1911 / 109 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 09 May 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Polen wird der Antrag Albrecht und Genossen abgelehnt und 8 1865 un— verändert angenommen.

8 1862 lautet:

„„Auf Antrag des Arbeitgebers werden von der Versicherungs⸗ pflicht befreit: I) Lehrlinge aller Art, solange sie im Betrieb ihrer Eltern beschäftigt sind, 2) Personen, die bei Arbeitslosigkeit in Arbeiterkolonien oder ähnlichen Wohltätigkeitsanstalten vorüber— gehend beschäftigt werden.“

. Abg. Sch m idt⸗Berlin (Soz.) befürwortet folgenden Zusatz zu Nr. 2; »und für die Zeit der Krankheit Anspruch auf Krankenpflege haben. Die Wohltättgkeitsanstalten müßten wenigstens einen Teil der Fürsorge übernehmen.

Ag, Haus mann (nl): Es handelt sich um Personen, von denen die Erhebung von Geldern ganz unmöglich ist.

Abg. Schmidt Berlin (Soz.): Sie erhalten doch Lohn in Ge— stalt von Naturalleistungen, und es liegt eine Arbeitsleistung vor.

Nach einigen weiteren Bemerkungen des Abg. Molken⸗ buhr (Soz.) wird der sozialde mokratische Antrag abgelehnt und § 1862 angenommen.

5 190 bestimmt:

5 Versicherungs freie Beschäftigte, ö ae, Familienangehörige des Arbeitgebers, die ohne eigentliches Arbeitsberhältnis und ohne Entgelt in seinem Betriebe tätig sind, 1. 3). Gewerbetreibende, und andere Betriebsunternchmer, bie in ihren Betrieben regelmäßig keine oder höchstens 2 Versicherungs—⸗ pflichtige beschäftigen,

z. „önnen der Versicherung freiwillig beitreten, wenn nicht ihr jährliches Gefamteinkommen 2000 ½ übersteigt.

Der Bundesrat bestimmt, wieweit unter der gleichen Voraus⸗ setzung Personen, welche nach 182 (porübergehende Dienstleistung) versicherungsfrei sind, der Versicherung freiwillig beitreten können.

Die Satzung der Krankenkasse kann das Recht zum Beitritt von einer hestimmten Altersgrenze und von der Vorlegung eines ärztlichen Gesundheitszeugnisses abhängig machen. Die Festsetzung der Altersgrenze bedarf der Zustimmung des Oberversicherungsamts.“

Abg. Hoch (Soz.) macht darauf aufmerksam, daß hier ein Wider spruch zu der Bestim mung des Gesetzes vorliegt, daß Handlungsgehilfen auch versicherungspflichtig sind, wenn ihr Einkommen über 2000 beträgt. Um diesem Mißstande und anderen, die sich aus Absatz 3 ergeben, entgegenzutreten, beantragen die Sozialdemokraten, im erften Absatz die Klausel betreffs der Höchstgrenze von 2000 6 zu streichen und im dritten Absatz hinter dem) Worte „Beitritt“ einzufügen: „Für Personen, die nicht unmittelbar vorher einer anderen Kranken⸗ kasse angehört haben.“

Ohne weitere Debatte werden diese Anträge abgelehnt und zu 8 190 die Kommissionsbeschlüsse unverändert gelassen.

§ 191 der Vorlage lautete:

„Unter der gleichen Voraussetzung kann ein Gemeindeverband durch Statut für seinen Bereich oder Teile dabon sowie eine Krankenkasse durch die Satzung für ihren Bezirk dieses Recht auch anderen Versicherungsfreien einräumen.“

Die Kommission hat den Paragraphen abgelehnt; ein Antrag der Sozialdemokraten, ihn wiederh erzustellen, wird, nachdem ihn der Abg. Schm idt-Berlin (Soz.) kurz befürwortet hat, verworfen.

S 192a ist von der Kommission neu eingefügt: „Die Ver⸗ sicherungsberechtigung erlischt in allen Fällen, wenn das regel⸗ mäßige jährliche Gesamteinkommen 4060 „6 übersteigt.“

Abg. Molkenbuhr (Soz.) tritt für einen Antrag ein, diese Höchst⸗ grenze auf 3000 ½ zu erhöhen, wie sie das Unfallversicherungsgesetz normiert. Man dürfe hier keine Lücke und keine Inkongruenz ein⸗ treten lassen.

Abg. Dr. Mug dan ffortschr. Volksp.) hat auch gegen § 1922 sehr schwere Bedenken. Niemand garantiere demjenigen, der ein Ge⸗ halt von 4000 M erreicht habe, daß er dieses Gehalt behalte: gleich⸗ wohl würde es ihm unter Umständen unmöglich gemacht, wieder einer Kasse beizutreten, denn die Aufnahme sei ja abhängig von einer Ein⸗ nahme unter 2000 M. Mindestens müsse in dritter Lesung Remedur geschaffen werden, vielleicht durch Differenzierung zwischen Krankengeld und Krankenpflege.

Abg. Hoch (Soz): Die Väter dieses Paragraphen in der Kom— mission sind gerade die Freunde des Vorredners; die Urheberschaft ist in den Kreisen des Aerzteverbandes zu suchen. Auch dieser Antrag ist gewissermaßen im Sinne der Mehrheit gestellt; wie kann die Mehrheit eine solche Ungerechtigkeit in ihren eigenen Beschlüssen bestehen lassen? Statt deffen sitzen die Herren da wie die Puppen und rühren sich nicht. (Größe Unruhe; Vize— präsident Dr. Spahn ruft den Redner zur OSrdnun g.) Jetzt vertröstet man auf die dritte Lesung. Dann wird auch nur wieder so etwas Oberflächliches beantragt und beschlossen werden, aber wirk— liche Mühe wird man sich nicht geben, die pielen Ungerechtigkeiten, die in den Kommissionsbeschlüssen enthalten sind, und die niemand von der Mehrheit verantworten zu wollen die Stirn haben wird, zu beseitigen.

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Wenn nach der zwenten Lesung der Block zusammentreten wird, dann werden wir erleben, was wir in der Ausgleichslesung der Kommission erlebt haben, daß wir 600 Abänderungs anträge bekommen, von denen uns die An tragsteller nicht einmal sagen, was sie sich dabei gedacht haben.

Nach einer kurzen Replik des Abg. Dr. Mug dan (fortschr. Volksp.) wird der Antrag Albrecht gegen Sozialdemoh raten und fortschrittliche Volkspartei abgelehnt.

Der zweite Abschnitt, 88 193— 234, betrifft der Gegen⸗ stand der Versicherung (Krankenhilfe, Wochengeld und Sterbegeld).

