1911 / 112 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 12 May 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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trümmert, der, nach Nahrung gierig, auf den glänzenden , ,, losfährt; andere wieder . wenn der hungrige Walfisch tausende von Quallen und Weichtieren und Massen von treibenden Algen und Seetang verschlingt. Auf solche oder ähnliche Weise sind gewiß auch nicht wenige e e tz! zerschellt oder verschlungen worden, die von der Mannschaft sinkender Schiffe ausgeworfen wurden; denn nur selten bört man von einer sicher gelandeten lasche, 6. uns die ergreifende Schlußszene eines Trauerspiels zur ee meldet.

Flaschenposten werden zuweilen auch als Verkehrsmittel be⸗ nutzt. o trieb vor einiger Zeit an der Küste des nördlichen Nor⸗ . eine Flasche an, worin einige Briefe und etwas Tabak lagen.

ie Briefe waren isländisch geschrieben und von den Westmann⸗ inseln an der Südküste Islands abgesandt. Diese Inselgruppe liegt etwa eine Meile von der Küste entfernt. Nur die größte Insel Heimary ist bewohnt und bildet ein Kirchspiel. Postverbindung mit der Außenwelt hat die Insel nicht. Wollen die. Bewohner Briefe an Bekannte an der Südküste bon Island schicken, dann legen sie die Briefe unter Beifügung von etwas Tabak für den Finder und Weiterbeförderer in eine Flasche, die sie gut, Lerkorkt bei Südwind ins Meer werfen, sodaß sie nach Island hinübergetrieben wird. Die von den Westmanninseln nach Norwegen ahgeirrte Flaschenpost brauchte bis zur norwegischen Küste ein Jahr. Daß derartige Posten auch anderwärts vorkommen, eigt eine Mitteilung des Arztes Heitmann, der zufolge vor einigen Hire bei Sulen an der Küste des Amts Nord⸗Bergenhus ein kleines Plankenstück antrieb, daz wie ein Boot ausgehöhlt und uff tst war. Im Boden lag eine Blechbüchse, ganz mit Briefen 6 die von der etwa zehn Meilen westlich von den Hebriden iegenden Insel St. Kilda abgeschickt waren. Die Briefe enthielten außer Berichten über kirchliche und politische Verhältnisse auf der Insel Aufträge an die Kaufleute, Saatkorn und andere Dinge zu schicken. Sie hatten von St. Kilda bis zum Fundort an der norwegischen Küste (eine Strecke von etwa 189 Meilen) 90 Tage ge— braucht, waren also täglich wenigstens zwei Meilen getrieben.

Theater und Musik.

Neues Schauspielhaus.

Im Neuen Schauspielhause begann gestern die Sommerspielzeit mit der Burleske „Eine Million“ von Georges Berr und Marcel Gutllem aud (deutsch von Erich Motz), die voraussichtlich über die warme Jahreszeit hinweghelfen wird. Es ist zuweilen eine Erholung, alle lterarischen Bedenken beiseite zu lassen und sich nach der Devise des Lateiners: „Dulce est desipere in loco“ ganz der Lustigkeit hinzugeben, die wie in diesem Stück im Geschwindschrstt über die Bühne hüpft. Den Inhalt bildet die tolle Jagd eines jungen Malers nach einem abhanden en n Lotterielos, das eine Million gewonnen hat. Das Los st in der Tasche einer alten Jacke, die in seinem Atelier am Nagel ing und die ein über die Dächer flüchtender Verbrecher angezogen at, um sich unkenntlich zu machen. Die Jacke wandert durch ver⸗ ire. Hände, fliegt auch einmal aus dem Fenster auf ein vorüber⸗ ausendes Automobll und gelangt doch schließlich zuletzt wieder nebst dem Lotterielos in die , des rechtmäßigen Eigentümers. Originell an der ganzen Sache lst die Idee, die Handlung pantomimisch in den Zwischenakten mit Hilfe des Kinematographen fortzuspinnen, der in vorzüglich gelungenen Aufnahmen das Pariser mene e, eine Fahrt auf der Seine, die Jagd nach dem Automobil usw. ver⸗ anschaulicht und mit verblüffender Genauigkeit die Szene ergänzt. Aber die Wirksamkelt des Ganzen liegt durchaus nicht allein in diesem Trick, sondern auch in dem, was auf der Bühne vor sich geht. Da sind mit gutem Humor gezeichnete Bilder aus dem Bohöme⸗ leben, auf einem Polizeibureau, in einem den Verbrechern zum Unter⸗ schlupf dienenden Trödlerladen und in eines stalienischen Tenoristen. Um die sich besonderz Herr Eugen Burg s humor⸗ volle Verkörperung eines durch die ei aller

Im Königlichen Opernhause findet morgen, Sonnabend, eine Aufführung von „Salome“ statt. Fräulein Rose singt die Titelrolle, die Herodias: Frau Ober, den Pagen: Fräulein Rot— hauser, den Herodes; Herr Sommer, den Jöchanaan; Herr Brons⸗ geest, den Narraboth: Herr Kirchhoff. (Anfang 8 Uhr.) Dirigent ist Herr Dr. Besl.

Im Königlichen Schauspielhause wird morgen als achte Vorstellung im 6 zu ermäßigten Preisen Fer Lindaus Erfolg“ gegeben. Die Damen von Mayburg, Butze, Heie ler, Stein⸗ sieck sowie die Herren Vollmer, Kraußneck, Patry, Staegemann und Vallentin wirken in den Hauptrollen mit.

