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zu stande käme. Wir wollen die Verantwortung für ein Scheitern des Gesetzes nicht tragen. Wir hoffen, mit diesem Gesetz die äußere Zugehörigkeit Elsaß Lothringens auch zu einer inneren zu gestalten.
Abg. Schultz, (Rp.); Ich spreche im Namen derjenigen meiner Freunde, die für die Vorlage nicht stimmen werden. Zu den Gründen dieser Ablehnung gehört die Gewährung der Bundesratsstimmen. Es liegt darin eine tiefe Verletzung vieler preußischer Staatsbürger, eine Abbröckelung der Vormachtsstellung des führenden Staates. Wiederholt ist die Kaiserliche Macht im heiligen römischen Reiche abgebröckelt worden; wir befürchten, daß das . in Zukunft der Fall bei uns sein wird. Bezüglich des Wahlrechts haben wir ebenfalls Besorgnisse. Man sagt mir, die Elsässer hätten schon ein solches Wahl⸗ recht. Das ist aber nicht der Fall, wie der Abg. Bebel bei der Debatte über den Diktaturparagraphen ausdrücklich hier hervorgehoben hat. Der Reichskanzler hat sich auch mit Unrecht auf den Fürsten Bismarck berufen. Wie wird die Konzession auf Elsaß-Lothringen einwirken? Da muß man sich der Zeit nach der Aufhebung des Diktatur paragraphen erinnern. Fürst Bülow sprach damals die Hoffnung aus, daß sie versöhnend wirken würde, und daß der Landesausschuß von Elsaß⸗Lothringen in immer ruhigere Bahnen einlenken würde. Und nun haben wir ja gesehen, was darauf gefolgt ist. Wo ist der Dank geblieben? Was ist aus dem „besten Parlament der Welt“ geworden? Nach Hause mußte es geschickt werden, es kann niemand mehr mit ihm regieren! Der Ruf nach neuen Männern schallt aus dem Lande. Soll man da nicht in. Sorge sein, daß man hier schwere neue Konzessionen hingibt, ohne etwas in der Hand zu behalten? Diese Verantwortung kann ich nicht tragen. Man muß zu dem Schluß kommen; Der Landes⸗ ausschuß und was da passiert ist, war nur ein Kinderspiel gegen das, was in dem späteren Parlament kommen wird, und ich sehe keinen Reichstag, der der Regierung die Mittel zur Verfügung stellt, den Zuständen, wie sie dann eintreten können, ein Ende zu machen. Es hat sich in der Kommission keine Stimme gerührt, als mein Freund von Dirksen diese Frage aufwarf. Zu unserem Bedauern können wir daher dem Gesetzentwurf unsere Zu⸗ stimmung nicht geben. Im deutschen Osten ist die Haltung der Re⸗ gierung in der elsaß-lothringischen Frage ein Barometer für die Haltung, die die Regierung in allen übrigen politischen und nationalen Fragen einnimmt. Sie mag einen Standpunkt einnehmen, welchen sie will, aber sie soll doch einen festen, unverrückbaren Stand⸗ punkt einnehmen. Einem amovibelen Statthalter kann man doch die Befugnis nicht geben, die elsässischen Bundesratsstimmen selbständig zu instruieren, eventuell gegen den König von Preußen. Gewisse Dinge sollten politisch unmöglich sein. Die Grenze ist nach dieser Richtung überschritten. Das Vertrauen auf das Unannehmbar“ der Regierung ist in der letzten Zeit in weiten Kreisen des Volkes tat⸗ sächlich erschüttert worden.
Äbg. Graf Mielzvnski (Pole): Wenn wir heute die Sozial⸗ demokraten für die Vorlage und für den Spiachenvaragraphen stimmen sehen, so ist das wirklich verdächtig; ebenso erscheint mir ver⸗ dächtig die Zustimmung der Freisinnigen, kurz, es ist mir . fo zlemlich alles verdächtig. Wir unsererseits haben uns die größte Mühe gegeben, den Wünschen der Elsaß⸗-Lothringer entgegenzukommen, gegen seinen Willen kann man freilich niemand glücklich machen. Mit den Vertretern von Elsaß-Lothringen haben wir gewünscht, eine Autonomie zu stande zu bringen, die nicht beschrünkt wird durch Kautelen und durch wahlgesetzliche Be⸗ stimmungen, die die Autonomie wieder illusorisch machen. Wir mußten aufs bestimmteste protestieren gegen den Sprachen, paragraphen, der ist eine Prinzipienfrage; die Muttersprache darf durch keine Kautelen eingeschränkt werden. Steht die Bestimmung in dem Reichsgesetz, so kann dies durch Landesgesetz nicht mehr ge⸗ ändert werden. Schon aus diesem Grunde können wir nicht für die Gesetze stimmen. Möge die neue Verfassung keine Unruhe im Lande stiften, möge sie nicht die Unzufriedenheit weiter schüren.