5 195 bestimmt:

Die baren Leistungen der Kassen werden nach einem Grund— lohn bemessen. Als solchen setzt, die Satzung den durahschnitt— lichen Tagesentgelt, derjenigen Klassen Versicherter, für welche die Kasse errichtet ist, bis 5 M für den Arbeitstag fest.

Die Satzung kann den durchschnittlichen Tagesentgelt auch nach der verschiedenen Lohnhöhe der Versicherten stufenweise bis 6 (6 sestsetzen.

Die Festsetzung bedarf der Zustimmung des Oberversicherungs amts (Beschlußkammer).

Die Satzung kann statt des durchschnittlichen Tagesentgeltes den wirklichen Arbeitsverdienst der einzelnen Versicherten bis 6 A6 für den Arbeitstag als Grundlohn bestimmen.

. Abg. Sachse (Soz.) befürwortet die Amendements Albrecht zu diesem Paragraphen. Im ersten Absatz soll der zweite Satz lauten: Als Grundlohn gilt der durchschnittliche Tagesentgelt des Ver⸗ sicherten?“. Im zweiten Absatz sollen die Worte: „bis 6 6“ gestrichen werden, ehenso der dritte und vierte Abfatz. Er weist darauf hin, daß die besser entlohnten Arbeiter durch die Fassung der Kommissions—⸗ beschlüsse ungeheuer geschädigt werden würden.

Die Amendements Albrecht werden abgelehnt.

Nach § 196 der Kommissionsvorschläge kann unter ge— wissen Modifikationen bei Landkrankenkassen die Satzung den Ortslohn als Grundlohn bestimmen, ebenso in Bezirken ohne Landkrankenkassen die Satzung der allgemeinen Ortskranken⸗ kasse für die Versicherten, die nach der AÄrt ihrer Beschäftigung einer Landkrankenkasse anzugehören hätten.

Abg. Büchner (Soz) befürwortet einen Antrag Albrecht auf Streichung dieses Paragraphen.

Abg. Fegter (fortschr. Volksp.) schließt sich diesem Antrage aus allgemeinen und prinzipiellen Gründen an. Man sollte bei der Arbeiterversicherung nicht Arbeiter erster und zweiter Klasse schaffen und die Landarbeiter nicht schlechter stellen als die gewerblichen Arbeiter.

Der Antrag Albrecht wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der fortschriftlichen Vollspartei ab— gelehnt.

sz 1M lautet in der Fassung der durch die Kommissions— beschlüsse unverändert gebliebenen Regierungsvorlage:

Als Krankenhilfe wird gewährt:

1) Krankenpflege von Beginn der Krankheit an; sie umfaßt ärztliche Behandlung und Versorgung mit Arznei sowie Brillen, Bruchbändern und anderen kleineren Veilmitteln, und

Y Krankengeld in Höhe des halben Grundlohns für jeden Arbeitstag, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht; es wird vom vierten Krankheitstage an, wenn aber die Arbeitsunfähigkeit erst später eintritt, vom Tage ihres Eintritts an gewährt.

Die Anträge Albrecht wollen die Worte: „kleineren Heil— mitteln“ ersetzen durch die Worte: „Heilmittel und die Hilfs⸗ mittel, die erforderlich sind, um den Erfolg des Heilverfahrens zu sichern oder die Nachteile der Krankheit zu mildern; ferner soll der ganze Grundlohn für jeden Tag gewährt werden, und zwar in jedem Falle vom Beginn der Krankheit an. Eventuell soll das Krankengeld 3 des Grundlohns betragen und folgender Zusatz gemacht werden:

Jedoch ist es schon vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an zuzubilligen bei Krankheiten, die länger als eine Woche dauern, zum Tode führen oder durch Betriebsunfall verursacht worden sind.“

Abg. Sachse (Soz.) begründet diese Anträge.

Abg. Mol enbuhr (Soz.): Der 5 197 wird, wenn sein Wortlaut nicht geändert wird, eine Anzahl von Prozessen zur Folge haben. Was sind kleinere Heilmittel? Diese Kassen denken über Zahnersatz anders als jene. Die Menge daraus entstehender Scherereien wird die Führung der Geschäfte verzögern anstatt fördern, und die Kranken haben davon den Schaden. Der Mensch ist doch in der Regel nicht nur an Arbeitstagen krank, wenn die Krankheit länger dauert; man soll also auch den Sonntag entschädigen; es handelt sich stets immer nur um den persicherten, nicht um den nirklichen Tagelohn, der halbe Grundlohn ist daher absolut unzureichend. Ferner muß das alte Unrecht der dreitägigen Karenz des Krankengeldes endlich aus— geräumt werden.

Vizepräsident Dr. Spahn schließt die Debatte und erteilt dem Neferenten das Wort; die Abgg. Korfanthy und Dr. Mu gdan, die noch das Wort nehmen wollten, können ez nicht mehr erhalten, weil ihre Wortmeldung nicht vorher beim Bureau angebracht war.

Die Hauptanträge Albrecht werden abgelehnt. Ueber den Eventualantrag, statt des halben Grundlohns 3, desselben zu gewähren, wird namentlich abgestimmt. Der Antrag wird mit 2312 gegen 59 Stimmen abgelehnt; ebenso der zweite Eventualantrag wegen Beseitigung der dreitägigen Karenzzeit.

Zu 5 199, der unter gewissen Voraussetzungen der Kasse die Befugnis gibt, an Stelle der Krankenpflege und des Krankengeldes Krankenhauspflege treten zu lassen, befürwortet der

Abg. Zubeil (Soz.) eine Fassung, wonach die Kasse Kranken⸗ hauspflege gewähren muß, wenn die Krankenhauspflege nach dem Gutachten des behandelnden Arztes notwendig ist, und ferner dann, wenn der erwerbsunfähige Kranke einen eigenen Haushalt nicht hat, und Krankenhauspflege verlangt. Der Redner befürwortet zu gleich den von seinen Fraktionsgenossen beantragten § 199 a: „»Die Kasse muß eine Hauspflegerin stellen, wenn die Leiterin eines Haushaltes erkrankt und durch ihre Erkrankung an der ordnungs— mäßigen Aufrechterhaltung des Haushalts verhindert ist und diese Leistung von der Kranken oder deren Ehemann verlangt wird. Sie kann das Krankengeld für die Zeit, für die sie eine Hauspflegerin stellt, um 4 kürzen. Er bitte die Mehrheit, die Taktik der Wanzen nicht weiter zu verfolgen, die, wenn sie sich vollgefogen hätten, sich nicht mehr von der Stelle bewegten. Wolle die Mehrheit zum Aus? druck bringen, daß sie sich durch das Gift, das sie in die Reichs— versicherungsordnung hineingebracht habe, voligefogen habe und nichts mehr tun wolle, als Anträge niederstimmen, so möge der Präsident in Zukunft nur noch negative Abstimmungen vornehmen, damit die Herren in ihrer Ruhe nicht gestört würden.