Frank E. Washburn- Freund, der Uebersetzer des Winter⸗ nachtfestes“, schreibt zur n,, der isländischen Tragödie, die zur ersten Aufführung der Literarkschen Abende“ des Schau⸗ spielhauses im Neuen Königlichen Operntheater bestimmt ist, das folgende: „In England sind gegenwärtig neben den vielen Stückeschrelbern und neben Shaw, der eine ganz eigene Stellung für sic einnimmt, zwei verschiedene Gruppen von Dramatikern tätig, die trotz der geringen Gelegenheit, die ihnen die eng⸗ lische Bühne gewährt, schon eine ganze Reihe interessanter Werke verfaßt haben. Zu den Realisten, die ihre Stoffe aus dem modernen Leben nehmen, gehören u. a. John Hankin und John Galsworthy. Die andere Gruppe, die sich bezeichnender⸗ weise zum großen Teil aus irischen Dichtern, wie Neats, Singe u. a. und solchen halber oder ganzer keltischer Ab⸗ stammung zusammensetzt, stehen in engem Zusammenhang mit der englischen n nn,, Swinburne und William Morris auf der einen Seite, Burne Jones, G. F. Watts und andere Künstler auf der anderen, haben ihre Themenwahl und ihren Stil. unverkennbar beeinflußt. Natürlich geht man auch auf Shakespeare und die anderen elisabethanischen, ja auf die vorshakespearischen Dramatiker zurück. Selbst die alten Mirakelspiele und sogar die griechische Antike haben Einfluß auf diese Gruppe. Die ö geg in alte Zeiten zurück, führt Helden und Ueber⸗ menschen in mächtigem ung vor und berauscht sich an fließendem Blut. Meist hält man sich an das Sagenhafte des elgenen oder stammverwandten Volkes. So die Iren. Charles Rann Kennedy, der Verfasser des Winternachtfestes“, greift, wie einst William Morris mit dem er im Temperament, in dem überströmenden Wunsch, sich mitzuteilen und zu wirken, vieles gemein hat, auf die isländische Sage zurück. Er ist der Erste gewesen, der, wohl um seine eigene stürmische , . im Zügel zu halten, die strenge Form der Antike, die Einhelt des Ortes, der Zeit und der Handlung in seinem Stücke angewandt hat. Seitdem sind ibm manche hierin Eilat. as Thema des „Winternachtfestes“, der Fluch der

üge und des Hasses bedingt gewissermaßen ein Ver⸗

weilen bei Düsterem und ein steétiges Steigern des Grausigen. Wiewohl Kennedy in keiner Weise ein eigentlich realistischer Schrift—⸗ steller genannt werden kann, hat er sein zweites Stück, das den Namen Ein Diener des Hauses“ trägt, doch in unsere Zeit verlegt. Freilich, statt ein realistisches Lebensbild darin vorzuführen, stellt er uns ein Gleichnis dar, das sich in zarten Parallelen an das Evangelium selber anlehnt. Dieses Stück kann im Vorwurf als eine Ergänzung des „Winternachtfestes' gelten. Es handelt von der Wahrhelt und Liebe, die allein Leben erzeugen. Beide Werke sind Teile eines geplanten roßen Dramenzyklus, einer Siebenzahl von Stücken, die von den etzten Dingen des Lebens in einer Art al fresco⸗Stil reden sollen. Es dürfte von Interesse sein, einen Schriftsteller solcher Eigenart und solchen Wollens kennen zu lernen. Ein Diener des Hauses“ hatte kürzlich im Meininger Hoftheater einen tiefgehenden Erfolg. Das ältere Trauerspiel ‚Winternachtfest! wird nun dem deutschen Publikum zum ersten Male vorgeführt werden.“

Die italienische Stagione der Komischen Dper, die am 17. Mai mit Verdis, Maskenball ihren Anfang nimmt, wird Berlin zum ersten Male die Bekanntschaft mit Pasquale Amato vermitteln. Amato, der neben Caruso an der Metropolitan⸗Opera in New Jork wirkt, bat für sein Gastspiel den Rens im Maskenball? am 17. und 22. Mai und den Scarpia in Tosca“ am 20. Mai gewählt, während für die Titelrolle des Rigoletto. George Baklanoff gewonnen wurde, der kürzlich an der Komischen Oper einen so starken Erfolg errungen hat. Sämtliche Vorstellungen der italienischen Stagione, für die der Kapellmeister E. N. von Reznicek auch im übrigen ein Ensemble der bervorragendsten Kräfte zusammengestellt hat, finden bei erhöhten Preisen en

Im Königlichen Theater in Wiesbaden wohnte gestern, wie W. T. B.“ meldet, Seine Majestät der Kaiser mit den der Umgebung dem zweiten Abend der Festvorstellungen

ei. Gegeben wurde Joseph Lauffs ‚Eisenzahn‘.

Mannigfaltiges.

Berlin, 12. Mai 1911.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten erfolgte zunächst die feierliche Einführung der zu Stadträten gewahlten bisherigen Magistratsräte Hamburger und Dr. Franz in ihr neues Amt. Der Vorsteher teilte sodann mit, daß an die Einladung

Theater.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- haus. 125. Abonnementsvorstellung. Salome. Drama in einem Aufzuge nach Oskar Wildes gleichnamiger Dichtung in deutscher g, von Hedwig Lachmann. Musik von Richar . Must· kalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Besl. Regie: Herr Regisseur Bachmann. Anfang 8 Uhr.

Schauspielhaus. 128. Vorstellung. Das Abonne⸗

ment, die ständigen Reservate sowie die Dienst⸗ und Bummelstudenten. Posse mit Gesan und Tanz ,,, sind aufgehoben. 8. Vorstellung im Lust⸗ in fünf Bildern nach G. Pohl und v. Wilkens. pielzyklus zu volkstümlichen Preisen. Ein Erfolg. Musik von Conradi. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Taifun. Schau, Frau. Herr Regisseur Keßler. Anfang 73 Uhr. sviel in vier Akten von Melchlor Lengyel. Abends: Bummelstudenten. Montag und folgend Tage: Bummelstudenten.

Lustspiel in vier Akten von Paul Lindau. Regle:

Sonntag: Dpernhaug. 126. Abonnementsvor⸗ stellung. (Gewöhnliche Preise. Dienst⸗ und Frei⸗ plan sind aufgehoben. Die Zauberflöte. Oper n vier Akten von Wolfgang Amadeus Mozart.

die Königliche Oper. Anfang 77 Uhr. Schauspielhaus. 129. Abonnementsvorstellung.

Sonnabend, Abends 8 Uhr: Sumurün. Sonntag: Sumuruün. Montag: Frühlings Erwachen.

23 ; Lessingtheater. Sonnabend, Abends 8 Uhr: Text von Emanuel Schikaneder. Neueinrichtung für glaube Uunb Heimat. Dle Tragödie cines Valles.

Drei Akte von Karl Schönherr. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Hedda Gabler.

