die Vorschriften über die

Zulassung der Lehrerinnen zum Universitätsstudium und die Rang— und Dienstverhältnisse der Oberlehrerinnen.

ung bei, daß dieser

Lehrerinnen und Ob Tagessitzung und

Seo Baltä werb dlItruisso z G eéhaltsver 11 is der d

Abg. Dr. Hintz mann (nl.) tritt Gegenstand würdiger und dienlicher besser besetztem se erörtert ien bisher eh rteil über die Reform der Mädchenschulen sei heute noch nicht s f sorgen, daß bei Neu⸗ en der Charakter gewahrt i es, daß den höheren Mädchenschulen werden. Bei der Ueberbürdungsmöglichkeit höheren Töchter, besonders an den Studienanstalten, sei eine ; ig durchaus notwendig, aber auch den Knaben zu gönnen. ienordnung habe zu Mißständen geführt. Bei den kädchen- oder Realschulen, wenn er sie so nennen dürfe, könnte viel icht der Lateinunterricht eingeführt werden. Bei den Beihilfen zur Unterhaltung nichtstaatlicher höherer Mädchenschulen usw. bittet Felisch (kons), die Altersversorgung der Privatlehrerinnen möglichst bald gesetzlich regeln zu wollen. bg. Ern st schließt sich diesem Wunsche an. d ohne Debatte bewilligt.

D Extraordinarium wird ebenfalls genehmigt, nachdem die

Vll S8 Abgg. Dr. Gottschalk-Solingen, Dr. Hintzmann und Sauer mann (Zentr.) einige Wünsche geäußert haben.

Die oben erwähnte Petition der Stadt Rybnik wird der

Staatsregierung zur Erwägung überwiesen. Damit ist die Beratung des Kultusetats beendet.

chluß 1117 Uhr. Nächste Sitzung Sonnabend 11 Uhr Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten; Aus ührungsgesetz zum Reichswertzuwachssteuergesetz; Etat des

inanzministeriums).

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. 1 bg.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes über den Erwerb von Fischerei⸗ berechtigungen durch den Staat und das Aufgebot von Fischereiberechtigungen nebst Begründung zugegangen. Der Gesetzentwurf lautet, wie folgt:

.

Für Fischereiberechtigungen an Gewässern, die durch Bau— ausführungen der stagtlichen Wasserbauverwaltung betroffen werden, gelten die nachfolgenden Voischriften.

d 2.

Die Fischereiberechtigungen können als selbständige Gerechtig⸗ keiten ganz oder für Teile der Gewässer auf den Staat übertragen werden.

Zu der Uebertragung ist die Einigung der Fischereiberechtigten und des Staats über die Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch erforderlich.

3

Die Einigung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beur— kundung oder der Beurkundung nach Maßgabe des Artikels 12 §S§ 2, 4 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Gesetz⸗ samml. 1899 S. 183). : .

Die Eintragung erfolgt auf Grund des bloßen Nachweises der Einigung durch die Anlegung eines besonderen Blattes für die selb— ständige Gerechtigkeit.

§ 4.

Für die Anlegung und Führung des besonderen Grundbuchblatts ist, wenn die Fischereiberechtigung mit dem Eigentum an einem Grundstücke verbunden war, das Grundbuchamt zuständig, welches das Grundbuch über das Grundstück zu führen hat, ö

Im übrigen ist für die Zuständigkeit die Lage des Gewässers maßgebend, das den Gegenstand der Fischereiberechtigung bildet. Er streckt sich die Berechtigung über den Bezirk eines Grundbuchamts binaus, so ist das zuständige Grundbuchamt nach §z 20 des Aus führungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (Gesetzsamml. 1899 S. 276) zu bestimmen. . 83 *

Bei Fischereiberechtigungen, die mit dem Eigentum an einem Grundstücke verbunden sind oder auf dem Eigentam an einem im Grundbuch eingetragenen Gewässer beruhen, wird die Anlegung des Blattes für die selbständige Gerechtigkeit auf dem Blatte des Grund stücks oder des Gewässers vermerkt.

Eingetragene Rechte Dritter an dem Grundstücke oder an dem Gewässer, die sich auf die Fischereiberechtigung ersiwecken, sind auf das Blatt der selbständigen Gerechtigkeit zu übertragen, sofern nicht der

Dritte die Löschung bewilligt.

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es

§ 6.

Sind it der Fischereiberechtigung Nebenrechte verbunden insbesondere das Recht zum Trocknen der Netze, zur Rohrnutzung oder zum Fischen auf überschwemmten Wiesen, so gehen sie mit der Fischereiberechtigung auf den Staat über.