Vizepräsident Schultz: Ich muß so abstimmen lassen, wie es die Geschäftsordnung vorschreibt.

Die Anträge Albrecht werden abgelehnt.

3 201 bestimmt:

„Wird Krankenhauspflege einem Versicherten gewährt, der bisher von seinem Arbeitsverdienst Angehörige ganz oder über— wiegend unterhalten hat, so ist daneben ein Hausgeld für die Angehörigen im Betrage des halben Krankengeldes zu zahlen.“

Abg. Huber (Soz.) begründet einen Antrag Albrecht, anstatt des halben zu setzen 4. Es würden sonst Bettelpfennige für die Familien herauskommen. Schon die Rücksicht auf die Armenpflege erfordere die Annahme des Antrages, der allerdings in der Kom⸗ mission abgelehnt sei. Auch dann wären die Arbeiterfamilien noch nicht vor Not geschützt.

Vizepräsident Schultz bittet mit Rücksicht auf die im Hause herrschende Unruhe um Ruhe, damit die Redner nicht Grund hätten, sich über Teilnahmlosigkeit zu beschweren.

Abg. Molkenbuhr (Soz.): Von je 100 6 entfallen nur 11 0 auf die Familienunterstützung, bei Annahme unseres Antrages würden sich also die Ausgaben der Krankenkassen gar nicht erheblich steigern; nach dem gegenwärtigen Stand um 2.2 Millionen. Das macht nur „bo der Krankenkassenbeiträge aus, eine Ausgabe, die leich auf⸗ gebracht werden kann. Aber man läßt lieber einen kranken Familien⸗ vater und seine Familie verhungern, als daß man dem Unternehmer den Bruchteil eines Pfennigs auferlegt.

Vijepräsident Schultz: Das war ein sehr hartes Wort. Zuruf von den Sozialdemokraten; Aber zutreffend )

Abg. Hue (Soz.): Aus den Kreisen der Berg- und Hütten⸗ arbeiter sind eine Unmenge von Klagen über nachlässige und lieblose Behandlung in den Krankenhäusern an die Oeffentlichkeit gelangt. Man benutzt die Krankenhäuser nicht nur dazu, um die Kranken zu heilen, sondern auch so merkwürdig es klingt um Krankheits⸗ anmeldungen von vornherein auszuschließen. In Oberschlesien ist die Zahl der Krankenhausbehandlungen verblüffend hoch, fast 0 0 der Kranken werden ins Lazarett geschafft. Dieser ungewöhnlich hohen Ziffer steht eine erstaunlich niedrige Krankheitsziffer gegenüber, nur, 32 O Erkrankungen gegenüber 60 bis 70 o in anderen Bezirken, und dies, trotzdem in Oberschlesien die sanitären und Lohnverhältnisse, die Ernährungs- und Wohnungsverhältnisse ganz besonders ungünstig sind. Man könnte sich über diese niedrige Ziffer freuen, wenn nicht aus den mir zugegangenen Mitteilungen hervorginge, daß die Krankenhausbehandlung derart ist, daß die Ar⸗ beiter sich lieber auf eigene Kosten kurieren lassen. Unter diesen Umständen soll man ihnen wenigstens die Sorge um die zurück— gebliebene Familie nehmen. Bis 1854 bekamen die Knappen als Krankengeld ihren vollen Lohn, jetzt wird nur die Hälfte, und zwar nicht einmal von dem wirklich verdienten Lohn gezahlt. Nehmen Sie also unseren Antrag an.

Gegen die Stimmen der Sozialdemokraten wird der An— trag Albrecht abgelehnt.

Nach 5 204 hat die Krankenkasse, wenn ein Versicherter Krankengeld gleichzeitig aus einer anderen Versicherung erhält, ihre Leistung so weit zu kürzen, daß das gesamte Krankengeld des Mitgliedes den Durchschnittsbetrag seines täglichen Arbeits— verdienstes nicht übersteigt. Die Satzung kann die Kürzung ganz oder teilweise ausschließen.

Nach. 3 205 der Koömmissionsbeschlüsse kann die Satzung die Mitglieder verpflichten, dem Vorstand, wenn sie Kranken— geld oder die Ersatzleistung dafür beanspruchen, die Höhe der Bezüge mitzuteilen, die sie gleichzeitig aus einer anderen Kranken—

versicherung erhalten.

sicherung die Bezüge her beide Paragraphen ter dem Worte

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„sofern die Bezüge zusammen mit dem Krankengeld den Durch= . des täglichen Arbeite verdienstes des Kranken über⸗ teigen.“

Abg. Sch midt-Berlin (Soz.): Große Parteien haben sich s. Z. bei Beratung des 8 63 H. G. B. dafür ausgesprochen, daß Handlungsgehilfen das Recht haben, neben dem Krankengeld ihre Gehaltsbezüge fortzubeziehen. Von diesem Standpunkt, den allerdings schließlich das Zentrum wie die Nationalliberaken in der Kommission, wo es sich ja in der Hauptfache nur um Arbeiter handelt, verlassen haben, geht unser Antrag auf Streichung aus. Noch in der ersten Lesung der Kommission hatte die Mehrheit wenigstens nach unserem jetzigen Eventualantrage beschlossen.

Abg. Mug dan (fortschr. Volksp.): Für die völlige Beseitigung der 5§5 204 und 205 stimme auch ich, kann mich aber für den Gventualantrag nicht entscheiden, der eine große Ungerechtigkeit gegen⸗ über der Mehrzahl der Gewerkschaften bedeuten würde.

Abg. Schmidt⸗-Berlin (Soz.) bestreitet letzteres, da bei den Gewerkschaften gar kein Versicherungsverhältnis vorliege.

s8 204 und 205 werden unverändert angenommen.

58 206 lautet nach den Kommissionsbeschlüssen:

»Die Satzung kann das Krankengeld bis auf des Grund lohns erhöhen und es allgemein für Sonn- und Feiertage zubilligen. Sie kann es schon vom ersten Tage der Arbeitsunfähigkeit an zubilligen bei Krankheiten, die länger als eine Woche (Vorlage:

zwei Wochen) dauern, zum Tode führen oder durch Betriebsunfall verursacht worden sind.“ Die Sozialdemokraten haben beantragt, für „I“ zu setzen „den vollen Betrag“.