S ; Charlottenburg. Sonnabend, 6 tie, werter. , n, Der große Name. Lustspiel in drei Akten von Sonntag: Faust, 2. Teil. Montag: Ein Sommernachtstraum.

Victor Léon und Leo Feld.

Abends: König Heinrich.

stammerspiele. Montag: Im Klubsessel.

ctor Léon.

Der Feldherrnhügel.

Dienst. und Frelplätze sind aufgehoben. Die Abends? Glaube Und eimal! hũgel

Welt, in der man sich langweilt. Lustspiel in drei Aufzügen von Edouard Pailleron, übersetzt von Emerich von Bukovies. Anfang 74 Uhr.

Neues Operntheater. 219. Billettreservesatz.

Anfang 78 Uhr.

Preise der Plätze: Fremdenloge 5 Sο½, Vorder- arkett 4 M, 1. Rang Loge und Mittelbalkon

S, Mittelparkett (J. 22. Reihe) 3 S, Seiten

rkett 2 S, 1. Rang Seitenbalkon 1,50 ,

ribüne 1 , Stehplatz O, 75 .

Richard Wagner⸗Z3yklus im Königl. Opernhaus. Die ständigen Reservate sowie die Dienst⸗ und Frei⸗ plätze sind aufgehoben. 18. Mai: Rienzi. 22. Mai: Der fliegende Holländer. 24. Mai: Tann⸗ und Isolde. 2. Juni- Die Meistersinger von Nürnberg. 4. Juni: Das Rheingold. 5. Die Walküre. 8. Juni: Siegfried. 10. Gõötterdãmmerung.

uni: Grillparzer.

Montag: Glaube und Heimat.

, Neues Schauspielhaus. Sonnabend, Nach- enst⸗ und Freiplätze sind aufgehoben. Literarischer mi 5. l Abend: Zum ersten Male: Ein Winternachtfest. . e n, , 8 Uhr: Eine Million.

Sonntag und folgende Tage: Eine Million. 282 ? , , ae m ta und folgende Tage: Polnische Wirt⸗

Komische Oper. Sonnabend, Abends 8 Uhr:

Orpheus in der Unterwelt. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Orpheus in der Unterwelt.

z z. Schillertheater. O. (Wallnertheater) , 3 Dramatisches Märchen in vier Aufzügen von Franz

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Die Ehre. Abends: Der große Name. . Montag: Liebelei. Hierauf: Literatur.

Gilbert

bends: Der Teufelsweg.

Gustav Kadelburg.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Zapfenstreich.

Montag und folgende Tage: Der Feldherrn⸗

Thaliatheater. ( Dlreltion: Kren und Schönfeld

Sonnabend, Abends 8 Uhr: Polnische Wirtschaft. Schwank mit Gesang und Tanz in drei Akten von Kraatz und Okonkoweky, bearbeitet von J. Kren. . Gesangsterte von Alfred Schönfeld, Mustk von Gestorben? Fr; len von Bogen (Potedan;=

Trianontheater. (Georgenstraße, nahe Bahnhof Friedrichstr.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: Gastspiel des Neuen Schauspielhauses ;: Das Prinzchen. Liebesschwank in 3 Akten von Robert Misch.

Sonntag und folgende Tage: Das Prinzchen. Drug der Norddeutschen Dachbrukeret unm

Modernes Theater. (Koniggrätzer Str. b / S8)

Sonnabend, Abends 8H Uhr: Die Großstadtluft. . Schwank in vier Akten von Oskar Blumenthal und (einschlleßlich Börsenbellage und .

des Stadtverordnetenvorstehers von Stockholm an Behörden Berlins zum Besuche der Stadt It hh 6 Einladung der Stadtbehörde von Göteborg ae , , ehe ie Tagesordnung der Sitzung bot wenig allgemeines Intereffe Hg lage betreffend den Ankauf von Ländereien zur CTwelttten, Wasserwerkes Lichtenberg und die Herstellun eines Gi anschlusses für dieses Werk wurde auf Antrag der S Dy Sonnenfeld und Dr. Paul einem Ausschu 6 Ven lagen betreffend die Festsetzung von Flu . Vor legung der Charlottenstraße vom E a d. straße, ferner die Festsetzung von Fluchtlinien für eine neue Alden bon der Ccke der Linden und Hollmannstraße nach an der Gitschiner⸗ und Alten Jakobstraße und die Festsetzun Eb luchtlinien für die Durch legung der dan rn e r. . don orkstraße wurden , . einem Antrage des Stadtp Loef der sprechend, in einem Ausschusse vorberaten werden. Ge Magistrat geforderten 10 506 60 als Beitrag zu den Kos undertjahrfeier zu Ehren Jahns erklaͤrte amen seiner sozialdemokratischen Genossen S Dr. Zadek. Der Stadtschulrat Dr. Fischer ie führungen des Vorredners als unzutreffend 3. der Stadtv. Cassel trat den Autführungen des Stadty. d Zadek entgegen, betonte die Bedeutung der Bestrebungen ihn für die Entwicklung unserer Jugend und erklärte, er sehe ae, Grund ein, warum Berlin bei seinem großen Etat diese derhaltn mäßig kleine Beitragssumme versagen sollte. Die Vorlage X Magistrats wurde mit großer Mehrdeit angenommen. Ulle übt Gegenstände der Tagesordnung wurden kurzer Hand erledigt. ö. die öffentliche folgte eine geheime Sitzung. u

Im neuen Hörsaal der Treptower Sternwarte spricht x Direktor Dr. S. Archenhold am Sonntag, Abends ] R unter Vorführung zahlreicher Lichtbilder über: ie Bedeutun 1 die Bestimmung der verschiedenen Uhrzeiten und Montag, . 9 Uhr, über ‚Unser Wissen von der Venus und die Cu . im Kosmos!“ Mit dem großen Fernrohr wird bis zum Cintri 2 Dunkelheit die, Venus“, ee der „Jupiter“ und der Mond geg

Die für das Jahr 1911 von dem Schweizer Hotelvereln be gegebene Schrift Die Hotels der Schweiz“ umfaßt ehzn heitlich und übersichtlich geordnete Preisliste und gut unterrsn Angaben über die einzelnen Städte und Ortschaften, und fm der Amtlichen Augkunftstelle der Schweizerischen Bundesbahnen Internationalen öffentlichen Verkehrsbureau, Berlin W. 5, h. den Linden 14, kostenlos bezogen werden. 1

