1911 / 121 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 23 May 1911 18:00:01 GMT) scan diff

Fünfte Klasse. (Ziehung vom 8. November bis 2. Dezember 1911.)

Prämien 8 zu Gewinne 2 zu

6. 600 000

10009009 100 0909 300 009 200 0090 150 009 120 000 200 000 160 009 b00 009 450 000 900 0090 900 000

7800000

40000090

3 580000

127 900. 30 696 000

4 000 Gewinne und 2 Prämien 2 056 00ο Abschluß.

6. 300 000

o500 000 200 000 150 009 100 009 15 000 bb 000

Nachzahlung auf die Vorklassen der Freilose.

Anzahl der zu begebenden

Gesamt⸗ einkommen.

stempel⸗ abgabe. 6 16 M6

11252 000 11252 000

S000 II0993333 11252000

340 000 8 000 10993 333 517 333 11 310 666

340 000 S000 110993 333 776 000 11769 333 .

Stamm⸗ lose.

z3as 000 id 06365

Freilose.

268 667

ib obo 16 353 333] 163466, 13 s 9öo In Einnahme u. Ausgabe durchlaufender Betrag d. Freilose 1 034 668

58 846 667 309

58 846 976

Zu: Zum Ausgleich der Schlußlumme Ueberhaupt

Aus gabe.

Gesamtbetrag.

Betrag . der baren Gewinne. der Freilose. s6b Mt M6

S6 1199 268 6 919 767 11151 2h oh 14106 3539

Klasse.

1665 864 268 667 1924531 2281152 258 667 2539819 52 056 000 52 0ö6 000

Ueberhaupt 58 846 976

225. Königlich preußischen öffentlichen Kenntnis gebracht. Die Lose erster Klasse dieser Lotterie werden von den König—⸗ lichen Einnehmern von dem ersten Tage nach Beendigung der Ziehung der fünften Klasse 224. Lotterie ab ausgegeben werden. Berlin, den 22. Mai 1911. Königliche Generallotteriedirektion. Strauß. Ulrich.

Vorstehender Plan der Klassenlotterie wird zur

Bekanntmachung.

Diejenigen in Berlin und im Regierungsbezirk Potsdam wohnhaften jungen Leute, welche die Berechtigung zum einjährig⸗-freiwilligen Militärdienst nach such en wollen, haben sich in der Zeit vom zurückgelegten 17. Lebens⸗ jahre bis zum 1. Februar ihres ersten Militärpflichtjahres, d. i. des Kalenderjahres, in welchem sie das 20. Lebensjahr vollenden, bei der unterzeichneten Kommission schriftlich zu melden.

Der Meldung sind die im 8 89 der Deutschen Wehr— ordnung aufgeführten Atteste in Urschrift beizufügen. ö.

Für diesenigen Bewerber, welche den Nachweis der wissen⸗ schaftlichen Befähigung durch Ablegung einer Prüfung er⸗ bringen wollen, finden alljährlich zwei Prüfungen statt, die eine im Frühjahr, die andere im Herbst. . ö

Das Gesuch um Zulassung zur nächsten Herbstprüfung muß unter Beifügung der im 5 89 der Wehrordnung be⸗ zeichneten Schriftstücke und einer amtlich bescheinigten Photo⸗ graphie sowie mit der Angabe, in welchen zwei fremden Sprachen der Bewerber geprüft werden will es bleibt die Wahl zwischen dem Lateinischen, Griechischen, Französischen und Englischen, an Stelle des Englischen darf das Russische treten), spätestens bis zum 1. August d. J. eingereicht werden. Außerdem ist in dem Gesuche um Zulassung zur Prüfung an⸗ zugeben, ob, wie oft und wo sich der Bewerber bereits einer Prüfung vor einer Prüfungskommission für Einjährig⸗Frei⸗ willige unterzogen hat.

Berlin NW. 40, den 19. Mai 1911.

Heidestraße 1. Königliche Prüfungskommission für Einjährig Freiwillige. Der Vorsitzende. Siber.

Abgereist:

Seine Exzellenz der Minister für Landwirtschaft, Domänen

und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer, zu einer Dienst⸗ reise nach Schlesien.

1 ** Aichtamtliches. 8 9 Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 23. Mai. Der Bundesrat versammelte sich heute zu einer Plenar⸗

sitzung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr eine Sitzung.

Die Nr. 5 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs- versicherungsamts“ vom 15. Mai 1911 enthält im amt⸗ lichen Teile unter A (Allgemeines) einen Nachtrag vom 13 April 1911 zu Nr. II des Rundschreibens vom B. No⸗ vember 1910 über die Auszahlungen durch die Post zu ver⸗ gleichen Amtliche Nachrichten des R. VA. 1910 S. b29. Ünter B (Unfalkversiche rung) ist zunächst aufgenommen ein Rundschreiben des Amtes vom 3. April 1911 an die Vorstände der Berufsgenossenschaften wegen Bereitstellung der in den Monaten Januar bis Mai jeden Jahres für den Postbetriebs⸗ fonds fälligen Teilbeträge. Dann folgen Rekurgentscheidungen und andere Entscheidungen der Senate in Unfallversicherungs⸗ fachen sowie Bescheide und Beschlüsse über folgende Gegen⸗ tände: Selbständiger Landwirt kann bei der Leistung von Fron⸗ diensten (-Spanndiensten) für den Neubau einer Kirche als Arbeiter im Regiebaubetriebe der Kirchengemeinde angesehen werden (2470). *)