Abg. Dr. Mugdan (sortschr. Volksp) führt aus, daß die Fassung „länger als eine Woche dauern, zum Tode führen 2c.“ eine Verschlechterung gegen den bisherigen Zustand enthalte; bisher habe es geheißen „o der zum Tode führen“.

Abg. Brühne (Soz.): Aus denselben Gründen haben wir die Streichung des ganzen Zusatzes hinter „zubilligen“ beantragt.

s 206 wird von der Mehrheit unverändert nach den Kom—

missionsvorschlägen angenommen.

s WM sieht vor, daß das Krankengeld im Falle strafbaren Verschuldens ganz oder teilweise versagt werden kann.

Abg. Busold (Soz.) befürwortet einen Antrag Albrecht, in solchen Fällen das Krankengeld etwaigen Familienangehörigen des Ver— sicherten zu gewähren. Wenn das Krankengeld versagt werde, falls sich ein Versicherter schuldhaft an einer Schlägerei beteiligt habe, so müsse er darauf hinweisen, daß diese Schlägereien vielfach eine Folge des Alkoholgenusses seien, den seine Freunde mit Erfolg bekämpfen, der aber in agrarischen Kreisen wie Ostelbien und Niederbayern als „gute deutsche Sitte“ gepflegt werde.

Abg. Brühne (Soz.): Wie leicht man ganz unschuldig in Schlägereien verwickelt werden kann, zeigen die Moabiter Vorgänge. Ist aber jemand in eine solche Schlägerei verwickelt und wird dafür bestraft, so ist er schon stark genug beffraft, und seine Familie darf man nicht auch noch leiden lassen. Wir bitten Sie deshalb, dieser das Krankengeld zuzubilligen.

Der Antrag Albrecht wird abgelehnt.

s 208 der Kommissionsvorschläge bestimmt, daß die Satzung mit Zustimmung des Oberversicherungsamts für kleinere Heilmittel einen Höchstbetrag festsetzen, auch bestimmen kann, daß die Kasse bis zu dieser Höhe einen Zuschuß sür größere Heilmittel gewähren darf.

Abg. Albrecht (Soz.) befürwortet einen Antrag, die Worte: „mit Zustimmung des Obewersicherungsamtes“ zu streichen.

Der Antrag wird abgelehnt.

Die ss 210 213 regeln die Wochenhilfe.

Die Sozialdemokraten haben eine anderweite Formulierung dieser Bestimmung in 6 Paragraphen beantragt, während ein Antrag Hufnagel (dkons und Irl (Zentr.) dahin geht: für landwirtschaftliche Betriebe wird die Wochenhilfe durch die Satzung geregelt“. Ueber beide Abänderungsanträge ist namentliche Abstimmung beantragt.

Abg. David (Soz): Die Mehrheit hat bisher trotz der gründ— lichsten Begründung unsere Anträge abgelehnt. Ich hoffe, daß Sie unsere Anträge im Interesse der Mütter und der heranwachsenden Generation annehmen werden. Die Menschlichkeit erfordert, der werdenden Mutter jede materielle Sorge während dieser schweren Zeit abzunehmen. Das liegt im eigensten vitalsten Interesse der Gesellschaft. Unsere Zukunft liegt nicht im Wasser, sondern in der jungen heranwachsenden Generation. Es handelt sich um die Gesund— erhaltung der Gattung, um unser höchstes nationales Gut. Wie schützt heute das deutsche Volk dieses höchste nationale Gut? Die Statistik gibt uns darüber eine sehr trübe Auskunft. In der Er haltung und in dem Schutz der Säuglinge rangiert Deutschland an sehr ungünstiger Stelle. Nur in Rußland und Üngarn ist 'es noch schlimmer bestellt. Deutschland hat eine Säuglingssterblichkeit bon 1733 (6,ů Italien nur 15,6, England 12,1 und Norwegen nur 6,7 9so., Gegenüber diesen Tatsachen ist unfere Forde— rung nach einem weitergehenden Schutz der Mütter eine durch aus begründete. Die Prophylaxe im frühesten Stadium der hergnwachsenden Menschen ist eine dringende Notwendigkeit. Mutterschutz ist nichts anderes als Kinderschutz. Im Lande der berühmten Sozialpolitik hungern Hunderttausende von Kindern schon im Mutterleibe. Das ist kein Wunder bei Frauen, die im erwerbs— tätigen Leben stehen, die gezwungen sind, mit für die Erhaltung der Familie zu sorgen. Die Zahl dieser Frauen hat sich von 4,2 Millionen im Jahre 1882 bis 1907 nahezu verdoppelt. Die Kinder leiden an Unter ernährung, weil im Zeitalter der Lebensmittelzölle auch die Mütter immer schlechter sich ernähren müssen. Das wirkt natürlich überaus schädigend auf die werdenden Menschlein ein. Nach der Ansicht der medizinischen Wissenschaft müßten die Mütter drei Monate bis zur Niederkunft ruhen, die Statistik zeigt, daß die Zahl der Früh- und Fehlgeburten bei Frauen, die bis zur Niederkunft arbeiten müssen, siebenmal so groß ist, wie bei den anderen Frauen. Das ist nur der Durchschnitt; bei Wäscherinnen, Plätterinnen, beim Ladenpersonal, bei Metallpolierinnen stägt dieser Prozent satz sogar von 25 bis 53 oo. Angesichts dieser Tatsachen hoffe ich, daß Sie sich noch besinnen und unsere bescheidenen Forderungen annehmen werden, die weit zurückbleiben hinter dem, was die medizinische Wissenschaft verlangt. Wir wollen das, was die Vorlage als fakultative Lelstung vorschlägt, als Pflichtleistung in das Gesetz aufnehmen. Während die Vorlage nur ein Wochengeld gewähren will für 8 Wochen, wobon 6 Wochen nach der Niederkunft liegen müssen, während sie also nur für 14 Tage ein Schwangerengeld gewähren will, verlangen wir ein solches für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit während der Schwangerschaft. Nach der Niederkunft verlangen wir ein Wochengeld auf die Dauer von 3 Wochen. Außerdem wollen wir auch das Stillgeld in Höhe des halben Krankengeldes für die Dauer von längstens 26 Wochen nach Fortfall des Wochengeldes obligatorisch machen. Der Antrag Hufnagel⸗Irl bringt es fertig, das bißchen, was die Kommission bietet noch zu verschlechtern, indem er die in der Landwirtschaft und als Dienstboten heschäftigten Wöchnerinnen dem Belieben der Kasse über⸗ liefern will. (Pfuirufe bei den Sozialdemokraten. PMöäsident Dr. Graf Schwerin-Löwitz: Ich bitte, solche Zurufe gegenüber Antragstellern