Heidelberg, 11. Mai. (W. T. B.) Die Feier des fünfi jährigen Jubiläums des Deutschen Handelstages wu heute mit einem Begrüßungs abend eröffnet. Es waren deutsche und 11 ausländische Handelskammern vertreten. Der Wa 53 des Badischen Handelstages, Kommerzienrat Engelhan—

annheim, brachte als erster Redner ein begeistert aufgenommen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, Seine Königliche Hoheit n Großherzog und das Vaterland aus. Er wies darauf 6 daß lan erreicht sei, was vor fünfzig Jahren so heiß erskh vor vierzig Jahren so blutig erkämpft wurde; ein einng starkes Deutschland unter dem Schutz und Schirm der mah vollen Hohenzollernkrone als sichere Bürgschaft für die Wohlsn⸗ und den Fortschritt des Vaterlandes. Der . der Heidelben Handelskammer, Kommerzienrat Schott, toastete auf Deutschlen Handel und Industrie. Im Namen der Stadt Heidelberg ber! kommnete der Oberbürgermeister Dr. Wilkens die Versammla indem er daran erinnerte, daß er schon vor fünfundzwanzig Jak die gleiche ehrenvolle Aufgabe zu erfüllen gebabt habe. Im Nan der Gäste dankte der Präsident des Deutschen Handelgtages, Ka em Berlin, für die warme Bewillkommnung und schloß mit einem auf das herrliche gastliche Heidelberg und den Badischen Handel

St. Petersburg, 12. Mai. (W. T. B.) Wie aus Nik g jew gemeldet wird, ist vergangene Nacht auf der Sch warzmen Schiffswerft Feuer ausgebrochen. Die Modellabteilung und Tischlerwerkstatt standen in Flammen. Der Brand ist gegen Men erst gelöscht worden.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Sonntag: Gastspiel des, Neuen Schauspielbausen Wienerinnen. Montag und folgende Tage: Wienerinnen.

Dirkus Nusch. Sonnabend, Abends 8 lie Galavorftellung. Neu: General Zacher Ermakov, der Meister tatarischer

Abends 8 Uhr:

Theater des Mestens. (Station: Zoologischer wasfen. Nen? Der urkomische Janch

ansen mit seinen dressierten Tieren.

Garten. Kantstr. 12.) Sonnabend, Abends 8 Uhr: ; . z i ö. e erner: Herr Burkhardt ⸗Foottit, Schulreitet. Berliner Theater. Sonnabend, Abends s uhr: Die eschigdene . . drel Aten ner. r , . .

eiterfamilie Frediano. Z Gebr. Fratel

Sonntag, Nachmittags 34 Uhr: Der fsidele 4 8e es, e, eg, ann. Frau. ur lor. Elowns; , . Fraugol⸗⸗ Montag und folgende Tage: Die geschiedene Kunstreiter. Um 95 Uh

t: Die neue Origiaa ausstattung spantomime „Ein Jagdfest Hofe Ludwigs XIV.“

Custspielhaus. (Friedrichstr. 256) Sonnabend, ö .

Abends 8 Uhr: Der Feldherrnhügel. Schnurre

in Ie. ren, ö 63 69 here, r e onntag, Nachmittags r: Meyers. Schwan t I. h d it Ha]

in drei Akten von Friedmann⸗Frederich. Abends: Bee eht. , men, ,, mt d

zhler⸗ Familiennachrichten.

Karl Fredenhagen (Breslau⸗LeipzigI) 1 Verehelicht: Hr. Oberleutnant zei Stralenheim mit Frl. Amelie von Müller torf (E Qüneburg). 80 Geboren: Ein Sohn: Hrn. Oberleutnant g= von Heyden (Demmin). Hrn. Mar

Schmeling (Großmöllen). Hrn. Realer oachim von Oertzen (Trier). Eine Toch rn. Leutnant Hermann von Seydlitz und

wigsdorf (Torgau).

Fr. Marie bon Graevenitz (St. Georgi ben Fr. Clotilde von Lieres und Wilkau . Frl. Anna von Stockbausen (Ahrweiler)

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in hariottentu Verlag der Expedition (Heidrich) in Berl

AÄnstalt Berlin Sr., Wilhelmstraße Nr. R

Neun Beilagen

bellage Nr. 37 A und 37 B).

Frl. Magdalene von Schack (Schwerin).

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

112.

Deutscher Reichstag. 172. Sitzung vom 11. Mai 1911, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegravbischem Bureau.)

Tagesordnung steht die Fortsetzung der zweiten

6. . einer Reichs versicht run gsordnung.

Bere en den Anfang der Sitzung ist in der gestrigen Bl. berichtet worden.

. bestimmt, daß bei der Landkrankenkasse die Ver⸗

tretung des Gemeindeverbandes die Vertreter der beteiligten Arbeitgeber und der bei der Kasse Versicherten je aus deren Hätte wählt. Die Landesregierung kann in solchen 3. irken von Versicherungsämtern, in denen nur Stadt⸗ * Landgemeinden, nicht aber selbständige Gutsbezirke und e narkun gen oder ausmärkische Bezirke vorhanden sind, das Wahlrecht. den Vertretungen der einzelnen Gemeinde über— agen. Durch Landesgesetz kann angeordnet werden, daß um Vorstand und Ausschuß wie bei der, Orts krankenkasse gewählt wird. Mitverhandelt wird gleichzeitig 8 412: Ee sicherungspflichtige haben 3, ihre Arbeitgeber 113 der Bei⸗ ae gn jahlen. (Der Vorschlag der Vorlage, die Beiträge gon belden Teilen je zur Hälfte aufbringen zu lassen, ist in der bommifflon gefallen) Bei Innungskassen kann die Satzung hestimmen, daß beide Teile je die Hälfte zu zahlen haben. Jach den Anträgen Albrecht und Genossen (Soz.) soll in 36 die zweite Bestimmung lauten: „gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen erhält“; wenn dies abgelehnt wird, l zn 3 341 bestimmt werden, daß der Vertreter die Rechte nd Pflichten des Vorsitzenden auf Kosten der Kasse „nach en festgelegten Entschädigungssãtzen/ ausübt; die 8 343 und 349 ollen gesnichen werden; in 3412 soll bei den Innungskranken⸗ assen die Befugnis zur Aenderung der bezüglichen Satzungs⸗ hestimmungen an die . der Mehrheit der Vertreter eider Teile gebunden sein.

