Königreich Preußen.
Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: dem Landesbaurat Fritz Tiburtius in Zoppot den Charakter als Geheimer Baurat zu verleihen und infolge der von der Stadtverordnetenversammlung zu Münster getroffenen Wahl den bisherigen Beigeordneten der Landbürgermeisterei Altenessen Dr. Markus Krüsmann als zweiten besoldeten Beigeordneten der Stadt Münster für die gesetzliche Amtsdauer von zwölf Jahren zu bestätigen.
Justizm iniste rium. Dem Notar Theissen in Tholey ist der Amtssitz in Wald (Rheinland) angewiesen. .
Ministerium für Handel und Gewerbe.
Der Firma Rudolf Meyer, Aktiengesellschaft fũr Maschinen⸗ und Bergbau in Mülheim⸗Ruhr, ist die Staats⸗ medaille für gewerbliche Leistungen in Silber verliehen worden.
Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.
u Revierförstern sind ernannt worden: 8a . Förster in Wardböhmen, Oberförsterei Walsrode, Regierungsbezirk Lüneburg, Lindau, Hegemeister in Clausthal, unter Uebertragung der Revierförsterstelle Lũderholz, Oberfõörsterei Lonau, Regierun gs⸗ bezirk Hildesheim.
Ministerium des Innern.
Der bisherige Assistent der Unterrichts anstalt für Staate⸗ arzneikunde an der Königlichen Friedrich Wilhelms⸗Universität Dr. Otto Leers in Berlin ist zum Gerichtsarzt ernannt und mit der Verwaltung des Gerichtsarztbezirks Gleiwitz beauftragt worden.
Evangelischer Oberkirchenrat.
Der bisherige Gerichtsassessor Hermann Krause in Königs— berg Pr. ist zum Konsistorialassessor ernannt und dem KRon⸗ sistorium der Provinz Ostpreußen überwiesen worden.
Abgereist:
Seine Exzellenz der Staatsminister und Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach, mit Urlaub nach Wiesbaden.
Aichlamtliches. Dentsches Reich.
Prenßen. Berlin, 7. April.
Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute im Achilleion auf Korfu die Vorträge des Chefs des Militär⸗ kabinetts, Generals der Infanterie Freiherrn von Lyncker, des Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller und des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini.
In der am 6. April unter dem Vorsitz des Staats⸗ ministers, Staatssekretärs des Innern Dr. Delbrück ab⸗ gehaltenen Plenarsitzung des Bundesrats wurde den vom Reichstag angenommenen Entwürfen eines Gesetzes, be⸗ treffend die Feststellung des Reichshaushaltsetats für das Rechnungsjahr 1911, eines Gesetzes, betreffend die Feststellung des Haushaltsetats für die Schutzgebiete auf das Rechnungsjahr 1911, sowie eines Reichsbesteuerungsgesetzes die Zustimmung erteilt. Der Antrag Württembergs wegen Prägung weiterer Denkmünzen aus Anlaß der Feier der Silberhochzeit Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Württemberg ge⸗ langte zur Annahme. Sodann wurde über verschiedene Ein⸗ gaben, betreffend Befreiung von Vorschriften der Prüfungs⸗ ordnung für Aerzte, und wegen Erlaß und Erhebung von Zöllen und Abgaben Beschluß gefaßt.
Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für ö und Steuerwesen und für Justizwesen, die vereinigten Aus⸗ schüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Rechnungswesen, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr sowie der Ausschuß für Zoll⸗ und Steuer⸗ wesen hielten heute Sitzungen.
Gestern ist, W. T. B.“ zufolge, der Entwurf eines neuen deutsch⸗schwedischen Handelsvertrags von den beider⸗ seitigen Delegierten unter Vorbehalt einiger noch unerledigter Punkte paragraphiert worden, uber die die beiden Regierungen sich die Regelung im Korrespondenzwege vorbehalten haben.
Laut Meldung des, W. T. B. ist S. M. J. „Hohen⸗ jollern“! vorgestern wieder in Korfu eingetroffen. ; S. M. S. „Leipzig“ ist gestern in Kobe (Japan) ein⸗ getroffen. S. S. „Luchs“ ist gestern von Schanghai und S. „Tiger“ an demselben Tage von Amoy in See
S. „Loreley“ ist am 5. April in Smyrna ein⸗
In der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ wird eine Zusamm enstellung der Berichte von deutschen Fruchtmärkten für den Monat März 1911 veröffentlicht.
. e . st chmittag, oh Der Landes ausschu t gestern nachmittag, ohne die dritte Lesung des Elats beendet zu haben, auf den S. April vertagt.
Oesterreich⸗ Ungarn. Der Kaiser Franz Joseph hat gestern eine Ab⸗ ordnung 7 1 zur Ueberreichung der Er⸗ ,, aus . des ö . des Protestantenpatents empfangen, wobei er, „W. T. B. ufolge, den Protestanten i mn. daß er ihrer Kirche, wie Ei. so auch fernerhin seine Fürsorge angedeihen lassen werde.
Großbritannien und Irland.
Im Oberhause stand gestern eine Anfrage auf der Tagesordnung, die Art der Kompensation, die die Bagdadbahngesellschaft berechtigt sei, von der türkischen Regierung fur ihren Verzicht auf das Recht, zu erhalten, eine Bahn von Bagdad nach dem persischen Golf zu bauen.