use zu unterlassen) Die Antragsteller hoffen wohl, daß ö. 3 Life in Deutschlanz geben möchte, die den Wöchnerinnen auch diese Qilfe, versagen. Deshalb haben wir über diesen Antra namentliche Abstinmung beantragt. Schließlich verlangen wir, da

der Wöchnerin auf ihr Verlangen und auf Verlangen ihres Ehemannes

di eine Hauspflegerin für die Zeit, wo das Schwangeren⸗ . ö zu zahlen i gestellt werden muß. Endlich soll die Kasse befugt sein, wie eg ja auch die Kommsssion weill. an Stelle des Schwangeren, und Wochengeldes und der ärztlichen Be⸗ ö. zeigt ferner, daß die Kinder, die nicht mit Muttermilch genährt sind, sehr viel mehr Entwicklungsstörungen, Rranlbeiten und dem Tode ausgesetzt sind. Diese Entziehung der natürlichen Nahrung in der für den Aufbau des kindlichen Körpers, wichtigsten Zeit wirkt Jahre nach, nech nährenz der Schulpflichtigkeit und elbst der Deeresvflichtigkeit. In Berlin, waren ein Zehntel der Kinder körperlich nicht so weit entwickelt, daß sie eingeschult werden konnten. Ein Hoher Prozentsatz stand unter standiger Be⸗ obachtung der Schulärzte wegen Krantheitzerschein ungen, die als Folgen ungenügender Ernährung während des ersten Lebensiahres angesehen werden mußten. Der Prozentsatz der Militärtauglichen ist pe den mit Muttermilch ernährten Militärpflichtigen unendlich viel größer. Die Mütter, die ihre Kinder selbst stillen, nehmen n Deutschland in erschreckender Weise ab. 1890 waren es in Berlin noch bg. b. H., 1999 nur noch 32,5 v. H. Man könnte dies als ein Zeichen von Degeneration deuten; dann wäre allerdings ein rapider Verfall unserer Rasse festgestellt. Der wirkliche Grund aber ist ein unzureichender Ernährungszustand der Mütter. Diejenigen, die aus Eitelkeit ihre Kinder, nicht selbst nähren wollen, sind nicht in den unteren epöllerungsschichten zu suchen, sondern in den hohen und höheren Gesellschaftsklassen. Demgegenüber sollte man wie in Frankreich durch Gesetz verbieten, daß eine Mutter ihre Nahrung einem anderen Kinde giht, solange ihr eigenes Kind derselben bedarf. Man sollte mit Verachtung auf jede Frau sehen, die ihre Pflicht shrem Kinde und der Gesellschaft gegenüber nicht Jeistet. Wir wollen alle Mütter in die Lage versetzen, diese Pflicht erfüllen zu können. Keine Kapltalsanlage verzinst sich so gut, ist so, produktiv wie diese. Der Staatssekretär hat erklärt, wenn der Reichstag die Forderungen unseres Antrages, auch, nur die, daß die Hebammen und die ärztliche Hilfe, wo es notwendig ist, als Regelleistung eingeführt wird, an— nimmt, so sei für die verbündeten Regierungen das ganze Gesctz un⸗ annehmbar. Lebhaftes Hört, hört! bei den Sozialdemokraten. Zwischen⸗ rufe. Der Prä4 ident bittet wiederholt, die Zwischenrufe zu unter— laͤssen) Wenn die verbündeten Regierungen sich einen Punkt aussuchen wollten, an dem sie ihr Unannehmhar aussprechen wollten, so war dieser der ungeeignetste; indem sie es fertiggebracht haben, die Torderung, daß zum Schutze des Lebens von Mutter und Kind von Staats wegen Hilfe geleistet werden muß, abzulehnen, haben Sie mit einem grellen Schlaglicht beleuchtet, wie tief das Niveau ihrer sozialpolitischen Einsicht und Empfindung ist. Es gibt ein Unannehmbar in der Geschichte der deutschen Neichsgesetzgebung beim B. G-B. daß, den Hasenschaden betraf. Dieses Monument, das sich die Konservativen damit gesetzt haben, wird nicht untergehen. Dier setzt sich die Regierung ein Monument in der Geschichte der Reichsgesetzgebung, daß dem deutschen Volke einen Fingerzeig gibt, was es von all den schönen Worten von der Fürforge für das Volt erwarten darf. So groß ist der Einfluß der Kapitaliften, daß die Re⸗ gierung hier ein Unannehmbar spricht! Man gagt, daß sie von der preußischen Negierung dazu gezwungen sei; das ist auch ein Charakte— ristikum. 18990 hat der Kaiser erklärt, wo es sich um das Leben von Mutter und Kind handle, dürfe das Geld keine Rolle spielen und zwei Jahrzehnte später pflanzt die Reichsregierung ihr Unannehmbar auf, weil die Kapitalisten die maßgebenden Instanzen so beeinflussen, daß as Geld doch in diesen wichtigen Lebensfragen eine Rolle spielt. Das Ungnnehmbar der verbündeten Regierungen hat den Sinn, daß die Blockparteien sich dem Lande gegenüber darauf sollen berufen können. Niemand im Reichstage glaubt, daß die verbündeten Regierungen den moralischen Mut haben würden, das Gesetz wirklich daran scheitern zn lassen. Die ganze Verantwortung fällt auf die Blockparteien allein. Meine Partei, die Sie bei jeder Gelegenheit als antinational ausschreien wollen, fordert Sie auf, mit ihr ein wirklich nationales Werk zu vollbringen, dafür zu sorgen, daß der Widerstand der Regierungen Uusammebricht. Hier können Sie wirklich etwas für die Nakisn tun. Teilich werden Sie anerkennen müssen, daß die Sozialdemokraten Sie erst haben dazu aufpeitschen müssen. Aber troßdem hoffen wir noch, daß Sie das nationale Werk mit uns vollbringen werden. Abg. Irl (Sentr.): Die Ziffern, die der Abg. David über die Säuglingssterblichkeit auf dem Lande beigebracht hat, sind keineswegs beweisend für seine Anträge und gegen den unseren. In den Städten werden aus gewissen Gründen gar nicht so viel Kinder geboren als auf dem Lande, hier kann man sich auch nicht so viel Ammen halten wie in den Städten. Auf die weiteren Einzelheiten gehe ich nicht ein, denn sonst würden wir mit der Reichsversicherungsordnung überhaupt nicht fertig. Wir wollen ja den Wöchnerinnen alles Gute gönnen, aber hier handelt es sich in erster Linie um die Krankenversicherung. Bei allen sozialen Fragen muß doch zunächst gefragt werden, was die Sache kostet. Was kosten die „bescheidenen“ Anträge der Sozialdemokraten? Auch müßte doch zuvor in anderen Staaten und saternational über— haupt erst das gewährt werden, was wir sozialpolitisch bereits gewähren. An den Beschlüssen der Kommission wollen wir im allgemeinen ja festhalten; aber ganz anders liegt es mit den Arbeiterinnen, die in der Landwirtschaft und als Dienstboten beschäftigt werden. Wir können uns nicht dafür erwärmen, daß die Bauern gezwungen werden sollen, den großen neuen Schritt auf einmal zu machen; mit der Zeit werden die Landkranken— kassen ganz von selbst dazu kommen, ihre Satzungen den Forderungen des 5 210 der Kommission anzupassen. Um iz Uhr wird die Fortsetzung der Beratung auf Dienstag 1 Uhr vertagt.

Preuszischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 69. Sitzung vom 8. Mai 1911, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

„Das Haus setzt die erste Beratung des Entwurfs eines

Eisenbahnanleihegesetzes fort. 3 Abg. Din s 19e CGenir] wiederholt seine früheren Wünsche wegen . Baues einer Zweigbahn von Balve⸗Voklum nach Ollendorf im Anschluß an die im Bau begriffene Hennetalbahn und befürwortet bessere Zugverbindungen zwischen der Bahnlinie Paderborn == Brilonwald und der Ruhrtalbahn und eine bessere Verbindung zwischen der Bahn Cassel - Frankenberg und der Ruhrtalbaßn.

Abg. G oe b el Zentr. dankt dem Minister dafür, daß er seine im vorigen Jahre geäußerten Wünsche zum Teil erfüllt habe durch die Ein, legung eines neuen I)⸗Zugpaares von Berlin nach Kattowitz, wodurch die k in neun Stunden zurückgelegt werden könne, empfiehlt jedoch die Nr itführung eines Schlafwagens bis Kandrzin; er dankt ferner Hr n, daß der Endpunkt verschiedener Linien von Kattewitz nach Win felt verlegt sei, und spricht die Hoffnung aus, daß auch die 8 wegen des Umbaues des Bahnhofs Mygslowitz erfüllt werden. * . den Wunsch nach Verhandlungen mit Oester—⸗ heeriy nach ,, 9 besserer Reiseverbindungen vom oberschlesischen gabiss 89 Busse (kons.) wünscht Erschließung der Gegend um dabn chin y 6 Bahn in der Richtung von Bartschin über . 9 Brünhagen oder Schubin, ferner Erschließung der

relno und Hohenfalza durch eine Bahn von Goplosee

Kur und Verpflegung in einem Entbindungsheim zu gewähren.

nach Chelmee, über Luisenfelde nach Hohensalza oder Argenau. Alle diese Projekte dienten der Förderung des Deutschtums in der Sstmark.

Abg. Graf von Wartens leb en-Rogäsen (kons.) bittet, auf der . Berlin Magdeburg den Kreis Jerichow mehr zu berück⸗ ichtigen. ich Alg. Pete rs (frkons) wünscht weitere Ausgestaltung des Bahnnetzes im Kreise Süderdithmarschen und bessere Zugverbindungen für Bruns⸗ büttelkoog.

Abg. Dr. Heß (Zentr.): Der preußische Eisenbahnminister ist be— kanntlich das Schoßkind des preußischen Abgeordnetenhauses, nicht des⸗ wegen, weil er alle Wünsche erfüllt, sondern weil er enn entgegen⸗ kommender und liebenswürdiger Herr ist. Abg. Hoffmann (Soz.): Gunsthascherei! Wenn Sie meinen, daß ich ihm nur das Kom— pliment sage, damit meine Wünsche erfüllt werden, so irren Sie sich. Ich mache das Kompliment deshalb, weil er es verdient hat. Ich bedauere, daß er augenblicklich nicht zur Stelle ist, hoffe aber, daß die Herren Räte ihm meln Kompliment überbringen werden. Der Redner wünscht bessere Zugverbindungen für Eus— kirchen; besonders fehle es an einer guten Verbindung zwischen Eus— kirchen und Mechernich.

Abg. Dr. König - Crefeld (Zentr.) fordert den zweigleisigen Ausbau der Strecke Kleve— Mörs —Trompet Uerdingen bezw' Friemersheim, die Erhaltung des Eilzugs⸗ und Schnellzugsberkehrs auf der lÜinken Rheinseite, die Erbauung einer Kuürbe von der im Bau begriffenen Bahn Oberhausen —Geldern an die Kleve⸗Mörser Bahn Und die Einrichtung eines Nachtschnellzugspaares zwischen Rheinland und der Reichshauptstadt.

Abg. Dr. Arn ing (ul.) betont, daß die in der Vorlage als Nebenbahn projektierte Linie Uelzen? Dannenberg so wichtig sci, daß sie als Hauptbahn gebaut werden müffe, und bütet ferner um Fort führung der Bahn von Hannover Über Bremervörde bis nach Cur haben. Für die in der Vorlage enthaltene Linie Nienburg Minden mit einer Abzweigung von Leefe nach Stadthagen wünscht der Redner noch eine Abzweigung von Leese nach Stolzenau? auf der Strecke Nienburg Wunstorff befürwortet er die Errichtung einer Haltestelle zwischen Hagen und Neustadt.

Abg. von Kalckreuth (kons.) tritt dafür ein, daß die schon mehrfach geforderke Verbindung von Dratzigmühle nach dem Südwesten nicht nach Schwerin geht, sondern bei Berkenwerder in die Strecke Schwerin Landsberg mündet.

Abg. Schwabach (nl. bittet, bei dem beabsichtigten Brückenbau bei Ruß auch eine Eisenbahnverbindung mit vorzusehen, damit ein Anschluß an die beschlossene Strecke Kaukehmen Karkeln geschaffen werden kann.