Die fortschrittli Volkspartei will 8 340, wi l Die forischrittliche Volkspartei will 8 wie folgt, fassen: „Die Vorstandsmitglieder wählen aus ihrer Mitte den Borsitzenden des Vorstandes.‘ Die 88 341, 343. 349 sollen ach dem Antrage Ablaß gestrichen werden. Die Polen wollen den Vorstand der Landkrankenkassen ebenso wählen lassen wie den der Ortskrankenkassen; sie wollen ebenfalls die 88 343 und B49 beseitigen. . ; ö

Abg. Graf We st arp (Bkons.): Man hat uns vorgeworfen, daß wir Trappisten wären. Nun, die Trappisten pflegen den ihnen Begegnenden in Wort zuzurufen; memento mori, das heißt: Bedenke das Ende. Wer die Sprache des „Vorwärts“ und der Sozialdemo⸗ raten kennt, weiß, daß die Sozialdemokraten den Zusammenschluß

er Krankenkassen lediglich als Agitationsmittel benutzen. Diesem Mißbrauch entgegenzutreten, ist der Zweck der Bestimmung, die ich dertreten habe. Der Abg. Hoch hat es so dargestellt, daß

ir Mehrheitsparteien hier gewissermaßen den Nachweis zu führen hätten, daß in zahlreichen Fällen Mißbräuche in den sozialdemo— atischen Kassen vorhanden sind. Den Nachweis im einzelnen zu ühren, liegt uns nicht ob. Dazu ist das kontradiktatorische Verfahren vor Gericht da. Es könnte Ihnen wohl passen, wenn wir Dutzende von Einzelfällen vorbrächten. Sie könnten dann endlose eden halten, und die Debatte würde sich ins Uferlose verlieren; den Gefallen tun wir Ihnen nicht. Auf das Dr. Müllersche Buch habe ich mich berufen, will mich aber nicht mit jedem Einzelfalle dentifizieren. Es ist aber insofern verdienstvoll, als es ein ares Bild der Zustände bringt. Es gibt ja auch in gewissen ingen eine Notorietät, die öffentliche Meinung. Entscheidend sind einige Aeußerungen der sozialdemokratischen Presse, ent⸗ cheidend ist auch die Stellung der Arbeitgeber, die sich resigniert Ion der Verwaltung der Kassen zurückgezogen haben, entscheidend st die Stellung der Arbeiter selber, die unzufrieden sind mit der Stellung der Sozialdemokraten zu den Kassen. Die Düsseldorfer Verträge sind ihnen in drei Mustern am Schlusse Nes Commissionsberichts mitgeteilt. Darin ist das Kündigungsrecht der Kassen gegenüber den Kassenbeamten geregelt. Das Muster von hot enthält die Bestimmung, daß gekündigt werden kann, wenn auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt wird. Bei Zuchthaus. strafen kann aber nur auf Aberkennung der bürgerlichen Ehren echte erkannt werden. Eine zeitliche Behinderung ist nach dem ertrage auch kein Kündigungsrecht, auch wenn jemand sechs Monate Hefangnis erhalten hat. Auch sonst sind die Kündigungsgründe sehr . In dem Münchener Vertrag von 1908 ist bestimmt, daß einem gamten unter keinen Umständen gekündigt werden kann, wenn er ein Politisches oder religiöses Vergehen begangen hat. Dazu gehört Hoch- und Landesverrat, Najestãts beleidigung verbrecherische Ver⸗ setzung des Wahlrechts, Gotteslästerung, Störung des Gottes— Lenstes ze, alle diese Taten geben der Kasse keinen Kündigungsgrund. ie Verträge lassen auch deutlich die Tendenz erkennen, die Än— gestellten unter allen Ümftänden in die Organisationen der Sozial wamokraten hineinzuzwingen. Der Beamte muß dem Verbande der Dureauangestellten angehören. Es handelt sich zweifellos hierbei um nnen sozigldemokrgtischen Verband. Nun wurde uns entgegengehalten, F kei ja keine Kasse gezwungen gewefen, solche Verträge abu schtiez en atsache ist Aber, daß nach den vom Reichsamt des Innern vor— i mmenen Stichproben die Mehrzabl der Verträge nach dem Muster von ' nicht nach dem abgeschwächten Mußster von 503 abgeschlofsen waren. . ant ich zb durch die Anstellung von Beamten nach dieser „weueglichen Vertrggsbestimmung, noch weitere Mißstände hervor⸗ n n i. Ich behaupte daß diese Verträge dazu gedient haben, k ige Beamte in die Kassen zu bringen und in ihnen zu er: nen *. sie sich Verdienste um die sozialdemokratische Partei ö kb ewerlschaften erworben hatten. Das hat der Kassenverband 6 er zugegeben, indem er es als berechtigt erllãrte, brot⸗ ee e rdene in den Kassen anzustellen. Der Abg. Mugdan hat wüerholt in eingehender und witziger Weise diese Mißstände nach⸗ Auch die Gehaltsverhältnisse geben zu Beschwerden

2b das Arbeiterinteresse dafür spricht, daß Hausdiener,

Fin die Kassen kommen mit Gehältern, wie sie kaum ein

will ich nicht näher untersuchen. Die angestellten

arne hben dielfach in nachweislicher Weise ihre Stellung zu diesen Hütchen Zwecken mißbraucht. Nicht ohne Grund hat man Die Feanten wegen politischer Vergehen Kündigung nicht angedreht. dem the wortung für die Verkragsmuster tragen die soꝛhial⸗= in den l. Verbände. Die Regierung hat festgestellt, daß gerade lieber lun roßstädten und Bezirken, wo die Sozialdemokratie Die Abg. J hat, die Mehrzahl dieser Verträge abgeschlossen ist. Der Doch hat entschuldlgend angeführt, daß die Yiegierung in ällen, in Berlin und Dresden solche Verträge geduldet

sache ist nur ein Beweis, daß die Behörden ihre

geöffnet haben und ein solches Gesetz notwendig sst.