Nach dem e! des W. T. B. erklärte Lord Morley in seiner Siwiderung, die Verhandlungen zwischen der Türkei und der Anatolischen Bahngesellschaft einerseits und jwischen der Türkei und Großbritannien andererseits befänden sich erst im Anfangs stadium, und er lönne sich von einer Frörterung der Angelegenheit zurzeit keinen Vorteil versprechen. Lord Salisbury gab der Meinung Augdruck, daß Großbritannien den anderen Mächten gegenüber vielleicht eine schlechtere Positien einnehme, daß aber gute Gründe für die Politik der Regierung vorliegen könnten. Er mißgönne Deutschland seinen Erfolg nicht. Es sei sehr wichtig, daß jedem Lande Gelegenheit geboten werde, seine Interessen und seine
olitik zu fördern, und es sei wichtig für Deutschland, diese Gelegen ⸗ 3 zu haben. Deutschland glaube, daß es in der Vergangenbeit nicht gut behandelt worden sei, und daß es durch das Spiel der Diplomatie nickt dieselben Chancen gehabt babe wie andere Mächte. Wenn die britische Politik das Ergebnig haben sollte, die ses Gefühl zu beseitigen, so könne dies von großem Vorteil für die Allgemeinheit sein. — In der gestrigen Sitzung des Unterhauses fragte der Unionist William Peel den Staatssekretãr des Auswärtigen Amts Sir Edward Grey, ob er die Absicht habe, angesichts der Erklärung des deutschen Reichskanzlers gegen die Politik der Einschraͤnkung der Rüstungen Mitteilungen über Schiffsbauten mit Deutschland auszutauschen. Sir Edward Grey erwiderte, laut Bericht des W. T. B.“, der Reiche kanzler babe in seiner Rede ausdrücklich den Gedanken eines Austausches von Mitteilungen angenommen und seiner Bereitwillig⸗ keit Ausdruck gegeben, zu einer Vereinbarung darüber zu gelangen. Er sebe in dem, was der Kanzler über die Beschränkung der Rüstungen gesagt habe, nichts, was den Austausch von Mitteilungen weniger ens , oder weniger wünschenswert mache. — Peel fragte dann weiter, ob Sir Edward Grey irgend einen Nuten für Großbritannien in dem Austausch von Mitteilungen sebe, da doch der Kanzler gesagt habe, daß er einer Beschränkung der Rüstungen seine Zustimmung nicht geben werde, und jweitens, ob man mit dem Austausch irgend einem allgemeinen Zweck dienen wolle. Sir Edward Grey erwiderte, wenn Peel seine Rede vom 13. März noch einmal nachsehen wolle, so werde er finden, daß er (Grey) den Ausdruck Be der Rüstungen abgelebnt, aber ausdrüglich erklãrt ; s setzung der Ausgaben! der bessere Aus- druck sei. Soweit ein Augtausch von Mitteilungen das Mißtrauen jwischen wei Ländern entsernen könnte, würde er eine Wirkung auf die Ausgaben ausũben. — Der Abg. ker erklãrte, er begrũße den Vorschlag eines Austausches von Informationen über Marine⸗ angelegenheiten jwischen Großbritannien und Deutschland 6. aber er sehe gewisse technische Schwierigkeiten dabei voraus. Ferner möchte er wissen, was jür Informationen ausgetauscht und ob ins einzelne gebende Informationen gegeben werden sollten über das Program: n, die Größe der Schiffe und ihrer Armie⸗ rung und vor allem über das Bautempo. Wenn letzteres nicht beabsichtigt sein sollte, fürchte er, daß dieser Austausch, statt zu einer besseren Verständigung ju führen, nur wiederum ju dem Argwohn Anlaß geben könne, daß das eine oder das andere Land seinem Rivalen juvorjukommen versuche. Der Erste Lord der Admiralitãt Me Kenna erwiderte hierauf, er sei nicht in der Lage, über diese Angelegenheit mebr zu sagen, als Sir Edward Grey es getan babe, außer, daß man sich über einen Informationsaustausch im Prinzip geeinigt habe und daß er nicht daran jweifle, daß Grey, sobald als möglich, die Fragen dees beantworten werde.
Frankreich.
