1911 / 122 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 24 May 1911 18:00:01 GMT) scan diff

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dieser Vorlage empfinden. Der Kanzler hat in der ersten Lesung für die Entwicklung , , ein Programm entwickelt, das diesem Lande gegenüber mit dem Prinzip der Nivellierung, der Germanisierung, coltte qui coũte, bricht. Diejenigen, die der Vorlage die größten Schwierigkeiten in den Weg legen, sind auch die⸗ jenigen, die die Reichslande durchaus germanisieren wollen. Ist es denn möglich und nötig, die guten urdeutschen Alemannen zu germani⸗ sieren? Man antwortet „ja“, denn sonst würde in den Reichslanden die Neigung zu Frankreich überwiegen. Eine solche Gefahr besteht einfach nicht. Die Regierung würde dem allgemeinen Frieden am besten dienen, wenn sie den . dieser Scharfmacher energisch ent⸗ gegenträte. Irgend ein scharfes Wort eines Studenten, irgend eine unüberlegte Zeitungsnotiz wird jetzt sofort in diesem scharfmacherischen Sinne ausgebeutet; damit wird die Unruhe, der Unfrieden in Permanenz erklärt.

Abg. Graef⸗Weimar (wirtsch. Vgg.): Mit den 5 Lesungen der Vorlage hat die Kommission wirklich einen parlamentarischen Rekord geschaffen, und sie säßen vielleicht noch, wenn der Regierung nicht schließlich der rettende Engel in der Person des sozialdemokratischen Abg. Dr. Frank⸗Mannheim erschienen wäre. Der Umstand, daß die Sozialdemokratie freudig der Vorlage zustimmt, macht uns zu Gegnern der letzteren. Der Abg. von Dirksen sprach von einer schwachen Regierung in den Reichslanden. Ich habe namens meiner Freunde zu erklären, daß wir auch das Verhalten der Reichsleitung gegenüber den Kom⸗ missionsbeschlüssen aufs tiesste beklagen. Sie hat den Sozial⸗ demokraten nachgegeben, sie hat in der Frage der Wahlkreiseinteilungen ihren Standpunkt verlassen, in beiden Punkten ist es uns einfach unverständlich, wie es kommen konnte, daß die Regierung den Mut zu einem Unannehmbar nicht fand. Es scheint uns, daß die Re⸗ gierung nicht etwas schaffen will, was wirklich befriedigt, sondern daß sie, koste es, was es wolle, einen Erfolg davon tragen will. In den drei Bundesratsstimmen, die unter den bekannten Bedingungen zu— gestanden werden sollen, sehen auch wir, die wir keine Junker sind, ein direktes Ausnahmegesetz gegen Preußen.

Abg. Preiß (Els., b. k. F.): Meine näheren Freunde werden gegen den 5. Absatz des Artikels 1 stimmen, da wir ihn als ein Aus⸗ nahmegesetz gegen sprer he ansehen. Wir tun das als Gegner aller Ausnahmegesetze.

Nach einem Antrage Hauß und Genossen (Zentr.) soll der Statthalter auch die Befugnisse und Obliegenheiten haben, die durch Kaiserliche Verordnung vom 253. November 1907 dem Statthalter in e nn , m, Landesangelegenheiten überwiesen waren; er soll das Recht haben, die Beamten zu ernennen und zu entlassen; alle Anordnungen und Verfügungen des Statthalters bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines Ministers, der dadurch die Verantwortung übernimmt.

Abg. Hauß (Elsässer, 3): Wir sind ja den verbündeten Regie⸗ rungen von Herzen dankbar, daß sie uns Bundesratsstimmen zedieren, uur müssen wir die Gewähr haben, daß diese drei Stimmen auch wirklich im Interesse Elsaß-Lothringens instruiert werden. Um mir ein Urteil darüber zu bilden, ob Bundesratsstimmen wirklich einen Wert haben bei der jetzigen Form der Verfassung, habe ich mir zwei Spezialisten verschrieben. Staatssekretär Delbrück sagte bei der ersten Lesung, sie hätten so lange keinen Wert, als der Statt⸗ halter in seiner jetzigen abhängigen Stellung vom König von Preußen verbleibt. Der zweite Spezialist ist Graf Posadowsky, der erklärte, daß Bundesratsstimmen bei einem abhängigen Statthalter lediglich eine Atrappe ohne Inhalt seien. Und als dritter Spezialist kommt noch Professor Hans Delbrück hinzu, der diese Bundesratsstimmen als ein wertloses Geschenk hingestellt hat. Wenn drei Autoritäten so denken, müssen wir danach streben, daß dieses Geschenk zu einem brauchbaren Hausgerät wird. Das wollen wir mit unserem Antrag erreichen, indem wir den Statthalter selbständiger machen. Er ell nunmehr Instruktor der Bundesratsstimmen werden. Die jetzige Be⸗ stimmung der Vorlage wird für den Statthalter nachteilig wirken. Das Parlament wird sich bei wichtigen Angelegenheiten informieren, wie der Statthalter die Stimmen im Bundesrat instruiert hat. Hat er sie im Sinne Preußens instruiert, dann sind schwere Konflikte zwischen dem Statthalter und dem Landtag unausbleiblich, und diese Konflikte richten sich am letzten Ende gegen den Kaiser, weil der Statthalter nicht selbständig ist, sondern nur einen höheren Willen ausführt. (Ruf bei den Sozialdemokraten: „Das haben Sie selbst beantragt.“) Ich bitte Sie, die Geschichte nicht zu fälschen. (Stürmische Oho— Rufe bei den Sozialdemokraten und Rufe: „Die Anträge sind hier!) Niemals habe ich das beantragt. (Fortgesetzte Unruhe links.) Die jetzige Stellung des Stattbalters bei der Instruktion der Bundes⸗ ratsstimmen ist auch verhängnisvoll, weil er seine Ratgeber, die ibm dabei behilflich sein sollen, nicht selbst wählen kann, sondern diese von Berlin ernannt werden. Wir beantragen desbalb, daß der Statt⸗ halter die Beamten selbst ernennt. Wenn heute Regierung und Volk in Elsaß⸗Lothringen sich so oft nicht verstehen, wie namentlich in den letzten Monaten, so kom]mt das daher, weil unsere Beamten von einer Stelle ernannt werden, die mit dem Lande nur in loser Be⸗ ziehung ist. Die Beamten glauben nicht dem Landtage, sondern der Stelle verantwortlich zu sein, die sie ernennt. Unsere Minister können mit kalter Schulter die Dinge ansehen, denn sie baben nicht auf den Widerstand des Landtags zu achten, sondern auf die Stimme in Berlin. Geben Sie deshalb dem Statthalter eine größere Selb⸗ ständigkeit. Möglich, daß die Regierung Unannehmbar“ sagt; hat das aber noch einen Wert? Wir haben oft gesehen, wie das Unannehmbar“ der Regierung unter den Tisch gefallen ist.