8 7

Das Gesetz, betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten, vom 2. April 1887 (Gesetzsamml. S. 105) findet auf gemeinschaftliche Fischereiberechti gungen auch dann Anwendung, wenn sie zwar nicht durch ein Aus— einandersetzungsverfahren begründet, aber in einem Auzeinandersetzungs⸗ rezeß aufrechterhalten sind.

88.

Auf die selbständigen Fischereigerechtigkeiten finden die Vor— schriften Anwendung, die nach Artikel 40 Abs. 1, 2 des Ausführungs gesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (Gesetzsamml. 1899 S. 201) und nach den Artikeln 22, 28 des Ausführungsgesetzes zur Grundbuch ordnung (Gesetzsamml. 1899 S. 312, 313) für andere eingetragene selbständige Gerechtigkeiten gelten.

3 * Die Fischereiberechtigungen können im Wege des Aufgebote verfahrens mit der Wirkung ausgeschlossen werden, daß sie dem Staate gegenüber nicht mehr geltend gemacht werden können. Das Aufgebot ist nur für bestimmte Gewässer oder Strecken von Gewässern (Auf gebotsgebiet) zulässig.

Für das Aufgebotsverfahren

10 bis 15.

gelten die besonderen Bestimmungen

3 10. Zuständig ist das Amtsgericht, zu dessen Bezirke das Aufgebots— gebiet gehört. Erstreckt sich dieses Gebiet über den Bezirk eines Amtsgerichts hinaus, so ist das zuständige Gericht nach 20 des Aus führungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze (Gesetzsamml. 1899 S. 276) zu bestimmen. § 11.

Antragsberechtigt ist die für die Bauausführung (5 1) zuständige Provinzialbehörde.

Der Antrag muß eine genaue Bezeichnung des Aufgebotsgebiets soweit erforderlich, nach einer dem Antrage beizufügenden Karte, und die Angabe der mit ihrem Bezirk an dem Aufgebotsgebiete beteiligten Amtsgerichte, Regierungen, Kreise und Gemeinden enthalten.

Die Antragstellerin hat die ihr bekannten Fischereiansprüche unter Angabe des Wohnorts der Berechtigten, und zwar auch nach der räumlichen Ausdehnung und der Art der Fischerei, soweit ihr diese be⸗ kannt sind, anzuzeigen.

8 12 s Aufgebot ist aufzunehmen die genaue Bezeichnung des Aufgebotsgebiets; die Aufforderung, Fischereiberechtigungen, die für gebotsgebiet oder einen Teil des Gebiets in Anspruch genommer werden, nach der räumlichen Ausdehnung und der Art der Fischerei spätestens im Aufgebotstermin anzumelden, widrigenfalls sie mit de Wirkung ausgeschlossen werden würden, daß sie dem Staate gegenübe nicht mehr geltend gemacht werden können. Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots erfolgt:

1) durch Anheftung an die Gerichtstafel bei den beteiligten

Amtsgerichten; durch Einrückung in den Deutschen Reichsanzeiger sowie in di . der beteiligten Regierungen und die Kreisblätter der

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3) durch Bekanntmachung in den beteiligten Ge— meinden.

Das Aufgebot soll den von der Antragstellerin angezeigter Fischereiberechtigten von Amts wegen unter Mitteilung der ugestellt werden, und zwar, sofern auch die räumliche Aus und die Art der Fischerei angezeigt sind, mit der Eröffnung, daß es der Anmeldung der Ansprüche nicht bedürfe, soweit nicht weitergehend Rechte, als angezeigt sind, in Anspruch genommen werden. Im übrigen erfolgt die Zustellung mit der Aufforderung, Fischereiberechti gungen, die für das Aufgebotsgebiet oder einen Teil des Gebiets in Anspruch genommen werden, nach der räumlichen Ausdehnung der Art der Fischerei spätestens im Aufgebotstermin anzumelden. Zustellung kann durch Aufgabe zur Post erfolgen.

5 14 Die Aufgebotsfrist muß mindestens drei Monate betragen. 8 15.

In dem Ausschlußurteile sind die von der Antragstellerin unter Angabe der räumlichen Ausdehnung und der Art der Fischerei an gezeigten Fischereiansprüche auch dann vorzubehalten, wenn sie nicht angemeldet sind.

Dieses Gesetz tritt am 1. il 1911 in Kraft.

Die Vorschriften der 85 2 bis 6 finden auch dann Anwendung, wenn die Einigung vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zustande gekommen ist.

Statistik und Volkswirtschaft.