n r hat mit ihren Kassen in frivoler und zynischer

wischenras di daß ihr, Gesetz und Recht egal ist. (Stürmische Sie valfuj ei den Sozialdemokraten, Zuruf des Abg. Lede bour: wie ein Hund!! Wiederholker Lärm, stürmische Zwischen—

Erste Beilage

Berlin, Freitag, den 12. Mai

rufe rechts. Präsident Graf Schwerin-Löwitz ruft den Abg. Ledebour zur Ordnung. Zuruf des Abg. Metz ger: Rufen Sie doch den frechen Junker zur Srdnung! Fortgesetzter Lärm und stürmische Protestrufe der Präsident ruft den Abg. Metzger zur Ordnung! Ich bleibe dabei, daß die sozialdemokratischen Kassen in einer Weise vorgegangen sind, die den Begriffen von Gefetz und Recht und guter Sitte ins Gesicht schlägk. Fortgesetz ter Widerspruch bei den Sozialdemokraten.) Hier wären Friedrich Wilbelm 1, und Friedrich der Große mit dem Krückstock drein⸗ gefahren. Wir müssen an ihren Grundsätzen festhalten, durch die Preußen und das Deutsche Reich groß geworden sind, an den Grund— sätzen der Reinlichkeit und Sauberkeit (Lebhafter Beifall rechts, große Unruhe und ,., bei den Sozialdemokraten), und an dem Grundsatz, daß nur Unbescholtene und Unbestrafte öffentliche Beamte sein dürfen, und daß auf Grund öffentlichen Rechts erhobene Geld⸗ mittel nur für die Zwecke verwandt werden dürfen, die den Zwecken des Gesetzes entsprechen. (Präfident: Der Abg. Brühne hat vorher dem Redner das Wort „Gemeinheit zugerufen. Ich rufe ihn deswegen zur Ordnu ng!) Die Kom⸗ missionsvorschläge stehen auf demselben Boden wie die Vorlage; was diese erreichen wollte durch die Halbierung der Beitrãge wird hier auf anderem Wege erreicht werden. Unter voller Wahrung der. Selbstverwaltung. überlassen sie der Selbstverwaltung felbst die Abstellung der Mißstände, nachdem sie richtig organisiert worden ist. Die Arbeitgeber haben nur ein Drittel der Stimmen, sind also von vornherein in der Minorität. Dieser Zustand war vielleicht in den achtziger Jahren erträglich; die Erwartung aber, daß sich die Kluft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern 'schlie ßen wurde, hat sich nicht bestätigt; die Kluft hat sich erweitert und ift unüberbrückbar ac? worden. Hier soll die Bestimmung abhelfen, daß Beschlüsse und Wahlen nur zustande kommen, wenn dafür Mehrheiten beider Teile vorhanden sind. Die Notwendigkeit solcher Ordnung, die den Arbeit- gebern erst wieder die Mitarbeit in den Krankenkaffen ermöglicht, ist unbestreitbar; dafür lassen sich zahlreichs Zeugniffe aus den führenden sozialdemokratischen Organen anführen. Die Sozialdemokraten stellen

den Militäranwärter als den schwarzen Mann bin und richten gegen

ibn eine wüste Agitation, als wenn er ein Fremder, nicht ein brader Sohn unseres Volkes wäre. Das wreußische Beamtenrecht stebt auf dem Standpunkt, daß es mit den Jienstpflichten eines Beamten nicht; vereinbar ist. Bestrebungen zu unter— stützen, die, grundsäßzlich die bestehende Staatsordnung be— kämpfen. Die Sozialdemokraten aber wollen, daß nur Sozial. demokraten in den Krankenkassen die Geschäfte führen ollen. Jede zulässige Freiheit will auch die Kommissionsmehrheit in dem Gesetze den Kassenbeamten gewähren. Die Kassenbeamten haben öffentliche Funktionen wahrzunehmen, sie müssen alfo auch ihr Ver- halten außerhalb des Dienstes in Uebereinstimmung bringen mit shren Dienstpflichten. Zu diesen gehört nicht nur Unbescholtenheit, sondern auch Unparteilichkeit. Ein Kassenbeamter darf nicht Partei nehmen. Der Streikbrecher muß ebenso behandelt werden als der organisterte Arbeiter; ein sozialdemokratischer Agitator ist dazu gar nicht im⸗ stande. Politisch und religiös außerhalb ihres Amtes dürfen fich die Kassenbeamten natürlich betätigen. Der Vorstand der Leipziger Srts— krankenkassen hat in allen diesen Fragen einen Standpunkt ein— Lenommen, der sich nicht rechtfertigen und nicht aufrecht erhalten läßt. In dem hier schon am 2. Mai erwähnten Fall ist nach dem gericht⸗ lichen Urteil festgestellt worden, daß ein Arbeiter, der sich das Leben genommen hat, als „Opfer sozialdemokratischer Agitation“ angesehen werden muß. Ob die Mittel, die die Kommission vorschlägt, aus reichend sind oder nicht, darüber kann man verschiedener Meinung sein; immerhin stehen sie auf dem Boden poller Selbstverwaltung, und ich stelle meine Bedenken zurück. Ich hoffe, daß diese Vorschläge von einer überwiegenden Mehrheit des Reichstages angenommen werden; die Einmütigkeit der bürger— lichen Parteien wird hoffentlich auch von der Reichsregierung ge teilt und mit aller Energie zur Durchführung gebracht werden. Sie richtet einen Appell an das Land, an die große Zahl der Arbeiter, die der Sozialdemokratie noch nicht angeschlossen find, und an die Arbeitgeber. Diesen werden neue Rechte eingeräumt auf dem Gebiet der Selbstverwaltung, und solche bedeuten immer Pflichten, und zwar für die Arbeitgeber in diesem Falle unangenehme Pflichten. Es wird ihnen die Möglichkeit eröffnet, wieder Einfluß auf die Krankenkassen zu gewinnen, es fällt ihnen die Aufgabe zu, Mißstände zu beseitigen und das Krankenkassenwesen wieder auf geordnete Bahnen zu bringen. Sie werden ihren Einfluß zur Erreichung ihres Zieles immer wieder neu beleben müssen. Ferner wendet sich unser Beschluß an die Behörden mit der ernsten Mahnung, nicht lasch zu sein. Auch diesen werden ernste Aufgaben im Interesse der Deffentlichkeit und der Erhaltung unseres Stagtswesens zugewiesen. Wir haben das Ver— trauen zu ihnen, daß sie diese Aufgabe erfüllen. In den Reihen meiner politischen Freunde sind manche und auch ich gehöre zu ihnen die durchaus nicht die Schattenseiten unserer sozialen Gesetz— gebung verkennen. Aber wir würden unter keinen Umständen ver— zichten wollen auf all den Segen und all die Vorteile, die die Sozialversicherung auf der anderen Seite gebracht hat, daß der deutsche Arbeiter geschützt und gesichert ist wie kein anderer Arbeiter in der Welt. Wir wollen uns aber diese Lichtseiten nicht ver— schandeln lassen. Wir wollen, daß die Krankenkassen wieder zu dem werden, als was sie gedacht sind, nicht Versorgungsstätten für sozialdemokratische Agitatoren, sondern Stätten für die soziale Für⸗ sorge. ö