Abg. von Oldenburg (kons.): Wir batten gerade den Abg. Wagner gebeten, für uns zu sprechen, weil er Sachse ist. Aber in unseren preußischen Kreisen würde man es nicht verstehen, wenn in dieser für das preußische und deutsche Vaterland sebr ernsten Stunde nicht auch ein Preuße spräche. Dafür wird zuerst der Reichskanzler Verständnis haben, denn er bat am 10. Februar 1910 im preußischen Abgeordnetenhause gesagt: Auch Sie von der fonsewwativen Partei wollen und müssen Ihre Unabbängigkeit und Selbstãndigkeit über der Regierung bewahren; je selbständiger Sie sind, um so besser wird es nicht nur für die Regierung und den Staat, sondern auch für Sie selbst sein. Aber dieselbe Unabhängigkeit werde ich auch der Regierung Ihnen gegenüber wabren.“ Nun, der Reichskanzler bat seine Unabhängigkeit uns gegen⸗ über gewabrt (Ruf links: „Endlich einmal!“, indem er diese Vorlage obne uns durchführen will. Möge er nun gestatten, daß ich unsere An⸗ schauungen als Preuße offen ausspreche. Der Reichskanzler nennt es be⸗ dauerlich, daß wir die Mitarbeit bier versagt hätten, ja, selbit wenn wir den Zeitpunkt für diese Gesetzgebung für gekommen gehalten bätten, so batte doch die Art, wie die Bundesratsstimmen wirken sollen, uns jede Mitarbeit unmöglich gemacht, denn das ist für uns ein Ebren— punkt, und ich danke allen den Herren, auch in den anderen Fraktionen, die diese Emprsindung mit uns teilen und dem bei der namentlichen Abstimmung Ausdruck geben wollen. Ich möchte die Herren aber bitten, ihre Gegnerschaft gegen den Absatz 3 nicht rein platonisch sein zu lassen, sondern auch einem Gesetz die Zustimmung zu versagen, das diesen Absatz enthält. Entweder besagt dieser Absatz nichts, dann ist es ein sebr bitterer Beigeschmack fär Preußen, wenn es in seinem Bewußtsein, daß es seine nationale Pfli in den 40 Jahren des Reiches erfüllt bat, erleb 5 ein s Führung obwalten muß, daß ei stimmen notwendi schei bedauere ich kommen außer Fi Sache einen Schlag