Die deutschen Aktiengesellschaften im Jahre 1910.

Nach den Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen Amtes auf Grund der Bekanntmachungen der Gerichte im „Reichsanzeiger“ wurden im Jahre 1910 186 Gesellschaften mit einem nominellen Aktienkapital von 241,3 Millionen Mark neu gegründet, gegenüber 179 Gesell schaften mit 230,8 Millionen Mark im Jahre 1909. Auf die ein— zelnen Vierteljahre des Jahres 1910 verteilen sich die Neugründungen, wie folgt:

Nominelles

Aktienkapital 46134 000 61917000 79 144000 , 94 1410000

Vierteljahr

Von den 185 neuen Gesellschaften des Jahres 1910 wurden 63 Gesellschaften mit 191,3 Millionen Mark Aktienkapital unter Ein— bringung bestehender Unternehmungen gegründet; für die Sacheinlagen wurden hierbei 74,1 Millionen Mark in Aktien gewährt. Im Jahre 1909 waren 73 bestehende Unternehmungen in Aktiengesellschaften mit zu⸗ sammen 83,4 Millionen Mark Aktienkapital umgewandelt worden. Bemerkt sei hülerbei, daß das Kaiserliche Statistische Amt nur die jenigen Sacheinlagen feststellen kann, die unter Beobachtung der Schutz⸗ vorschrift des 1865 Abf. 2 des Handelsgesetzbuchs eingebracht werden.

Kapitalerhöhungen erfolgten im Jahre 1910 bei 310 Ge— sellschaften um 599,4 Millionen Mark, während 100 Gesellschaften Kapitalherabsetzungen in Höhe von 6430 Millionen Mark vor— nahmen. Von den letzteren erfolgten nur 12 durch Rückzahlung der Ankauf von Aktien, und zwar im Gesamtbetrage von 1,8 Million Mark,. In den übrigen 62,2 Milllonen Mark wird man Kapital— verluste der Aktionäre infolge von Sanierungen zu erblicken haben. 4 25 Gesellschaften mit einem Aktienkapital von zusammen 1339 Millionen Mark wurden wegen Fufion mit anderen Gefell⸗ schaften im Handelsregister gelöscht. Neben den tätigen Gesellschaften ermittelt das Kaiserliche Statistische Amt die Gesellschaften in Liquidation und in Konkurz. Im, Jahre 1919 traten in Liquidation 64 Gesellschaften mit 49.5 Millionen Mark und gerieten in Konkurs 14 Gesellschaften mit 21,5 Millionen Mark Nominalkapital.

Auf der Grundlage der Bestandsstatistik vom 30. September 1909 und mit Hilfe der Bewegungsstatistik seit diesem Zeitpunkt ist eine Fortschreibung des Bestandes der tätigen Gesellschaften und

der Gesellschaften in Liquidation und in Konkurs erfolgt. Hiernach

bestanden am 31. Dezember 1910: . *r Nominelles Aktien zahl 66

. . 3 kapital

Tätige Gesellschaften. . . ... 5295 15 466,3 Millionen Mark,

Gesellschaften in Liquidation... 295 335,6

Gesellschaften in Konkurs .. 71 64,2

Wohnungsmiete und Einkommen, Miete und Wohnungsgröße.