Abg. Dr. Bell-CEssen (Zentr): Den Wünschen des rheinisch⸗ westfälischen Industriebezirkzs ist in bezug auf Zug— berbindungen, Eisenbahnlinien und Bahnhofsbauken keineswegs in dem Ümfange Rechnung getragen worden, wie es der Bedeutung dieses Industriegebiets und dem geradezu enorm gesteigerten Verkehr entspricht. Der Minister hat eine Berechtigung dieser Beschwerden nicht anerkannt. Dieselben Beschwerden sind aber auch im Herrenhause vom Oberbürgermeister von Essen unterstrichen und ergänzt worden. Der Minister steht in seiner Auffassung allein da. Es ift wiederholt darauf hingewiesen worden, daß die Bahnhofsbauten in Essen viel zu klein sind. Um dem Uebelstande abzuhelfen, hat die Bahn— derwaltung einfach zwei wichtige D-⸗Züge von Essen ausgeschaltet. Von den fünf Zügen von Hamburg nach Cöln berührt nur ein einziger die Strecke Essen. Recht charakteristisch für die dortigen Ver— hältnisse ist es, daß Borbeck und Essen nicht einmal durch eine Bahn miteinander verbunden sind. Als außerordentlich großer Mangel wird das Fehlen einer Verbindung von Norden nach Süden im rheinisch⸗ westfälischen Industriegebiet empfunden.

Abg. Kriege (frkons.) wünscht besseren Anschluß des Kreises Bentheim an das holländische Eisenbahnnetz.

Abg. Kuhn Ahrweiler (Zentr.) befürwortet Fortführung der Strecke Sinzig Ahrweiler Adenau nach Hillesheim?

Abg. Kesternich (Zentr.) bemerkt, daß es nicht zu den Annehmlichkeiten für einen Abgeordneten gehöre, Jahr für Jahr dieselben Eisenbahnwünsche für seinen Wahlkreis vorbringen zu müssen. Der Kreis Schleiden-Malmedy-⸗Montzoie gehöre zu den wirt— schaftlich schwächsten Kreisen infolge des mangelnden Eisenbahn verkehrs. Die zahlreichen größeren und kleineren Ortschaften des Ourtales entbehrten noch der Eisenbahnverbindung und lägen teilweise 20 his 30 Kilom. von einer Bahn entfernt; es müsse von dort eine Verbindung mit dem Kreise Montzioie hergestellt werden; in diesem Kreise selbst müsse endlich die seit langem projektierte Höhenbahn Kalterherberg —eimbach und ferner eine Linle Losheim St. Vith und eine Linie Münstereifel Mülheim gebaut werden.

Abg. Geisler (Zentr.) tritt entschieden dafür ein, daß das Elektri⸗ zitätswerk für die zum elektrischen Betriebe einzurichten den Bahnen in Schlesien nicht, wie der Abg. Krause⸗ Waldenburg gewünscht habe, im Kreise Waldenburg, sondern im Kreise Neurode, und zwar in Mittel⸗ steine errichtet werde, und daß auch die Strecke Dittersbach Glatz für den elektrischen Betrieb eingerichtet werde. Außerdem wünscht er, daß endlich Sonntagsfahrkarten von der Stadt Neurode nach Glatz und Habelschwerdt eingeführt werden.

Abg. Gerhardus (Zentr.) besprichtKleinbahnverbindungen zwischen Neuwied und Altenkirchen und verlangt den Bau der Wiedtalbahn im Interesse der Steinindustrie des Kreises Neuwied wie des Sieger⸗ landes, die Herstellung einer Verbindung zwischen dem Braunkohlenz gebiet des Westerwaldes und dem Siegerländer Industrierevier und den Bau einer Bahn Fehlritzhausen Dorden.

Abg. Freiherr von Twickel (Zentr.) wünscht eine direkte Linie Dortmund —Münster und die Linien Bochum Münster, Münster Warendorf Bielefeld, Oelde - Lipporg Welwer, Daltern = Buer Essen sowie eine direkte Verbindung zwischen Dortmund und Dorsten durch den Ausbau der Zwischenstrecken Mengede Recklinghausen und Westerholt Dorsten.

Abg. Dr. Gott schalk-Solingen (ul.) wünscht eine direkte Ver bindung der bergischen Industriestaͤdte mit Cöln. Bei dem starken Verkehr würde sich eine solche Bahn sicher rentieren. Für die Strecke Lennep Düsseldorf habe das vergangene Jahr zwar einige Verbesserungen gebracht, es bleibe aber doch noch manches zu wünschen übrig.

Abg. Dr. Wuermeling Gentr.) fordert den Ausbau der ge⸗ planten Kleinbahn Warburg Brakel Steinheim als Nebenbahn.

Abg. Bartling (ul) befürwortet eine Bahn von Idstein nach der Aarbahn zur Erschließung des mittleren Taunus. Notwendig sei auch der weitere Ausbau der Taunusquerbahn. Von den beiden Schnellzügen, die nicht in Eltville hielten, habe der eine in Wies— baden einen Aufenthalt von fünf, der andere bon neun Minuten. Es ließe sich also sicher bei dem einen Zuge ein Halten in Estpille er— möglichen. ;

Abg. Freiherr von Maltzahn (kons.) weist kurz auf die Eisen⸗ bahnverhältnisse auf Rügen hin, die noch in keiner Weise normal seien.

Abg. Dr. Varenhorst (freikons.) wünscht die Errichtung ver— schiedener Güterbahnhöfe an einzelnen Stationen seines Wabkkreises Verden⸗Rotenburg⸗-Zeven. Die Zugverbindungen zwischen Bremen und Hamburg müßten beschleunigt werden, ebenso auch die Verbindung zwischen Buchholz und Hannover, die billiger sei als der Weg von Harburg nach Hannover über Bremen. Die Sonntagsfahrkarten müßten auch für Fahrten von dem Lande in die Stadt ausgegeben werden; denn die Landbevölkerung müsse auch Fühlung mit der Stadt haben, damit die Gegensätze zwischen Stadt und Land ausgeglichen würden. Eine Verbindung von Verden nach Rotenburg sei eine dringende Notwendigkeit; das Vorgehen der Regierung zur Er⸗ schließung der Moore und Oedländereien würde dadurch fehr ge⸗ fördert werden, weil gerade der Kreis Rotenburg außerordentlich viel Moore besitze. 1 .

Abg. von Bülow Homburg (ul) spricht seinen Dank für das geforderte zweite Gleis auf der Strecke Höchst— Niedernhausen Eschhofen aus und bringt noch einige Wünsche für den Taunus por.

Abg. Drinnen berg (Zentr.) tritt für eine direkte Bahnverbindung zwischen den Staaten Preußen, Sachsen Meiningen, Sachsen Weimar und Hessen durch Herstellung einer Bahn von Fulda nach Meiningen ein.

Abg. Wichert (Zentr) begrüßt die in der Vorlage enthaltene Strecke Bartenstein —Heilsberg und wünscht die Weiterführung bis Friedland. .