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40 Jahren irgend einer seiner Nachfolger das tut auf dem Wege der Ausnahmegesetzgebung gegen Preußen, denn als solches wird. dieses Geseßz wirken. Der Reichskanzler, exemplifiziert auf die preußische Geschichte. Gewiß, die preußische Geschichte ist so i . worden, daß Preußen die , der deutschen Stämme erbeiführen koennte, und der Neichskanzler hat recht, daß bei dieser Einigung alle Opfer gebracht haben unsere Fürsten voran, die Fürsten aller deutschen Stämme, auch der König von Preußen. Im Privat— leben gilt der Satz; Edel sei der Mensch, hilfreich und gut?. Aber in dem Leben großer Staaten ist die Betätigung dieses Satzes nicht angebracht; das ist nicht der Fall gewesen vom kaudinischen Joch bis zu Olmütz, deshalb glauben wir, daß die Stellung Preußens, wie sie im Bundesrat ist, das äußerste Maß des⸗ jenigen darstellt, was vom preußischen Standpunkt aus konzediert werden konnte, und daß der Fürst Bismarck dieses Maß getroffen hat. Nun wende ich mich an die Vertreter der außerpreußischen Staaten hier im Hause. Wenn es so einfach ist, eine Aenderung der be—= stehenden Verhältnisse herbeizuführen, dann wird ein Präzedenzfall geschaffen, der sehr unangenehme Folgen auch für die anderen Staaten haben könnte. Es hat mir ein hochgestellter Beamter gesagt; volenti non fit injurig. Wenn die historische Tatsache erst einmal feststeht, dann wird nicht mehr gefragt, ob jemand will oder nicht, dann heißt es: nolens volens. Ich warne Sie da vor dieser Möglichkeit, hervorgerufen durch die jetzige . unserer deutschen Ver⸗ fassung. Dann aber ist es auch sehr schwer ich bitte die Herren, mir das nicht übel zu nehmen für uns Konservative, die wir nur schweren Herzens gegen die Regierung gehen, die wir es doch im wesentlichen als unsere Aufgabe betrachten, die Regierung zu unterstützen, die Grenze zu ziehen, bis zu welcher wir gehen können in der Nachgiebigkeit. Als wir hier im Reichstage die kleine Finanzreform hatten, habe ich gegen meine Ueberzeugung gestimmt auf die Reden des Freiherrn von Rheinbaben und des Fürsten von Bülow, weil ich die Ueberzeugung habe, daß direkte Steuern für das Reich nicht möglich sind. Ich habe trotzdem damals für die Einführung der Erbschaftssteuer gestimmt in dem damals beschränkten Maß. Nach 2. Jahren hat aber der Freiherr von Rheinbaben für das Gegenteil eine ebenso glänzende Rede gehalten, und der Fürst Bülow hat gesagt, als wir auf diesem Standpunkt stehen blieben, daß wir dann ein frivoles Spiel trieben mit den Interessen unseres Vater⸗ landeß. Als wir in Preußen die kleine Wahlreform machten, da ist es mir unendlich schwer geworden, diesen ersten Schritt zu gehen. Wir haben dadurch den Sozialdemokraten jetzt im preußischen Abgeordnetenhause Plätze eingeräumt. Ich habe es getan unter dem vollen Druck der Erklärung des damaligen preußischen Ministers des Innern, unseres jetzigen Reichskanzlers, daß damit allem Notwendigen für absebbare Zeit Genüge geschehen sei. Im Verlauf von zwei Jahren ist unter der Mit— wirkung des Reichskanzlers dann ein neues Wablrecht für Preußen inauguriert worden, sogar niedergelegt in der Form einer Thronrede. (Suruf links. Fürchterlich) Vor einigen Monaten bat der allverehrte Staatssekretär des Innern eine Erklärung abgegeben, es wäre ein Nonsens, wenn ein amovibeler Beamter ich habe dies Wort auch in mein Wörterbuch eingefügt die Stimmen gegen Preußen abgeben sollte, und jetzt wird verlangt, ich soll nicht nur dafür stimmen, ich soll sogar dafür stimmen, daß diese Stimmen nur Geltung haben dürfen, wenn sie gegen Preußen abgegeben werden. Noch ein anderer Fall. In der Rede unseres hochverebrten Reichskanzlers (Stürmisches Ge⸗ lächter links) .. jawohl, meine Herren, das erkläre ich Ihnen ganz offen, daß ich eine hobe Verehrung für den Reichskanzler habe. (Erneutes Lachen links, Beifall rechts) Der hochverehrte Herr Reichekanzler hat im preußischen Abgeordnetenhause in bezug auf die preußische Wahlrechtsfrage darauf hingewiesen, welche große Bek en ken das allgemeine Wahlrecht hervorrufen muß. Er hat von den gott⸗ gewollten Abhängigkeiten gesprochen, und jetzt wird von mir verlangt, dem allgemeinen Wahlrecht zuzustimmen. Wer noch vor 8. Tagen wie ein Winkelried die Speere auf sich gerichtet und die Regierung im Kampf gegen die Sozialdemokratie unter⸗ stüßt hätte, der würde das heute gar nicht mehr verantworten können, weil diese Vorlage nicht zustande kommen kann ohne, Hilfe von den Sozialdemokraten. Nun hat der Reichs⸗ kanzler sehr richtig gesagt, er kann sie nicht hindern, dafür zu stimmen, ebenso wenig, wie er uns daran hindern kann, dagegen ju stimmen. Selbstverständlich können wir sie auch nicht daran bindern, daß sie einmal mit uns stimmen. Aber eins muß ich sagen; Wir können nicht über das Maß der Macht des deutschen Kaisers in Elsaß-Lothringen oder in dem Punkte der preußischen Stimmen im Bundesrat mit den Sozialdemokraten verhandeln. Das werden wir nicht tun, solange die Kaiserliche Standarte auf dem Schloß in Berlin weht; das verbietet uns der Respekt vor der Stellung unseres Kaiserlichen Herrn, das verbietet uns unser Gewissen und das Verbietet uns die Geschichte des Vaterlandes und unserer Partei. Im übrigen möchte ich Sie bitten, für die Streichung dieses Absatzes zu stimmen. Nachdem die Debatte über Art. J und 14 miteinander verbunden ist, halte ich es für notwendig, unsere Abstimmung bierzu zu motivieren. Wir werden für den J des Art. II stimmen, denn dessen Inbalt entspricht voll⸗ kommen unserer Auffassung, und wir stimmen gegen das Gesetz, weil der Inbalt des 81 durch den übrigen Inhalt des Gesetzes ab— geschwächt wird.

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg:

Meine Herren! Der Herr Vorredner bat am Schluß seiner Aus— führungen von den Kaiserlichen Rechten in Elsaß⸗Lothringen gesprochen, über die er nicht mit den Herren Sozialdemokraten verhandeln könne. Sie, meine Herren von der konservativen Partei, werden den verbündeten Regierungen nicht zum Vorwurf machen können, daß wir nicht die Kaiserlichen Rechte in der von uns eingebrachten Vorlage hochgebalten haben und bis zum Schlusse hochhalten werden. (Bravo!)

Meine Herren, der Herr Vorredner hat dann weiter der Auf⸗ fassung seiner Partei über die Bundesratsstimmen einen scharfen Ausdruck gegeben. Er bat dabei den Ausdruck gebraucht, die Klausel, die den Bundesratsstimmen angefügt sei, sei ein Schlag gegen die Ebre Preußens, er bat vom kaudinischen Joch, er bat von Olmütz gesprochen. Ich habe im preußischen Abgeordnetenbause und ich babe das beute bier andeutend wiederholt das Opfer anerkannt, das Preußen in der Gewährung dieser Klausel zu den Bundesratsstimmen dieser Vorlage und dem Deutschen Reiche gebracht har Ich habe ausdrücklich aus⸗ gesprochen, daß ich ein volles Verstãndnis und mehr als ein volles Verständnis, denn ich selber bin Preuße dafũt habe, daß Sie an dieser Klausel Anstoß nehmen. Aber ich habe über die Bedeutung

ich babe über die Bedeutung der Macht Preußens im

ich babe über Tatsache, daß der Einfluß Preußens

nicht von Zahlen abhängt, sondern von der Haltung,

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betonen: Opfer zu ehr richtig!) stehen bleiben, der

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nur einer in diesem Saale, irgendwie in Widerspruch setzen kann. (Eebhaftes Bravo in der Mitte, bei den Nationalliberalen und links)