Wenn man von einer Wohnungsfrage spricht, so meint man dabei die Wohnungen der unteren Schichten und allenfalls die des unteren Mittelstandes, und mit Recht. Denn wenn es auch einige Städte gehen mag, in denen es um die Wohnungen der wohlhabenden Schichten traurig genug bestellt ist man denke an die Zustände in rasch wachsenden Beamtenstädten oder in zurückgebliebenen Klein— städten so ist doch im ganzen genommen kein Zweifel daran, daß nur die Verbesserung der Wohnungsverhältnisse für die großen Massen der städtischen Bevölkerung ein dringendes foziales Problem unserer Zeit darstellt. In den meisten Städten herrscht in Wohnungen der wohlhabenden Klassen sogar ein gewisser Ueberfluß. Die Behaglich— keit und Geräumigkeit einer Wohnung scheint gewissermaßen im geo metrischen Verhältnis des Mietpreises, nicht nur im arithmetischen zu steigen. Ja, man hat in manchen modernen Großstädten geradezu das Gefühl, als ob die Wohnungen der wohlhabenden Klassen darum so preit wert seien, weil der Hauseigentümer für die der ärmeren einen um so höheren Mietzins erzielen könne. Aber diese Auffassung, die sich dem Betrachter großstädtischer Wohnungsverhältnisse oft aufdrängt, muß so lange als praktisch wertlos gelten, als sie nicht durch bestimmte Feststellungen der Wohnungsstatistik bestätigt wird. Erst dann erhebt sie sich in die Sphäre wissenschaftlicher Erkenntnis und kann als Grund— lage für eine Reformbewegung dienen. Deshalb sind die statistischen Erhebungen, die sich auf das Verhältnis zwischen Einkommen und Wohnungsn iete beziehen, von großer wissenschaftlicher und praktischer zedeutung. Der Direktor des Statistischen Amts der Stadt Schöne— berg, Kuczynski, hat in einer kürzlich erschienenen Arbeit!) die bis— herigen Ergebnisse dieser Erhebungen kritisch beleuchtet. Die Arbeit verdient, allgemein bekannt zu werden. Die früheste Untersuchung der gedachten Art wurde im Jahre 1868 von dem damaligen Leiter des Statistischen Bureaus der Stadt Berlin, Schwabe, veranstaltet. Sie stieß auf dieselben Schwierig⸗ keiten, die auch heute noch dieser Statistik entgegenstehen. Einmal läßt sich das Einkommen der ärmeren Klassen sehr schwer richtig fest— stellen. Der Verdienst ist unsicher und wechselnd, und der Gesamt⸗ verdienst der Familie wird oft durch die Mitarbeit der Ehefrau oder anderer Familienmitglieder oder durch Nebeneinnahmen bedingt, die sich der Feststellung entziehen. Auf der anderen Seite aber erklärt sich die Höhe der Wohnungsmiete oft auch dadurch, daß ein Teil der Wohnung zu gewerblichen Zwecken oder zu Ab— vermietungen dient. Schwabe suchte der ersteren Schwierigkeit dadurch

entgehen, daß er die Untersuchung bei den geringeren Einkommen auf die wenigen staatlichen und städtischen Beamten beschränkte, deren Einkommen sich genau feststellen ließ, und daß er im übrigen nur die Personen mit mehr als 10090 Talern Einkommen berücksichtigte. Leider ist die Untersuchung in Berlin nicht wiederholt worden. Dagegen hat das Statistische Bureau in Hamburg, das der Berliner Anregung alsbald folgte, die Untersuchung von vornherein auf breiterer Grund lage aufgebaut und sie seitdem mehrmals in derselben Weise wieder holt. Die hamburgische Wohnungsstatistik ist in dieser Beziehung die bei weitem wichtigste. Sie umfaßte stets etwa 20 bis 30 0 aller Wohnungen, wobei diejenigen mit gewerblicher Benutzung und Ab— vermietung ausgeschlossen wurden. Aehnliche Untersuchungen sind 1875, 1885 und 1900 in Leipzig, 1880 in Dresden, 1880 und 1900 in Breslau, 1886 in Magdeburg und 1900 in Essen veranstaltet worden. Ueberall konnte die Aufnahme sich wegen der geschilderten Schwierig keiten nur auf einen Teil der Wohnungen erstrecken.

Die Ergebnisse der einzelnen Städte können nicht ohne weiteres miteinander verglichen werden, da bei der Auswahl der für die Untersuchung herangezogenen Wohnungen in verschiedener Weise verfahren wurde. Immerhin lassen sich einige überein⸗ stimmende Züge feststellen. Der wichtigste ist der, daß der Teil des Einkommens, der für Wohnungsmiete ausge— geben werden muß, um so höher steigt, je niedriger das Einkommen selbst ist. Wir wollen dafür einige Beispiele an— führen. So wurden bei einem Einkommen von etwa 900 bis 1200 S. (die Klassen sind in den Städten nicht immer gleich— mäßig abgegrenzt) für Wohnungsmiete folgende Prozente des Einkommens ausgegeben: in Berlin (1865) 20,3 ol, in Hamburg (1867) 19,8 , und (1900) 24,7 , in Leipzig (1876) 20,9 / und (1900) 18,8 ο9, in Dresden (1880) 17,3 o,“, in Breslau (1880) 21,0 ½ und (1900) 20 0, in Magdeburg (1886) 22,7 bis 23,1 0/0, in Essen (1900) 21,4 bis 22,3 0/9, dagegen bei Einkommen von etwa 3000 bis 3600 S: in Berlin (1865) 27,5 ,, in Hamburg (1867) 19,6 und (1900) 19,2 0,½, in Leipzig (18865) 18,2 bis 16,9 0 und (1900) 18,5 bis 16,3 09, in Dresden (1380) 15,8 bis 15,3 /,, in Breslau (1880) 19,8 ,, und (1907) 16,9 ½ , in Magdeburg (1886) 18,4 0, in Essen (1900) 22,0 bis 21,7 0.