Ueber die Entschädigungspflicht des nac 8 131 des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und Forst⸗ wirtschaft an die Stelle der , hinsichtlich der Versicherung seiner Forsten getreten ist, bei Unfällen des Dienst⸗ personals von Forstbeamten (2471). ; . Zur Frage der Versicherung von Holzfällungsarbeiten; in dem gegen eine beigeladene Berufsgenossenschaft zu erlassenden Rekurtzurteile kann die Vorentscheidung auch zugunsten der Partei, welche nicht Rekurs eingelegt hat, abgeändert werden (2472). ö In einem Schlachthause beschäftigte Lohnschlächter sind nicht als Arbeiter des Schlachthausverbandes, sondern der Fleischermeister und Privatpersonen, die ihre Tätigkeit jeweils in Anspruch nehmen, angesehen worden (2473). . Ucber die bersicherungsrechtliche Zugehörigkeit der Arbeiten einer Stadtgemeinde zur Herstellung eines Sickerrohrkanals und über den Unfang der Pauschalversicherung (2474). Das Verfahren nach 5 73 Absatz 2 des Gewerbeunfall⸗ versicherungsgesetzes ist unzulässig, wenn eine beteiligte Berufs⸗ genossenschaft bestreitet, daß eine Erwerbsunfähigkeit des ver⸗ letzten Versicherten vorliegt (2475). . Ein Zinsanspruch einer Berufsgenossenschaft gegen eine andere aus Anlaß der verspäteten Ueberweisung eines ihr gemäß 8 53 Absatz 4 und 5 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes zustehenden Reservefondsanteils ist nicht begründet (2476).

Zur Ueberweisung von Beiträgen bei doppelter Katastrierung eines Betriebs (2477). . Ueber die Versicherung des Dienstpersonals höherer Forst⸗ beamten bei dem für den Forstbetrieb zuständigen Versicherungs⸗ träger (2478). . Obstverlade⸗ und Beförderungsarbeiten eines Obstzüchter⸗ vereins können als Zubehör der Obstbaubetriebe landwirtschaft⸗ lich versichert sein (2479). .

Der Nichtamtliche Teil bringt eine Anzeige des soeben im Verlage von BreitkopFf C Härtel in Leipzig er⸗ schienenen vermehrten Sonderdrucks über „Geschichte und Wirkungskreis des Reichsversicherungsamts“ aus dem III. Bande des von den Mitgliedern des Amtes bearbeiteten Handbuchs der Unfallversicherung. (334 Seiten. Preis 5 (6)

Dann folgt ein Auszug aus einem Urteil des Landgerichts Plauen vom 6. Oktober 1910, das die Frage der Haftung nach s 140 des Gewerbeunfallversicherungsgesetzes behandelt, und daran schließen sich Hinweise auf die Schriften des Deutschen Vereins für Volkshygiene in Berlin W. 30. Motz⸗ straße 7, und auf die Tätigkeit des Gemeinnützigen Vereins für Milchausschank zu Berlin (E. V). .

Die Abteilung O (Invalidenversicherung) enthält Revisionsentscheidungen, die folgende Gegenstände behandeln:

Freiwillige, nach Vollendung des 70. Lebensjahrs für die Zeit vorher entrichtete Beiträge sind für den Anspruch auf Altersrente unwirksam (1541). ö .

Bestimmung der Verdienstgrenze bei Berufswechsel: Er— werbsfähigkeit einer Haustreiberin (1542).

Die bloße Besorgnis, daß die Erwerbsfähigkeit nicht von Dauer sein werde, rechtfertigt nicht die Feststellung der Fort— dauer der Erwerbsunfähigkeit (1543). ; .

Nach dem Erlöschen der Anwartschaft ist eine freiwillige Beitragsleistung für die Vergangenheit innerhalb der Grenze des 8 146 Satz 2 des Invalidenversicherungsgesetzes dann zu— lässig, wenn für eine vorhergehende versicherungspflichtige Be⸗ schäftigung gleichzeitig Beitragsmarken in zulässigem Umfange verwendet werden (1544). .

Ist dem Versicherten zunächst die Krankenrente und im Anschluß an diese die Dauerrente zu gewähren, steht ihm aber die Krankenrente gemäß 8 41 Abs. 3 des Invalidenver sicherungsgesetzes erst von einem nach dem Beginn der 27. Woche liegenden Zeitpunkte zu, so kann die Zeit zwischen dem Ende der 26. Krankheitswoche und dem Beginn des Krankenrentenbezugs auf die Wartezeit für die Dauerrente nicht angerechnet werden (1545). f

Bei Berechnung einer Altersrente sind Krankheitswochen auch dann mit zu berücksichtigen, wenn hierdurch die Höhe der Altersrente gemindert wird und der Kläger ausdrücklich be⸗ antragt hat, von der Anrechnung abzusehen (1546). .

Pflicht des Schiedsgerichts, den Sachverhalt vollständig aufzuklären, nötigenfalls durch Ausübung des Fragerechts zwecks Herbeiführung sachdienlicher Anträge (1547). ;

In dem Streitverfahren der Invaliden— und Unfallver⸗ sicherung finden die formellen Beweisregeln des bürgerlichen Prozeßverfahrens und die materiellen Regeln des bürgerlichen Prozeßrechts über Beweislast grundsätzlich keine Anwendung (1548).

Das stillschweigende Uebergehen eines mit Gründen ver— sehenen Antrags auf Vertagung des Verhandlungstermins vor dem Schiedsgericht stellt einen wesentlichen Mangel des Ver⸗ fahrens dar (13549.

Es folgt eine Nachweisung über die Rentenzahlungen und

Forstfiskus, der nach

den Erlös

1911 sowie über Monat April 1911.

„Condor“ in Tsingtau und eingetroffen; abgegangen sin „Gneisenau“ von Yokohama,

20. Mai S.

diese in

von Cadiz, S. M.