Abg. Dr. Höffel Ep.): Die große Mehrzahl meiner engeren Fraktionsgenossen kann nur der Freude Ausdruck geben, daß der Fort⸗ schritt, der in den gegenwärtigen Vorlagen liegt, endlich gemacht werden kann. Den schweren Bedenken, die gegen die Bundesrats⸗ stimmen vorgetragen worden sind, können wir absolut nicht Folge geben. Ebenfowenig können wir einräumen, daß das Wahlgesetz eine Gefahr für das Land bedeutet. Es wird uns Partikularismus vor— geworfen. Aber ein gewisser Partikularismus ist berechtigt, und er besteht in allen deutschen Landen, in Preußen, Bavern, Sachsen, Baden und auch in Elsaß Lothringen. Die Voraussetzung für die Berechtigung ist allerdings, daß dieser Partikularismus getränkt ist von dem Gedanken der gemeinsamen Jugebörigkeit zum Deutschen Reiche. Die Vorlage wird — davon bin ich fest überzeugt — wirt⸗ schaftlich und politisch zu einer weiteren Verschmelzung Elsaß—⸗ Lothringens mit dem Reiche führen. Wir werden bald in unserem engeren Vaterlande eine größere Zufriedenheit feststellen können, denn ein großer Teil der Forderungen, die seit 20 Jahren erhoben und von Jahr zu Jahr hier im Reichstage geltend gemacht sind, bat seine Erfüllung gefunden. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß alle der artigen Reformen nur allmählich gelingen. Wir nehmen in Elsaß— Lothringen das jetzt Gebotene an und werden das weitere Ziel der völligen Selbständigkeit im Auge behalten.
Abg. Dr. Ricklin (CEls.): Die Stellung meiner Freunde ist bereits binreichend zum Ausdruck gekommen. Wir steben nach wie vor der Verfassungs vorlage, wie sie nun gestaltet ist, ablehnend gegenüber. Ein Teil meiner Freunde sieht darin sogar ein Demmnis fuͤr die Erreichung der vollen Autonomie. Sie können das Gefübl, als Staatsbürger zweiter Klasse bebandelt zu werden, auch jetzt nicht los werden. Ich habe auf einen Antrag verzichtet, kann aber nicht auf eine Darlegung verzichten, welchen großen Febler Sie begangen haben, und welche Folgen das haben damit Sie nicht die Verantwortung von sich abwälzen können mit der Behauptung, daß wir Sie darauf nicht aufmerksam gemacht hätten. (Der Redner verbreitet sich darauf unter großer Unruhe des Sauses über die Tätigkeit des Landesausschusses. In keinem deutschen Parlamente säßen so viele Mitglieder, die kaiserliche Orden trügen zum Zeichen ihrer Verdienste um das Land. Es werde sich zeigen ie die
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Abg. Preiß (Els.): Nachdem Kommission unverän
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6 durch die Konstruktion der im wesentlichen gleichberechtigten rsten Kammer. Die Beruhigung der Gemüter wird durch die Vorlage nicht eintreten, sondern es werden die politischen Leiden⸗ schaften erst recht entfesselt werden. Den Schaden davon werden die gemäßigten und friedfertigen Elemente des Landes haben. Endlich wird die moralische Eroberung des Landes, die Assimilation des Landes mit dem Reich, nahezu unmöglich gemacht. Es handelt sich hier um eine Machtfrage. Das Deutsche Reich hat die Macht, uns eine Verfassung auch gegen unseren Willen aufzuzwingen. Wenn wir nach Hause zurückkehren, so wird man uns sagen: Ihr habt 31 was zu tun war. Aber es gilt auch hier: Macht geht vor Recht! Abg. Vondersch e er (Zentr.): Ich werde für die Vorlage stimmen, da sie im Durchschnitt einen wesentlichen Fortschritt im Staats⸗ leben Elsaß⸗Lothringens bedeutet, und da sie das Ziel welt über⸗ ragt, das die früheren elsaß lothringischen Verfassungs⸗ vorschläge sich gesteckt haben. Ich halte den von der Mehrheit des Zentrums betretenen Weg für den richtigen, und ich kann mich davon durch Reden, wie wir sie eben gehört haben, nicht abbringen lassen. Die Zukunft Elsaß-Lothringens wird über diese Bedenken zur Tages⸗ ordnung übergehen. Wenn einzelne meiner Kollegen ge⸗ meint haben, sie müßten dem Zentrum wegen seiner Haltung zu diesem Entwurf grollen oder sich von ihm abwenden, so erkläre ich, daß ich mich dadurch nicht abbringen lasse, unentwegt unter der Fahne der Zentrumsfraktion zu stehen.
Abg. Grégoire (Els., b. k. F): Die elsaß- lothringischen Interessen liegen mir gerade so am Herzen wie nur irgendeinem Elsässer, und doch heb? ich auf einem ganz anderen Standpunkt als der Abg. Preiß und seine Freunde. Ich gehöre nicht zu jenen Elsaß -Lothringern, die dem klerikalen Naticnalis⸗ mus Gefolgschaft geleistet haben durch dick und dünn, nicht zu denen, die die Vorlage um jeden Preis zum Scheitern bringen wolsten. Die Bevölkerung wünscht sehnlichst eine Verbesserung des bestehenden politischen Zustandes; wir könnten also nicht dieser Verbesserung systematisch entgegenarbeiten. Die elsaß⸗lothringische Bevölkerung steht nicht auf der Seite der absoluten Negation. Ein richtiges Bild von der Bedeutung und Wirkung der Vorlage wird nur gewonnen, wenn man vergleicht, was Elsaß Lothringen bisher batte, was es im Landesausschuß verlangte und was jetzt die Vor⸗ lagen bringen. Es würde geradezu unverantwortlich sein, wollten wir die fundamentalen Zugestandnisse, die sie bringen, damit von der Hand weisen, daß wir jetzt nicht die volle Autonomie erhielten. Zuruf des Abg. Wetterl é) Der lebenslängliche Statthalter hätte auch noch lange nicht die volle Autonomie bedeutet. Lebbaft begrüße ich, daß uns das Stimmrecht im Bundesrat gewährt worden ist. Bemerkenswert ist als Konsequenz, daß die Reichslande nunmehr auch in dem Bundesratsausschuß ein Stimmrecht haben werden. Ein weiterer wesentlicher Fortschritt ist die Instruktion der Bundesrats— stimmen durch den Statthalter, desgleichen die Gewährung der Landes⸗ gesetzgebung, die Ausschaltung des Bundesrats und des Reichstags als gesetzhebende⸗ Faktoren für Elsaß Lothringen. Alle diese Zugeständnisse sind große Verbesserungen unserer politischen Zustände, und sie gehen erheblich weiter als das, was wir selbst vor noch nicht langer Zeit im Landesausschuß verlangt haben. Zu einer Beunruhigung der Bevölkerung liegt nicht der geringste Anlaß vor, auch nicht wegen des Sprachenparagraphen, der freilich auch nach mweiner Meinung nicht in das Gesetz hineingehört, von dessen Annahme aber schließlich das Schicksal der Vorlagen abhängig zu sein schien. Es ist geradezu ein Verbrechen, diese Vorlagen als eine Verschlechterung des be⸗ stehenden Zustandes zu bezeichnen, wenn sie auch kein Ideal darstellen.