Abg. Eichhorn (Soz.): Ein Redner und eine Partei, die der— artiges auf dem Kerbholz haben wie die Konservativen, haben keine Veranlassung, von Reinlichkeit! zu sprechen. Graf Westarp hat auch falsch zitiert. Die Trappisten rufen das Wort memento mori nicht anderen zu, sie tauschen es vielmehr als Gruß unter sich aus. Wenn die Herren von der Rechten es so auffassen wollen, daß sie es ihren eigenen Parteigenossen zurufen, so sind wir gern damit einverstanden. Die Entrechtung der Arbeiter, die jetzt vollzogen werden soll, führt hoffentlich recht bald dazu, daß Sie diesen Trappistengruß in Ihren Reihen anwenden. Es handelt sich um eine vollständige Entrechtung, eine sachlich durch nichts begründete Aenderung in der Verwaltung der Kassen, auf Kosten der Selbstverwaltung der Arbeitnehmer. Es handelt sich und das hat Graf Westarp in seiner Rede stark unterstrichen um ein Ausnahmegesetz gegen die Sozialdemokratie. Der Wunsch der Arbeiter, in die Gestaltung der Dinge einzugreifen und mitzuwirken, ist den herrschenden Klassen von jeher ein Dorn im Auge gewesen. Sobald die Arbeiter versuchten, einen Einfluß zu gewinnen, begannen auf der anderen Seite die Kämpfe, sie zurück⸗ zudrängen. Man spricht von Mißständen in den Krankenkassen. Wo solche vorhanden waren, sind sie von den organisierten Arbeitern unterdrückt und beseitigt worden. Die Arbeiter haben die Kassen ausgebaut und ihre Leistungsfähigkeit verbessert, sie haben gearbeitet im Dienste der Kassenentwicklung. Wo sind denn die Landräte geblieben, die sonst ihre Nase in alles stecken, bei der Aufsicht über die angeblichen Mißstände in den Krankenkassen? Freilich hat die Aufsicht früher versagt. Mir sind aus meiner Materialiensammlung nicht wenig Fälle bekannt, wo die sozial demokratischen Arbeiter häufig den Beschwerde, und sogar den Klageweg beschreiten mußten, um sich Rechte zu erzwingen, die die Aufsichtsbehörde von vornherein ihnen hätte garantieren müssen. Aber solange keine Sozialdemokraten in den Krankenkassen waren,!

1911.

hat die Aufsichtsbehörde beide Augen zugedrückt. Solange ging die Schlamperei, die dann durch die Sozialdemokraten aus den Kassen herausgebracht wurde. Dann aber begann auch die Aufsicht. Der preußische Minister des Innern hat ein Rundschreiben an die Regierungspräsidenten erlassen, das auch die skandalöfe Frage ent⸗ hielt, wo in Krankenkassen mit sozialdemokratischen Vorstands— mitgliedern Unterschlagungen vorgekommen seien. Ist es jemals vorgekommen, daß ein Minister durch eine Umfrage festgestellt hat, wo in Verwaltungsämtern und bei Behörden oder in den besitzenden Klassen Unterschlagungen vorgekommen sind? Von einem Folchen Zirkular hat man noch nichts gehört. Uebrigens war, als man Tas Material gegen die Kassen sammelte, das Urteil und der Plan schon fertig. Tatsächlich hat ein Teil der Unternehmer das Vorhandenfein parteipolitischer Mißbräuche in Abrede gestellt. Kommerzienrat Menck, ein rücksichtsloser Bekämpfer der organisierten Arbeiter, schrieb, es habe den Anschein, als ob diese Anklagen aus den Kreisen un— zufriedener Krankenkassenärzte und Krankenkassenbeamten stammen. Wo hat die Regierung ibr Material? Sie muß herauskommen damit, wenn sie Arbeitern ein Recht, das diese 30 Jahre besessen haben, aus den Händen schlagen will. Ist es denn auf einmal Mode geworden, daß man verurteilt wird, ohne die Anklage zu hören wie bei einer mittelalter— lichen Jem? Man arbeitet mik dunklen Andeutungen, und das ist eine Frivolität. Die Fälle sind gar nicht selten, daß die Kranken— kassen, wo sie in Lohnkämpfen eine Rolle spielen, von den Arbeitgebern mißbraucht werden. Graf Westarp hätte hier berfuchen sollen, nach⸗ zuweisen, wo auch nur ein einziges Mal Arbeiter ihre Macht in den Kassen in derselben Weise vie die Arbeitgeber. venn sie ihre Ver⸗