In der gestrigen Sitzung des Senats interpellierte Gaudin de Villaine den Minister des Aeußern Cruppi über die auswärtige Politik und über den Stand der diplomatischen Beziehungen. J
Wie W. T. B.“ meldet, äußerte der Interpellant sein Be⸗ dauern über den Mangel einer Stabilität des Ministeriums nament- lich binsichtlich des Portefeuilles der Lander verteldigung. Er beklagte, daß Crurpi Minister des Aue wärtigen geworden sei, denn das bedeute einen Schritt mebt auf dem Wege des Vordringens der Protestanten, Juden und Freimaurer. (Unterbrechungen. ) Im weiteren Verlaufe seiner Ausführungen erinnerte der Redner daran, daß ein Journalist er⸗ klärt babe, unter dem Kabinett Rouvpier seien vertrauliche, an den Minister des Aeußern gerichtete Depeschen nech am selben Abend in Berlin bekannt geworden, und jwar durch die Schuld der Regierung. Deutschland babe so ven dem Anerbieten eines Zusammengehenz Englands mit Frankreich Kenntnis erbalten (Rouvier unterbrach bier den Redner mit der Bemerkung, daß er auf solche Aeußerungen nicht antworten werde). Gaudin de Villaine erklärte weiter, in der äußeren Politik verfolge allein Deutschland seinen Weg in vell— kommener Kenntnis seines Zieles. Es frage sich, eb ein militãrisches Uebereinkommen jwischen Frankreich und England bestebe. Die ots damer Zusammenkunft babe einen ge⸗ keimen Riß des französisch russischen Bündnisses offenbar gemacht; eine Aenderung in der Haltung Rußlands sei unbestreitbar. In Marokko hätte man sich nicht ju einem Spystem von Interessenspbären vasteben sollen, das Spanien einen zu großen Anteil gebe. Spanien habe erbebliche Streitkrãfte mobilisiert, während die franzẽsischen Trurxpen es dem Sultan überlassen müßten, die gemordeten Fran. josen zu rächen. Der Redner sprach die Befürchtung aus, daß der marokfanische Aufstand von fremder Hand genäbrt werde, und be⸗ zeichnete das Verhalten der Regierung in der Ngoko. Sangba. An= gelegenbeit und in der Ange lezen kel der in Frankreich von deutscher Seste zur Förderung von Desertionen erganffierten Agenturen als diplomatische Feigbeiten, zu deren Maskierung man die Frage der
remdenlegion aufgerollt babe. Frankreichs Lußere Politik sei ein kändiges Entsagen. — Der Senator Lamartelle Rechte) führte aus, die Annerion Bosniens und der Herjegowina bedeute die Rück kebr zur Politik Biemarcka. In Potedam babe Deutschland die Unterstũßung Rußlande in der Bagdadbabnfrage erbalten, und es steßhße im Begriff, seine Hand auf reiche Gegenden ju legen, wo es der englischen Produktien Konkurrenz macken werde. Die Bagdadbahn jniele auf Aegypten und Indien bin. In Konstantinopel werde über das zukänftige Gleich⸗ ewicht der Welt entschieden werden. England babe die Partie ver⸗ oren, und es babe seine Niederlage bin amm g, Der Redner fragte weiter, wie es mit dem fran zösisch ruffichen Bündnis nach der Potsdamer Begegnung stehe. Deutschland babe seine Macht auch in
und führte aus, die Schiedesprech sei für alle vitalen Fr 3 aus geschlofsen. Ueberall wüchsen die & er , de all bestãn den Kriege gefahren. Der Zur stich des Iftbmus von Parana könne leicht zu einem schrecklichen Kampfe führen, und in Europa 6e. stebe außer der elsaß - 1othringischen Frage die Orientfrage, die eine unvermeic lichen englisch drutschen Konflift in sich berge. Der Auger. blick sei schlecht , . um über den Pezifismuß zu rechen Der Senator Rid ot legte Verwahrung ein gegen den Pessimiẽmg Ramarielles. Das Bündnis mit Rußland bestebe und werde im Interz Frankreichs weiter besteben. Dicles Bündnig und die Entente cor. seien fär Frankreich eine starke Quelle der Kraft. Wenn es wirilg den Anschein gehabt babe, als ob das Bündnis mit Rufian leckerer werde, so sei eg unnötig, dag zu unterstreichen. Die Inn weite der Potsdamer Begegnung man übertrieben; man darauf hingewiesen, daß Rußland sich zum Persischen Golf wer um nach Indien zu marschieren. Das seien Einbildungen, die Ding lägen eins achktt. Die Bagdadbabn babe Rußland immer interefsfen und es sei ganz n, . daß es sich mit Deutschland bmnsichil⸗ ersiens verständit habe, ebenso wie Frankreich dies n eutschland binsichtlich Marokkos getan habe. Moretto angere so sei die richtige Politik die, den Sultan zu kalten und Er mit Geld und Instrukteuren dabei zu unterstützen, die Orknn in seinem Lande aufrecht zu erhalten. In Europa sei die Lage run Italien, Oesterreich Ungarn und auch Deut chland seien friedfer. Die Streitigkeiten wegen der Fremdenlegion seien oberflächliche V.
friedfertig, dürfe es aber nicht zu laut sagen. Man musse Frar tres stark und entschlossen machen, seinen Rang in der Welt zu bebaute, Mit seinem Bündnis und der Entente könne Frankreich eine grce⸗ Rolse in der Welt spielen unter der Voraussetzung, daß es sich en Selbftvertrauen bewahre.
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Der Antrag Jaurés wurde mit 385 gegen 156 Stimmen an die Budgetkommission verwiesen. Sodann wurden die letzte Kapitel des Kolonialetats angenommen.
Rußland.
Der Marineminister Grigorowitsch hat einen Befell erlassen, in dem er, W. T. B.“ zufolge, die feste Zuverfcht ausspricht, daß die gesetzgebenden Institutionen dem M nisterium helfen werden, die vom Vaterlande lang er⸗ wartete Wiederherstellung der Kriegsflotte durc⸗ zuführen, wenn sie sich überzeugen werden, daß dez Marineressort von dem Wunsch beseelt ist, da Wiederaufbau der Flotte. durchzuführen und daß da gesamte Personal der Flotte mit Sehnsucht die Waffe a wartet, die zum Schutze der Ehre, des Ruhmes und de Sicherheit Rußlands zur See dienen soll. Der Minise spricht seine Ueberzeugung aus, daß diese Aufgabe nur dur gemeinsame gewissenhafte Arbeit aller Beamten, Angestelle⸗ und Arbeiter des Marineressorts gelöst werden kann.
— Im Reichsrat stand gestern die von 45 Reichsra mitgliedern eingebrachte Interpellation, betreffend die An wendung des Artikels 87 der Grundgesetze, zur Se
sprechung.