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär d Staatsminister Dr. irn . : 2

Meine Herren! Von mehreren der Herren Redner, die soeben gesprochen haben, ist den verbündeten Regierungen der Vorwurf einer unzulässigen Nachgiebigkeit gegenüber den Wünschen des Reichstags bei der Beratung dieser Vorlage gemacht worden. Ist dieser Vorwurf tatsächlich begründet? Ist er begründet im Vergleich zu dem Maße von Zugeständnissen, das Sie uns toto die bei anderen Gesetzen als etwas Selbstverständliches zumuten? Sie werden, wenn Sie sich die Vorlage in ihrer jetzigen Gestalt unbefangen ansehen, mir zugeben müssen, daß es den verbündeten Regierungen gelungen ist, das Rückgrat ihrer Vorlage durch alle Fährlichkeiten hindurch un⸗ verändert aufrechtzuerhalten. Wenn Sie von dem Artikel 1, über den wir soeben gesprochen haben ich werde nachher noch besonders darauf zurückkommen —, absehen, so werden Sie finden, daß die Vorlqhe der verbündeten Regierungen unverändert ist in bezug uf die Stellung des Kaisers, daß sie unverändert ist in ben auf die Stellung des Statthalters; Sie werden finden, daß R Vorlage nur unwesentlich verändert, in ihren Grundzügen aber aufrecht erhalten ist in bezug auf das Budgetrecht der elsässischen Regierung, au das wir den größten Wert gelegt haben; Sie werden finden, daß die Vorlage grundsätzlich unverändert ist in bezug auf die Zusammensetzung der Ersten Kammer und insbesondere auf die Kaiserliche Mitwirkung bei der Zusammensetzung der Ersten Kammer, und Sie werden, wenn Sie die Vorlage genauer studieren, finden und das ist sehr wesentlich daß für den Fall der Verabschiedung dieser Vorlage die Kaiserliche Macht in bezug auf Elsaß⸗Lothringen nicht verringert, sondern gestärkt werden wird. Die Ausführungen, die der Herr Abg. Müller⸗Meiningen vorhin in dieser Beziehung gemacht hat, dürften im wesentlichen zutreffen. Wenn Sie das Wahlgesetz ansehen, so finden Sie dort eine anderweite Einteilung der Wahlkreise. Hier handelt es sich um eine reine Zweckmäßigkeitsfrage, die die verbündeten Regierungen bereit sind anderweit zu regeln im Einverständnis mit sämtlichen in der Kommission vertretenen Parteien. Sie werden auch finden, daß, wenn auch, wie ich zugebe, die aus dem elsässischen Gemeindewahlrecht übernommenen Beschränkungen des allgemeinen Wablrechts abgeschwächt sind, so doch der wesentliche Punkt, die Seßhaftigkeitsklausel, aufrechterhalten und diese als solche ver— schärft ist, insofein als, wenn auch unter Abkürzung der Zeitdauer, an die Stelle des Wohnsitzes im Wablkreise der Wohnsitz in der Gemeinde getreten ist.

Im übrigen, meine Herren, ist aus der Vorlage das von den verbündeten Regierungen vorgesehene Pluralwahlrecht verschwunden. Ich kann eine endgültige Erklärung der verbündeten Reegierungen zu diesem Beschluß der Kommission beute nicht abgeben. Ihre Ent— scheidung wird von der endgültigen Gestaltung der Vorlage abhängen. (Hört! hört! links.) Aber das kann ich für meine Person sagen, daß ich es nicht für richtig halten würde, an diesem Punkte eine den ver—

bündeten Regierungen sonst genehme Vorlage scheitern zu lassen. Ich

möchte hierbei darauf hinweisen, daß sämtliche Parteien, die an dem Zustandekommen der Vorlage beteiligt gewesen und selbst in Elsaß⸗ Lothringen vertreten sind, auch diejenigen, denen eventuell nach unserer Auffassung das Pluralwablrecht zugute gekommen sein würde, ausdrücklich auf das Pluralwahlrecht verzichtet, bezw. das Pluralwahlrecht ausdrücklich verworfen baben. (Sehr richtig! links. Im übrigen besteht kein Zweifel, daß, wenn das Pluralwahlrecht eine gelinde Verschiebung des Stimmrechts zugunsten der ansässigen ländlichen Bevölkerung ausübt, diese Verschiebung sebt gering ist und unter den besonderen elsässischen Verhältnissen auch den anderen Parteien zugute kommen kann, und es ist ausdrücklich zu be— merken, daß die elsässische Regierung und speziell der Statthalter, die doch in erster Linie zu ermessen haben, welches Wahlrecht sie für ibr Land als notwendig, nützlich und möglich anseben, der Auffassung gewesen sind, daß an der Forderung der Pluralstimmen das Gesetz nicht zu scheitern brauche, wenn alle beteiligten Parteien ihrerseits der Auffassung seien, daß das Pluralwahlrecht einen besonderen Wert nicht babe. Ich bemerke dazu, daß in der Kommission auch ein Ver— treter der äußersten Rechten dieses hohen Hauses dem Paragrarben zugestimmt hat, der das Pluralwahlrecht beseitigt. (Hört! hört! links.)

In allen übrigen Punkten ist die Vorlage unverändert.