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werden, um ihnen die Möglichkeit zu nehmen, das gen. Mit ing sucht man die Arkeiterklasse zu entrechten! Da der Regierung das sächliche Material fehlt, so hat sie einen Man it robustem Gewissen gefunden, der es herbeischaffen wollte: —ͤ zt der ö Westarv hat das Buch als verdienstvoll bezeichnet schuldig an dem Müllerschen Buch. Zeigen wo sich die Kassen Ungehörigkeiten haben zu schulden Wir haben doch Richter im Hause, und wozu ist di Gewisse Mißbräuche und Ungehörigkeiten können au— kommen, das kann bei allen Verwaltungen vorkommen. Graf Westarp sollte vor seiner eigenen Tür kehren, er hat die Landrats— mißwirtschaft vergessen. Sind denn die bürgerlichen Richter nicht auch politisch tätig? Seine von Parteilichkeit strotzende Rede macht den Grafen Westarp selber unfähig, Verwaltungsrichter zu sein. Die Heuchelei und das Pharisäertum kann nicht' schlimmer sein als in solchen Ausführungen, die uns das Recht abↄ sprechen, Parteiangehörige in irgendeinem Amt zu haben. Die Selbstverwaltung der Arbeiterschaft steht unendlich höher als die Verwaltung, die durchsetzt ist von reaktionären Elementen. Daß Mißbräuche auch bei uns möglich sind, bestreiten wir nicht, wohl aber weisen wir mit der größten Entschiedenheit zurück, daß hierin System liegt. Versuchen Sie (rechts) doch einen Augenblick ehrlich zu sein, vergegenwärtigen Sie sich, daß seit 17 Jahr— zehnten die bürgerlichen Gegner der Sozialdemokraten, die Behörden usw., wachen und nach Mißbräuchen suchen. In dieser Zeit haben sich nur ein paar vereinzelte Fälle trotz eifrigsten Suchens heraus— bekommen lassen. Das Müllersche Buch hat nicht mehr herausfinden können. Sie müßten doch eigentlich Berge von Fällen anführen können. Wollten wir Ihre Verwaltung untersuchen, so könnten wir Taufende von Fällen anführen. Wer war Herr Müller? Er war angestellter Kassengrzt in München und verlangte lebenslängliche Anstellung und ziemlich ausgedehnte Befugnisse. Als ihm das verweigert wurde, ent— deckte er auf einmal, daß die Kasse ein Tummelplatz sozialdemokratischer Agitation sei. Er hat wahllos Zeitungsausschnitte unserer politischen Gegner, rachsüchtiger Menschen zusammengetragen und zufammen geklebt und ohne Prüfung daran seine Folgerungen geknüpft. Das nennt er kritisch gesichtetes Material! Dabei ist dies Material zum Teil sehr alt. Ich frage die Regierung, ob sie dem Müller ihr Material ausgeliefert hat. (Zurufe) Es ist gar nicht unmöglich, daß der Müller einmal im Reichsamt des Innern sitzt. In mindestens „i der Fälle sind auf die falschen Behauptungen, die Müller zusammengeklebt hat, Berichtigungen der Kassenvorstände erfolgt, und der Müller hat diesé Berichtigungen unterschlagen! Hunderte von Zuschriften, auch von Arbeitgebern, enthalten entrüstete Proteste gegen dieses angebliche Müllersche Tatsachenmaterial, aber davon ist nicht Notiz genommen worden! Müller hat jetzt eine Anzahl Prozesse angestrengt gegen eine Reihe von sozialdemo kratischen Blättern, die seine „Tatsachenꝰ etwas niedriger gehängt haben; wahrscheinlich aus keinem anderen Grunde, als damit sein Verbandsfreund, unser Kollege von Liebert, hier sagen kann: „es ist ja Klage von ihm erhoben worden.“ Für den angeblichen Wahlterrorismus der sozialdemokratischen Kassenvorstände werden in dem Buche Fälle aus Chemnitz, München, Worms angeführt. Die Wahlen sind auch kassiert, aber die Kassierten sind abermals mit größerer Mehrbeit gewählt worden! Das Müllerbuch erzählt von Wablbeeinfluss in Wilmersdorf; da hat gerade ein Gegner der Sozialdem ie im Wahllokal zu agitieren versucht! nan uns von Wablterrorismus und Wahlbeeinflussung! e und die allermeisten Angaben des Müllerbuches sind Lügen; fast durchweg ist die Wahrheit auf den Kopf gestellt. Den Sozialdemokraten wird vorgeworfen, daß sie in Wirklichkeit Feinde der Verhältniswabl seien; tat ich sind Kon servative und Zentrum immer dann Freunde dieser Wahl, wenn die Sozialdemokratie Einfluß zu gewinnen beginnt, n sie aber in der Mehrheit sind, lehnen sie sie ab, wie es das Zentrum in Süddeutsch— land schon wiederholt getan hat! Der Müller macht uns ferner den Vorwurf, wir suchten Sozialdemokraten in den Kassenvorständen unterzubringen, und es schienen die erwähnten Verträge eigens gemacht zu sein, um unfähige Sozialdemokraten zu versorgen. Diese reichs— derbändlerische Behauptung ist in nichts, aber auch gar nichts gestützt. Selbstverständlich können auch Arbeiter, können auch Sozial— demokraten Beamte in den Ortskrankenkassen sein. Aber wenn jene unerhörte Behauptung wahr wäre, die sich Graf Westarp hier zu eigen gemacht hat, wo ist da wieder die Aufsichtsbehörde geblieben? Diese muß ja dann quasi mit uns unter einer Decke siechin Graf Westarp hatte ja kraft seines Amtes die ganz besondere Verpflichtung, Beweise für diese Behauptung zu bringen: es fällt ihm aber nicht ein. Die Rechte kommt mit solchen Verdächtigungen, weil sie selbst hinter dem Busch gesteckt hat. Gerade in den Kreisen der Rechten spielt die Vetternschaft eine Hauptrolle; wenn einer gute Konnexionen, wenn er einen Hohenzollernprinzen zum Korpsbruder hat, kommt er weiter, als durch seine Fähigkeit. Wir haben unserer⸗ seits ausschließlich die Fähigkeit‘ zur Bedingung der Uebertragung eines Kassenamts zu machen beantragt; und da kommen Sie uns mit solchen unqualifizierbaren Vorwürfen? Es handelt sich um eine ganz schamlose Lüge, die hier gegen die Kassenvorstände geschleudert wird. Gerade bezüglich der Münchener Kasse, die der Müller ganz besonders angreift, ist in der Gerichtsperhandlung festgestellt worden, daß es sich um durchaus fähige Leute gehandelt hat. Im Kassendienst un⸗ fähige Leute werden natürlich entlassen und mit Recht entlassen; ein