Nach dem Bericht dez B. eiklãrte . Trubezkoi (Zentrum), die Unterzeichner seien von dem gemein iam Gefübl beseelt, daß es Augenblicke gebe, in denen die Ausüb . dem Reichs rate verliebenen Rechtes zu interpellieren, als böchste n beiligste Pflicht erscheine. Die Mitglieder des Reichsrat fein bon den Greignissen der letzten jwölf Tage Fkonsternien Die Regierung habe ju einer außerordentlichen Gesergeben gegriffen und es frage sich, ob dajn genügende Gr. var. lägen. — Tagan jew. Zentrum) fuhrte aug, der Artikel 8 sehe außerordentliche Fälle vor, er sei ein besonderes * nahmegesetz und lasse keinerlei verallgemeinernde Auslegung zu. Darn babe die 8 A ' M.,
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babe sich den Intervellanten die konstitutionellen Garantien Reiche bätten sie
pflichtet, die allgemeinen vaterländischen Interessen ju wabren und Grundlagen der Staats ordnung. ju allererst die oberste selbtiben * Gewalt, zu schũtzen, auf der der Staat selbst beruhe. Daber der man nicht stummer Zuschauer von Handlungen sein, die im Velle ar nur den Schatten elneg Zweifels an der unbedingten Wabrkeit⸗= Größe der monarchischen Gewalt erweden könnten. Als eine sell Handlung erscheine die wahrscheinlich erroqgt Unterbreitung eines Aktes zur
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RKerter Slägel es. Jarttume] ja n der Handlar e, .
der Angelegenbeit der Besestigung Vlissingens geieigt. Sodann kam Lamarzelle auf die letzte Rede des deutschen Reiche kanzlers zu srrechen
Regierung nichts Ungesetzmäßiges und erklärte, es liege keine * letzung der — vor, sondern nur ein Zusammensteß *
züglich der Schied sprechung führte der Redner aus, Fran frei.
engesetzter Anschaungen über den Charakter der gegenwärtigen Er⸗ 2 6. Regierung habe das Recht festzustellen, ob die Ver⸗ baͤltnisse außerordentlich oder nicht außerordentlich seien.! Schreiber Rechte) führte aus, die Handlungen des Ministers seien von aller⸗= böchster Stelle gutge heißen, daber dürfe keine Interpellation stattñinden. — Koni (Progressist) beieichnete den Erlaß des . auf Grund des Artikels 87 als keinesfalls gerechtfertigt, da der Artikel nur Maßregeln vorsehe, die im Verwaltungs wege durch⸗ geführt würden. — Schebe ko (Pole) protestierte gegen das Recht des Ministerrats, obne Kontrolle außerordentliche Verhältnisse feftza⸗ stellen Diese Kontrolle müsse den gesetzgebenden Infstitutionen geboren. Der Redner vertrat die Ansicht, daß jetzt ein neueg Blatt der Ge= schichte Rußlands beginne; an Stelle des tampfes gegen die Revolution trete der Kampf gegen die Reaktion. Die ersten Schritte diefes Kampfes seien bon einer derartigen Verletzung der Grundgesetze be⸗ leitet, daß beide Kammern und breite Gesellschafteschichten im Ge— ahr. des Unwillens über die ungesetzmäßige Handlung der Regierung mig seien Offresim ow (Rechte) erklarte, das Vorhandensein außerordentlicher Verhältnisse würde klar werden, wenn man daran denke, wie nach dem unglücklichen Kriege und nach den unerhörten Un⸗ ruhen das neuerwachte russische Nationalgefübl von fremden Naticnen bedrängt worden sei. Jetzt würden die Rufsen im westlichen Gebiete bedrängt, wo sie die Rechte der 1ussichen Nation und Kultur wieder- berzustellen begönnen. Die Interpellation sei unmöglich. — Stischinski (Rechte) sagte, die Intervellationen bewiesen nur, daß die Handlung der Regierung unrichtig, aber nicht, daß sie ungefetz⸗ mäßig gewesen sei — Graf Olssufiew (Rechte) warf der Regierung vor, sie schaffe anstatt des kulturellen progressiden Konservatiemus im englischen Sinne den Servilismus. .
Schließlich nahm der Reichsrat mit 98 gegen 52 Stimmen die Interpellation an.
— Die Reichs duma hat gestern, W. T. B.“ zufolge, nach Prüfung einzelner Artikel des Gesetzentwurfs über Ge— meindeverwaltung den Artikel, nach dem Juden weder an Ge⸗ meindeversammlungen teilnehmen noch zu Gemeindeverordnelen gewãhlt werden kõnnen, angenommen.
Italien.