Es bleibt lediglich der Artikel J1 mit den Bundesratk— stim men. Nun, meine Herren, ist es richtig, daß ich bei der erster Lesung in diesem hohen Hause der Auffassung Ausdruck gegeben habe, daß die verbündeten Regierungen nicht wohl in der Lage seien, die Verleihung von Bundesratsstimmen an Elsaß Lothringen zu be— fürworten, einmal weil sie die Minderforderung der wirtschaftlichen Stimmen nicht für durchführbar hielten ich werde auf diese Frage nachher noch einmal zurückkommen —, und zweitens aus einer Reibe von staatsrechtlichen Erwägungen heraus, die sich im wesentlichen auf Ausführungen bewegten, die auch der Fürst Bismarck seinerzeit bier in diesem hohen Hause gemacht hat. Aber, meine Herren der Yer Reichskanzler hat bei anderer Gelegenheit schon darauf hingewiesen die verbündeten Regierungen haben sich trotzdem der Erwägung nicht verschließen können, daß es eine Verbesserung der Vorlage bedeuten würde, wenn man in der Lage wäre, ein Stimmrecht für Glsaß⸗ Lothringen einzuführen, und wenn wir diese Betrachtungen ægestellt haben, meine Herren, so sind wir auch damit keinem anderes gefolgt wie dem Fürsten Bismarck. Der Fürst Bismarck hat in der Reichẽ⸗ tagssitzung vom 27. März 1879 hierüber folgendes gesagt

Ich lege hauptsächlich aus zwei Gründen Wert auf die Be⸗ teiligung der Bevöllerung am Bundesrat: einmal es, wie mit die Herren aus den Reichslanden versichert haben, im ganzen ande als eine, wie sie sich französisch auedrücken, question de dignitè empfunden, also als eins der Imponderabilien in der Politik, die oft viel mächtiger wirken als die Fragen des materiellen und direkten Interesses und die man nicht mißachten soll in ihrer Be⸗ deutung. Ich glaube aber nicht, daß bloß die Form beteiligt ist, ich halte es im Gegenteil nach der jetzigen Zu= sammensetzung des Bundesrats für einen Mangel, daß die Ver⸗ tretung des Reichzlandes in bezug auf die allgemeine Reichegeseß= gebung, ganz unabhängig von der Landesgesetzgebung von Elsaß⸗ Lothringen, lediglich durch die zentralen Reichsbebörden statt findet, die doch das eigentliche Landesinteresse bis in seine lokale Ver zweigungen hinein nicht mit der Kenntnis vertreten können, wie e in den Übrigen Bundesländern durch deren Landesministerien, die im Lande wohnen, der Fall ist. (Schluß in der Zweiten Beilage

Zweite Beilage

zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Fürst Bismarck hat sich damals mit einem konsultativen Votum begnügt. Aber, meine Herren, wir dürfen nicht vergessen, daß sich nicht nur die Verhältnisse seit dem Jahre 1879 verschoben haben, sondern daß auch durch die Ihnen jetzt vorliegende Verfassung sich die staatsrechtlichen Beziehungen verschoben haben. Die veränderte und verstärkte Stellung des Kaisers hat die Konsequenz gehabt, daß man sich die Frage vorlegen mußte und vorlegen durfte, ob hier nicht eine andere Lösung gefunden werden könnte.

Wir haben bis zur Einbringung der Vorlage eine solche Lösung nicht gefunden. Nachdem aber in Ihrer Kommission die Gewährung von Bundesratsstimmen mit 23 gegen 4 Stimmen gefordert wurde, haben sich die verbündeten Regierungen noch einmal die Frage vorlegen müssen, ob denn in der Tat unter diesen Umständen nicht, wenn ich mich so ausdrücken darf, jetzt reiner Tisch gemacht werden könnte, und den übrigen Vergünstigungen, die man der elsaß⸗lothringischen Bevölkerung zuwenden wollte, auch das Geschenk der Bundesrats stimmen, wenigstens in beschränktem Maße, beigefügt werden könnte.

Aus diesen Erwägungen heraus ist die Regelung entsprungen, die im Laufe der heutigen Debatte und auch vorher in der Presse herb getadelt worden ist, viel zu herb nach meiner Ansicht, selbst wenn man all den Erwägungen Rechnung trägt, die von seiten der Rechten heute aus— geführt wurden, und die der Herr Reichskanzler als begreiflich an⸗ erkannt hat.

Meine Herren, zunächst ist darauf aufmerksam zu machen: der Fall, daß die Bestimmung, wonach die elsaß⸗lothringischen Stimmen nicht gezählt werden sollen, wenn durch sie die Stimme der Präsidial⸗ macht ausschlaggebend würde kann nur sehr selten eintreten. Sie kann, wenn sämtliche Bundesratsstimmen abgegeben werden, nur ein einziges Mal praktisch werden, und zwar nur, wenn die Stimmen wie 31 zu 30 stehen. In allen anderen Fällen wirken die elsaß⸗ lothringischen Stimmen mit und haben das ist das Wichtigste innerbalb der Ausschüsse die volle Wirkung für und gegen Preußen.

Wenn man nun aber sagt, es sei trotz alledem eine unerträgliche Zumutung für Preußen, den Fall juzulassen, daß unter bestimmten Voraussetzungen die elsaß⸗lothringischen Stimmen gegen Prenßen gezählt, für Preußen aber nicht gezählt werden, ja, meine Herren,

sehen Sie sich doch, bitte, einmal die Verfassung an, und Sie werden finden, daß es da eine ganze Reihe von ähnlichen Anomalien gibt! (Sehr richtig! links. Sie finden zunächst, daß eine Verfassungs⸗ änderung nicht eintreten darf, wenn 14 Stimmen dagegen abgegeben werden. Wie sind denn diese 14 Stimmen historisch entstanden? Es sind die Stimmen der drei Königreiche, das heißt also, wenn die drei Königreiche einer Verfassungsänderung widersprechen, werden die Stimmen aller übrigen Bundesstaaten einschließlich der preußischen nicht gezählt. (Sehr richtig Meine Herren, Sie finden ferner in der Verfassung die Bestimmung, daß eine Aenderung der Heeres⸗ verfassung, eine Aenderung der Marine, eine Aenderung der Gesetz⸗ gebung über die in Art. 35 genannten Abgaben nicht eintreten darf, wenn die Stimmen der Präsidialmacht dagegen sind. In allen diesen Fällen ist also die übrige Gruppe der Staaten ihres Stimmrechts beraubt. (Sehr richtig! links.)