Beitragserstattungen der 31 Versicherungsansialten im März aus Beitragsmarken für den

Laut Meldung des, W. T. B.“ sind am 20. Mai S. M. S. M. S. „Möwe“ in Cadiz M. S. am 21. Mai S. M. S. „See⸗

Die neben den einzelnen Entscheidungen stehenden e , : den „Amtlichen

adler“ von Durban und am 22. Mai S. M. S. Geier“ S. „Cormoran“ von Sydney, &. M 8 „Iltis“ von Schanghai. ö

Wildpark, 23. Mai. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin sind mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise heute um 10 Uhr 15 M nuten hier wieder eingetroffen.

Oels, 23. Mai. Ihre Kaiserlichen und König— lichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin sind, W. T. B.“ zufolge, gestern nacht hier eingetroffen und haben sich sofort nach dem Jagdschloß Klein⸗Ellguth begeben.

Sachsen.

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin sind

gestern mittag in Dresden eingetroffen und, „W. T. B.“ zufolge, auf dem Bahnhof von Seiner Majestät dem König und von Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinzen und der Prinzessin Johann Georg empfangen worden. Nach dem Königlichen

herzlicher Begrüßung erfolgte die Fahrt nach Residenzschlosse. Reusz ä. L.

Der Landtag hat gestern, W. T. B.“ zufolge, einstim mig den Staatsvertrag zwischen dem Königreich Sachsen und den Fürstentümern Reuß jüngere Linie und ältere Linie, betreffend den Anschluß der Reußschen Fürstentümer an das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Dresden, an— genommen. Der Staatsvertrag ist zunächst auf fünfzehn Jahre unkündbar; er wird voraussichtlich am 1. Juli 1912 in Kraft treten.

Defterreich⸗Ungarn.

frühere Staatssekretär im ungarischen Handels— ministerium, Abgeordneter Szterenyi, beantragte, wie W. T. B.“ meldet, in der gestrigen Sitzung des Ab⸗— geordnetenhauses, eine parlamentarische Untersuchungs— ommission zur Prüfung der unter dem Handelsminister Kossuth abgeschlossenen Schwellenlieferungsverträge einzusetzen. Die Regierung hat dem Abgeordnetenhause vier die gemeinsame Armee sowie die ungarischen Landwehr— (Honved) Truppen betreffende Gesetzentwürfe vor— gelegt. Durch diese Gesetzentwürfe wird, obiger Quelle zufolge, das Rekrutenkontingent der gemeinsamen Armee von 103000 auf 159 000 Mann und das Rekrutenkontingent der Honved— truppen von 12 500 auf 25 000 Mann erhöht. Die Dienstzeit wird von drei auf zwei Jahre herabgesetzt. Die Kavallerie und die reitende Artillerie behalten die dreijährige Dienstzeit bei. Gleich zeitig wird ein neues Militärstrafverfahren eingeführt. Das Verfahren ist öffentlich und mündlich. Ziviladvokaten können als Verteidiger tätig sein. Die Verhandlungssprache der in Ungarn fungierenden Militärgerichte ist ungarisch mit Ausnahme des Falles, daß der Angeklagte nicht ungarisch ver— steht, aber der deutschen Sprache mächtig ist.

In einer Wählerversammlung des Paters Senyk, der wegen russophiler Agitation von seinem geistlichen Amte enthoben worden ist, ist es, obiger Quelle zufolge, vor— gestern in Lipica Dolna zu blutigen Ausschreitungen gekommen, bei denen ein Bauer getötet wurde.

Der

Großbritannien und Irland.

Das Oberhaus hat gestern den Gesetzentwurf des Lords Lansdowne für die Reform des Oberhauses nach drei tägiger Debatte einstimmig in zweiter Lesung angenommen.

Wie W. T. B.“ meldet, sprachen sich mehrere unionistisch Peers gegen einzelne Punkte der Vorlage gus, aber die Mehrheit ß ihre Billigung der Vorlage zum Ausdruck. Der Kriegt. minister Lord Haldane erklärte, die Regierung erkenne an, daß die Vorlage einen Fortschritt bedeute.

Rußland.

Die Reichsduma beauftragte, W. T. B.“ zufolge, nach Eröffnung der gestrigen Sitzung das Präsidium, dem be⸗ freundeten Verbündeten, Frankreich, aus Anlaß des Unglüts auf dem Flugfelde Issy⸗les Moulineaur telegraphisch das Mit gefühl und Bedauern der Reichsduma auszudrücken. Die Ab geordneten ehrten das Andenken des Kriegsministers Berteaun durch Erheben von den Sitzen.

Spanien. B“

Der Ministerpräsident Canalejas gab gestern, „W. 3 B. zufolge, bekannt, daß spanische Truppen den Berg Negr⸗ füdlich von Ceuta auf der Straße nach Tetuan besetßt haben. Canalejas fügte jedoch hinzu, daß es sich nur um eine un— wichtige Bewegung handle. ö

Der Minister des Innern Ruiz Valerino, der R Absicht hatte, aus Gesundheitsrücksichten seine Demission en zureichen, hat auf Veranlassung des Ministerpräsidenkt! Canalejas zunächst davon abgesehen und nur für einige or zu seiner Erholung Urlaub genommen.

Türkei.

Bei Beratung des Budgets des Aeußern im erklärte gestern der Minister des Aeußern Rifagt Pasch!.. eine Anfrage laut Meldung des „W. T. B.“, daß die die Entsendung von Kadis nach Kreta nach vorle gegangener Zustimmung der Schutzmächte beschlossen a. nachträglich sei ein Mißverständnis entstanden: die Verhan lungen dauerten fort, ohne bisher zu einem Ergebnis gesüh' zu haben.

Afrika.