Der König Viktor Emanuel, der deutsche Kron— prinz und die Kronprinzessin begaben sich gestern nach— mittag nach dem Forum Romanum, wo sie unter der Fũhrung des Direktors Boni die Ausgrabungen besichtigten. Vom Forum fuhr das Kronprinzenpaar nach der Internationalen Kunstausstellung, wo es die deutsche und italienische Abteilung besichtigte, und kehrte darauf unter lebhaften Kundgebungen der Bevölkerung nach dem Quirinal zurück. Am Abend fand dort zu Ehren des Kronprinzen und der Kronprinzessin eine Galatafel statt, bei der der König Viktor Emanuel, W. T. B.“ zufolge, nachstehenden Trinkspruch in italienischer Sprache ausbrachte:
Mit lebhafter Befriedigung entbiete ich Eurer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit und Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hobeit der Frau Kronprinzessin meinen und Italiens Gruß in der Hauptstadt des Königreichs. Ich freche Seiner Majestãt dem Kaiser und König, Ihrem erhabenen Vater und meinem treuen Freunde und Verbündeten, meinen tiefempfundenen Dank aus, der Eure Kaiserliche und Känig⸗ liche Hoheit beauftragt bat, der italienischen Nation und mit seine herzlichen Glägdwünsche ju der glorreichen Jubelfeier zu über- bringen, die Italien in diesem Jahre begeht, und uns einen
Beweis seiner Gefüble und derjenigen des deutschen lkes gibt, die das italienische Volk und ich von ganjem Herjen er— widern. Der sebr angenehme Besuch Eurer Kaiserlichen und Käönig⸗ lichen Hobeit und 2 Kaiserlichen und Königlichen Hobeit der Kronprinzessin ist eine Kundgebung und ein Unterrfand der intimen Freundschaft Italiens und Deutschlands, die durch so diele Erinnerungen und durch die hohe Mission der Zivilisation und Kultur verbunden sind, die sie im Lauf der Zeiten erfüllt haben und die zu erfüllen sie in der Zukunft niemals unkerlassen werden. Nach den großen, unter sich eng verknũpften Greignissen, aus denen die GEinbeit Italiens und diejenige Deutschlands bervorgegangen sind, hat sich eine inter- nationale Lage ergeben, die durch die wirksame Mitarbeit des Dreibundes Europa eine lange Periode des Friedens gesichert hat und noch sichert. Im Vertrauen hierauf und mit diesen Gefüblen trinke ich auf Seine Majestät den Kaiser und König und Ibre Majestät die Kaiserin und Königin, auf Eure Kaiserlich? und König ˖ liche Hoheit und Ihre Kaiserliche u d Königliche Hobeit die Kron. prinzessin und die ganze Königliche Familie und auf das Gedeiben Deutschlande
Der Kronprinz Wilhelm erwiderte laut Meldung des „W. T. B. in deutscher Sprache mit folgendem Trinkspruch:
Eurer Majestãt sage ich der Kronprinzessin und meinen auf— richtigsten Dank für die gnädigen Wocte, die Eure Majeffat an uns gerichtet haben, sowie für den überaus herzlichen und ebren— ollen Empfang, der uns bereitet worden ist. Nach der Begegnung in Mailand im Jahre 1875 bat mein Herr Urgrof vater KRaifer Wilbelm JI. dem unvergeßlichen König Victor Emanuel 1. folgendes Telegramm gesandt! Unsere Begegnung war ein
reignis von historischer Bedeutung, denn wir beide sind von Gott an die Sxiße zweier Nationen gestellt worden, die nach langen Tämpfen ihre Einigung errungen haben. Möchten wir und unsere Söbne immer Freunde bleiben. Das prorhetische Kaiserwort kat sich verwirklicht. Die Freundschaft zwischen den Herrscherbaufern und den Völkern bat sich die Generationen hindurch erhalten und im Verein mit Desterreich Ungarn zu einem Bndnis ausgestaltet, das seit länger als dreißig Jabren zur Aufrechterbaltung des Weltfriedens beigetragen hat. Und es ist ein neuer Beweis dieser Freun schait, doß meine Gemahlin und ich beute bier sind, und Euren Majestäten die Grüße und Wänsche Seiner Majestãt des Kaisers und Ihrer Majestät der Kaiserin zur Feier des 56 jäbrigen Bestebens des Kõnigreichs Italien überbringen dürfen. Diese Wünsche unserer Hohen Eltern sind auch der Ausdruck der herzlichen Gefable des ganzen deutschen Volkes. Seit zehn Jahrhunderten verbunden durch die Zivilisation und die Geschichte, haben Deutschland und Italien fast ju derselben Zeit die langerfebnte vositische und nationale Einbeit erringen können. Das deutsche Volk und sein Kaifer nehmen an den Geschicken des verbündeten Italien aufrichtigsten Anteil und wünschen ihm auch in Zukunft eine lange Zeit des Gedeibens und Glücks unter dem glorrei Siepter des Hauses Savoyen. Ich trinke auf das Wobl Seiner Majestät des Königs, Ihrer Majeflät der Königin und der ganzen Königlichen Famllie, auf die Wohlfahrt des schönen Landes Italien.
— In der Deputierten kammer gab der Minister⸗ präsident Giolitti gestern die Programmerklärung des neuen Ministeriums ab, in der u. a. die Wahlreform sowie die Verstaatlichung der Lebensversicherung angekündigt werden. Laut Bericht des, W. T. B.“ führte der Ministerpräsident aus:
Ich werde mit kurzen und klaren Worten mein Programm aug= einandersetzen. Die grundlegende Frage, die beute dem Parlament dorgelegt wird, ist die Reform des Wablgesetzeg. Das YProblem ist so schwierig, daß man an dieses nur 234 wischen⸗ räumen herantreten kann. Aber wenn es einmal zur Erwägung gelangt, so muß es in einer Weise gelsöst werden, daß man ie Sickerbeit erhält, daß die nationale Verrretung der erreichten Stufe der Zivilisation, der Bildung und der politischen Reife des Landes vollftãndig entspricht. Angesichts der Fortschritte, die das italienische Volk in 20 Jabren der Freiheit gemacht hat, ann sich die Reform nickt auf einige wenige Abänderungen be— schränken, sondern muß in grundfätzlicher Weise dem volitischen Leben unz der großen Strsmung der öffentlichen Meinung Rechnun tragen.