Sie finden also, daß keineswegs die Verfassung aufgebaut ist auf dem Grundsatze des nackten Majoritäteprinzips, sondern daß die Schöpfer dieser Verfassung das Stimmrecht der einzelnen Bundes staaten den Bedürfnissen entsprechend in einer sehr komplizierten Weise ausbalanziert haben.

Und wenn Sie diese Bestimmungen berücksichtigen, so finden Sie auch noch, daß tatsächlich bei der Konzession, die wir gemacht haben, ja eigentlich für die elsaß lothringischen Stimmen nichts weiter übrig bleibt, als die wirtschaftlichen Fragen, für die man in erster Linie das Stimmrecht verlangt hat.

Wenn Sie das alles berücksichtigen, meine Herren, so werden Sie mir zugeben, daß erstens mit der Konzession, die hier gemacht ist, ein Wunsch erfüllt ist, der nicht bloß von den Elsassern, nicht bloß von der Linken und aus der Mitte dieses hohen Hauses, sondern auch von den Bänken der Rechten erhoben ist. Wenn den Wünschen der Herren Freikonservativen, die Bundesratsstimmen in der Form der wirtschaftlichen Stimmen zu gewähren, nicht entsprochen ist, so ist das lediglich deshalb nicht geschehen, weil wir der Meinung gewesen sind, daß die von dem Herrn Grafen Posadowsky befürwortete Lösung doch in der Praxis zu Unzuträglichkeiten führen könnte. Das sind Zweck— mäßigkeitsfragen, meine Herren. Wir haben geglaubt, daß unsere Lösung die bessere ist. Aber zu behaupten, daß Preußen irgendwie geschädigt würde in seinem Ansehen und in dem Gewicht seiner Stimmen im Bundegrat, das ist nach meiner Ansicht nicht aufrecht zu erhalten, und es ist namentlich dann nicht aufrecht zu erhalten, wenn man und darum möchte ich Herrn von Oldenburg besonders bitten einmal die vielen Ausnahmen ähnlicher Art für und gegen Preußen berücksichtigt, die unsere Verfassung bereits enthält. Wir haben hier keinen neuen Weg beschrltten.

Also, meine Herren, ich wiederhole: wir die verantwortlichen Männer, die hier vor Ihnen stehen, und die verbündeten Regierungen sind der Auffassung gewesen, daß die Begabung Elsaß Lothringens mit einer Verfassung eine politische Notwendigkeit ist, der zur Ver wirklichung verholfen werden muß. Wir sind der Meinung gewesen, daß die Opfer, die wir zu diesem Zwecke gebracht haben wenn ich das Wort Opfer hier im beschränkten Sinne gebrauchen darf —, gebracht werden konnten, ohne daß Preußen, ohne daß irgend ein anderer in seiner Macht und in seiner Würde beeinträchtigt würde. Wir sind vielmehr der Auffassung gewesen, daß, wenn überhaupt hier von Opfern die Rede sein kann, dieses Opfer sind, denen der Erfolg nicht ausbleiben kann, well sie gebracht werden im Interesse der nationalen Entwicklung und Wohlfahrt unsereg Vaterlandeg. (Eebhafter Beifall linz.)

Abg. Dove (fortschr. Vollap.): Die Zelt drängt zur Entscheidung; und ich möchte dem Abg. von Olbenßurs nur sagen: Wir fühlen ung zuerst als Vertreter des deutschen Volles, aber moin sürchten kamst nicht in

Berlin, Mittwoch, den 24. Mai

Widerspruch mit unserem Preußentum zu geraten. Die Ausführungen des Staatssekretärs haben bewiesen, daß es unrichtig ist, als ob der Bundesrat ein Organ sei, in dem sich Preußen in perennierendem Kriegszustand mit den übrigen Bundesstaaten befände. Preußen ist es oft genug gelungen, seine Vorlagen gegen die Mehrheit der anderen Bundesstaaten durchzusetzen, wie in der Schiffahrtsfrage. Haben wir das allgemeine Wahlrecht gegeben oder Bismarck? Sie (rechts) gehen nicht die Wege Bismarcks, sondern Gerlachs. Wir halten die Vorlage für notwendig im Interesse des deutschen Volkes und damit auch . und darum bitten wir Sie, die Vorlage mit möglichst großer Mehrheit anzunehmen.

Abg. Dr. Frank⸗Mannheim (Soz.): Ich habe den Eindruck, als wenn der Abg. von Oldenburg die Stimmen der Sozialdemokraten so be— handeln möchte wie die Stimmen Elsaß-Lothringens im Bundesrat, sie sollen nur zählen, wenn sie gegen die heegiern ng abgegeben werden. Der Abg. von Oldenburg hat egen das deutsche Interesse das preußische vertreten wollen. Ich halte mich für berechtigt und verpflichtet, das preußische Volk dagegen in Schutz zu nehmen, daß es durch den Abg. von Oldenburg seine Inter⸗ essen vertreten findet. Was der Abg. von Oldenburg vertritt, sind lediglich ostelbische Interessen; er geht. ja charakteristischerweise hier mit den Polen und den nationalistischen Elsässern zusammen. Nicht die Bahn Bismarcks wandelt der Abg. von Oldenburg, sondern die Bahn Gerlachs; noch im Anfang der 60 er Jahre wandten sich die Konservativen gegen den sogenannten Nationalitäten schwindel, d. h. das Streben, Deutschland wirtschaftlich und politisch zu einigen; ein Nachfahr dieser Herren ist der Mann, der heute als preußischer Konservativer uns diese Rede gehalten hat. Das Ergehnis eines Kampfes von Volksgenossen soll man nicht mit Ergebnissen eines Krieges . man soll nicht vom kaudinischen Joch sprechen, wenn eine Nich zeit von ihrem Recht Gebrauch macht. Ich habe meinen Ohren nicht getraut, als ich hörte, daß zu den gottgewollten Abhängigkeiten auch das Pluralwahlrecht gehören soll; denn der Abg. von Oldenburg selbst war es, der in der Kommission für das allgemeine Wahlrecht gestimmt hat. Hat er bloß einen schlechten Witz machen wollen? Hat er nicht zum Zwecke der Erheiterung, sondern ernsthaft für die Beseiti ung der Pluralwahlstimmen in der Kommission gestimmt, so entspricht es nicht dem Ernst unserer Erörterung, wenn er jetzt daraus der Regierung einen Vorwurf macht, daß sie jenen Vorschlag machte. Der Abg. Hauß hat sich mit enthusiastischem Eifer gegen die Ausübung der Staatsgewalt durch den Kaiser in Elsaß⸗-Lothringen gewandt; die Gruppe aber, in deren Namen der Abg. Hauß sprach, hat noch vor wenigen Jahren einen Antrag eingebracht, der dem Kaiser die Ausübung dieser Staatsgewalt zusprach. Es ist der Antrag vom 5. Dezember 1905; unterschrieben sind auch die Herren Wetterlé, ñ Preiß, derselbe Preiß, der heute vor einem Ausnahmegesetz gegen Preußen warnt, das er damals selbst