4 M Wie der „Agence Havas“ aus El Ksar vom 21. 23 gemeldet wird, ist der Konsularagent Boisset mit dem . Scherkani am Freitag in Aziz on Azzani am Ufer des =() angekommen, wo die Kolonne Moinier lagerte. Diese fand au ihrem Wege keinen Widerstand. Aus der Gebirgsgegend werden Ansammlungen gemeldet. . 3. Nach Ji. Meldung aus Alkassar vom 21. 8. M. . Mahalla El Mranis in Dar Krases nordöstlic . Zrari eingetroffen. Alles ist dort ruhig, Die frau osi gen Rolonnen lagerten am Sonnabend bei Ain Muka. Ein *

ablen geben die Ziffer an, unter welcher

w

vor ßff ent licht sind veröffentlicht sind.

der Scherarda hat sich unterworfen.

en von Taurirt ist, obiger Quelle zufolge

6 Uhr Morgens von 200 Fußgängern und

= Reitern angegriffen worden. Der Feind wurde in die

. geschlagen und ging über den Mulusa zurück; er ließ 1

nf Tote zurück.

.

Parlamentarische Nachrichten.

ie Schlußberichte über die gestrigen Sitzungen des Reich s⸗ ö ö. . der Abgeordneten befinden sich in der Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen (182. Sitzung des Reichstags, der der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, der Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück und der Staats—⸗ stretär in Elsaß⸗Lothringen Freiherr Zorn von Bulach bei⸗ vohnten, standen die Gesetzentwürfe über die Verfassung Flfaß-Lothring ens und über die Wahlen zur zweiten zammer des. Landtags für El saß-Lothringen, auf Grund des Berichts der 21. Kommission zur zweiten Beratung. Referent ist der Abg. Dr. Vonderschegr Zentr)n!

In dem Entwurf, betreffend die Verfassung Elsaß⸗Loth⸗ ringens, hat die Kommission folgenden neuen Artikel 1 dem Tert der Vorlage vorangestellt;

3 Reichsverfassung wird als Art. 6a folgende Vorschrist eingestellt: . Elfaß-Lothringen führt im Bundesrat 3 Stimmen, solange die Vorschriften über die Staatsgewalt und die Organisation der Landesregierung nach diesem Gesetze in Kraft sind.

Die elsaß lothringiscken Stimmen werden nicht gezählt, wenn die Präsidialstimme nur durch den Hinzutritt dieser Stimmen die Mehrheit für sich erlangen würde oder bei Stimmengleichheit den Fusschlag geben würde. Das Gleiche gilt bei der Beschlußfassung ber Aenderungen der Verfassung.

Elsaß⸗Lolhringen gilt im Sinne des Art. 6 Absatz 2 (Er⸗ nennung der Bundesbevollmächtigten) und der Art. 7 und 8 als Bundes staqt.“

Die Abgg. von Normann u. Gen. (8kons.) beantragten die Streichung des letzten Absatzes.

Abg. Dr. Wagner (dkons ): Ich habe zunächst im Namen neiner Freunde namentliche Absutimmung über Artikel 1 zu beantragen. Unsete Bedenken gegen die Vorlage sind infolge des Verlaufs der Fommissionsverhandlungen noch verstärkt worden. Eine Verfassungs⸗ inderung durch die Kommission ist noch nicht dagewesen; es ist ein Vor— gehen von großer Bedeutung; der frühere Oberbürgermeister von Leipzig Heorgi hat ausgeführt, daß die fundamentale Grundlage, auf der die Reicht verfassung aufgebaut ist, durch die Kommissionsbeschlüsse erschlttert würde. Die konservatipe Partei, deren M tarbeit bei gefetzzeberischen Arbeiten zur Gewohnheit geworden ist und die auch zun bereit ist, die verbündeten Regierungen zu unterstützen, kann aus wohl erwogenen Gründen diesmal der Regierung nicht folgen; Amtikel ! steht im Widerspruch zu der geschichtlichen Entwicklung. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf ist hervorgehoben, daß Elsaß⸗-Lothringen kein selbständiger Bundesstaat sein dürfe. Unsere Bedenken werden auch nicht dadurch gemindert, daß der Kaiser die Staatsgewalt in Elsaß⸗Loihringen ausübt und den Statt⸗ halter ernennt. In dieser Richtung sind unsere Bedenken nicht beseitigt. Ich kann mich in dieser Beziehung auf die Ausführungen der verbündeten Regierungen in der ersten Lesung beziehen, die sie durch den Mund des Staatssekretärs Dr. Delbrück haben machen lassen. Er sagte, es sei unmöglich, daß man einem amoviblen Vertreter des Kaisers und Königs das Recht gebe, die Bundesratsstimmen in einem Sinne zu instruieren, der gegen Preußen gerichtet sei. Die Regierung kann es uns nicht derargen, wenn wir uns diese Mahnung zu Heizen genommen haben. jenet Erklärung der Regierung hat sich nichts geändert. Es st in der Kemmission von dem Vertreter der Regierung gesagt rorden, es sei für die neue Regelung damals nicht die richtige Formel gefunden worden. Ich begreife aber nicht, daß die neue sermel eine Loösung der damals unlösbaren Widersprüche sein soll. Nie Formel bestätigt im Gegenteil, daß die elsaß-⸗lothringischen Fundesratsstimmen nur gegen Preußen abgegeben werden können. ze Stimmen gelten nicht, wenn sie für Preußen abgegeben Aden. Das Deutsche Reich hat den neuen Reichsbürgern volles 'timmrecht im Reichstage verliehen. Bedeutet es eine Herabsetzung, wenn e Reiche lande unmittelbar sind? Der Reichskanzler hat im preußischen Lbgeordnetenbause gesagt, wir können in Preußen keine kleinliche be⸗ braänkte Polnik machen. Die getroffene Regelung bedeutet aber eine klein⸗ liche und beschränkte Politik gegenüber den übrigen Bundesstaaten. Unter mormalen Verhältnessen mögen sich die Verhältnisse ohne Schwierig⸗ keiten abwickeln. Es gibt aber auch Imponderabilien in der Politik ind vom ideellen Standpunkt ist die getroffene Regelung nur zu be— dauern. Unsere Verfassung ist keine einseitig konservative, wie man ans vorgeworfen hat. Selbst die „Vossische Zeitung“ hat die neue Regelung als ein Mißtrauen gegen Preußen bezeichnet. Aber auch auf nationalliberaler Seite haben sich warnende Stimmen erhoben. Jnebesondere hat die nationalliberale Partei Westfalens erklärt, daß sie die Ablehnung des Entwurss als das geringere Uebel ansehen würde und in gleichem Sinne hat der nationalliberale Führer in Leipzig, ein hervorragender Mann, seine warnende Stimme erboben, vell viel auf dem Spiele stehe. Gerade weil ich kein Preuße bin, Akenne ich an, daß wir den preußischen Staat und seiner historischen Jestaltung in erster Linie das neue Deutsche Reich verdanken. Die Emführung einer Ausnahmebestimmung gegen Preußen könnte man fast als eine Demolierung des Reichs bezeichnen. Das Stimm— techt Elsaß-Lothringens wird hier davon abhängig gemacht, wie ein anderer Bundesstaat stimmt. Das ist unter allen Umständen ein schwerer ideeller Schaden. Wir stehen, wenn wir diese Bestimmung äblebnen, auf dem Boden, den die verbündeten Regierungen im Januar im Reichstag mit Entschiedenheit selbst eingenommen haben und den 1uch nationalliberale Führer damals mit größter Energie vertreten haben. Wir sind überzeugt, Hüter der Reichsverfassung zu sein, wenn wir gegen die Vorlage gehen.