werde daher beantragen, daß auch diejenigen wahlberechtigt
lein sollen, die der Misttämflicht genügt haben, und die, die das 309. Lebensjahr erreicht haben. werde ferner Maßregeln vor⸗ scbhlagen, die den wahren Willen der Bäbler gegenüber Fälschung, Bestechung und Gewalttãtigkeit sicherstellen und ebenso gesetzliche stimmungen für Gntschädigungen an die Deputierten, damit das Land seine Vertreter auch aus den weniger Bemittelten wäblen kann. Das Parlament wird so der vollkommene Ausdruck des Willens des Landes sein und allen sozialen Klassen offen stehen. Es wird ein wirksamer Faktor der Zivilisation und des Fortschritts sein und ein all fär unsere öffentlichen Ginrichtungen und Freibeiten. Dann kündigte der Ministerprãsident an, daß er die Verstaatlichung der Lebensversicherung in Vorschlag bringen werde, derart, daß alle aus der Lebensversicherung rührenden Ginnabmen der Tasse für die Alters und Indivaliditãteversorgung der Arbeiter über- wiesen werden. Während demnach die siche re Garantie des Staates den Anlaß geben werde, die Vorsorge für die Zukunft in Form der Lebens versicherung zu vergrößern, würden die Vernicherungsbeitrãge der besser gestellten Klasfen die . der Arbeiterversicherung erbõhen. Die 8 unserer Finanzen‘) uhr Giolitti fort. ift gut, und das Gleichgewicht des Budgets gesichert, aber elne Periode der Zurũck⸗ baltung in der Vermebrmg der Ausgaben erscheint geboten, damit die normale Vermehrung unserer Einkünfte das Finanisvftem gegen jede umvorbergesehene Möglichkeit sichert und bedeutende finanzielle Reformen möglich macht, die die Lage der kleineren Steuerzahler verbessern sollen. Der Ministerpraͤsident sprach hierauf von der Notwendigkeit, das Ineinandergreifen der einjelnen Verwaltungszweige gründlich ju prüfen, damit diese ein⸗ facher, rascher und intensider arbeiteten, und erklaͤrte sodann: Die Leitung unserer auswärtigen Politik wird den traditionellen Weg der absoluten Bündnistreue und der größten Herzlich⸗ keit in der Freundschaft mit allen Mächten fortsegen. Ste wird dauernd an der Aufrechterbaltung des Friedens mitarbeiten sowie an der eifersüchtigen Wabrung unserer Interessen und der Würde der Nation. Die militärische Politik ist der auswärtigen Politik beigeordnet. Armee und Marine, das sichere Bollwerk der nationalen Unabhängigkeit und Wärde, sind daber die bauptsächlichfte Garantie des Friedens. In den Beziehungen des Staates jur Kirche werden wir den Grundsaß weitester Freibeit be— folgen und das religisse Gefühl schonen. Wir werden bel jeder Re⸗ gierungs handlung entschlossen die Rechte unversebrt erbalten, die sich aus der Souveränität des Laienftaats ergeben. Giolitti sprach dann von der Notwendigkeit, das Gerichtsverfabren iu beschleunigen, und kündigte eine Reorganisation der Mittelschulen an, da bei dem immer beschleunigteren Fortschritt aller zivilisierten Nationen ein Land, das stehen bleibe, dem Verfall bestimmt sei. Der Ministerprãsident richtete schließlich an das Haus die Frage, ob das Programm des Ministeriums von der Kammer gebilligt werde und ob das Kabinett auf das Vertrauen der
Kammer zählen könne. Eyanien.
Der gestrige Ministerrat beschäftigte sich, W. T. B.“ zufolge, besonders mit den marokkanischen Angelegen— heiten. Der Ministerpräsident Canalejas berichtete dabei über eine Unterredung des Botschafters in Paris, Perez Caballero, mit dem französischen Minister des Aeußern Cruppi.
— In der gestrigen Sitzung der Deputierten kammer wurde die Debatte über die Ferrerangelegenheit fortgesetzt.
Nach dem Bericht des X T. B. erklärte der radikale Partei. fübrer Lerroux, die Ungerechtigkeit, Unbilligkeit und Ungefetz lichkeit des Prozesses erbeische seine 8 und eine Abänderung des Militär⸗ strafgesetzbuchs. Dann tadelte der Redner die konservative Regierung insbesondere derhalb, daß zur Zeit der Unruben in Barcelena das Volk wie Galeerenskladen bebandelt wurde und behauptete, Ferrer sel von dem Augenblick seiner Verbaftung an zum Tode verurteilt gewesen. Terrour jergliederte dann die Prozeß⸗ akten, die nichts enthielten, was genügte, um die Schuld Ferrer ju erweisen. Das Urteil sei so schnell ausgeführt worden, um allem vor Wiedererõffnung der Kammer ein Ende zu machen. Der Staatzanwalt beim Kaffationsbof sei von der Regierung nach Barcelona geschickt worden, um auf das Verfahren zum Nachteil des Angeklagten Einfluß auszuüben. Lerrouxz erwähnte bierauf Ten Fall eines Angeklagten, der freigesprochen worden sei, obwohl gegen ihn mehr Beweise vorgelegen hätten als gegen Ferrer. Die begangenen Ungesetzlichkeiten genũgten, um die Nichthekein des Prozesses Ferrer zu erklären. Der Redner schloß, er fordere im Namen Europas, daß die Verantwortlichen sich endgültig vom öffentlichen Leben zurückziehen sollten. Nach Lerroux forderte Canalisar die Kammer auf, die Debatte zu beschleunigen angesichts der zablreichen Fragen von bohem Interesse für das Land, die die Aufmerksamkeit des Parlaments er⸗ forderten.