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beantragt bat! 1907 wiederholte sich dasselbe Schauspiel. wir, soll das elsässische Volk ihnen da glauben z sie Bedenken gegen die Uebertragung der Landesgewal en Raiser bauptung, daß hier

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haben? Wir müssen uns verwahren gegen die Be direkte Ausnahmegesetze beschlossen werden sollen. für den Artikel J. ͤ

Damit schließt die Beratung. Es folgen persönliche Bemerkungen.

Abg. von Oldenburg (kons.): Der Abg. Frank hat erwähnt, daß ich in der Kommission für das allgemeine Wahlrecht gestimmt habe. Die Tatsache ist richtig, ich habe dafür gestimmt, und zwar aus folgenden Gründen: da ich Gegner des Gesetzes bin, habe ich für diesen Paragraphen gestimmt, nachdem die Regierung erklärt hatte, daß ihr dann das Gesetz unannehmbar sein würde. .

Abg. Dr. Frank (Soz ): Der Abg. bon Oldenburg hat also meine Behauptung bestätigt und in wertvoller Weise ergänzt.

Abg. Hauß (Els.): Ich habe mich nicht dagegen gewandt, daß der Kaiser die Landesgewalt ausübt, sondern ich habe dafür gesprochen, daß dem Statthalter ein größeres Maß von Selbständigkeit gegeben wird.

Nach nochmaligem persönlichen Meinungsaustausch zwischen den Abgg. Dr. Frank und Hauß wird zur Abstimmung ge⸗ schritten. Der letzte Absatz des Art. 1 wird mit großer Mehr— heit angenommen; dagegen stimmen nur die Deutsch⸗ konservatlven und eine Minderheit der Reichspartei. Ueber den dritten Absatz (Bundesratsstimmen) wird namentlich abgestimmt.

Der Passus wird mit 200 gegen 112. Stimmen an⸗ genommen; 2 Mitglieder enthalten sich der Abstimmung, Art.] im ganzen wird in der Kommissionsfassung ebenfalls an— genommen. . -

§ 1 des Art. I wird ebenfalls in der Kommissionsfassung angenommen, ebenso 5 2, nachdem für den Antrag Hauß sich nur eine verschwindende Minorität erhoben hat.

S5 bestimmt in der Kommissiensfassung, daß Landes⸗ gesetze für Elsaß⸗Lothringen vom Kaiser mit Zustimmung des aus 2 Kammern bestehenden Landtages zu erlassen sind. Der Landeshaushaltsetat wird alljährlich durch Gesetz festgestellt. Steuern und Abgaben für die Staatskasse dürfen nur erhoben werden, soweit sie in den Haushaltsetat auf⸗

enommen oder durch besondere Gesetze angeordnet

. Nach Ablauf eines Etats jahres bleibt die Landesregierung bis zum Inkrafttreten des neuen Etatsgesetzes ermächtigt, Schatzanweisungen auszugeben, soweit die Einnahmen aus den auf besonderen Gesetzen beruhenden Steuern und Abgaben nicht ausreichen, um die rechtlich begründeten Verpflichtungen der Landeskasse zu erfüllen, Bauten fortzusetzen und die gesetzlich bestehenden Einrichtungen zu erhalten und fortzuführen.

Abg. Hauß (Els.) hefürwortet einen Antrag, folgende Bestimmung aufzunehmen: „Steuern und Abgaben dürfen, wenn sich die Fest⸗ stellung des Haushalts verzögert, auf die Dauer von 4 Monaten nach Maßgabe des letzten Hausbaltsetats fortgeführt werden.“

Abg. Holtschke (okons.): Der bisherige Zustand war der, daß Gesetze für Elsaß Lothringen gemacht werden mußten im Wege der Reichsgesetzgebung oder im Wege der Landesgeseßgebung. Nach dem neuen Entwurf ist der Weg der Reichsgesetzgebung beseitigt, und darin eiblicken wir ein⸗ Verminderung der Kaiserlichen Gewalt. D

Heute stimmen wir

Das ist einer der Gründe, die uns die Zustimmung zu diesem Paragraphen unmöglich machen. ö ö . ; bg Ledebour (Sog): Diese Regelung widerspricht dem Grund— gedanken des konstitutionellen Rechts und auch der Reichsverfassung.

ernannten Mitglieder können wir uns nicht begeistern.

In konstitutionellen Staaten muß eine Regierung abtreten und einer anderen Platz machen, wenn sie sich mit dem Parlament nicht einigt. In der Reschsverfassung besteht diesr Grundsatz in der Tegrie wenigstens auch, wenn er auch noch nicht praktisch gewerden ist wollen keinen Schein-Konstitutionalismus, weder im Neich, noch den Ginzelstaaten, und stimmen deshalb gegen diese Bestimmungen auch gegen den Antrag Hauß. .