Bis hierher sind also die Unterschiede nicht sehr erheblich. Im allgemeinen ist zwar bei Einkommen von 3000 bis 3600 M der Prozentanteil der Miete etwas geringer als bei dem Einkommen von g00 bis 1200 M; es gibt aber auch Städte, wo er wenigstens an den betreffenden Zählungsterminen größer war. Von nun an fällt der Prozentsatz aber sehr beträchtlich. Er betrug bei Ein— kommen von etwa 10000 bis 12900 (S: in Berlin (1865) etwa 1750M9, in Hamburg (1867) 13,2 bis 15,9 0/9 und (1900) 13,1 0,7. in Leipzig (1875) 1200 und (1900) 1357 bis 12,2 00, in Dresden (1880) 120 bis 114 6, in Breslau (1880) 13,B,7 υ, und (1900) 11,A3 /, bei Einkommen von 300990 bis 36000 M; in Berlin (1863) 9,1 9,o, in Hamburg (1867) 11,4 bis 7.4 υσί und (1900) 7, bis 6,7 , in Leipzig (1895)

t) Ginkommen und Miete. Von R. Kuezynski, Direktor des Statistischen Amts der Stadt Schöneberg. Sonderabdruck aus dem II. Heft des 3. Jahrgangs der „Vierteljahrsberichte des Statistischen Amts der Stadt Schöneberg“.

'., bis 5s g und (1899 8, Bis ör3 ce, in Dresden (1830) 10, bis 7,0 CH. in Breslau (1880) 6,9 Mo und 3 dn . .

Bei dem hohen Einkommen wird also für Miete nur bie Hälfte bis ein Drittel desjenigen Einkommensprozentsatzes ausgegeben, der bei dem niedrigen Einkommen von go0 bis 1205 M gezahlt werden muß. Dabej lassen die Hamburger Zahlen, die nach der ganzen An— lage der dortigen Zählung die zaverlässigsten sind, berg schließen, daß der Prozentsaß in den unteren Einkommensklassen immer noch weiter steigt (1867 bis 1900 von 1938 auf 2457 ]), während er in den oberen sinkt. Zu bemerken ist auch, daß die Erhebungen bei Ein— kommen von weniger als 900 oft Ausgaben von 40 bis 50 oo des Einkommens ergeben. Doch sind diese Angaben, wie oben bemerkt, weniger zuverlässig. ( ö

In einer ichn Untersuchung‘) beschäftigt sich Kuczynski mit dem Verhältnis zwischen Wohnungsgröße und Miete und stellt dabei die Ergebnisse einiger statistischer Erhebungen zusammen, ohne damit, wie bei der anderen Arbeit, eine erschöpfende Barstellung des vorhandenen Materials geben zu wollen. Die Schwierigkeiten des Vergleichs zwischen den einzelnen Städten sind hier noch größer. Handelt es sich doch dabei um denjenigen Begriff, der als einer der schwierigsten auf dem Gebiete der Wohnungestatistik bezeichnet werden muß, den des Zimmers oder Wohnraums, einen Begriff, der in einzelnen Städten je nach Baumeise und Gewohnheit sehr verschieden inter— pretiert wird. Man kann also hier noch weniger einen Vergleich zwischen den einzelnen Städten anstellen. Wohl aber läßt sich auch hier feststellen, daß alle einen übereinstimmenden Zug aufweisen, und dieser besteht darin, daß die Wohnungsmiete verhältnismäßig im mer mehr steigt, je kleiner die Wohnung wird.

Die beiden ehernen Gesetze des Wohnungewesens kann man also dahin präzisieren: Je kleiner das Einkommen, desto größer der Teil, der für Miete ausgegeben werden muß, und ferner: Je kleiner die Wohnung, um so höher ist ver— hältnismäßig die Miete.

Land⸗ und Forstwirtschaft. Weizeneinfuhr in Marseille. Nach den Wochenberichten der in Marseille erscheinenden Zeitung Le Sèemaphore“ hat die Weizeneinfuhr nach Marseille auf dem Seewege betragen: in der Zeit vom 12. bis 17. Februar davon aus Rußland in der Zeit vom 19. bis 24. Februar davon aus Rußland . in der Zeit vom 26. Februar bis 3. März davon aus Rußland in der Zeit vom b. bis 106. März davon aus Rußland. . In den Zollniederlagen in Marseille März 282 010 42.