Damit schließt die Generaldiskussion. In der Spezial⸗ diskussion über das Verfassungsgesetz erhebt sich eine Debatte
nicht.
Abg. Winckler (8dkons) zieht seinen Antrag auf namentliche Abstimmung über dieses Gesetz zurück, nachdem er mitgeteilt hat, daß die Deutschkonservativen Abgg. Hufnagel, Niederlöhner und Rupp zwar mit den übrigen Mitgliedern der Fraktion gegen das Ver⸗ fassungsgesetz, aber fur das Wahlgesetz stimmen wollen; diese 3 Mit⸗ glieder würden bei der von anderer Seite beantragten namentlichen Gesamtabstimmung über beide Gesetze nunmehr den Mittelweg gehen und blaue Zettel abgeben, also sich der Abstimmung enthalten.
Auch über das Wahlgesetz entsteht keine Spezialdebatte mehr. In namentlicher Abstimmung werden die beiden elsaß⸗lothringischen Verfassungsvorlagen mit 211 gegen 93 Stimmen endgültig genehmigt; 7 Mitglieder enthalten sich der Abstimmung.
Das Haus geht über zur dritten Beratung des Entwurfs einer Reichsversicherungsordnung.
Von den Sozialdemokraten und der fortschritt lichen Volkspartei ist eine Reihe der in zweiter Lesung ab gelehnten Anträge wieder eingebracht worden. Von dem Abg. Noske liegt wiederum der Antrag vor, die Festlegung des Maßstabes für die Umlegung der Beiträge bei den landwirt⸗ schaftlichen Berufsgenossenschaften aus der Satzung und aus dem Gesetz entfernen. Außerdem liegt eine Anzahl Anträge von den Kompromißparteien (Schultz und Genossen) vor.
Abg. Trim born (Zentr. ): Bei dem umfangreichen Werke der Reich? versicherungsordnung bandelt es sich um eine Fülle von Einzelheiten. D en wird meine Darlegung eine äußerst nüchterne sein, für die
es Gesetzes volles Interesse baben wird. zweiten Lesung so viel Nachsicht geübt, bitten darf. Im Interesse des Zuftande⸗
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ursprünglich beabsichtigte Halbierung der Beiträge und des Stimm , ,, Versicherten die Mehrheit, wo es sich um Beiträge und Leistungen handelt, die Arbeitgeber bekommen aber auch die Mitentscheidung in für sie besonders wichtigen Fragen; der Wahl des Vorsitzenden Anstellung der Kassenangestellten, Aufstellung der Dienstor dnung und Aenderung der Satzungen. In der Angestelltenfrage haben
wir, soviel Staub sie auch aufgewirbelt hat, das Richtige getroffen.
Es irt nicht eine Entrechtung der Angestellten erreicht, sondern eine Neutralisierung ihrer Stellung und ihres Amts. Das trägt zur Hebung ihrer Stellung und des Vertrauens hei. Hinsichtlich der Organisation der Landkassen ist mir die Zustimmung schwer geworden. Immerhin hat die Kommission hier wesentliche Ver⸗ besserungen eingeführt, und auch auf dem Gebiete der Kassenleistungen ist eine Reihe nicht ganz unwesentlicher Fortschritte erzielt. Die Dauer der Wochenhilfe ist von sechs auf acht Wochen ver— längert worden. Ueber die Regelung bei den landwirtschaftlichen Arbeitern werden wir uns wohl noch bei der Spezialdiskussion zu unterbalten haben. Die Gewährung von Stillgeldern ist ermöglicht. An Stelle des Wochengeldes kann freie Kur und Pflege in einem Wöchnerinnenheim treten. Die Streitigkeiten, die sich aus dem Uebertritt von einer Kasse in die andere ergeben, sollen möglichst ver⸗ mieden werden. Bei den knappschaftlichen Krankenkassen sind eben⸗ falls einige Verbesserungen geschaffen worden, namentlich in bezug auf das allgemeine Wahlrecht. Hinsichtlich der Regelung der Arztfrage ist es leider zu einer befriedigenden und endgültigen Regelung nicht ge⸗ kommen. Die Kommission wollte in die wirtschaftlichen Kämpfe nicht regelnd eingreifen, sondern die Frage der Entwicklung über— lassen. Den Weg der Vorlage hielt sie nicht für gangbar. Hoffent⸗ lich führen die ferneren Kämpfe zu der Einsicht, daß eine friedliche Verständigung sowohl im Interesse der Versicherten wie der Aerzte notwendig ist. Das ist ein schwacher Trost, aber immerhin ein Trost. Der Monopolisierung einiger weniger Apotheken ist vorgebeugt Ein 666 ist es auch, daß der Versicherte die freie Wahl des rankenhauses hat. Der Kreis der Unfallversicherten ist erweitert, namentlich in bezug auf die im Handelsgewerbe Beschäftigten. Auch zugunsten der Unternehmer sind Verbesserungen vorgesehen obne Schädigung der Arbeiter. Kleine Unternehmer kann der Vorstand der Berufsgenossenschaft mangels besonderer Unfall—⸗ gefahr für versicherungsfrei erklären. Auch die Stellung der An⸗ gestellten der Berufsgenossenschaften ist durch Ausgestaltung der Dienst⸗ ordnung eine bessere geworden. Die Aenderungen in der Invaliden⸗ versicherung sind nicht sehr groß. In der Hinterbliebenenversicherung speüell ift die Kinderzusatztente ein erheblicher Fortschritt. Besonders wesentlich sind die Vorteile der Vorlage auf dem Gebiete des Verfahrens. Es ist eine