Präsident Graf von Schwerin teilte mit, daß von den Abgg. nen Normann (dkons.) und Genossen die namentliche Abstimmung tber den konservativen Antrag und über den Artikel 1 im ganzen und daß von den Abgag. Dr. Müller⸗Meiningen (Volksp.) und Genossen die namentliche Abstimmung über Artikel 1 und über 8 3 des Wahl⸗ Fesezes beantragt worden ist.

Abg. Dr. Müller⸗-⸗Meiningen beantragte noch zur Geschäfts⸗ fdnung die Debajte über Art. J mit der über Art. 1IIl, S 1 und 2, 1 erbinden. (Staatsgewalt des Kaisers; Ernennung des Statt— 1 ers

Das Haus war damit einverstanden.

. Hierauf ergriff der Reichskanzler Dr. von Bethmann dollweg das Wort, dessen Rede morgen im Wortlaut mit— heilt werden wird.

Schluß des Blattes.)

.

. Seit .

Land⸗ und Forftwirtschaft.

Die tote Wand und die Förderung des Obstbaues. dr Unter dieser Usberschrift wird in der Soziallorrespondenz“, dem 3. des Zentralvereins für das Wohl der arbeitenden Klassen, gendes ausgeführt: irt nt deutsche Volk hat im letzten Menschenalter infolge einer erh hen Bekämpfung des Mißbrauchs ge stiger Getränke einen eblichen Anlauf genommen, die ganze Volksernährung zu ver—

bessern und insbesondere auch den Obstagenuß zu steigern. Ein unternehmender Großhandel bringt Apfelsinen, Bananen und andere Südfrüchte auch auf den Tisch von minderbemittelten Familien. Die rasche Gewöhnung an den die Volksgesundheit fördernden Obstgenuß verschafft auch dem beimischen Ostbau einen gesteigerten Absatz zu ständig sich erhöbenden Preisen, sodaß es einem armen Arbeiter immer noch einen fühlbaren Druck in die Börse macht, wenn seine Kinder sich einmal an Aepfeln und Birnen recht satt essen wollen. Der deutsche Obstbau ist voraussichtlich noch für lange Zeit nicht in der Loge, den einheimischen Bedarf des Deutschen Reichs zu decken, dessen Bevölkerung in der Zeit von 1870 bis 1910 von 40 auf 65 Millionen gestiegen ist. Deutschland muß gegenwärtig in jedem Jahre für etwa zweihundert Millionen Mark fremdes Obst einführen, um den Bedarf zu decken.