35 493 42

Saatenstand und Getreidehandel in Bulgarien. Der Kaiserliche Konsul in Varna berichtet unterm 8. d. M.: Im Anfang des Monats Februar setzten eisige Stürme ein; obgleich der Schnee vielfach verweht war, sollen die Stürme den Winter saaten indessen keinen nennenswerten Schaden verursacht haben, nur Raps gilt als stark beschädigt, teilweise als verloren. Mit der Aus— saat der Sommerfrucht konnte gegen Ende Februar begonnen werden. Infolge der schlechten Wegeverhältnisse waren die Zuführen schwach; sie betrugen während des Monats Februar: in Waggons in Wagen in Tonnen in Weizen.. 3024 5 3183 8, 4 . 1292 Mais d 298 1063 Roggen w 816 824 Hafer w 108 = 112 Bohnen . 36 36 Wilen 166 165 8 4. Das Getreidegeschäft im allgemeinen war im Monat Februar nicht besonders lebhaft, denn die sinkenden Preise hielten einerseits den Bauer vom Verkauf zurück, andererseits nahm die Spekulation eine abwartende Haltung ein, da die Ware zu höheren Preisen eingekauft worden war. In Weizen wurden bei mäßigem Interesse nur kleinere Mengen nach Rotterdam, Antwerpen und Marseille exportiert. Ziemlich gesucht war dagegen Gerste; die Ausfuhr ging hauptsächlich nach Antwerpen. Die fallenden Preise hemmten den Mais handel, der trotzdem größere Umsätze erzielte: Abnehmer waren Antwerpen, Tunis und England. In Roggen wurden einige Partien gehandelt, die nach Rosterdam gingen. Die sonstigen Artikel blieben für den Markt belanglos. Im Berichtsmonat notierten für den Doppelzentner toh Varna: Wengen JI. Qualität 17003 Fr. 3 6. ö w 3,5 . * 66 . w 5,50 ö. Gerste (Anfang Februar) ö (Ende Februar) Mais (Anfang Februar) „(Ende Februar) Roggen

Zusammen

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs⸗ maßregeln.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankhelien.

(Aus den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 11 vom 15. März 1911.) 6 Pest.

ö. Britisch⸗Ostindien. Vom 22. bis 28. Januar wurden in Indten 25251 Erkrankungen und 20 929 Todesfälle an der Pest an— gezeigt. Von letzteren kamen 12062 auf die Vereinigten Pro— vinzen (davon 2280 auf die Division Benares) 2317 auf Bengalen, 1780 auf das Pun jab gebiet, 1455 auf die Zentralprovinzen, 1406 auf die Präsidentschaft Bombay (davon 45 auf die Stadt Bombay und 17 auf Karachi), 679 auf Rajputana, 388 auf die Präsidentschaft Madras, 282 auf den Staat Mysoöore, 279 auf Hyderabad, 277 auf Burma, je 2 auf die Nordwest⸗ grenzpropinz und Kaschmir. Im Vergleiche mit den beiden ersten Wochen des Januar hat die Zahl der Pesttodesfälle in Indien während der letzten beiden Berichtswochen um fast zwei Drittel (66,6 oo) zugenommen.

China. In Mukden starben vom 10. bis 15. Februar 212 Personen an der Pest, in Changchun vom 6. bis 11. Februar 601, davon 329 in der eigentlichen Stadt und 272 in den Vororten. Nach der letzten amtlichen Pestzeitung betrug die Gesamtzahl der Todesfälle in der Mandschurei (zum Teil bis zum 12. Februar) 14729 und im Gebiete der südmandschurischen Eisenbahn 205. Allein in den Provinzen Kirin und Heilungkiang waren danach 12 960 Personen der Pest erlegen. Niutschwang war am 16. Fe⸗ bruar noch seuchenfrei. . U

In Charbin sind am 27. Februar bis 5. März 2 Europäer und 38 Chinesen, in Fudja dien 11 Chinesen der Pest erlegen. Auf den benachbarten Eisenbahnstationen wurden einige 5 leichen aufgefunden.