einheitliche und übersichtliche Gestaltung für das gesamte Gebiet der Arbeiterversicherung erreicht und dem Wirrwarr auf diesem Gebiete ein Ende gemacht worden. Bei Feststellung der Entschädigungen bei der Unfallversicherung ist den Versicherten eine größere . gewãhrleistet. Namentlich bietet das Einspruchs verfahren wesentliche Vorteile. Sehr wertvoll ist auch die Entlastung des Reichsversicherungsamtes. Das endlose Warten auf dessen Entscheidungen war wirkich eine Kalamität. Was die Mehrkosten der Reichsversicherungsordnung auf Grund der Vorlage betrifft, so sind diese auf 126 853 009 „66 berechnet worden. Durch die Beschlüsse der Kommission erböht sich die Summe allein schon um 9 Millionen für die Zusatzkinderrente. Dazu treten aber noch andere Erhöhungen, die sich aus den Kommissionsbeschlüssen ergeben. Die Gesamtaufwendungen auf Grund der neuen Reichsversicherung dürften sich im ganzen bis auf eine Million jährlich steigern, umse— mehr, als die Angaben der Vorlage betreffs der bisherigen Auf— wendung sich auf 1907 beziehen. Wir hätten ja gern die Kinder- zuschußrente erhöht und zu den bereits vorhandenen Invalidenrenten auch diese Rente gewährt; ebenso hätten wir gern den Witwen, die seit dem 1. Januar 1910 ihren Ernährer verloren haben, die Witwen⸗ rente gesichert; aber alles dies scheiterte an dem „Unannehmbar“ der Regierung. Ebenso bedauern wir, daß wir nicht dem An trage Kuno zustimmen können, das Einführungsgesetz so zu ändern daß die ersten Waisenrenten höher bemessen werden; aber auch hier muͤssen wir mit der harten Tatsache rechnen, daß daran eventuell das ganze Gesetzgebungswerk scheitert. Im Laufe der Jahre werden ia auch schließlich die Hinterbliebenenrenten wachsen. Trotz dieser Menge unerfüllt gebliebener Wünsche bringt die Vorlage doch eine so grofe Zahl erheblicher Fortschritte, daß wir ihre Ablehnung nicht verant worten zu können glauben. Mit einiger Befriedigung dürfen wu immerbin auf das Erreichte zurückblicken; möge es die Grundlage für weitere Fortschritte auf dem Gebiet der Arbeiterversicherung senn und möge es dem deutschen Volke zum Segen gereichen!
Abg. Schickert (dkons ): Der Vorredner hat dem Embrvo, ; dessen Vaterschaft er sich nun schon seit 87 Jahren bekennt, das si inzwischen zu einem wahren Menstrum entwickelt hat, und das si nun endlich den mütterlichen Schoße entwinden zu wollen schein als durchaus gewandter gesetzgeberischer Geburtshelfer not einige Wüänsche auf den Lebensweg mitgegeben. Den Vätern da fozialen Gesetzgebung schwebte als Ziel vor die Sicherung dar
irtschaftlich Schwachen und die Anbahnung einer Verständigma s sozialen Friedens zwischen den verschiedenen Bevölkerungsklaften
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Wirklichkeit sind diejenigen, die letzterem Ziele nachstreben, dur
Gang der Dinge gründlich getäuscht worden. Die Sonia mokratie, die fruher die Versicherungesetze ablehnte, durch stete Verkleinerung und Herabwürdigung Sozialpolitik, durch Anregung unerfüllbarer Hoffnungen fer gebrocht, an die Stelle der Versöhnung eine gesteis Ünzufriedenbeit zu fetzen. Wir unsererseits haben uns diesen Illustem nicht hingegeben; wir arbeiten an dem Werke des Gebaudes Mr Sozialpolitik mit von dem Gesichtspunkte sozialer Gerechtigkeit au und um den wirtschaftlich Schwachen zu schützen. Es ist oft * gewiesen worden darauf, daß die Zwangeversichẽrung die Simula; mn ie Rentenfucht fördert. und ein Geschlecht heranwachsen m das Gefübl der Selbstverantwortlichkeit fehlt. Die Senn! mokratie bestreitet hartnäckig das Anwachsen der Simulanen verschließt sich damit durchaus den tatsächlichen * Nichts kann geeigneter sein, der Simulation Vorsches in en als die Erhöhung des Krankengeldes auf den vollen Grundlornn. Sozialdemokratie hält ja auch nichts vom Sparsinn, den e jn unferem modernen Leben nur noch als einen Ueberrest ver Anschauung bei zurückgebliebenen geistigen Krüppeln Von diefem Standpunkt aus sind ihre Anträge vielfach * urteilen; auch der, die Unfallrente auf den vollen Betrag der verdienstes festzufetzen. Der Antrag würde, abgesehen don, anderen Bedenken, eine große Mehrbelastung zur Folge Dasselbe gilt auch von anderen sozialdemokratischen Anträgen iug auf die Krankenversicherung. Ihre Anträge würden in . Versicherungs zweigen eine Mehrbelastung von 329 Mill iene⸗ der Krankendersicherung, von etwa 90 Millionen bei der Unfah,