Abg. Win ler (dion) beantragt wegen der grundsätzlichen We. denken, die der Abg. Voltschke ausgesprochen bat, die namentliche Abstimmung über den 8 h. ö J.

Nach Ablehnung des Antrags Hauß wird SS im ng ment licher Abstimmung mit We gegen 9) Stimmen bei 5H Sümm enthaltungen in der Kommissionsfassung angenommen.

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von den 3 glieder, die beide einen reinen Landkanton vertreten. *

Abg. Hauß (Els., Zentr.) beantragt, daß die Zahl der vom Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats zu ernennenden Mitglieder nicht 12 übersteigen darf, während nach der Vorlage und der Kom— missionsfassung die Anzahl der vom Kaiser zu ernennenden Mitglieder die Anzahl der übrigen Mitglieder nicht übersteigen darf. Derselbe Abgeordnete beantragt, statt der Bestimmung „Wählbar sind nur Reichsangehörige! zu sagen: Wählbar sind nur elsaß⸗— lothringische Staatsangehörige, und ferner die Altersgrenze für die Wählbarkeit auf 25 Jahre statt 30 Jahre festzusetzen, und endlich die Mitgliedschaft der ernannten Mitglieder lebenslänglich zu machen, während die Vorlage und die Kommissionsfassung nur eine Dauer von fünf Jahren vorsehen.

Abg. Kicklin (Els.) führt zur Begründung seines Antrages aus, daß die Bezirkstage die richtigen Instanzen seien, die die Wahl vornehmen könnten.

Abg. Winckler (dkons.): Ich habe nur eine Einwendung gegen die Bestimmung des 6 zu erheben, daß auch ein Vertreter der israelitischen Konsistorien in die Erste Kammer gewählt werden soll. Unser Bedenken hat keineswegs antisemitischen Charakter, denn wir haben gerade auf religiösem Gebiet für unsere jüdischen Mitglierer volles Verständnis, unser Bedenken ist vielmehr rein staatsrechtlicher Natur. Denn es wird im deutschen Staatsrecht zum ersten Male ein neues Moment eingeführt. Derartige Privilegien sind bisher nur den großen anerkannten und geschichtlich privilegierten Kirchen, der evangelischen und der katholischen Kirche, vorbehalten. Aber ein vollständiges Noyem wäre das Privileg für das israelitische Be⸗ kenntnis. Dann könnten auch die verschiedenen kleinen Bekenntnisse denselben Anspruch erheben. Wir legen Verwahrung gegen den ersten Schritt auf diesem Wege ein und beantragen deshalb gesonderte Abstimmung über diesen Punkt des § 6.

Abg. Fehrenbach (Zentr.): Eine Erste Kammer gibt es bisher in Elsaß-Lothringen nicht; das kann uns aber nicht bestimmen, dieser Regelung zu widersprechen. Der Antrag Hauß will, daß auch die vom Kaiser zu ernennenden Mitglieder Elsaß⸗-Lothringens Staats— angehörige sein sollen. Wir haben das Gleiche in der Kommissien verlangt, sind aber in der Minderheit geblieben und haben nicht weiter darauf bestanden. Für die lebenslängliche Mitgliedschaft der

Ich hoffe, die Regierung wirklich unabhängige, nicht gouvernementale Leute

ernennen wird. Wir tun gut, wirklich bäuerliche Elemente in die

Erste Kammer als Gegengewicht gegen die 4 städtischen Vertreter zu entsenden. Wir stimmen für die Kommissionsfassung in der Hoff— nung, daß demnächst auch für Elsaß⸗Lothringen eine einheitliche Land— wirtschafts kammer geschaffen wird. 13 Abg. Hauß (Els.): Wir bitten Sie vor allem, die vom Kaiser zu ernennenden Mitglieder auf 12 zu beschränken. Wir sind nicht gegen das Ernennungsrecht, aber wir protestieren gegen die Motivierung, daß die Ernennung der Hälfte der Mitglieder geschehen müsse, weil man der politischen Gesinnung der elsaß⸗lothringischen Mitglie doch nicht recht trauen könne. Die lebenslängliche Ernennung Mitglieder wünschen wir, weil sich nach den Erfahrungen andere Parlamente nur auf diesem Wege selbständige Charaktere ilden können. Ich bitte Sie, unserem Antrage zuzustimmen. Sämtliche Amendements werden abgelehnt. Für den An⸗ trag auf Beschränkung der ernannten Mitglieder auf 12 stimmen auch die Sozialdemokraten, die Polen und vereinzelte Zentrumsmitglieder. w F 6 wird unverändert nach der Kommissionsfassung an⸗ genommen, ebenso 8 7-24. . S 244 ist von der Kommission neu eingefügt und lautet: „Das Gesetz, betreffend die Gleichberechtigung der Kenfessioner in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung, vom 3. Juli 188 wird in Elsaß⸗-Lothringen eingeführt.“ F A b, ebenfalls Zusatz der Kommission, lautet: „Die amtliche Geschäftssprache der Bebörden und Körperschaften sowie die Unterrichtssprache in de Landes ist die deutsche. In Landesteilen mit überwiegend völkerung können auch fernerhin französischen Geschäftssprache nach Me von 1872 zugelassen werden. Desglei den Gebrauch des Französischen als Unterrie der bisberigen Uebung auf Grund des 8 das Unterrichtswesen, vom 12. Februar 1873 Von den Deutschkonservativen ij 1) dem S 24a hinzuzufügen „Bei lichen Volksschulen sind die konfessionellen V zu legen.“ ; 2) Dem zweiten Absatz „In Bezirken, für die fes von einer größeren standen wird, kann de französische Sprache . betreffenden Bezirks zulassen.

Abg. Dr. Wil l⸗Straßburg 24b zu streichen und dafür zu setzen: „In den Gemeinden enen erkannten Relig Elementarschule angeboren, einzur schulen sowie in

richtsanstalten

2X5 nn WM Bestimmung