Es ist sicher kein Zufall, daß an der Spitze des Volkswirt⸗ schaftlichen Vereins zur Förderung der Obst- und Gemüseverwertung in Deutschland“ der Leiter des ‚„Deutschen Vereins gegen den Miß⸗ brauch geistiger Getränke“, Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat Dr. von Strauß und Tornev, steht. Der Verein bemüht sich, Obst und Obssprodukte, wie Obstsäfte, Obstmarmeladen und ähnliche Erzeugnisse, dem Volkskonsum zu wohlfeilen Preisen näher zu bringen. Dieses Bestreben verdient die rückbaltloseste Unter— stützung; es kann aber erst dann zu großen Erfolgen führen, wenn das Obst als Massenverbrauchsartikel wirklich wohlfeil im Preise steht. Es wäre unrecht, nicht anzuerkennen, daß zur Hebung des Obstbaues seit Jahren viel geschieht; aber unsere Landwirtschaft wie die Gärtnerei und das deutsche Volk überhaupt nutzen die Gelegen— heit zum Obstbau noch immer viel zu wenig aus. Auf großen Flächen, die neben anderer Frucht oder anderem Gebrauch auch Obst tragen könnten, findet man neder Birnen noch Aepfel. Bezeichnend ist für Deutschland die tote Wand. Wo in Italien, Ungarn und Frankreich an Mauern und Wänden die herrlichsten Früchte sich emporranken, kennt man in Deutschland nur die öde, breite Fläche, den grauen Putz. Oder man pflanzt wilden Wein und andere kümmerlich fortkommende Ziergewächse dort, wo, auch in ästhetischem Sinne, die beste Zier ein gutgepflegter echter Weinstock oder herrliches Spalier obst wäre. Man denkt bei uns einfach nicht daran, einer derartigen toten Wand in dieser Weise Farbe, Leben und volkswirtschaftlichen Wert zu geben. Aber wie es scheint, darf man jetzt boffen, daß wir auch hier zu größerer Einsicht kommen. Ein gutes Beispiel hat in neuerer Zeit in dieser Hinsicht die bayerische Militärverwaltung gegeben, die mit der Anpflanzung von Spalierobst an den Kasernen vorging. Auch die preußische Heeresverwaltung bat jetzt die Absicht, nach den günstigen Erfahrungen, die sie mit der Erteilung landwirtschaftlichen Soldatenunterrichts machte, den Mannschaften Anregungen zur Pflege des Naturschutzes, Vogelschutzes und des Obstbaues zu geben. Es ist dies als eine Erweiterung jenes landwirtschaftlichen Unterrichts gedacht, dem die weiten Plätze, Kasernengärten. Mauern und Wände der Kasernen und Lazarette, die der Militärverwaltung gehören, zur Verfügung gestellt werden sollen. Uebungsplätze und andere Militäranlagen sollen in Zukunft nicht mehr durch Zäune eingefriedet, sondern von Hecken und Beerensträuchern umgeben werden, die den Vögeln, diesen wichtigen Freunden des Obstbaues, Nistgelegenheit bieten und ihr Aussterben verhindern. Mit derartigen Anlagen werden die Militärverwaltungen sehr beachtenswerte wirtschaftliche und bygienische Werte schaffen, und ihr Vorgehen sollte auch in der Indusstrie Nachahmung finden.

Aus Süddeutschland kommen in dieser Hinsicht Anregungen, die bei ibrer Duichführung sicher so manche Industriestätte sebr viel freundlicher gestalten und dabei dem deutschen QObstbau und der Volks—⸗ gesundheit zugute kommen würden. In einer Zuschrist an ein großes süddeutsches Blatt heißt es: ‚Was könnte die Industrie mit ihren unermeßlichen Fabrikanlagen, Höfen, Gärten und zahllosen Arbeiter— bäufern für die Obstzucht tun!! Die Industrie besitzt viele Millionen für Obstbau geeignete Wandflächen, die heute leer und öde sind. Man denke nur an die Fabrikgebäude selbst, an die Lager—⸗ hallen, Schuppen, Scheunen und sonstige Nebengebäude, an die Ein— friediaungsmauern, an die für Arbeiter in bester Absicht geschaffenen Parks“ und „Anlagen“. Ungezählte Flächen sind hier noch für den Obstbau frei; die günstigst gelegenen Wände sind ohne Spaliere, die Gärten und Anlagen ohne Obstbaum und Beerenstrauch. Bei ziel⸗ bewußter Ausnutzung der ihr zur Verfügung stehenden Flächen könnte die Industrie eine blühende QObstkultur schaffen, ohne viel Kosten; selbst die Mitwirkung der Obstbauberatungestellen und der Obstbau⸗ wanderlehrer ist umsonst, ebenso sind Edelreiser kostenfrei zu haben.

Eine Durchführung dieses Gedankens wird uns natürlich nicht von dem Obstmangel befreien; das vermag nur eine weitere Aus— dehnung der Obstkultur in landwirtschaftlichen und gärtnerischen Be— trieben. Aber in einer Zeit, in der wir jährlich zweihundert Millionen Mark für ausländisches Obst bezahlen, in der in Großstädten und Fabrikgegenden selbst geringes Obst hoch im Preise stebt, da sollte an jeder geeigneten Stelle ein Obstbaum stehen und jede tote Wand im Herbste Früchte tragen.

Die alljährlich von der Versuchs⸗ und Lehranstalt für Brauerei in Berlin während ihrer Herbsttagung veranstaltete Brauerei— maschinenausstellung findet in diesem Jahre vom 10. bis 15. Oktober, verbunden mit einer Gersten⸗ und Hopfen ausstellung, wie üblich in den Ausstellungshallen des Instituts für Gärungsgewerbe in Berlin statt. Der Charakter der Maschinen— ausstellung wird in diesem Jahre insofern eine Aenderung erfahren, als nach Vereinbarung mit dem Verband deutscher Maschinenfabrikanten für die Briauindustrie nicht sämtliche Einrichtungen der Brauerel⸗ und Mälzereiindustrie zugelassen sind, sondern die Ausstellung sich auf die Sondergebiete des Kellereibetriebes, der Hefebehandlung und Ver⸗ wertung sowie der Sterilisation des Brauwassers beschränkt. Diese Gebiete werden jedoch lückenlos vertreten sein.

Budapest, 22. Mai. (W. T. B.) Laut telegraphischen Mel⸗ dungen, die von landwirtschaftlichen Berichterstattern im Königlich ungarischen Ackerbauministerium eingetroffen sind, sind am 22. Mai im nordwestlichen, östlichen und westlichen Teil des Landes insbesondere in den tiefer liegenden Gebieten Reif und in den oberen Gegenden leichtere Fröste aufgetreten. Beschädigt wurden ins⸗ besondere Gartengewäckse, stellenweise Weinstock und Obstkulturen, vereinzelt auch Mais und Kartoffeln. In einzelnen Gegenden jenseits der Donau erlitten Frühroggen und die Saaten, die sich in Blüte befinden, ebenfalls kleinere Schäden.

Theater und Musik.