und von 1384 Millionen bei der Inralidenversich un jaben, alfo jusammen etwa 2 Milliarden . di. Sozialdemokratie mit ihren Anträgen? We =. keit erwecken und hintertreiben., daß die Idee dei macht, oder Merksteine ur n der andere Forderun wi Sebt. die jenes haben wir selb r Menschen, die unerfüllbare , . . macher und Phantasten zu nennen. Im parlame! 2 . es ** zu sein. e auch bier bricht sich die Ueber eug; h 1mmnet mehr Bahn, baß pofitiwe Arbeit besser it als agi tate e e Ünentwegtkeit. Ich möchte die Sozialdemokraten ragen, woher den denn die Mittel kommen? Der Abg. Doch meinte, man brauch 2 ag NMilliarten Erfparnis nur cine Milliarde zu nehmen, um die Au e tur u decken. Das ist ein Scher. Bei einem Niedergang der Konjuntt bie den Unternehmer nötigt, den Betrieb ein zuschranken, wird gragen. tem Unternehmer fehr schwer sein, die höberen Beitrãge zu
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
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Zweite Beilage
zum Dentschen Neichsanzeiger und Königlich Preußi chen Staatsanzeiger.
M 124.
Berlin, Sonnabend, den 27. Mai
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Den kleineren Arbeitgebern und Unternehmern wäre die Anziehung der Beitragsschraube noch viel drückender und würde ihnen bald völlig unerträglich werden. Gegenüber der Gesamtheit der Wünsche und Anträge, mögen sie auch im einzelnen etwas für sich haben, müssen wir uns mit dem Erreichbaren bescheiden. Daß die Verhältnisse in der Landwirtschaft anders liegen als in den Fabriken, wollen die Sezialdemokraten bei ihren Zwangsvorstelluugen über die Agrarier nicht gelten lassen. Früher kannke man keine Zwangeversicherung der landwirtschaftlichen Arbeiter; jetzt, wo sie eingeführt werden soll, nennt man sie eine Verschkechterung, spricht man von einer Entrechtung der Landarbeiter. In der Landkrankenkaffe werden die Teistun gen ungefähr dieselben sein wie bei den Orkskrankenkassen. Wir wollen gern an der Fortentwicklung unserer sozialpolitischen Gesetzgebung mitarbeiten, aber maßvoll und ohne Ueber— stürzung, um unsere Zustände nicht gefährlichen Erschütterungen aus— zusetzen. 8 ; ö. ö Abg. Dr. Mugdan (fortschr. Vollsp.): Nach der Unsumme von dicht, das der Abg. Trimborn auf das Gesetz hat fallen laffen wird es Ihnen vielleicht sogar angenehm sein, wenn ich den dazu gehörigen Schatten liefere. Zu viel Licht ist dem menschlichen Auge ohnehin schädlich. Wo viel Licht, da viel Schatten. ö Das Gesetz hat also eine solche Fülle von Vorzügen; dennoch haben beide Vorredner nicht von einer großen“ Reform gesprochen. Schon daraus, daß der Abg. Trimborn so oft betonte, es sei ihm schwer geworden, dieser oder jener Bestimmung zuzustimmen, konnte man ersehen, daß auch viele Nachteile vorhanden sind. Bei der Krankenfürsorge ist tatsächlich der Vorteil nicht so groß, wie ibn neulich der Abg. Becker und heute der Abg. Trimborn darstellten. Sie haben vergessen, daß, wenn auch nur ein Teil der Leistungen erhöht werden soll, auch die Beiträge erhöht werden müssen, und zwar wenn sie über 49 , des Grundlohns hinausgehen, durch getrennte Ab⸗ stimmung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Ich komme da— mit auf den für meine politischen Freunde unangenehmsten Punkt, nämlich auf die Ordnung der inneren Verfaffung der Kassen. Ich leugne keinen Augenblick, und es wäre von mir außer— ordentlich töricht, zu bestreiten, daß Mißstände in der Ver— waltung der Krankenkassen sich geltend machen, und auch die Sozialdemokraten erinnern sich des Sprichwortes: wo Rauch ist, ist auch Feuer. Deswegen hat die Gesetzgebung die Berechtigung und sogar die Verpflichtung, dafür zu sorgen, daß diese Mißstände ver— schwinden. Es wäre aber durchaus genugend gewesen: die Bestimmung, die für die Anstellung der Beamten eine Dienstordnung vorschreibt mit genauen Festsetzungen über Gehalt, Aufrücken, Befähigung usw. und ferner die Bestimmung, daß diese Dienstordnung sowohl die Zu— stimmung der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer gefunden haben muß. Damit wäre alles gescheben, um einen politischen Mißbrauch zu ver— kiten. Die Reichsbersicherungs ordnung aber geht zu weit, si t tgtsächlich die Verwaltung den Arbeitern genommen. J
Abg. Becker erwähnte, ein Wortführer der fortschrittlichen Volks⸗ partei habe gesagt, die Halbierung sei ihm lieber gewesen. Ich weiß zicht, Ger das gesagt haben, sell. unterschreihe ed aber noch heute. Bei 4 Arbeitgebern und 8 Arbeitnehmern im Vorstand genügen bei getrennter Abstimmung 2 Arbeitnehmer, um eine Bestimmung ab⸗— zulehnen. Bei 6 Archeitgebern und 6 Arbeitnehmern aber müssen es immer 3 sein. Es ist nun einmal ein starker politischer Gegensatz zwischen beiden Gruppen vorhanden, und dieser wird in Zukunft noch verstärkt werden; der politische Kampf wird noch weiter in die Kassen hineingetragen. Es wird eine gewisse Lethargie in den Krankenkassen eintreten. Bisher hat sich doch der größte Teil der Arbeitgeber um das Kassenwesen gar nicht gekümmert. Ob