Die Sitzung wurde sodann geschlossen.
Türkei.
Wie Konstantinopeler Blätter erfahren, hat Montenegro die Großmächte in einem Memorandum ersucht, bei der Vforte wegen einer Regelung der Frage der Auswanderung der Malissoren einzuschreiten. In dem Memorandum wird die Gewährung einer allgemeinen Amnestie und eine mildere Anwendung der Verfassungsgesetze angeregt und versichert, daß Montenegro seine freundschaftlichen Bezsehungen zur Türkei aufrecht erhalten werde. Vom „W. T. B.“ verbreiteten Mitteilungen des Ministeriums des Aeußern zufolge hat das Memorandum Montenegros bei den Großmächten keine gute Aufnahme gefunden. Die Mächte erklären, Montenegro müsse absolute Neutralität wahren und seine Grenze gegen Flücht— linge sperren und ihnen jede Unterstũtzun verweigern. Für irgendwelche, durch ein anderes rhef ent⸗ stehende Komplikationen würde Montenegro verantwort⸗ lich gemacht werden. Bei der Pforte eingegangene Informationen besagen, daß die montenegrinische Regierung auf den gemeldeten energischen Schritt des türkischen Gesandten in Cetinje geantwortet habe, Montenegro wünsche die Er— haltung der guten Beziehungen zu der Türkei und werde Neutralität wahren. Zu dlesem Zwecke sei der General Vu kotisch an die Grenze entsendet worden. Der montenegri— nische Geschäftsträger in Konstantinopel hat Weisung erhalten, der Pforte eine ähnliche Erklärung abzugeben.
— Der Wali von Skutari meldet, W. T. B.“ zufolge, daß die in Tuzi befindlichen Truppen die kleinen Forts Tfchitz und Hafispa schah und die strategisch bedeutsame Höhe von Vehli Tepe besetzt haben. Die Aufständischen eröffneten das Feuer gegen die Vorposten von Tschitz, wurden aber zurück⸗ geschlagen.
Asien.
Nach einer vom, W. T. B. verbreiteten Meldung des Kommandierenden der Jemenerpebition sind die Truppen in Sanaa eingerãũckt.
Afrika. Nachrichten aus Fes, die am 3. April in Alkassar ein⸗ getroffen sind, stellen, „M. T. B.“ zufolge, die Lage als
eunruhigend dar. Ein Kaid, der von Alkassar nach * aufgebrochen war, wurde in der Nähe von Uergla angegriffen
und fünf Mann seiner Begleitmannschaft getötet.
Parlamentarische Nachrichten.
Der Bericht über die gestrige Sitzung des Herrenhauses befindet sich in der Ersten und Zweiten Beilage
— In der heutigen (9. Sitzung des Herrenhauses, welcher der Minister der geistlichen und Unterrichts angelegen⸗ heiten D. von Trott zu Solz beiwohnte, nahm vor Eintritt in die Tagesordnung das Wort
Sraf Jerck on Wartenburg: Es ist mir gestern ein us. druck untergelaufen, der nicht korrekt ist. Ich kabe von der Mit- wirkung dez Staats bei der Anftellung katholiscker Seistlichen ge— srochen. Bei weiterem Nachdenken habe ich mich überjeugt, daß das Einführungsrecht und die Anzeigepflicht eine derartige? itwir kung nicht wohl begründen. Ich bitte zu entschuldigen, daß ich den unzu- treffenden Ausdruck gebraucht habe.
Das Haus setzt hierauf die Beratung des Staats haushaltsetats für das Rechnungsjahr 1911, und zwar zunächst die allgemeine Besprechung des Etats des Ministeriums der geistlichen und Unterrichts— angelegenheiten bei dem Ausgabetitel „Gehalt des Ministers“ fort.
Herr Dr. von Kopp: Graf Jorck von Wartenburg bat gestern von vornherein erklärt, daß er die Angelegenheit, mit der er sich be⸗ schäftigte, sachlich und objektiv bebandeln wolle. Er hat dies auch in der Form getan. Dagegen konnte ich mit seinen Äusfübrungen in sachlicher Beziehung nicht immer gan; einverstanden sein. Graf Jord bat die gegenwärtige kirchenpolitische Lage zu däster dargestesst und zu viel Schatten in dem Bilde angelegt. Ich möchte mir ge⸗ statten, dieses Bild zu retouchieren. Ich ach von dem wichtigsten Punkte aus, dem sogenannten Antimedernifteneid. Auch ich möchte
ierbet zu der von ihm erwähnten Interpellation Stellung nebmen. Ich babe den Eindruck, als wenn man den Antimodernisteneid fowobl in formeller wie in inbaltlicher Beziehung doch weit überschãtzt. Ich muß der Meinung entgegentreten, daß durch diesen Eid etwas Neues eingeführt worden sei. Formell ist er dasselbe, was die kirch= liche Verpflichtung schon jetzt besagt. Diese kirchliche Ver— pflichtung findet sich in den Statuten der katholischen Fakultäten. Danach ist der Professor verpflichtet, feiner Küche die
rklärung abzugeben., daß er nach ihren Grundsäßen und Tehren unterrichten wolle. Die bisherige Form dieser Verpflichtung war die sogenannte Confessio Tridentina, die sich auf die tridentinischen
laubenssätze stätzt und später durch die vatikanischen pervpoll= ständigt worden ist. Der Heilige Stubl bat es für notwendig ge— halten, daß diese Erklärung in feierlicher Weise abgegeben werde. Er begründet die Notwendigkeit dieser feierlichen Verpflichtung mit Vorgängen in der katholischen Kirche selbst. Es bandelt sich bier um eine innerkirchliche Angelegenbeit, und ich bin darüber etwas ver—= wundert gewesen, daß nun dieser Antimodernisteneid so viel Beunruhigung verursacht hat. Daß es sich bier nicht um etwas Neues handelt, kann ich nicht allein bebaupten, sond ern auch beweisen. Ich kann mich bier auf das Zeugnis kompetenter Professoren be— rufen, und zwar sowohl an den Universitäten wie an den bischöf⸗ lichen Lebranstalten. Diejenigen sowobl, die den Eid geleistet baben, als auch diejenigen, die von der Ausnahmebefugnis Geb rauch gemacht haben, baben erklärt, daß die neue Bindung ihnen keine neue Verpflichtung auferlegt, daß sie im Gegenteil durch diesen Eid nicht verbindert würden, ihren wissenschaftlichen Forschungsarbeiten nachjukemmen. Ich glaube doch, daß es nicht angangig ist, diesen ernsten Leuten, welche von der Staatsregierung selbst in diese Stellung gebracht sind oder mit ibrer Zustimmung diese Stellung einnehmen, zu unterstellen, daß sie diese Erklärung im Widerstreit mit ibrer Ueberzeugung, nicht in voller Aufrichtigkeit abgegeben haben.