Im Königlichen Schauspielhause geht morgen, Mitt— woch, als 4. Abend des Königsdramenzyklus Shakespeares „König Heinrich V.“, mit Herrn Staegemann in der Titelrolle, in Szene. In den anderen Hauptrollen sind die Damen von Arnauld, von May— burg, Steinsieck, Heisler und Schramm sowie die Herren Vollmer, Kraußneck, Mannstädt, Koch, Werrack, Pohl, Gode, Egzgeling, Vallentin, Patiy, Boettcher, Nesper, Geisendörfer und Zimmerer beschãäftigt.

Mannigfaltiges.

Cöln, 22. Mai. (W. T. B.) In Erwartung der Ankunft Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin und Ihrer Königlichen Hobeit der Prinzessin Viktoria Luise zur Einweihung der Hohenzollernbrücke und zur Ent⸗ hüllung des auf der Brückenrampe ausgestellten Denkmals Kaiser Friedrich 1II. haben Bürgerschaft und Behörden gewetteifert, die Stadt und zumal die etwa acht Kilometer lange Feststraße aufs relchste zu schmücken. Auf der Cölner Seite der Schiffbrücke ist ein großer Triumphbogen mit der Kaiserkrone, flimkiert von zwei hohen Türmen, errichtet. Von dort bis zur Hobenzollernbrücke sind Masten mit Tannengrün aufgestellt, und am Elngang zum Kaiser Friedrich-User

erheben sich mächtige Pplonen. Hier haben die Kriegervereine Auf⸗ stellung genommen bis zum Kaiser Friedrich ⸗Denkmal, an dessen beiden Seiten saulenartige Bauten mit Kugelbäumen errichtet sind, die cuf vergoldeten Löwen ruhen. Dort stehten sich der Flottenverein und Schulkinder auf. Am Hansaring ist eine gewaltige Torburg mit hoher Säule errichtet, auf der sich eine vergoldete weibliche Figur erhebt. Daneben befindet sich ein Podium für eine große Zahl von Ehrenjungfrauen. Vor der Handelsrealschule grüßt eine mächtige Colonia mit ausgestreckter Hand das Kaiserliche Paar. Die Fahrt geht weiter über den Kaiser Wilhelm⸗Ring, wo an dem würdig dekorierten Kaiser Wilhelm Denkmal das Offizier⸗ korps des Beurlaubtenstandes Aufstellung genommen, am Kaiserin Augusta⸗Denkmal vorüber, wo sich ein Rundbau in blau, grün und gold erhebt, über den Hohenzollern Ring zum rot-grün geschmückten Gereonshof, die Gereonstraße und die Straße Untersachsenhausen, wo die großen Bankgebäude in grün und lila prangen und das Haupt⸗ postamt durch besonders wirksamen Schmuck sich auszeichnet. An der Südseite des Domes ist ein Säulengang errichtet. Auf der Dom— terrafse nach dem Bahnhof zu waren große Kinderscharen aufgestellt. An allen Triumphbogen sind elektrische Glühlampen ange— bracht, die sich wie goldene Streifen durch das Tannengrün winden. Auf der Hohenzollernb ücke war vor dem riesigen Brückentor ein Kaiserzelt errichtet worden, das die Kaiserkrone trug und mit schwarz⸗ weißen Straußfederbüschen geziert war. Neben ihm hatte eine Anzahl Eisenbahnbeamter Aufstellung genommen. Auf Tribünen hatte ein engerer Kreis geladener Gäste Aufstellung genommen. Unter den Ehren

gästen waren die Spitzen der staatlichen, städtischen, militärischen und kirchlichen Behörden, u. a. der kommandierende General, General der Kavallerie von Einem, der Oberpräsident Freiherr von Rheinbaben, der Oberbürgermeister Wallraf, der Kardinalerzbischof Dr. Fischer, der Fürst und Fürstin zu Wied und der Rektor der Universität Bonn. Bei dem wundervollen Wetter machte der Festplatz mit seinem weiten Blick über den Rhein einen überaus imponierenden Eindruck. Ihre Kaiserlichen und Königlichen Majestäten nebst Prinzessintochter trafen, von Vlissingen kommend, gegen 51 Uhr Nach⸗ mittags auf dem Bahnhofe ein und begaben sich sofort zur nahe— gelegenen Hohenzolleinbrücke. Seine Majestät der Kaiser, der unter dem stürmiscken Jubel der vielen Tausende am Dom vorbei zur Brücke hinausfuhr, schritt zunächst die Frent der Ehrenkompagnie des 53. Infanterieregiments ab und begab sich dann mit Ihrer Majestät der Kaiserin und der Prinzessin, vom Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach begrüßt, unter das Kaiserzelt. Die Feier wurde von dem Cölner Männergesangverein durch den Vortrag des Chors Am Rhein“ von Max Bruch eröffnet. Hierauf hielt der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach folgende Ansprache:

Eure Kaiserlichen und Königlichen Majestäten!