es in Zukunft anders sein wird, weiß ich nicht. Aber nuch der Neuregelung werden auch die Arbeitnehmer keine große Lust mehr spüren, sich an der Verwaltung der Kassen zu beteiligen, weil sie eben an der Erfüllung der von ihnen fuͤr notwendig haltenen Maßnahmen gebindert werden. Je mehr aber die Arbeiterschaft es lernt, politisch mitzuarbeiten, und je deutlicher sie siebt, daß auf dem Boden unserer beutigen Wirtschaftsordnung für die Arbeiter große Vorteile errungen werden können, desto schwieriger wird es den Sozialdemokraten sein, ihre Uebertreibungen, die wir auch bei der Reichsversicherungsordnung wieder gehört baben, glaubhaft zu machen. Es ist ein großer Vorteil, daß die gegenwärtige Zersplitte⸗ rung bei der Krankenversicherung durch die Einfübrung der Versiche⸗ rungsämter und Qberversicherungsämter aus der Welt geschafft wird. Aber auch diesem Vorteil stehen Nachteile gegenüber. Die landwirt— schaftlichen Arbeitervertreter können gar nicht als Arbeitervertreter angesprochen werden, sie werden sogenannte gelbe Vertreter sein, die nicht gegen den Stachel zu löten wagen. Als Fortschritt der Reform wird auch gepriesen, daß die Vor— sitzenden des Oberversicherungsamts und des Versicherungsamts im Dienste ergraute Beamte seien, die den Arbeitern als Freunde zur Seite ständen. Ich habe es verfolgt, welche Personen zu Vor— sitzenden der Schiedsgerichte ernannt sind, Regierungsassessoren und Regierungsräte, die bei den Versicherungs⸗- und Oberversicherungs— ümtern in den meisten Fällen den Wunsch haben werden, sobald als möglich wieder auszuscheiden. Ich halte es nicht für zweck— mäßig, Personen mit juristischer und verwaltungstechnischer Bildung mit dem gewiß interessanten, aber beschränkten Gebiet der Arbeiter— versicherung zu befassen. Sie werden allmählich einseitig und geraten in den Glauben, daß die Sache nur so gemacht werden lann, wie sie es machen. Als ein weiterer Hauptvorteil wurde das Verfahren hervorgehohen. Ich habe immer die Ansicht vertreten, daß wir zuviele Instanzen haben, und hätte es ohne weiteres zugelassen, wenn das Reichsversicherungsamt Revisionsinstanz geworden wäre. Die erste Instanz der Rechtsprechung muß mit größeren Garantien umgeben werden als bisher, und deshalb kann ich die be⸗ schlossene Regelung nur unter dem Gesichtspunkt beurteilen: ist das Einspruchsverfahren tatsächlich ein Ausgleich dafür, daß in bis zu Göo/o der Fälle der Rekurs nunmehr ausgeschlossen und dafür das
Oberversicherungs amt als letzte Instanz eingeführt ist? Aber—
beim Einspruchsverfahren hat der Versicherte Garantien eigentlich gar nicht mehr, und wie die Reform hier versagt hat, hat sie auch, versagt hinsichtlich der Zentralisation. Die Sozial— demokratie geht eigentlich unlogisch vor, wenn sie auf der einen Séite die, Selbstyerwaltung . hoch stellt und auf der anderen die möglichste Zentralisation der Krankenkassen ver— langt. Je größer die Kasse, desto geringer der Ginfluß des In zelnen Versicherten. Aber diesen Nachteil kann man gern in uf nehmen. gegenüber, den großen Vorteilen der, Zentralisatien. Die Kommission hatte in ihrer ersten Lesung die Landkrankenkassen zu vollwertigen Krankenkassen gemacht; dieser große Forschritt und noch vieles andere waß wir in der ersten Lesung erreicht hatten, ist in der zweiten Lesunß wieder preisgegeben worden, und dafür kann man die Konserhatiben allein nicht verantwortlich machen, einen großen Teil der Schuld trägt auch das Zentrum, das nicht nach— eben brauchte. Yle , , n hatten auch als vollwertige r feng kassen eine sicher? Mehrheit. im Hause; das, Jentrum hat Eeiglich aus Liebe zu enen fonserpvatipen Freunden alle diese ei rungenschaften wießer fiber Morb geworsen, HamalJ hat auch 3 Zentrumsvertreter in ber Kommüission erllärt, er, mache dag icht mit, aber der UFortshrer des Zentrums in landwirsschafilichen agen, der in der ersten Lesuld noch sür den Echutz der Endwirtschaftlichen Arbelser so lebhaft elngetreten war, ver—
leugnete wenige Monate nachher diesen Standpunkt nur zu gründlich! Ist denn eine Reform eine Konservierung jeden Unrechts? Muß sie nicht im Gegenteil vorhandene offenbare Mißstände be— seitigen? Man hat doch auch auf anderen Gebieten Verbesserungen durchzusetzen versucht und durchgesetzt. Diese Form der landwirtschaft⸗ lichen Krankenversicherung ist ein großer Fehler des Gesetzes, das doch für Jahrzehnte gelken soll. Es handelt sich da ja auch nicht bloß um die Rechte der landwirtschaftlichen Arbeiter, sondern auch die Rechte der landwirtschaftlichen Unternehmer werden dadurch aufs schwerste geschädigt. Landwirtschaft und, ostpreußischer Großgrund— besitz darf nicht gleich gesetzt werden; diese Konstruktion rützt aber