Abg. Dr. Hahn (kons.): Die Zugverbindungen der unterelbischen Eisenbahnen entsprechen nicht den Wünschen der Anwohner. Der Lokalverkehtr von Hamburg muß vom unterelbischen Verkehr getrennt werden. Jetzt sind die unterelbischen Züge gezwungen, auf allen kleinen Stationen zu halten. Ferner ist dringend die Weiterführung der Bahn Hannover Rotenburg Bremervörde über Lamstedt nach Norden bis zur unterelbischen Bahn auf der Sackbahn Geestemünde Bederkesa bis Basbeck nötig. Die Verbindungen von Bremen nach Norderney lassen viel zu wünschen übrig. In Cuxhaven muß der Güterverkehr verbessert werden. Der Redner unterstützt ferner die Wünsche des Abg. Varenhorst und der anderen Redner aus Hannover und wünscht, daß der Ankauf von alten Eisen⸗ bahnwagen durch Private erleichtert werde; jetzt sei der Bezug nur durch den Zwischenhandel möglich.

Darauf vertagt sich das Haus.

Vizepräsident Dr. Porsch bemerkt, daß heute 36 Redner zum Worte gekommen seien, daß noch 51 Redner sich gemeldet hätten, daß es aber notwendig sei, am Dienstag diese Beratung zu beendigen.

Schluß nach 5 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 11 Uhr. (Fortsetzung der Beratung des Eisenbahnanleihegesetzes; Gesetz über die Entlastung des Oberverwaltungsgerichts Gesetz über die Umlegung von Grundstücken in der Stadt Posen.)

Land⸗ und Forstwirtschaft.

Saatenstand in Italien während des zweiten Drittels des Monats April 1911.

Das während der Berichtéperiode herrschende schöne Wetter hat das Wachstum der Saaten merklich gefördert und die Ausführung der Feldarbeiten begünstigt. Die Getreidefelder und Wiesen zeigten eine vielversprechende Entwicklung. Die Obstbäume weisen, soweit sie nicht noch in Blüte standen, einen guten Fruchtansatz auf. Die Weinstöcke und Maulbeerbäume zeigten reiches Grün. Bie Keimung der Früh jahrssaaten ging regelmäßig vor sich. In einigen Gegenden des Latiums und. Süditaliens klagte man über zu niedrige Temperatur. Die auf Sizilien gefallenen Niederschläge kamen den dortigen Feldern, die jetzt im allgemeinen ein befriedigendes Aussehen zeigen, sehr zu statten. (Bericht des Kaiserlichen Generalkonfulats in Genug voin 3. Mai 1911.)

Washäington, 8. Mas. (W. T. B.) Nach dem Monatsbericht des. Ackerbaubureaus beträgt der Durchfchnitfsstand für Winterweizen am 1. d. M. 86,1 09 gegen 8833 0/9 am 1. April d. J. und 82,1 G am 1. Mai des Vorjahres. Die An baufläche umfaßte nach Abzug der infolge Auswinterung aufgegebenen Flächen 31 367 900 Aeres gegen 29 044 000 Acres im Vorjahre. Der Durch⸗ schnittsstand für Winterroggen wird mit 9g6 6, gegen 89, o/ am 1. April d. J. und 91,3 υ am 1. Mai des Vorjahres angegeben.

Handel und Gewerbe. Nach der Wochenübersicht der Reichsbank vom 6. Mai 1911 betrugen (4 und im Vergleich zur Vorwoche): Aktiha: 1911 1611909 1909 Metallbestand (Be⸗ 6 . 6 stand an kurs— fähigem deutschen

Gelde und an Gold in Barren oder aus⸗ / /

ländischen Münzen, das Kilogr. fein zu ͤ 2784 4M berechnet) 1 139 314 000 1086977000 1049 533 000 ( 4 6536 000) (— 2146 000) (— 8974 0900) darunter Gold d2b 720 009 803 083 0090 785 022 000 ( S614 000 (4 1 898 000 5459 009) Bestand an Reichs. kassenscheinen .. 64 019000

70 222 000 ( A466 000) (4 506 000 4 Bestand an Noten

671 6006) anderer Banken. 21 649 000 20 037 000 16509 000 (4 I1 1665 G . II S2 G00σ . 7 735 0669) Bestand an Wechseln und Schecks... 962 854 000 944 748 000 799 404 000 51 S5s ο - 35 ol 0σσ œorꝓJi;g?8 oo)

Bestand an Lombard / forderungen.

Bestand an Gffekten

66 840 000

66 695 000 77 455 oo 69 430 000 ( 45 344 000) (— 48 196 000) 18 8753 0009) 2540 000 S0 191 000 488 278 000

156 000 (4. 1 850 000) (4. 59 9gI3 000)

6 151 951 000 153 344 000 130 113 000 C II1 763 0ο) 0 260406066060) - I6 566 606) 180 000 000 180 000000 (unverändert) (unverändert) (unverändert) 64 814 000 64 814 000 64 814 000 (unverändert) (unverändert) (unverändert) Betrag der um⸗ laufenden Noten.

l

9

Bestand an 2 l /

Passiva:

Grundkapital. 180 000 000

Reservefonds ..

1613 253 000 1 607 967 000 1 568 536 000 46 839 00 (- 58 M76 60) (- 54 426 060) sonstige täglich fällige

Verbindlichkeiten . 5h 949 0090 546 655 0090 783 010 000 . 47 836 000) (— 15 906 000) (4 49 597 000)

sonstige Passiva .. 26 006 000 30 1656 000 27129 000 ( I 161 6605 4 I 411 G - 3 660

(Aus den im Reichsamt des Innern zusammengestellten Nachrichten für Handel und Indu st rie *.)

Chile.

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und gemäß den auf wissenschaftlicher Srundlage für den Einzelfall vorgesehenen Bestimmungen bebandelt werden. Vosllständig ver⸗ boten ist die Einfuhr wurzelechter Weinreben; die gleiche Vorschrift soll für Pfirsichbäume gelten bei der EGinfubr aus den Vereinigten Staaten von Amerika, China, Japan und Argentinien.

Der Untersuchung unterliegen auch die Samen der Obst und Waldbäume, der Zierpflanzen, Futterpflanzen und insbesondere der Gemüse wie Bohnen, Pferdebobnen, Linsen, Wicken, Luzerne und Klee. Die Einfubr der vorstehend aufgeführten Gattungen kann nicht mehr über die Zollämter von Valpargiso und Talcghuano be⸗ wirkt werden, auch darf sie nicht über die Cordillerenpässe erfolgen. Die durch die Untersuchungen usw. entstehenden Kosten fallen dem Beteiligten zur Last. Nach einem Bericht des Kaiserlichen General konsulats in Valparaiso.)