Einem Werke des Verkehrs soll heute die höchste Weihe ver— liehen werden einem Brückenbau, dessen früheste und erste Anlagen zurückreichen in die Zeiten römischer Imperatoren, römischer Welt— herrschaft. Des großen Kulturvolks Schöpfung ist längst verschwunden im Wechsel der Zeiten, im Sturm und Drang der Völker— geschichte. Erst dem vergangenen Jahrhundert, dem Zeitalter der Eisenbahnen, war es vorbehalten, nach fast 1000jäahriger Lücke wiederherzustellen die feste Verbindung der beiden Ufer durch einen Bau, der sich anpaßte dem Bedürfnisse damaligen Ver—⸗ kehrs. Und heute, nachdem eine Spanne von wenig mehr als einem halben Jahrhundert verflossen, ist auch dieses einst viel be— wunderte Werk der Ingenieurkunst gefallen unter dem friedlichen Zwange einer beispiellosen wirtschaftlichen Entwicklung, die sich auf— baute auf der Grundlage der Wiedergeburt Deutschlands, auf den fest gefügten Quadern nationaler Macht und Größe. Steigender Verkehr ist nur Ausdruck wirtschastlichen Gedeihens. Sprengt der Verkehr die Fesseln, die in den Zeiten einfacherer wirtschaftlicher Ver hältnisse angelegt wurden, bedeutet es Fortschritt. Hundertfältig läßt sich dieses feststellen in deutschen Landen. Aber an keiner Stelle tritt die Auflehnung des Verkehrs gegen Vorhandenes, aber Unzureichendes un— gestümer hervor als in den Rheinlanden, in deren Herzen die mächtigste Industrie Deutschlands angesessen ist und blüht, in den Rheinlanden, welche das dichteste Eisenbahnnetz, wie die gewaltigste Schiffahrtsstraße, den großen Segenspender, den Rheinstrom ihr eigen nennen. Der neue staatliche Brückenbau, der nur den Mittelpunkt umfassender Neugestaltung der Cölner Eisenbahn⸗ verkehrsanlagen bildet, spiegelt ebenfalls wider die Bedürf— nisse und das Können der Zeit, verkörpert die Lehren der Verkehrsgeschichte. Inmitten der altehrwürdigen, sich ewig ver⸗ jüngenden rheinischen Metropole, dem Treffpunkt alter wie neusr Verkehrswege im Anblick des Domes wölbt sich die Brücke über den Strom in himmelstrebenden stählernen Bogen ein Ausdruck der Kraft und der Wucht neuzeitlichen Verkehrs, neu⸗ zeitlicher Technik und Voraussicht. Eurer Majestät Einwirkung und Anregung verdankt der Bau die monumentale Ausgestaltung, er ver— dankt ihr den unser patriotisches Herz mit Stolz erfüllenden Namen und als höchsten, herrlichsten Schmuck das Standbild Eurer Majestät, unseres geliebten Kaisers und Landesfürsten, unter dessen starker Regierung solche großen Werke des Friedens sich vollenden dürfen. Noch fehlte in der Reihe der Fürsten, die die Brücke schmücken, Eurer Majestät hochseligen Herrn Vaters, des Kaisers Friedrich III. ragende Gestalt des erhabenen Fürsten, der um Deutschlands Werden und Größe gerungen und gekämpft, der die Erfolge dieser Kämpfe in friedlicher Fortentwicklung gefördert, dem das deutsche, das preußische Volk zu unauslöschlichem tiefen Danke verpflichtet ist. Diesem Danke auch ihrerseits Ausdruck verleihen zu dürfen, an einer Stätte so groß an geschichtlicher Erneuerung, so gewaltig durch die Majestät des hehren Gotteshauses, so belebt durch den über den Brückenbau dahinbrausenden Verkehr gereicht der Vermaltung der Staatseisenbahnen zur freudigen Genugtuung. Eure Majestät bitte ich zu befehlen, daß die Hülle auch dieses glanzvollen Schmuckes der Hohenzollernbrücke nunmehr falle auf daß diese sich zeige in ihrer ganzen Vollendung unter dem Schutze und Schirm von vier e habenen Herrschern aus der Hohenzollein Stamm. Hohenzollern hier und aller Wege! Mit diesem Gelübde und Bekenntnis stimmen wir ein in den Ruf der Liebe, Treue und Ergebenheit: Seine Majestät unser Allergnädigster Kaiser, König und Heir Hurra!

Die Musik spielte die Nationalhymne. Gleichzeitig fiel die Hülle von dem Denkmal Kaiser Friedrichs 111. Seine Majestät der Kaiser salutierte; die Ehrenkompagnie präsentierte, und ein Salut von 101 Kanonenschuß wurde ä , n. Die Majestäten besichtigten hierauf das Werk von Hfofessor Tuaillon, und Seine Majestät der Kaiser legte an dem Denkmal einen Kranz nieder. Sodann nahm Allerhöchstderselbe den Vorbeimarsch der Ehrenkompagnie ab sowie eine Reihe von Meldungen entgegen und unterhielt sich mit dem Oberpräsidenten Freiherrn von Rheinbaben. Gegen 6 Uhr 15 Minuten setzten sich die Kaiserlichen Automobile zur Rundfahrt durch die Stadt über die Rheinbrücke nach Deutz in Bewegung unter dem leb— haften Jubel der die Brücke besetzenden dichten Menschenmenge.

Die Majestäten waren von der Rundfahrt, auf der ihnen die Bevölkerung allenthalben stürmisch zugejubelt hate, auf kurze Zeit zum Sonderzuge zurückgekehrt und hatten sich von dort zum Gürzenich begeben, wo ein Fest mahl stattfand. Im Gürzenich wurden die Majestäten von dem Oberbürgermeister empfangen und in den großen Saal geleitet. Die prächtige alte Halle war aufs reichste geziert; von den Säulen hingen die alten Stadtbanner herab. Blumengewinde durchflochten die Kronleuchter, Kränze und Girlanden schmückten die Wände. Auf der Ehrentafel sah man den schweren Silberschatz der Stadt. Die Orgel erbrauste, der Gürzenich Konzert- chot stimmte den Chor aus „Judas Maccabäus' an „Seht, er kommt mit Preis gekrönt“, als die Majestäten mit der Prinzessin und den Damen und Herren der Umgebung einzogen. Bei dem Festmahl hielt der Oberbürgermeister Wallraf nachstehende Rede:

Was Eure Majestäten in Cöln empfangen mit Bannerwehen und Glockenklang, mit blitzendem Auge und jauchzendem Zuruf des Volkes, das spreche ich aus im Namen der Stadt: En ehrfurchts—⸗ volles, freudigstes Willkommen! Vollendet ist der prangende Bau, dessen Werden und Wachsen Eure Majestät in landespväterlicher Für⸗

sorge geschirmt. Kunstreich und fest, ob der grünen Flut, wölben