lediglich dem ostpreußischen Großgrundbesitz. Man will die sozial⸗ demokratische Agitation vom Lande fernhalten. Ein paar Sozial— demokraten in den Krankenkassenvorständen auf dem Lande würden das Kraut nicht fett machen. Aber der landwirtschaftliche Kleinunternehmer wird quasi für unmündig erklärt und unter den Kreistag gestellt. Deswegen werden diese Bestimmungen gerade auf dem Lande zur größten Unzufriedenheit führen. Sie haben selbst Vorschriften der Regierungsborlage zum Schutze der landwirtschaftlichen Arbeiter ge— strichen. Das Zentrum trägt die Mitverantwortung dafür, daß die Unfallverhütung in unzureichender Weise geregelt wird. Dieser Vorwurf wird Jahrzehnte an Ihnen kleben bleiben und vielleicht nie verschwinden. Ihre landwirtschaftliche Politik ist darum auch so mittelstands⸗ feindlich. Die Zahl der Unfälle wird größer werden und damit auch die Höhe der Umlagen. Die schwersten Unfälle kommen beim Großgrund— besitz vor, und wenn Sie die Unfallverhütungsvorschriften verschlechtern, dann belasten Sie den kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Besitz zu Gunsten des Großgrundbesitzes. Das sind sehr schwere Mängel des Gesetzes. Ein Vorteil des Gesetzes ist gewiß die Kinderschutz— rente schon vom ärztlichen Standpunkte aus. Der größte Teil der Personen, die hier in Betracht kommen, wird durch chronische Trankheiten indalide. Es handelt sich besonders um die Tuberkulose. Durch die Heraufsetzung der Rente um ein Zehntel wird erreicht werden, daß die Unterernährung etwas geringer ist, als es sonst der Fall wäre. Aber wie können es denn die Herren vom Zentrum und die Konservativen verantworten, daß man die vorbeugende Tätigkeit der Landesversicherungsanstalten so eingeschränkt hat? Gerade die k der Landesversicherungsanstalten haben erst den Ruhm unserer Krankenfürsorge im Auslande so verbreitet. Ich denke mit Schrecken daran, wenn die Mutter
der ersten Auszahlung der Kinderrente erfährt, was
beträgt. Dann wird man erkennen, daß das deutsche Volk
Jahre lang irregeführt worden ist. Ich begreife den Fatalismus des Abg. Trimborn nicht, daß hier nichts zu ändern ist; er trinkt ein Glas Wermuth und er ist betehrt. Die Herren sollten doch mehr Rückgrat zeigen. 1902 ist dem deutschen Volke eine Witwen- und Waisenversicherung in feierlicher Form versprochen worden. Als nun die Reichsversicherung eingeführt werden sollte und die Sätze der Renten bekannt wurden, sagte man, die vorgeschlagenen Sätze wären nur ein Zuschuß zur Armenunterstützung. Jetzt, nachdem das Gesetz vorliegt, wird es klar, daß diese winzige Rente erst 18 Jahre später in Kraft treten wird. Das kann man nur eine große Irreführung des deutschen Volkes nennen. Auch die verbündeten Regierungen dürfen den Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen, daß sie sich an dieser Irreführung beteiligt haben. Die Wirkung des in Frage stehenden Paragraphen 59 ist mir erst in den letzten Wochen recht klar geworden. Ich muß entschieden darauf dringen, daß diese grobe Ungerechtigkeit noch im letzten Moment beseitigt wird. Man sage uns nicht, wie bei der Herabsetzung der Altersgrenze von 70 auf 65 Jahre, es sei dafür kein Geld da. Die Einführung einer vollständigen Arbeiterversicherung ist ein Ruhmestitel des deutschen Volkes. Vor einigen Jahren erhob sich allerdings der Zweifel, ob die jetzige Art der Arbeiterversicherung die richtige wäre, ob nicht an ihre Stelle eine Arbeiterversorgung treten müsse. Nun ist die englische Krankenversicherung gekommen: gewiß hat sie ihre Mängel, aber diese Arbeiterversicherung wird gewährleistet nicht nur durch die Beiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern auch durch einen Staatszuschuß.
and die größere Hälste seines Wohlhabenden treffen; von de größere Teil nicht von den uns gerade die Unbemittelten de
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bringen müssen. Das wird dem Ruhm der
Freunde kann wegen der
Gesetz im ganzen nicht zustimmen; ich
schwersten Bedenken dafür, um wichtige
enthält, nicht zu verlieren. Ich hoffe ab
Lesung noch gelingen wird, einige
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schlechten Anfang wird in Zi 8 6 Hierauf wird um 53 / Uhr die Fortsetzung
auf Sonnabend 11 Uhr vertagt.
Preuszkiischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 84. Sitzung vom 26. Mai 1911, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphischem Bureau.)
Ueber den Beginn der Sitzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
Auf der Tagesordnung steht als zweiter Gegenstand die zweite Beratung des Entwurfs eines Ausführungs— gesetzes zum Reichszuwachssteuergeseß vom 14. Fe⸗ bruar 1911 auf Grund des Berichts der 14. Kommission.