. Nach Mitteilung des Deutschen Gouvernements Kiautschou wurden in der mit dem 23. Februar endenden Woche in der Provinz Schantung, hauptsächlich im östlichen Teile, 458 Peftfodesfälle ge— meldet. Das deutsche Schutzgebiet war bis zum 6. März pest=

*) Weh or ssohe und Miete. Von R. Kuczynski. Sender abdruck aus Heft III des 3. Jahrgangs der „Viertelsahrsberichte des Statistischen Amts der Stadt Schöneberg“.

frei geblieben. In Tschifu erlagen vom 13. bis 17. Februar 132 Personen der Pest. . Vereinigte Staaten von Amerika. Im californischen Bezirk Alameda wurden von 130 auf Pestbazillen untersuchten Gich⸗ . in der am 25. Januar endenden Woche 3 pestinfiziert be⸗ unden. Ecuador. Vom 1. bis 15. Januar sind in Guayaquil an

2

der Pest 30 Personen erkrankt (und 11 gestorben), in 3 anderen

Orten 23 (10). Pest und Cholera. Britisch-Ostindien. In Kalkutta starben vom 29. Ja— nuar bis 4. Februar 13 Personen an der Pest und 60 an der

Cholera. Cholera.

Rußland. Nach neuerer amtlicher Mitteilung ist in der Woche vom 29. Januar bis 4. Februar noch tödlich verlaufener Cholerafall aus dem Gouvernement Kiew gemeldet worden. Vom H. bis II. Februar wurden keine Erkrankungen oder Todesfälle angezeigt.

Türkei. In Medina sind vom 4. bis 13. Februar 211 Cholera—⸗

todesfälle festgestellt worden. Portugal Au Madeira wurden vom 26. Januar bis 8. Februar 39 Erkrankungen (und 4 Todesfälle) an der Cholera fest⸗ gestellt, davon 7 (2) in Funchal, 3 (2) in Camara de Lobes 1 in Ponta do Sol, 24 (—) in Machieo und 4 (— in Santa Cruz. Vom 9. bis 14. Februar sind keine Fälle gemeldet worden. Die Gesamtzahl der seit Beginn der Epidemie auf Madeira Erkrankten (und Gestorbenen) betrug 1774 (555), da⸗ von kamen 635 (210) auf Funchal, 515 (160) auf Camara de Lobes, 195 (71) auf Po: nta do Sol, 278 (75) auf Machico, 89 (26) auf Santa Cruz und 64 (13) auf Porto Santo.

Persien. In einer Ortschaft des Bezirks Talesch waren am 4. Januar 5 Cholerafälle festgestellt worden; seitdem ist kein weiterer Fall im ganzen Lande mehr gemeldet. Demgemäß hat die Regierung am 8. Februar das ganze Land für cholerafrei seit dem 20. Januar erklärt.

Niederländisch⸗ Indien. In Batavia wurden vom 2. bis 29. Januar 44 Choleraerkrankungen (darunter 9 bei Europäern) gemeldet, in Samarang vom 21. Bezember bis 10. Januar 25, davon 18 mit tödlichem Ausgang.

. Siam. In Bangkok sind in der Zeit vom 4. Dezember v. J. bis 28. Januar 338 Personen an der Cholera gestorben, darunter auch

einige Europäer. Gelbfieber. In Guayaquil erkrankten vom 1. bis 15. Januar 20 und starben 6 Personen. Pocken.

Deutsches Reich. In der Woche vom 5. bis 11. März wurde 1 Erkrankungsfall bei einem russischen Arbeiter in Niederroßle (Bezirksamt Apolda, Sachsen⸗Weimar) gemeldet. Sch welz. Vom 26. Februar bis 4. März 8 neue Erkrankungen im Kanton Aargau, davon 6 in Klingnau.

Ehina. In Schanghai sind zufolge Mitteilung vom 16. Ja— nuar die Pocken heftiger als sonst aufgetreten, und zwar nicht nur unter den Chinesen, von denen während der ersten Hälfte des Januar 27 daran gestorben sind, sondern auch unter der fremdländischen Be⸗ völkerung, von der letzthin 2 bis 5 wöchentlich erkrankten.

Fleckfieber.

Deutsches Reich. In der Woche vom 5. bis 11. März wurde 1 Erkrankungsfall in Königshütte (Reg.⸗Bez. Oppeln) fest⸗ gestellt.

Oesterreich. Vom 26. Februar bis 4. März in Galizien

69 Erkrankungen. Genickstarre. j

Preußen. In der Woche vom 26. Februar bis 4. März sind 3 Erkrankungen (und 2 Todesfälle) angezeigt worden in folgenden Re⸗ zie rungsbezirken lund Kreisen)]: Landespolizeibezirk Berlin 1 Scene re, Reg. ⸗Bez. Düsseldorf 1 1Essen Land, Münster (I) Recklinghausen Stadt, Schleswig 1 (1) 1Husum]. Von den in der Vorwoche gemeldeten Erktankungen (und Todes⸗ fällen) haben sich folgende nachträglich nicht als Genickstarre erwiesen: Reg. Bez. Düsseldorf 1 16ssen Land, Merseburg 1 60 Schweinitz].