(Schluß des Blattes.)
Bei der Ersatzwahl eines Mitglieds des Hauses der Abgeordneten fuͤr den verstorbenen Abg. Dr. von Jazdzewski Pole), die in den Kreisen Jarotschin, Koschmin, Krotoschin und Pleschen im Regierungsbezirk Posen statt— fand, erhielt, wie W. T. B.“ aus Jarotschin vom heutigen Tage berichtet, Kurz aws ki⸗Pakosch (Pole) 379 Stimmen, Prinz zu Stolberg⸗Wernigerode⸗Radenz (kons.) 180 Stimmen. Kurzawski ist somit gewählt.
Statistik und Volkswirtschaft.
Zur Arbeiterbewegung.
astand in den Kinderwagenfabriken in Zeitz, an dem iter beteiligt waren, ist, der Köln. Itg. zufolge, am nach unwesentlichen Zugeständnissen für beendet erklärt
ie Arbeiter der vereinigten Appreturen van Kempen
d Müller u. Senger Sohn in Crefeld, die wegen der Ent-
assung dreier Arbeiter gekündigt hatten, nahmen, wie die. Köln. Ztg.“
mitteilt, die Kündigung zuruck, nachdem die Entlassenen anderswo Arbeit gefunden haben.
Eine stark besuchte öffentliche Versammlung der in den Handels- gärtnereien beschäftigten Gärtnergehilfen Leipzigs beschloß, der Lpz. Ztg.“ zufolge, den Prinzipalen einen neuen Lohn, und Ambeits— tarif vorzulegen und um Antwort bis zum 15. April zu erfuchen. Auch die Landschaftsgärtner sind in eine Lohnbewegung jwecks Aufbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten. Bie Ver⸗ handlungen zwischen den Vertretern der Gehilfen und der Prinzipale schweben noch.
Aus Bavonne wird dem W. T. B.“ telegraphiert: Gestern nachmittag wollten ausständige Docarbeiter Arbeitswillige verhindern, die Arbeit wiederaufzunehmen. Husaren und Gendarmen versuchten, sie zu vertreiben. Es kam zu einem Hand
emenge, wobei mehrere Ausständige schwere Verletzungen erlitten. uch einige Gendarmen und Soldaten wurden durch Steinwürfe und Stockhiebe verletzt.
Infolge des Setzerausstandes in Serajewo verfügten, wie W. T. B.“ meldet, die Herausgeber der Zeitungen die Ausspertun des Personals. Die Blätter erscheinen nicht. (Vgl. Nr. 83 d. 66)
Kunst und Wissenschaft.
In Bologna wurde, W. T. B.“ zufolge, gestern in Anwesen⸗ beit des Herzogs der Abruzzen und von Vertretern der Behörden der von 409 Teilnehmern befuchte internationale Kongreß für Philo sophie eröffnet.
Land⸗ und Forstwirtschaft. Gin Kursus über Anbau und Bebandlung der Brau— gerste findet vom 1. bis 4. Mal d. J. in dem zur Ber sner dand⸗ wirtschaftlichen Hochschule gehörigen Institut für Gärungs— Der Kursuß, zu dem bereits eine Anzabl Landwirt-
e werbe statt. e ,. die Entsendung von Beamten, Winterschuldirektoren und landwirtschaftlichen Wanderlehrern zugesagt haben, ist auch für
1 Landwirte bestimmt. Die Tellnahme am Kursus ist * ührenfrei. , e. Vorlesungen und Uebungen sind vorgemerkt: Anbau von Braugerste; Dozent Professor Dr. von Eckenbrecher. — Gerstenbonitierung, verbunden mit praktischen Uebungen; Dozent Dr. Neumann. — 2 der Braugerste nach der Ernte; Dozent Pro- fessor Dr. Hoffmann. — Danehen finden noch einstündige Vor—= lesungen statt über: Volkswirtschaftliche . der Brau⸗
6 Dozent 9 Dr. Struve. — . erbonitierung; ozent Dr. Neumann. — Verfütterung von Trockenkartoffeln und