Nach § 1 in der Kommissionsfassung wird die Zuwachs steuer in den Stadt- und Landgemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern (Regierungsvorlage: 3009 Einwohnern) durch den Gemeindevorstand, in den Landgemeinden mit nicht mehr als 5000 Einwohnern und in den Gutsbezirken durch den Kreis ausschuß veranlagt. In den Landgemeinden der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen liegt die Veranlagung dem Land bürgermeister bezw. dem Amtmann ob. Die Kommission hat den Zusatz gemacht:
„Denjenlgen Landgemeinden mit nicht mehr als Soo Ein wohnern, in denen eine Juwachssteuer schen vor dem 1. J ; 1911 in Kraft war, kann auf ibren Antrag die Veranlagung durch Beschluß des Kreisausschusses Küderwiesen werden.“
Nach § 2 finden auf die Rechtsmittel gegen lagung zur Zuwachssteuer die Vorschristen abgabengesetzes bezw. des Kreis vnd Kro ypinzie mil der Maßgahe Anwendung, dad (n ere her Bezirks ausschuß zuscanden de V gierungsvorlage, daß das ders
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seine Entscheidung in nicht öffentlicher Sitzung, in der Regel ohne vorherige mündliche Anhörung der Parteien, erläßt, jedoch den Parteien Gelegenheit zur persönlichen Verhandlung ge⸗ währen kann, hat die Kommission gestrichen.;
Abg. Graf von Carmer-⸗Zieserwitz (kons.) beantragt, hinter den Worten „zur Zuwachssteuer“ einzuschalten: „und zu den etwa erhobenen Zuschlägen“, sowie den Passus der Regierungsvorlage über das Oberverwaltungsgericht statt des Bezirksausschusses wieder herzustellen.
83 betrifft die Abführung der Zuwachssteuer an die Gemeindekasse bezw. Kreiskommuͤnalkasse sowie die des Reichs— anteils an das Reich. Die Kommission hat den Zusatz ge— macht, daß von dem nach dem Neichsgesetz dem Staate zu— stehenden Anteil von 10 Proz. des Steuerertrages der Kreis, bezw. die Gemeinde die Hälfte für die Verwaltung und Erhebung der Steuer erhält.
8§ 4 bestimmt:
Von dem Anteil an der Zuwachssteuer, der nach dem Reichs gesetz den Gemeinden verbleibt, erhält die kreisangehörige Gemeinde bei nicht mehr als 15 000 Einwohnern zwei Drittel, bei mehr als 15000 Einwohnern drei Viertel; den Rest erhält der Kreis. Aus den Gutsbezirken erhält der Kreis den vollen Steueranteil. Die Kreise haben ihren Anteil für ihre eigenen Aufgaben oder zum Teil auch für diejenigen einzelner Gemeinden und Gutsbezirke zu ver⸗ wenden.
Die Abgg. We stermann (nl) und Genossen beantragen zu 8 4 die Äenderung, daß die Grenze bei 10 000 Einwohnern gezogen wird.
Zum 5 1 beantragen die Abgg. Marx Gentr.) und Genossen die folgende Fassung:
Die Zuwachssteuer wird 1 in den Stadtgemeinden mit Bürger⸗ meistereiverfassung durch den Gemeindevorstand und vier von der Stadtverordnetendersammlung zu wählende Beisitzer, in den übrigen Stadtgemeinden durch den Gemeindevorstand sowie zwei vom Magistrat und zwel von der Stadtverordnetenversammlung zu wählende Beisitzer, 2) in den Landgemeinden mit mehr als 109000 Ein— wohnern durch den Gemeindevorstand und vier von der Gemeinde⸗ vertretung zu wählende Beisitzer, 3 in den anderen Landgemeinden und in den Gutsbezirken durch den Kreisausschuß veranlagt.
Für den Fall der Ablehnung dieses Antrags beantragen dieselben Abgeordneten die Streichung der Bestimmung im § 1, nach der in der Rheinprovinz und der Provinz Westfalen die Veranlagung dem Landbürgermeister bezw. Amtmann obliegt.
Abg. Graf von Carmer-⸗Zieserwitz (kons. :: Die Heraufsetzung
der Grenze auf 5000 Einwohner im §z L ist jedenfalls gegenüb Regierungsvorlage ein Fortschritt. Die Regierungsvor lage b gesehen, daß das Oberverwaltungsgericht die Revisionsentscheid die Kommission hat dafür in erster Instanz den Bezir eingesetzt. Wir halten die Fassung der Regierungsporlag bessere, denn sie ist analog dem Einke eu l
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schlossen, darum gebührt ihnen auch in dasselbe gilt von den Gemeindeverbänd grüßen ist auch, daß die Kreise den auf si nicht nur für ihre eigenen Aufgaben, sondern auch für diejenige zelner Gemeinden und Gutsbezirke zu v n ha
Abg. Marx (Zentr.): Die Regieru
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irgend möglich ist, darauf gedrungen dollegium als Veranlagungsbebörde vork wir unseren Antrag gestellt. das (andgemeinden mit mehr als nission die Veranlagung voemim Landgemeinden den Durch diesen Antrag land und Westfalen dafür eintreten, daß vinzen verschwindet. Soll dann beantragen wir, der fassung: „In den Landgeme Westfalen liegt die Veranlagung weise Amtmann ob“ zu streichen. liche Abstimmung. Wenn di Westfalen bleiben sollte, werden wir Maiinisterialdirektor handlung der beiden Provinzen die Tatsache gerechtfertigt organisation besteht. die seit beinahe hundert Es liegt absolut keine s sondern eher eine bessere
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