Schweiz.

Kanton Zürich.

Vom 26. Februar bis 4. März 1 Erkrankung im

Spinale Kinderlähmung.

Preußen. In der Woche vom 26. Februar bis 4. März sind Erkrankungen und Todesfälle nicht vorgekommen.

Oesterreich. Vom 19. bis 25. Februar in

1 Erkrankung. Verschiedene Krankheiten.

Pocken: London 1, Moskau 4, Odessa 1, St. burg 7, Warschau 2, Kalkutta (29. Januar bis 4 1 Todesfälle; London (Krankenhäuser) 16, Paris 8, St. Peters⸗ burg 24, Warschau (Krankenhäuser) 5 Erkrankungen; Vari⸗ zellen: Budapest 22, New Nork 178, St. Petersburg 27, Wien 75 Erkrankungen; Fleckfieber: Moskau 35, Odessa 3 Todesfälle; Odessa 20, St. Petersburg 2, Warschau (Kranken⸗ häuser) 7 Erkrankungen; Rückfallfieber: Moskau, Odessa je 1 Todesfall; Odessa 3, St. Petersburg 6 Erkrankungen; Genick starre: Nürnberg, Kopenhagen je 1, New Jork 4 Todesfälle; Nürn⸗ berg 1, Kopenhagen 2, New York 5 Erkrankungen; epidemische Ohrspeicheldrüsenentzündung: Nürnberg 241, Wien 56 Er⸗ krankungen; Influenza: Berlin 19, Braunschweig, Charlotten⸗ burg, Halle je 1. Nürnberg 5, Amsterdam 7, Budapest 10, Kopenhagen 1, London 23, Moskau 10. New Vork 27, Odessa 1, Paris 10, St. Petersburg 13, Prag 3, Rom, Wien je 1 Todesfälle; Nürnberg 157, Kopenhagen 448, Odessa 51, Stockholm 47 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen starb an Diphtherie und Krupp (Durchschnitt aller deutschen Berichtsorte 18951904: 1,62 069): in Cassel Er⸗ krankungen kamen zur Anzeige im Landespolizeibezirk Berlin 201 (Stadt Berlin 140) in den Reg. Bezirken Arnsberg 1096, Düsseldorf 114, Magde⸗ burg 113, Merseburg 101, Potsdam 102, Schleswig 116, in Hamburg 101, Kopenhagen 51, London (Krankenhäuser) 128, New York 299, Paris 78, St. Petersburg 72, Stockholm 34, Wien 61; desgl. an Keuchhusten in BoxhagenRummelsburg Erkrankungen wurden gemeldet in Nürnberg 27, Hamburg 26, Kopenhagen 32, London (Krankenhäuser) 45, New York 101, Wien 46; ferner wurden Erkrankungen angezeigt an Scharlach im Landespolizeibezirk Berlin 160 (Stadt Berlin 9), in Breslau 23, in den Reg.⸗Bezirken Arneberg 120, Düsseldorf 136, in Hamburg 44. Budapest 102,

Edinburg 21, Kopenhagen 47, London (Krankenhäuser) 129, New Vork 522, Odessa 23, Paris 53, St. Petersburg 99,

Steiermark

Peters⸗

Februar)

Prag 24, Wien 66; desgl. an Ma sern und Röteln in Nürnberg 35, Ham⸗ burg 59, Budapest, 41, Kopenhagen 35, London (Krankenhäuser) 211, New PYork 347, Paris 224, St. Petersburg 58, Wien 176; desgl. an Typhus in New York 31, Paris 38, St. Petersburg 36.

Das Kaiserliche Gesundheitsamt meldet den Ausbruch der Maul- und Klauenseuche aus: Flinebach, Amtsbezirk Sinsheim, Großh. Baden, und Schwerin, Medizinalbezirt Schwerin, Großh. Mecklenburg ⸗Schwerin, am 16. März, aus Golzengut, Kreis Dram⸗ burg, Reg. Bez. Köslin, am 15. März, sowie aus Waltersberg, Be⸗ zitksamt Weilheim, Reg. Bez. Oberbayern, am 16. März 1911.

Daß Erlöschen der Maul und Klauenseuche ist gemeldet vom Schlachtviehhofe zu Breslau am 16. März 1911.

Malta. In Malta sind durch eine Regierungzverfügung vom 8. d. M. Athen und Piräus als durch Genickkrampf (meningitis cerebrospinalisJ verseucht erklaͤrt worden. Derkünfte von dort unterlegen den vorgeschriebenen gesundheitspolizeslichen Maßnahmen.